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---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
93627a20-741c-4236-a37f-d1ef2d5d924b | hat sich ergeben:
A. Die A GmbH in D (nachfolgend die Rekurrentin) ist eine Tochtergesellschaft
der A AG in E/Deutschland und eine Schwestergesellschaft der A GmbH in
F/Österreich. Die Gruppe erbringt Dienstleistungen im G-Bereich und diesbezügliche
Unternehmensberatungen. Für die Abwicklung von Kundenaufträgen entsandten die
A AG Deutschland und die A GmbH Österreich verschiedentlich Mitarbeiter bzw. Auf-
tragnehmer in die Schweiz. Im Jahr 2011 betraf dies u.a. C, der in H/Deutschland
wohnhaft ist, bei der A AG Deutschland über einen Subunternehmervertrag verfügt und
bei Kunden der Rekurrentin in der Schweiz tätig war.
Am 22. März 2011 teilte das Gemeindesteueramt D der Rekurrentin mit, dass
sie C als Arbeitnehmer beschäftige und für diesen die Quellensteuer abzuliefern habe.
Dem widersprach die Rekurrentin am 5. Mai 2011, da C bei keiner A-Gesellschaft an-
gestellt sei, sondern bei der A AG Deutschland nur über einen Subunternehmervertrag
verfüge. Aus dem daraufhin von der Rekurrentin eingereichten "Kalendarium" bzw. aus
ihrer diesbezüglichen Behauptung ging hervor, dass C im Jahr 2011 während 156 Ta-
gen in der Schweiz gearbeitet hatte. Mit Verfügung vom 17. September 2012 verpflich-
tete das kantonale Steueramt die Rekurrentin, für C die Quellensteuer zu erheben und
abzuliefern.
B. Hiergegen liess die Rekurrentin am 16. Oktober 2012 Einsprache erheben
und beantragen, sie bezüglich C von der Abrechnungspflicht für die Quellensteuer zu
befreien und diesen aus der Quellensteuerpflicht zu entlassen.
Nach Durchführung einer ergänzenden Untersuchung über die vertragliche
Ausgestaltung der Beschäftigung C in der Schweiz wies das kantonale Steueramt die
Einsprache am 4. Dezember 2013 ab.
C. Mit Rekurs vom 31. Dezember 2013 liess die Rekurrentin den Einsprache-
antrag erneuern und die Sistierung der Sache bis zur Klärung der Frage der Doppelbe-
steuerung mit Österreich bzw. Deutschland verlangen. Das kantonale Steueramt
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schloss am 10. Februar 2014 auf Abweisung des Rekurses. Am 27. Februar 2014 liess
sich die Rekurrentin nochmals vernehmen. | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. a) aa) Nach Art. 3 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die direkte Bundes-
steuer vom 14. Dezember 1990 (DBG) bzw. § 3 Abs. 1 des Steuergesetzes vom
8. Juni 1997 (StG) sind natürliche Personen aufgrund persönlicher Zugehörigkeit steu-
erpflichtig, wenn sie ihren Wohnsitz oder Aufenthalt in der Schweiz bzw. im Kanton
haben. Diesfalls ist die Steuerpflicht unbeschränkt (Art. 6 Abs. 1 DBG, § 5 Abs. 1 StG).
Einen Aufenthalt begründet eine Person, wenn sie hier während mindestens 30 Tagen
verweilt und eine Erwerbstätigkeit ausübt oder während mindestens 90 Tagen verweilt
und keine Erwerbstätigkeit ausübt (Art 3 Abs. 3 DBG, § 3 Abs. 3 StG). Keinen Aufent-
halt in diesem Sinn begründen Grenzgänger und Wochenaufenthalter, sodass diese
auch bei längerer Anwesenheit als 30 bzw. 90 Tagen hier nicht unbeschränkt steuer-
pflichtig sind (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009,
Art. 3 N 36 f. DBG und Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, 3. A., 2013, § 3 N 76 f.
StG).
Gemäss Art. 5 Abs. 1 lit. a DBG bzw. § 4 Abs. 2 lit. a StG sind natürliche Per-
sonen ohne steuerrechtlichen Wohnsitz oder Aufenthalt im Kanton aufgrund wirtschaft-
licher Zugehörigkeit steuerpflichtig, wenn sie u.a. in der Schweiz bzw. im Kanton eine
Erwerbstätigkeit ausüben. Die Steuerpflicht beschränkt sich diesfalls auf die Teile des
Einkommens und Vermögens, für die nach Art. 5 Abs. 1 lit. a DBG bzw. § 4 Abs. 2 lit. a
StG eine Steuerpflicht in der Schweiz bzw. im Kanton besteht (Art. 6 Abs. 2 DBG, § 5
Abs. 2 StG). Handelt es sich bei diesen Personen um Arbeitnehmer, die nur für kurze
Dauer oder als Grenzgänger oder Wochenaufenthalter erwerbstätig sind, haben sie für
ihr Erwerbseinkommen die Quellensteuer nach Art. 83 - 86 DBG bzw. §§ 88 - 90 StG
zu entrichten (Art. 91 DBG bzw. § 94 StG). Voraussetzung ist jedoch, dass der Arbeit-
geber Wohnsitz bzw. Sitz in der Schweiz hat, da dieser Schuldner der steuerbaren
Leistung ist und kraft Art. 100 DBG bzw. § 102 StG für die Entrichtung der Quel-
lensteuer haftet. Hat der Arbeitgeber dagegen seinen Wohnsitz bzw. Sitz im Ausland,
kann die Besteuerung des Arbeitnehmers nicht an der Quelle erfolgen.
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Ob eine ordentliche Besteuerung von Personen ohne Wohnsitz oder Aufent-
halt in der Schweiz, die hier eine Erwerbstätigkeit ausüben, zulässig ist, ist umstritten
(vgl. Art. 5 Abs. 1 lit. a DBG bzw. § 4 Abs. 2 lit. a StG; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter,
Art. 5 N 8 DBG und § 4 N 39 StG).
bb) Aus der Ordnung der Quellensteuer ergibt sich, dass bei dieser diejenige
Person Steuerpflichtiger ist, welche die Einkünfte aus unselbstständiger Erwerbstätig-
keit erhält. Obwohl damit das Steuersubjekt vorhanden ist, tritt an dessen Stelle ein
Dritter (Steuersubstitution), und zwar der (in der Schweiz bzw. im Kanton domizilierte)
Arbeitgeber als Schuldner der steuerbaren Leistung. Dieser ist für die Steuererhebung
verantwortlich. Er hat die Quellensteuer von der geschuldeten Leistung in Abzug zu
bringen, dem Steuerpflichtigen darüber eine Bestätigung auszustellen und die Steuer
periodisch der für ihn zuständigen Steuerbehörde an seinem Wohnsitz bzw. Sitz abzu-
liefern (Art. 100 Abs. 1 DBG, § 102 Abs. 1 StG).
b) C hat seinen Wohnsitz unstreitig in Deutschland und hielt sich im Jahr 2011
in der Schweiz bzw. im Kanton Zürich nach übereinstimmender Meinung der Parteien
auch nicht im Sinn von Art. 3 Abs. 1 DBG bzw. § 3 Abs. 1 StG auf. Da er hier jedoch
während relativ kurzer Zeit einer Erwerbstätigkeit nachging, ist er in der Schweiz bzw.
im Kanton nach Art. 5 Abs. 1 lit. a DBG bzw. § 4 Abs. 2 lit. a StG für seine 2011 erziel-
ten Erwerbseinkünfte gleichwohl aufgrund wirtschaftlicher Zugehörigkeit steuerpflichtig.
Nicht streitig ist sodann auch, dass C im betroffenen Jahr 2011 seine hiesige Erwerbs-
tätigkeit in der A-Gruppe ausgeübt hat.
In der Frage, ob C für sein Erwerbseinkommen – als Folge der Anwendung
von Art. 5 Abs. 1 lit. a DBG bzw. § 4 Abs. 2 lit. a StG – der Quellenbesteuerung nach
Art. 91 DBG bzw. § 94 StG unterliegt, sind sich die Parteien dagegen nicht einig. Ihre
Meinungen gehen schon darin auseinander, ob C im Jahr 2011 selbstständig oder un-
selbstständig erwerbstätig war. Trifft Ersteres zu, fällt die Besteuerung an der Quelle
von vornherein ausser Betracht, da das DBG und StG für Selbstständigerwerbende
ohne Wohnsitz und Aufenthalt in der Schweiz diese Art der Besteuerung grundsätzlich
nicht vorsehen. Eine Ausnahme bilden lediglich im Ausland wohnhafte Künstler, Sport-
ler und Referenten, die aufgrund von Art. 92 DBG bzw. § 95 StG auch dann der Quel-
lensteuerpflicht unterliegen, wenn sie in der Schweiz als Selbstständigerwerbende auf-
treten (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 92 N 8 DBG und § 95 N 7 StG). C fällt
indessen unstreitig nicht unter diese Kategorie von Erwerbstätigen.
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Für den Fall, dass C unselbstständig erwerbstätig ist, ist weiter streitig, ob
dessen Arbeitgeber seinen Wohnsitz bzw. Sitz im Inland hat. Verneinendenfalls wäre
die Erhebung der Quellensteuer beim Arbeitgeber nach dem Gesagten wiederum nicht
zulässig, da der hiesige Fiskus auf im Ausland domizilierte Arbeitgeber nicht zugreifen
darf. Als entsprechende hiesige Arbeitgeberin käme dabei nur die in D domizilierte Re-
kurrentin in Betracht, weil die andern A-Gesellschaften in Deutschland und Österreich
zufolge ausländischen Sitzes für die Quellensteuererhebung als Arbeitgeberin aus-
scheiden würden. Mit der A AG Deutschland verfügt C über einen "Rahmenvertrag für
Subunternehmer-Leistungen" vom ... Juni 2010 und einen dazugehörigen Projektein-
zelvertrag vom ... März 2011.
Zusammenfassend hat die Rekurrentin damit für C nur dann die Quellensteuer
zu entrichten, wenn sie deren Arbeitgeberin ist.
c) Die Umstände, welche auf die Quellensteuerpflicht C und die darauf basie-
rende Ablieferungspflicht der Rekurrentin für die Quellensteuer, d.h. auf deren Arbeit-
geberschaft hinsichtlich C schliessen lassen, sind steuerbegründender Natur. Für die
Verwirklichung dieser Umstände ist die Steuerbehörde nachweispflichtig (vgl. für das
kantonale Recht: RB 1992 Nr. 17 = ZStP 1992, 177). Erscheinen aber die von der Be-
hörde angenommenen Umstände als sehr wahrscheinlich, so genügt dies als Haupt-
beweis und obliegt es der Rekurrentin, den Gegenbeweis für die von ihr behauptete
selbstständige Erwerbstätigkeit C in der Schweiz zu erbringen.
2. a) Das kantonale Steueramt begründet die Arbeitgeberschaft der Rekurren-
tin für C im Einspracheentscheid zur Hauptsache wie folgt: Zwar sei C formell bei der
A AG Deutschland angestellt und erfolgten die Lohnzahlungen durch diese Gesell-
schaft. Den Akten sei aber zu entnehmen, dass C bei Kunden der Rekurrentin in der
Schweiz tätig gewesen sei und die A AG Deutschland für dessen Einsätze Rechnung
gestellt sowie damit die Lohnkosten an die Rekurrentin weiter verrechnet habe. Man-
gels Vertrag der A AG Deutschland mit den Kunden der Rekurrentin könnten die Ar-
beitsleistungen C zudem nicht als Auftragserfüllung für die A AG Deutschland qualifi-
ziert werden. Vielmehr sei C von Letzterer an die Rekurrentin und von dieser weiter an
ihre Kunden verliehen worden. Es liege eine Kettenverleihung vor. Die Rekurrentin
habe die Bewilligung für Personalverleih. Folgerichtig sei die Rekurrentin Schuldnerin
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der steuerbaren Leistung und habe dementsprechend auf ihren Entschädigungen an
die A AG Deutschland die Quellensteuer für C zu erheben.
b) Dem hält die Rekurrentin im Rekurs entgegen, C sei von der Muttergesell-
schaft A AG Deutschland nicht an die Kunden der Rekurrentin ausgeliehen worden, da
er weiterhin bei dieser angestellt gewesen und ihrem Weisungsrecht unterlegen sei.
Die Kunden hätten dagegen über kein Weisungsrecht verfügt. Die A AG Deutschland
erhalte zwar für den Einsatz ihrer Mitarbeiter eine pauschale Vergütung der
Rekurrentin, die sich jedoch nicht auf den Einsatz der jeweiligen Mitarbeiter, sondern
auf den ganzen Kundenauftrag beziehe. Zudem liege das Debitorenrisiko bei der
A AG Deutschland, schulde die Rekurrentin bei einem Zahlungsausfall des Kunden
doch keine Vergütung an diese. Im Übrigen hätten alle betroffenen Mitarbeiter die
(Quellen-)Steuern auf dem Lohneinkommen in ihren Herkunftsländern Deutschland
und Österreich bereits entrichtet, sodass eine Doppelbesteuerung resultiere, wenn die
Schweiz nun auch noch ihre Quellensteuer erhebe. Sie, die Rekurrentin, sei daran, mit
den betreffenden ausländischen Finanzämtern die Fälle dieser Mitarbeiter zu klären,
um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden. Sofern die Ämter die Auffassung des hiesi-
gen kantonalen Steueramts teilten, stehe einer Besteuerung in der Schweiz nichts ent-
gegen. Mit der Beurteilung der Fälle sei daher möglichst zuzuwarten, bis sie entspre-
chenden Antworten der Ämter vorlägen.
In der Replik vom 27. Februar 2014 korrigierte die Rekurrentin ihre Vorbringen
im Rekurs insofern, als sie dafür hielt, C sei in der Schweiz gleich wie in Deutschland
für das Mutterhaus selbstständig und nicht unselbstständig erwerbstätig gewesen. Sie
verweise auf die Ausführungen in der Einsprache.
3. a) Zwecks Klarstellung ist vorab festzuhalten, dass C mit der A AG
Deutschland nicht über einen Anstellungs-/Arbeitsvertrag, sondern einen Rahmenver-
trag für Subunternehmer-Leistungen vom ... Juni 2010 im Sinn eines Auftragsverhält-
nisses sowie über einen dazugehörigen Projekteinzelvertrag vom ... März 2011 im
Sinn eines "Dienstvertrags" verfügte. Ein Dienstvertrag nach deutschem Recht ent-
spricht dabei dem Arbeitsvertrag nach Art. 319 ff. OR.
Ob bei diesen Verträgen nun auf selbstständige Erwerbstätigkeit C bei der
A AG Deutschland zu schliessen ist – dies liegt bei isolierter Betrachtung des Rahmen-
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vertrags nahe – oder doch eher auf unselbstständige Erwerbstätigkeit – was aufgrund
beider Verträge zusammen jedenfalls nicht abwegig wäre – kann letztlich offen bleiben.
Selbst wenn nämlich Ersteres zuträfe, könnte nicht von einem Kettenverleihverhältnis
für C von der A AG Deutschland an die Rekurrentin und von dieser weiter an ihre Kun-
den in der Schweiz ausgegangen werden, sondern höchstens von einem "einfachen"
Arbeitsverleihverhältnis zwischen der Rekurrentin und ihren Kunden. Ob ein solches
Verhältnis vorliegt, ist nachfolgend zu prüfen.
b) aa) Der Personalverleih ist im Bundesgesetz über die Arbeitsvermittlung
und den Personalverleih vom 6. Oktober 1989 (AVG, SR 823.11) geregelt. Er ist defi-
niert als das Überlassen eines Arbeitnehmers an einen Einsatzbetrieb, wobei der Ver-
leiher (Arbeitgeber) dem Einsatzbetrieb wesentliche Weisungsbefugnisse gegenüber
dem Arbeitnehmer abtritt (Art. 26 der Verordnung über die Arbeitsvermittlung und den
Personalverleih vom 16. Januar 1991, SR 823.111; Wolfgang Portmann, in: Basler
Kommentar zum Obligationenrecht, 5. A., 2011, Art. 319 N 23 ff. OR, auch zum Fol-
genden; Streiff/von Kaenel/Rudolph, Arbeitsvertrag, 7. A., 2012, Art. 319 N 20 f.; Chris-
tian Drechsler, Personalverleih: unscharfe Grenzen, AJP 2010 S. 314 ff.). Als Arbeit-
geber hat der Verleiher die Pflicht zur Lohnzahlung an den Arbeitnehmer.
bb) Zur Abgrenzung des Personalverleihs vom Auftragsrecht hat das Staats-
sekretariat für Wirtschaft eine Reihe von Abgrenzungskriterien aufgestellt (SECO,
Weisungen und Erläuterungen zum Arbeitsvermittlungsgesetz, zur Arbeitslosenvermitt-
lung und der Gebührenverordnung zum Arbeitsvermittlungsgesetz, 2003, S. 66 ff.,
www.seco.admin.ch/dokumentation/publikation). Demnach lassen folgende Kriterien
auf die Erbringung einer Arbeitsleistung in Form des Personalverleihs schliessen:
- Unterordnungsverhältnis: Das Weisungs- und Kontrollrecht als wesentliches
Merkmal für die Erbringung einer Arbeitsleistung liegt beim Einsatzbetrieb (dazu
gehören insbesondere Weisungskompetenzen hinsichtlich der Art der zu verrich-
tenden Arbeit und der Wahl der Hilfsmittel). Diese Voraussetzung kann auch be-
reits erfüllt sein, wenn sich Verleiher und Einsatzbetrieb das Weisungsrecht tei-
len.
- Einbindung des Arbeitnehmers in den Einsatzbetrieb in persönlicher, organisato-
rischer und zeitlicher Hinsicht. Es wird mit Werkzeug, Material, Geräten des
Einsatzbetriebs und vornehmlich am Sitz sowie im Rahmen der Arbeitszeiten des
Einsatzbetriebs gearbeitet.
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- Verpflichtung zur Abrechnung der geleisteten Arbeitsstunden. Es werden
Einsatzstunden, -wochen, -monate abgerechnet, es gibt also keinen Festpreis für
die Leistung.
- Tragen der Gefahr für die Arbeitsleistung (Schlechterfüllung) durch den Einsatz-
betrieb, d.h. der Verleiher haftet dem Einsatzbetrieb gegenüber nur für die gute
Auswahl des Arbeitnehmers. Der Verleiher garantiert keinen vertraglich verein-
barten Erfolg (hinsichtlich Qualität oder Vollendung des Produkts bis zu einem
bestimmten Datum). Bei Nichterreichen dieses Ziels muss er z.B. nicht gratis
Nachbesserung leisten oder den vereinbarten Preis reduzieren.
- Der Verleiher haftet auch nicht für fahrlässige oder vorsätzliche Schäden, die
sein Arbeitnehmer verursacht, sei es beim Einsatzbetrieb, sei es im Rahmen der
Tätigkeit für den Einsatzbetrieb gegenüber Dritten.
4. a) Vorliegend ist schon fraglich, ob und inwiefern die Rekurrentin als angeb-
liche Arbeitsverleiherin bzw. Arbeitgeberin C für dessen Einsatz bei ihren Kunden wie
erforderlich ein Entgelt entrichtet hat und damit Schuldnerin der steuerbaren Leistung
gemäss Art. 100 DBG bzw. § 102 StG geworden ist.
aa) Sollte C für seine Einsätze in der Schweiz pro 2011 ein Salär entrichtet
worden sein, stammte dieses jedenfalls allein von der A AG Deutschland und nicht von
der Rekurrentin. Das kantonale Steueramt macht nämlich nicht geltend, C sei daneben
auch noch von der Rekurrentin entschädigt worden. Mithin käme für die Erhebung der
Quellensteuer auf dem allfälligen Salär C die Rekurrentin schon deshalb nicht in Be-
tracht, weil sie nicht Schuldnerin der steuerbaren Leistung wäre.
bb) Das kantonale Steueramt erachtet als steuerbare Leistung aber nicht die
an C geflossene Leistung, sondern die an deren Stelle von der Rekurrentin der A AG
Deutschland erbrachte Entschädigung für die Entsendung C. Diese Entschädigung
macht gemäss interner Verrechnungsvereinbarung vom 1. Januar 2010 und dem Inter-
company Rahmenvertrag zwischen den A-Gesellschaften 80% der Zahlungen aus, die
der Kunde erbringt. Indessen mag die Rekurrentin mit dieser Entschädigung gruppen-
intern wohl den Aufwand der A AG Deutschland für C (steuerlich korrekt) ganz oder
teilweise abgelten, sie stellt jedoch nicht das diesem geschuldete Entgelt selber dar.
Denn Letzteres wird trotz des Auslandeinsatzes C weiterhin von der A AG Deutschland
geleistet.
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Die Vergütungen der Rekurrentin an die A AG Deutschland könnten aber auch
deshalb nicht anstelle der angeblichen Salärzahlung für C als steuerbare Leistung qua-
lifiziert werden, weil sie von der Rekurrentin unwidersprochen nur dann geschuldet
sind, wenn der Kunde ihre Forderung beglichen hat. Zahlt der Kunde nicht, erhält die
entsendende Gesellschaft auch keine Vergütung, d.h. muss die Rekurrentin keine sol-
che leisten. Gleichwohl erhielte C aber seinen Lohn, da diesem als Arbeitnehmer das
Debitorenrisiko nicht überbunden werden könnte. Als Ergebnis könnte damit die Quel-
lensteuer auf der Vergütung nicht erhoben werden, weil die Rekurrentin keine solche
zu leisten hätte. Die Erhebung der Quellensteuer auf dieser Vergütung anstelle der
Salärzahlungen wäre daher nicht zulässig, da die Vergütung von ihrer Funktion und
rechtlichen Ausgestaltung her nicht als steuerbare Leistung gälte.
cc) Schuldnerin der steuerbaren Leistung wäre – sofern Letztere Salärcharak-
ter besässe – vielmehr die A AG Deutschland, sodass an sich diese Gesellschaft die
Quellensteuer darauf abzuliefern hätte. Da die A AG Deutschland jedoch ihren Sitz
nicht in der Schweiz bzw. im Kanton hat, dürfte sie für die Ablieferung der Quellensteu-
er nach dem Gesagten nicht herangezogen werden.
b) aa) Selbst wenn die Rekurrentin C ein Entgelt ausbezahlt hätte und dieses
Salärcharakter aufwiese, könnte die Quellensteuer bei ihr nur dann erhoben werden,
wenn die weiteren Voraussetzungen für die Annahme eines Arbeitsverhältnisses erfüllt
wären. Zwischen den Parteien ist nicht streitig, dass dabei nur ein Personalverleihver-
hältnis in Frage kommt, wobei der Rekurrentin die Rolle der Verleiherin und ihren Kun-
den diejenige der Ausleiher zukäme.
Für eine saubere Beurteilung der rechtlichen Beziehungen zwischen C und
der Rekurrentin bzw. deren Kunden im streitbetroffenen Jahr 2011 fehlen indessen die
entsprechenden vertraglichen Abmachungen.
Zwar wurden diese Verträge vom kantonalen Steueramt im Einspracheverfah-
ren mit Auflage vom 4. April 2013 verlangt, jedoch reichte die Rekurrentin hinsichtlich
des betroffenen Jahres 2011 nur gerade ein "Angebot" (Offerte) über "Dienstleistungs-
unterstützung" für die I AG ein. In dieser naturgemäss nur von der Rekurrentin unter-
zeichneten Offerte ist nirgends die Rede von der Ausleihe von Mitarbeitern der Rekur-
rentin bzw. von einer A-Gesellschaft. Vielmehr wurde ein "Dienstleistungskontigent"
von 28 Tagen sowie im Rahmen des Projekts ein Know-how Transfer von der Rekur-
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rentin auf die Mitarbeiter der I AG angeboten. Auf Seiten der Rekurrentin sollten so-
dann nur J, K und – sofern erforderlich – nicht namentlich genannte weitere Personen
der Rekurrentin mitwirken. Ob C zu Letzteren gehören sollte, ist nicht ersichtlich und
wird von den Parteien auch gar nicht behauptet. Zudem ist nicht einmal bekannt, ob es
aufgrund dieser Offerte zu einem Vertragsabschluss gekommen ist.
Bei den andern zwei eingereichten Dokumenten handelt es sich erneut nur um
ein "Angebot" an die L aus dem Jahr 2013 und um ein in englischer Sprache gehalte-
nes "Dynamic Forecasting", d.h. um eine Prognose für die M Ltd. aus dem Jahr 2010.
Weder vermögen diese Dokumente für das streitbetroffene Jahr 2011 eine Aussage zu
machen noch ist bekannt, ob es aufgrund des "Angebots" zum Abschluss eines Auf-
trags gekommen ist bzw. auf welcher vertraglichen Grundlage das "Forecasting" er-
stellt wurde. Schliesslich wird in beiden Dokumenten die Ausleihe von Mitarbeitern ei-
ner A-Gesellschaft weder grundsätzlich noch mit der näheren Ausgestaltung erwähnt.
bb) Bei dieser Lage der Dinge, bei der weder die Einsatzorte/-betriebe C in
der Schweiz pro 2011 noch die vertraglichen Beziehungen zwischen ihm und der Re-
kurrentin sowie zwischen Letzterer und ihren betroffenen Kunden pro 2011 bekannt
sind, kann keine gesicherte Feststellung über die Art und Weise der Beschäftigung C
bei den Kunden getroffen werden und damit insbesondere auch nicht über eine allfälli-
ge Aufteilung der Weisungsbefugnis über C zwischen diesen und der Rekurrentin.
Daran ändert nichts, dass die eingereichten Angebote/Offerten eher gegen
das Vorliegen eines Arbeitsverleihverhältnisses sprechen, weil darin die das Verhältnis
prägende Aufteilung der Weisungsbefugnis zwischen der Rekurrentin und den Kunden
über den jeweiligen Mitarbeiter nicht enthalten ist. Es wird vielmehr der Eindruck er-
weckt, dass die von der Rekurrentin neben dem namentlich genannten Projektverant-
wortlichen eingesetzten und allenfalls von einer andern Gruppengesellschaft entsand-
ten Mitarbeiter gegenüber den Kunden nicht als solche in Erscheinung treten und die
Entsendung nur gruppenintern von Bedeutung ist bzw. Wirkungen zeitigt. Wie es sich
mit C an dessen Einsatzorten im Jahr 2011 aber diesbezüglich verhält, muss offenblei-
ben, da sowohl die entsprechenden Kundenverträge der Rekurrentin als auch die al-
lenfalls vorhandenen Abmachungen der Letzteren mit C über die Entsendung nicht
vorliegen.
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cc) Damit verbietet sich die Annahme einer Ausleihe C durch die Rekurrentin
an deren Kunden.
c) Nach alledem sind die Voraussetzungen zur Erhebung der Quellensteuer
auf dem Entgelt C bei der Rekurrentin nicht gegeben, da sie als Schuldnerin der steu-
erbaren Leistung mangels Nachweis ihrer Arbeitgeberschaft nicht feststeht.
d) Die Rekurrentin verlangt daneben formell auch noch die Entlassung C aus
der Quellensteuerpflicht. Da sich diese "Entlassung" zwangsläufig als Folge der feh-
lenden Schuldnereigenschaft der Rekurrentin für die Ablieferung der Quellensteuer
ergibt und C vorliegend nicht selber rekurriert hat, erübrigt sich eine entsprechende
Feststellung.
5. Trotz fehlender Quellensteuerpflicht ist C in der Schweiz möglicherweise
gleichwohl steuerpflichtig, nämlich dann, wenn er hier Aufenthalt im Sinn von Art. 3
Abs. DBG bzw. § 3 Abs. 3 StG hatte. Die Steuerpflicht wäre diesfalls eine unbe-
schränkte. Ebenso könnte die (beschränkte) Steuerpflicht möglicherweise auf Art. 5
Abs. 1 lit. a DBG bzw. § 4 Abs. 2 lit. a StG gründen. Es wird Sache des kantonalen
Steueramts sein, dem Sachverhalt diesbezüglich noch vertieft nachzugehen und gege-
benenfalls die Besteuerung C im ordentlichen Verfahren vorzunehmen. Allerdings ist
dabei das Doppelbesteuerungsabkommen mit Deutschland (Monteurklausel) zu be-
rücksichtigen.
6. Diese Erwägungen führen zur Gutheissung des Rekurses.
Bei diesem Ausgang erübrigt es sich, das Verfahren bis zum Vorliegen einer
Einigung zwischen den schweizerischen und deutschen Steuerbehörden über die Er-
hebung der Quellensteuer zu sistieren.
Ausgangsgemäss sind die Kosten des Verfahrens dem Rekursgegner aufzu-
erlegen (§ 151 Abs. 1 StG). Eine Prozessentschädigung wurde nicht verlangt.
1 QS.2014.1
- 12 - | Public | Tax | de | 2,014 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
939414a3-6fd1-4d4a-881e-8298a3c461bb | hat sich ergeben:
A. A und seine Ehefrau B (nachfolgend die Pflichtigen) sind Eigentümer der
D GmbH mit Sitz in E. Der Pflichtige ist ihr einziger Angestellter und Geschäftsführer
und bezeichnet sich als F. Er unterstand 2009 der Quellensteuer; gestützt auf Verträge
der D mit der G AG kam er in diesem Jahr bei zwei Banken zum Einsatz.
In ihrer Steuererklärung 2009 deklarierten die Pflichtigen ein steuerbares Ein-
kommen von (gerundet) Fr. 157'000.- (direkte Bundessteuer) bzw. Fr. 165'100.-
(Staats- und Gemeindesteuern) und ein steuerbares Vermögen von Fr. 1'124'000.-.
Gemäss Lohnausweis der D bezog der Pflichtige einen Nettolohn von Fr. 98'929.-,
worauf die Arbeitgeberin einen Quellensteuerabzug von Fr. 38'197.- vornahm. Der
Steuerkommissär verlangte mit Auflage vom 7. März 2012 und Mahnung vom 11. Ju-
li 2012 u.a. eine Erklärung dafür, weshalb der Lohnausweis der D einen viel höheren
Quellensteuerabzug bescheinigt als der Dienstabteilung Quellensteuer des kantonalen
Steueramts gemeldet worden war, sowie die Vorlage der Verträge mit der G, welche
ebenfalls einen Bruttolohn gemeldet habe. Die Pflichtigen liessen am 31. Juli 2012
antworten, die für die geleistete Arbeit der G fakturierten Umsätze seien brutto bei der
D GmbH verbucht und die von der G zurückbehaltene Quellensteuer dem Kontokorrent
des Pflichtigen belastet worden. Diese seien dann auf dem Lohnausweis 2009 ange-
geben worden.
Mit Einschätzungsentscheid vom 25. Januar 2013 schätzte der Steuerkom-
missär die Pflichtigen für die Steuerperiode 2009 bei der direkten Bundessteuer mit
einem steuerbaren Einkommen von Fr. 287'400.- und für die Staats- und Gemeinde-
steuern mit einem solchen von Fr. 295'500.- sowie einem steuerbaren Vermögen von
Fr. 1'124'000.- ein. Dabei erfasste er die Überweisungen der G an die D als unselbst-
ständige Erwerbseinkünfte des Pflichtigen, nicht aber seine Einkünfte von der D. Er
begründete dies damit, dass bei Ketten-Personalverleih dann, wenn es sich beim letz-
ten Glied um eine Gesellschaft des Arbeitnehmers handle, die professionelle Verleih-
firma als Arbeitgeberin zu betrachten sei. Die Vergütungen der Verleihfirma an die Ge-
sellschaft des Arbeitnehmers stellten unselbstständiges Erwerbseinkommen von
desselben dar.
- 3 -
1 DB.2013.126 1 ST.2013.130
B. Hiergegen liessen die Pflichtigen am 25. Februar 2013 Einsprache erhe-
ben. Am 11. April 2013 fand eine Besprechung zwischen Vertretern der Pflichtigen und
dem Steuerkommissär statt. Am 24. April 2013 wies das kantonale Steueramt die Ein-
sprache ab.
C. Mit Beschwerde bzw. Rekurs vom 29. Mai 2013 beantragten die Pflichti-
gen, sie deklarationsgemäss mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 157'000.- (di-
rekte Bundessteuer) bzw. Fr. 165'100.- (Staats- und Gemeindesteuern) einzuschätzen,
unter Kosten- und Entschädigungsfolgen. Das steuerbare Vermögen wurde nicht ange-
fochten. Zudem stellten sie den verfahrensrechtlichen Antrag, die G sowie ihre Treu-
händerin und Steuervertreterin C AG dem Verfahren beizuladen. Am 27. Juni 2013
legte der Rechtsvertreter der Pflichtigen sein Mandat nieder und verwies auf die Vertre-
tung der Pflichtigen durch die C AG. Das kantonale Steueramt schloss am 26. Ju-
li 2013 auf Abweisung der Rechtsmittel. Die Eidgenössische Steuerverwaltung liess
sich nicht vernehmen. | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. Die Pflichtigen beantragen die Beiladung der G sowie ihrer Steuervertrete-
rin in das vorliegende Verfahren, da diese aufgrund allfälliger Regressansprüche ein
Interesse am Ausgang des Verfahren hätten; die G sei zusätzlich wegen allfälliger Ar-
beitgeberbeiträge für die Sozialversicherungen betroffen.
Das Institut der Beiladung ist weder im Bundesgesetz über die direkte Bun-
dessteuer vom 14. Dezember 1990 (DBG) noch im Steuergesetz vom 8. Juni 1997
(StG) noch in den kraft Verweis in § 115 StG anwendbaren §§ 19 bis 28 des Verwal-
tungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959 (VRG) vorgesehen. Allgemein wird sie
definiert als Beizug einer Person in das Verfahren mit dem Zweck, die Rechtskraft des
Urteils auf diese auszudehnen, sodass sie in einem später gegen sie gerichteten Pro-
zess das Urteil gegen sich gelten lassen muss (Kölz/Bosshart/Röhl, Kommentar zum
Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, 2. A., 1999, § 21 N 108). Nach
zürcherischem Verständnis bezieht sie sich auf Personen, welche Parteistellung bean-
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spruchen können. Im Steuerprozess betreffend die Einschätzung für die ordentlichen
Steuern sind dies in erster Linie die Steuerpflichtigen selber sowie die Steuerbehörden
(Art. 140 Abs. 1 DBG; § 147 Abs. 1 StG). Im Verfahren betreffend die Erhebung der
Quellensteuer steht das Rekursrecht auch dem Schuldner der steuerbaren Leistung zu
(§ 147 Abs. 2 StG). Darüber hinaus sind auch weitere Personen legitimiert, sofern sie
ein steuerrechtliches Interesse am Rechtsmittel haben (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter,
Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009, Art. 140 N 9 f. DBG, und Kommentar zum
harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 3. A., 2013, § 147 N 10 StG).
Den von den Pflichtigen genannten Personen kann indessen nach diesen Be-
stimmungen keine Parteistellung zukommen, haben sie doch kein steuerrechtliches
Interesse am Ausgang des vorliegenden Verfahrens. Überdies ist die Quellensteuer-
veranlagung selbst durch das vorliegende Verfahren nicht betroffen, weshalb auch der
G keine Parteistellung zukommt. Der Antrag auf Beiladung ist deshalb abzuweisen.
2. Ausländische Arbeitnehmer, welche die fremdenpolizeiliche Niederlas-
sungsbewilligung nicht besitzen, in der Schweiz jedoch steuerrechtlichen Wohnsitz
oder Aufenthalt haben, werden für ihr Einkommen aus unselbstständiger Erwerbstätig-
keit einem Steuerabzug an der Quelle unterworfen (Art. 83 Abs. 1 DBG bzw. § 87
Abs. 1 StG). Betragen die dem Steuerabzug an der Quelle unterworfenen Bruttoein-
künfte des Steuerpflichtigen oder seines Ehegatten, der in rechtlich und tatsächlich
ungetrennter Ehe lebt, in einem Kalenderjahr mehr als den durch das Eidgenössische
Finanzdepartement bzw. Finanzdirektion festgelegten Betrag (Schwellenwert), so wird
eine nachträgliche Veranlagung durchgeführt. Die an der Quelle abgezogene Steuer
wird dabei angerechnet (Art. 90 Abs. 2 DBG, § 93 Abs. 2 StG). Der Schwellenwert be-
trägt für die Steuerperiode 2009 Fr. 120'000.- (Anhang Ziff. 2 zur Verordnung über die
Quellensteuer bei der direkten Bundessteuer des Eidgenössischen Finanzdeparte-
ments vom 19. Oktober 1993, QStV, SR 642.118.2 sowie RZ 55 der Weisung der Fi-
nanzdirektion zur Durchführung der Quellensteuer für ausländische Arbeitnehmer vom
30. September 2005, ZStB I Nr. 28/051).
Die Pflichtigen sind nicht im Besitz der Niederlassungsbewilligung, sondern
nur der Aufenthaltsbewilligung B, und die Pflichtige deklarierte ein unselbstständiges
Erwerbseinkommen von mehr als brutto Fr. 120'000.-. Es ist daher unbestritten, dass
eine nachträgliche ordentliche Veranlagung durchzuführen ist.
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3. a) Steuerbar sind alle Einkünfte aus privatrechtlichem oder öffentlich-
rechtlichem Arbeitsverhältnis mit Einschluss der Nebeneinkünfte wie Entschädigungen
für Sonderleistungen, Provisionen, Zulagen, Dienstalters- und Jubiläumsgeschenke,
Gratifikationen, Trinkgelder, Tantiemen und andere geldwerte Vorteile (Art. 17 Abs. 1
DBG, § 17 Abs. 1 StG).
Der Personalverleih ist im Bundesgesetz über die Arbeitsvermittlung und den
Personalverleih vom 6. Oktober 1989 (AVG, SR 823.11) geregelt. Er ist definiert als
das Überlassen eines Arbeitnehmers an einen Einsatzbetrieb, wobei der Verleiher (Ar-
beitgeber) dem Einsatzbetrieb wesentliche Weisungsbefugnisse gegenüber dem Ar-
beitnehmer abtritt (Art. 26 der Verordnung über die Arbeitsvermittlung und den Perso-
nalverleih vom 16. Januar 1991, AVV, SR 823.111; Wolfgang Portmann, in: Basler
Kommentar, 5. A., 2011, Art. 319 N 23 ff. OR, auch zum Folgenden; Streiff/von Kae-
nel/Rudolph, Arbeitsvertrag, 7. A., 2012, Art. 319 N 20 f.; Christian Drechsler, Perso-
nalverleih: unscharfe Grenzen, AJP 2010 S. 314 ff.). Arbeitgeber (Verleiher), die Dritten
(Einsatzbetrieben) gewerbsmässig Arbeitnehmer überlassen, benötigen eine Betriebs-
bewilligung des kantonalen Arbeitsamts (Art. 12 Abs. 1 AVG). Diese setzt gemäss
Art. 13 Abs. 2 lit. a AVG u.a. voraus, dass die für die Leitung verantwortlichen Perso-
nen Schweizer Bürger oder Ausländer mit Niederlassungsbewilligung sind.
Zur Abgrenzung eines Auftrags von Personalverleih hat das Staatssekretariat
für Wirtschaft eine Reihe von Abgrenzungskriterien aufgestellt (SECO, Weisungen und
Erläuterungen zum Arbeitsvermittlungsgesetz, zur Arbeitslosenvermittlung und der
Gebührenverordnung zum Arbeitsvermittlungsgesetz, 2003, S. 66 ff., www.seco.ad-
min.ch/dokumentation/publikation; vgl. auch Rolf H. Weber, in: Basler Kommentar,
5. A., 2011, Art. 394 N 25 ff. OR). Demnach lassen folgende Kriterien auf die Erbrin-
gung einer Arbeitsleistung in Form des Personalverleihs schliessen:
- Unterordnungsverhältnis: Das Weisungs- und Kontrollrecht als wesentliches
Merkmal für die Erbringung einer Arbeitsleistung liegt beim Einsatzbetrieb (dazu
gehören insbesondere Weisungskompetenzen hinsichtlich der Art der zu verrich-
tenden Arbeit und der Wahl der Hilfsmittel). Diese Voraussetzung kann auch be-
reits erfüllt sein, wenn sich Verleiher und Einsatzbetrieb das Weisungsrecht tei-
len.
- Einbindung des Arbeitnehmers in den Einsatzbetrieb in persönlicher, organisato-
rischer und zeitlicher Hinsicht. Es wird mit Werkzeug, Material, Geräten des
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Einsatzbetriebs und vornehmlich am Sitz sowie im Rahmen der Arbeitszeiten des
Einsatzbetriebs gearbeitet.
- Verpflichtung zur Abrechnung der geleisteten Arbeitsstunden. Es werden
Einsatzstunden, -wochen, -monate abgerechnet, es gibt also keinen Festpreis für
die Leistung.
- Tragen der Gefahr für die Arbeitsleistung (Schlechterfüllung) durch den Einsatz-
betrieb, d.h. der Verleiher haftet dem Einsatzbetrieb gegenüber nur für die gute
Auswahl des Arbeitnehmers. Der Verleiher garantiert keinen vertraglich verein-
barten Erfolg (hinsichtlich Qualität oder Vollendung des Produkts bis zu einem
bestimmten Datum). Bei Nichterreichen dieses Ziels muss er z.B. nicht gratis
Nachbesserung leisten oder den vereinbarten Preis reduzieren.
- Der Verleiher haftet auch nicht für fahrlässige oder vorsätzliche Schäden, die
sein Arbeitnehmer verursacht, sei es beim Einsatzbetrieb, sei es im Rahmen der
Tätigkeit für den Einsatzbetrieb gegenüber Dritten.
b) Die G bezweckt die Erbringung von Dienstleistungen aller Art, insbesonde-
re im IT-Bereich. Gemäss Internetauftritt vermittelt sie IT-Spezialisten an Grosskunden.
Sie ist vom Pflichtigen unabhängig und verfügt gemäss den Feststellungen des Steu-
erkommissärs über eine Bewilligung zum gewerbsmässigen Personalverleih. Die D
schloss am ... 2008 mit ihr einen Vertrag, worin ein Einsatz des Pflichtigen bei der J
vom ... bis ... 2009 vereinbart wurde. Die D wird darin als "Sub-Contractor" definiert
und zur Erbringung der vereinbarten Leistung verpflichtet; die Arbeitszeit ist auf 42
Wochenstunden festgelegt. Der Pflichtige wird als zum Einsatz vorgesehener F na-
mentlich genannt. Vertragsbestandteil waren weiter die "General Terms and Conditions
for Contracting Services". In Art. II.3 derselben wird ausdrücklich festgehalten, dass die
Vergütung für den Einsatz an den Sub-Contractor zu leisten ist. Gemäss Art. II.6 be-
zahlt dieser die Sozialversicherungsbeiträge. Weiter enthält der Vertrag eine Reihe von
Vorschriften über das Weisungsrecht des Einsatzbetriebs gegenüber dem Sub-
Contractor und dem Consultant, Vorgaben über die Arbeitszeit, Sorgfaltspflichten, Ver-
traulichkeit und Rechte am Arbeitsergebnis. Am ... 2009 wurde ein im Wesentlichen
gleichlautender Vertrag über einen Einsatz des Pflichtigen vom ... bis zum ... 2009 bei
der K AG abgeschlossen. Insgesamt weisen beide Verträge die typischen Merkmale
eines Personalverleihs auf, allerdings mit der Besonderheit, dass es sich bei der G
nicht um den Einsatzbetrieb, sondern ihrerseits ebenfalls um einen Personalverleiher
handelt. Es liegt ein "Ketten-Personalverleih" vor. Nach diesen vertraglichen Regelun-
gen stehen die von der G geleisteten Entschädigungen der D zu.
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Daran ändert nichts, dass die D selbst über keine Bewilligung zum Personal-
verleih verfügt und auch nicht verfügen konnte, da die Pflichtigen als ihre Gesellschaf-
ter nicht über die notwendigen Niederlassungsbewilligungen verfügen. Damit drohen
ihr allenfalls aufsichtsrechtliche Massnahmen der zuständigen Behörden. Am Zufluss
des Entgelts bei der D ändert dies nichts. Zudem entfällt gemäss Art. 6 lit. b AVV die
Bewilligungspflicht bei Arbeitgebern, welche eigene Arbeitnehmer vermitteln. Mithin
steht nicht einmal fest, ob die D für die Vermittlung ihres Geschäftsführers überhaupt
eine solche benötigte.
Offenkundig existierte indessen kein schriftlicher Arbeitsvertrag der D mit dem
Pflichtigen. Damit drängt sich aber nur die begründete Vermutung auf, die D habe den
erforderlichen obligationenrechtlichen Arbeitsvertrag für den Einsatz bei den Banken
mit dem Pflichtigen durch konkludentes Handeln und damit stillschweigend abge-
schlossen. Dem steht nicht entgegen, dass der Arbeitsvertrag zwischen Verleiher und
Angestelltem gemäss Art. 19 Abs. 1 AVG an sich schriftlich sein müsste, da die Schrift-
form nicht Gültigkeitserfordernis ist, sondern bei deren Fehlen die orts- und berufsübli-
chen Arbeitsbedingungen gelten (Art. 19 Abs. 3 AVG; Portmann, Art. 319 N 29 OR).
Ein direkter Anspruch des Pflichtigen auf die Entschädigungen der G lässt sich daraus
nicht ableiten.
c) Gestützt auf die vertraglichen Grundlagen ergibt sich damit, dass die von
der G ausbezahlten Entschädigungen von Fr. 211'617.- der D zustanden und deshalb
nicht vom Pflichtigen als unselbstständiges Erwerbseinkommen zu versteuern sind.
4. Das kantonale Steueramt wendet dagegen ein, dass die gewählte rechtli-
che Konstruktion eine Steuerumgehung darstelle.
a) Eine Steuerumgehung kommt dann in Frage, wenn das Steuergesetz nach
der ratio legis an das Zivilrecht anknüpft, die zivilrechtliche Erscheinungsform sich aber
als rechtsmissbräuchlich erweist (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, VB zu Art. 109 - 121
N 39 DBG und VB zu §§ 119 - 131 N 38 f StG). Eine Steuerumgehung liegt nach kon-
stanter bundesgerichtlicher Rechtsprechung vor (BGE 131 II 627),
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- wenn eine von den Beteiligten gewählte Rechtsgestaltung als ungewöhn-
lich, sachwidrig oder absonderlich, jedenfalls den wirtschaftlichen Gege-
benheiten völlig unangemessen erscheint,
- anzunehmen ist, dass die gewählte Rechtsgestaltung missbräuchlich ledig-
lich deshalb getroffen wurde, um Steuern einzusparen, die bei sachgemäs-
ser Ordnung der Verhältnisse geschuldet wären,
- und das gewählte Vorgehen tatsächlich zu einer erheblichen Steuererspar-
nis führen würde, sofern es von den Steuerbehörden hingenommen würde.
Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist aufgrund der konkreten Umstände
des Einzelfalls zu prüfen. Wird eine Steuerumgehung bejaht, ist der Besteuerung die
Rechtsgestaltung zugrunde zu legen, die sachgemäss gewesen wäre, um den ange-
strebten wirtschaftlichen Zweck zu erreichen.
Grundsätzlich tragen die Steuerbehörden die Beweislast für das Vorliegen
sämtlicher objektiven und subjektiven Voraussetzungen der Steuerumgehung. An den
Nachweis der Umgehungsabsicht sind allerdings keine allzu strengen Anforderungen
zu stellen. Er ist erbracht, wenn die vom Steuerpflichtigen getroffene ungewöhnliche,
sachwidrige oder absonderliche Rechtswahl keine anderen Motive als dasjenige der
Steuerersparnis erkennen lässt. Dem Steuerpflichtigen steht der Gegenbeweis offen,
dass die eine oder andere Voraussetzung nicht gegeben ist.
b) Eine Steuerumgehung kommt hier in zweierlei Hinsicht in Betracht: Zum
einen stellt sich die Frage, ob nicht bereits die rechtliche Existenz der D als rechts-
missbräuchlich zu betrachten ist und deshalb durch diese durchgegriffen werden muss.
Zum anderen ist zu prüfen, ob – bei Anerkennung der selbstständigen rechtlichen Exis-
tenz der D – nicht die gewählte vertragliche Ausgestaltung als Steuerumgehung zu
würdigen ist.
aa) Gemäss Art. 772 Abs. 1 OR ist die Gesellschaft mit beschränkter Haftung
eine personenbezogene Kapitalgesellschaft, an der eine oder mehrere Personen oder
Handelsgesellschaften beteiligt sind. Das Gesetz sieht demnach die Einpersonen-
GmbH ausdrücklich vor (Baudenbacher/Speitler, in: Basler Kommentar, 3. A., 2008,
Art. 772 N 5 OR). Daraus folgt, dass eine Einpersonen-GmbH auch im Steuerrecht
grundsätzlich anerkannt werden muss. Demnach steht es einem Unternehmer frei,
seine wirtschaftlichen Aktivitäten entweder in selbstständiger Erwerbstätigkeit oder als
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Angestellter seiner eigenen GmbH auszuüben. Die D als (faktische) Einmann-
Gesellschaft des Pflichtigen ist demnach in keiner Weise ungewöhnlich, sachwidrig
oder absonderlich. Hinzu kommt, dass die aus der gesetzlichen Zulassung der Ein-
mann-GmbH fliessenden steuerlichen Konsequenzen nie eine Steuerumgehung zu
begründen vermögen, auch wenn daraus für den Fiskus insgesamt ein geringerer
Steuerertrag resultiert als bei der Erbringung der gleichen Arbeitsleistung in Form einer
selbstständigen Erwerbstätigkeit allein. Vielmehr ist dies Folge der unterschiedlichen
systematischen Regelung der Besteuerung und damit vom Gesetzgeber gewollt. So-
weit das kantonale Steueramt deshalb mit den unterschiedlichen Steuerfolgen argu-
mentiert, ist ihm von vornherein nicht zu folgen.
bb) Ist demnach die D als eigenständiges Steuersubjekt anzuerkennen, stellt
sich die Frage, ob im "Ketten"-Personalverleih unter Einbindung der D eine Steuerum-
gehung zu erkennen ist.
Gerade bei Mitarbeitern von Grossunternehmen, welche nur projektbezogen
tätig werden, bestehen schwierige Abgrenzungsfragen mit Bezug auf die Frage, ob
diese sozialversicherungsrechtlich selbstständig oder unselbstständig tätig sind (Pe-
ter Forster, AHV-Beitragspflicht, 2007, S. 89 und S. 357; Ueli Kieser, Schweizerisches
Sozialversicherungsrecht, 2007, S. 107). Zur Vermeidung unvorhergesehener sozial-
versicherungsrechtlicher Folgen für den Einsatzbetrieb ist deshalb die Anstellung von
solchen Mitarbeitern auf dem Weg des Personalverleihs die Regel, da dadurch klare
Verhältnisse geschaffen werden. Wie sich bereits aus dem AVG ergibt, ist der Perso-
nalverleih denn auch vom Gesetzgeber anerkannt. Wollte sich der Pflichtige demnach
auf dem Arbeitsmarkt erfolgreich anbieten, muss er sich zwangsläufig den dortigen
Anforderungen anpassen. Dabei kann von ihm nicht verlangt werden, dass er sich im-
mer bereits bestehender Personalverleih-Firmen bedient; vielmehr erhöht sich seine
Flexibilität und auch sein ökonomischer Erfolg, wenn er sich mit einer eigenen Perso-
nalverleih-Gesellschaft präsentiert. Insgesamt ist deshalb der Marktaufritt des Pflichti-
gen in Form des Personalverleihs über die D keineswegs absonderlich, sondern ent-
spricht den Bedürfnissen der Kundschaft. Im Übrigen unterscheidet sich das Vorgehen
des Pflichtigen nicht wesentlich von einem Handwerker, der mit seiner eigenen Ein-
mann-Gesellschaft auftritt und durch diese die Vergütungen für die Aufträge verein-
nahmt, sich selber aber nur einen minimalen Lohn auszahlt. Auch solche Konstellatio-
nen werden von den Steuerbehörden akzeptiert. Eine rein steuerliche Motivation des
Pflichtigen muss damit ausgeschlossen werden.
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Dass sich vor diesem Hintergrund auch ein Ketten-Personalverleih ergeben
kann, liegt in der Natur in der Sache. In diesem Zusammenhang fällt überdies ins Ge-
wicht, dass die Sozialversicherungsbeitragspflicht gemäss den Verträgen auf die D
überwälzt wurde. Es ist deshalb fraglich, ob die G überhaupt mit dem Pflichtigen per-
sönlich einen Vertrag eingegangen wäre, da sie diesfalls die betreffenden Abrech-
nungspflichten hätte übernehmen müssen. Mithin förderte auch hier der Auftritt in Form
der D die Marktchancen des Pflichtigen.
Komplikationen ergeben sich im vorliegenden Fall denn einzig aufgrund der
Quellensteuer, welche auf der Entschädigung der G und damit auf einer höheren Be-
messungsgrundlage erhoben wird als das Jahresgehalt des Pflichtigen bei der D be-
trägt. Dies allein macht aber die getroffene Vertragsgestaltung nicht ungewöhnlich,
sachwidrig oder absonderlich. Überdies vermag die Praxis der Abteilung Quellensteuer
das Steuerrekursgericht nicht in dem Sinn zu binden, dass damit die Qualifikation der
betreffenden Entgelts als selbstständiges Erwerbseinkommen bereits verbindlich ent-
schieden wäre.
c) Insgesamt erscheint der vorliegende Sachverhalt weder als ungewöhnlich,
sachwidrig oder absonderlich, noch den wirtschaftlichen Gegebenheiten völlig unan-
gemessen, weshalb das Vorliegen einer Steuerumgehung zu verneinen ist.
5. Indem die Pflichtigen Veranlagung bzw. Einschätzung gemäss Steuererklä-
rung beantragen, wenden sie sich auch gegen die übrigen geringfügigeren Korrekturen
des kantonalen Steueramts. Indessen machen sie hierzu keinerlei Ausführungen und
erweisen sich die Korrekturen als gesetzmässig. Es ist daher darauf nicht einzutreten.
Insgesamt ist daher eine Neuberechnung des steuerbaren Einkommens wie
folgt vorzunehmen:
direkte Bundessteuer
st.b. Einkommen gem. Veranlagung/Einspracheentscheid Fr. 287'400.-
./. Vergütung G an D Fr. 211'617.-
+ Einkünfte aus Haupterwerb gemäss Deklaration Fr. 98'929.-
st.b. Einkommen neu Fr. 174'712.-
steuerbares Einkommen gerundet Fr. 174'700.-
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Staats- und Gemeindesteuern
st.b. Einkommen gem. Einschätzung/Einspracheentscheid Fr. 295'535.-
./. Vergütung G an D Fr. 211'617.-
+ Einkünfte aus Haupterwerb gemäss Deklaration Fr. 98'929.-
st.b. Einkommen neu Fr. 182'847.-
steuerbares Einkommen gerundet Fr. 182'800.-
6. Gestützt auf diese Erwägungen sind Beschwerde und Rekurs teilweise gut-
zuheissen. Ausgangsgemäss sind die Kosten des Verfahrens den Parteien anteils-
mässig aufzuerlegen (Art. 144 Abs. 1 DBG und § 151 Abs. 1 StG). Aufgrund ihres weit
überwiegenden Obsiegens ist den Pflichtigen eine Parteientschädigung zuzusprechen
(Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Verwaltungs-
verfahren vom 20. Dezember 1968 bzw. § 152 StG i. V. m. § 17 Abs. 2 VRG). | Public | Tax | de | 2,013 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
93b73f99-33ab-4323-b401-e8310318f455 | hat sich ergeben:
A. A und B (nachfolgend der/die Pflichtige[n]) deklarierten in ihrer Steuererklä-
rung 2008 ein steuerbares Einkommen von Fr. 177'456.- (satzbestimmendes Einkom-
men Fr. 282'208.-) für die Staats- und Gemeindesteuern bzw. Fr. 172'102.- (satzbe-
stimmendes Einkommen Fr. 274'108.-) für die direkte Bundessteuer und ein
steuerbares Vermögen von Fr. 1'199'172.-. Dabei machten sie unter anderem unter
dem Titel Mehrkosten bei auswärtigem Wochenaufenthalt einen Betrag von
Fr. 31'576.- geltend.
Das kantonale Steueramt schätzte die Pflichtigen am 20. Oktober 2010 für die
Staats- und Gemeindesteuern, Steuerperiode 2008, mit einem steuerbaren Einkom-
men von Fr. 213'100.- (satzbestimmendes Einkommen Fr. 317'500.-) und einem steu-
erbaren Vermögen von Fr. 685'000.- ein. Dabei liess es u.a. die geltend gemachten
Mehrkosten bei auswärtigem Wochenaufenthalt nicht zum Abzug zu. Gleichentags
erging der Hinweis betreffend die direkte Bundesteuer, Steuerperiode 2008, mit einem
steuerbaren Einkommen von Fr. 207'700.- (satzbestimmendes Einkommen
Fr. 309'400.-).
B. Die hiergegen erhobenen Einsprachen wies das kantonale Steueramt in
Bezug auf den Abzug Mehrkosten bei auswärtigem Wochenaufenthalt am 23. Juli 2010
ab. Hingegen gewährte es statt der deklarierten Fahrtkosten für 120 Arbeitstage bzw.
Fr. 4'212.- (120 x 27 km x 2 x Fr. 0.65) solche für 240 Arbeitstage bzw. Fr. 6'240.-
(240 x 20 km x 2 x Fr. 0.65) und liess den vollen Verpflegungskostenabzug von
Fr. 3'200.- zum Abzug zu.
C. Mit Rekurs und Beschwerde vom 16. August 2010 beantragten die Pflichti-
gen gegenüber der Steuerrekurskommission, die Wochenaufenthalterkosten von
Fr. 31'576.- in Abzug zu bringen.
In der Rekurs- und Beschwerdeantwort vom 10. September 2010 schloss das
kantonale Steueramt auf Abweisung der Rechtsmittel.
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3 ST.2010.244 3 DB.2010.181
Auf die Parteivorbringen wird, soweit rechtserheblich, in den nachfolgenden
Erwägungen eingegangen. | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. a) Gemäss § 25 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) bzw. Art 25
des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990 (DBG)
werden zur Ermittlung des Reineinkommens von den gesamten steuerbaren Einkünf-
ten die zu ihrer Erzielung notwendigen Aufwendungen und die allgemeinen Abzüge
abgezogen. Abzugsfähig im Bereich der unselbständigen Erwerbstätigkeit sind nach
§ 26 Abs. 1 StG bzw. Art. 26 Abs. 1 DBG die notwendigen Kosten für Fahrten zwi-
schen Wohn- und Arbeitsstätte (lit. a), die notwendigen Mehrkosten für Verpflegung
ausserhalb der Wohnstätte und bei Schichtarbeit (lit. b), die übrigen für die Ausübung
des Berufs erforderlichen Kosten (lit. c) und die mit dem Beruf zusammenhängenden
Weiterbildungs- und Umschulungskosten (lit. d). Nicht abzugsfähig sind u.a. die Auf-
wendungen für den Unterhalt des Steuerpflichtigen und seiner Familie sowie der durch
die berufliche Stellung des Steuerpflichtigen bedingte Privataufwand (§ 33 lit. a StG,
Art. 34 lit. a StG).
b) Für die Berufskosten nach Abs. 1 lit. a - c haben die Finanzdirektion und
das Eidgenössische Finanzdepartement Pauschalansätze festgelegt. Dabei steht dem
Steuerpflichtigen bezüglich Fahrkosten und den übrigen für die Ausübung des Berufs
erforderlichen Kosten der Nachweis höherer Kosten offen (§ 26 Abs. 2 StG, Art. 26
Abs. 2 DBG). Innerhalb derselben Kategorie ist eine Kombination von effektiven Kos-
ten und Pauschale ausgeschlossen (VGr, 4. November 1992, SB 92/0034, als Leitsatz
wiedergegeben in RB 1992 Nr.23; zum vorinstanzlichen Entscheid siehe StE 1993
B 22.3 Nr. 48).
c) Unter dem Titel "Berufskosten" können nur die "notwendigen" bzw. "erfor-
derlichen" Aufwendungen einkommensmindernd berücksichtigt werden. Notwendig
bzw. erforderlich sind diejenigen Aufwendungen, die ihren Grund in der beruflichen
Tätigkeit haben bzw. die durch die Einkommenserzielung verursacht werden, sei es,
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3 ST.2010.244 3 DB.2010.181
dass sie zum Zweck der Einkommenserzielung aufgewendet werden, sei es, dass sie
Folge der einkommenserzielenden Tätigkeit bilden (Markus Reich, in: Kommentar zum
Schweizerischen Steuerrecht, Band I/1, 2.A., 202, Art. 9 N 8 StHG). Als berufsnot-
wendige Gewinnungskosten gelten indes nicht sämtliche Aufwendungen, die irgendei-
nen Zusammenhang zur ausgeübten Tätigkeit aufweisen bzw. im weiteren Sinn ihren
Grund im Arbeitsverhältnis haben. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts
erscheinen als berufsnotwendig vielmehr nur solche Kosten, welche in einem qualifi-
ziert engen, d.h. rechtlich erheblichen (wesentlichen) Zusammenhang zur ausgeübten
Tätigkeit stehen. Erforderlich ist mit anderen Worten ein wesentlicher Zusammenhang
zwischen Art, Grund und Zweck der Ausgabe einerseits und der Natur der beruflichen
Tätigkeit andrerseits, während Aufwendungen, die vorwiegend mit der allgemeinen
Lebenshaltung zusammenhängen bzw. die der Steuerpflichtige lediglich wegen eines
persönlichen Bedürfnisses oder aus grösserer Bequemlichkeit getätigt hat, vom Abzug
ausgeschlossen sind (RB 1991 Nr. 21 [Leitsatz]; StE 2000 B 22.3 Nr. 71; BGE 113 Ib
121 E. 3b; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009,
Art. 26 N 4 und Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 2. A., 2006,
§ 26 N 5).
d) Steuerpflichtige, die an den Arbeitstagen am Arbeitsort bleiben und dort
übernachten müssen, jedoch regelmässig für die Freitage an den steuerlichen Wohn-
sitz zurückkehren (Wochenaufenthalter), können nebst den Fahrtkosten zwischen
auswärtiger Unterkunft und Arbeitsstätte auch die Kosten der regelmässigen Heimkehr
an den steuerrechtlichen Wohnsitz abziehen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 26 N
16 DBG und § 26 N 16 StG). Zudem können sie für die Mehrkosten der auswärtigen
Verpflegung einen Pauschalabzug tätigen. Des Weiteren können sie als notwendige
Mehrkosten der Unterkunft die ortsüblichen Auslagen für ein Zimmer abziehen.
Die Frage der Zumutbarkeit der täglichen Rückkehr an den Wohnort kann
nicht allgemein beantwortet werden. Die Dauer des Arbeitswegs ist allein nicht mass-
gebend. Im Einzelfall ist zu prüfen, ob der Zeitpunkt von Arbeitsbeginn und -ende eine
tägliche Rückkehr zumutbar macht, wie lange die Arbeit dauert, ob die Arbeitszeiten
(fix oder gleitend, Blockzeiten) dem Steuerpflichtigen in Bezug auf die Rückkehr an den
Wohnort einen gewissen Spielraum lassen, ob Teilzeitarbeit vorliegt, oder wie der Ar-
beitsweg zumutbarerweise (öffentliche oder private Transportmittel; häufiger Wechsel
von Tram/Bus/Zug) und ob ein Teil davon als Ruhe- oder Arbeitszeit (längere Zugsrei-
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3 ST.2010.244 3 DB.2010.181
sen) genutzt werden kann. Das Bundesgericht hat die Zumutbarkeit der täglichen
Rückkehr bejaht, wenn Wohn- und Arbeitsort nur rund zehn Kilometer auseinander
liegen und die Strecke durch öffentliche Verkehrsmittel erschlossen ist (BGr vom
12. März 1997, 2A.439/1996, www.bger.ch). Anders entschied das Bundesgericht in
einem Fall, wo die Distanz zwischen Arbeits- und Wohnort 185 km betrug. In einem
solchen Fall erachtet es die tägliche Rückkehr an den Wohnort als unvernünftig und
liess anstelle der geltend gemachten Fahrtkosten die tieferen Kosten für ein Zimmer
am Arbeitsort als Wochenaufenthalter zu (BGr vom 14. Mai 1996, 2A.479/1995, Erw. 2
c, www.bger.ch). In einem neuern Entscheid befand das Bundesgericht die Rückkehr
an den Wohnort bei einem Arbeitsweg von einer Stunde und 20 Minuten als noch zu-
mutbar (BGr vom 26. Oktober 2004, 2A.224/2004, www.bger.ch).
e) Berufskosten sind steuermindernder Natur und damit gemäss der im Steu-
errecht allgemein gültigen Beweisregel vom Steuerpflichtigen dazutun und nachzuwei-
sen. Die ihm obliegende Beweisleistung setzt in erster Linie und in jedem Fall eine –
spätestens vor Rekurskommission abzugebende – substanziierte Sachdarstellung
voraus. Substanziiert ist die Sachdarstellung dann, wenn aus ihr im Einzelnen Art, Mo-
tiv und Rechtsgrund der verfochtenen Aufwendungen in der Weise hervorgehen, dass
bereits gestützt darauf – aber unter Vorbehalt einer Beweiserhebung – die rechtliche
Beurteilung der geschäftsmässigen Begründetheit der zum Abzug beanspruchten Aus-
lagen möglich ist (VGr, 26. Januar 1988, SB 87/0044, auch zum Folgenden). Fehlt es
an einer in diesem Sinn genügenden Substanziierung – welche im Beweisverfahren
nicht nachgeholt werden kann (RB 1973 Nr. 35, 1980 Nr. 69) –, so hat die Rekurs-
kommission von sich aus keine Untersuchung zu führen, um sich die erforderlichen
Grundlagen zu beschaffen (RB 1975 Nr. 64), und muss eine Beweisabnahme unter-
bleiben mit der Wirkung, dass der Nachweis der fraglichen Aufwendungen zu Unguns-
ten des hierfür beweisbelasteten Steuerpflichtigen als gescheitert zu betrachten ist. Für
die von ihm verfochtene, hinreichend substanziierte Sachdarstellung hat der Steuer-
pflichtige sodann von sich aus beweiskräftige Unterlagen einzureichen oder die Be-
weismittel wenigstens unter genauer Bezeichnung anzubieten (vgl. RB 1975 Nr. 55).
2. a) Die Pflichtigen begründen den Abzug für auswärtige Wochenaufenthalter
damit, dass die Pflichtige bei der Bank C in D im Rang einer Direktorin tätig sei. Bei
dieser Bank handle es sich um eine ausländische Bank mit Hauptsitz im nahen Osten.
http://www.bger.ch/ http://www.bger.ch/ http://www.bger.ch/
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3 ST.2010.244 3 DB.2010.181
Im Land des Hauptsitzes sei der Freitag unserem Samstag gleichgesetzt. Darum müs-
se die Pflichtige immer wieder am Sonntag zur Arbeit gehen, da in jenem Land die
Woche am Sonntag beginne. Die Pflichtige könne gewisse Tätigkeiten nicht über ihr
Homeoffice erledigen, sondern müsse ihre Kontakte über das chiffrierte bankeigene
Netzwerk und über die speziell abgesicherten Telefonleitungen der Bank vornehmen.
Darum sei es teilweise nötig, dass sie spontan und innerhalb kürzester Zeit im Büro in
D ihre Arbeiten erledigen könne. Das Land des Hauptsitzes sei in einer anderen Zeit-
zone, weshalb die Pflichtige öfters eine Stunde früher zur Arbeit gehen müsse, damit
sie an Telefonkonferenzen pünktlich teilnehmen könne. Andererseits habe die Bank C
eine Niederlassung in den Vereinigten Staaten, weshalb die Pflichtige aufgrund der
sechsstündigen Zeitverschiebung teilweise bis spät in der Nacht arbeiten müsse, damit
sie telefonisch erreichbar sei. Ebenfalls müsse die Pflichtige gesellschaftliche Verpflich-
tungen wahrnehmen, welche teilweise bis spät abends andauerten. Wenn an solchen
Anlässen Alkohol getrunken werde, sei es der Pflichtigen unmöglich, danach mit dem
eigenen Wagen nach Hause zu fahren. Diese Umstände würden zu Mehrkosten im
Umfang von Fr. 31'576.- (monatliche Miete Fr. 4'996.- / 2 = Fr. 2'498.- x 12 =
Fr. 29'976.- zuzüglich Mehrkosten auswärtige Verpflegung Fr. 15.- x 110 Tage = Fr.
1'600.-).
b) Die Pflichtigen haben ihren steuerrechtlichen Wohnsitz in F. Die Distanz
zwischen Arbeitsort der Pflichtigen (D) und Wohnort beträgt 20.2 km und kann mit dem
Auto in 32 Minuten zurückgelegt werden. Die Strecke ist auch durch öffentliche Ver-
kehrsmittel erschlossen, die Reiszeit beträgt 51 Minuten (vgl. http://maps.google.ch/
maps). Gemäss dem von den Pflichtigen eingereichten Arbeitszeitaufzeichnungen für
das Jahr 2008 beginnt die Pflichtige ihre Arbeit jeweils nicht vor 07.00 Uhr und beendet
sie, je nach dem ob noch ein Dinner stattfindet, zwischen 17.00 und 22.00 Uhr. Nur
einmal war sie infolge eines länger dauernden Dinners bis 23.30 Uhr anwesend. Es ist
der Pflichtigen durchaus zuzumuten, jeweils an ihren Wohnort in F zurückzukehren, sei
dies mit dem Auto oder – sofern sie infolge Alkoholkonsums nicht mehr fahrtauglich
sein sollte – mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Der Arbeitsweg der Pflichtigen –
auch bei zweimaligem Umsteigen, sofern er mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu-
rückgelegt wird – ist nicht besonders anstrengend. Zudem profitiert die Pflichtige von
flexiblen Arbeitszeiten, die ihr erlauben, den Arbeitstag und die Hin- und Rückreisezei-
ten den eigenen Bedürfnissen anzupassen.
http://maps.google.ch/%20maps http://maps.google.ch/%20maps
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3 ST.2010.244 3 DB.2010.181
Die Ausführungen der Pflichtigen zu den sicheren Telefonleitungen und zum
chiffrierten Netzwerk wurden in keiner Weise nachgewiesen und gehen auch aus den
eingereichten Zeitabrechnungen der Pflichtigen nicht weiter hervor. Diese belegen
zwar, dass sie teilweise auch sonntags zur Arbeit ging, jedoch zeigen sie auch – wor-
auf in der Rekurs-/Beschwerdeantwort zu Recht hingewiesen wird – dass die Pflichtige
auch E-Mails zu Hause bearbeiten kann (Eintrag vom Sonntag 19. Oktober 2010). Wei-
ter sind die Vorbringen der Pflichtigen, wonach ein spontanes Erscheinen der Pflichti-
gen am Arbeitsplatz aufgrund der geltend gemachten Datensicherheit erforderlich sei,
in keiner Weise belegt.
c) Unter diesen Umständen hat das kantonale Steueramt die tägliche Rück-
kehr an den Wohnort zu Recht als zumutbar angesehen. Die Mehrkosten der Pflichti-
gen für den auswärtigen Wochenaufenthalt sind keine notwendigen Gewinnungskos-
ten, sondern stellen Aufwendungen für die private Lebenshaltung dar und sind damit
steuerlich nicht abziehbar.
3. a) Laut § 26 Abs. 2 StG legt die Finanzdirektion für die Berufskosten ge-
mäss § 26 Abs. 1 lit. a - c StG Pauschalansätze fest; im Fall von lit. a und c steht dem
Steuerpflichtigen der Nachweis höherer Kosten offen. Mit Verfügung über die Pauscha-
lierung von Berufsauslagen Unselbstständigerwerbender bei der Steuereinschätzung
vom 16. Oktober 2000 (Pauschalierungsverfügung, gültig ab Steuerperiode 2001;
nZStB I Nr. 17/201) hat die Finanzdirektion von dieser Kompetenz Gebrauch gemacht.
Dabei sieht sie auch Pauschalen bei Benützung des Autos für den Arbeitsweg vor und
hat diese auf Fr. 0.65 pro Kilometer festgelegt. Sie bestimmt sodann, dass die daraus
erwachsenden Kosten dann geltend gemacht werden können:
- wenn ein öffentliches Verkehrsmittel fehlt, d.h. wenn die Wohn- oder von der nächsten Haltstelle mindestens ein Kilometer entfernt ist oder bei Arbeitsbeginn oder -ende kein öffentliches Verkehrsmittel fährt;
- wenn sich mit dem privaten Motorfahrzeug eine Zeitersparnis von über einer Stunde (gemessen von der Haustüre zum Arbeitsplatz und zurück) ergibt;
- soweit der Steuerpflichtige auf Verlangen und gegen Entschädigung des das private Motorfahrzeug ständig während der Arbeitszeit benützt und für die Fahrten zwischen der Wohn- und Arbeitsstätte keine Entschädigung erhält sowie
- wenn der Steuerpflichtige zufolge Krankheit oder Gebrechlichkeit ausserstande ist, ein öffentliches Verkehrsmittel zu benützen.
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3 ST.2010.244 3 DB.2010.181
b) Für höhere Abzüge als die Pauschalen hat der Steuerpflichtige den Nach-
weis der gesamten Kosten zu leisten. Bei den hier im Streit liegenden Fahrkosten ist zu
beachten, dass nur der Kilometeransatz pauschaliert ist. Aus der Pauschalierung folgt
nicht, dass der Steuerpflichtige auch vom Nachweis der geltend gemachten Fahrleis-
tung befreit wäre (StRK I, 19. März 2004, 1 ST.2004.94, auch zum Folgenden). Nach-
zuweisen ist vielmehr die Distanz zum Arbeitsort. Nachzuweisen ist aber auch, dass
die dargelegten Voraussetzungen für die (ausnahmsweise) Abzugsfähigkeit der Fahrt-
kosten erfüllt sind sowie die Tatsache, dass für den täglichen Arbeitsweg überhaupt
regelmässig das eigene Privatauto auf eigene Kosten benützt worden ist. Andrerseits
widerspräche es dem Wesen des pauschalierten Abzugs, vom Steuerpflichtigen zu
verlangen, die Jahreskilometerleistung, welche sich im Regelfall aus der normalen
Wegstrecke (Wohnort-Arbeitsort-Wohnort) multipliziert mit 240 jährlichen Arbeitstagen
ergibt, kilometergenau nachzuweisen. Liegt aber kein solcher Regelfall vor, weil der
Arbeitsweg von der Häufigkeit und/oder Strecke her nicht regelmässig zurückgelegt
wird, muss auch die Jahreskilometerleistung belegt werden. Hierfür ist in jedem Fall ein
Fahrtenbuch erforderlich, das zeitnah zu führen ist und über die gefahrenen Strecken
Auskunft (mit Angabe von Datum und zurückgelegten Kilometern) zu geben hat.
c) Anstelle der Mehrkosten bei auswärtigem Wochenaufenthalt gewährte der
Steuerkommissär grosszügigerweise die pauschalen Kosten für die Fahrten zwischen
Wohn- und Arbeitsort mit dem Auto, obwohl öffentliche Verkehrsmittel vorhanden wä-
ren. Dies gründet darin, dass der Wohnort der Pflichtigen, F, in zeitlich sehr unregel-
mässigen bzw. pro Tag nur in seltenem Takt mit öffentlichen Verkehrsmitteln erschlos-
sen ist. Die Pflichtigen beantragen in ihrem Rekurs/Beschwerde eventualiter die
Berücksichtigung der Fahrtkosten im Umfang von Fr. 8'424.- (240 Tage x 2 Fahrten pro
Tag x 27 km x Fr. 0.65). Der Steuerkommissär berechnete die Fahrtkosten unter Be-
rücksichtigung einer Wegstrecke von 20 km. Wie die Pflichtigen entgegen den Anga-
ben im Internet, 20.2 km (vgl. http://maps.google.ch/maps), auf eine Strecke von 27 km
kommen, legen sie nicht näher dar. Dies hätte aber spätestens im Rekurs/in der Be-
schwerde substanziiert gemacht werden müssen. Das Vorgehen des Steuerkommis-
särs bei der Festlegung der Wegstrecke, nämlich die Verwendung allgemein anerkann-
ter Hilfsmittel zu deren Berechnung, erweist sich deshalb als korrekt und es ist kein
Grund ersichtlich, wieso von anderen Berechnungsgrundlagen ausgegangen werden
soll.
http://maps.google.ch/maps
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3 ST.2010.244 3 DB.2010.181
4. Diese Erwägungen führen im zur Abweisung des Rekurses bzw. der Be-
schwerde. Ausgangsgemäss sind die Verfahrenskosten den Pflichtigen aufzuerlegen
(§ 151 Abs. 1 StG, Art. 144 Abs. 1 DBG). | Public | Tax | de | 2,010 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
93de1902-1749-4403-b00d-0ffed848b1dc | hat sich ergeben:
A. Der am ... 1943 geborene A (nachfolgend der Pflichtige) gründete am
....1967 zusammen mit seinem Bruder D die E (nachfolgend E) in F. Per 30. Juni 2006
verkaufte er im Alter von 63 Jahren seinen hälftigen Aktienanteil an G aus der Nachfol-
gegeneration für Fr. 650'000.-; auf den gleichen Zeitpunkt gab er seine Erwerbstätig-
keit auf. Für die Beschäftigungsdauer 1.1.-30.6.2006 wurde ihm gemäss Lohnausweis
2006 ein Nettolohn von Fr. 303'370.- ausbezahlt; zudem erhielt er noch eine Dividende
2005 im Betrag von Fr. 250'000.-.
Am 27. Juni 2006, also kurz vor dem Ausscheiden aus der Familien-AG, nahm
er eine Einzahlung in die "H" (nachfolgend "H") über Fr. 300'000.- vor; von dieser Kas-
se bezieht er seit dem 1. Juli 2006 eine jährliche Rente von Fr. 21'098.-. Die Einzah-
lung brachte er in der Steuererklärung 2006 als Einkauf in die berufliche Vorsorge ein-
kommensseitig zum Abzug. Per 4. Dezember 2006 wurde ihm von der N
Freizügigkeitsstiftung eine Kapitalleistung aus früheren Vorsorgeverhältnissen im Be-
trag von Fr. 197'614.35 ausbezahlt; diese wurde nach Massgabe von § 37 des Steuer-
gesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) bzw. Art. 38 des Bundesgesetzes über die direkte
Bundessteuer vom 14. Dezember 1990 (DBG) gesondert besteuert. Am 23. Juni 2008
wurden ihm von der gleichen Freizügigkeitsstiftung weitere Kapitalleistungen von
Fr. 203'253.- und Fr. 122'784.- überwiesen. Gegen die diesbezügliche separate Be-
steuerung wurde Einsprache erhoben mit der Begründung, die Auszahlungen seien zu
Unrecht erfolgt; das entsprechende Verfahren ist noch pendent.
Mit Auflage vom 19. Mai 2008 untersuchte der Steuerkommissär den in der
Steuerperiode 2006 deklarierten Einkauf in die berufliche Vorsorge und verlangte die
üblichen Unterlagen wie Reglemente, Vorsorgeausweise, Einkaufsberechnungen etc.
Am 12. Juni 2008 reichte der Steuervertreter des Pflichtigen verschiedene
Dokumente ein. Dabei wies er in Anknüpfung an eine frühere (ergebnislose) Ruling-
anfrage auch darauf hin, dass im Nettolohn 2006 des Pflichtigen eine altersbedingte
Abgangsentschädigung der Arbeitgeberin im Betrag von Fr. 240'000.- (= Teilbetrag der
vereinbarten Abgangsentschädigung von Fr. 285'000.-) gemäss "Aufhebungsvertrag"
enthalten sei; diese sei privilegiert zu besteuern, nämlich Fr. 170'586.- nach Massgabe
von § 37 StG bzw. Art. 38 DBG und Fr. 69'414.- gemäss § 36 StG bzw. Art. 37 DBG.
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2 ST.2009.275 2 DB.2009.159
Am 15. September 2008 trafen sich die Vertreter der Pflichtigen und der E mit
dem Steuerkommissär zu einer Besprechung. Dabei kam auch zur Sprache, dass das
Ausscheiden des Pflichtigen aus der Familien-AG per Mitte 2006 in Zusammenhang
mit einer im Mai 2006 diagnoszierten schweren Erkrankung gestanden hatte; im Nach-
gang zu dieser Besprechung wurden mit Eingabe vom 8. Oktober 2008 diesbezügliche
Unterlagen eingereicht.
Am 18. November 2008 wurde abermals eine Besprechung durchgeführt und
im Anschluss daran wurden von Seiten der Pflichtigen mit E-Mail vom 27. November
2008 weitere Vorsorgedokumente nachgereicht. Eine Einigung kam in der Folge aber
nicht zustande. Ein per E-Mail am 10. Dezember 2008 eingereichtes weiteres Gesuch
um eine Besprechung unter Beizug eines Vorsorgespezialisten wies das kantonale
Steueramt mit E-Mail-Antwort vom gleichen Tag ab.
Mit Einschätzungsentscheid bzw. Hinweis vom 8. Februar 2009 nahm der
Steuerkommissär alsdann die Veranlagung der Steuerperiode 2006 wie folgt vor:
Staats- und Gemeindesteuer Direkte Bundessteuer
(Fr.) (Fr.)
Steuerbares Einkommen 539'000.- 540'500.-
Steuerbares Vermögen 3'005'000.-.
Dabei liess er den Einkauf in die "H" über Fr. 300'000.- einkommensseitig
nicht zum Abzug zu und verweigerte er auch die privilegierte Besteuerung von Lohnan-
teilen im Sinn von vorsorgemotivierten Abgangsentschädigungen.
Die Bundessteuerveranlagung wurde mit Schlussrechnung vom 20. Februar
2009 formell eröffnet.
B. Mit Einsprachen vom 9. bzw. 26. März 2009 liessen die Pflichtigen bean-
tragen, die Aufrechnung des Vorsorgeeinkaufs rückgängig zu machen; sodann seien
Lohnanteile von Fr. 170'586.- bzw. Fr. 69'414.- privilegiert nach Massgabe von
§ 37 StG/Art. 38 DBG bzw. § 36 StG/Art. 37 DBG zu besteuern.
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2 ST.2009.275 2 DB.2009.159
Mit Entscheiden vom 10. September 2009 wies das kantonale Steueramt die
Einsprachen ab. Dabei wurde mit Bezug auf den Vorsorgeeinkauf auf eine Steuerum-
gehung geschlossen: Es werde nämlich ein steuerlich abzugsfähiger Einkauf in die
Pensionskasse geltend gemacht, welchem privilegiert zu besteuernde Kapitalleistun-
gen gegenüberstünden. Der Einkauf beruhe damit nicht auf dem Motiv der Vorsorge,
sondern auf demjenigen der Steuerersparnis. Weiter wurde erwogen, dass die fragli-
che Abgangsentschädigung gestützt auf die Akten als Lohnzahlung zu qualifizieren sei.
C. Hiergegen liessen die Pflichtigen am 12. Oktober 2009 fristgerecht Rekurs
bzw. Beschwerde erheben und beantragen, das steuerbare Einkommen unter steuer-
mindernder Berücksichtigung des Vorsorgeeinkaufs auf Fr. 239'000.- (Staats- und
Gemeindesteuern) bzw. Fr. 240'500.- (direkte Bundessteuer) festzusetzen. Sodann sei
von der im Lohn enthaltenen Abgangsentschädigung wenigstens ein Anteil von
Fr. 40'165.- privilegiert nach § 37 StG bzw. Art. 38 DBG zu besteuern. Schliesslich
wurde die Zusprechung einer Parteientschädigung verlangt.
Das kantonale Steueramt schloss in seiner Rekurs-/Beschwerdeantwort vom
9. November 2009 auf Abweisung der Rechtsmittel. Die Eidgenössische Steuerverwal-
tung liess sich nicht vernehmen.
Mit E-Mail vom 15. Januar 2010 zogen die Pflichtigen ihren Nebenantrag auf
privilegierte Besteuerung eines Lohnanteils von Fr. 40'165.- zurück).
Auf die Parteivorbringen ist, soweit erforderlich, in den nachstehenden Erwä-
gungen einzugehen. | Die Rekurskommission zieht in Erwägung:
1. a) Von den Einkünften werden laut § 31 Abs. 1 lit. d StG bzw. Art. 33 Abs. 1
lit. d DBG abgezogen, die gemäss Gesetz, Statut oder Reglement geleisteten Einla-
gen, Prämien und Beiträge zum Erwerb von Ansprüchen aus Einrichtungen der berufli-
chen Vorsorge. Diese Bestimmungen vollziehen die bundesrechtliche Vorschrift von
Art. 81 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und
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2 ST.2009.275 2 DB.2009.159
Invalidenvorsorge vom 25. Juni 1982 (BVG), wonach die von den Arbeitnehmern und
Selbstständigerwerbenden nach Gesetz oder reglementarischen Bestimmungen ge-
leisteten Beiträge an Vorsorgeeinrichtungen bei den direkten Steuern des Bundes, der
Kantone und Gemeinden abziehbar sind. Abzugsfähig sind dabei nicht nur die ordentli-
chen Beiträge an die Vorsorgeeinrichtung, sondern auch die Beiträge für den Einkauf
von Lohnerhöhungen, von Beitragsjahren, von Vorfinanzierungen für Frühpensionie-
rungen oder von im Rahmen einer Scheidung übertragenen Austrittsleistungen. Dabei
spielt es keine Rolle, ob die Vorsorge auf dem Leistungs- oder dem Beitragsprimat
beruht oder den obligatorischen oder überobligatorischen Bereich betrifft (Rich-
ner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz,
2. A., 2006, § 31 N 79; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG,
2. A., 2009, Art. 33 N 81; RB 1996 Nr. 48; VGr, 23. Januar 2002 = StE 2002 B 27.1
Nr. 26). Zu beachten sind hingegen die Einkaufsbeschränkungen von Art. 79b BVG
(Fassung vom 3. Oktober 2003, in Kraft seit 1. Januar 2006); so darf etwa die Vorsor-
geeinrichtung den Einkauf höchstens bis zur Höhe der reglementarischen Leistungen
ermöglichen (Ziff. 1) und dürfen bei getätigten Einkäufen die daraus resultierenden
Leistungen innerhalb der nächsten drei Jahre nicht in Kapitalform aus der Vorsorge
zurückgezogen werden (Ziff. 3).
b) Der Pflichtige ist am 1. April 2006 in die "H" eingetreten, worauf er am
27. Juni 2006 den streitbetroffenen Einkauf von Fr. 300'000.- getätigt hat; Freizügig-
keitsleistungen aus anderen Versicherungsverhältnissen hat er dabei nicht einge-
bracht. Die "H" sieht die Möglichkeit des Einkaufs von Beitragsjahren ausdrücklich vor.
Offensichtlich hat sodann die Kasse den Einkauf in quantitativer Hinsicht als zulässig
erachtet bzw. ist sie vom Bestehen einer entsprechenden Vorsorgelücke ausgegan-
gen. Basierend auf diesem Einkauf bzw. dem damit gebildeten Alterskapital wird dem
Pflichtigen von der "H" seit dem 1. Juli 2006 eine jährliche Rente von Fr. 21'098.30
ausgerichtet; ein kapitalförmiger Rückzug der Einzahlung erfolgte also nicht.
c) Prima vista spricht damit alles dafür, dass ein vorsorgerechtlich zulässiger
Einkauf vorliegt, der bei der Einkommenssteuer entsprechend zum Abzug gebracht
werden kann. Die Besonderheit des vorliegenden Falls liegt nun aber darin, dass der
Pflichtige erst kurz vor seiner vorzeitigen Pensionierung in die "H" eingetreten ist und in
diesem Zeitpunkt bereits über zwei Vorsorgeverträge bei der I verfügte; dabei wusste
er auch, dass ihm das diesbezüglich angesparte Alterskapital nach seinem Ruhestand
dereinst in Kapitalform zufliessen würde. Unter solchen Umständen, bei welchen ein
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2 ST.2009.275 2 DB.2009.159
Einkauf- und ein Kapitalbezug aus Vorsorge zeitlich so nahe beieinander liegen, lässt
sich mit der Vorinstanz durchaus die Frage stellen, ob der Einkauf in die "H" womöglich
nur aus Gründen der Steuerersparnis erfolgt ist bzw. ob eine Steuerumgehung vorlie-
gen könnte.
2. a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts liegt eine Steuerumge-
hung vor, wenn das gewählte Vorgehen nicht dem wirtschaftlichen Sachverhalt ent-
spricht, dieser ungewöhnliche Weg nur aus Gründen der Steuerersparnis gewählt wur-
de und eine erhebliche Steuerersparnis eintreten würde (vgl. für viele BGr,
9. November 2001, ASA 72, 413 ff., Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, VB zu §§ 119-131
N. 36 ff; Höhn/Waldburger, Steuerrecht, Bd. I, 2001, § 5 N. 74). Zur Beurteilung, ob das
gewählte Vorgehen absonderlich ist, sind stets die gesamten Umstände zu berücksich-
tigen.
b) aa) Die E hat alle ihre männlichen Angestellten bei der zur I gehörenden
Sammelstiftung K versichert (vgl. Reglement der K-Vorsorgekasse zu Gunsten des
Personals der E, Kategorie "Männer"). Der Eintritt des Pflichtigen in diese Versicherung
erfolgte am 1. Januar 1985. Gemäss der von der K per 2. Februar 2006 erstellten Be-
scheinigung basiert dessen Versicherung auf einem gemeldeten AHV-Jahreslohn von
Fr. 111'800.- bzw. auf einem versicherten Lohn von Fr. 54'825.-. Das per 1. Januar
2006 erreichte Altersguthaben (Freizügigkeitsleistung) wird mit Fr. 382'532.- aufge-
führt; sodann wird das voraussichtliche Rücktrittskapital im Terminalter 65 (31. Mai
2008) mit Fr. 431'740.- angegeben, was umgewandelt in eine jährliche Rente
Fr. 30'438.- entspreche (Umwandlungssatz 7.05%).
Beim Versicherungsverhältnis mit der K handelt es sich damit um eine Basis-
versicherung im Rahmen des BVG-Obligatoriums. Dabei hatte sich der Pflichtige an-
fangs 2004 in Ausübung der reglementarischen Wahlmöglichkeiten entschieden, das
diesbezüglich angesparte Alterskapital dereinst in Kapitalform zu beziehen.
bb) Für ihre Kadermitarbeiter schloss die E einen zusätzlichen Vorsorgever-
trag bei der ebenfalls zur I gehörenden Sammelstiftung L ab (vgl. Reglement der L-
Vorsorgekasse zu Gunsten des Personals der E, Kategorie "Männer Kader"). Dieser
Versicherung ist der Pflichtige am 1. Januar 2001 beigetreten. Gemäss Bescheinigung
der L vom 24. Januar 2006 entsprach hier der gemeldete AHV-Lohn von Fr. 111'800.-
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2 ST.2009.275 2 DB.2009.159
dem versicherten Lohn. Das am 1. Januar 2006 erreichte Altersguthaben (Freizügig-
keitsleistung) wird mit Fr. 116'243.- aufgeführt. Sodann wird das voraussichtliche Rück-
trittskapital im Terminalter (31. Mai 2008) mit Fr. 127'624.- angegeben. Eine äquivalen-
te Rente wird nicht erwähnt, weil im erwähnten Reglement der L nur die Auszahlung
des angesparten Altersguthabens vorgesehen ist (vgl. Ziff. 2.1).
Als Kadermitarbeiter der E verfügte der Pflichtige mit der L demnach über eine
eher bescheidene Zusatzversicherung im überobligatorischen Bereich; nimmt man den
Umwandlungssatz der K-Versicherung, so entspricht das per Terminalter 65 errechne-
te Alterskapital von Fr. 127'624.- nämlich einer Jahresrente von lediglich Fr. 8'997.-.
cc) Ausgehend vom gemeldeten AHV-Jahreslohn von gut Fr. 110'000.- lässt
sich somit auch ohne detaillierte versicherungsmathematische Kenntnisse sagen, dass
der Pflichtige mit den beiden Vorsorgeverhältnissen bei der I nicht sonderlich gut versi-
chert war: Selbst bei Fortsetzung der Einzahlung der ordentlichen Beiträge bis zum
Terminalter 65 hätte die totale Jahresrente (soweit eine solche beziehbar gewesen
wäre) unter Fr. 40'000.- gelegen. Hinzu kommt, dass der gemeldete AHV-Jahreslohn
offensichtlich viel zu tief war, denn gemäss Steuerakten bezog der Pflichtige in den
Vorjahren Bruttolöhne von Fr. 232'800.- (2002), 151'800.- (2003), 287'000.- (2004) und
Fr. 331'800.- (2005). Nachdem die berufliche Vorsorge allgemein bezweckt, die Fort-
setzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise zu ermöglichen (vgl.
Art. 1 BVG), ist unter den dargelegten Umständen grundsätzlich nachvollziehbar, dass
der Pflichtige seine Altersvorsorge vor Aufgabe der Erwerbstätigkeit noch hat verbes-
sern wollen.
c) Die Vorinstanz begründet das Vorliegen einer Steuerumgehung wie folgt:
Der streitige Einkauf in die "H" habe kurz vor den Kapitalbezügen aus den I-
Versicherungsverhältnissen stattgefunden. Zur Erlangung einer Altersrente sei das
gewählte Vorgehen sodann nicht notwendig bzw. sei dieses ungewöhnlich gewesen.
Im Einkaufszeitpunkt hätte der Pflichtige nämlich die bei der I angemeldeten Kapital-
leistungen gestützt auf die Reglementsbestimmungen noch immer in Renten umwan-
deln können; bei einem vorhandenen Alterskapital von insgesamt Fr. 511'078.- hätte
dabei die Altersrente sogar einen deutlich höheren Betrag als Fr. 21'098.- erreicht.
Weiter stelle sich mit Blick auf die Angemessenheit der Vorsorge die Frage, wieso das
bei der bisherigen Kaderversicherung L angesparte Alterskapital nicht in die neue Ka-
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derversicherung bei der "H" überführt worden sei. Schliesslich hätten die I-
Vorsorgeeinrichtungen dem Pflichtigen bei dessen Austritt per 30. Juni 2006 nur Alters-
leistungen ausrichten dürfen; die Ausrichtung von Freizügigkeitsleistungen sei regle-
mentswidrig erfolgt. Insgesamt sei die steuerliche Motivierung des gewählten Vorge-
hens klar erkennbar: Es werde ein steuerlich vollständig abzugsfähiger Einkauf in die
Pensionskasse geltend gemacht, welchem privilegiert zu besteuernde Kapitalleistun-
gen gegenüberstünden. Ein Vorsorgemotiv fehle.
d) Die Pflichtigen halten dem rekurs- und beschwerdeweise Folgendes entge-
gen: Bei der Diskussion um die Unternehmensnachfolge per Ende 2005 sei festgestellt
worden, dass die Bestimmungen der Kaderversicherung L nicht mehr zeitgemäss ge-
wesen seien. Nach einer entsprechenden Überprüfung habe die E beschlossen, den
Kaderplan anzupassen, um bestehende Vorsorgelücken zu schliessen. Mit der Umset-
zung sei ein professioneller Versicherungsmakler beauftragt worden. Im Februar 2006
sei diesem von der I mitgeteilt worden, dass Vertragsänderungen nicht mehr möglich
seien. Letzteres habe auch damit zusammengehangen, dass die I im Jahr 2005 mit der
M fusioniert habe, wobei allen Kunden eine "Umverkaufsofferte" per 1. Januar 2006
unterbreitet worden sei; von diesem Angebot habe die E seinerzeit aber keinen
Gebrauch gemacht. In dieser Ausgangslage sei zur Verbesserung des Vorsorgeschut-
zes auf den 1. April 2006 die Zusatzversicherung für Kadermitarbeiter bei der "H" ab-
geschlossen worden. Eine Überversicherung sei dadurch nicht entstanden; die Grund-
sätze betreffend Angemessenheit der Vorsorge und Kollektivität seien eingehalten
worden. Am 3. Mai 2006 sei beim Pflichtigen ein bösartiger Prostatakrebs festgestellt
worden, was den Prozess betreffend die Unternehmensnachfolge beeinflusst und be-
schleunigt habe. Der Pflichtige habe in der Folge am 27. Juni 2006 die in Frage ste-
hende Einzahlung von Fr. 300'000.- in die "H" getätigt und sei danach am 30. Juni
2006 aus der Unternehmung ausgeschieden. Die Altersguthaben der K und der L von
Fr. 392'522.- bzw. Fr. 118'556.- seien daraufhin auf Freizügigkeitskonti bei der N Frei-
zügigkeitsstiftung überwiesen worden. Derweil habe der Pflichtige das dem streitigen
Einkauf entspringende Altersguthaben bei der "H" ab dem 1. Juli 2006 in Form einer
jährlichen Altersrente von Fr. 21'098.- bezogen. Entgegen dem Dafürhalten der Steu-
erbehörde treffe es nicht zu, dass im Zeitpunkt des Einkaufs bei der "H" Rentenbezüge
aus den beiden Vorsorgeplänen bei der I noch immer möglich gewesen wären. Die L
sei vertragsgemäss von vornherein allein auf den Kapitalbezug ausgerichtet gewesen
und bei der K habe sich der Pflichtige pro 2004 im Rahmen der bestehenden Wahl-
möglichkeit für den Kapitalbezug entschieden; gemäss K-Reglement sei diese Wahl
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2 ST.2009.275 2 DB.2009.159
unwiderruflich, weshalb die Ausrichtung einer Altersrente zu den im Rahmen der Kol-
lektivversicherung fixierten Umwandlungssätzen ausgeschlossen gewesen sei. Soweit
eine Reglementsbestimmung, auf welche sich die Steuerbehörde beziehe, festhalte,
dass auf Verlangen jede Kapitalleistung in Form einer Rente ausgerichtet werden kön-
ne, suggeriere dies zwar, dass ein Widerruf möglich sei. Dem sei indes nicht so: Bei
einer Umwandlung nach dieser Bestimmung werde die Altersrente nämlich nicht auf-
grund des in der kollektiven Vorsorgekasse geltenden Tarifs berechnet, sondern auf-
grund des Tarifs der Einzelversicherung, was eine massive Verschlechterung beinhal-
te. Unter diesen Umständen sei nicht nachvollziehbar, wieso der Pflichtige die in der K
bereits ausgeübte Kapitaloption hätte widerrufen und auch bei der L den Rentenbezug
hätte wählen sollen, denn damit hätte er seinen Vorsorgeschutz verschlechtert.
e) aa) Den Pflichtigen ist zunächst darin zuzustimmen, dass anstelle des bei
der K gewählten und der L vertraglich vorgesehenen Kapitalbezugs ein Rentenbezug
nur ausserhalb der Kollektivversicherung möglich gewesen wäre. In den Reglements-
bestimmungen beider Versicherungen wird nämlich gleichlautend festgehalten, dass
sich bei einer solchen Rentenwahl die Höhe der Rente nach dem im Zeitpunkt der
Umwandlung geltenden Tarif für Einzelversicherungen richtet, womit letztlich die Um-
wandlung des angesparten Kapitals in eine Leibrente gemeint ist (vgl. Gemeinsame
Bestimmungen der Reglemente K, Ziff. 12.5 Abs. 1 bzw. L, Ziff. 10.4, Abs. 1). Dass
damit im Vergleich zur Altersrente aus dem Vorsorgevertrag eine Rentenkürzung von
gegen 20% verbunden sein kann, belegt der von den Pflichtigen ins Recht gelegte Fall
eines Versicherten, der bei der Sammelstiftung der Zürich versichert war und dort den
gewählten Kapitalbezug zugunsten einer solche Rente widerrufen hatte (vgl. K-Tipp
vom 11. Februar 2004, Rentenklau à la Zürich). Wenn sich der Pflichtige also ent-
schieden hätte, die in Aussicht stehenden Kapitalleistungen in solche Leibrenten um-
zuwandeln, wäre damit wohl tatsächlich eine Verschlechterung seiner Vorsorge ver-
bunden gewesen.
bb) Selbst wenn im Übrigen eine Rentenumwandlung mit dem Umwandlungs-
satz der Kollektivversicherung noch möglich gewesen wäre, so wäre es dem Pflichti-
gen gleichwohl nicht verwehrt gewesen, seine in Anbetracht des Kaderlohns beschei-
dene berufliche Vorsorge vor Aufgabe der Erwerbstätigkeit mit dem Ziel einer
zusätzlichen Altersrente zu verbessern. Dabei war auch zulässig, dass sich die E mit
ihrem Kader (und damit unter Wahrung der Kollektivität) einer weiteren Vorsorgeein-
richtung angeschlossen hat und der Pflichtige damit über insgesamt drei Vorsorgever-
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2 ST.2009.275 2 DB.2009.159
hältnisse verfügte; vorausgesetzt ist in solchen Fällen lediglich, dass die Angemessen-
heit über alle Versicherungen hinweg gewahrt bleibt (vgl. Art. 1 der Verordnung über
die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge vom 18. April 1984 [Stand
1. Januar 2009]; BVV 2, für Kapitalleistungen Art. 1 Abs. 4 BVV 2). Hiervon ist vorlie-
gend auszugehen: Dass der Einkauf in das zusätzliche Versicherungsverhältnis bei der
"H" nicht zu einer Überversicherung geführt hat, ergibt sich nämlich schon aus dem
Umstand, dass die letztere Stiftung im Schreiben vom 3. Juli 2006 bescheinigt, dass
per Austrittsdatum 30. Juni 2006 noch immer eine Vorsorgelücke von Fr. 122'300.-
bestanden hat; die Lücke war damit grösser als das bei der L pro 2006 vorhandene
Alterskapital im vorerwähnten Betrag von Fr. 116'243.-. Sogar wenn der Pflichtige die-
sen letzteren Betrag von der bisherigen Kaderversicherung L in die neue Kaderversi-
cherung per der "H" überführt hätte, wäre mithin der streitbetroffene Einkauf noch im-
mer zulässig gewesen. Dass bei der "H" ein AHV-Jahreslohn von Fr. 231'800.-
gemeldet bzw. ein Lohn von Fr. 154'400.- versichert war, ändert an alledem nichts,
denn nach dem Gesagten entspricht dieses Lohnniveau den effektiven Verhältnissen
der letzten Jahre. Im Übrigen gilt ein Vorsorgeplan als angemessen, wenn die Alters-
leistungen aus der beruflichen Vorsorge und der AHV zusammen nicht mehr als 85
Prozent des letzten versicherbaren AHV-pflichtigen Lohns oder Einkommens vor der
Pensionierung betragen (vgl. Art. 1 Abs. 1 und 3 BVV 2). In diesem Sinn läge Ange-
messenheit hier sogar vor, wenn vom bei der I gemeldeten Jahreslohn von
Fr. 111'800.- ausgegangen würde (85% hiervon = rund Fr. 95'000.-), denn mit den
(theoretischen) Renten der I (< Fr. 40'000.-), der Rente der "H" (Fr. 21'098.30) und der
AHV-Rente 2006 (Fr. 25'800.-) wird dieser Grenzbetrag nicht erreicht.
cc) Entgegen der Auffassung der Vorinstanz kann sodann dem auf eine Al-
tersrente zielenden Einkauf in die "H" kurz vor der vorzeitigen Pensionierung das Vor-
sorgemotiv nicht abgesprochen werden, nur weil der Pflichtige wusste, dass ihm aus
den Vorsorgeverhältnissen bei der I in naher Zukunft Kapitalleistungen zufliessen wür-
den. Die seit dem am 1. Januar 2006 geltende und damit hier anwendbare Bestim-
mung von Art. 79b Abs. 3 Satz 1 BVG setzt als Einkaufsbeschränkung lediglich voraus,
dass die aus dem Einkauf (selbst) resultierenden Leistungen innerhalb der nächsten
drei Jahre nicht in Kapitalform aus der Vorsorge zurückgezogen werden. Zulässig ist
unter dieser Voraussetzung demnach – auch gemäss Lehre und Rechtsprechung –
wenn ein Einkauf in einen von mehreren Vorsorgeplänen kurz vor der vorzeitigen
Pensionierung erfolgt, obwohl nachher ein Kapitalbezug aus einem anderen Vorsorge-
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2 ST.2009.275 2 DB.2009.159
plan stattfindet (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 33 N 83; StGR BL, 18. August
2006, StE 2007 B 27.1 Nr. 34).
dd) Insgesamt kann damit nicht gesagt werden, dem Vorgehen des Pflichtigen
fehle ein Vorsorgemotiv bzw. dieses sei allein aus Gründen der Steuerersparnis ge-
wählt worden. Vielmehr liegt nach dem Gesagten ein vom Gedanken der Vorsorge
getragener Einkauf vor, der demnach steuerrechtlich zum Abzug gebracht werden
kann.
Demzufolge sind die Pflichtigen unter steuermindernder Berücksichtigung des
Einkaufsbetrags von Fr. 300'000.- wie folgt zu veranlagen:
Staats- und Gemeindesteuer Direkte Bundessteuer
(Fr.) (Fr.)
Steuerbares Einkommen 239'000.- 240'500.-
Steuerbares Vermögen 3'005'000.-.
f) Ob die Altersleistungen, welche der Pflichtige im Rahmen seiner Versiche-
rungsverhältnisse bei der I angespart hat, bei Aufgabe der Erwerbstätigkeit per 30. Juni
2006 zu Unrecht auf Freizügigkeitskonti der N Freizügigkeitsstiftung überwiesen wor-
den sind, kann vorliegend offen bleiben, geht es dabei doch allein um die Frage, ob die
von der besagten Freizügigkeitsstiftung in der Folge pro 2006 und 2008 ausbezahlten
Kapitalleistungen nicht allesamt gemeinsam pro 2006 gesondert zu besteuern sind.
g) Den Antrag auf privilegierte Besteuerung eines Lohnanteils von Fr. 40'165.-
liessen die Pflichtigen am 15. Januar 2010 zurückziehen; diesbezüglich erweisen sich
die angefochtenen Veranlagungen denn auch als gesetzmässig.
3. Nach alledem sind der Rekurs und die Beschwerde teilweise gutzuheissen.
Ausgangsgemäss sind die Verfahrenskosten den Parteien anteilsmässig aufzu-
erlegen (§ 151 Abs. 1 StG bzw. Art. 144 Abs. 1 DBG).
Den grossmehrheitlich obsiegenden Pflichtigen sind sodann (leicht reduzierte)
Parteientschädigungen zuzusprechen (§ 152 StG i.V.m. § 17 Abs. 2 des Verwaltungs-
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2 ST.2009.275 2 DB.2009.159
rechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997, Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m.
Art. 64 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember
1968). Die Entschädigungen müssen angemessen und nicht kostendeckend sein. An-
gemessen sind Fr. 1'600.- für das Rekursverfahren und Fr. 800.- für das Beschwerde-
verfahren (Totalbeträge für beide Pflichtigen). | Public | Tax | de | 2,010 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
9472b68a-f33c-4fb4-90a2-5e11afbb0b25 | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend der Pflichtige) veräusserte im März 2012 die Liegenschaft
Kat.Nr. , eine Villa mit Seeanstoss, Bootshaus und .... m 2 Land an der .....strasse
130 in der Gemeinde B zum Preis von Fr. 16'000'000.- an die Ehegatten C. Mit Veran-
lagungsentscheid vom 10. Juli 2012 auferlegte ihm der Finanzausschuss der Gemein-
de B zufolge dieser Handänderung eine Grundstückgewinnsteuer von Fr. 855'600.-.
Dabei berücksichtigte er u.a. die beim Verkauf an die D AG bezahlte Mäklerprovision
nur im üblichen Umfang von 1% des Verkaufspreises zuzüglich Mehrwertsteuer
(= Fr. 172'800.-) anstatt der geltend gemachten bezahlten Kosten von Fr. 345'600.-
(2% zuzüglich Mehrwertsteuer).
B. Eine dagegen erhobene Einsprache wies der Finanzausschuss der Ge-
meinde B am 11. Dezember 2012 ab.
C. Mit Rekurs vom 11. Januar 2013 liess der Pflichtige dem
Steuerrekursgericht beantragen, die Mäklerprovision im Umfang von Fr. 259'200.-, ent-
sprechend 1,5% des Verkaufspreises zuzüglich Mehrwertsteuer anzurechnen und die
Grundstückgewinnsteuer dementsprechend herabzusetzen.
In der Rekursantwort vom 12. März 2013 schloss der Finanzausschuss der
Gemeinde B auf Abweisung des Rekurses.
Mit Verfügung vom 8. April 2013 wurde der Rekursgegnerin der Beweis aufer-
legt, dass im Raum Zürich im Jahr 2011 beim Verkauf von Einfamilienhäusern bei ei-
nem Kaufpreis von Fr. 16'000'000.- Mäklerprovisionssätze von 1% ortsüblich gewesen
seien. Gleichzeitig wurde der Pflichtige aufgefordert, die vertraglichen Grundlagen be-
züglich der bezahlten Vermittlungsprovision einzureichen bzw. – soweit der Mäklerver-
trag diesbezüglich keine Regelung enthält – sachdienliche genaue Angaben über den
Zeitpunkt des Vertragsabschlusses, den Inhalt des Vertrags und über sämtliche von
der Mäklerin erbrachten Leistungen zu liefern. Im Falle der Schwerverkäuflichkeit wur-
de dem Pflichtigen ausserdem aufgegeben, die ausserordentlichen Anstrengungen der
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2 GR.2013.3
Mäklerin zu dokumentieren. Hierauf reichten beide Parteien diverse Unterlagen ein, die
anschliessend der jeweiligen Gegenpartei zur Stellungnahme unterbreitet wurden.
Auf die hierauf eingereichten Unterlagen und die Parteivorbringen wird, soweit
rechtserheblich, in den nachfolgenden Erwägungen eingegangen. | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. a) Die Grundstückgewinnsteuer wird gemäss § 216 Abs. 1 des Steuerge-
setzes vom 8. Juni 1997 (StG) von den Gewinnen erhoben, die sich bei Handänderun-
gen an Grundstücken oder Anteilen von solchen ergeben. Grundstückgewinn ist laut
§ 219 Abs. 1 StG der Betrag, um welchen der Erlös die Anlagekosten (Erwerbspreis
und Aufwendungen) übersteigt. Die anrechenbaren Aufwendungen sind in § 221
Abs. 1 StG abschliessend aufgezählt (RB 1990 Nr. 51, 1982 Nr. 105; Richner/Frei/
Kaufmann/Meuter, Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, 3. A., 2013, § 221 N 3).
Dazu gehören u.a. die üblichen Mäklerprovisionen für Erwerb und Veräusserung
(§ 121 Abs. 1 lit. c StG). Darunter ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwal-
tungsgerichts der Mäklerlohn im Sinn von Art. 413 OR zu verstehen. Die Anrechnung
einer solchen Provision setzt den Abschluss eines Mäklervertrags gemäss Art. 412 OR
mit einer Drittperson, eine in Erfüllung dieses Vertrags zum Grundstückkauf bzw.
-verkauf führende Nachweis- oder Vermittlungstätigkeit des Mäklers und die Zahlung
des geschuldeten Mäklerlohns, beschränkt auf den üblichen Umfang, voraus (RB 1983
Nr. 65; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 221 N 79). Weitere über diesen Rahmen hin-
ausgehende Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Verkauf oder Erwerb einer
Liegenschaft sind – abgesehen von Insertionskosten und den mit der Handänderung
verbundenen Abgaben (§ 221 Abs. 1 lit. c und d StG) – nicht anrechenbar (Richner/
Frei/Kaufmann/Meuter, § 221 N 76). Ebenfalls nicht anrechenbar sind Gewinnbeteili-
gungen, die dem Mäkler im Rahmen eines Mäklervertrags über das übliche Mass hin-
aus gewährt werden. Letztere erweisen sich als grundsteuerrechtlich unbeachtliche
Erlösverwendungen (BGr, 29. Mai 2009, www.bger.ch).
b) Die Anrechenbarkeit einer Mäklerprovision ist auf den üblichen Umfang be-
schränkt. Nach der Praxis, die sich an das Zivilrecht (Art. 414 OR) anlehnt, gilt im Kan-
http://www.bger.ch/
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2 GR.2013.3
ton Zürich im Regelfall eine Mäklerprovision von 2% als üblich (VGr, 10. Dezem-
ber 2008, SB.2008.00048, www.vgrzh.ch, RB 1998 Nr. 166, 1996 Nr. 58, 1988 Nr. 43,
1978 Nr. 73, auch zum Folgenden). Bei Vorliegen besonderer Umstände sind Abwei-
chungen sowohl nach oben als auch nach unten möglich. So können bei schwer ver-
käuflichen Objekten Mäklerprovisionen bis zu 3% als üblich gelten. Auf der anderen
Seite kann bei hohen Verkaufserlösen auch ein Prozentsatz unter 2% als üblich gelten
(RB 1998 Nr. 166 = StE 1999 B 44.13.5 Nr. 7 = ZStP 1999, 135).
c) Diejenige Partei, welche vom üblichen Regelansatz von 2% abweichen will,
ist hierfür beweispflichtig und hat die Gründe und Umstände darzulegen, aufgrund de-
rer sich die Üblichkeit des behaupteten üblichen Honorars ergibt.
2. a) Im vorliegenden Fall rechnete die Rekursgegnerin die beim Verkauf im
Jahr 2012 an eine nicht nahestehende Drittperson bezahlte Mäklerprovision von
Fr. 345'600.- nur im Umfang von Fr. 172'800.-, entsprechend 1% des Verkaufspreises
plus Mehrwertsteuer an. Sie stützte sich dabei in erster Linie auf einen Vorstandsbe-
schluss des Verbands der Gemeindesteuerämter vom Herbst 2009, der abgestuft nach
Kaufpreisen folgende Provisionssätze vorsieht:
- bis Fr. 500'000.- 3%
- von Fr. 500'000.- bis 5 Mio. Franken 2%
- von 5 Mio. Franken bis 10 Mio. Franken 1,5%
- ab 10 Mio. Franken 1%
Zudem bringt sie vor, dass die zürcherische Rechtsprechung mehrfach fest-
gehalten habe, dass bei hohen Verkaufserlösen ein Provisionssatz von weniger als
2% als üblich gelte. In anderen Kantonen sei die Praxis ähnlich. So werde beispiels-
weise im Kanton Schwyz die Abstufung der üblichen Provisionssätze nach der Höhe
der Kaufpreise bereits in der Wegleitung zur Steuererklärung für die Grundstückge-
winnsteuer vorgegeben. Diese sehe bei Verkaufspreisen über 10 Mio. Franken eben-
falls einen Provisionssatz von 1% vor.
b) Der Steuerpraxis anderer Kantone kommt im Kanton Zürich von vornherein
keine Bedeutung zu, weil den Kantonen hinsichtlich Bestand und Umfang der bei der
Grundstückgewinnsteuer anrechenbaren Aufwendungen ein bedeutender Regelungs-
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2 GR.2013.3
spielraum zukommt. Im Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern
der Kantone und Gemeinden vom 14. Dezember 1990 (StHG) bestehen hierzu keine
bundesrechtlichen Vorgaben.
c) Auch dem Vorstandsbeschluss des Verbands der Gemeindesteuerämter
kommt keine verbindliche Wirkung zu, weil es sich hierbei nicht um eine Regelung auf
Gesetzes- oder Verordnungsstufe, sondern um die Empfehlung eines privatrechtlich
organisierten Vereins handelt. Diese richtet sich einzig an seine Mitglieder (Gemeinde-
steuerämter) und ist nirgendwo publiziert. Dementsprechend erlangte der betreffende
Beschluss keinen marktbeeinflussenden Bekanntheitsgrad. Zudem ist aus dem betref-
fenden Verbandsbeschluss nicht ersichtlich, aufgrund welcher Markterhebungen oder
sonstiger Abklärungen die Abstufungen getroffen wurden. Eine Abstufung der Ansätze
allein nach Massgabe der Kaufpreise ist äusserst fragwürdig, weil die ortsüblichen
Mäklerhonorare nicht allein von der Höhe des Kaufpreises, sondern auch von der Art
des zu (ver)kaufenden Objekts, dem damit mutmasslich verbundenen Aufwand, den
Interessen der Vertragsparteien und schliesslich auch von Angebot und Nachfrage
abhängen. Massstab für den Mäklerlohn bildet der Erfolg, namentlich der wirtschaftli-
che Wert der Dienstleistung für den Auftraggeber (Georg Gautschi, Berner Kommentar,
1964, Art. 414 N 5b OR).
d) Zutreffend ist, dass die Steuerpraxis schon mehrfach darauf hingewiesen
hat, dass bei Vorliegen besonderer Verhältnisse vom üblichen Regelsatz von 2% ab-
gewichen werden könne. Die meisten Fälle betrafen allerdings Fälle, bei denen Provi-
sionen über 2% geltend gemacht wurden. Diesbezüglich bezeichnete das Verwal-
tungsgericht Provisionssätze bis 3% nur bei nachgewiesener Schwerverkäuflichkeit
der betreffenden Liegenschaft als üblich (VGr, 10. Dezember 2008, SB.2008.00048;
VGr, 6. März 2002, SB.2001.00066, VGr, 16. Juni 1999, SR.98.00069). Im umgekehr-
ten Fall (Kürzung unter 2%) besteht keine gefestigte Rechtsprechung. Das Verwal-
tungsgericht des Kantons Zürich befasste sich bisher erst einmal mit der Frage, wel-
cher Provisionssatz bei Kaufpreisen über 10 Mio Franken üblich sei (RB 1998 Nr. 166,
auch zum Folgenden). Im betreffenden Entscheid vom 2. September 1998 ging es um
die Anrechenbarkeit einer Mäklerprovision in Höhe von 2% des Erwerbspreises, wel-
che für einen am 9. März 1990 vollzogenen Kauf eines Geschäftshauses an zentraler
Lage in der Stadt Zürich zum Preis von rund 14,5 Mio Franken bezahlt wurde. In die-
sem Fall würdigte das Verwaltungsgericht die Praxis der kommunalen Steuerbehörde,
wonach die übliche Mäklerprovision nach der Höhe des Kaufpreises abzustufen sei,
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2 GR.2013.3
dem Grundsatz nach als überzeugend und kam unter Würdigung der gesamten Um-
stände zum Schluss, dass sich die Kürzung der Provision auf 1,5% des Erwerbsprei-
ses nicht beanstanden lasse.
e) Auch das Steuerrekursgericht bzw. die frühere Steuerrekurskommission be-
fassten sich bisher erst einmal mit der Problematik der "üblichen Höhe" bei Kaufprei-
sen über 10 Mio Franken. Im betreffenden Entscheid der Steuerrekurskommission vom
27. März 2008 (3 GR.2007.56) ging es um die Anrechenbarkeit einer Mäklerprovision
in (bezahlter) Höhe von 1,5% des Verkaufspreises von rund 20,6 Mio. Franken, welche
für einen im November 2006 vollzogenen Verkauf dreier Mehrfamilienhäuser bezahlt
wurde. Der an den gleichen Erwerber erfolgte Verkauf war Bestandteil eines umfang-
reichen Immobilienportfolios mit unterschiedlichen Objekten (Geschäftshäuser, Wohn-/
Geschäftshäuser, Mehrfamilienhäuser, Wohnsiedlungen) an verschiedenen attraktiven
Lagen in mehreren Kantonen. Das Transaktionsvolumen belief sich auf insgesamt rund
161 Mio. Franken bzw. auf rund 100 Mio. bezüglich der im Kanton Zürich gelegenen
Objekte (die im Kanton Zürich gelegenen Objekte bildeten dabei Gegenstand einer
Gesamtveräusserung). Im genannten Entscheid befand die Steuerrekurskommission,
dass es dem Grundsatz nach richtig sei, die übliche Mäklerprovision nach der Höhe
des Kaufpreises abzustufen. Jedoch könne der Abstufungsregelung der Stadt Zürich
aus dem Jahr 2005, welche der Verband der Gemeindesteuerämter im Jahr 2009 zum
Beschluss erhob und auf welche sich die Grundsteuerbehörde im konkreten Fall offen-
sichtlich berief, nicht schlechthin in jedem Fall gefolgt werden. Vielmehr seien bei der
Ermittlung des üblichen Prozentsatzes die Art der zu (ver)kaufenden Grundstücke und
die weiteren Umstände des Einzelfalls mit zu berücksichtigen. Aufgrund des grossen
Immobilienportfolios mit heterogenen Objekten, die ausserdem in verschiedenen Kan-
tonen lagen, würdigte die Steuerrekurskommission die Vermittlung eines Käufers auf-
grund der vertraglich vereinbarten Rahmenbedingungen (der Verkauf sollte u.a. innert
relativ kurzer Frist vollzogen werden) und aufgrund des hierfür im Vergleich zu Einzel-
objekten engeren Markts als eine anspruchsvolle Aufgabe. Folgedessen würdigte sie
die vereinbarte Provision von 1,5% des Kaufpreises (zuzüglich Mehrwertsteuer) als
üblich und wies die von der Vorinstanz verfochtene Kürzung auf 1% des Kaufpreises
ab.
f) Weitere Entscheide wurden in den letzten 30 Jahren – auch von der Finanzdi-
rektion, welche bis Ende 1998 als erstinstanzliche Rekursbehörde in Grundsteuersa-
chen tätig war – zur vorliegenden Problematik nicht gefällt. Entgegen der Feststellung
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2 GR.2013.3
des Verwaltungsgerichts im Entscheid vom 2. September 1998 gab es auch nie eine
Praxis der Finanzdirektion zur Abstufung der Mäklerprovisionen bei hohen Kaufprei-
sen. Bei dieser Sachlage trifft die Behauptung der Rekursgegnerin nicht zu, dass die
Kürzung der Mäklerprovision auf 1% des Verkaufspreises auf einer mehrfach bestätig-
ten Rechtsprechung basiere. Richtig und allgemein anerkannt ist lediglich, dass bei
Objekten mit sehr hohen Kaufpreisen tendenziell niedrigere Verkaufshonorare verein-
bart werden als bei Objekten mit tiefen Kaufpreisen. Davon ging auch die frühere Tarif-
ordnung des Schweizerischen Verbands der Immobilien-Treuhänder (SVIT), Sektion
Zürich, Ausgabe 1983, aus. Denn bei Mehrfamilien-, Appartement- und Geschäftshäu-
sern empfahl er seinen Mitgliedern, bei Objekten über 5 Mio. Franken Provisionen un-
ter dem Regelsatz von 2 bis 3% des Verkaufspreises zu vereinbaren. Zum Ausmass
der Preisabschläge gab der SVIT keine Empfehlungen heraus. Bei anderen Arten
von Liegenschaften (landwirtschaftliche Grundstücke, Bauland, Einfamilienhäuser,
Ferienhäuser, Eigentumswohnungen etc.) waren Kaufpreise über 5 Mio Franken im
Jahr 1983 eine Ausnahme, so dass wohl aus diesem Grund kein Regelungsbedarf für
Preisnachlässe unter den empfohlenen Ansätzen bestand.
g) Aus kartellrechtlichen Gründen sind Preisempfehlungen von Berufsverbän-
den seit 1998 nicht mehr zulässig, so dass der erwähnten Honorarordnung des SVIT
heute keine wesentliche Bedeutung mehr zukommt. Die Frage, welcher Prozentsatz
bei Mäklerprovisionen üblich sei, ist in Anlehnung an das Zivilrecht (Art. 414 OR) zu
entscheiden sei. Dabei kommt es auf den Ortsgebrauch der gelegenen Sache
(RB 1957 Nr. 80), d.h. auf vergleichbare Rechtsgeschäfte an.
h) Die Rekursgegnerin vermochte den Nachweis nicht zu erbringen, dass für
Seegrundstücke am Zürichsee mit Kaufpreisen über 10 Mio Franken Provisionssätze
von 1% üblich sind. Bereits der vorliegende Verkauf widerlegt diese Behauptung. Die
Rekursgegnerin vermochte nur ein einziges Vergleichsgeschäft mit einem Kaufpreis
über 10 Mio. Franken zu nennen, bei welchem eine Provision von max. 1% des Kauf-
preises – in casu 0,8% des Verkaufspreises von 44 Mio. Franken – bezahlt wurde. Ein
einziges Vergleichsgeschäft ist aber für die Ermittlung einer Übung nicht repräsentativ.
Zudem handelte es sich beim betreffenden Vergleichsgeschäft um ein Baulandgrund-
stück mit einem wesentlich höheren Kaufpreis. Auch die beigezogenen statistischen
Erhebungen des Steueramts der Stadt Zürich über den Zeitraum von 2007 bis 2010,
auf welche sich die Rekursgegnerin beruft, belegen nicht, dass bei Kaufpreisen über
10 Mio. Franken Provisionssätze von 1% üblich waren. Aus der betreffenden Statistik,
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2 GR.2013.3
bei welcher im genannten Zeitraum 54 Handänderungen mit Kaufpreisen zwischen 10
und 20 Mio. Franken ausgewertet wurden, betrugen die durchschnittlich bezahlten
Mäklerprovisionen 1,49% des Kaufpreises. Selbst unter Mitberücksichtigung 28 weite-
rer Handänderungen in der Stadt Zürich mit Kaufpreisen über 20 Mio. Franken, d.h. bei
82 Handänderungen mit Kaufpreisen ab 10 Mio. Franken beliefen sich die bezahlten
Provisionen auf durchschnittlich 1,41% der Kaufpreise. Damit ist einzig belegt, dass
eine Abstufung der Mäklerprovisionen nach der Höhe des Kaufpreises zwar üblich ist.
Doch fehlt der Nachweis, dass bei Verkaufsobjekten über 10 Mio Franken die üblichen
Provisionssätze 1% betrugen. Der Beschluss des Gemeindesteuerämterverbands
stimmt im Preissegment der Kaufpreise über 10 Mio. Franken mit der Realität nicht
überein und fällt deshalb als taugliches Beweismittel für eine Übung im entsprechen-
den Preissegment ausser Betracht. Daran vermag die Tatsache, dass der SVIT-Mäkler
über die eigentliche Mäklertätigkeit hinaus noch weitere mit dem Verkauf zusammen-
hängende Dienstleistungen erbringt (z.B. Klärung von Finanzierungsfragen, Erstellen
von Vertragsentwürfen bis hin zu Abschlusshandlungen), deren Gegenwert häufig in
der Provision enthalten ist (vgl. RB 1988 Nr. 43), nichts zu ändern, weil der Wert dieser
zusätzlichen Dienstleistungen bei Verkaufsobjekten über 10 Mio Franken weit weniger
ins Gewicht fällt als beim Verkauf einer Eigentumswohnung mit einem Kaufpreis unter
1 Mio. Franken und somit vernachlässigt werden kann.
i) Vor diesem Hintergrund kommt einem weiteren von der Rekursgegnerin
vorgebrachten Vergleichsgeschäft, bei welchem für den Verkauf von drei Stockwerkei-
gentumseinheiten samt vier Einstellplätzen bei einem Verkaufspreis von Fr. 4'352'000.-
eine Provision von 0,8% des Erlöses bezahlt wurde, keine entscheidende Bedeutung
zu. Da die Vereinbarung des Mäklerhonorars immer Verhandlungssache ist, wird es
abhängig vom Kaufpreis, der Art und Lage des Objekts, der Interessenlage der Ver-
tragsparteien und von Angebot und Nachfrage immer unterschiedliche Honorarverein-
barungen geben. So wurde beispielswiese im Herbst 2007, wie dem
Steuerrekursgericht bei der Beurteilung eines Staatssteuerrekurses bekannt wurde
(2 ST.2012.353) und der Rekursgegnerin zur Stellungnahme unterbreitet wurde, beim
Verkauf eines vergleichbaren Grundstücks (Bauland mit zwei Nebengebäuden mit
Seeanstoss in der Gemeinde E bei einem Verkaufspreis von 10 Mio Franken eine Pro-
vision von 1,95% des Kaufpreises bezahlt. Umgekehrt lässt sich unter den Verkäufen
in der Stadt Zürich mit allen Preisen über 10 Mio Franken (82 Handänderungen), für
welche das Steueramt der Stadt Zürich einen Durchschnittssatz von 1,41% ermittelte,
ein Beispiel finden, bei welchem der Veräusserer für ein Geschäftshaus an der Bahn-
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2 GR.2013.3
hofstrasse bei einem Verkaufspreis von 48 Mio. Franken nur eine Mäklerprovision von
0,1% des Erlöses bezahlte (2 GR.2012.60). Ähnliche Unterschiede treten auch bei
Verkäufen in tieferen Preissegmenten auf. So sind dem Steuerrekursgericht Fälle be-
kannt geworden, bei welchen beim Verkauf von Einfamilienhäusern in zürcherischen
Agglomerationsgemeinden bei Verkaufspreisen von Fr. 2'050'000.- und Fr. 1'700'000.-
Provisionen von 1,5% resp. 1,75% des Erlöses bezahlt wurden (2 GR. 2012.8 und 2
GR.2013.8).
j) Unbehelflich ist schliesslich der Einwand, dass sich aufgrund der starken
Nachfrage nach erstklassigen Liegenschaften in den Zürichsee-Gemeinden und der
regen Konkurrenz unter den Immobilienmaklern mühelos ein gut vernetzter Mäkler
hätte finden lassen, der den Verkauf des Grundstücks für 1% des Verkaufspreises
übernommen hätte. Das mag zutreffen. Jedoch ist nicht entscheidend, was hätte sein
können oder nicht. Massgebend sind vielmehr die ortsüblich bezahlten Preise. Diese
belegen aufgrund der gegebenen Beweislage nicht, dass im Jahr 2012 für Liegen-
schaften im Luxussegment bei einem Kaufpreis von 16 Mio Franken Provisionssätze
von 1% üblich waren. Das vorliegende Beweisergebnis deutet im Preissegment zwi-
schen 10 und 20 Mio. Franken eher auf einen üblichen Provisionssatz von 1,5% des
Verkaufspreises hin. Somit erweist sich der Antrag des Pflichtigen, die Mäklerprovision
im reduzierten Umfang von 1,5% des Verkaufspreises bei den Anlagekosten anzu-
rechnen, als ausgewiesen.
k) Aufgrund dessen ist der Rekurs gutzuheissen und die Grundstückgewinn-
steuer wie folgt herabzusetzen.
Steuerbarer Gewinn laut Einspracheentscheid 2'165'500
Anrechenbare Mäklerprovision lt. Antrag des Pflichtigen -259'200
Statt berücksichtigt laut Einspracheentscheid 172'800 -86'400
Neuer steuerbarer Grundstückgewinn 2'079'100
Grundstückgewinnsteuer gemäss § 225 Abs. 1 StG 821'040
(weder Zuschlag noch Ermässigung; Besitzesdauer 4 Jahre
3. Bei diesem Verfahrensausgang sind die Kosten des Rekursverfahrens der
Rekursgegnerin aufzuerlegen (§ 151 Abs. 1 StG)
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2 GR.2013.3 | Public | Tax | de | 2,013 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
94c1ac55-8215-4659-ad9d-0c634c0faa68 | hat sich ergeben:
A. Die A (nachfolgend die Pflichtige) veräusserte am 17. Januar 2008 die Lie-
genschaft Kat.Nr., Wohnhaus, an der strasse 48 in B, zu einem Preis von
Fr. 1'460'000.- an die C. Mit Veranlagungsentscheid vom 22. September 2008 aufer-
legte die Kommission für Grundsteuern der Gemeinde B der Pflichtigen zufolge dieser
Handänderung eine reine Grundstückgewinnsteuer von Fr. 51'640.- zuzüglich Zins von
Fr. 460.- somit insgesamt Fr. 52'100.-. Dabei wurden die von der Pflichtigen geltend
gemachten wertvermehrenden Aufwendungen in der Höhe von Fr. 41'800.- nicht be-
rücksichtigt.
B. Eine dagegen erhobene Einsprache wies die Gemeindeverwaltung B mit
Entscheid vom 8. Dezember 2008 vollumfänglich ab.
C. Am 15. Januar 2009 erhob die Pflichtige Rekurs und beantragte, die gel-
tend gemachten Beträge als wertvermehrende Investitionen anzurechnen. Als Begrün-
dung legte sie sechs Bauabrechnungen ins Recht, welche vor der Einsprachebehörde
nicht Aktenbestandteil bildeten.
In der Rekursantwort vom 25. Februar 2009 beantragte die Gemeindeverwal-
tung B Abweisung des Rekurses und Zusprechung einer Parteienentschädigung.
Auf weitere Parteivorbringen wird, soweit rechtserheblich, in den nachfolgen-
den Erwägungen eingegangen. | Die Einzelrichterin zieht in Erwägung:
1. a) Die Grundstückgewinnsteuer wird gemäss § 216 Abs. 1 des Steuerge-
setzes vom 8. Juni 1997 (StG) von den Gewinnen erhoben, die sich bei Handänderun-
gen an Grundstücken oder Anteilen von solchen ergeben. Grundstückgewinn ist laut
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3 GR.2009.4
§ 219 Abs. 1 StG der Betrag, um welchen der Erlös die Anlagekosten (Erwerbspreis
und Aufwendungen) übersteigt. Die anrechenbaren Aufwendungen sind in § 221
Abs. 1 StG abschliessend aufgezählt (RB 1990 Nr. 51, 1982 Nr. 105; Richner/Frei/-
Kaufmann/ Meuter, Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 2. A., 2006,
§ 221 N 3). Dazu gehören laut lit. a Aufwendungen für Bauten, Umbauten, Melioratio-
nen und andere dauernde Verbesserungen des Grundstücks, nach Abzug allfälliger
Versicherungsleistungen und Beiträge von Bund, Kanton oder Gemeinde.
b) Gemäss ständiger Rechtsprechung sind die Kosten für bauliche Massnah-
men an einer bereits bestehenden Liegenschaft nicht schlechthin bei der Grundstück-
gewinnsteuer anrechenbar. Die Anrechenbarkeit ist grundsätzlich vielmehr auf die
wertvermehrenden Aufwendungen beschränkt (§ 221 Abs. 1 lit. a StG). Darunter sind
solche Aufwendungen zu verstehen, welche die Beschaffenheit des Grundstücks im
objektiv-technischen Sinn dauernd verbessern (RB 1983 Nr. 42; Richner/Frei/Kauf-
mann/Meuter, § 221 N 30). Im Gegensatz dazu stehen werterhaltende Aufwendungen
(Ersatzinvestitionen, Renovationen, Instandstellungskosten, Reparaturen), deren Ziel
nicht die Schaffung neuer, sondern die Erhaltung bisheriger Werte ist und die in länge-
ren oder kürzeren Zeitabständen wiederkehren (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 221
N 30). Letztere können bei der Grundstückgewinnsteuer nicht berücksichtigt werden,
sondern sind einzig nach § 30 Abs. 2 StG bzw. § 64 StG bei der Einkommens- bzw.
Gewinnsteuer zum Abzug von den steuerbaren Einkünften zugelassen, dies auch
wenn die Pflichtige vorliegend gestützt auf § 61 Abs. 1 lit. d StG von der Steuerpflicht in
Bezug auf die Gewinnsteuer befreit ist (RB 1977 Nr. 49, 1981 Nr. 55, VGr,
22. April 1986 = StE 1987 B 44.13.1 Nr. 1, jeweils zu § 30 Abs. 2 StG).
c) Abgesehen davon können bei Umbauten bestehender Gebäude wertver-
mehrende und werterhaltende Aufwendungen naturgemäss nicht immer scharf ausein-
ander gehalten werden; sie lassen sich aus diesem Grund nur schätzen. Dabei ist es
Sache des Steuerpflichtigen, die notwendigen Schätzungsgrundlagen zu beschaffen.
Hierzu bedarf es insbesondere genauer Angaben über die ausgeführten Arbeiten und
den Zustand sowie die Ausrüstung des Objekts vor und nach dem Umbau (RB 1997
Nr. 51; VGr, 22. April 1986 = StE 1987 B 44.13.1 Nr. 1). Die diesbezüglich erforderliche
substanziierte Sachdarstellung muss spätestens innerhalb der Rekursfrist vorgetragen
werden (RB 1964 Nr. 68, 1975 Nrn. 54, 55, 64 und 82, 1976 Nr. 77, 1977 Nr. 60, 1978
Nr. 71 am Ende, 1981 Nr. 90). Nach Ablauf der Rekursfrist dürfen neue tatsächliche
Behauptungen und Beweismittel nur nachgebracht werden, wenn sie der Steuerpflich-
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3 GR.2009.4
tige auch bei der ihm zumutbaren Sorgfalt nicht rechtzeitig hätte geltend machen kön-
nen, also wenn sie als Revisionsgrund zu berücksichtigen wären (vgl. RB 1984 Nr. 54).
Als substanziiert gilt eine Sachdarstellung, die hinsichtlich Art, Motiv und Rechtsgrund
alle Tatsachenbehauptungen enthält, die – ohne weitere Untersuchung, aber unter
Vorbehalt der Beweiserhebung – die rechtliche Würdigung der geltend gemachten
Steueraufhebung oder -minderung bzw. -ermässigung erlaubt. Bei ungenügender Sub-
stanziierung hat die Rekurskommission nicht von Amtes wegen eine Untersuchung
durchzuführen, um sich die fehlenden Grundlagen zu beschaffen (RB 1975 Nr. 64,
1981 Nr. 90, 1987 Nr. 35). Eine unvollständige Sachdarstellung kann nicht im Beweis-
verfahren nachgeholt werden (RB 1980 Nr. 69 mit weiteren Hinweisen). Zur Mitwirkung
des Steuerpflichtigen gehört ferner die Beschaffung oder Bezeichnung von Beweismit-
teln, anhand derer sich die Richtigkeit des dargelegten Sachverhalts ergibt (Martin
Zweifel, Die Verfahrenspflichten des Steuerpflichtigen im Steuereinschätzungsverfah-
ren, ASA 49, 518). Kommt der Steuerpflichtige diesen Anforderungen nicht nach, so
hat die Steuerminderung bzw. -ermässigung zu unterbleiben (vgl. RB 1980 Nr. 72).
2. Streitig ist vorliegend die Anrechenbarkeit diverser baulicher Aufwendungen
für das Gebäude strasse 48 in B. Die Pflichtige beantragt die Berücksichtigung folgen-
der Positionen:
belegter Betrag
beantragt
TV-Antennenanlage 3'319.80 3'300.-
Heizungssanierung 36'649.- 18300.-
Tankraum-Sanierung 5'760.- 2'900.-
Parketteinbau (2001) 5'189.65 4'800.-
Parketteinbau (2002) 6'101.90 4'300.-
Ersatz Kochherde ()
16'050.05 _8'200.-
Total 41'800.-
Demgegenüber vertritt die Rekursgegnerin die Auffassung, dass es sich bei
den geltend gemachten Aufwendungen ausnahmslos um nicht anrechenbare werter-
haltende Aufwendungen handle sowie dass diese – sofern ein wertvermehrender Anteil
denn bestehen würde – von der Pflichtigen nicht genügend substanziiert worden seien.
a) Vorweg ist anzumerken, dass die Steigerung des Mietertrags einer Liegen-
schaft nach der Praxis kein taugliches Kriterium zur Bestimmung des wertvermehren-
den Anteils von Umbaukosten darstellt, da die Erhöhung des Mietzinses auch auf an-
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3 GR.2009.4
deren Gründen (z.B. Hypothekarzinserhöhungen, Anpassung an orts- und quartierübli-
che Mietzinse) beruhen kann. Im Übrigen ist nicht gewährleistet, dass die Vermieterin
bei der Mietzinserhöhung das Ausmass der Vermehrung ebenfalls – wie im
Grundsteuerrecht vorgesehen – nach objektiv-technischen Kriterien bestimmt hat.
b) Ob die vorgenommen Arbeiten wertvermehrend im Sinne von § 221 Abs. 1
lit. a StG sind, muss wie erwähnt nach objektiv-technischen Kriterien beurteilt werden.
Es ist daher nachfolgend zu prüfen, ob (und gegebenenfalls in welchem Umfang) den
einzelnen geltend gemachten Aufwendungen wertvermehrender Charakter zukommt.
aa) Erneuerung / Erweiterung der TV-Antennenanlage:
Hierzu führt die Pflichtige aus, dass durch diese Massnahmen der Radio- und
Fernsehempfang deutlich verbessert worden sei und neu auch mehr Programme emp-
fangen werden können. Die bisherige Anlage sei deshalb in bedeutender Weise erwei-
tert und verbessert worden. Ihren Ausführungen legt die Pflichtige betreffend der gel-
tend gemachten Kosten eine Bauabrechnung sowie die Rechnung der D, welche auch
Aufschluss über die von der D gelieferten Teile gibt bei. Jedoch mangelt es an einem
genauen Beschrieb der alten Anlage.
Die Rekursgegnerin anerkennt in der Rekursantwort, dass sich die Technolo-
gie beim Radio- und Fernsehempfang verändert hat, beruft sich aber dennoch darauf,
dass es sich um den Ersatz von Installationen bestehender Anlagen handle. Anre-
chenbar seien erstmalige Installationen und Anschlussbeiträge. Gemäss der Bauab-
rechnung 1 handle es sich aber um Ersatz bestehender Installationen.
Aus der Bauabrechnung 1 geht - wie die Rekursgegnerin zu Recht vorbringt -
hervor, dass es sich bei der Erneuerung / Erweiterung der TV Antennenanlage tatsäch-
lich um einen Ersatz handelt. Da Ersatzanschaffungen nicht bei der Grundstückge-
winnsteuer als wertvermehrende Aufwendungen berücksichtig werden können, wurden
diese Kosten zu Recht nicht zum Abzug zugelassen.
Sofern die Pflichtige behauptet, dass es sich um eine neue Anlage, bzw. um
eine wesentliche Erweiterung der bestehenden Anlage handelt, hätte sie dies zu bele-
gen. Die Pflichtige reicht aber keine Unterlagen oder Belege ein, aus welchen sich der
Zustand der alten Anlage ergibt und inwiefern die neue TV-Antennenanlage eine Er-
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3 GR.2009.4
weiterung darstellt. Dieser Umstand wirkt sich zu Ungunsten der beweisbelasteten
Pflichtigen aus.
bb) Heizungssanierung (inkl. Thermostat-Ventil)
Die Pflichtige macht 50% der aufgewendeten Gesamtkosten von Fr. 36'649.-
als wertvermehrende Aufwendungen geltend. Nähere Ausführungen über den Zustand
und die Ausstattung der Heizung vor sowie nach dem Umbau macht die Pflichtige
nicht. Darüber geben auch die eingereichten Rechnungen keinen Aufschluss. Die
Pflichtige führt lediglich in ihrer Rekursschrift aus, die gesamte Heizungsanlage sei
nicht nur saniert, sondern auch verbessert worden, wobei man auf günstige Lösungen
verzichtet und z.B. freiwillig Thermostat-Ventile für eine individuelle Heizkostenabrech-
nung eingebaut habe. Damit ist unklar, inwiefern den geltend gemachten Aufwendun-
gen ein wertvermehrender Charakter zukommt. Allein der Umstand, dass Thermostat-
Ventile eingebaut wurden, genügt nicht für die Begründung, dass es sich um wertver-
mehrende Aufwendungen gehandelt habe.
cc) Tankraumsanierung
Die Pflichtige behauptet diesbezüglich, dass bessere Geräte eingebaut wor-
den seien, die abgesehen vom Stand der Technik auch qualitativ einen Zusatznutzen
gebracht hätten. Worin dieser Zusatznutzen im Vergleich mit dem vorherigen Zustand
besteht, führt die Pflichtige jedoch nicht aus. Sie begnügt sich einzig damit, auch hier
Bauabrechnungen, welche aber wiederum nichts über den Zustand vor dem Umbau
aussagen, einzureichen.
Aus der eingereichten Offerte der E geht aber hervor, dass eine Tankraum-
Polyesterbeschichtung, d.h. eine Einlaminierung von drei Lagen Glasfasermatten (450
gr/m2) mit 2-Komponenten Polyesterharz stattgefunden hat. Hierbei handelt es sich um
eine Massnahme, damit der Tankraum wieder den gesetzlichen Bestimmungen ent-
spricht, denn heute wird ein absolut dichter Tankraum verlangt, damit Ölunfälle und
damit verbundene Verschmutzungen von Böden und Gewässern vermieden werden
können. Die Kosten dieser zusätzlichen Polyester-beschichtung belaufen sich auf
Fr. 4'600.-. Diese sind infolge objektiv-technischer Betrachtungsweise als wertvermeh-
rend anzusehen und somit zum Abzug vollumfänglich zuzulassen.
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3 GR.2009.4
dd) Nachträglicher Einbau von Parkettbelägen
Der Ersatz von Teppich- durch Parkettboden stellt eine Verbesserung dar, da
ein Parkettboden qualitativ höher einzustufen ist. Die Höherwertigkeit begründet sich
aufgrund einer unbestrittenermassen längeren Lebensdauer, höherer Wohnqualität,
aber auch aus ästhetischen Gesichtspunkten. Es rechtfertigt sich daher, hierfür einen
Anteil von 50% (insgesamt Fr. 5'646.-) als wertvermehrend anzurechnen
(vgl. StR 2002, 84 ff.).
ee) Ersatz der Kochherde (neu mit Glaskeramik-Kochfeld)
Die Pflichtige führt zum Küchenumbau aus, dass die neuen Kochherde den
Benutzern neue Möglichkeiten und Finessen ermöglichen würden. Zudem brächten die
neuen Modelle den Mietern auch Stromeinsparungen. Technisch sei hier eindeutig
verbessert und somit Mehrwert geschaffen worden. Aus den von der Pflichtigen einge-
reichten Belege geht nicht hervor, welchen Zustand die Küchen vor dem Umbau auf-
wiesen. Da es sich aber - wie aus den Abrechnungen ersichtlich um einen Ersatz der
Kochherde (einzig neu mit Glaskeramik-Kochfeld) handelt und somit diese Küchen
durch zeitgemässe neue Anlagen ersetzt wurden, sind die dafür aufgewendeten Kos-
ten grundsätzlich den periodisch wiederkehrenden werterhaltenden Aufwendungen
zuzurechnen. Eine teilweise Wertvermehrung läge einzig dann vor, wenn die neuen
Küchen über Einrichtungen verfügten, die vorher nicht vorhanden waren. Dies lässt
sich vorliegend jedoch nicht beurteilen, da über die Ausstattung der bisherigen Küchen
keine Angaben gemacht wurden. Somit verbietet sich – mangels Substanziierung – die
Anrechnung der geltend gemachten Kosten in der Höhe von Fr. 8'200.-.
Die Pflichtige bringt vor, dass die neuen Modelle den Mietern auch Stromein-
sparungen brächten. Gemäss § 30 Abs. 2 StG sind solche Energiesparmassnahmen
jedoch als Unterhaltskosten abzugsfähig und somit bei der Grundstückgewinnsteuer
nicht zu berücksichtigen.
c) Zusammenfassend erweisen sich die Kosten für den nachträglich Einbau
von Parkettbelägen zu 50% (Fr. 5'646.-) sowie die Kosten für die Tankraum-
Polyesterbeschichtung (Fr. 4'600.-), somit insgesamt Fr. 10'246.-, als wertvermehrend.
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3 GR.2009.4
3. Daraus resultiert folgende neue Steuerberechnung:
Gewinn gemäss Einspracheentscheid vom 8. Dezember 2008 Fr. 284'700.-
./. wertvermehrende Aufwendungen Fr. 10'246.-
steuerbarer Gewinn Fr. 274'454.-
steuerbarer Gewinn abgerundet Fr. 274'000.-
Grundstückgewinnsteuer gemäss § 225 Abs. 1 StG Fr. 99'000.-
50% Ermässig (Besitz 20 Jahre) Fr. 49'500.-
reiner Steuerbetrag Fr. 49'500.-
Somit ist der Rekurs teilweise gutzuheissen und die Grundstückgewinnsteuer
von Fr. 51'640.- auf Fr. 49'500.- herabzusetzen. Unter diesen Umständen ist auch der
Zins von Fr. 460.- entsprechend der Reduktion der Grundstückgewinnsteuer neu zu
berechnen.
4. Bei diesem Verfahrensausgang sind die Kosten des Rekursverfahrens an-
teilsmässig zu 9/10 der Pflichtigen und zu 1/10 der Rekursgegnerin aufzuerlegen
(§ 151 Abs. 1 StG). Eine Parteientschädigung ist der weitgehend obsiegenden Rekurs-
gegnerin nicht zuzusprechen, da die Voraussetzungen hierfür mangels eines wesentli-
chen Aufwands nicht erfüllt sind (§ 152 StG in Verbindung mit § 17 Abs. 2 des Verwal-
tungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997). | Public | Tax | de | 2,009 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
94e3399e-ab87-4875-8f00-0f50689a9f94 | hat sich ergeben:
A. A und B (nachfolgend der/die Pflichtige, zusammen die Pflichtigen) dekla-
rierten in der Steuererklärung 2011 ein Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätig-
keit des Ehemanns von Fr. 90'973.- bei einem steuerbaren Einkommen von insgesamt
Fr. 91'300.- (direkte Bundessteuer) bzw. Fr. 99'500.- (Staats- und Gemeindesteuern).
Mit Vorschlag vom 2. September 2013 unterbreitete das kantonale Steueramt
den Pflichtigen eine Veranlagung bzw. Einschätzung, welche auf einer Umqualifikation
der Einkünfte des Pflichtigen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit in solche aus un-
selbstständiger Erwerbstätigkeit basierte. Mit Schreiben vom 1. Oktober 2013 hielten
die Pflichtigen an ihrer Deklaration fest. Auf den daraufhin ihnen zugesandten, ausführ-
lich begründeten neuerlichen Veranlagungs- bzw. Einschätzungsvorschlag, welcher
sich mit demjenigen vom 2. September 2013 deckte, reagierten sie nicht.
Mit Veranlagungsverfügung bzw. Einschätzungsentscheid vom 5. Dezem-
ber 2013 wurden die Vorschläge mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 103'700.-
(direkte Bundessteuer) bzw. Fr. 110'100.- (Staats- und Gemeindesteuern) zum Ent-
scheid erhoben.
B. Hiergegen erhoben die Pflichtigen am 4./6. Januar 2014 Einsprache und
hielten daran fest, dass der Pflichtige als selbstständiger Bausanierer tätig sei und sei-
ne Einkünfte als Einkommen aus diesbezüglicher Erwerbstätigkeit zu qualifizieren sei-
en.
Mit Auflage vom 17. Februar und Mahnung vom 16. April 2014 forderte das
kantonale Steueramt zur Abklärung der Frage der selbstständigen Erwerbstätigkeit des
Pflichtigen verschiedene Unterlagen ein. Die Pflichtigen liessen am 30. Mai/6. Ju-
ni 2014 hierzu Stellung nehmen.
Am 1. September 2014 sandte das kantonale Steueramt den Pflichtigen einen
kommentierten Veranlagungs- bzw. Einschätzungsvorschlag im Einspracheverfahren
zu, welcher nach wie vor auf eine unselbstständige Erwerbstätigkeit des Pflichtigen
1 DB.2015.31 1 ST.2015.40
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lautete. Am 21. Oktober 2014 fand sodann eine Besprechung mit dem zuständigen
Steuerkommissär statt. Mit abweisenden Entscheiden vom 5. Januar 2015 schloss
dieser das Einspracheverfahren ab.
C. Mit Beschwerde bzw. Rekurs vom 7. Februar 2015 beantragen die Pflichti-
gen die Veranlagung bzw. Einschätzung mit einem steuerbaren Einkommen von
Fr. 91'300.- (direkte Bundessteuer) bzw. Fr. 99'500.- (Staats- und Gemeindesteuern).
Das kantonale Steueramt schloss mit Beschwerde- bzw. Rekursantwort vom
9. März 2015 auf kostenfällige Abweisung der Rechtsmittel. Die Eidgenössische Steu-
erverwaltung liess sich nicht vernehmen. | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. a) Die Pflichtigen deklarierten in der Steuererklärung 2011 ein Einkommen
aus selbstständiger Erwerbstätigkeit des Pflichtigen von Fr. 90'973.-. Dieses setzte
sich aus dem Reingewinn der Einzelfirma "C Bausanierungen" von Fr. 82'351.- zuzüg-
lich persönliche Sozialversicherungsbeiträge von Fr. 8'622.- zusammen. Unter ande-
rem wies er in seiner Erfolgsrechnung einen Raumaufwand von Fr. 4'500.- sowie einen
Werbeaufwand von Fr. 3'591.75 aus.
b) Das kantonale Steueramt betrachtete die Beschäftigung des Pflichtigen als
unselbstständige Erwerbstätigkeit und setzte das Einkommen auf Fr. 108'918.-, ent-
sprechend den Bruttoeinnahmen von Fr. 117'541.- abzüglich Sozialversicherungsbei-
träge von Fr. 8'623.-, fest. Als Berufsauslagen gewährte es ihm Abzüge in der Höhe
von Fr. 15'970.- (Fahrkosten gemäss eingereichter Buchhaltung, Mehrkosten der aus-
wärtigen Verpflegung, Pauschalen für Weiterbildungskosten und übrige Berufsausla-
gen).
c) Zu beurteilen ist nun, ob der Pflichtige in der Steuerperiode 2011 nach dem
Verständnis des Steuerrechts eine selbstständige oder unselbstständige Erwerbstätig-
keit ausübte.
1 DB.2015.31 1 ST.2015.40
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2. a) Nach der Lehre handelt der Selbstständigerwerbende auf eigene Rech-
nung und Gefahr, wogegen der Unselbstständigerwerbende nicht sich selbst, sondern
seinen Arbeitgeber verpflichtet. Die Tragung des Verlustrisikos ist ein zentrales Ab-
grenzungskriterium der selbstständigen Erwerbstätigkeit. Die Entlöhnung von unselbst-
ständig Erwerbenden ist zwar zuweilen auch erfolgsabhängig ausgestaltet, Arbeitneh-
mer partizipieren jedoch nicht am Verlust des Arbeitgebers. Sodann organisiert und
gestaltet der selbstständig Erwerbende seine Aktivitäten weitgehend selber. Er zeich-
net sich dadurch aus, dass er in der Gestaltung der innerbetrieblichen Abläufe, der
Auswahl der Mitarbeiter sowie in der Pflege der Geschäftsbeziehungen mit Dritten
grundsätzlich unabhängig ist und über seine Zeit beliebig verfügen kann. Die Bindung
an Weisungen Dritter ist nur in beschränktem Umfang mit einer selbstständigen Er-
werbstätigkeit vereinbar (Markus Reich, Steuerrecht, 2009, S. 334; vgl. auch
Duss/Greter/von Ah, Die Besteuerung Selbständigerwerbender, 2004, S. 4). Hinweise
darauf, ob eine selbstständige oder unselbstständige Erwerbstätigkeit vorliegt, lassen
sich zudem der zivilrechtlichen Qualifikation des zugrundeliegenden Vertragsverhält-
nisses entnehmen (Abgrenzung Arbeitsvertrag/Auftrag: Art. 319 ff. bzw. 394 ff. OR)
und bis zu einem gewissen Grad auch der sozialversicherungsrechtlichen Zuordnung.
Entscheidend ist jedenfalls das Mass der persönlichen und wirtschaftlichen Selbststän-
digkeit, das dem Erwerbstätigen in der Erfüllung seiner Aufgabe zukommt (vgl. Peter
Locher, Kommentar zum DBG, I. Teil, 2001, Art. 17 N 16).
b) Der Bundesrat hat sich in seinem Bericht über eine einheitliche und kohä-
rente Behandlung von selbstständiger bzw. unselbstständiger Erwerbstätigkeit im
Steuer- und im Sozialversicherungsabgaberecht vom 14. November 2001 zu den Ab-
grenzungskriterien geäussert (BBl 2002, 1126 ff., 1141 f., auch zum Folgenden). Da-
nach deuten die folgenden Umstände auf Arbeitnehmende hin: Keine oder nur sehr
geringe Investitionen; keine eigenen Geschäftsräumlichkeiten; nur persönliche Leis-
tungspflicht; kein Unternehmerrisiko; Tragen der Verantwortung nach aussen durch
den Arbeitgeber; Arbeit praktisch für einen einzigen Arbeitgeber. Auf die
Arbeitgebendenseite weisen dagegen die nachstehenden Punkte hin: Vornahme er-
heblicher Investitionen; eigene Geschäftsräumlichkeiten; Beschäftigung von eigenem
Personal, Unternehmerrisiko (z.B. Fehlkalkulation); Tragen der vollen Verantwortung
1 DB.2015.31 1 ST.2015.40
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gegen aussen; verschiedene und wechselnde Auftraggeber je nach konkreter Auftrags-
lage.
c) Die Rechtsprechung umschreibt die selbstständige Erwerbstätigkeit zu-
sammenfassend als die auf eigenes Risiko in frei bestimmter Selbstorganisation
planmässige und anhaltende Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr zur Gewinnerzie-
lung unter Einsatz von Arbeitsleistung und Kapital (vgl. VGr, 25. August 2010,
SB.2010.00056, www.vgrzh.ch, E. 2.5.2 ff., mit zahlreichen Hinweisen).
d) Der Schweizerische Baumeisterverband hat ein Merkblatt herausgegeben
zum Thema Scheinselbstständigkeit. Demnach liegt insbesondere dann eine echte
Selbstständigkeit (im Baugewerbe) vor, wenn folgende vier Punkte erfüllt sind: (1) Auf-
treten in eigenem Namen und auf eigene Rechnung, (2) keine Weisungsgebundenheit,
(3) eigenes wirtschaftliches Risiko und (4) Beschäftigung von Arbeitnehmenden / eige-
ne Mehrwertsteuernummer. Dem Merkblatt kommt keine verbindliche Wirkung zu, es
kann jedoch als Auslegungshilfe dienen.
3. a) Den Fakten im Verzeigungsrapport des Amts für Wirtschaft,
Arbeitsinspektorat des Kantons D hat der Pflichtige grundsätzlich nicht widersprochen.
Demnach ist er eine von der SUVA ausgebildete "Fachkraft Boden- und Wandbelag"
und arbeitete in der Steuerperiode 2011 fast ausschliesslich für die E AG, was auch
dem Kontoblatt "Erlös Baudienstleistungen" entnommen werden kann. Die E AG ist in
der Altlastensanierung (Asbest) tätig und entschädigte den Pflichtigen jeweils im Stun-
denlohn. Der Pflichtige besitzt keine SUVA-Anerkennung als Asbestsanierungsspezia-
list, verfügt aber über die SUVA-Anerkennung, um Novilon (Boden- und Wandbeläge)
zu entfernen.
Die vom Pflichtigen ausgeübte Tätigkeit ist primär anhand der von der Recht-
sprechung entwickelten Kriterien zu überprüfen.
aa) Die Tätigkeit des Steuerpflichtigen hat auf eigenes Risiko zu erfolgen. Das
Begriffsmerkmal des Tätigwerdens auf eigene Rechnung mit den damit verbundenen
Gewinnchancen und Verlustrisiken gehört zum Kerngehalt der selbstständigen Er-
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werbstätigkeit, das sie von der unselbstständigen Erwerbstätigkeit abgrenzt, die auf
"fremde" Rechnung ausgeübt wird.
Vorliegend ist aus den Akten nicht ersichtlich, inwiefern den Pflichtigen selber
ein unternehmerisches Risiko trifft. Gegenüber den Kunden haftet soweit ersichtlich
jeweils seine ihn seit Juli 2009 mit Arbeit versorgende Auftrags- bzw. Arbeitgeberin E
AG. Der Pflichtige selber stellt der E AG jeweils wöchentlich seine Leistungen in eige-
nem Namen bzw. im Namen der "C Bausanierungen" in Rechnung. Dabei wird er mit
einem Stundenansatz entschädigt. Nebst der Baustellen- bzw. Gebäudebezeichnung,
nennt er dabei nur noch die Arbeitsgattung (z.B. "Lager" oder "Sanierung") und den
zuständigen Vorarbeiter. Welche Arbeiten jeweils ausgeführt werden, ist den (wenigen
eingereichten) Rechnungen nicht näher zu entnehmen. Leerzeiten, in welchen er arbei-
tet (akquiriert, administrative Aufgaben erledigt etc.), ohne dafür entschädigt zu wer-
den, gibt es nicht. Sein Risiko ist grundsätzlich mit demjenigen eines (andern) im Stun-
denlohn Angestellten identisch.
bb) Der Steuerpflichtige hat in seiner Tätigkeit Arbeitskraft und Kapital einzu-
setzen. Der Arbeitseinsatz muss – anders als bei der unselbstständigen – nicht persönlich erfolgen. Der Steuerpflichtige kann sich substituieren lassen, indem er eine Drittperson damit beauftragt. Unter dem einzusetzenden Kapital ist in
einem engeren Sinn das für die infrage stehende Tätigkeit bestimmte Eigen- und
Fremdkapital zu verstehen, in einem weiteren Sinn auch das (gesamte) Vermögen des
Steuerpflichtigen, das als Haftungssubstrat das wirtschaftliche Risiko der Tätigkeit zu
tragen hat. Indiz für den Kapitaleinsatz ist unter anderem die Aufnahme von Fremdmit-
teln für die Ausübung der fraglichen Tätigkeit.
Der Pflichtige besitzt selber keine Arbeitsinstrumente. Alle Gerätschaften, wel-
che er für die Asbestsanierung benötigt, werden ihm jeweils von der E AG zur Verfü-
gung gestellt. "Er selbst habe für seine Einzelfirma keine Investitionen tätigen müssen,
er habe nur seine zwei Hände". Der Einsatz von eigener Infrastruktur ist demnach nicht
ersichtlich. Ebenso wenig ist aktenkundig, dass der Pflichtige Kapital in sein Unter-
nehmen gesteckt hat. In der Steuerperiode 2011 ist sodann kein Zuzug von weiteren
Arbeitskräften aktenkundig.
1 DB.2015.31 1 ST.2015.40
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cc) Die Tätigkeit des Steuerpflichtigen hat in einer von ihm selber frei be-
stimmten Organisation zu erfolgen. Die autonome Organisation der Tätigkeit geht der
unselbstständigen Erwerbstätigkeit ab, die dadurch gekennzeichnet ist, dass der Steu-
erpflichtige in eine fremde Arbeitsorganisation eingegliedert ist, in der er seine Tätigkeit
weisungsgebunden auszuüben hat.
Der Pflichtige wird regelmässig von Herrn F von der E AG zum jeweiligen Ar-
beitsort aufgeboten. Genaueres erfährt er dann jeweils erst vom entsprechenden Vor-
arbeiter. Dieses Vorgehen spricht nicht für eine autonome Arbeitsorganisation des
Pflichtigen. Als Grund für die Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit erklärt
der Pflichtige, dass er seine Auftraggeber jederzeit selber hätte aussuchen wollen. Zu
Beginn seiner selbstständigen Erwerbstätigkeit (2009) habe er bei verschiedenen As-
bestsanierungsunternehmen um eine Anstellung ersucht, sei damals aufgrund der
Wirtschaftlage jedoch auf den Weg des Unterakkordanten verwiesen worden. Die Initi-
ative zur Gestaltung seiner Tätigkeit als selbstständige Erwerbstätigkeit entsprang so-
mit nicht seinem, sondern im konkreten Fall offenbar dem Wunsch der E AG. Seine
Freiheit in der Annahme oder Ablehnung von Arbeit hat sich aus heutiger tatsächlicher
Sicht auf einen einzigen Hauptauftrags- oder eben Arbeitgeber beschränkt.
Der Pflichtige reicht zu diesem Thema zwar eine "Bestätigung" der
E AG, unterzeichnet von G, vom 12. November 2012 ein, gemäss welcher die "C Bau-
sanierungen" für die E AG als Unterakkordantin tätig und eine selbstständige Firma sei,
welche die Wahl habe, Aufträge auszuführen oder abzulehnen. Der Pflichtige sei nicht
in die Arbeitsorganisation eingebunden und es bestehe daher kein Subordinationsver-
hältnis.
Dieser Bestätigung mangelt es jedoch an Beweiswert, nachdem A, G bzw. die
E AG ein eigenes Interesse daran hat, dass die "C Bausanierungen" als eigenständi-
ges Unternehmen und der Pflichtige nicht als ihr Arbeitnehmer behandelt wird (Ver-
meidung von Sozialversicherungspflichten und Schwarzarbeit). Der Bestätigung kommt
daher kein ausschlaggebendes Gewicht zu.
dd) Jedes Streben im wirtschaftlichen Bereich zielt auf die Erzielung eines
Gewinns und auf die Vermeidung eines Verlusts ab (Merkmal der Gewinnerzielungs-
absicht).
1 DB.2015.31 1 ST.2015.40
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Dass der Pflichtige seine Arbeit im Hinblick auf eine Gewinnerzielung bzw.
Einkunftsgenerierung ausübt, ist unbestritten. Die dergestalte "Gewinnstrebigkeit" ist
jedoch, wie vom kantonalen Steueramt zu Recht ausgeführt, auch beim unselbststän-
dig Erwerbstätigen vorhanden.
ee) Eine selbstständige Erwerbstätigkeit liegt schliesslich nur vor, wenn der
Steuerpflichtige in einer qualifizierten, d .h. planmässigen und anhaltenden (nachhalti-
gen) Weise am wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt.
Die Einzelfirma "C Bausanierungen" wurde am 20. Oktober 2009 ins Handels-
register eingetragen. Inwiefern der Pflichtige seine Arbeit öffentlich anbietet und plan-
mässig am wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt, ist nicht aktenkundig. Zwar wurde der
Erfolgsrechnung ein Werbeaufwand von rund Fr. 3'500.- belastet. In welcher Art und
Weise der Pflichtige seine Dienstleistungen Dritten anpries, ist jedoch nicht bekannt.
Trotz Auflage und Mahnung reichten die Pflichtigen diesbezüglich keine Unterlagen
ein.
ff) Währenddem gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung unter speziellen
– hier nicht gegebenen – Umständen selbstständige Erwerbstätigkeit bereits aufgrund
eines einzigen Kriteriums zu bejahen ist, müssen Auffassung des Verwaltungsgerichts
die vorstehend aufgezählten Kriterien kumulativ erfüllt sein, insbesondere aus Gründen
der Rechtssicherheit und dem Erfordernis rechtsgleicher Behandlung (VGr, 25. Au-
gust 2010, SB.2010.00056, www.vgrzh.ch, E. 2.4 f.; zustimmend Mäusli-Allenspach/
Oertli, Das Schweizerische Steuerrecht, 7. A., 2013, S. 93).
b) Zusammenfassend ist vorliegend aufgrund der vorstehenden Ausführungen
eine (echte) selbstständige Erwerbstätigkeit des Pflichtigen zu verneinen.
Sowohl die vom kantonalen Steueramt ermittelten Einkünfte aus unselbst-
ständiger Erwerbstätigkeit als auch die von diesem gewährten Abzüge für entspre-
chende Berufsauslagen sind nicht streitig und daher zu bestätigen.
4. Ausgangsgemäss sind die Kosten des vorliegenden Verfahrens den Pflich-
tigen aufzuerlegen (Art. 144 Abs. 1 DBG; § 151 Abs. 1 StG). Parteientschädigungen
1 DB.2015.31 1 ST.2015.40
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sind nicht zuzusprechen (Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 - 3 des Bundesge-
setzes über das Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember 1968 sowie § 152 StG
i.V.m. § 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Ju-
ni 1997). | Public | Tax | de | 2,015 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
94eacc32-4f99-481e-8fd2-1712b6ae9116 | hat sich ergeben:
A. In der Steuererklärung 2010 deklarierte A (nachfolgend der Pflichtige),
wohnhaft in Winterthur, für die direkte Bundessteuer 2010 ein steuerbares Einkommen
von Fr. 161'400.- bzw. für die Staats- und Gemeindesteuern 2010 ein steuerbares Ein-
kommen von Fr. 159'500.- sowie ein steuerbares Vermögen von Fr. 1'019'600.-.
Am 14. November 2012 veranlagte ihn das kantonale Steueramt für die direk-
te Bundessteuer 2010 mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 163'900.- bzw.
schätzte ihn für die Staats- und Gemeindesteuern 2010 mit einem steuerbaren Ein-
kommen von Fr. 162'000.- sowie einem steuerbaren Vermögen von Fr. 1'155'000.- ein.
Als Steuertarif wandte es jeweils den Grundtarif gemäss Art. 214 Abs. 1 des Bundes-
gesetzes über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990 (DBG) bzw. §§ 35
Abs. 1 und 47 Abs. 1 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) an.
B. Mit Schreiben vom 12. Dezember 2012 liess der Pflichtige hiergegen Ein-
sprache erheben und beantragte jeweils die Anwendung des Verheiratetentarifs ge-
mäss Art. 36 Abs. 2 DBG bzw. §§ 35 Abs. 2 und 47 Abs. 2 StG, da er zur Hauptsache
den Unterhalt seines in Berufsausbildung stehenden Sohnes B bestritten habe.
Das kantonale Steueramt wies die Einsprache am 7. Januar 2013 ab, da der
Pflichtige zwar zur Hauptsache für den Unterhalt seines Sohnes B aufkomme, was die
Gewährung des Kinderabzugs zur Folge habe, jedoch am Stichtag 31. Dezember 2010
nicht mit ihm zusammengelebt habe, sodass der Grundtarif zur Anwendung gelange.
C. Hiergegen liess der Pflichtige am 4. Februar 2013 Beschwerde bzw. Re-
kurs erheben und seine Anträge aus dem Einspracheverfahren erneuern.
In der Beschwerde- bzw. Rekursantwort vom 19. Februar 2013 schloss das
kantonale Steueramt auf kostenpflichtige Abweisung der Rechtsmittel. Die Eidgenössi-
sche Steuerverwaltung liess sich nicht vernehmen.
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2 DB.2013.27 2 ST.2013.27
Auf die Parteivorbringen wird – soweit rechtserheblich – in den nachfolgenden
Erwägungen eingegangen. | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. a) Nach § 35 Abs. 2 StG (Einkommen) bzw. § 47 Abs. 2 StG (Vermögen)
wird für Ehegatten, die in rechtlich und tatsächlich ungetrennter Ehe leben, sowie für
verwitwete, gerichtlich oder tatsächlich getrennt lebende, geschiedene und ledige
Steuerpflichtige, die mit Kindern im Sinn von § 34 Abs. 1 lit. a StG (Kinderabzug) zu-
sammenleben, der Verheiratetentarif angewandt. In der fraglichen Steuerperiode 2010
war die entsprechende Bestimmung für die direkte Bundessteuer (Art. 214 Abs. 2 bis
DBG) noch nicht in Kraft. Dennoch galten schon damals im Bereich der direkten Bun-
dessteuern dieselben Regeln wie bei den Staats- und Gemeindesteuern (vgl. Richner/
Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009, Art. 214 N 31 ff. DBG).
Voraussetzung für die Anwendung des Verheiratetentarifs ist somit sowohl für
die direkte Bundessteuer als auch für die Staats- und Gemeindesteuern, dass der
Steuerpflichtige (sei er verheiratet, gerichtlich oder tatsächlich getrennt lebend, verwit-
wet, geschieden oder ledig) mit Kindern im gleichen Haushalt zusammenlebt und de-
ren Unterhalt zur Hauptsache bestreitet (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 214 N 32
DBG und Handkommentar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 2. A., 2006, § 35
N 31 StG).
b) Unter Kindern sind Personen zu verstehen, für die der Steuerpflichtige Kin-
derabzüge nach Art. 213 Abs. 1 lit. a DBG bzw. § 34 Abs. 1 lit. a StG geltend machen
kann. Daraus folgt jedoch nicht, dass einem Steuerpflichtigen, dem der Kinderabzug
zukommt, automatisch auch der Verheiratetentarif zusteht; der Kinderabzug ist nur
eine notwendige, aber keine hinreichende Voraussetzung für die Gewährung des Ver-
heiratetentarifs (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 214 N 33 DBG). Der Anspruch
kann jedoch auch bei volljährigen Kindern bestehen, sofern diese mit dem Steuerpflich-
tigen zusammenleben, in der beruflichen Ausbildung stehen und der Steuerpflichtige
deren Unterhalt zur Hauptsache bestreitet. Das Erfordernis des Zusammenlebens ist
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2 DB.2013.27 2 ST.2013.27
erfüllt, wenn das Kind seinen steuerrechtlichen Wohnsitz im Haushalt des Steuerpflich-
tigen hat (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 214 N 34 f. DBG und § 35 N 35 StG).
Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist es nicht willkürlich, einem Steuer-
pflichtigen, der zwar zur Zahlung von Unterhaltsbeiträgen verpflichtet ist, jedoch nicht
mit dem Kind zusammenlebt, die Anwendung des Verheiratetentarifs zu verweigern
(vgl. ASA 60, S. 378).
c) Massgeblich für die Festlegung des Tarifs sind gemäss § 35 Abs. 3 StG die
Verhältnisse am Ende der Steuerperiode (Stichtagsprinzip). Dies gilt auch für die direk-
te Bundessteuer (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 214 N 15 DBG).
2. Im vorliegenden Fall kam der verwitwete Pflichtige für den Unterhalt seines
Sohnes B auf, weshalb ihm der Kinderabzug gewährt wurde. Gemäss der Steuererklä-
rung 2010 war sein Sohn B, geboren 1989, in Ausbildung und besuchte in Winterthur
ein Ausbildungszentrum für technische Berufe. Er hatte in der Steuerperiode 2010 sei-
nen steuerrechtlichen Wohnsitz jedoch unbestrittenermassen in Seuzach, weshalb das
Erfordernis des Zusammenlebens im Sinne der obigen Ausführungen nicht erfüllt war.
Den Wohnsitz in Seuzach hatte er im Übrigen bereits in der Steuerperiode 2009 ge-
habt.
Der Pflichtige liess hiergegen sinngemäss einwenden, dass den Materialien
zur Einführung von Art. 36 Abs. 2 bis
DBG (recte: Art. 214 Abs. 2 bis
DBG) zu entnehmen
sei, dass die Voraussetzung des Zusammenlebens vom Gesetzgeber nicht kumulativ
verstanden sein wolle, sondern Alleinstehende mit in Ausbildung befindlichen Kindern
durch die Gewährung des sogenannten Familientarifs entlasten wollte (R-act. 2). Diese
Behauptung trifft nicht zu. Im Gegenteil, der Botschaft des Bundesrates zum Bundes-
gesetz über die steuerliche Entlastung von Familien mit Kindern vom 20. Mai 2009 ist
vielmehr zu entnehmen, dass der Verheiratetentarif nur zur Anwendung gelange,
"wenn die Steuerpflichtigen mit Kindern oder unterstützungsbedürftigen Personen im
gleichen Haushalt zusammenleben" (vgl. BBl 2009, S. 4766).
Die Einwände des Pflichtigen zur vorgeworfenen rückwirkenden Anwendung
des Merkblattes des kantonalen Steueramtes über die Gewährung von Sozialabzügen
und die Anwendung der Steuertarife bei Familien vom 21. Juni 2011 (ZStB Nr. 20/011)
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2 DB.2013.27 2 ST.2013.27
sind obsolet, zumal auch das Merkblatt des kantonalen Steueramtes über die Gewäh-
rung von Sozialabzügen und die Anwendung der Steuertarife bei Familien vom
25. Februar 2008 (ZStB Nr. 20/010) das Zusammenleben mit dem Kind als Vorausset-
zung für die Anwendung des Verheiratetentarifs vorsah.
Die Anwendung des Verheiratetentarifs entfällt somit, weshalb das kantonale
Steueramt jeweils zu Recht den Grundtarif angewandt hat.
3. Diese Erwägungen führen zur Abweisung von Beschwerde und Re-
kurs. Ausgangsgemäss sind die Verfahrenskosten dem Pflichtigen aufzuerlegen
(Art. 144 Abs. 1 DBG und § 151 Abs. 1 StG) und steht diesem keine Parteientschädi-
gung zu (Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das
Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember 1968; § 152 StG i. V. m. § 17 Abs. 2 des
Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997). | Public | Tax | de | 2,013 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
9761f4ba-edfb-4fac-8731-d69ec8db8e27 | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend der Pflichtige) ist Vater der am ... 1996 geborenen B. Seit
September 1996 lebt er mit der Kindsmutter, C, und seiner Tochter zusammen im glei-
chen Haushalt. Das Sorgerecht stand der Mutter zu (vgl. Art. 298 Abs. 1 ZGB). Am
15. Oktober 1996 hat die zuständige Vormundschaftsbehörde in D eine Unterhaltsver-
einbarung der Eltern genehmigt, wonach diese die Tochter gemeinsam betreuen und
jeder Elternteil nach seinen Möglichkeiten für deren "gebührenden" Unterhalt sorgt.
Sollte der gemeinsame Haushalt aufgelöst werden, verpflichtet sich der Pflichtige darin,
mindestens bis zur Mündigkeit von B monatlich Fr. 600.- (indexiert) an Unterhaltszah-
lungen zu leisten. Mit Eingabe vom 21. Juli 2009 ersuchten sie um Übertragung des
gemeinsamen elterlichen Sorgerechts auf beide Eltern. Die Vormundschaftsbehörde
der E entsprach diesem Gesuch mit Beschluss vom 11. August 2009. Der Pflichtige
leistet nach unbestrittener eigner Aussage finanziell den überwiegenden Beitrag an
den Unterhalt der Tochter.
In der Steuererklärung 2006 beanspruchte der Pflichtige für seine Tochter den
Kinderabzug (Fr. 6'800.- für die Staats- und Gemeindesteuern bzw. Fr. 6'100.- für die
direkte Bundessteuer) sowie den entsprechend erhöhten Maximalabzug für Versiche-
rungsprämien (von Fr. 3'600.- bzw. Fr. 2'400.-). Mit Einschätzungsentscheid vom
16. April 2009 verweigerte das kantonale Steueramt diese Abzüge, indem es das steu-
erbare Einkommen für die Staats- und Gemeindesteuerperiode 2006 auf Fr. 71'200.-
(statt wie deklariert Fr. 63'200.-) festsetzte. Sodann erklärte es den Grundtarif für
massgeblich. Ebenso rechnete das Amt diese Abzüge für die entsprechende Bundes-
steuerperiode auf und veranlagte den Pflichtigen am 16. April/8. Mai 2009 mit einem
steuerbaren Einkommen von Fr. 71'900.- (statt Fr. 65'100.-). Auch diesbezüglich kam
der Alleinstehendentarif zur Anwendung.
B. Mit Einsprachen vom 11./12. Mai und 2. Juni 2009 wandte sich der Pflichti-
ge gegen diese Taxationen. Angesichts der bisherigen Praxis sowie des Umstands,
dass das Amt der Kindsmutter bis anhin weder den Kinderabzug noch den Verheirate-
tentarif zugestanden habe, sei ihm wie bisher der Kinderabzug, der erhöhte Abzug für
Versicherungsprämien sowie der Verheiratetentarif zu gewähren. Dabei machte er un-
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2 ST.2009.347 2 DB.2009.222
ter Hinweis auf den Protokollauszug namentlich geltend, die Vormundschaftsbehörde
habe den Eltern nun die gemeinsame elterliche Sorge übertragen.
Mit getrennten Entscheiden vom 20. November 2009 wies das kantonale
Steueramt die Einsprachen ab.
C. Mit separaten Eingaben vom 19. Dezember 2009 erhob der Pflichtige da-
gegen Rekurs bzw. Beschwerde. Dabei erneuerte er die Einspracheanträge.
Mit Rekurs-/Beschwerdeantwort vom 8. Januar 2010 schloss das kantonale
Steueramt auf Abweisung der Rechtsmittel. Die Eidg. Steuerverwaltung verzichtete auf
eine Stellungnahme. | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. Laut Art. 140 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer
vom 14. Dezember 1990 (DBG) und § 147 Abs. 1 des Steuergesetzes vom 8. Juni
1997 (StG) kann der Steuerpflichtige gegen den Einspracheentscheid binnen 30 Tagen
nach Zustellung schriftlich Beschwerde bzw. Rekurs erheben. Anfechtungsobjekt bildet
einzig der vorinstanzliche (Einsprache-)Entscheid. Dieser betrifft einen konkreten
Steuerpflichtigen. Nur dessen Steuerangelegenheit kann Gegenstand des Verfahrens
bilden. Mithin kann es hier einzig um die Veranlagung bzw. Einschätzung des Pflichti-
gen gehen. Nicht Gegenstand bildet hingegen die entsprechende Einschätzung seiner
Lebenspartnerin C.
2. a) Nach Art. 213 Abs. 1 lit. a DBG (in der Fassung gemäss Verordnung
über den Ausgleich der Folgen der kalten Progression für die natürlichen Personen bei
der direkten Bundessteuer vom 4. März 1996/27. April 2005 [VO KP]) kann der Steuer-
pflichtige für jedes minderjährige Kind, für dessen Unterhalt er sorgt, Fr. 6'100.- vom
Einkommen abziehen (sog. Kinderabzug). Massgeblich für die Beurteilung der Abzugs-
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2 ST.2009.347 2 DB.2009.222
fähigkeit sind die Verhältnisse am Ende der Steuerperiode oder der Steuerpflicht
(Abs. 2). Direkt an diesen Kinderabzug gekoppelt sind sodann zusätzliche Versiche-
rungsprämienabzüge von Fr. 700.- je Kind, für welche ein entsprechender Abzug be-
ansprucht werden kann (Art. 33 Abs. 1 lit. g DBG, in der Fassung der VO KP). Die ent-
sprechenden Bestimmungen für die Staats- und Gemeindesteuern finden sich in § 34
Abs. 1 lit. a und § 31 Abs. 1 lit. g StG (in der Fassung vom 25. April 2005 bzw.
25. August 2003, je in Kraft seit 1. Januar 2006). Demnach werden zur Steuerberech-
nung vom Reineinkommen für minderjährige Kinder unter elterlicher Sorge oder Obhut
des Steuerpflichtigen, deren Unterhalt er zur Hauptsache bestreitet, als Kinderabzug je
Fr. 6'800.- abgezogen. Massgeblich für die Beurteilung der Abzugsfähigkeit sind auch
hier die Verhältnisse am Ende der Steuerperiode oder der Steuerpflicht (§ 34 Abs. 2
StG). Der an den Kinderabzug anknüpfende zusätzliche Versicherungsprämienabzug
beträgt Fr. 1'200.- je Kind (§ 31 Abs. 1 lit. g Satz 3 StG, in Fassung vom 25. August
2003). Sodann können Alimentenzahlungen bzw. "Unterhaltsbeiträge" für Kinder laut
Art. 33 Abs. 1 lit. c DBG und nach § 31 Abs. 1 lit. c StG (in der Fassung vom
11. September 2000) von den steuerbaren Einkünften abgesetzt werden, sofern sie an
den Elternteil fliessen, unter dessen elterlicher Sorge oder Obhut das Kind steht und
wenn sie für Minderjährige bestimmt sind. Diesfalls ist ein entsprechender Sozialabzug
beim Leistenden ausgeschlossen (vgl. Art. 213 Abs. 1 DBG und § 34 Abs. 1 StG). Die
genannten Unterhaltszahlungen unterliegen anderseits beim empfangenden Elternteil
gemäss Art. 23 lit. f DBG und § 23 lit. f StG (in der Fassung vom 11. September 2000)
der Einkommenssteuer.
b) Sind die Eltern eines Kindes nicht verheiratet, steht die elterliche Sorge der
Mutter zu (Art. 298 Abs. 1 ZGB). Unter bestimmten Voraussetzungen kann sie auf de-
ren Antrag beiden Eltern gemeinsam übertragen werden (Art. 298a ZGB). Liegt das
elterliche Sorgerecht ausschliesslich bei der Mutter, steht der Kinderabzug ihr und nur
ihr zu (StE 1999 B 29.3 Nr. 15; StE 2008 B 29.3 Nr. 35; Peter Locher, Kommentar zum
DBG, I. Teil, 2001, Art. 35 N 23). Auf der anderen Seite hat sie die Kinderalimente zu
versteuern, welche sie für den Unterhalt des Kindes zu verwenden hat. Insofern sorgt
sie für das Kind (Locher, Art. 35 N 27, auch zum Folgenden). All das gilt auch dort, wo
die Eltern im Konkubinat leben (RB 2006 Nr. 86 = StE 2007 B 29.3 Nr. 31, auch zum
Folgenden). Das Verwaltungsgericht hat erkannt, dass der Umstand, dass derjenige
Elternteil, welchem die elterliche Sorge nicht zusteht, die rein faktische Obhut über sein
Kind allein oder zusammen mit dessen Mutter ausübt, in dieser Hinsicht unbeachtlich
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2 ST.2009.347 2 DB.2009.222
ist. Anders verhält es sich hingegen dort, wo das Gericht oder die Vormundschaftsbe-
hörde das Obhutsrecht formell einer Person übertragen hat.
Mit dieser Lösung decken sich die steueramtlichen Weisungen. So bestimmen
das Merkblatt des kantonalen Steueramts über die Gewährung von Sozialabzügen und
die Anwendung der Steuertarife bei Familien vom 25. Februar 2008 (Ziff. 2.1.1 [kurz:
Merkblatt]; ZStB Nr. 20/010) wie auch die Weisung der Finanzdirektion über Sozialab-
züge und Steuertarife vom 18. Dezember 2009 (Rz 25; kurz: Weisung
[ZStB Nr. 20/002]) und das Kreisschreiben Nr. 7 der Hauptabteilung DVS vom
20. Januar 2000 zu Direkte Bundessteuer Steuerperiode 1999/2000 betreffend Famili-
enbesteuerung nach dem Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (DBG); Über-
tragung der gemeinsamen elterlichen Sorge auf unverheiratete Eltern und die gemein-
same Ausübung elterlicher Sorge durch getrennte oder geschiedene Eltern (ZStB II Nr.
61/505), dass dort, wo bei unverheirateten Eltern die elterliche Sorge oder Obhut über
ein minderjähriges Kind nur einem Elternteil zusteht, nur dieser den Kinderabzug be-
anspruchen kann.
3. a) Streitig ist die Einschätzung bzw. Veranlagung für die Steuerperiode
2006. Dafür sind die Verhältnisse im (Kalender-)Jahr 2006 bzw. am Stichtag
31. Dezember 2006 massgeblich. Dabei ist zu beachten, dass die elterliche Sorge über
die (im Sinn von Art. 260 Abs. 1 ZGB anerkannte) Tochter B bis zum Beschluss der
Vormundschaftsbehörde der E vom 11. August 2009 allein der Kindsmutter C zustand;
erst damit wurde sie auf entsprechendes Begehren der Eltern hin und gestützt auf die
Vereinbarung vom 21. Juli 2009 gemeinsam der Mutter und dem Pflichtigen übertra-
gen. Am Stichtag 31. Dezember 2006 war der Pflichtige somit weder alleiniger Inhaber
der elterlichen Gewalt noch stand ihm zusammen mit seiner Partnerin, der Kindsmut-
ter, das gemeinsame Sorgerecht zu. Damit steht der Kinderabzug im Sinn von 213
Abs. 1 lit. a DBG bzw. § 34 Abs. 1 lit. a StG von vornherein nicht ihm, sondern einzig
dieser zu. Die Verhältnisse werden sich in dieser Hinsicht, wie aus heutiger Sicht auf-
grund der Ausführungen des Pflichtigen anzunehmen ist, erst in der Steuerperiode
2009 ändern. Diese Neugestaltung vermag keine Rückwirkung zu entfalten. Keiner
weiteren Ausführungen bedarf es darüber, dass ihm damals einzig die – im vorliegen-
den Zusammenhang unbeachtliche – faktische, nicht aber auch die formelle (Teil-
)Obhut zustand.
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2 ST.2009.347 2 DB.2009.222
b) Was der Pflichtige dagegen vorzubringen weiss, sticht nicht:
Wohl mag es zutreffen, dass er zusammen mit seiner Partnerin und der Toch-
ter B seit deren Geburt eine "normale Familie" und eine Lebensgemeinschaft bildet.
Doch kommt es darauf nicht an. Denn wie gesehen sind nicht die faktischen Verhält-
nisse massgeblich, sondern entscheidend ist vorab die formell-rechtliche Gestaltung.
Ebenso kommt der Betreuung des Kindes und den dazu aufgewendeten finanziellen
Leistungen insofern keine Bedeutung zu.
Ebenso wenig vermag der Pflichtige für sich aus dem Umstand herzuleiten,
dass das Steueramt ihm während Jahren bis und mit Steuerperiode 2005 diesen Ab-
zug gewährt und im Übrigen den Verheiratetentarif (vgl. hinten E. 5a) zur Anwendung
gebracht hat. Denn die rechtliche Beurteilung bezieht sich einzig auf die entsprechende
Steuerperiode, für welche eine rechtskräftige Einschätzung vorliegt. Dass die Steuer-
behörde in früheren Jahren einen beanspruchten Abzug toleriert hat, verschafft dem
Pflichtigen keinen Anspruch auf einen erneuten Abzug, falls sich zeigt, dass das gel-
tende Recht einen solchen nicht zulässt. Die Steuerbehörden dürfen solche Abzüge in
jeder Periode einer Neuüberprüfung unterziehen (BGr, 9. April 2008, 2C_589/2007,
www.bger.ch).
Zwar mag es richtig sein, dass die Eltern bereits früher das gemeinsame Sor-
gerecht angestrengt hätten, falls sie gewusst hätten, dass der Pflichtige den Kinderab-
zug bei der gegebenen rechtlichen Konstellation nicht weiterhin werde beanspruchen
können. Dass das Steueramt die Einschätzung 2006, womit es den Abzug erstmalig
verweigert hat, erst am 16. April 2009 getroffen und der Pflichtige somit erst damals
von der neuen (und richtigen) Rechtsauffassung Kenntnis erlangt hat, gereicht der
Steuerbehörde nicht zum Vorwurf. Es liegt am Steuerpflichtigen, notfalls rechtzeitig die
rechtlichen Vorkehren zu treffen, damit die von ihm gewünschten (zulässigen) steuerli-
chen Folgen eintreten. Namentlich muss sich das Steueramt hier keine übermässige
Verzögerung in der Einschätzung vorhalten lassen: welche Schlüsse sich aufdrängten,
falls anders zu entscheiden wäre, kann darum offen bleiben.
4. Kann der Pflichtige, wie erwähnt, keinen Kinderabzug beanspruchen, so
steht ihm auch kein zusätzlicher Abzug für Versicherungsprämien im Sinn von Art. 33
Abs. 1 lit. g DBG bzw. § 31 Abs. 1 lit. g StG zu (siehe auch Merkblatt Ziff. 2.1.1).
http://www.bger.ch/
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2 ST.2009.347 2 DB.2009.222
5. a) Laut Art. 214 Abs. 1 DBG und §§ 35 Abs. 1 und 47 Abs. 1 StG gilt für die
Steuerpflichtigen ein allgemeiner Grundtarif (bzw. Alleinstehendentarif). Indes greift
nach Abs. 2 dieser Normen für Ehegatten, die in rechtlich und tatsächlich ungetrennter
Ehe leben, sowie für verwitwete, gerichtlich oder tatsächlich getrennt lebende, ge-
schiedene und ledige Steuerpflichtige, welche mit Kindern (oder unterstützungsbedürf-
tigen Personen) im gleichen Haushalt zusammenleben und deren Unterhalt zur Haupt-
sache bestreiten, ein milderer Tarif (sog. Verheiratetentarif). Dabei verweist die
kantonale Norm ausdrücklich auf Kinder im Sinn des Kinderabzugs von § 34 Abs. 1
lit. a StG. Mit diesen Sonderbestimmungen soll die entsprechende Gruppe von Steuer-
pflichtigen fiskalisch angemessen entlastet werden. Eine Beschränkung auf eheliche
Gemeinschaften und Eineltern- bzw. Halbfamilien besteht insofern nicht. Das aber
heisst, dass auch Konkubinatspaare in den Genuss einer solchen Entlastung kommen
können. Leben die Eltern im Konkubinat und wohnt das Kind bei ihnen, kann der – und
nur der – Elternteil den Verheiratetentarif beanspruchen, welcher den Unterhalt des
Kindes zur Hauptsache bestreitet; und dies ist derjenige Elter, dem die elterliche Sorge
zusteht (StE 2006 B 29.3 Nr. 28; Weisung Rz 58 ff.) und dem damit der Kinderabzug
zusteht (Locher, Art. 36 N 19 f.; Ivo P. Baumgartner, in: Kommentar zum Schweizeri-
schen Steuerrecht, Band I/2a, 2.A., 2008, Art. 36 N 36a und 36b). Wie die Dinge bei
gemeinsamer elterlicher Sorge liegen, braucht nicht erwähnt zu werden.
b) Steht dem Pflichtigen nach dem Gesagten kein Kinderabzug zu, so kann er
den Verheiratetentarif nicht beanspruchen. In dessen Genuss kommt unter den gege-
ben Umständen einzig die Kindsmutter C. Daran ändert der Umstand nichts, dass die
Tochter mit dem Pflichtigen zusammenlebt und er in erheblichem Umfang an deren
Unterhalt beiträgt.
c) Dass der Verheiratetentarif bei der Kindsmutter entgegen dieser Rechtslage
nicht angewendet worden ist, liegt aufgrund einer steueramtlichen Notiz nahe, steht
indes nicht mit Sicherheit fest. Doch mag dies ohne Zwang offen bleiben. Denn hier
geht es einzig um die Einschätzung bzw. Veranlagung des Pflichtigen. Ob die Taxatio-
nen von C, sollte sie tatsächlich mit dem Grundtarif besteuert worden und die Rechts-
kraft bereits eingetreten sein, nachträglich einer Korrektur zugänglich sind, braucht und
darf hier nicht geklärt werden. Dies verkennt der Pflichtige. Es wird deren Aufgabe
sein, notfalls entsprechende Massnahmen – mit allerdings ungewissem Ausgang – zu
treffen. Dasselbe gilt für den Kinder- und Versicherungsabzug.
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6. a) Nach alledem erweisen sich die angefochtenen Einspracheentscheide,
soweit vom Pflichtigen beanstandet, als rechtsbeständig. Indes gilt es Folgendes zu
beachten:
b) aa) Wie erwähnt, kann der Kindsvater, dem kein Kinderabzug zusteht, nach
Art. 33 Abs. 1 lit. c DBG und § 31 Abs. 1 lit. c StG Unterhaltsleistungen ("Unterhaltsbei-
träge") an die Kindsmutter für das unter deren elterlicher Sorge stehende Kind von den
steuerbaren Einkünften abziehen. Leben die Eltern zusammen mit ihrem gemeinsamen
unmündigen Kind im Konkubinat, so kann derjenige Elter, welchem das Sorgerecht
nicht zusteht, Leistungen, welche er gestützt auf einen Unterhaltsvertrag leistet, in Ab-
zug bringen. Ob dies nur dann gilt, wenn es sich um eigentliche, betragsmässig be-
stimmte Kinderalimente handelt, ist fraglich.
Nach Art. 276 ZGB haben die Eltern für den Unterhalt des Kindes aufzukom-
men (Abs. 1). Dieser wird durch Pflege und Erziehung oder, wenn das Kind nicht unter
der Obhut der Eltern steht, durch Geldzahlung geleistet (Abs. 2). Sind die Eltern nicht
verheiratet, wird der Umfang der Unterhaltsbeiträge desjenigen Elternteils, welchem
die elterliche Sorge nicht zusteht, vorzugsweise mittels Unterhaltsvertrag einvernehm-
lich festgesetzt (Peter Breitschmid, in: Basler Kommentar, 3.A., 2006, Art. 287 N 1
ZGB). Ein solcher wird gemäss Art. 287 Abs. 1 ZGB erst mit der Genehmigung durch
die Vormundschaftsbehörde verbindlich. Dabei geht es vorab um finanzielle Leistun-
gen, nämlich die Höhe des Unterhaltsbeitrags, dessen Dauer sowie allfällige Abstufun-
gen, Indexierung und Abänderung. Daneben können Sonderreglungen betroffen sein,
so namentlich dann, wenn die Eltern - wie hier – in eheähnlichen Verhältnissen zu-
sammenleben (Breitschmid, Art. 287 N 6 ZGB). In solchen Fällen kann die Erfüllung
der Unterhaltspflicht auch in Naturalform erfolgen. Es liegt nahe, den steuerrechtlichen
Begriff des "Unterhaltsbeitrags" (Art. 35 Abs. 1 lit. c und § 31 Abs. 1 lit. c StG) mit dem
zivilrechtlichen gleichzusetzen. Dies umso mehr, als in beiden Gesetzen übereinstim-
mend von "Beiträgen" und nicht von "Zahlungen" die Rede ist. Können die vertraglich
festgelegten Unterhaltsbeiträge im Sinn des Zivilrechts (siehe Art. 287 Abs. 1 und 2
ZGB) nicht allein Geldzahlungen umfassen, sind folgerichtig steuerlich auch Natural-
leistungen beachtlich (Zigerlig/Jud, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht,
Band I/2a, 2.A., 2008, N 18a). Dabei sind Naturalleistungen, wie das Zivilrecht zeigt,
begrifflich umfassend zu verstehen (Breitschmid, Art. 276 N 20 f.). Entsprechend ist
jedenfalls dort, wo ein vormundschaftlich genehmigter Unterhaltsvertrag vorliegt, fiska-
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2 ST.2009.347 2 DB.2009.222
lisch ein umfassender Abzug statthaft (in diesem Sinn möglicherweise RB 2006 Nr. 86
= StE 2007 B 29.3 Nr. 31 E. 6). Allerdings ist nicht zu verkennen, dass sich bei sol-
chem Verständnis hinsichtlich der Bemessung des Umfangs der Leistung in der Praxis
erhebliche Schwierigkeiten ergeben können.
bb) Wie diesen Schwierigkeiten zu begegnen ist, kann hier dahingestellt blei-
ben. Denn im Unterhaltsvertrag vom 27. August 1996, von der Vormundschaft am
15. Oktober 1996 genehmigt, haben die Eltern von B den Wert der Unterhaltsleistun-
gen des Pflichtigen hilfsweise betragsmässig quantifiziert. Darin haben sie festgehal-
ten, dass sie mit dem Kind zusammenleben und es gemeinsam betreuen. Für den Fall
der Auflösung des gemeinsamen Haushalts wäre der Pflichtige zu monatlichen Unter-
haltsleistungen für die Tochter von Fr. 600.- verpflichtet. Daneben wären die allenfalls
von ihm für B empfangenen Kinderzulagen der Kindsmutter zu erstatten. In diesem
Zusammenhang hat die Vormundschaftsbehörde D im Beschluss vom 15. Oktober
1996 sogar festgehalten, der Kindsvater, d.h. der Pflichtige, verpflichte sich mit dem
Unterhaltsvertrag (sofort) zu monatlichen Unterhaltszahlungen von Fr. 600.-. Unter
solchen Umständen steht dem Pflichtigen, der unstreitig einen gewichtigen Teil des
Unterhalts trägt, ein Abzug im Sinn von Art. 33 Abs. 1 lit. c DBG und § 31 Abs. 1 lit. c
StG zu, der sich wie folgt bemisst:
Unterhaltsleistungen
- 12 x Fr. 600.- Fr. 7'200.-
- Kinderzulagen gemäss Lohnausweis (T-act. 3) Fr. 2'040.-
total Fr. 9'240.-.
Dass die Unterhaltszahlungen (bzw. der Wert der entsprechenden Naturalleis-
tungen), weil indexiert, für 2006 möglicherweise höher anzusetzen wären, muss unbe-
rücksichtigt bleiben. Es hätte am Pflichtigen gelegen, diesbezüglich notwendige Anga-
ben zu liefern; das aber ist nicht geschehen. Hingegen schadet ihm der Umstand nicht,
dass er keinen solchen Abzug beansprucht hat. Weil dieser in engem Zusammenhang
mit den streitbetroffenen Abzügen steht und das Gericht das Recht von Amts wegen
anzuwenden hat (Art. 143 Abs. 1 DBG und § 149 Abs. 2 StG), steht einer solchen Kor-
rektur nichts im Weg.
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2 ST.2009.347 2 DB.2009.222
cc) Beizufügen ist, dass damit ein gewisser Ausgleich dafür geschaffen wird,
dass kein Raum für die Anträge des Pflichtigen bleibt, und auf diese Weise dessen
(eingeschränkter) wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit angemessen Rechnung getragen
werden kann. Auch darf erwähnt werden, dass – wie anzunehmen erlaubt ist – diese
Zuflüsse bei der Kindsmutter, obgleich gesetzlich geboten (Art. 23 lit. f DBG und § 23
lit. f StG), einkommenssteuerlich nicht erfasst worden sind. Dies mag zur Begrenzung
eines allfälligen Schadens infolge fehlenden Kinder- und Versicherungsprämienabzugs
sowie Verheiratetentarifs beitragen.
dd) Steht dem Pflichtigen ein solcher Abzug zu, stellt sich die Frage eines
Unterstützungsabzugs im Sinn von Art. 213 Abs. 1 lit. b DBG und § 34 Abs. 1 lit. b StG
nicht.
c) Somit ist der Pflichtige für 2006 wie folgt einzuschätzen bzw. zu veranlagen:
Staats-/Gemeindesteuern direkte Bundessteuer
Fr. Fr.
steuerbares Einkommen laut Einspracheentscheid 71'250.- 71'950.-
./. Unterhaltszahlungen 9'240.- 9'240.-
steuerbares Einkommen (abgerundet) 62'000.- 62'700.-
steuerbares Vermögen (unverändert) 0.-
Grund-/Alleinstehendentarif.
Das führt zur teilweisen Gutheissung der Rechtsmittel.
d) Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten anteilsmässig zu ver-
legen (Art. 144 Abs. 1 DBG; § 151 Abs. 1 StG).
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2 ST.2009.347 2 DB.2009.222 | Public | Tax | de | 2,010 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
991d8935-f6bc-4a73-844f-d953d1d18110 | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend der Pflichtige bzw. zusammen mit seiner Ehefrau B die
Pflichtigen) war als Investmentbanker bis Ende 2005 bei der C AG im Bereich Corpora-
te Finance tätig. Nachdem internationale Gesetzesänderungen die Weiterführung die-
ses Bereichs durch eine Revisionsgesellschaft wie die C AG in Frage stellten, verein-
barten die Poolmitglieder der Abteilung Corporate Finance (darunter federführend der
Pflichtige) am 14. Oktober 2005 mit der C AG den geschlossenen Übertritt der Abtei-
lung zu einer neu zu gründenden Tochtergesellschaft der D KG. Im Hinblick auf diesen
Wechsel hatten die Poolmitglieder bereits am 29. September 2005 mit eigenen Mitteln
die E AG) gegründet. Der Pflichtige zeichnete dabei 25'000 der insgesamt 100'000
Aktien à nominell Fr. 1.-. Die E AG übernahm alsdann am 1. Dezember 2005 die lau-
fenden Geschäfte der früheren C-Abteilung und wurde am 7. Dezember 2005 in die
F AG umfirmiert. Am 3. Januar 2006 verkauften die Poolmitglieder 51% ihrer
F AG-Aktien an die D KG. Der Pflichtige erzielte dabei für 12'750 verkaufte Aktien ei-
nen Erlös von Fr. 3'836'250.-, wobei per Vertragsabschluss Fr. 1'023'750.- zu bezahlen
waren; für den restlichen Kaufpreis wurden tranchenweise Zahlungen per Anfang
2007, 2008 und 2009 vereinbart.
In der Steuererklärung 2006 gingen die Pflichtigen mit Bezug auf diesen Akti-
enverkauf von einem steuerfreien Kapitalgewinn aus. Trotz Erwerbseinkünften beider
Pflichtigen von über Fr. 900'000.- deklarierten sie sodann ein steuerbares Einkommen
von Fr. 0.-. Grund dafür waren geltend gemachte Liegenschaftenunterhaltskosten von
über Fr. 1 Mio. Diese betrafen ein Ferienhaus in G, welches die Pflichtigen am 5. Ja-
nuar 2006 für Fr. 2 Mio. gekauft und in der Folge umgebaut hatten.
Nach Durchführung eines Auflageverfahrens setzte der Steuerkommissär am
12. November 2010 die Steuerfaktoren für die Steuerperiode 2006 wie folgt fest:
Staats- und Gemeindesteuer Direkte Bundessteuer
(Fr.) (Fr.)
Steuerbares Einkommen 1'534'000.- 1'538'900.-
Satzbestimmendes Einkommen 1'534'000.-
Steuerbares Vermögen 1'131'000.-
Satzbestimmendes Vermögen 1'277'000.-.
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1 DB.2011.61 1 ST.2011.91
Gegenüber der Selbstdeklaration rechnete er einkommensseitig insbesondere
den Gewinn aus dem Aktienverkauf auf, wobei er aber nur die per 2006 erhaltene Zah-
lung von Fr. 1'023'750.- berücksichtigte. Sodann strich er abzugsseitig den Grossteil
der für die Liegenschaft in G deklarierten Unterhaltskosten.
Die Bundessteuerveranlagung wurde mit Schlussrechnung vom 29. Novem-
ber 2010 formell eröffnet.
B. Die hiergegen gerichteten Einsprachen hiess das kantonale Steueramt am
8. März 2011 teilweise gut. Dabei wurde an der Steuerbarkeit des Gewinns aus dem
Aktienverkauf festgehalten; die abziehbaren Unterhaltskosten wurden demgegenüber
geringfügig angehoben, sodass nunmehr ein steuerbares Einkommen von
Fr. 1'449'300.- (Staats- und Gemeindesteuer) bzw. Fr. 1'454'200.- (direkte Bundes-
steuer) resultierte.
C. Mit Beschwerde und Rekurs vom 7. April 2011 wandten sich die Pflichtigen
abermals gegen die Steuerbarkeit des Gewinns aus dem Aktienverkauf sowie die Kür-
zung der deklarierten Liegenschaftenunterhaltskosten. Dementsprechend stellten sie
Antrag auf Festsetzung des steuerbaren Einkommens auf jeweils Fr. 0.-.
Das kantonale Steueramt schloss mit Vernehmlassung vom 19. April 2011 auf
Abweisung der Rechtsmittel. Die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) liess sich
nicht vernehmen.
Mit Schreiben vom 31. Mai 2011 nahmen die Pflichtigen unaufgefordert Stel-
lung zur vorinstanzlichen Vernehmlassung, wobei sie an ihren Anträgen festhielten.
Auf die Vorbringen der Parteien in ihren Rechtsschriften wird – soweit erfor-
derlich – in den nachfolgenden Erwägungen Stellung genommen.
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1 DB.2011.61 1 ST.2011.91 | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. Strittig ist zunächst, ob der vom Pflichtigen beim Verkauf von 12'750 F AG-
Aktien an die D KG erzielte Nettoerlös (im Umfang der Zahlung 2006) steuerbar ist. Die
Pflichtigen gehen diesbezüglich von einem steuerfreien Kapitalgewinn aus der Veräus-
serung von Privatvermögen aus, während die Steuerbehörde dafür hält, es liege Ein-
kommen aus Erwerbstätigkeit vor.
Ein zweiter Streitpunkt betrifft die Abzugsfähigkeit der von den Pflichtigen de-
klarierten Kosten für den Unterhalt ihrer Liegenschaft in G.
2. a) Der Einkommenssteuer unterliegen allgemein alle wiederkehrenden und
einmaligen Einkünfte mit Ausnahme der Kapitalgewinne aus der Veräusserung von
Privatvermögen, welche steuerfrei sind (Art. 16 Abs. 1 und 3 Bundesgesetz über die
direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990 [DBG] und § 16 Abs. 1 und 3 Steuerge-
setzes vom 8. Juni 1997 [StG]).
b) Die Einkünfte aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit sind in Art. 17 Abs. 1
DBG und § 17 Abs. 1 StG geregelt. Steuerbar sind danach alle Einkünfte aus privat-
rechtlichem oder öffentlich-rechtlichem Arbeitsverhältnis mit Einschluss der Nebenein-
künfte wie Entschädigungen für Sonderleistungen, Provisionen, Zulagen, Dienstalters-
und Jubiläumsgeschenke, Gratifikationen, Trinkgelder, Tantiemen und andere geld-
werte Vorteile (Einkünfte aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit).
aa) Steuerbar ist das Arbeitsentgelt, das der steuerpflichtigen Person unmit-
telbar zufliesst, samt allen Nebeneinkünften. Die beispielhafte Aufzählung der Einkom-
mensteile aus unselbstständiger Tätigkeit ist nicht abschliessend. Deshalb enthält
Art. 17 DBG bzw. § 17 StG analog zu Art. 16 DBG bzw. § 16 StG auch einen Auffang-
tatbestand, unter den alle nicht ausdrücklich genannten Einkünfte aus unselbstständi-
ger Erwerbstätigkeit fallen, nämlich "alle Einkünfte", und zwar gleichgültig, wie diese
bezeichnet werden. Voraussetzung ist einzig, dass die Leistung ihren hauptsächlichen
Grund im Arbeitsverhältnis hat. Zwischen der unselbstständigen Erwerbstätigkeit und
den daraus fliessenden Einkünften muss somit ein kausaler Zusammenhang bestehen;
ein Einkommen aus unselbstständiger Tätigkeit liegt dann vor, wenn zwischen der
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1 DB.2011.61 1 ST.2011.91
Leistung, welche die steuerpflichtige Person erhält, und ihrer Tätigkeit ein wirtschaftli-
cher Zusammenhang in der Weise besteht, dass die Leistung eine Folge der Tätigkeit
ist und die steuerpflichtige Person die Leistung im Hinblick auf ihre Tätigkeit erhält.
Steuerbar sind daher sämtliche geldwerte Vorteile, welche ein Arbeitnehmer als
Gegenleistung für seine Tätigkeit erhält, die er gestützt auf ein Arbeitsverhältnis ausübt
(vgl. dazu und zum Folgenden: Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum
DBG, 2. A., 2009, Art. 17 N 28 ff. DBG, und Kommentar zum harmonisierten Zürcher
Steuergesetz, 2. A., 2006, § 17 N 28 ff. StG).
Der Charakter der Tätigkeit und die Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses
sind unmassgeblich, namentlich ob das Entgelt für den Haupterwerb oder eine Neben-
tätigkeit der steuerpflichtigen Person ausgerichtet wird, wie es benannt wird, in welcher
Form die Entschädigung für die erbrachte Leistung erfolgt; die Bezahlung der steuer-
pflichtigen Person für ihre Tätigkeit kann in Geld oder in geldwerten Leistungen erfol-
gen, die Höhe der Vergütung fest oder variabel sein, sie kann vom Arbeitgeber oder
von Dritten ausgerichtet werden. Ohne Bedeutung ist, ob ein Rechtsanspruch auf eine
Leistung besteht oder nicht (BGr, 3. März 1989, ASA 60, 245 [247] = StE 1991 B 21.1
Nr. 2).
bb) In erster Linie ist einmal der vertraglich vereinbarte und regelmässig aus-
bezahlte Lohn des Arbeitgebers für die vom Erwerbstätigen zu erbringende Leistung
Einkommen aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit. Dazu gehören auch der
13. Monatslohn, Boni, Provisionen sowie Lohnnachzahlungen. Es ist aber nicht nur der
eigentliche Lohn, sondern es sind alle Leistungen des Arbeitgebers von verschiedens-
ter Art steuerbar. Erfasst werden dergestalt auch alle Lohnzulagen (wie z.B. Kinder-
und Ausbildungszulagen), ungeachtet der Gründe, aus denen sie ausgerichtet werden.
Art. 17 DBG und § 17 StG sind auch anwendbar auf freiwillige Leistungen
des Arbeitgebers, wie vertraglich nicht vereinbarte Gratifikationen, Boni, Gewinnbeteili-
gungen, Tantiemen, Jubiläumsgaben, Vergütungen für Verbesserungsvorschläge
und Treueprämien sowie Zuwendungen in Anerkennung der geleisteten Dienste
(VGr, 1. November 1988, StE 1989 B 21.3 Nr. 2). Entscheidend ist dabei für die
Besteuerung immer, dass die Leistung – trotz ihrer Freiwilligkeit – ihren Rechtsgrund
im Arbeitsverhältnis des Leistungsempfängers hat und somit nicht unentgeltlich,
nicht gegenleistungslos erscheint, andernfalls sie nämlich als Schenkung (ein-
kommen-)steuerfrei ist.
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1 DB.2011.61 1 ST.2011.91
Nebst Geldleistungen sind auch geldwerte Leistungen und Naturalleistungen
des Arbeitgebers steuerpflichtig. Geldwert ist jede Leistung, durch die der steuerpflich-
tigen Person ein Vorteil zufliesst und durch die sie sich eine Ausgabe ersparen kann,
welche sie sonst aus ihrem Einkommen hätte tätigen müssen (RB 1980 Nr. 38). Der
Arbeitgeber muss aber im Zeitpunkt der Leistung über diese verfügen können; über-
trägt der Arbeitgeber Aktien an den Arbeitnehmer, die dieser später mit Gewinn ver-
äussert, kann dieser Gewinn nur dann als Einkunft aus unselbstständiger Erwerbstä-
tigkeit besteuert werden, wenn der Arbeitgeber diesen Aktiengewinn (ganz oder
teilweise) bereits im Zeitpunkt der Aktienübertragung realisieren konnte (StRK IV,
18. Dezember 1998, StE 2000 B 22.1 Nr. 3). Naturalleistungen des Arbeitgebers kön-
nen entweder Lohnbestandteile sein, welche dem Arbeitnehmer regelmässig zuflies-
sen, oder sie können dem Arbeitnehmer lediglich von Fall zu Fall ausgerichtet werden.
Im Gastgewerbe sind Unterkunft und Verpflegung häufig Lohnbestandteil. Weitere Bei-
spiele sind das Überlassen einer Dienstwohnung oder eines Geschäftswagens sowie
das Zur-Verfügung-Stellen von Waren oder Dienstleistungen ohne Entgelt oder zu ei-
nem Vorzugspreis (auch Gewährung eines Darlehens zu einem Vorzugszins). Auch die
unterpreisliche Zuteilung von Mitarbeiteraktien oder -optionen zählt als Naturalleistung
zu den andern geldwerten Vorteilen, die nach § 17 StG bzw. Art. 17 DBG steuerbar
sind, da der Grund dieses Wertzuflusses im Arbeitsverhältnis der steuerpflichtigen Per-
son liegt.
c) Nach der allgemeinen Beweislastregel haben die Steuerbehörden den
Nachweis zu erbringen, dass ein Steuerpflichtiger bestimmte Einkünfte erzielt hat, da
es sich hierbei um einen steuerbegründenden Umstand handelt. Der Nachweis eines
Vermögenszuflusses begründet sodann die natürliche Vermutung, dass dieser steuer-
bares Einkommen darstellt. Die Vermutung kann vom Steuerpflichtigen entkräftet wer-
den, indem er den Gegenbeweis erbringt, dass nämlich die zugeflossenen Einkünfte
kein steuerbares Einkommen darstellen (wie z.B. Vorliegen eines steuerfreien Kapital-
gewinns aus der Veräusserung beweglichen Privatvermögens). Das Risiko der Beweis-
losigkeit liegt somit hinsichtlich jener Tatsachen, aus denen sich die Nichtsteuerbarkeit
einer Einkunft ergibt, beim Steuerpflichtigen.
3. a) Mit Vertrag vom 3. Januar 2006 verkaufte der Pflichtige der D KG 12'750
Aktien der F AG mit einem Nennwert von Fr. 1.- zum Preis von Fr. 3'836'250.-, wobei
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ihm per Vertragsvollzug eine Teilzahlung von Fr. 1'023'750.- zustand. Die Auszahlung
des Restbetrags wurde in drei Tranchen à Fr. 937'500.- per Valuta 3. Januar 2007,
2008 und 2009 vereinbart.
Per Januar 2006 ist damit zunächst ein Vermögenszufluss von Fr. 1'011'000.-
(Fr. 1'023'750.- ./. Fr. 12'750.-) ausgewiesen, womit diesbezüglich im Sinn einer natür-
lichen Vermutung von steuerbarem Einkommen auszugehen ist. Damit obliegt den
Pflichtigen der Nachweis, dass es sich bei diesem Nettozufluss ausschliesslich um
einen steuerfreien Kapitalgewinn handelte, d.h. dass der Kaufpreis ausschliesslich für
den Kaufgegenstand (die Aktien) geleistet worden ist.
b) Die Pflichtigen lassen mit Blick auf diesen Nachweis beschwerde- und re-
kursweise vorbringen, der pflichtige Ehemann habe mit flüssigen Mitteln aus seinem
Privatvermögen als Mitgründer Aktien der E AG liberiert und die Aktien zu Eigentum
erworben. Die Höhe seiner Investition sei einzig durch die Entschädigung bestimmt
worden, welche die E AG der C AG für die Betriebsübernahme habe entrichten müs-
sen. Beim Verkauf sei der Aktienkaufpreis an den neuen Bankpartner im Wesentlichen
aufgrund der kapitalisierten Gewinne gemäss Business-Plan bestimmt worden. Weil
der Pflichtige dergestalt die Aktien zu einem entsprechend höheren Preis habe verkau-
fen können und als Gegenleistung für die Eigentumsübertragung den Kaufpreis erhal-
ten habe, habe er einen Mehrwert der Aktien realisiert. Aus wirtschaftlicher Sicht hand-
le es sich damit zweifellos um einen Kapitalgewinn, denn er habe die Aktien anlässlich
der Gesellschaftsgründung zum Nennwert erworben und einen Teil davon später zu
einem höheren Verkaufspreis an einen Dritten veräussern können. Weil er den Mehr-
wert der Aktien realisiert habe, indem er mit dem Verkauf die wirtschaftliche Verfü-
gungsmacht über die Aktien aufgegeben und als adäquate Folge davon bzw. als Ge-
genleistung aus dem Aktienverkaufsvertrag ein neues Vermögensrecht in Form von
Geld bzw. einer Geldforderung erlangt habe, liege auch aus steuerrechtlicher Sicht ein
Kapitalgewinn vor. Weil der Pflichtige sodann über kein Geschäftsvermögen verfüge
und den Aktienerwerb unbestrittenermassen mit eigenen Mitteln finanziert habe, liege
ein auf Privatvermögen erzielter steuerfreier Kapitalgewinn vor.
c) aa) Die E AG wurde vom Pflichtigen und weiteren Pool-Mitgliedern der Ab-
teilung Corporate Finance der C AG am 29. September 2005 mit einem Aktienkapital
von Fr. 100'000.- (= 100'000 Aktien à nominell Fr. 1.-) gegründet; dies gemäss Han-
delsregistereintrag mit dem Hauptzweck "Unternehmensberatungsdienstleistungen,
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insbesondere in den Bereichen Corporate Finance, Fusionen und Akquisitionen, Re-
strukturierungen, Finanzierungen und Derivaten".
Der Pflichtige zeichnete bei der Gründung der E AG 25'000 Aktien à Fr. 1.-
und wendete also eigene Mittel im Betrag von Fr. 25'000.- auf. Wenn er 12'750 dieser
Aktien (= 51%) nach lediglich drei Monaten für Fr. 3'836'250.- an die D KG verkaufen
konnte (bzw. alle Poolmitglieder 51% ihrer Aktien für insgesamt Fr. 15'345'000.-), ent-
spricht dies einer Vermehrung des einbezahlten Nominalwerts um das 300-fache. Da-
mit stellt sich zwangsläufig die Frage, aus welchen Gründen die Käuferin bereit war, für
eine 51%-Mehrheit an einer neu gegründeten Gesellschaft mit einem Aktienkapital von
Fr. 100'000.- einen zweistelligen Millionenbetrag zu bezahlen. Die E AG hatte ihre Ge-
schäftstätigkeit ja gerade erst aufgenommen und konnte demzufolge keine Aktiven mit
stillen Reserven haben; auch konnte sie unmöglich bereits hohe Gewinne erwirtschaf-
tet haben, welche im Rahmen einer ertragsbezogenen Zukunftsbetrachtung eine sol-
che Wertsteigerung nahegelegt hätten.
bb) Im steuerbehördlichen Auflageverfahren schilderte der Pflichtige den Hin-
tergrund des hohen Gewinns aus dem Aktienverkauf wie folgt (vgl. Beilage zum
Schreiben vom 9. Februar 2010):
Die Gründeraktionäre der E AG seien in stets gleicher personeller Zusam-
mensetzung über Jahre gemeinsam im Corporate Finance-Geschäft tätig gewesen.
Dies zunächst bei einer Bank, dann bei H und seit 2002 bei der C AG. Organisatorisch
habe eine selbstständig operierende Corporate-Finance-Unternehmung innerhalb der
C AG mit rund 30 ausschliesslich für den Corporate-Finance-Bereich tätigen Mitarbei-
tenden bestanden. Die Mandate seien praktisch ausschliesslich von den Partnern per-
sönlich gewonnen und abgewickelt worden. Es habe von Anfang an ein eigenständige
Geschäft bestanden, welches unabhängig vom jeweiligen Dach (H, C AG) seine
Marktposition habe behaupten und ausbauen können. Der aufgrund einer Profit-
Center-Rechnung ermittelte Gewinn sei jeweils nach einem bestimmten Schlüssel auf
die Partner und die H bzw. C AG verteilt worden.
Das als Sarbanes-Oxley Act bekannte US-Bundesgesetz und die behördli-
chen Folgemassnahmen hätten sich zunehmend auf die Geschäftstätigkeit der grossen
Revisionsgesellschaften ausgewirkt. Insbesondere die Unabhängigkeitsanforderungen
und das Verbot der Erbringung von bestimmten anderen Dienstleistungen neben der
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1 DB.2011.61 1 ST.2011.91
Abschlussprüfung hätten das erfolgreiche Angebot der Corporate-Finance-Dienst-
leistungen unter dem Dach der C AG in Frage gestellt. Weil in der Folge absehbar ge-
worden sei, dass der Corporate-Finance-Bereich keine Zukunft bei C AG mehr haben
werde, hätten die Partner beschlossen, das Corporate-Finance-Geschäft aus der C AG
herauszulösen. Ein Projektteam aus der Gruppe der Partner habe bereits ab 2004 die
rechtliche Verselbstständigung der Corporate-Finance-Unternehmung vorbereitet und
dazu Gespräche mit möglichen Partnern, insbesondere zwei Banken, über eine Zu-
sammenarbeit aufgenommen. Parallel dazu sei die Übernahme des Betriebs von C mit
deren Geschäftsleitung ausgehandelt worden. Nachdem das Konzept festgestanden
habe, hätten die sieben Partner im September 2005 die E AG als Rechtsträgerin für
den zu übernehmenden Betrieb errichtet. Im Oktober 2005 seien die Partner aufgrund
der fortgeschrittenen Verhandlungen dann davon ausgegangen, mit der D KG die
Wunsch-Partnerbank für die künftige Zusammenarbeit gefunden zu haben. Am
14. Oktober 2005 hätten die Partner daraufhin die ausgehandelte Austrittsvereinbarung
mit C AG, welche die Grundlage für die Betriebsübernahme gebildet habe, unterzeich-
net. In diesem Vertrag sei u.a. die Aufhebung der Arbeitsverträge der Partner per Ende
November 2005 vorgesehen worden; gleichzeitig sei den Partnern überbunden wor-
den, allen Corporate-Finance-Mitarbeitern auf den 1. Dezember 2005 neue Verträge zu
offerieren und sich um deren Übernahme zu bemühen. Die Partner hätten sich auch
verpflichtet, mit der übernehmenden Gesellschaft keine Dienstleistungen im Bereich
Revision, Steuerberatung, Rechtsberatung und Accounting an C AG-Kunden anzubie-
ten und keine anderen Mitarbeiter abzuwerben. Für entsprechende Verletzungen seien
Konventionalstrafen zulasten der Partner in Millionenhöhe vorgesehen worden.
Die Partner bzw. die E AG habe in der Folge die laufenden Corporate-
Finance-Mandate von C AG zur weiteren Bearbeitung übernommen; einen Kunden-
stamm gebe es in diesem Geschäft nicht. Für die Aufteilung der Honorare sei nach
Massgabe des Projektstands für jedes Mandat ein Schlüssel vorgesehen worden.
Überdies hätten sich die Partner auch verpflichtet, allfällige nicht durch die Versiche-
rung von C AG gedeckte Kosten für Haftungsfälle von bereits abgewickelten Mandaten
rückwirkend bis zum 1. Juli 2002 zu übernehmen. Im Zusammenhang mit der Be-
triebsübernahme seien in der Austrittsvereinbarung auch die Übernahme von Man-
datsakten, der Verkauf von Büromobiliar, Geschäftswagen und Mobiltelefonen sowie
Versicherungsfragen geregelt worden. Die D KG habe die Austrittsvereinbarung mit
Bezug auf einzelne Bedingungen mit unterzeichnet; dies mit dem einseitigen Recht,
allfällige Verpflichtungen daraus ab 1. Dezember 2005 befreiend auf die F AG (damals
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noch E AG) zu übertragen. Die Partner hätten sodann der D KG das Recht eingeräumt,
im Januar 2006 51% der Aktien der E AG zu erwerben. Am 1. Dezember 2005 sei der
ganze Corporate-Finance-Betrieb der C AG durch die F AG (damals noch E AG) über-
nommen worden und habe das ganze bisherige Team (mit Ausnahme eines einzigen
Mitarbeiters, welcher eine Drittanstellung bevorzugt habe) diesen Betrieb weitergeführt.
Am 7. Dezember 2005 sei die E AG in die F AG umformiert worden. Anfang Januar
2006 habe die D KG dann ihr Kaufrecht ausgeübt und von den sieben Partnern 51'000
Namensaktien der F AG für Fr. 15'345'000.- erworben. Im Aktienkaufvertrag vom
3. Januar 2006 sei dabei festgehalten worden, dass die Partner die F AG gegründet
und sämtliche Aktien gehalten hätten; dies mit der Absicht, das Corporate-Finance-
Beratungsgeschäft langfristig als Teil der D-Gruppe zu betreiben. Der Aktienkaufpreis
sei auf der Grundlage eines Businessplans aufgrund der kapitalisierten Gewinne –
nach Abzug der gewinnabhängigen Entlöhnung der Partner – ermittelt worden. Sodann
sei vereinbart worden, einen Teil des Kaufpreises am Vollzugstag und den Rest – ge-
koppelt an gewisse Bedingungen – in drei Jahrestranchen zu bezahlen. Mit Abschluss
des Aktienkaufvertrags habe die neue Mehrheitsbeteiligte am Corporate Finance-
Betrieb festgestanden. Wäre dieser Vertrag nicht zustande gekommen, wären alle im
Hinblick auf die Zusammenarbeit vorgenommenen Dispositionen rückabgewickelt wor-
den. Die Partner hätten diesfalls das volle Unternehmerrisiko allein getragen, bis wo-
möglich ein Zusammengehen mit einer anderen Partnerbank zustande gebracht wor-
den wäre.
cc) Diese Sachverhaltsschilderung ist unbestritten und durch verschiedene
Dokumente belegt. Zu ergänzen bleibt, dass die C AG gemäss Austrittsvereinbarung
der E AG das Büromobiliar für Fr. 100'000.- verkaufte, während Mobiltelefone, Laptops
etc. zurückzugeben waren. Weitere Fr. 100'000.- verlangte die C AG für die Überlas-
sung der Kunden "Real Estate". Betreffend die laufenden, noch nicht abgeschlossenen
Mandate im Kerngeschäft (Corporate Finance) wurde – wie vom Pflichtigen erwähnt –
vereinbart, dass über die Erfolgshonorare mit der C AG nach einem bestimmten
Schlüssel abzurechnen ist.
Damit steht fest, dass die C AG im Zusammenhang mit der "Liquidation" der
Abteilung Corporate Finance den ausscheidenden Poolmitgliedern bzw. der von diesen
neu gegründeten Finanzberatungsgesellschaft keine Geschenke machte. Der hohe
Preis, welchen die D KG für die 51%-Beteiligung bezahlte, gründet also nicht im Um-
stand, dass die C AG-Poolmitglieder im Rahmen der Herauslösung ihrer Abteilung ge-
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wissermassen umsonst zu einem millionenschweren Unternehmen gekommen sind.
Die D KG beteiligte sich mit dem in Frage stehenden Aktienkauf an einem neu gegrün-
deten Unternehmen, welches an Aktiven lediglich Büromobiliar von Fr. 100'000.- sowie
einen Kundenstamm im (nebensächlichen) Liegenschaftenbereich im Wert von
Fr. 100'000.- aufwies; im Kerngeschäft "Corporate Finance" gab es – wie vom Pflichti-
gen selbst dargelegt – keinen Kundenstamm und die auslaufenden Mandate waren
noch mit der C AG abzurechnen. Die Gewinnaussichten der F AG basierten damit pri-
mär auf neu abzuschliessenden Beratungsmandaten.
dd) Wenn die D KG unter den dargelegten Umständen gleichwohl bereit war,
für die 51%-Beteiligung mit einem Substanzwert in Höhe des einbezahlten Aktienkapi-
tals (= Fr. 100'000.-) gut Fr. 15 Mio. zu bezahlen, so kann es dafür nur einen Grund
geben:
Der Wert der neu gegründeten Finanzberatungsgesellschaft wurde offensicht-
lich durch deren Mitarbeiter (insbesondere Poolmitglieder der ehemaligen C AG-
Abteilung) bestimmt. Einem potentiellen Käufer bot sich damit die Gelegenheit, ein
ganzes Team von Finanzspezialisten, welches seit Jahren erfolgreich im Corporate
Finance Bereich tätig war, zu übernehmen. Zum Verkauf stand dergestalt mit dem An-
teil an der neu gegründeten Unternehmung vorab die Arbeitsleistung der Unterneh-
mensgründer und weiteren Mitarbeitenden. Der Vertrag vom 3. Januar 2006 betreffend
"Kauf und Verkauf von Aktien der F AG sowie weitere Rechtsgeschäfte" bestätigt diese
Sichtweise.
Schon der Zusatz im Titel (... "sowie weitere Rechtsgeschäfte") legt nahe,
dass hier nicht nur Aktien verkauft worden sind. Den Vorbemerkungen (lit. C) ist so-
dann zu entnehmen, dass die Verkäufer (= sieben Gründer bzw. Partner) beabsichti-
gen, das Corporate Finance Beratungsgeschäft langfristig als Teil der D Gruppe zu
betreiben. Daraus folgt, dass die Firmengründer eben nicht bloss die Aktienmehrheit
ihrer neu gegründeten Finanzberatungsgesellschaft an die D KG verkauften, sondern
auch ihre persönliche Beratungstätigkeit für die F AG bzw. die übergeordnete D Grup-
pe. Dies erklärt denn auch, wieso vereinbart wurde, dass der Kaufpreis in vier Jahres-
tranchen zu bezahlen ist (Ziff. 1.2). Dabei hatte die Käuferin nur die 1. Tranche per
Datum des Vertragsvollzugs (3. Januar 2006) zu bezahlen; das Auszahlen der weite-
ren Tranchen per 3. Januar 2007/2008/2009 war jeweils an die Bedingung eines per
Auszahlungsdatum ungekündigten Arbeitsverhältnisses des betreffenden Aktienver-
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käufers geknüpft. Zudem war die letzte Tranche nur bei Erreichen eines bestimmten
Umsatzziels geschuldet. Dies zeigt mit aller Klarheit auf, dass die vier jahresbezoge-
nen Kaufpreiszahlungen an die (erfolgreiche) Arbeitstätigkeit der Verkäufer für die F
AG gekoppelt waren.
Aus dem Gesagten ergibt sich, dass das Entgelt, welches der Pflichtige für die
Abgabe seiner 12'750 Aktien erhalten hat, seine (erfolgsbezogene) Arbeitsleistung für
die D Gruppe abgilt und damit Salärcharakter hat; von einem steuerfreien Kapitalge-
winn kann folglich keine Rede sein kann. Die dem Pflichtigen per 2006 ausbezahlte
Kaufpreiszahlung (1. Tranche) im Betrag von Fr. 1'023'750.- wurde demnach zu Recht
als steuerbares Einkommen qualifiziert und entsprechend aufgerechnet.
ee) Der Einwand der Pflichtigen, wonach der weit über dem Substanzwert
bezahlte Kaufpreis für den Goodwill der F AG bezahlt worden sei, verfängt nicht. Das
Gewinnpotential der Letzteren war vorab personeller Natur; es waren die einzelnen
Mitarbeiter der neu gegründeten Unternehmung, die mit ihrem Knowhow, ihren Kun-
denbeziehungen und ihrer Arbeitsleistung die künftigen Ertragsaussichten prägten.
Hinter dem Aktienkauf stand der Kauf und die Bindung eines Spezialistenteams, womit
die den Spezialisten zufliessenden Entschädigungen für die Überlassung der 51%-
Aktienmehrheit als Arbeitsentgelt zu würdigen sind. Auch die Goodwillargumentation
führte im Übrigen nicht zu einem steuerfreien Kapitalgewinn. Ein von der Käuferin be-
zahlter Goodwill wäre diesfalls nämlich nicht von der F AG (bzw. der E AG) erschaffen
worden, sondern von der C AG, sodass im gleichen Umfang von steuerbaren geldwer-
ten Leistungen der C AG an die ausscheidenden Poolmitglieder auszugehen wäre.
Nicht gegen die Salärqualifikation des Aktienkaufpreises spricht sodann der
weitere Einwand, wonach dem Pflichtigen im Rahmen seines Arbeitsvertrages mit der
F AG bereits ein branchenüblicher Fixlohn sowie ein marktgerechter gewinnabhängiger
Bonus eingeräumt worden sei, womit kein Raum für eine Zusatzentschädigung verblei-
be. Im Bereich Corporate Finance ist die Salarierung von Spitzenkader bekanntermas-
sen gegen oben offen. Wurde dem Pflichtigen gemäss Lohnausweis pro 2006 (1.1. –
31.12.) von der F AG ein Nettolohn von Fr. 590'553.70 ausbezahlt, so lässt dies auch
unter Berücksichtigung seiner Stellung (Delegierter des Verwaltungsrats; vgl. Aktio-
närsbindungsvertrag vom 3. Januar 2006) ein Zusatzsalär von rund Fr. 1 Mio. pro Jahr
noch nicht aussergewöhnlich hoch erscheinen. Dies belegt auch der Umstand, dass
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dem Pflichtigen auch von der C AG allein für den Monat Februar 2006 noch ein Netto-
lohn von Fr. 296'728.- ausgerichtet worden ist (vgl. Lohnausweis 2006 der C AG).
ff) Nach alledem bleibt es dabei, dass die Lohnaufrechnung aus dem Aktien-
verkauf zu Recht erfolgt ist.
4. a) Die Pflichtigen haben am 5. Januar 2006 für Fr. 2 Mio. ein Wohnhaus in
G erworben (Liegenschaft Nr. von 972 m2; vgl. Kaufvertrag). In der Steuererklärung
2006 vom 18. März 2008 deklarierten sie diesbezügliche Unterhaltskosten per 2006
von Fr. 2'261'697.-. In der rektifizierten Deklaration vom 3. April 2008 gaben sie diese
Kosten noch mit Fr. 1'134'336.- an. Die Vorinstanz hat hiervon einen geschätzten Kos-
tenanteil von Fr. 171'900.- zum Abzug zugelassen, derweil die Pflichtigen die gesam-
ten Kosten gemäss rektifizierter Steuererklärung steuermindernd berücksichtigt haben
wollen.
b) Nach Art. 32 Abs. 2 Satz 1 DBG bzw. § 30 Abs. 2 Satz 1 StG können bei
Liegenschaften im Privatvermögen die Unterhaltskosten, die Versicherungsprämien
und die Kosten der Verwaltung durch Dritte abgezogen werden.
Nach Lehre und Rechtsprechung sind unter solchen Unterhaltskosten Aufwen-
dungen zu verstehen, deren Ziel nicht die Schaffung neuer, sondern die Erhaltung bis-
heriger Werte ist und die in längeren oder kürzeren Zeitabständen wiederkehren
(vgl. VGr, 18. September 1997, SB 97.00002; RB 1981 Nr. 55, beide auch zum Fol-
genden; Reimann/Zuppinger/Schärrer, Kommentar zum Zürcher Steuergesetz,
2. Band, 1963, § 25 N 40, 44 und 54; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 30 N 36 ff.
StG). Dazu gehören einerseits die Aufwendungen für den laufenden Unterhalt, wie
Kosten für Ausbesserungsarbeiten aller Art und Ersatzanschaffungen. Abzugsfähig
sind sodann auch Aufwendungen für periodische Renovationen grösseren Ausmasses
(Fassaden, Dachrenovation, zeitbedingte Änderung der Zentralheizung, Anpassung
der elektrischen Einrichtung an geänderte Vorschriften usw.). Mit anderen Worten sind
Unterhaltskosten im Sinn von Art. 32 Abs. 2 DBG bzw. § 30 Abs. 2 StG Kosten, die der
Instandhaltung des Grundstücks oder seiner Instandstellung dienen, d.h. der Nachho-
lung unterbliebener Instandhaltung (VGr, 22. April 1986 = StE 1987 B 44.13.1 Nr. 1;
Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 30 N 38 StG), sodass das Grundstück weiterhin –
allenfalls "modernisiert" – seinen bisherigen Verwendungszweck erfüllen kann. Geht
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indessen die Modernisierung darüber hinaus, steht sie einer Neueinrichtung gleich und
bewirkt, dass das Wohnhaus in einen besseren Zustand versetzt wird, d.h. in den Rang
eines besser ausgestatteten, wertvolleren Gebäudes mit wesentlich modernerer oder
modernster Ausgestaltung aufrückt, so gehören die Kosten der Modernisierung zum
nicht abzugsfähigen Herstellungsaufwand und sind sie nicht abzugsfähige Vermö-
gensanlage (RB 1972 Nr. 28, 1977 Nr. 49 mit Hinweisen; Richner/Frei/Kauf-
mann/Meuter, Art. 32 N 39 DBG und § 30 N 48 StG). Vorbehalten bleibt im hier betrof-
fenen Steuerjahr 2006 sodann die in der ganzen Schweiz noch anwendbare Dumont-
Praxis, gemäss welcher für Liegenschaften, die im vernachlässigten Zustand erworben
wurden, in den ersten fünf Jahren keine Instandstellungskosten abgezogen werden
dürfen (BGr, 2. Februar 2005 = StE 2005 A 23.1 Nr. 10). Die Unterhaltsmassnahmen
zielen letztlich darauf ab, die Liegenschaft langfristig in ertragsfähigem Zustand zu er-
halten (RB 1971 Nr. 32; Dieter Egloff in: Klöti-Weber/Siegrist/Weber, Kommentar zum
Aargauer Steuergesetz, 2004, § 39 N 38).
Nicht abzugsfähig sind demgegenüber die wertvermehrenden Aufwendungen,
d.h. Auslagen, welche im objektiv-technischen Sinn eine dauernde Vermehrung oder
Verbesserung des Grundstücks bewirken, insbesondere durch bauliche Veränderun-
gen (Einbau eines neuen Badezimmers, Bau einer Garage, Ausbau des Dachstocks,
Weg- und Strassenbauten; Reimann/Zuppinger/Schärrer, § 25 N 54). Dazu gehören
auch die Kosten einer zunächst mangelhaften Einrichtung, die nachträglich mit weite-
ren Kosten verbessert oder ausgewechselt werden muss (RB 1967 Nr. 27). Drängt sich
kurz nach der Fertigstellung eines Gebäudes eine Sanierung auf (z.B. infolge Hangab-
rutschung), handelt es sich bei diesen Sanierungskosten nicht um Unterhaltskosten;
diese Kosten stehen vielmehr in kausalem Zusammenhang mit der Gebäudeerstellung
(Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 30 N 49 StG). Nicht als Unterhaltskosten abzugsfä-
hig sind ferner Aufwendungen, die mit einer Gebäudeauskernung verbunden sind, und
jene Aufwendungen, welche ein Grundstück in einen besseren Zustand versetzen, d.h.
ein Haus in den Rang eines besser ausgestatteten, wertvolleren Gebäudes aufrücken
lassen (RB 1972 Nr. 28; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 30 N 48 StG). Sind wert-
vermehrende bauliche Massnahmen erbracht worden, sind auch Kosten für Anpas-
sungsarbeiten an bestehenden Einrichtungen wertvermehrend (Richner/Frei/Kauf-
mann/Meuter, § 221 N 40 StG).
c) Liegenschaftenunterhaltskosten sind steuermindernder Natur und daher vom
Steuerpflichtigen gesamthaft darzutun und nachzuweisen (RB 1987 Nr. 35). Umfassen
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Aufwendungen sowohl werterhaltende als auch wertvermehrende Anteile, was häufig
bei Umbauten an bestehenden Gebäuden der Fall ist, sind die Aufwendungen im
Umfang der werterhaltenden Anteile zum Abzug zuzulassen, während die wertvermeh-
renden Anteile nicht abzugsberechtigt sind; die Anteile sind diesfalls zu schätzen
(Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 32 N 45 DBG und § 30 N 46 StG). Dabei ist es
wiederum Sache der Steuerpflichtigen, die notwendigen Schätzungsgrundlagen zu
beschaffen. Hierzu bedarf es insbesondere genauer Angaben über die ausgeführten
Arbeiten und den Zustand und die Ausrüstung des Objekts vor und nach dem Umbau
(RB 1997 Nr. 51; VGr, 22. April 1986 = StE 1987 B 44.13.1 Nr. 1).
5. a) Im Rahmen der steuerbehördlichen Sachverhaltsuntersuchung erliess
der Steuerkommissär am 6. November 2009 die folgende Auflage:
"Umbau L, in G; Verkaufsbroschüre, Fotos vor und nach Renovation, detail-
lierte Sachdarstellung über die vorgenommenen Arbeiten, detaillierte Beschreibung
des Zustands der Liegenschaft vor der Renovation sowie Nachweis mittels geeigneter
Unterlagen, Kostenvoranschlag des Architekten bzw. Renovation, Bauabrechnung,
Gebäudeversicherungsschätzungen vor und nach Renovation, Pläne (Veränderungen
farblich markiert), Baueingabe."
Die Pflichtigen reichten dazu am 9. Februar 2010 zunächst einen schwarzen
Ordner mit diversen Unterlagen wie Kostenübersichten, Bauabrechnungen, Handwer-
kerrechnungen und Bauplänen ein, erfüllten damit aber die Auflage nur unvollständig.
Nachdem der Steuerkommissär am 17. Februar, 12. Juli und 26. August 2010 diverse
Auflagepunkte wiederholt bzw. deren Erfüllung gemahnt hatte, liessen die Pflichtigen
mit Eingabe vom 30. August 2010 noch geschossbezogene Ausführungsbeschriebe
sowie Fotos nachreichen.
Gestützt auf dieses Untersuchungsergebnis liess der Steuerkommissär im
Rahmen der Einschätzung bzw. Veranlagung lediglich nach pflichtgemässem Ermes-
sen geschätzte Kosten von Fr. 87'200.- zum Abzug zu. Dabei wies er darauf hin, dass
wohl diverse Rechnungskopien sowie Kostenaufstellungen vorgelegt worden seien;
Fotos, Verkaufsbroschüren und Sachdarstellungen, aus welchen der vormalige Zu-
stand ersichtlich sei, fehlten jedoch, weshalb der steuerlich abzugsfähige Unterhalt
nach pflichtgemässem Ermessen zu schätzen sei.
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b) Mit der Einsprache liessen die Pflichtigen noch weitere Ausführungs-
beschriebe und Fotos nachreichen. Die Vorinstanz erhöhte in der Folge im Einspra-
cheentscheid den streitigen Abzug auf Fr. 171'900.-. Dabei vertrat sie die Auffassung,
dass der Zustand des Ferienhauses vor der Sanierung auch unter Einbezug der nach-
gereichten Unterlagen unklar bleibe. Sodann habe der Neubauwert gemäss Schätzung
der Gemeinde G zwischen 2005 und 2008 um Fr. 1'629'800.- zugenommen, was wert-
vermehrend zu würdigen sei. Naturgemäss könnten die abzugsfähigen Unterhaltskos-
ten bei grösseren Sanierungen und Umbauten nicht exakt bestimmt werden. Für eine
Liegenschaft mit einer Bruttogeschossfläche von 237.4 m2 sollte eine Sanierung
der Böden, Wände, Küche, Fenster und Nasszellen den Rahmen von Fr. 300'000.-,
entsprechend 1/3 des bisherigen Gebäudeversicherungswerts, nicht übersteigen.
Im Verhältnis der Zahlungen 2006 und 2007 seien somit 57.3% von Fr. 300'000.-
(= Fr. 171'900.-) pro 2006 zum Abzug zuzulassen.
c) Beim fraglichen Wohnhaus handelt es sich um ein freistehendes Einfamili-
enhaus im Engadinerstil. Dieses weist eine Bruttogeschossfläche von 237 m2 auf. Er-
stellt wurde es gemäss Einspracheentscheid anfangs der 70er Jahre. Die letztere An-
gabe entstammt einer Auskunft der Bauverwaltung G, welcher zu entnehmen ist, dass
das seinerzeitige Baugesuch für das "Wochenendhaus" im April 1970 eingereicht wor-
den sei, was auf ein Baujahr 1970/71 schliessen lasse. Die Pflichtigen halten dem ent-
gegen, dass das Schätzungseröffnungsprotokoll das Baujahr 1985 ausweise; einen
diesbezüglichen Beleg haben sie indes nicht eingereicht und den Bündner Schät-
zungseröffnungen in den Steuerakten lässt sich kein Baujahr entnehmen (vgl. Beila-
gen). Unabhängig vom tatsächlichen Erstellungsjahr kann aber gesagt werden, dass
ein in den 70er- oder 80er-Jahren erstelltes "Wochenendhaus", welches anfangs 2006
für immerhin Fr. 2 Mio. gekauft worden ist, mit Bestimmtheit nicht in einem verwahrlos-
ten bzw. total baufälligen Zustand gewesen sein kann. Damit bleibt von vornherein kein
Raum für die Anwendung der Dumont-Praxis. Indes liegt auf der Hand, dass die von
den Pflichtigen unmittelbar nach dem Kauf getätigten Bauinvestitionen, welche per
2006 und 2007 behauptete Kosten von rund Fr. 2.6 Mio. auslösten, nicht blossen Re-
novations- bzw. Instandstellungs-charakter haben können, sondern schwergewichtig
als wertvermehrend qualifizieren. Dies ergibt sich denn auch aus der Gebührenverfü-
gung der Gemeinde G vom 22. Mai 2009, gemäss welcher der Gebäudewert vor dem
Umbau (7. September 2005) Fr. 937'000.- und danach (18. Juli 2008) Fr. 2'566'800.-
betragen hat (vgl. Ordner/Register 11). Die Pflichtigen stellen wertvermehrende Kos-
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tenanteile denn auch nicht in Frage, gehen aber unter Bezugnahme auf die Kostenab-
rechnung ihres Architekten davon aus, dass die Gesamtkosten von rund Fr. 2.6 Mio. im
Umfang von rund Fr. 2 Mio. als werterhaltend zu würdigen sind (vgl. Ordner, Abrech-
nungen und Übersichten vor dem Register).
d) In dieser Ausgangslage muss mit Blick auf eine Schätzung der abziehbaren
Unterhaltskosten zwangsläufig bekannt sein, in welchem Zustand das Haus vor den
ausgeführten baulichen Massnahmen war und worin die Letzteren genau bestanden
haben. Insoweit liegt der Sachverhalt jedoch weitgehend im Dunkeln. Die Pflichtigen
haben weder eine diesbezügliche detaillierte Gesamtschilderung abgegeben, noch
entsprechende aussagekräftige Beweismittel vorgelegt. Zur Feststellung des alten Zu-
stands wäre insbesondere die beim seinerzeitigen Kauf per Anfang 2006 mit Be-
stimmtheit vorhandene Verkaufsdokumentation (enthaltend bei einem Zweimillionenob-
jekt wohl auch eine Schätzung) hilfreich gewesen. Die selektiv eingereichten Fotos
(A4-Schwarzweisskopien) belegen sodann den Zustand vor und nach dem Umbau in
keiner Weise. Teilweise ist nicht einmal klar, ob die Fotos den alten oder neuen Zu-
stand aufzeigen. So wurden mit der Auflageantwort vom 30. August 2010 "Diverse
Photos nach der Sanierung" eingereicht, wobei die fotografierten Einrichtungen auf den
mit der Einsprache nachgereichten Fotos jedoch überwiegend mit "alt" bezeichnet
worden sind (vgl. z.B. die Fotos zum Cheminée und Treppenaufgang im Anhang der
zimmerbezogenen Baubeschriebe).
Aufschluss über die getätigten baulichen Massnahmen hätte sodann insbe-
sondere das Baugesuch mit den Bauplänen sowie die diesbezügliche Baubewilligung
gegeben. Trotz entsprechender Auflage haben die Pflichtigen diese im vorliegenden
Kontext unabdingbaren Unterlagen nicht vorgelegt. Eingereicht wurde nämlich nicht die
Originalbaubewilligung, sondern lediglich die Bewilligung betreffend nachträgliche Ab-
änderungspläne, welche vom 15. Oktober 2007 datieren (vgl. Baubescheid vom
20. November 2007 im Ordner/Register/12). Von Interesse wäre selbstredend aber das
in der letzteren Bewilligung erwähnte ursprüngliche "Baugesuch Nr. " samt Plänen und
Entscheid der Baubehörde gewesen. Immerhin eingereicht wurde das Bauabnahme-
protokoll zum bewilligten Ausgangsprojekt. Dieses lässt aber die getätigten baulichen
Massnahmen primär in wertvermehrendem Licht erscheinen. So ist im Betreff nämlich
von einem "Terrassenanbau" die Rede, während unter den Feststellungen ein neu er-
stellter Parkplatz und ein neuer Geländeverlauf erwähnt werden. Aufhorchen lässt so-
dann, dass am Schluss des Bauabnahmeprotokolls unter dem Titel "Bezug der Woh-
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nungen" festgehalten ist, dass "die Wohnungen" am 1. August 2007 bezogen worden
seien. Dies lässt sogar daran denken, dass das bestehende Einfamilienhaus womög-
lich nicht nur um einen Terrassenanbau erweitert, sondern in ein Haus mit zwei Woh-
nungen umgebaut worden ist. Dazu würde passen, dass im Telefonbuch heute an der
Adresse "L" zwei Festnetzanschlüsse aufgeführt sind (die Pflichtigen sowie ein gewis-
ser M; vgl. www.telsearch.ch).
Dass unter diesen Umständen der Anteil der abziehbaren Kosten mit werter-
haltendem Charakter nach pflichtgemässem Ermessen zu schätzen ist, steht ausser
Diskussion (Art. 130 Abs. 2 DBG; § 139 Abs. 2 StG). Zu prüfen bleibt damit, ob sich die
Ausführungen der Pflichtigen in Verbindung mit den vorgelegten Beweismitteln immer-
hin zum Nachweis eignen, dass die Schätzung der Vorinstanz mit Fr. 171'900.- zu tief
ausgefallen ist.
e) Eingereicht haben die Pflichtigen als Hauptbeweismittel zunächst den er-
wähnten Ordner, welcher die Bauabrechnung ihres Architekten enthält. Die Letztere
geht von Gesamtkosten von Fr. 2'592'656.- aus und verteilt diese auf verschiedene
Bereiche (Vorstudien, Rohbau 1 und 2, Ausbau 1 und 2, Honorare, Terraingestaltung,
Muster/Baunebenkosten). Die einzelnen Bereiche sind weiter in Baukostenarten unter-
teilt (z.B. Gipserarbeiten, Schlosserarbeiten, Schreinerarbeiten). Alle Positionen wer-
den schliesslich einerseits auf die Jahre 2006 und 2007 und andrerseits prozentual in
die Kategorien "werterhaltend" und "wertvermehrend" aufgeteilt.
aa) In den Ordnerregistern sind Architektenabrechnungen und Handwerker-
rechnungen zu den verschiedenen Bereichen abgelegt. Vollständig und beweistauglich
sind die Belege entgegen der Darstellung der Pflichtigen in Beschwerde und Rekurs
indes in keiner Weise. So wurde etwa zur Untermauerung der unter den Rohbau 2
aufgeführten Schreinerarbeiten im Gesamtbetrag von Fr. 718'556.- (davon 2006 =
Fr. 216'057.-) lediglich ein E-Mail betreffend verschiedene "Onlinebankingbelastungen
der I AG" vorgelegt; wie daraus auf das Vorliegen von in der Bauabrechnung vermerk-
ten werterhaltenden Schreinerarbeiten im Umfang von 80% des Gesamtbetrags (=
rund Fr. 575'000.-) geschlossen werden soll, ist schleierhaft. Überhaupt ist nicht nach-
vollziehbar, wie im Rahmen eines behaupteten gewöhnlichen Unterhalts Schreinerar-
beiten in einer solchen Höhe anfallen können. Dasselbe gilt für die Elektroanlagen,
deren Kosten ohne nähere Spezifikation mit Fr. 287'388.- (100% werterhaltend; davon
2006 = Fr. 182'920.-) angegeben werden; dies obwohl im eingereichten Werkvertrag
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zu den Elektroarbeiten etwa eine Position "Multimedia" mit Fr. 29'187.35 aufgeführt
wird. Dass auf die werterhaltenden Anteile in der Bauabrechnung des Architekten folg-
lich nicht abgestellt werden kann, zeigen auch andere stichprobenartige Beispiele: So
werden etwa auch die Schlosserarbeiten als zu 100% werterhaltend qualifiziert, obwohl
eine der im Ordner abgelegten Schlosserrechnungen den Einbau von Wärmestrahlern
auf dem Balkon ausweist. Dass eine entsprechende Balkoneinrichtung bereits im alten
Zustand existierte und zu erneuern bzw. zu ersetzen war, wird nicht einmal behauptet,
geschweige denn nachgewiesen. Gleiches gilt für das gemäss Sanitärrechnungen neu
eingebaute Dampfbad/Jacuzzi (mit Kühlschrank) im Betrag von Fr. 76'520.- (davon
2006 = Fr. 32'600.-, als 100% werterhaltend aufgeführt). All diese Beispiele legen na-
he, dass hier weniger Renovation und Instandstellung, als luxuriöse Modernisierung
mit Neubaucharakter betrieben worden ist.
bb) Im Übrigen ist zur Bauabrechnung festzuhalten, dass verschiedene Kos-
tenpositionen in keiner Weise spezifiziert sind. So werden etwa "äussere und innere
Malerarbeiten" im Betrag von Fr. 90'815.- aufgeführt und finden sich dazu im Ordner-
register aber bloss zwei inhaltslose Rechnungen der Malerei J aus dem Jahr 2007 mit
dem Betreff "A Konto Zahlung"; dies erlaubt keinerlei Rückschlüsse auf den Hinter-
grund der ausgeführten Arbeiten (Malerarbeiten an Bestehendem oder an neu erstell-
ten Bauteilen). Dass von diesen Fr. 90'815.- ein Anteil von Fr. 31'635.- pro 2006 ange-
fallen ist und im Umfang von 85% werterhaltend sein soll, ist damit eine nicht
überprüfbare Behauptung. Gleiches gilt für die Baumeisterarbeiten von insgesamt Fr.
614'446.- (davon 2006 = Fr. 504'525.-, werterhaltend angeblich 60%); gerade diesbe-
züglich wäre aber – zumal die Baupläne fehlen – von Interesse, ob und inwieweit die
raumbezogene Infrastruktur des Hauses (Mauern/Wände, Decken, Treppen) verändert
bzw. erweitert worden ist. Der Betreff "Aufmauern und Betonieren" auf der ansonsten
unspezifizierten Rechnung der K AG vom 28. September 2007 über Fr. 280'934.30
zeigt aber auf, dass es hier zum grossen Teil auch um wertvermehrende Erweiterun-
gen gegangen ist. Gleiches ergibt sich aus der weiteren Rechnung der K AG vom
28. September 2007 betreffend das Aufrichten einer neuen Schleppgaube in die Dach-
konstruktion.
cc) Insgesamt eignet sich der Bauabrechnungsordner für sich allein somit
nicht zur Schätzung der werterhaltenden Kostenanteile; in diesem Ordner nach sol-
chen Anteilen zu forschen, kann sodann nicht Aufgabe des Rekursgerichts sein.
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f) Weiterhelfen können den Pflichtigen damit allenfalls noch die in Ergänzung
zum Ordner nachgereichten geschoss- und raumspezifischen Baubeschriebe und
Werkverträge. Dazu ist zunächst festzuhalten, dass sich die Beschriebe vom 30. Au-
gust 2010, welche im Auflageverfahren eingingen, von denjenigen vom 1. Dezember
2010, welche mit der Einsprache nachgereicht wurden, unterscheiden. Die Beschriebe
decken sich dabei auch nicht mit den rudimentären Baubeschrieben in der Einsprache:
aa) Untergeschoss:
Der Einsprachebaubeschrieb lautet wie folgt:
- Ersatz von Wand- und Bodenbelägen, Sauna und Dusche
- Tankraum gemäss den behördlichen Auflagen instand gestellt
- Ersatz der Heizungsanlage und der Sanitärverteilung
- Ersatz (und Vergrösserung) des Garagentors
Gemäss den im Auflageverfahren eingereichten Beschrieben wurde im Unter-
schoss entgegen dieser nach blosser Renovation klingenden Beschreibung auch ein
luxuriös ausgestatteter Fitnessraum (mit Dampfbad, Jacuzzi, Kühlschrank etc.) einge-
baut; dies gemäss den Revisions-Bauplänen in einem neu erstellten Anbau unterhalb
der erdgeschossigen Terrasse. In den mit der Einsprache nachgereichten Unterge-
schossbeschrieben ist dieser Terrassenanbau nicht mehr aufgeführt, obwohl er ge-
mäss den Abrechnungen im Ordner (vgl. vorstehend) tatsächlich erstellt worden ist.
Dass sämtliche Arbeiten, welche diesen unter Eingriff ins gewachsene Terrain erstell-
ten Terrassenanbau betreffen, zu 100% wertvermehrend sind, versteht sich von selbst.
Im Übrigen lässt sich den (divergierenden) Beschrieben der Untergeschoss-
räume entnehmen, dass etwa Bodenbeläge aus PVC und Wände (Abrieb) durch Na-
turstein ersetzt worden sind; dabei wurde auch eine Bodenheizung zur Erwärmung des
Natursteinbodens eingebaut. Auch insoweit wurden demnach vorab Mehrwerte er-
schaffen.
Soweit in den Beschrieben auf Sanitär- und Elektroprojekte verwiesen wird,
wurden diese nicht vorgelegt. Die eingereichten Werkverträge helfen bei der Frage
nach dem Projektinhalt nicht weiter, weil sie lediglich Beträge auflisten (z.B. Sanitäran-
lagen Fr. 25'500.-). Aufschlussreich wären die in den Werkverträgen erwähnten Offer-
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ten gewesen, doch wurden diese wiederum nicht eingereicht. Entsprechende Fotos im
Anhang fehlen ebenfalls, weshalb davon auszugehen ist, dass im untergeschossigen
Sanitär- und Elektrobereich vorab luxuriöse Neuinstallationen erfolgt sind.
Werterhaltende Massnahmen sind am ehestens mit Bezug auf die Heizungs-
sanierung naheliegend. Diesbezüglich fehlt im Ordner jedoch die Rechnung der Hei-
zungsfirma; enthalten ist dort lediglich die "Schlussabrechnung" des Architekten vom
13. September 2007, welche für die "Arbeitsgattung Heizung" einen Gesamtbetrag von
Fr. 34'602.23 vermerkt. Ob diesbezüglich per 2006 Akontozahlungen geleistet worden
sind, lässt sich dieser Abrechnung aber nicht entnehmen.
Bei der im Untergeschoss bestehenden Garage wurde gemäss Beschrieb
unter Abbruch von Aussenmauern ein neues und grösseres Garagentor eingebaut. Die
dazu eingereichten Fotos zeigen die Grössenverhältnisse nicht genau auf, weshalb gut
möglich ist, dass eine Einzelgarage zur Doppelgarage erweitert worden ist; ein wert-
vermehrender Anteil ist aber auf jeden Fall auszuscheiden, so dass die in der Bauab-
rechnung aufgeführten Kosten (Fr. 17'465.-, davon 2006 Fr. 12'912.-) nicht als 100%
werterhaltend qualifiziert werden können.
bb) Erdgeschoss:
Der Einsprachebaubeschrieb lautet wie folgt:
- Ersatz der Cheminéeanlage
- Ersatz von Fenstern und Türen
- Ersatz von Wand- und Bodenbelägen
- Erneuerung der Decken
- Wanddämmungen
- Ersatz von sanitären Installationen
- Ersatz von Küche und Bad/WC
Auch hier gibt es Unterschiede in den Baubeschrieben. So ist beispielsweise
im Küchenbeschrieb vom 30. August 2010 von einer L-förmigen Küche die Rede, wäh-
rend der Beschrieb vom 1. Dezember 2010 eine U-förmige Küche anführt. Fotos, wel-
che Auskunft über den tatsächlichen Endausbau der Küche und insbesondere den
früheren Zustand gegeben hätten, wurden nicht eingereicht.
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Gleiches gilt mit Bezug auf das Bad/WC. Wiederum fehlen auch das Sanitär-
und das Elektroprojekt, auf welche in den Beschrieben verwiesen wird. Damit lassen
sich mit Bezug auf die Kosten für sanitäre und technische Installationen die werterhal-
tenden Anteile kaum abschätzen.
Den Beschrieben ist im Übrigen zu entnehmen, dass nahezu alle Wände neu
mit Holz verkleidet worden sind, was teilweise die bereits erwähnten hohen Schreiner-
kosten erklärt, aber auch für deren Zuordnung zu den wertvermehrenden Arbeiten
spricht. Gleiches gilt mit Bezug auf die im Erdgeschoss wiederum verschiedenenorts
eingebauten Natursteine.
Auch das neue Warmluftcheminée kann nicht einfach als werterhaltend
durchgehen, zeigen doch die diesbezüglich eingereichten Fotos, dass ein völlig intak-
tes, massiv gebautes Stein-Cheminée abgebrochen und durch ein modernstes Chemi-
néé mit geschliffenen Steinplatten ersetzt worden ist. Cheminéekosten per 2006 sind
zudem in der Bauabrechnung gar nicht aufgeführt.
Ähnlich wie beim Cheminée verhält es sich sodann bei der Treppe. Gemäss
Fotos zum Altzustand wurde ein intakter Wendeltreppenaufgang neu mit Bruchstein
verkleidet (so die Beschriebe, ein Foto zum neuen Zustand fehlt), weshalb von einer
normalen, dem Werterhalt dienenden Renovation nicht gesprochen werden kann.
Werterhaltende Anteile sind demgegenüber bei den Kosten für Bodenbeläge
naheliegend (Ersatz von Teppich durch Parkett), doch sind in der Bauabrechnung auch
diesbezüglich keine per 2006 angefallene Kosten ersichtlich. Ob entsprechende Kos-
ten womöglich im Rahmen der erwähnten Schreinerarbeiten angefallen sind, lässt sich
nicht sagen, weil entsprechende Abrechnungen fehlen.
Soweit sodann Decken (Abrieb) durch gestrichenen Weissputz ersetzt worden
sind, sind werterhaltende Anteile zuzugestehen, doch ist eine Quantifizierung wieder-
um nicht möglich, weil keine detaillierten Maler- und Gipserrechnungen vorliegen.
Schliesslich sind werterhaltende Massnahmen vor allem noch im Zusammen-
hang mit dem Ersatz von Fenstern, Fensterläden und Türen naheliegend. Bezüglich
Fenster und Fensterläden sind in der Bauabrechnung für das ganze Haus aber ledig-
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1 DB.2011.61 1 ST.2011.91
lich werterhaltende Kosten 2006 von Fr. 37'660.- bzw. Fr. 16'140.- aufgeführt. Zu den
ersetzen Türen finden sich wiederum keine Abrechnungen.
cc) Dachgeschoss:
Der Einsprachebaubeschrieb lautet wie folgt:
- Ersatz- von Wand- und Bodenbelägen, Fenstern und Türen
- Ersatz der Holzdecke mit gleichzeitigem Einbau von Wärmedämmungen
- Ersatz WC und Dusche
- Ersatz der Heizungsanlage und der Sanitärverteilung
- Erneuerung des Dachs
Weil keine aufschlussreichen Fotos und keine aussagekräftigen Baupläne
eingereicht worden sind, lässt sich zunächst nicht beurteilen, ob das Dachgeschoss vor
dem Umbau bereits zum Wohnen (oder bloss als Estrich) genutzt worden ist.
Was sodann die Wand- und Bodenbeläge sowie die Fenster und Türen anbe-
langt, kann auf die vorstehenden Ausführungen zum Erdgeschoss verwiesen werden.
Was mit Ersatz der Heizungsanlage (offenbar in Zimmer 2) gemeint ist, bleibt unklar,
denn das im Detailbeschrieb erwähnte Heizungsprojekt fehlt. Gemäss Revisionsplänen
könnte womöglich ein Schwedenofen eingebaut worden sein, was wertvermehrenden
Charakter hätte.
Die gemäss Revisionsbauplänen in die Dachschräge hineinragende Du-
sche/WC muss auf jeden Fall neu und damit wertvermehrend sein, weil auf einem Foto
zum Altzustand keine Dachöffnung erkennbar ist und wie bereits erwähnt aber eine
neue Schleppgaube erstellt worden ist.
dd) Aussen- und Umgebungsarbeiten:
Diesbezüglich wurden keine Beschriebe vorgelegt. Den Rechnungen im Ord-
ner ist aber zu entnehmen, dass das Schrägdach neu eingedeckt worden ist, wobei per
2006 entsprechende Dachdeckerkosten (BKP 224) von Fr. 35'000.- angefallen sein
sollen (davon ist ein Anteil von Fr. 29'750.- als werterhaltend aufgeführt). Ein Beleg für
die entsprechende Akontorechnung bzw. Zahlung fehlt indes.
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1 DB.2011.61 1 ST.2011.91
Gestrichen wurde offenbar auch die Fassade, wobei werterhaltende Kosten
per 2006 für "äussere Malerarbeiten" von Fr. 31'635.- vermerkt sind. Eine entspre-
chende Malerabrechnung fehlt jedoch und gemäss Architektenabrechnung betreffen
diese Malerkosten den Aussen- und Innenbereich, was wiederum Abgrenzungsfragen
aufwirft.
Kosten für Gärtnerarbeiten oder Terrainanpassungen (Erdbewegungen) wur-
den per 2006 nicht aufgeführt und hätten aber (soweit evt. in den unspezifizierten
Baumeisterarbeiten enthalten) von vornherein insoweit keinen werterhaltenden Cha-
rakter, als der Zusammenhang zum neuen Terrassenanbau naheliegt.
g) Zusammenfassend ergibt eine Durchsicht der vorliegenden Beweismittel,
dass das für Fr. 2 Mio. erworbene Wohnhaus einerseits eine luxuriöse Modernisierung
unter Verwendung von edlen Materialien (Natursteine, Holzverkleidungen etc.) und
andrerseits mit dem das Untergeschoss freilegenden Terrassenanbau und der
Schleppgaube im Dachgeschoss auch kostspielige räumliche Erweiterungen erfahren
hat. Auch im Bereich der Haustechnik (Sanitärbereich, Elektro/Licht/Multimedia etc.)
wurde nicht primär die bestehende Infrastruktur renoviert oder instand gestellt, sondern
verursachten modernste Neuinstallationen den zur Diskussion stehenden Kostenauf-
wand. Insgesamt wurde das Wohnhaus klarerweise in den Rang eines besser ausge-
statteten Gebäudes im obersten Luxussegment gehoben; dies zeigt denn auch der
massive Anstieg der Neuwertschätzung der Gemeinde G. Die Kosten für diese Moder-
nisierungen und neubauähnlichen Erweiterungen sind damit weitgehend als wertver-
mehrend bzw. als nicht abzugsfähige Vermögensanlage zu würdigen.
Gewisse werterhaltende Anteile sind den Pflichtigen immerhin insoweit zuzu-
gestehen, als grundsätzlich davon auszugehen ist, dass das im Kaufzeitpunkt 20 bis
30jährige Haus wohl eine erste umfassende Renovation mit periodisch wiederkehren-
dem Charakter nötig hatte. Zu denken ist in diesem Zusammenhang insbesondere an
innere und äussere Malerarbeiten (Wände und Decken) sowie an die Erneuerung von
Bodenbelägen, sanitären bzw. technischen Einrichtungen (Küche, Nasszellen, Hei-
zung) und Fenstern. Wenn die Vorinstanz entsprechende Anteile auf Fr. 300'000.- ge-
schätzt hat, was rund einem Drittel der ursprünglichen Neuwertschätzung entspricht,
erscheint dies nicht unangemessen, zumal mangels ausreichender Dokumentationen
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1 DB.2011.61 1 ST.2011.91
und mit Blick auf den Kaufpreis von Fr. 2 Mio. nicht einmal ganz ausgeschlossen wer-
den kann, dass das Haus in renoviertem Zustand gekauft wurde und damit angefallene
Baukosten (wie z.B. Kosten für den Ersatz einer neuen Küche aus Gründen der Ästhe-
tik) den Lebenshaltungskosten zuzuordnen wären. Soweit die Vorinstanz die ge-
schätzten Kosten nach dem Abrechnungsschlüssel der Pflichtigen auf die Steuerjahre
2006 und 2007 verteilt hat (= Fr. 171'900.- per 2006), erscheint dies ebenfalls als
sachgerecht. Die von den Pflichtigen selektiv eingereichten Unterlagen eignen sich
jedenfalls nicht zum Nachweis, dass höhere Kosten für werterhaltende bauliche Mass-
nahmen angefallen sind.
6. a) Diese Erwägungen führen zur Abweisung von Beschwerde und Rekurs.
b) Ausgangsgemäss sind die Verfahrenskosten den Pflichtigen je zur Hälfte
aufzuerlegen (Art. 144 Abs. 1 DBG, § 151 Abs. 1 StG) und entfällt die Zusprechung
einer Parteientschädigung (Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des Bundesge-
setzes über das Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember 1968 sowie § 152 StG i.V.m
§ 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997). | Public | Tax | de | 2,011 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
999e28e1-9a10-4687-b458-d5c1f975155e | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend der Pflichtige) war Eigentümer von 20 Aktien der B und
amtete als deren Geschäftsführer. Diese Gesellschaft wurde im Jahr 2000 gegründet
und betreibt Geschäfte im Web-Bereich. C, der frühere Verwaltungsratspräsident, be-
sass 40 Aktien. Im Herbst 2005 erwarben der Pflichtige und C von den zwei andern
Mitaktionären 30 bzw. 10 Aktien für Fr. 33'950.- pro Stück, sodass sie zusammen nun
alle Titel der B ihr eigen nannten. Der Vollzug des Kaufvertrags ein spezifisches Datum
im Herbst 2005 terminiert und unter die Bedingung gestellt, dass dannzumal der Ver-
kauf sämtlicher Aktien an die D erfolgen kann. In der Folge veräusserten der Pflichtige
und C in der Folge alle 100 Aktien der B an die D für Fr. 50'000.- pro Stück, unter der
Bedingung, dass sie zuvor die 40 Aktien von den zwei Mitaktionären erwerben konn-
ten. Gleichentags schloss der Pflichtige sodann mit der D einen Darlehensvertrag über
Fr. 1'500'000.- ab. Mit diesem Geld finanzierte der Pflichtige den Rückkauf von 30 Ak-
tien der B, was in einem Aktionärbindungsvertrag zwischen dem Pflichtigen, C und der
D von demselben Datum vereinbart wurde.
Nach Durchführung eines Auflageverfahrens, womit dieser Sachverhalt unter-
sucht wurde, schätzte der Steuerkommissär den Pflichtigen am 16. Oktober 2009 für
die Steuerperiode 2005 mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 1'354'800.- (Staats-
und Gemeindesteuern) bzw. Fr. 1'355'600.- (direkte Bundessteuer) ein. Dabei rechnete
er den Gewinn aus der Veräusserung der 50 Aktien der B an die D von Fr. 2'500'000.-
auf und zog davon die Gestehungskosten für die zuvor zugekauften 30 Aktien von den
Mitaktionären von Fr. 33'950.- pro Stück sowie für die eigenen 20 Aktien des Pflichti-
gen von Fr. 1'000.- pro Stück, den auf dem Gewinn geschuldeten AHV-Beitrag in Form
einer Rückstellung und weitere Kosten ab. Dergestalt resultierte ein Aufrechnungsbe-
trag von Fr. 1'306'350.-. Zur Begründung fügte der Steuerkommissär an, das Vorgehen
des Pflichtigen vor, während und nach dem Verkauf der fraglichen Aktien deute auf ein
gewerbsmässiges Handeln hin, sodass der Veräusserungsgewinn als solcher aus
Wertschriftenhandel bzw. selbstständiger Erwerbstätigkeit zu qualifizieren sei und der
Einkommenssteuer unterliege. Das steuerbare Vermögen für die Staats- und Gemein-
desteuer setzte er auf Fr. 440'000.- fest.
Die Veranlagung der direkten Bundessteuer wurde mit Steuerrechnung vom
6. November 2009 formell eröffnet.
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1 ST.2010.179 1 DB.2010.132
B. Hiergegen liess der Pflichtige am 17. November 2009 Einsprache erheben
und beantragen, von der Aufrechnung des Gewinns aus der Veräusserung der Aktien
der B abzusehen.
Das kantonale Steueramt hiess die Einsprachen am 19. Mai 2010 teilweise
gut, indem es höhere Gestehungskosten für die 20 vom Pflichtigen ursprünglich gehal-
tenen Aktien der B berücksichtigte (Fr. 33'950.- statt Fr. 1'000.- pro Stück) und die
AHV-Rückstellung dem verminderten Gewinn anpasste. Der aufgerechnete Betrag
reduzierte sich dadurch auf Fr. 792'500.- und das steuerbare Einkommen auf
Fr. 761'700.- (Staats- und Gemeindesteuern) bzw. Fr. 762'500.- (direkte Bundes-
steuer). Das steuerbare Vermögen erhöhte sich der geringeren AHV-Rückstellung ent-
sprechend auf Fr. 506'000.-.
C. Mit Rekurs bzw. Beschwerde vom 21. Juni 2010 liess der Pflichtige die
Einspracheanträge erneuern und die Zusprechung einer Parteientschädigung beantra-
gen.
Das kantonale Steueramt schloss am 29. Juli 2010 auf teilweise Gutheissung
der Rechtsmittel, indem der steuerbare Gewinn aus Veräusserung der fraglichen Akti-
en antragsgemäss um weitere Gestehungskosten auf Fr. 659'100.- zu reduzieren sei.
Auf die Ausführungen der Parteien in diesen Rechtsschriften sowie auf die
Begründungen der Einspracheentscheide ist – soweit erforderlich – in den nachfolgen-
den Erwägungen einzugehen.
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1 ST.2010.179 1 DB.2010.132 | Die Rekurskommission zieht in Erwägung:
1. a) Streitig ist, ob der vom Pflichtigen im Jahr 2005 erzielte Gewinn aus dem
Verkauf von Aktien steuerbares Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit im
Sinn von Art. 18 Abs. 1 und 2 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom
14. Dezember 1990 (DBG) bzw. § 18 Abs. 1 und 2 des Steuergesetzes vom 8. Juni
1997 (StG) oder steuerfreie private Kapitalgewinne im Sinn von Art. 16 Abs. 3 DBG
bzw. § 16 Abs. 3 StG darstellt.
b) Die Regelung des Zürcher Steuergesetzgebers ist die Nämliche wie im
Bundessteuerrecht. Art. 18 Abs. 1 und 2 DBG und § 18 Abs. 1 und 2 StG – ebenso wie
Art. 7 und 8 des Bundesgesetzes über Harmonisierung der direkten Steuern der Kan-
tone und Gemeinden vom 14. Dezember 1990 (StHG) – verwenden dieselben Begriffe
und haben im Wesentlichen den gleichen Inhalt. Der Begriff der selbstständigen Er-
werbstätigkeit kann unter dem Geltungsbereich des Steuerharmonisierungsgesetzes
im kantonalen Recht daher grundsätzlich nicht anders ausgelegt werden als auf dem
Gebiet der direkten Bundessteuer. Eine andere Auslegung – wie diejenige des Verwal-
tungsgerichts (vgl. StE 2010 B 23.1 Nr. 67) – würde dem Anliegen der vertikalen Steu-
erharmonisierung zuwiderlaufen und die mit dem Erlass des Steuerharmonisierungs-
gesetzes angestrebte Vereinfachung der Rechtsanwendung vereiteln (vgl. BGE 128 II
66 E. 4b und insbesondere BGr, 23. Oktober 2009 = StE 2010 B 23.1 Nr. 68 mit Ver-
weisungen). Der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts ist daher nicht zu folgen,
sondern derjenigen des Bundesgerichts als oberstes Gericht:
c) aa) Nach Art. 16 Abs. 1 DBG bzw. § 16 Abs. 1 StG unterliegen alle wieder-
kehrenden und einmaligen Einkünfte der Einkommenssteuer. Der Gesetzgeber hat
damit am bereits in Art. 21 Abs. 1 des Bundesratsbeschlusses vom 9. Dezember 1940
über die Erhebung einer direkten Bundessteuer (BdBSt) enthaltenen Grundsatz der
Gesamtreineinkommensbesteuerung festgehalten. Steuerfrei sind nach Art. 16 Abs. 3
DBG bzw. § 16 Abs. 3 StG die Kapitalgewinne aus der Veräusserung von Privatver-
mögen. Damit bestätigt das Gesetz ausdrücklich, was schon unter dem Bundesratsbe-
schluss über die Erhebung einer direkten Bundessteuer Gültigkeit hatte. Art. 18 Abs. 1
DBG bzw. § 18 Abs. 1 StG bestimmt, dass alle Einkünfte aus einem Handels-, Indust-
rie-, Gewerbe-, Land- und Forstwirtschaftsbetrieb, aus einem freien Beruf sowie jeder
anderen selbstständigen Erwerbstätigkeit steuerbar sind. Zu den Einkünften aus
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1 ST.2010.179 1 DB.2010.132
selbstständiger Erwerbstätigkeit gehören nach Art. 18 Abs. 2 DBG bzw. § 18 Abs. 2
StG auch alle Kapitalgewinne aus Veräusserung, Verwertung oder buchmässiger Auf-
wertung von Geschäftsvermögen (BGE 125 II 113 E. 4a).
bb) Wie das Bundesgericht erkannt hat, wollte der Gesetzgeber die Besteue-
rung der Einkünfte aus Erwerbstätigkeit, namentlich aus Liegenschaften- oder Wert-
schriftenhandel, im Vergleich zum früheren Recht nicht einschränken. Er hat vielmehr
bewusst eine Erweiterung gegenüber dem bisherigen Recht vorgenommen, indem er
die Kapitalgewinnsteuerpflicht aufgrund des Art. 18 Abs. 2 DBG bzw. § 18 Abs. 2 StG
auf den gesamten Bereich der selbstständigen Erwerbstätigkeit, d.h. auf alle Gegen-
stände des Geschäftsvermögens, ausgedehnt hat, während sie nach bisherigem Recht
aufgrund von Art. 21 Abs. 1 lit. d und f BdBSt auf buchführungspflichtige Unternehmen
beschränkt war (BGE 125 II 113 E. 5c mit Hinweis).
cc) Nach bisheriger und ständiger Praxis des Bundesgerichts zu Art. 21 Abs. 1
lit. a BdBSt unterliegen Gewinne aus der Veräusserung von Vermögensgegenständen
- namentlich Liegenschaften, Wertpapieren, Edelmetallen und Devisen - als Erwerbs-
einkommen der direkten Bundessteuer, wenn dabei eine Tätigkeit entfaltet wird, die in
ihrer Gesamtheit auf Erwerb gerichtet ist (vgl. statt vieler: BGE 122 II 446 E. 3 mit Hin-
weisen). Diese Praxis gilt grundsätzlich auch für das Bundesgesetz über die direkte
Bundessteuer (BGE 125 II 113 E. 5). Demnach sind steuerfreie private Kapitalgewinne
im Sinn von Art. 16 Abs. 3 DBG bzw. § 16 Abs. 3 StG nur diejenigen Gewinne, die im
Rahmen der schlichten Verwaltung privaten Vermögens entstehen, also ohne beson-
dere, in ihrer Gesamtheit auf Erwerb gerichtete Tätigkeit des Steuerpflichtigen, oder bei
einer sich zufällig bietenden Gelegenheit (BGE 125 II 113 E. 5e; BGr, 31. März 2002 =
StE 2003 B 23.1 Nr. 55 und 2. Dezember 1999 = ASA 69, 788, je mit Hinweisen).
Ob einfache Vermögensverwaltung oder auf Erwerb gerichtete Tätigkeit vor-
liegt, ist unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen.
Als Indizien für eine selbstständige Erwerbstätigkeit fallen nach der bisherigen Praxis
etwa in Betracht: Systematische oder planmässige Art und Weise des Vorgehens,
Häufigkeit der Transaktionen, kurze Besitzdauer, enger Zusammenhang mit der beruf-
lichen Tätigkeit der steuerpflichtigen Person, Einsatz spezieller Fachkenntnisse oder
erheblicher fremder Mittel zur Finanzierung der Geschäfte, Verwendung der erzielten
Gewinne bzw. deren Wiederanlage in gleichartige Vermögensgegenstände (vgl. dazu
BGr, 2. Dezember 1999 = ASA 69, 788 mit Hinweisen). Jedes dieser Indizien kann
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1 ST.2010.179 1 DB.2010.132
zusammen mit andern, unter Umständen jedoch auch allein zur Annahme einer selbst-
ständigen Erwerbstätigkeit im Sinn von Art. 18 DBG bzw. § 18 StG ausreichen. Dass
einzelne typische Elemente einer selbstständigen Erwerbstätigkeit im Einzelfall nicht
erfüllt sind, kann durch andere Elemente kompensiert werden, die besonders ausge-
prägt vorliegen. Entscheidend ist, dass die Tätigkeit in ihrem gesamten Erscheinungs-
bild auf Erwerb ausgerichtet ist (BGE 125 II 113 E. 3c.; BGr, 2. Dezember 1999 = ASA
69, 788; 12. November 2002 = ASA 73, 299; 13. November 2002 = ASA 73, 473 sowie
vom 31. März 2003 = StE 2003 B 23.1 Nr. 55).
Ob der Steuerpflichtige die Wertschriftengeschäfte selber oder durch einen
bevollmächtigen Dritten abwickelt, ist im Übrigen nicht von entscheidender Bedeutung;
das Wertschriftengeschäft erfordert in der Regel ohnehin den Beizug fachkundiger
Personen, deren Verhalten dem Steuerpflichtigen zugerechnet wird (BGE 122 II 446 E.
3b mit Hinweis).
dd) In einem neusten Entscheid hat das Bundesgericht seine für gewerbs-
mässigen Liegenschaften- und Wertschriftenhandel entwickelte Praxis dahingehend
präzisiert, dass beim Wertschriftenhandel die systematische und planmässige Vorge-
hensweise sowie der Einsatz spezieller Fachkenntnisse nur noch eine untergeordnete
Bedeutung haben. Dagegen sind die Kriterien der Höhe des Transaktionsvolumens
und der Einsatz erheblicher fremder Mittel stärker zu gewichten (BGr, 23. Oktober
2009 = StE 2010 B 23.1 Nr. 68, auch zum Folgenden, sowie Bestätigung im Urteil
2C_403/2009 und 2C_404/2009 vom 1. März 2010 E. 2.4). Dies aufgrund des Um-
stands, dass in den letzten Jahren sich bestimmte Kriterien durch eine dynamische
Entwicklung an den Finanzmärkten, welche in immer schnellerem Rhythmus neue und
moderne Finanzprodukte anbieten, an Bedeutung verloren haben, währenddem sich
andere Kriterien oder Indizien gleichzeitig als gewichtiger und entscheidender erwiesen
haben. Dergestalt gilt das Kriterium der "systematischen und planmässigen Vorge-
hensweise" bei näherer Betrachtung als nicht mehr sehr zeitgemäss, da diese Voraus-
setzung heute fast jede Person erfüllt, die sich – privat oder gewerbsmässig – mit
Wertschriftenhandel befasst. Das Gleiche gilt für die "speziellen Fachkenntnisse". Die-
se beiden Kriterien können bei der Beurteilung des gewerbsmässigen Wertschriften-
handels nur noch eine untergeordnete Bedeutung haben, namentlich im Sinn von Aus-
schlusskriterien.
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1 ST.2010.179 1 DB.2010.132
Dagegen treten die beiden Kriterien der "Höhe des Transaktionsvolumens"
(betragsmässige Summe aller Käufe und Verkäufe pro Kalenderjahr; vgl. schon Kreis-
schreiben Nr. 8 der ESTV zu Direkte Bundessteuer über den gewerbsmässigen Wert-
schriftenhandel vom 21. Juni 2005, Ziff. 2, wonach die Grenze beim Fünffachen des
Wertschriften- und Guthabenbestands zu Beginn der Steuerperiode liegen soll) sowie
der "Einsatz erheblicher fremder Mittel zur Finanzierung der Geschäfte" (vgl. Kreis-
schreiben, Ziff. 2 und 3.3) in den Vordergrund und sind neu stärker zu gewichten. Die
beiden letztgenannten Kriterien beruhen auf objektiven und quantifizierbaren Gege-
benheiten, was ihre Anwendung wesentlich erleichtert. Zudem werden diese beiden
Voraussetzungen von der Praxis – wenn auch mit Vorbehalten – als die tauglichsten
erachtet (BGr, 23. Oktober 2009 = StE 2010 B 23.1 Nr. 68).
3. a) Der Pflichtige hat in der Steuerperiode 2005 gleich mehrere Transaktio-
nen von Aktien der B durchgeführt: Zuerst erwarb er von zwei Mitaktionären je 15, d.h.
total 30 Titel. Danach veräusserte er diese Papiere zusammen mit seinen eigenen 20
Aktien an die D und kaufte in der Folge von der Letzteren 30 Titel wieder zurück. Das
dabei umgesetzte Transaktionsvolumen belief sich auf Fr. 1'018'500.- (= 30 x Fr.
33'950.-), Fr. 2'500'000.- (= 50 x Fr. 50'000.-) und Fr. 1'500'000.- (= 30 x Fr. 50'000.-),
total Fr. 5'018'500.-.
Dieses Volumen überstieg das per Ende 2004 bzw. per Anfang der streitbe-
troffenen Steuerperiode 2005 deklarierte Wertschriften- und Guthabenvermögen von
Fr. 38'282.- massiv und machte weit mehr als das Fünffache dieses Vermögens aus.
Damit war die Grenze, bis zu welcher gemäss Kreisschreiben der ESTV noch kein ge-
werbsmässiger Wertschriftenhandel vorliegt, an sich klar überschritten. Dabei gilt es
allerdings zu berücksichtigen, dass der Pflichtige die (ursprünglichen) 20 Aktien der B
per Ende 2004 nur mit Fr. 1.- deklarierte und dieser Wert angesichts des 2005 beim
Verkauf an die D realisierten Stückpreises von Fr. 50'000.- völlig unrealistisch tief war.
Setzte man letzteren Stückpreis ein, ergäbe sich ein Wertschriften- und Guthabenver-
mögen von Fr. 1'038'281.-, sodass mit dem Transaktionsvolumen von Fr. 5'018'500.-
die erwähnte Grenze des Fünffachen des deklarierten Wertschriften- und Guthaben-
vermögens gerade noch nicht erreicht war.
b) Im Weitern wickelte der Pflichtige insgesamt zwar drei Transaktionen ab,
jedoch war nur eine davon ein Verkauf und standen die zwei Käufe in zeitlich sowie
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geschäftlich engem Zusammenhang mit dieser: Ganz offenkundig ging es bei diesen
Transaktionen darum, die vom Pflichtigen selbst aufgebaute B als Ganzes an die D zu
verkaufen, den Pflichtigen als bisherigen Geschäftsführer mit entsprechendem Know
How zu behalten und ihm eine Minderheitsbeteiligung (von 30%) zu belassen. Dabei
erscheint nachvollziehbar, dass – wie der Pflichtige in Rekurs und Beschwerde glaub-
haft vorbringt – die D als grosses Unternehmen der Schweizerischen Webbranche
nicht daran interessiert war, für die (mehrheitliche) Übernahme der vergleichsweise
kleinen B mit allen Aktionären dieser Gesellschaft zu verhandeln, sondern allein mit
den einflussreichen bzw. aktiven Aktionären. Letztere waren der Pflichtige als Ge-
schäftsführer und C als Verwaltungsratspräsident, welche zusammen über die Aktien-
mehrheit (von 60%) bei der B verfügten. Daher erscheint nachvollziehbar, dass der
Pflichtige und C von den inaktiven Mitaktionären der B zuerst deren Anteile erwerben
mussten, um sie danach der D andienen zu können.
Das Bundesgericht hat sodann – von zwei der Steuerrekurskommission be-
kannten Ausnahmen abgesehen – bisher nur Fälle von Wertschriftenhandel entschie-
den, denen stets eine relativ grosse Anzahl von Käufen und Verkäufen zugrunde lagen
und die insbesondere auch wegen dieser Häufigkeit dem gewerbsmässigen Handel
zugeordnet wurden. Im ersten Ausnahmefall bildete nur ein einziges Verkaufsgeschäft
Anlass, um auf selbstständige Erwerbstätigkeit zu schliessen (BGr, 9. Juli 1999 =
StE 1999 B 23.1 Nr. 43). Dabei wurde aber ein ungleich höherer Verkaufserlös als vor-
liegend, nämlich von über Fr. Mio., erzielt, kamen Fremdmittel in der gleichen Höhe
zum Einsatz und erwies sich das Vorgehen des Steuerpflichtigen auch sonst als be-
sonders riskant. Letztere Kriterien sind – wie noch zu zeigen sein wird – beim Pflichti-
gen bei Weitem nicht erfüllt. Beim zweiten Fall ging es ebenfalls nur um ein
Verkaufgeschäft (BGr, 1. September 2004, 2A.23/2004). Jedoch handelte es sich beim
Steuerpflichtigen um einen Bankdirektor und späteren unabhängigen Finanzberater,
d.h. um einen im Wertpapierhandel kundigen Fachmann, welcher mit seinem Fachwis-
sen die nach und nach erworbene Holdinggesellschaft im Wert stetig gesteigert und
danach mit grossem Gewinn verkauft hat. Solche Verhältnisse liegen beim Pflichtigen,
der wohl in der Webbranche, nicht aber im Handel mit Wertschriften versiert ist
(vgl. nachfolgend E. 3.e), nicht vor. Demnach kann mit der Rechtsprechung des Bun-
desgerichts nicht gesagt werden, diesem sei Gewerbsmässigkeit zu unterstellen, ob-
wohl er nur ein Verkaufsgeschäft abgewickelt hat.
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Bis zum Kauf der 30 Aktien von den Mitaktionären im Jahr 2005 ist der Pflicht-
ige im Weitern unstreitig nicht in der Art und Weise eines Wertschriftenhändlers im
Sinn der einschlägigen Praxis des Bundesgerichts tätig gewesen. Gemäss den Erwä-
gungen in den Einspracheentscheiden hat er seine ursprünglichen 20 Aktien der B bis
zu diesem Zeitpunkt vielmehr "unauffällig und passiv" verwaltet mit der Folge, dass die
Vorinstanz die 20 Titel bis dann seinem Privatvermögen zuordnete. Nach dem Verkauf
an die D hat er alsdann einen Teil der Aktien wieder zurückgekauft, jedoch ohne weite-
re Käufe oder Verkäufe zu tätigen. Damit hatte der Pflichtige ausser dem einen fragli-
chen Aktienverkaufsgeschäft keine andern Wertschriften veräussert, sodass er aus
dieser Sicht nicht als gewerbsmässiger Wertschriftenhändler gilt.
c) Der Pflichtige und C haben den Aktienverkauf an die D davon abhängig
gemacht, dass sie vorgängig die 40 Titel der beiden andern Mitaktionäre zu einem
Preis von maximal Fr. 1'500'000.- (= Fr. 37'500.- pro Stück) erwerben konnten (Ziff. 3.1
des Aktienkaufvertrags mit der D). Gegenüber diesen beiden Mitaktionären hatten sie
sich umgekehrt nur zum Kauf der 40 Titel verpflichtet, wenn der Vertrag mit der D zu-
stande kommt. Auf diese Weise und weil sie mit der D einen Verkaufspreis von
Fr. 50'000.- pro Stück abgemacht hatten, gingen sie sowohl beim Zukauf der Aktien
von den Mitaktionären als auch bei Veräusserung der ganzen Gesellschaft keinerlei
Risiko ein: Entweder kam es zur Veräusserung der B an die D und sie konnten dabei
einen Gewinn realisieren, der als Folge des höheren Preises des Aktienverkaufs ge-
genüber dem Preis für die zugekauften Titel von vornherein garantiert war, oder die
Veräusserung kam nicht zustande, ohne dass sie die Aktien der Mitaktionäre zu erwer-
ben brauchten. Bei den ursprünglich eigenen Aktien war die Gewinnaussicht gar voll-
umfänglich gesichert, da an Gestehungskosten nur das gezeichnete Aktienkapital zu
berücksichtigen war. Ein solch risikoarmes Vorgehen lässt eher auf die umsichtige
Verwaltung eigenen Vermögens (Beteiligung bzw. Unternehmen) denn auf ein solches
eines gewerbsmässigen Wertschriftenhändlers mit entsprechender Risikobereitschaft
schliessen.
d) Den Kauf der 30 Titel von den Mitaktionären hat der Pflichtige nicht mit
Fremdkapital unterlegt. Zwar verfügte er über die für den Erwerb dieser Aktien notwen-
digen finanziellen Mittel von Fr. 1'018'500.- auch nach eigenem Bekunden nicht, jedoch
löste er das Finanzierungsproblem dadurch, dass er den Kaufpreis für diese Titel erst
nach erfolgreichem Vollzug des Verkaufsvertrags mit der D zu erlegen hatte und von
Letzterer für die insgesamt 50 veräusserten Aktien garantierte Fr. 2'500'000.- verein-
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nahmen konnte. Von einer Fremdfinanzierung der verkauften Beteiligung kann daher
keine Rede sein. Dies gilt umso mehr, als er von den 50 veräusserten Titeln 20 Stück
schon bei der Gründung erworben hatte und dabei – soweit ersichtlich – wiederum kein
Fremdkapital eingesetzt hat. Selbst wenn er dies getan hätte, läge mit Fr. 20'000.- kei-
ne erhebliche und damit keine ins Gewicht fallende Fremdfinanzierung vor. Dass er
den nach Veräusserung an die D erfolgten Rückkauf von 30 Aktien für Fr. 1'500'000.-
mit einem Darlehen der D bewerkstelligte bzw. vom Verkaufserlös von Fr. 2'500'000.-
einen Betrag von Fr. 1'500'000.- als Darlehen stehen liess, ändert daran nichts.
e) Als Geschäftsführer, der die B gegründet und aufgebaut hatte, hat der
Pflichtige zwar ohne Zweifel über profunde Kenntnisse der Webbranche verfügt, wel-
che er beim Verkauf der B gewinnbringend einsetzen konnte, jedoch ist damit das Kri-
terium der "speziellen Fachkenntnisse" im Sinn der bisherigen bundesgerichtlichen
Rechtsprechung keineswegs erfüllt. Denn mit diesen Fachkenntnissen meint das
oberste Gericht nicht solche, welche die veräusserte Beteiligung betreffen, sondern
solche des Wertschriftenhandels selber. Diese Fachkenntnisse sind primär bei Ban-
kern, Anlageberatern und sonstigen Finanzdienstleistern vorhanden. Dass der Pflichti-
ge bzw. sein Berater bei Veräusserung der B an die D über solche Kenntnisse verfügt
hat, behauptet das kantonale Steueramt nicht und fehlen auch entsprechende Anhalts-
punkte für eine entsprechende Annahme.
f) Der Pflichtige ist beim Verkauf der B an die D zweifelsohne insofern plan-
mässig vorgegangen, als er und C für die Abwicklung der drei Transaktionen insge-
samt fünf Verträge mit den Beteiligten abgeschlossen und diese Verträge derart von
einander abhängig ausgestaltet haben, dass sie kein Risiko eingehen mussten sowie –
im Fall eines Verkaufs – nur gewinnen konnten. Indessen gereicht ihm dies nicht zum
Vorwurf, ging es ihm dabei doch glaubhaft in erster Linie darum, sein über Jahre auf-
gebautes Unternehmen an einen Konzern der gleichen Branche zu verkaufen und un-
ter diesem Dach sowie unter seiner Mitwirkung weiter gedeihen zu lassen. Dass er
dabei auch einen Gewinn erzielen wollte, ist nachvollziehbar und legitim. Zudem räumt
das Bundesgericht dem Kriterium des planmässigen Vorgehens nach dem Gesagten
ohnehin keinen massgeblichen Stellenwert mehr ein, da diese Voraussetzung heute
auch bei fast allen Personen gegeben ist, die sich nur privat mit der Vermögensverwal-
tung befassen.
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1 ST.2010.179 1 DB.2010.132
g) Zusammenfassend ergibt sich damit, dass die beiden wichtigsten Kriterien
für das Vorliegen von gewerbsmässigem Wertschriftenhandel, d.h. ein entsprechend
hohes Transaktionsvolumen und die Unterlage des Kaufs der veräusserten Wertschrif-
ten mit Fremdkapital, nicht erfüllt sind. Abgesehen davon hat der Pflichtige nur gerade
ein einziges Verkaufsgeschäft getätigt, ohne dass spezielle Umstände vorliegen, die
sein Vorgehen trotzdem als ein solches eines gewerbsmässigen Wertschriftenhändlers
mit einer weit grösseren Anzahl an Geschäften erscheinen lassen. Er hat bei diesem
einen Geschäft zudem im Gegenteil einen sehr risikoarmen Weg beschritten, weil es
ihm dabei primär um die Veräusserung seines "eigenen" Unternehmens an einen Kon-
zern der nämlichen Branche ging und er in diesem Unternehmen auch unter dem Dach
der neuen Eigentümerschaft weiterhin tätig sein wollte. Sodann liegen beim Pflichtigen
auch keine besonderen Fachkenntnisse des Wertschriftenhandels vor. Lediglich die
Planmässigkeit der Geschäftsabwicklung spräche für gewerbsmässiges Handeln, je-
doch handelt es sich dabei – wie erwähnt – um einen nicht mehr zeitgemässen und
daher schwachen Anhaltspunkt, der nur noch als Ausschlusskriterium Anwendung fin-
det.
4. Nach alledem sind Rekurs und Beschwerde gutzuheissen. Ausgangsge-
mäss sind die Kosten des Verfahrens dem Rekursgegner/der Beschwerdegegnerin
aufzuerlegen (Art. 144 Abs. 1 DBG, § 151 Abs. 1 StG). Dem Pflichtigen ist eine ange-
messene Parteientschädigung zuzusprechen (§ 152 StG i.V.m. § 17 Abs. 2 des Ver-
waltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997, Art. 144 Abs. 4 DBG
i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren vom
20. Dezember 1968). | Public | Tax | de | 2,010 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
99bbf6ad-a0cd-4f9b-849b-e97438cfa6df | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend der Pflichtige) war Inhaber von 41 Aktien der 1999 gegrün-
deten B AG mit Sitz in Zürich. Die restlichen 59 Aktien gehörten C. (...) 2008 war der
Pflichtige Präsident des Verwaltungsrats und CFO, C Mitglied des Verwaltungsrats und
CEO der B AG.
Mit Aktienkaufvertrag vom 17. Juni 2008 (nachfolgend AKV) veräusserten der
Pflichtige und C 80 Aktien an die D Holding AG; die Aufteilung der abzugebenden Akti-
en unter den Verkäufern war ihnen überlassen. Der Kaufpreis wurde auf Fr. 5 Mio.
festgesetzt, wovon Fr. 2 Mio. hinterlegt wurden. Der Aktienkaufvertrag sah zudem den
Abschluss eines Aktionärsbindungsvertrags sowie neuer Arbeitsverträge mit dem
Pflichtigen und C vor, welche Verträge gleichzeitig unterzeichnet wurden. In Ziff. 7.1.3
des AKV war weiter vorgesehen, dass ein Verkäufer, welcher vor Ablauf eines Jahrs
ab Vollzug aus der Gesellschaft austritt, diese mit Fr. 500'000.- bzw. bei Austritt vor
Ablauf des zweiten Jahrs mit Fr. 250'000.- zu entschädigen hat. Im Aktionärsbindungs-
vertrag war u.a. ein auf zwei Jahre befristetes Konkurrenzverbot für den Pflichtigen und
C vorgesehen, mit einer Konventionalstrafe von Fr. 500'000.- bei jeder Verletzung.
Weiter wurde am selben Tag noch ein "Escrow"-Vertrag unterzeichnet, welcher die
Bedingungen der Freigabe der hinterlegten Fr. 2 Mio. des Kaufpreises regelte. In der
Folge wurden 33 der 80 verkauften Aktien vom Pflichtigen gestellt.
In der Steuererklärung 2008 behandelte der Pflichtige seinen Anteil am Ver-
kaufserlös als privaten Kapitalgewinn. Mit Veranlagungs- bzw. Einschätzungsvorschlag
für die Steuerperiode 2008 vom 6. Oktober 2010 sah der Steuerkommissär indessen
vor, das deklarierte Einkommen um Fr. 500'000.- zu erhöhen. Er begründete dies da-
mit, dass ein Teil des Kaufpreises auf das Konkurrenzverbot entfalle und in diesem
Umfang als Einkommen steuerbar sei. Der Pflichtige liess dies mit Schreiben vom
26. Januar 2011 bestreiten. Mit Auflage vom 22. November 2013 verlangte der Steuer-
kommissär weitere Angaben und Unterlagen, welche am 2. Dezember 2013 eingingen.
Am 14. Mai 2014 veranlagte der Steuerkommissär den Pflichtigen für die di-
rekte Bundessteuer 2008 mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 585'900.- und
schätzte ihn für die Staats- und Gemeindesteuern 2008 mit einem steuerbaren Ein-
kommen von Fr. 585'600.- sowie einem steuerbaren Vermögen von Fr. 2'512'000.- ein.
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1 DB.2014.148 1 ST.2014.184
Dabei rechnete er entsprechend den Vorschlägen Fr. 500'000.- als "weitere Einkünfte"
auf. Neu stützte er sich auf die Regelung von Ziff. 7.1.3 des AKV über die pauschale
Entschädigung bei frühzeitigem Austritt. Darin sei eine Entschädigung für die Verpflich-
tung zur Weiterarbeit und Nichtkonkurrenzierung zu erkennen.
B. Hiergegen erhob der Pflichtige am 13. Juni 2014 Einsprache mit dem An-
trag, die angefochtenen Entscheide aufzuheben und auf die Aufrechnung von
Fr. 500'000.- zu verzichten. Die Umqualifizierung der Konventionalstrafe in eine Ent-
schädigung für das Konkurrenzverbot habe keine Grundlage. Die Rückzahlung bei
Austritt der Verkäufer habe dazu gedient, den dadurch entstehenden Schaden zu er-
setzen, und sei deshalb nicht als Einkunft steuerbar. Gemäss seinen Kenntnissen wür-
den nach gängiger Praxis solche Vereinbarungen in Steuerrulings jeweils akzeptiert.
Der Entscheid stelle eine unzulässige Praxisänderung dar.
Das kantonale Steueramt wies die Einsprachen am 3. Juli 2014 ab.
C. Mit Beschwerde bzw. Rekurs vom 4. August 2014 wiederholte der Pflichti-
ge den Einspracheantrag; eventualiter sei eine Untersuchung über die Höhe der steu-
erbaren Einkünfte durchzuführen; unter Kosten- und Entschädigungsfolgen. Die Be-
gründung entsprach weitgehend der Einsprache. Das kantonale Steueramt schloss am
18. August 2014 auf Abweisung der Rechtsmittel. Die Eidgenössische Steuerverwal-
tung beantragte am 24. Oktober 2014 bezüglich der Beschwerde ebenfalls Abweisung. | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. a) Gemäss Art. 16 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die direkte Bundes-
steuer vom 14. Dezember 1990 (DBG) bzw. § 16 Abs. 1 des Steuergesetzes vom
8. Juni 1997 (StG) unterliegen der Einkommenssteuer alle wiederkehrenden und ein-
maligen Einkünfte mit Ausnahme der Kapitalgewinne aus der Veräusserung von Pri-
vatvermögen. Steuerbar sind nach Art. 17 Abs. 1 DBG bzw. § 17 Abs. 1 StG insbeson-
dere alle Einkünfte aus privatrechtlichen oder öffentlich-rechtlichen Arbeits-
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1 DB.2014.148 1 ST.2014.184
verhältnissen mit Einschluss der Nebeneinkünfte wie Entschädigungen für Sonderleis-
tungen, Provisionen, Zulagen, Dienstalters- und Jubiläumsgeschenke, Gratifikationen,
Trinkgelder, Tantiemen und andere geldwerte Vorteile. Leistungen, welche der Steuer-
pflichtige nicht vom Arbeitgeber, sondern von Dritten erhält, sind ebenfalls dem Ar-
beitseinkommen zuzurechnen, wenn sie ihm im Zusammenhang mit dem Arbeitsver-
hältnis ausgerichtet worden sind (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar
zum DBG, 2. A., 2009, Art. 17 N 37 DBG, und Kommentar zum Zürcher Steuergesetz,
3. A., 2013, § 17 N 37 StG). Steuerbar sind nach Art. 23 lit. c DBG bzw. § 23 lit. c StG
ferner Entschädigungen für Konkurrenzverbote (Zigerlig/Jud, in: Kommentar zu
Schweizerischen Steuerrecht, Band I/2 a, 2. A., 2008, Art. 23 N 15a DBG).
Steuerfrei sind die Kapitalgewinne aus der Veräusserung von beweglichem
Privatvermögen (Art. 16 Abs. 3 DBG; § 16 Abs. 3 StG). Solche ergeben sich dadurch,
dass der Mehrwert eines obligatorischen oder dinglichen Vermögensrechts beim Aus-
scheiden aus dem Vermögen der bisher berechtigten Person durch Umwandlung in ein
(auch wirtschaftlich betrachtet) anderes Vermögensrecht realisiert wird (Rich-
ner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 16 N 152 DBG und § 16 N 118 StG).
Beim Verkauf von personenbezogenen Aktiengesellschaften kann sich die
Frage der Abgrenzung zwischen Kaufpreis und Entschädigungen für weitere Leistun-
gen stellen, wenn sich der Verkäufer gleichzeitig verpflichtet, weiterhin für die verkaufte
Gesellschaft tätig zu sein. Eine Entschädigung hierfür wäre nicht mehr Teil des Kapi-
talgewinns, sondern als Einkunft zu betrachten und entsprechend zu besteuern. Bei
der Abgrenzung ist nicht allein auf den Wortlaut der getroffenen Verträge abzustellen,
sondern sind alle Umstände in Betracht zu ziehen. Im Entscheid BGr, 16. Juni 2005,
2P.69/2005 bzw. 2P.269/2003 beurteilte deshalb das Bundesgericht es nicht als will-
kürlich, eine solche Entschädigungskomponente für die Weiterbeschäftigung aus dem
Kaufpreis auszuscheiden, da eine Ungleichbehandlung der verkaufenden Anteilsinha-
ber bezüglich des Kaufpreises festgestellt wurde, welche der weiterhin für das Ver-
kaufsobjekt tätige Steuerpflichtige nicht erklären konnte. Eine solche Entschädigung
wurde ebenfalls in einem Fall angenommen, bei welchem sämtliche Aktien einer Ge-
sellschaft am selben Datum übertragen wurden, die letzte Kaufpreistranche von 20%
aber erst zwei Jahre nach Zustandekommen des Vertrages fällig wurde und unter der
Bedingung stand, dass ein Konkurrenzverbot eingehalten wurde (StRG, 4. Februar
2011, 1 DB.2010.235 + 1 ST.2010.330). Die Verletzung des Konkurrenzverbots hätte
demnach die Käuferin von der Bezahlung der letzten Tranche des Kaufpreises befreit,
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1 DB.2014.148 1 ST.2014.184
während der Verkauf der Aktien gleichwohl als vollzogen gegolten hätte. Folglich war
diese letzte Tranche des Kaufpreises im Ergebnis nicht als Kaufpreiszahlung, sondern
als Entschädigung für die Einhaltung eines vertraglichen Konkurrenzverbots zu qualifi-
zieren und unterlag damit der Einkommenssteuer.
Demnach gilt es in solchen Fällen zu prüfen, ob sich aus den Verträgen An-
haltspunkte dafür ergeben, dass die zukünftige Arbeitsleistung entschädigt wird. Mithin
ist zu untersuchen, ob die Verträge Klauseln enthalten, welche den Verbleib des Ver-
käufers garantierten bzw. die Käuferin bei dessen Weggang schadlos halten sollen.
Dies kann geschehen durch positive (wie zukünftige Leistungen bei Verbleib) oder ne-
gative Anreize (wie Konventionalstrafen, bedingte Preisrückleistungsverpflichtungen
bei Weggang).
b) Nach der allgemeinen Beweislastregel haben die Steuerbehörden den
Nachweis zu erbringen, dass ein Steuerpflichtiger bestimmte Einkünfte erzielt hat, da
es sich hierbei um einen steuerbegründenden Umstand handelt. Der Nachweis eines
Vermögenszuflusses begründet sodann die natürliche Vermutung, dass dieser steuer-
bares Einkommen darstellt. Die Vermutung kann vom Steuerpflichtigen entkräftet wer-
den, indem er den Gegenbeweis erbringt, dass nämlich die zugeflossenen Einkünfte
kein steuerbares Einkommen darstellen (wie z.B. Vorliegen eines steuerfreien Kapital-
gewinns aus der Veräusserung beweglichen Privatvermögens). Liegt allerdings ein
Kaufvertrag im Bereich des Privatvermögens vor, begründet dies zunächst die tatsäch-
liche Vermutung, dass der verurkundete Kaufpreis nur ein solcher und nicht etwa auch
ein Entgelt für weitere Leistungen des Verkäufers darstellt. Diese tatsächliche Vermu-
tung lässt in steuerrechtlicher Hinsicht den gesamten Veräusserungserlös als Kapital-
gewinn erscheinen. Der allgemeinen Beweislastregel folgend, obliegt daraufhin die
Behauptung und der Nachweis dafür, dass die Gegenleistung ganz oder teilweise kei-
ne Kaufpreisqualität besitzt, den Steuerbehörden.
c) Nachdem im AKV der gesamte Betrag von Fr. 5 Mio. als Kaufpreis be-
zeichnet wird, obliegt dem kantonalen Steueramt die Beweislast für seine Behauptung,
dass darin auch als Einkünfte zu besteuernde Arbeitsentgelte enthalten sind. Hierzu
stützt es sich u.a. auf Ziff. 7.1.3 des AKV (T-act. 10):
"Sollte ein Verkäufer vor Ablauf von zwei (2) Jahren seit Vollzug, aus Gründen,
die ausschliesslich er selbst zu vertreten hat, nicht mehr für die Gesellschaft tä-
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1 DB.2014.148 1 ST.2014.184
tig sein ("Austritt"), so hat dieser austretende Verkäufer die Käuferin für den der
Käuferin dadurch entstandenen Schaden pauschal mit einem Betrag von
Fr. 250'000.-, falls der Austritt im 2. Jahr nach Vollzug erfolgt, und von
Fr. 500'000.-, falls der Austritt im 1. Jahr nach Vollzug erfolgt, zu entschädigen.
[...] Als "Austritt" gemäss dieser Ziffer 7.1.3 gilt unter anderem: Todesfall,
krankheits- oder unfallbedingte Abwesenheiten von mehr als 4 Monaten insge-
samt. Bei krankheits- oder unfallbedingten Abwesenheiten von mehr als 1 Mo-
nat bis zu 4 Monaten (pro Jahr) hat der jeweilige Verkäufer die Käuferin für die
Dauer der Abwesenheit pro rata, basierend auf den obigen Schadenersatzbe-
trägen, zu entschädigen. Bei Abwesenheiten von bis zu einem Monat (pro Jahr)
sind keine Entschädigungen geschuldet bzw. diese werden nicht zur Dauer ei-
ner Abwesenheit angerechnet. [...]"
Im Escrow-Vertrag vom 17. Juni 2008 finden sich hierzu weitere Bestimmun-
gen. Demnach hatte die Käuferin Fr. 2 Mio. des Kaufpreises auf ein Konto zu hinterle-
gen, über welches die Parteien nur gemeinsam verfügen konnten. Die Auszahlung des
Betrags erfolgte 18 Monate nach dem Vollzug des AKV, mit Ausnahme der genannten
Pauschalbeträge. Hierzu hält Ziff. 5.1 lit. b fest:
"sollten nach Ablauf eines Jahres seit Vollzug des AKV beide Verkäufer noch
für die Gesellschaft tätig sein, dann sind CHF 500'000, und falls nur noch einer
der beiden Verkäufer für die Gesellschaft tätig sein sollte, CHF 250'000 innert
10 Tagen seit Ablauf dieses Jahres an die Verkäufer auszubezahlen; sollten
nach Ablauf von zwei Jahren seit Vollzug des AKV beide Verkäufer noch für die
Gesellschaft tätig sein, dann sind CHF 500'000, und falls nur noch einer der
beiden Verkäufer für die Gesellschaft tätig sein sollte CHF 250'000 innert 10
Tagen seit Ablauf dieses 2. Jahres an die Verkäufer auszuzahlen;"
Während Ziff. 7.1.3 des AKV den Eindruck erweckt, es handle sich jeweils um
von den Verkäufern zu bezahlende Schadenersatzleistungen, wird aus Ziff. 5.1 des
Escrow-Vertrags klar, dass es sich effektiv um eine gestaffelte Auszahlung eines Teils
des Kaufpreises handelt, wobei die Auszahlung von der Weiterführung der Erwerbstä-
tigkeit für die Gesellschaft abhängig gemacht wird. Mithin wird die Auszahlung eines
Teils des Kaufpreises unmittelbar mit der Weiterarbeit des Pflichtigen und von C ver-
bunden. Eine solche Verknüpfung lässt sich nicht anders interpretieren, als dass damit
ein Anreiz zur Weiterarbeit geschaffen werden soll. Der unter dem Vorbehalt ausbe-
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1 DB.2014.148 1 ST.2014.184
zahlte Geldbetrag stellt damit nicht eine Gegenleistung für die Übertragung der Aktien
dar – diese wird davon überhaupt nicht berührt –, sondern für eine Arbeitsleistung. Sie
ist deshalb als entsprechende steuerbare Einkunft zu qualifizieren.
Diese Betrachtungsweise wird auch durch die weiteren Umstände untermau-
ert. So fällt auf, dass die fragliche Auszahlung eines Restkaufpreises auch bei Todes-
fall und langandauernder Krankheit entfällt und bei Krankheit unter vier Monaten ent-
sprechend gekürzt wird. Damit besteht ein direkter Zusammenhang zwischen der
Dauer der Erbringung der Arbeitsleistung und der Höhe der Auszahlung. Weiter fällt in
Betracht, dass die Aufteilung der Geldsumme nicht den Aktienanteilen entspricht. Von
den mit dem AKV veräusserten 80 Aktien stammten nur 33 Aktien vom Pflichtigen,
während die übrigen 47 Aktien von C gestellt wurden. Davon abweichend nehmen Ziff.
7.1.3 des AKV sowie Ziff. 5.1 lit. b des Escrow-Vertrags eine hälftige Aufteilung der
(Aus-)Zahlungen vor. Dies entspricht proportional den vereinbarten Gehältern, haben
doch beide Aktionäre ab Verkauf ein Jahresgehalt von Fr. 150'000.- brutto bezogen.
Dies legt nahe, dass für die Festsetzung der Höhe der Auszahlung gemäss Escrow-
Vertrag auf ihre Eigenschaft als Arbeitnehmer und nicht als Verkäufer Bezug genom-
men wurde. Dem scheint einzig zu widersprechen, dass – wie aus dem Schreiben des
Pflichtigen vom 12. September 2009 zu schliessen ist – für die Aufteilung der erhalte-
nen Summe letztlich doch auf die Aktienanteile abgestellt wurde. Dabei handelt es sich
indessen um eine interne Übereinkunft zwischen den beiden Verkäufern, auf welche
die Käuferin keinen Einfluss hat und insbesondere auch nicht von ihr vorgegeben wur-
de.
Ergibt sich somit die Qualifikation der genannten Zahlungen als steuerbare
Einkünfte bereits aus Ziff. 5.1 des Escrow-Vertrags, kann offen bleiben, ob damit auch
das Konkurrenzverbot abgegolten wurde.
d) Was der Pflichtige dagegen einwendet, überzeugt nicht:
Er macht geltend, dass Sinn und Zweck der Bestimmung über die Schadlos-
haltung im AKV darin bestanden habe, einen allfälligen Schaden der Käuferin zu ver-
meiden bzw. zu kompensieren. Die Gesellschaft sei mit rund 30 Mitarbeitern (18 Voll-
zeitstellen) familiär strukturiert gewesen und das mittlere Management sei mit
überwiegend jungen und in Bezug auf den Arbeitsmarkt flexiblen Mitarbeitern besetzt
gewesen. Durch einen Abgang der beiden Verkäufer sollten nicht weitere Mitarbeiter in
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1 DB.2014.148 1 ST.2014.184
Schlüsselpositionen die Gesellschaft verlassen und der Käuferin somit einen Schaden
entstehen.
Dagegen ist vorab einzuwenden, dass – wie bereits erwähnt – die Auszahlung
der hinterlegten Beträge nicht nur bei Weggang entfallen wäre, sondern auch bei
Krankheit und Todesfall. Weshalb ein solcher Vorfall zu Kündigungen anderer Mitarbei-
ter hätte führen sollen, ist nicht ersichtlich. Aber selbst wenn es der Käuferin darum
gegangen wäre, mit dieser Regelung einen durch den Weggang der Verkäufer entste-
henden Schaden auszugleichen, hilft ihr dies nicht weiter. Zwar leuchtet ein, dass mit
einem Know-How-Verlust zu rechnen gewesen wäre, welcher der Gesellschaft wirt-
schaftlich geschadet hätte. Gestützt auf die konkrete vertragliche Ausgestaltung ist
aber – wie bereits erwähnt – zu schliessen, dass dieser Schaden eben gerade durch
eine Bindung der Verkäufer an die Gesellschaft vermieden werden sollte; die Scha-
densmilderung durch Einsparung der betreffenden Zahlung stellt bloss Nebeneffekt der
getroffenen Lösung dar. Weiter liegen auch keine Berechnungen vor, welche die Höhe
der zurückgehaltenen Beträge mit einem zu erwartenden Schaden unterlegen würden.
e) Soweit der Pflichtige der Vorinstanz eine Praxisänderung vorwirft, ist nicht
ersichtlich, worin diese Praxis bestanden haben soll, macht er doch hierzu keine Aus-
führungen. Zudem ist zu schliessen, dass sich dieser Vorwurf einzig auf die Frage der
steuerlichen Behandlung von Konkurrenzverboten bezieht. Da dieses für das vorlie-
gende Ergebnis nicht relevant ist, ist darauf nicht weiter einzugehen.
f) Der Eventualantrag auf Rückweisung an die Vorinstanz zwecks Durchfüh-
rung eines Beweisverfahrens über die Höhe des steuerbaren Einkommens wird mit
keinem Wort begründet. Der aufzurechnende Betrag ergibt sich zudem klar aus den
vorliegenden Verträgen. Auch auf den Eventualantrag ist daher nicht weiter einzuge-
hen.
2. Aufgrund der gestaffelten Freigabe der hinterlegten Geldbeträge stellt sich
aber die Frage, in welcher Steuerperiode diese zu erfassen sind.
a) Das steuerbare Einkommen bemisst sich bei natürlichen Personen nach
den Einkünften in der Steuerperiode (Art. 210 Abs. 1 DBG bzw. § 50 Abs. 1 StG), wo-
bei als Steuerperiode das Kalenderjahr gilt (Art. 209 Abs. 2 DBG bzw. § 49 Abs. 2
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1 DB.2014.148 1 ST.2014.184
StG). Einkünfte sind demnach einer bestimmten Bemessungsperiode zuzurechnen.
Das Gesetz regelt jedoch nicht, wie dies zu erfolgen hat. Nach ständiger Rechtspre-
chung werden einer bestimmten Steuerbemessungsperiode alle steuerbaren Einkünfte
zugerechnet, die dem Steuerpflichtigen in dieser Zeitspanne mit der Wirkung zugegan-
gen sind, dass sie seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit gesteigert haben (RB 1981
Nr. 56 = ZBl 1982, 314, auch zum Folgenden). Einkünfte sind zugeflossen, sobald der
Rechtserwerb vollendet ist, der Steuerpflichtige also einen festen Rechtsanspruch auf
das Vermögensrecht erworben hat, dessen Erfüllung nicht besonders unsicher ist
(Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 210 N 22 DBG und § 50 N 20 StG). Ein Unselbst-
ständigerwerbender erzielt sein Erwerbseinkommen in der Regel in derjenigen Perio-
de, in der er seine Arbeitsleistung erbringt, da er damit einen festen und frei verfügba-
ren Anspruch auf sein Gehalt erwirbt. Die Lohnforderung entsteht deshalb fortlaufend
mit der Erbringung der Arbeitsleistung, wird aber regelmässig erst am Ende des Mo-
nats fällig (Art. 323 Abs. 1 OR). Am Monatsende ist daher der vertragliche Lohnan-
spruch gesichert und das entsprechende Einkommen grundsätzlich realisiert (Rich-
ner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 210 N 34 DBG und § 50 N 29 StG).
Nur unbedingte Leistungsansprüche sind als realisiertes Einkommen zu be-
trachten. Es gilt jedoch zu differenzieren: Bei aufschiebend (supensiv) bedingten
Rechtsgeschäften bleibt der Erwerb von Einkommen bis zum Eintritt eines künftigen
Ereignisses in der Schwebe, so dass der Einkommenszufluss erst in dem Zeitpunkt
erfolgt, in welchem der Schwebezustand wegfällt und feststeht, dass der Empfänger
das fragliche Einkommen ohne weitere Gegenleistung behalten kann. Er erhält mit
Abschluss des aufschiebend bedingten Vertrags erst eine Anwartschaft auf die ihm
zugedachten Rechte (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 210 N 29 ff. DBG und § 50
N 26 ff. StG, mit Verweisen auch zum Folgenden). Hingegen erfolgt der Einkommens-
zufluss bei auflösend (resolutiv) bedingten Rechtsgeschäften schon beim Erwerb; ein
Einkommenszufluss ist nur zu verneinen, wenn das auflösende Ereignis unmittelbar
bevorsteht.
b) Gemäss Ziff. 3.3.1 lit. b des AKV überwies die Käuferin Fr. 2 Mio. auf ein
"Escrow"-Konto. Dieses wurde am 16. Juni 2008 bei der CS eröffnet und lautete auf
die beiden Verkäufer sowie die D Holding AG. Gemäss Ziff. 3.2 und 4 lit. a des Escrow-
Vertrags hatten jeweils nur die Vertreter der Käuferin und die Verkäufer zusammen
Zugriff auf das Konto bzw. die Verfügungsmacht darüber. Die Voraussetzungen der
Auszahlung waren in Ziff. 5.1 des Escrow-Vertrags umschrieben. Demnach hatte diese
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1 DB.2014.148 1 ST.2014.184
erst nach Zugang und gemäss gemeinsamen und übereinstimmenden schriftlichen
Instruktionen der Verkäufer und der Käuferin zu erfolgen (lit. a; auch zum Folgenden).
Die hinterlegte Summe sollte 18 Monate nach Vollzug des AKV bezahlt werden, sofern
die Käuferin keine Gewährleistungsansprüche geltend macht, und unter Vorbehalt der
vorliegend streitigen Zahlungen gemäss der bereits zitierten Ziff. 5.1 lit. b. Damit konn-
te aber der Pflichtige 2008 über den ihm zustehenden Anteil am hinterlegten Betrag
noch nicht verfügen und fiel die Beschränkung erst mit dem Eintritt der Bedingung weg.
Dieser Vertragsgestaltung ist als Suspensivbedingung zu qualifizieren.
c) Damit ist der hinterlegte und als Arbeitsentgelt zu qualifizierende Geldbe-
trag von Fr. 500'000.- dem Pflichtigen 2008 noch gar nicht zugeflossen; dies erfolgte
erst mit Erfüllung der Bedingung, und zwar entsprechend dem Aktienkaufvertrag bzw.
dem Escrow-Vertrag gestaffelt 2009 und 2010 zu je Fr. 250'000.-. Die Vorinstanz hat
deshalb den Betrag von Fr. 500'000.- zu Unrecht in der Steuerperiode 2008 besteuert.
3. Dasselbe gilt bei den Staats- und Gemeindesteuern mit Bezug auf das
steuerbare Vermögen. Der Anteil des Pflichtigen am hinterlegten Geldbetrag stellte
2008 eine blosse Anwartschaft dar und ist deshalb von ihm noch nicht zu versteuern.
Dies betrifft nicht nur den Anteil, welcher als Entgelt für die Arbeitsleistung zu qualifizie-
ren ist, sondern den gesamten Betrag. Das steuerbare Vermögen ist deshalb um den
deklarierten Anteil von Fr. 825'000.- zu korrigieren. Anzufügen ist, dass 2008 kein Zins
fällig wurde und der Steuerkommissär deshalb die vom Pflichtigen deklarierten Zinsen
gestrichen hat. Es ergibt sich deshalb kein weiterer Korrekturbedarf mit Bezug auf den
Vermögensertrag.
4. Gestützt auf diese Erwägungen sind die Beschwerde bzw. der Rekurs gut-
zuheissen. Ausgangsgemäss sind die Verfahrenskosten der Beschwerdegegnerin bzw.
dem Rekursgegner aufzuerlegen (Art. 144 Abs. 1 DBG und § 151 Abs. 1 StG). Dem
Pflichtigen steht jedoch trotz seines Obsiegens keine Parteientschädigung zu (Art. 144
Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren
vom 20. Dezember 1968 bzw. § 152 StG i. V. m. § 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechts-
pflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997 [VRG]), hat er doch den zur Aufhebung
des Entscheids führenden Mangel nicht einmal gerügt (VGr, 5. Februar 1992,
SB 90/0032; VGr, 5. September 1991, SB 91/0021 und 91/0026).
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1 DB.2014.148 1 ST.2014.184 | Public | Tax | de | 2,015 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
99fec926-d2f0-41da-ab3b-1cc93f0bde4c | hat sich ergeben:
A. A und B (nachfolgend die Pflichtigen) sind hauptberuflich als Unterneh-
mensberater tätig und bei der C AG angestellt. Ausserdem arbeiten sie im Sinn einer
Nebenerwerbstätigkeit bei der vom Pflichtigen geführten D GmbH, welche Dienstleis-
tungen im Bereich der Informationsverarbeitung für Unternehmen – namentlich für die
C AG – erbringt.
In der Steuerperiode 2009 deklarierten die Pflichtigen ein steuerbares Ein-
kommen von Fr. 169'958.- für die direkte Bundessteuer bzw. von Fr. 173'167.- für die
Staats- und Gemeindesteuern. Darin enthalten waren ihre (Brutto-)löhne von der C AG
von Fr. 149'607.- bzw. Fr. 75'997.-, nicht aber die Einkünfte aus der Nebenerwerbstä-
tigkeit bei der D GmbH von je Fr. 18'000.-. Letztere hatten die Pflichtigen unter Anwen-
dung des vereinfachten Abrechnungsverfahrens gemäss Art. 37a des Bundesgesetzes
über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990 (DBG) bzw. § 37a des Steuer-
gesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) bereits versteuert (Quellensteuer). Das deklarierte
steuerbare Vermögen der Pflichtigen für die Staats- und Gemeindesteuern 2009 belief
sich auf Fr. 472'753.- (satzbestimmend Fr. 551'385.-).
Mit Veranlagungsverfügung bzw. Einschätzungsentscheid vom 16. Au-
gust 2011 setzte der Steuerkommissär das steuerbare Einkommen für die direkte Bun-
dessteuer 2009 auf Fr. 201'100.- und für die Staats- und Gemeindesteuern 2009 auf
Fr. 204'300.- (satzbestimmend Fr. 205'600.-) fest. Dabei hatte er die Einkünfte der
Pflichtigen aus der Nebenerwerbstätigkeit bei der D GmbH von insgesamt Fr. 36'000.-
zum steuerbaren Einkommen aufgerechnet, da er die Anwendung des vereinfachten
Abrechnungsverfahrens auf diese Einkünfte als Steuerumgehung qualifizierte. Das
steuerbare Vermögen setzte er deklarationsgemäss fest.
B. Die hiergegen erhobene Einsprache der Pflichtigen wies das kantonale
Steueramt mit Entscheiden vom 6. März 2012 ab.
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C. Am 28./31. März 2012 erhoben die Pflichtigen Beschwerde bzw. Rekurs
und stellten folgende Anträge:
"Der Einspracheentscheid vom 6. März 2012 sei aufzuheben.
Die Aufrechnung der bereits ordnungsgemäss im vereinfachten Verfahren
versteuerten Einkünfte aus Nebenerwerb von 2 x 18'000 CHF sei rückgängig
zu machen.
Den Beschwerdeführern/Rekurrenten sei eine bescheidene Aufwandsent-
schädigung von CHF 2'000 zuzusprechen."
Mit Beschwerde-/Rekursantwort vom 2./3. Mai 2012 beantragte das kantonale
Steueramt Abweisung der Rechtsmittel unter Kostenfolge. Die Eidgenössische Steuer-
verwaltung liess sich nicht vernehmen. | Die Einzelrichterin zieht in Erwägung:
1. Die Einkünfte der Pflichtigen in Höhe von je Fr. 18'000.- für ihre Tätigkeit bei
der D GmbH wurden von der Sozialversicherungsanstalt (SVA) Zürich im vereinfachten
Abrechnungsverfahren abgerechnet. Strittig ist vorliegend einzig, ob dies zu Recht ge-
schah oder, ob diese Einkünfte in das ordentliche Veranlagungsfahren einzubeziehen
sind.
2. a) Das vereinfachte Abrechnungsverfahren ist in Art. 37a DBG bzw. § 37a
StG geregelt (vgl. auch Art. 11 Abs. 4 StHG). Danach ist die Steuer für kleine Arbeits-
entgelte aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit ohne Berücksichtigung der übrigen
Einkünfte, allfälliger Berufskosten und Sozialabzüge zu einem Satz von 0.5 % bzw.
4.5 % zu erheben (je Abs. 1). Vorausgesetzt wird, dass der Arbeitgeber die Steuer im
Rahmen des vereinfachten Abrechnungsverfahrens nach den Art. 2 und 3 des Bun-
desgesetzes über Massnahmen zur Bekämpfung der Schwarzarbeit vom 17. Juni 2005
(BGSA) entrichtet. Die nach diesem System ermittelten und abgeführten Steuern treten
an die Stelle der ordentlicherweise geschuldeten Steuern, womit es sich bei diesen
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Steuern um echte Quellensteuern handelt (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkom-
mentar zum DBG, 2. A., 2009, Art. 37a N 2 DBG).
b) Nach Art. 1 BGSA soll mit diesem Gesetz die Schwarzarbeit bekämpft wer-
den. Zu diesem Zweck sieht es administrative Erleichterungen sowie Kontroll- und
Sanktionsmassnahmen vor. Der Geltungsbereich des Gesetzes wird in Art. 2 BGSA
festgelegt. Danach können Arbeitgeber die Löhne der in ihrem Betrieb beschäftigten
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im vereinfachten Verfahren abrechnen, sofern
der einzelne Lohn den Grenzbetrag nach Art. 7 des Bundesgesetzes über die berufli-
che Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge vom 25. Juni 1982 (AHVG) nicht
übersteigt (lit. a); die gesamte jährliche Lohnsumme des Betriebes den zweifachen
Betrag der maximalen jährlichen Altersrente der AHV nicht übersteigt (lit. b) und die
Löhne des gesamten Personals im vereinfachten Verfahren abgerechnet werden
(lit. c). Die Schwelle gemäss lit. a betrug im hier relevanten Jahr 2009 Fr. 20'520.-; die
maximale Lohnsumme gemäss lit. b Fr. 54'720.- (Ziff. 3 des Merkblatts der Informati-
onsstelle AHV/IV betr. Vereinfachtes Abrechnungsverfahren für Arbeitgeber, Stand
1. Januar 2009).
c) Die Vorinstanz hat die Anwendbarkeit des vereinfachten Abrechnungsver-
fahrens bei der D GmbH im Wesentlichen deshalb verneint, weil die Pflichtigen nicht
zur Gruppe geringfügiger unselbstständiger Einkommen bzw. zur Gruppe der geringen
Pensen oder der gelegentlich Erwerbstätigen gehörten und zudem wirtschaftlich be-
trachtet Arbeitgeber und Arbeitnehmer in einer Person seien, wohingegen Art. 2 BGSA
von zwei unabhängigen Personen ausgehe. Subsidiär sei das gewählte Vorgehen
rechtsmissbräuchlich. In ihren Rechtsschriften bestreiten die Pflichtigen das Vorliegen
einer Steuerumgehung und vertreten die Auffassung, die Auslegung des BGSA durch
die Vorinstanz sei falsch.
3. a) Die C AG bezweckt gemäss Handelsregister-Auszug die Beratung und
Unterstützung bei der kommunikativen, organisatorischen und technischen Nutzung
der Ressource Information. Die Pflichtigen sind hauptberuflich bei der C AG als Unter-
nehmensberater angestellt, wobei der Pflichtige als Präsident und die Pflichtige als
Mitglied des Verwaltungsrats amten. Weiteres VR-Mitglied der C AG ist E. Von den
200 Namenaktien der C AG halten die Pflichtigen 133 Stück, wobei ein Aktionärsbin-
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1 DB.2012.74 1 ST.2012.85
dungsvertrag mit dem weiteren Aktionär E bestehen soll. Danach werde für alle Ent-
scheide Einstimmigkeit verlangt. Die C AG und E waren Gesellschafter der F GmbH,
welche die Erbringung von Organisations-, IT- und Personaldienstleistungen für
Unternehmen, Unternehmer, Manager und Berater bezweckte. Per 28. Januar 2009
wurde diese GmbH umfirmiert zur D GmbH, mit dem Zweck der Beratung und der
Erbringung von Dienstleistungen im Bereich Informationsverarbeitung für Unterneh-
men. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der D GmbH ist seither der Pflichti-
ge (www.zefix.ch). Gemäss Wertschriftenverzeichnis halten die Pflichtigen sämtliche
200 Stammanteile der D GmbH.
b) Nach ihrer eigenen Darstellung übernahmen die Pflichtigen die brachlie-
gende F GmbH (die spätere D GmbH) von der C AG zum Nominalwert, mit dem Ziel,
diese GmbH aktiv zu betreiben. Ausgangspunkt sei es gewesen – so die Pflichtigen
zusammengefasst – den Personalverwaltungsaufwand der C AG auszulagern. Das
Leistungsspektrum der D GmbH sei im Bereich der niederpreisigen Backoffice-
Dienstleistungen für Unternehmen definiert worden. Diese Dienstleistungen könnten
ortsunabhängig erbracht werden, verlangten nur geringe Anfangsinvestitionen und be-
schränkten sich auf die Verarbeitung von Informationen. Damit sei sichergestellt gewe-
sen, keine Überlappung mit dem Leistungsbereich der C AG zu haben.
c) Der Pflichtige erzielte bei der C AG im Jahr 2009 einen Bruttolohn von
Fr. 149'607.-; die Pflichtige kam auf einen Verdienst von Fr. 75'997.- brutto. Dabei wa-
ren beide als Unternehmensberater tätig. Vom Arbeitgeber D GmbH rechnete die SVA
Zürich bei den Pflichtigen im vereinfachten Verfahren je einen steuerbaren Lohn von
Fr. 18'000.- ab. Diese Löhne resultierten insbesondere aus Verwaltungsarbeiten für die
C AG. Nach Angaben der Pflichtigen sei für die Mitarbeitenden der D GmbH eine mit
der C AG ("konkret: E") ausgehandelte Administrationspauschale fakturiert worden.
4. a) Es fragt sich, ob die Einkünfte der Pflichtigen bei der D GmbH als "kleine
Arbeitsentgelte aus unselbständiger Erwerbstätigkeit" im Sinn von Art. 37a DBG bzw.
§ 37a StG zu qualifizieren sind.
Am Rande ist hier zu bemerken, dass es vorliegend um die Auslegung und
Anwendung der genannten steuerrechtlichen Bestimmungen geht und nicht um die
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direkte Anwendung des BGSA, weshalb entgegen der Ansicht der Pflichtigen von
vornherein keine "Kompetenzüberschreitung" vorliegt.
b) Ausgangspunkt jeder Gesetzesauslegung bildet der Wortlaut der Bestim-
mung. Ist der Text nicht ganz klar, und sind verschiedene Auslegungen möglich, so
muss nach seiner wahren Tragweite gesucht werden unter Berücksichtigung aller Aus-
legungselemente. Abzustellen ist namentlich auf die Entstehungsgeschichte der Norm
und ihren Zweck sowie auf die Bedeutung, die der Norm im Kontext mit den anderen
Bestimmungen zukommt. Das Bundesgericht hat sich bei der Auslegung von Erlassen
stets von einem Methodenpluralismus leiten lassen und hat nur dann allein auf den
Wortlaut abgestellt, wenn sich daraus zweifelsfrei die sachlich richtige Lösung ergibt
(BGr, 21. Januar 2008, 2A.372/2006 [www.bger.ch], E. 4.1, mit Hinweisen). In einem
neueren Entscheid hat das Bundesgericht festgehalten, die Auslegung des Gesetzes
sei auf die Regelungsabsicht des Gesetzgebers und die von ihm erkennbar getroffenen
Wertentscheidungen auszurichten. Vom aus dem Wortlaut abgeleiteten Sinn sei abzu-
weichen, wenn triftige Gründe dafür bestünden, dass der Gesetzgeber diesen nicht
gewollt haben konnte. Verbindlich für das Gericht seien zwar nur die Normen selber;
die Gesetzesmaterialien könnten aber bei der Auslegung ein wertvolles Hilfsmittel sein
(vgl. BGE 136 I 297 E. 4.1).
c) Der Wortlaut "kleine Arbeitsentgelte aus unselbständiger Erwerbstätigkeit"
ist nicht bereits aus sich heraus klar und daher auszulegen.
aa) Die Einführung von Art. 37a DBG bzw. § 37a StG erfolgte im Rahmen der
Ergreifung von Massnahmen zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und als Folge der
Inkraftsetzung des BGSA. Deshalb kommt dem BGSA und auch dessen Entstehungs-
geschichte bei der Auslegung der steuerrechtlichen Bestimmungen, welche das verein-
fachte Abrechnungsverfahren betreffen, eine massgebliche Bedeutung zu.
Unter Schwarzarbeit versteht man im Allgemeinen eine entlöhnte oder selb-
ständige Arbeit, welche in Verletzung von Rechtsvorschriften ausgeübt wird, insbeson-
dere in Umgehung der Gesetzgebung über Steuern, Sozialversicherung, Wettbewerb
sowie des Ausländerrechts (vgl. ausführlich dazu Botschaft zum BGSA vom 16. Janu-
ar 2002, BBl 2002, 3605 ff.). Auf eine Definition der Schwarzarbeit im BGSA wurde
letztlich verzichtet. Die Eidgenössischen Räte beschränkten sich auf die Festlegung
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des Kontrollgegenstands (vgl. Art. 6 BGSA; zur Beratung vgl. Curia Vista Datenbank,
Geschäft 02.010, www.parlament.ch).
bb) Betreffend den Anwendungsbereich des BGSA wurde in der Botschaft
ausgeführt, namentlich bei geringfügigen unselbstständigen Erwerbstätigkeiten (Er-
werbstätigkeiten mit geringen Pensen, geringen Löhnen oder gelegentliche Erwerbstä-
tigkeiten) würden häufig weder Sozialversicherungsbeiträge noch Steuern bezahlt.
Typisch für solche Erwerbstätigkeiten seien die Hausdienstarbeit, saisonbedingte Ge-
legenheitsarbeiten (Gartenarbeit) oder die Arbeiten von Tierpflegerinnen und Tierpfle-
gern sowie von Krankenpflegerinnen und Krankenpflegern in Privathaushalten
(BBl 2002, 3613). Der Bundesrat war ursprünglich davon ausgegangen, das verein-
fachte Verfahren sei ausschliesslich auf Privathaushalte anwendbar, erklärte dann
aber, der Kreis der Beschäftigungsverhältnisse, welcher mit den Vereinfachungsmass-
nahmen bei den Sozialversicherungen anvisiert werde, könnte über die Dienstleistun-
gen für Privatpersonen auf andere Aktivitäten von begrenzter Bedeutung auch in Un-
ternehmen ausgeweitet werden (BBl 2002, 3617).
cc) Art. 2 BGSA umreisst den Geltungsbereich des Gesetzes und legt die
(oben bereits erwähnten) quantitativen Voraussetzungen fest, einerseits für die einzel-
nen Löhne des Personals, andererseits für die gesamte jährliche Lohnsumme des Be-
triebs. Zudem sind die Löhne des gesamten Personals im vereinfachten Verfahren
abzurechnen. Dieser Artikel wurde erst in der Parlamentarischen Beratung eingefügt.
Die Räte einigten sich im Laufe der Beratung dahingehend, dass neben Privaten auch
Unternehmen das vereinfachte Abrechnungsverfahren sollten anwenden dürfen
(vgl. z.B. Voten Leumann-Würsch und Deiss AB 2004 S 925; Voten Gysin und Deiss
AB 2005 N 213, www.parlament.ch). Als Anwendungsbeispiele wurden insbesondere
die Reinigungsbranche, Gastronomie, Tourismus und die Landwirtschaft erwähnt
(vgl. Curia Vista Datenbank, Geschäft 02.010, Differenzbereinigungsverfahren,
www.parlament.ch). Beim Geltungsbereich ist zudem Art. 6 BGSA betreffend die Fest-
legung des Kontrollgegenstands zu berücksichtigen: Geprüft wird die Einhaltung der
Melde- und Bewilligungspflichten gemäss Sozialversicherungs-, Ausländer- und Quel-
lensteuerrecht.
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d) Zunächst fragt sich, ob die D GmbH als Arbeitgeberin grundsätzlich vom
vereinfachten Abrechnungsverfahren Gebrauch machen durfte. Dabei müssen die
Voraussetzungen nach Art. 2 BGSA erfüllt sein.
Dieses Unternehmen bezweckt gemäss HR-Eintrag die Beratung und Erbrin-
gung von Dienstleistungen im Bereich Informationsverarbeitung für Unternehmen.
Nach Angaben der Pflichtigen beschränkt sich die Tätigkeit der D GmbH auf den Be-
reich der Personaladministration. Zur Tätigkeit im Einzelnen sind keine Belege akten-
kundig. Es kann festgehalten werden, dass die D GmbH an sich nicht zu den vom Ge-
setzgeber bei der Bekämpfung von Schwarzarbeit in erster Linie anvisierten
Arbeitgebern gehört, auch wenn formell die quantitativen Voraussetzungen von Art. 2
BGSA erfüllt sein mögen. Zwar führt dies nicht bereits dazu, dass Art. 37a DBG bzw.
§ 37a StG auf die D GmbH von vornherein nicht anwendbar wären; die vereinfachte
Abrechnung erscheint aber bei diesem Unternehmen immerhin als ungewöhnlicher
Vorgang.
e) Weiter ist insbesondere zu prüfen, ob die Pflichtigen als Arbeitnehmer der
D "kleine Arbeitsentgelte aus unselbständiger Erwerbstätigkeit" im Sinn von Art. 37a
DBG bzw. § 37a StG erzielten und in diesem Zusammenhang, ob sie der Kategorie
von Arbeitnehmern im Sinn des BGSA angehören.
aa) Nach Sinn und Zweck des BGSA und nach der Absicht des Gesetzgebers,
die Schwarzarbeit zu bekämpfen, sollten insbesondere diejenigen Arbeitnehmenden
erfasst werden, die sich in für Schwarzarbeit besonders anfälligen Bereichen betätigen
(wie die oben beispielhaft genannten Branchen der Reinigung, Hausarbeiten, Touris-
mus, Gastronomie, Landwirtschaft etc.). Das BGSA regelt lediglich die Abrechnung von
Löhnen derjenigen Arbeitnehmenden, die bei verschiedenen Arbeitgebern entweder
mit kleinen Pensen oder nur gelegentlich tätig sind (vgl. auch Bettina Bärtschi, in:
Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/2a, 2. A., 2008, Art. 37a N 2
DBG). Nur solche Einkommen stellen "kleine Arbeitsentgelte aus unselbständiger Er-
werbstätigkeit" im Sinn von Art. 37a DBG bzw. § 37a StG dar.
Die Pflichtigen erzielen bei der D GmbH einen Nebenerwerb von pauschal je
Fr. 18'000.-. Dieser Betrag liegt unter dem Grenzbetrag gemäss Art. 2 lit. a BGSA. Als
Unternehmensberater mit einem Haupteinkommen aus unselbstständiger Tätigkeit (bei
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einem einzigen Arbeitgeber) in Höhe von Fr. 149'607.- bzw. Fr. 75'997.- gehören die
Pflichtigen augenfällig nicht in die vom Gesetzgeber beabsichtigte Zielgruppe von Ar-
beitnehmern. Ihre Situation ist auch nicht mit dem von ihnen vorgebrachten Beispiel
eines Arbeitnehmers vergleichbar, der bei zehn verschiedenen Arbeitgebern angestellt
ist und dabei geringe Einkommen generiert, die gesamthaft als stattlich erscheinen
mögen. Allerdings kann letztlich offen bleiben, ob die Nebenerwerbseinkünfte der
Pflichtigen ganz generell unter Art. 37a DBG bzw. § 37a StG fallen könnten, denn je-
denfalls erweist sich vorliegend die Inanspruchnahme des vereinfachten Abrechnungs-
verfahrens als rechtsmissbräuchlich.
bb) Rechtsmissbrauch liegt vor, wenn ein Rechtsinstitut zweckwidrig zur Ver-
wirklichung von Interessen verwendet wird, die dieses Rechtsinstitut nicht schützen will
(vgl. dazu statt vieler BGE 128 II 145 E. 2.2, mit Hinweisen). Bei der Annahme einer
Steuerumgehung liegt somit der Gedanke zugrunde, dass die missbräuchliche Gel-
tendmachung eines Rechts bzw. die missbräuchliche Berufung auf eine gesetzliche
Norm keinen Schutz verdient. Eine Steuerumgehung wird nach bundesgerichtlicher
Rechtsprechung angenommen, wenn eine von den Beteiligten gewählte Rechtsgestal-
tung als ungewöhnlich (insolite), sachwidrig oder absonderlich, jedenfalls den wirt-
schaftlichen Gegebenheiten völlig unangemessen erscheint, anzunehmen ist, dass die
gewählte Rechtsgestaltung missbräuchlich lediglich deshalb getroffen wurde, um Steu-
ern einzusparen, die bei sachgemässer Ordnung der Verhältnisse geschuldet wären,
und das gewählte Vorgehen tatsächlich zu einer erheblichen Steuerersparnis führen
würde, sofern es von den Steuerbehörden hingenommen würde (BGr, 19. März 2012,
2C_638/2010, E. 4.1 f., www.bger.ch [zur Publikation vorgesehen]).
Wie die Vorinstanz richtig erkannt hat, ist der Pflichtige bei der D GmbH als
einziger Gesellschafter und Geschäftsführer faktisch Arbeitgeber und Arbeitnehmer in
einer Person. Die Massnahmen zur Bekämpfung der Schwarzarbeit machen bei Ar-
beitsverhältnissen, wo Arbeitgeber und Arbeitnehmer faktisch identisch sind, keinen
Sinn. Die Pflichtigen gehen implizit selbst davon aus, dass Arbeitgeber und Lohnemp-
fänger im Rahmen der vereinfachten Abrechnung nicht identisch sein können, wenn
sie ausführen, den Arbeitgebern solle "das Bezahlen von Löhnen und Sozialversiche-
rungen soweit schmackhaft gemacht werden, dass sie ihre Angestellten ordnungsge-
mäss abrechnen und so Steuer- und Sozialversicherungsbeiträge generieren. Der
Lohnempfänger hat weder die Wahl noch einen Einfluss auf das Abrechnungsverfah-
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ren". Die Voraussetzung der Verschiedenheit von Arbeitgebern und Arbeitnehmern
wird – entgegen der Ansicht der Pflichtigen – übrigens auch aus der gesetzlichen Re-
gelung deutlich (vgl. etwa die Formulierungen in Art. 2 BGSA Ingress; Art. 7 und 8
BGSA oder Art. 1 und 4 der Verordnung über Massnahmen zur Bekämpfung der
Schwarzarbeit vom 6. September 2006).
Als völlig unangemessene Rechtsgestaltung ist sodann der Umstand zu wer-
ten, dass sich die Pflichtigen als Verwaltungsratspräsident bzw. Verwaltungsratsmit-
glied der C AG für Personaladministrationstätigkeiten – ein Bereich, der sich trotz an-
derslautender Angaben der Pflichtigen auch unter die Zweckumschreibung gemäss
HR-Auszug der C AG subsumieren lässt – separat bei der vom Pflichtigen vollständig
beherrschten D GmbH einen Pauschallohn auszahlen lassen. Als einziger Grund für
dieses absonderliche Vorgehen erscheint die Steuerersparnis. Der Rahmen einer noch
legitimen Steuervermeidung ist mit diesem Vorgehen gesprengt worden. Entgegen der
Ansicht der Pflichtigen hat die Vorinstanz die Steuerersparnis richtig berechnet, indem
sie die (ordentliche) Steuerlast mit und ohne Einbezug der Nebeneinkünfte von insge-
samt Fr. 36'000.- errechnete und einander gegenüberstellte. Daraus resultiert im Er-
gebnis – unter Berücksichtigung der im vereinfachten Verfahren abgelieferten Quel-
lensteuer – eine Steuerersparnis von ca. Fr. 10'600.-. Die von den Pflichtigen
vorgebrachte Berechnung, die einen "Einkommensrückgang" von Fr. 7'500.- behaup-
tet, ist demgegenüber nicht nachvollziehbar. Eine Steuerersparnis in diesem Umfang
ist zweifelsohne erheblich. Nachdem somit vorliegend alle Voraussetzungen einer
Steuerumgehung erfüllt sind, sind die Pflichtigen so zu stellen, als ob der Steuerumge-
hungstatbestand nicht stattgefunden hätte und die Nebeneinkünfte von insgesamt
Fr. 36'000.- sind in die ordentliche Veranlagung einzubeziehen.
cc) Die Pflichtigen bringen vor, sie seien "von allen Stellen (SECO, AHV,
UVG-Versicherung) ermuntert" worden, die neue Möglichkeit des vereinfachten Ab-
rechnungsverfahrens zu nutzen. Soweit sie sich mit dieser pauschalen Behauptung
sinngemäss auf eine falsche Auskunft bzw. Vertrauensschutz berufen sollten, ginge
diese Rüge fehl. Das Vorliegen einer konkreten vertrauensbildenden Auskunft ist (auch
unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Pflichtigen Laien sind) nicht substanzi-
iert behauptet, geschweige denn belegt. Ohnehin fällt die Tragweite des Grundsatzes
von Treu und Glauben im Steuerrecht von vornherein geringer aus als in anderen
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Rechtsbereichen (vgl. dazu und zu den Voraussetzungen im Einzelnen BGr, 4. Mai
2010, 2C_45/2010, E. 2.2, www.bger.ch, mit Hinweisen).
f) Zusammenfassend sind die vorinstanzlichen Entscheide zu bestätigen, da
die Nebeneinkünfte der Pflichtigen zu Unrecht im vereinfachten Verfahren abgerechnet
wurden und eine Steuerumgehung zu bejahen ist.
g) Abschliessend ist im Zusammenhang mit dem Vorwurf der Pflichtigen einer
"Illegalen Doppelbesteuerung" darauf hinzuweisen, dass die im vereinfachten Abrech-
nungsverfahren bereits an der Quelle abgezogenen Steuern (bei den Einkünften der
Pflichtigen von je Fr. 18'000.-) analog zu Art. 90 Abs. 2 DBG anzurechnen (vgl.
Art. 17a der Quellensteuerverordnung vom 19. Oktober 1993) bzw. beim Steuerbezug
wie Zahlungen der steuerpflichtigen Personen zu behandeln sein werden (Rich-
ner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 90 N 18 DBG; vgl. auch Art. 162 Abs. 2 DBG). Die üb-
rigen Löhne des Personals der D GmbH, die im vereinfachten Verfahren abgerechnet
wurden, sind nicht Gegenstand dieses Verfahrens.
5. Die vorstehenden Erwägungen führen zur Abweisung von Beschwerde und
Rekurs. Ausgangsgemäss sind die Verfahrenskosten den vollständig unterliegenden
Pflichtigen aufzuerlegen (Art. 144 Abs. 1 DBG; § 151 Abs. 1 StG) und entfällt die Zu-
sprechung einer Parteientschädigung (Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des
Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember 1968; § 152 StG
i.V.m § 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959). | Public | Tax | de | 2,012 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
9a3c652e-8ba3-4a73-8db8-4f760f8af32f | hat sich ergeben:
A. Die A mit Sitz in B (nachfolgend die Pflichtige) wurde am ... 2004 gegrün-
det und am ... Oktober 2004 im Handelsregister eingetragen; dies mit der Zweckbe-
stimmung Vermögensverwaltung und Anlageberatung "als Teil der C". Für das erste
Geschäftsjahr 11.10.2004 - 30.6.2005 deklarierte sie einen steuerbaren Reingewinn
von Fr. - 18'612.- (Verlust) sowie ein Eigenkapital von Fr. 181'388.- bzw. ein steuerba-
res Eigenkapital von Fr. 200'000.- (= einbezahltes Aktienkapital). Gemäss Jahresrech-
nung wurden noch keine Geschäftsaktivitäten aufgenommen; der erwirtschaftete Ver-
lust beruhte im Wesentlichen auf den Gründungskosten. Die Einschätzung für die
entsprechende Steuerperiode wurde deklarationsgemäss vorgenommen.
Für das Geschäftsjahr 1.7.2005 - 30.6.2006 wies die Pflichtige in ihrer Jahres-
rechnung einen Gewinn von exakt Fr. 0.- aus. Dementsprechend deklarierte sie für die
Steuerperiode 1.7.2005 - 30.6.2006 nach Übernahme des Vorjahresverlusts wiederum
einen steuerbaren Reingewinn von Fr. - 18'612.- (Verlust); das Eigenkapital wurde mit
Fr. 189'938.- und das steuerbare Eigenkapital mit Fr. 200'000.- (= einbezahltes Aktien-
kapital) angegeben. Der Jahresrechnung liess sich entnehmen, dass das gewinnseitige
Nullergebnis durch einen ausserordentlichen Ertrag "Zuschüsse von Schwestergesell-
schaft" in der Höhe von Fr. 152'187.- zustande gekommen war; ohne diesen Zuschuss
hätte mithin im 2. Geschäftsjahr ein Verlust in dieser Höhe resultiert.
Mit Auflage vom 14. Januar 2008 untersuchte der Steuerkommissär den vor-
erwähnten Zuschuss, verlangte den diesbezüglichen belegmässigen Nachweis, den
vollständigen Namen der Schwestergesellschaft sowie ein Organigramm der Gruppe
unter Angabe der Aktionäre.
Die Pflichtige antwortete am 30. Januar 2008 dahingehend, dass es sich bei
der Schwestergesellschaft um die "D" handle. Zum Nachweis des Zuschusses reichte
sie Auszüge des Buchhaltungskontos 1110 "Forderung gegenüber D" sowie eine
Gutschriftsanzeige einer Bank betreffend eine vom 8. November 2007 datierende Zah-
lung der D im Betrag von Fr. 137'844.27 ein. Weiter bemerkte sie, dass die Gruppen-
gesellschaften nicht formell verbunden seien; einziges Bindeglied sei der Hauptaktio-
när und Verwaltungsratspräsident E. Ein Organigramm wurde nicht eingereicht.
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2 ST.2009.282 2 DB.2009.169
Mit abgeänderter Auflage vom 7. Februar 2008 verlangte der Steuerkommis-
sär einen detaillierten Buchhaltungsauszug, eine detaillierte Beschreibung der Ge-
schäftstätigkeiten der Pflichtigen und der D samt Funktionsanalysen, den Zusammen-
arbeitsvertrag der Schwestergesellschaften, die Jahresrechnung der D sowie den
Arbeitsvertrag zwischen der Pflichtigen und E einschliesslich eines Stellenbeschriebs.
Mit Antwort vom 28. Februar 2008 wies die Pflichtige darauf hin, dass ihre
etwas ungewöhnliche Geschäftstätigkeit bereits Gegenstand von Abklärungen der Eid-
genössischen Finanzverwaltung (Kontrollstelle für das Geldwäschereigesetz) gewesen
sei. Der Einfachheit halber reiche sie ein entsprechendes Schreiben der letzteren In-
stanz ein; bei weiterem Erklärungsbedarf gebe E telefonisch Auskunft.
Nachdem der Steuerkommissär am 6. März 2008 die Erfüllung der Auflage
gemahnt hatte, reichte die Pflichtige mit Eingabe vom 20. März 2008 den verlangten
Buchhaltungsauszug, einen Kurzbericht zu ihren Tätigkeiten sowie den Arbeitsvertrag
zwischen ihr und E ein. Im Übrigen wies sie darauf hin, dass die D eine auf den F do-
mizilierte Vermögensgesellschaft sei, die hauptsächlich als "Corporate Director" für die
ebenfalls auf den F domizilierten Vermögensverwaltungsgesellschaten/Zweck-
gesellschaften G und H tätig sei. Die D habe sich bereit erklärt, bis 31. Dezember 2007
ihre Anlaufkosten zu decken. Deren Interesse sei dabei, dass sie, die Pflichtige, die
von der "I" emittierten Zertifikate erwerbe; diese seien auf die von der D verwalteten
Zweckgesellschaften ausgerichtet, woraus die Letztere wiederum Vermögensverwal-
tungserlöse generiere. Eine Jahresrechnung der D liege ihr nicht vor.
Mit Einschätzungsentscheid bzw. Hinweis vom 7. April 2008 setzte der Steu-
erkommissär die Steuerfaktoren wie folgt fest:
Staats- und Gemeindesteuer Direkte Bundessteuer
Fr. Fr.
Steuerbarer Reingewinn 14'200.- 14'200.- Gewinnsteuersatz 8.0%
Steuerbares Eigenkapital 200'000.- Kapitalsteuersatz 0.75 ‰.
Eigenkapital per 31.12.2006 189'938.- .
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2 ST.2009.282 2 DB.2009.169
Zur Begründung wies er darauf hin, dass die Auflagen nicht vollständig erfüllt
worden seien. Insbesondere sei kein Zusammenarbeitsvertrag eingereicht worden,
weshalb keine Überprüfung der von der Pflichtigen für die Schwestergesellschaft ge-
leisteten Dienstleistungen möglich sei. Im Drittvergleich müsse die Dienstleistungsent-
schädigung eine Gewinnerzielung ermöglichen. Aus diesem Grund sei anstelle des
deklarierten Zuschusses von Fr. 152'187.- ein "Verrechnungspreis" von Fr. 185'000.-
einzusetzen.
Die Bundessteuerveranlagung wurde mit Schlussrechnung vom 2. Mai 2008
formell eröffnet.
B. Hiergegen erhob die Pflichtige am 22. April 2008 (Staats- und Gemeinde-
steuern) bzw. 13. Mai 2008 (direkte Bundessteuer) Einsprache mit dem Antrag auf
Vornahme der Einschätzung gemäss Deklaration. Zur Begründung wurde im Wesentli-
chen geltend gemacht, dass zwischen der Pflichtigen und der D keine Dienstleistungs-
beziehung bestehe. Wie sich dem bereits eingereichten Bericht entnehmen lasse, be-
stehe der Geschäftszweck der Pflichtigen darin, Gelder über die Ausgabe von
Anleihensobligationen beim Publikum aufzunehmen, um diese Gelder alsdann unter-
schiedlich gewichtet in Wertpapieren anzulegen, welche u.a. von ihren Schwesterge-
sellschaften ausgegeben würden. Umsätze erziele die Pflichtige aus der Verwaltung
dieser Wertpapiere. Wenn überhaupt läge darin eine Dienstleistung für die Anleger der
Obligationen, nicht aber für die Schwestergesellschaft. Branchenüblich seien die Um-
sätze in der Anlaufphase noch gering gewesen bzw. sei mit Anlaufverluste zu rechnen
gewesen. Die D habe sich deshalb bereit erklärt, der Pflichtigen einen Betriebskosten-
zuschuss in Höhe des jährlichen Verlusts zu gewähren, um so deren Bilanz auszuglei-
chen, was eine Voraussetzung für den inzwischen stärkeren Absatz der Obligationen
gewesen sei. Diesen Zuschuss habe der Steuerkommissär völlig verfehlt als Dienst-
leistungsertrag interpretiert und zudem habe er noch einen Gewinn von über 20% hin-
zugeschlagen. Verlustübernahmeabsprachen unter verbundenen Konzernunterneh-
mungen seien gerade vor dem Hintergrund einer "gemeinsamen Wahrnehmung in der
Öffentlichkeit/Bonität" üblich; noch nie vorgekommen sei indes, dass das verlustüber-
nehmende Unternehmen auch noch einen Mindestgewinn ersetze. Die Verlustüber-
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2 ST.2009.282 2 DB.2009.169
nahme sei eine Massnahme des Kapitalverkehrs und keine Dienstleistung. Dement-
sprechend existiere kein Zusammenarbeitsvertrag; die einzige Form der Zusammenar-
beit bestehe darin, dass die eine Gesellschaft Wertpapiere der anderen erwerbe. Mit-
hin seien auch keine Verfahrenspflichten verletzt worden und fehlten damit auch die
Voraussetzungen für die vom Steuerkommissär vorgenommene Schätzung nach
pflichtgemässem Ermessen.
Mit Entscheiden vom 21. September 2009 wies das kantonale Steueramt die
Einsprachen ab. Es erwog, dass die Pflichtige in ihrem 2. Geschäftsjahr neben dem
ausserordentlichen Zuschuss der Schwestergesellschaft ertragsseitig lediglich einen
Dienstleistungsertrag von Fr. 337.50 und einen Zinsertrag von Fr. 451.60 verbucht ha-
be. Dass eine Vermögensverwaltungsgesellschaft bei einem verbuchten Lohnaufwand
von Fr. 87'000.- einen derart unbedeutenden Ertrag erziele, sei unüblich. Aus den
Ausführungen der Pflichtigen gehe hervor, dass sie im Interesse ihrer Schwesterge-
sellschaft handle und damit auch Dienstleistungen für diese erbringe bzw. eng mit ihr
zusammenarbeite. Eine unabhängige Gesellschaft würde ohne vertragliche Vereinba-
rung und ohne angemessene Gegenleistung keine Verlustübernahme erklären. Daraus
könne geschlossen werden, dass die D ein grosses geschäftliches Interesse an der
Pflichtigen habe. Ohne angemessene Gegenleistung wäre unter unabhängigen Dritten
vertraglich ein zu verzinsendes Darlehen vereinbart worden, wobei die Pflichtige ver-
mutlich keine Sicherheiten hätte leisten können. Demgegenüber sei hier per 30. Juni
2006 eine Forderung gegenüber der D verbucht worden, wobei die Vergütung erst per
8. November 2007 erfolgt sei. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung sei mithin von
einer Dienstleistung auszugehen. Ob die Entschädigung für die Dienstleistung nach "at
arms length" erfolgt sei, könne nicht geprüft werden, weil die Pflichtige die verlangten
Angaben und Unterlagen nicht geliefert habe. Es fehlten die Funktionsanalysen der
Schwestergesellschaften und die Jahresrechnung der D; dergestalt sei etwa ein Ver-
gleich "Gewinn/Personalaufwand" nicht möglich. Nicht nachvollziehbar sei sodann,
wieso der Zuschuss der Schwestergesellschaft in der Steuererklärung nicht steuerlich
erfolgsneutral als Kapitaleinlage vom Gewinn in Abzug gebracht worden sei. Ingesamt
sei erstellt, dass die Geschäftsbeziehung zwischen der Pflichtigen und der D nicht je-
ner von unabhängigen Gesellschaften entspreche. Dabei sei davon auszugehen, dass
die Pflichtige Dienstleistungen im Interesse der D erbringe; diese seien – im Drittver-
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2 ST.2009.282 2 DB.2009.169
gleich – gewinnbringend zu verrechnen. Entsprechend bedürfe es diesbezüglich einer
Schätzung nach pflichtgemässem Ermessen.
C. Hiergegen erhob die Pflichtige am 22. Oktober 2009 Rekurs (Staats- und
Gemeindesteuern) bzw. Beschwerde (direkte Bundessteuer) und beantragte gleichlau-
tend, den steuerbaren Reingewinn für die Steuerperiode 1.7.2005 - 30.6.2006 auf
Fr. -152'187.- (Verlust) und das steuerbare Eigenkapital auf Fr. 47'813.- festzusetzen;
sodann sei in Abänderung der angefochtenen Entscheide weder eine Gewinnsteuer,
noch eine Kapitalsteuer festzusetzen. Eventualiter sei der steuerbare Reingewinn auf
Fr. 0.- und das steuerbare Eigenkapital auf Fr. 200'000.- festzusetzen; diesfalls sei
sodann keine Gewinnsteuer, jedoch eine Kapitalsteuer von Fr. 300.- festzusetzen. An-
ders als im Einschätzungs- und Einspracheverfahren wurde nunmehr geltend gemacht,
der umstrittene Zuschuss sei eine "à fonds perdu- Leistung", welche steuerlich erfolgs-
neutral zu behandeln sei. Es handle sich um eine "steuerneutrale Schenkung" durch
eine Schwestergesellschaft, mit dem klar erkennbaren und wirtschaftlich sinnvollen
Interesse, keine Schäden für die Gesamtgruppe entstehen zu lassen.
Das kantonale Steueramt schloss mit Vernehmlassung vom 23. November
2009 auf Abweisung der Rechtsmittel. Die Eidgenössische Steuerverwaltung liess sich
nicht vernehmen. | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. Gegenstand der angefochtenen Einspracheentscheide bildet die Veranla-
gung des steuerbaren Reingewinns (Staats- und Gemeindesteuern sowie direkte Bun-
dessteuer) sowie des steuerbaren Eigenkapitals (Staats- und Gemeindesteuern). Bei
der Veranlagung der direkten Bundessteuer wird das Eigenkapital im Rahmen der Ver-
anlagung zwar ebenfalls "bekannt gegeben" (vgl. Art. 131 Abs. 1 des Bundesgesetzes
über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990; [DBG]), doch geschieht dies
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2 ST.2009.282 2 DB.2009.169
lediglich zu Kontrollzwecken; weil das Eigenkapital (mangels Kapitalsteuer auf Bun-
desebene) nicht eigentlich veranlagt wird, kann die Veranlagungsverfügung diesbezüg-
lich auch nicht angefochten werden (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar
zum DBG, 2.A., 2009, Art. 131 N 5 Art. 131 N 5). Nicht Gegenstand der angefochtenen
Veranlagungen sind sodann die letztlich geschuldeten Steuerbeträge; diese werden im
Rahmen des Steuerbezugverfahrens festgelegt.
Soweit sich die Anträge der Pflichtigen auf das Eigenkapital im Bereich der
direkten Bundessteuer sowie (in beiden Steuerbereichen) auf die Festlegung der ge-
schuldeten Steuerbeträge beziehen, ist auf die Rechtsmittel demnach nicht einzutre-
ten.
2. a) Die Pflichtige verbuchte im streitbetroffenen Geschäftsjahr 1.7.2005-
30.6.2006 über das Erfolgskonto 8005 einen ausserordentlichen Ertrag "Zuschüsse
von Schwestergesellschaft" im Betrag von Fr. 152'187.46; dieser Betrag entsprach
exakt dem erwirtschafteten Jahresverlust. In der Steuererklärung 2006 deklarierte sie
den Zuschuss als steuerbaren Ertrag, denn eine Ausscheidung unter der Rubrik "Der
Erfolgsrechnung gutgeschriebene, nicht steuerbare Erträge" (wie z.B. Kapitaleinlagen)
erfolgte nicht.
b) aa) Der Steuerkommissär hat den Sachverhalt rund um diesen Zuschuss
der Schwestergesellschaft näher untersucht und im Rahmen einer ersten Auflage vom
14. Januar 2008 zunächst Angaben zur Firmengruppe sowie insbesondere den beleg-
mässigen Nachweis über den Zuschuss verlangt. Die Pflichtige reichte dazu einerseits
einen Auszug des Kontos 1110, "Forderung gegenüber D" aus der Buchhaltung
1.7.2005 - 30.6.2006 ein; als einzige Buchung ist per 30.6.2006 die Forderung gegen-
über der D per 30.6.2006 in der Höhe von Fr. 152'187.46 ersichtlich. Ebenfalls einge-
reicht wurde das gleiche Kontoblatt des Folgejahrs (1.7.2006 - 30.6.2007). Diesem
gemäss wurden per 29.8.2006 und per 18.4.2007 Zahlungseingänge der D von
Fr. 80'000.- bzw. Fr. 15'000.- sowie per 30.6.2007 – unter der Bezeichnung "Kosten-
übernahme durch D bis 31.12.2006" – diverse Forderungen gegenüber D im Gesamt-
umfang von Fr. 76'545.53 verbucht; unter Berücksichtigung des Saldovortrags aus
dem Vorjahr verblieb ein Schlusssaldo zu Lasten der D von Fr. 133'732.99. Der letzte-
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2 ST.2009.282 2 DB.2009.169
re Betrag ist der Pflichtigen gemäss eingereichtem Bankbeleg einer Schweizer Bank
am November 2007 von der D überwiesen worden.
Über den Hintergrund des von der Schwestergesellschaft geleisteten "Zu-
schusses" lässt sich diesen Unterlagen nichts entnehmen. Klar ist lediglich, dass im
streitbetroffenen Geschäftsjahr keine Zahlung geflossen ist, sondern lediglich per Da-
tum des Jahresabschlusses eine dem erwirtschafteten Jahresverlust entsprechende
Forderung zulasten der Schwestergesellschaft aktiviert worden ist. Unklar blieb nach
dieser ersten Auflage sodann auch die Frage der Einbettung der Pflichtigen in die Un-
ternehmensgruppe, denn das verlangte Organigramm wurde nicht vorgelegt; geltend
gemacht wurde in diesem Zusammenhang lediglich, dass die Gesellschaften allein
über den Hauptaktionär und Verwaltungsratspräsidenten E verbunden seien.
bb) Mit der zweiten (erweiterten) Auflage vom 7. Februar 2008 verlangte der
Steuerkommissär einen Auszug der Gesamtbuchhaltung der Pflichtigen sowie die Jah-
resrechnung der D. Sodann ging es ihm darum, Kenntnisse über die genauen Ge-
schäftstätigkeiten der Pflichtigen und deren Schwestergesellschaft auf den F zu erlan-
gen; so verlangte er entsprechende detaillierte Beschriebe und Funktionsanalysen
sowie den Zusammenarbeitsvertrag der beiden Gesellschaften. Zudem wollte er in
Erfahrung bringen, welche Tätigkeiten E für die Pflichtige ausführt, weshalb er dessen
Arbeitsvertrag inkl. Stellenbeschrieb einforderte.
aaa) Zur Beantwortung dieser Auflage verwies die Pflichtige mit Eingabe vom
28. Februar 2008 zunächst auf ein Schreiben der Eidgenössischen Finanzverwaltung
(Kontrollstelle Geldwäschereigesetz) vom 17. März 2005. Im Letzteren wird Folgendes
festgehalten: Die Pflichtige gebe Wandelanleihen aus, welche spätestens nach 10 Jah-
ren zwingend in Aktien umgewandelt würden. Es werde dergestalt Fremdkapital mit der
Konsequenz einer späteren Umwandlung in Eigenkapital aufgenommen, womit eine
bedingte Kapitalerhöhung vorliege. Im Ergebnis führe die Herausgabe der Wandelan-
leihen zu einer körperschaftlichen Beteiligung der Anleihensobligationäre. Weil die
Pflichtige ausschliesslich im Finanzsektor tätig sei, handle es sich bei den Wandelan-
leihen um eine gesellschaftsrechtlich organisierte Form der gemeinschaftlichen Kapi-
talanlage; bezweckt werde die kollektive Kapitalanlage und die Erzielung von Erträgen
und/oder Kapitalgewinnen. Die Pflichtige verfolge damit keine unternehmerische Tätig-
keit im eigentlichen Sinn. Primäre Funktion der Wandelanleihen sei nicht die Unter-
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2 ST.2009.282 2 DB.2009.169
nehmensfinanzierung, sondern die Vermögensanlage. Die Pflichtige sei demnach als
Investmentgesellschaft zu qualifizieren (und deshalb auch dem Geldwäschereigesetz
zu unterstellen).
bbb) Auf die steuerbehördliche Mahnung hin wurde mit Eingabe vom 20. März
2008 der verlangte Buchhaltungsauszug sowie ein vom 28. Juni 2005 datierender Ar-
beitsvertrag (ohne Stellenbeschrieb) von E eingereicht. Dem Letzteren gemäss ist E
als "Chief Investment Officer" für die Pflichtige tätig, wofür er mit Fr. 5'000.- pro Monat
(brutto) sowie einer Dienstwohnung in der Schweiz entlöhnt wird.
Weiter wurde ein vom 31. Januar 2007 datierender Tätigkeitsbeschrieb der
Pflichtigen eingereicht, welcher (offenbar von ihr selbst) wiederum im Zusammenhang
mit dem Geldwäschereigesetz erstellt worden ist. Darin wird festgehalten, dass das
deutsche Mutterhaus der Pflichtigen, die I, zwei Index-Zertifikate mit unterschiedlicher
Strategieausrichtung vertreibe. Die Pflichtige biete alternativ oder ergänzend 10-jährige
Wandelanleihen an; in ihrem Portfolio würden dabei die beiden genannten Produkte
des deutschen Mutterhauses gehalten, wobei versucht werde, durch geschickte Alloka-
tion eine bessere Rendite zu erzielen. Weil sich die Wandelanleihe parallel zu den Ak-
tienkursen entwickle, profitiere auch der Anleger von dieser Strategie. Seit Aufnahme
der Geschäftstätigkeit seien moderat Verkäufe von Wandelanleihen an eine Grossbank
getätigt worden.
Zur Geschäftstätigkeit der D wurde ausgeführt, dass diese hauptsächlich als
Corporate Director für die ebenfalls auf den F domizilierten Vermögensanlagegesell-
schaften/Zweckgesellschaften G und H tätig sei. Nicht eingereicht wurden die Jahres-
rechnung der D und der verlangte Zusammenarbeitsvertrag zwischen dieser und der
Pflichtigen. In letzterem Zusammenhang wurde stattdessen erwähnt, die D habe sich
bereit erklärt, bis 31. Dezember 2007 die Anlaufkosten der Pflichtigen zu decken, weil
deren Interesse darin bestehe, dass sie, die Pflichtige, die Zertifikate der von der I ver-
walteten Zweckgesellschaften erwerbe, woraus die D wiederum Vermögensverwal-
tungserlöse erziele.
cc) Insgesamt verblieben damit zwar Lücken im untersuchten Sachverhalt,
doch stand immerhin Folgendes fest:
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2 ST.2009.282 2 DB.2009.169
Bei der Pflichtigen handelt es sich offensichtlich um eine Investmentgesell-
schaft, welche keine unternehmerische Tätigkeit ausübt. Ihr Ziel ist letztlich die Be-
schaffung von Anlagekapital (im Sinn von Eigenkapital) via Pflichtwandelanleihen (d.h.
Anleihen, die letztlich zwingend in Aktien der Pflichtigen umgewandelt werden), um
alsdann dieses Kapital zu verwalten bzw. durch geschickte Anlage zu vermehren. Da-
bei wird insoweit eine einfache Anlagestrategie verfolgt, als vorab von der I emittierte
Zertifikate erworben werden; diese betreffen zwei in den ...-Konzern eingebundene
Investmentfonds auf den F (G, sowie H), hinter welchen wiederum die D steht.
Bei dieser Lage der Dinge fehlen jegliche Indizien für die Annahme, die Pflich-
tige habe für die D Dienstleistungen erbracht, welche im Verhältnis unter Nahestehen-
den marktgerecht zu entschädigen wären. Das blosse Zuführen von Kapital im Sinn
eines Anlageentscheids kann jedenfalls nicht als Dienstleistung bezeichnet werden.
Entsprechend ist nachvollziehbar, dass keine Dienstleistungsvereinbarung zwischen
den beiden Schwestergesellschaften existiert. Die Beweislast dafür, dass die Pflichtige
für die D eine Dienstleistung erbracht hat bzw. eine entsprechende Entschädigung zu
gute hat, trägt im Übrigen die Steuerbehörde (vgl. Richner/Frei/Kaufmann/Meuter,
Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 2. A., 2006, § 132 N 90 ff.,
wonach die Steuerbehörde im Allgemeinen die Beweislast für steuerbegründende Tat-
sachen trägt). Dieser Nachweis wurde nicht erbracht, womit auch kein Raum für die
Vornahme einer entsprechenden Ermessenseinschätzung verbleibt.
c) Daraus folgt nun aber nicht, dass der Zuschuss der D – wie von der Pflich-
tigen rekurs- und beschwerdeweise erstmals verfochten – als erfolgsneutral zu verbu-
chende "Leistung à fonds perdu" im Sinn von § 66 lit. a des Steuergesetzes vom
8. Juni 1997 (StG) bzw. Art. 60 lit. a DBG und damit als unentgeltliche Leistung von
Beteiligten bzw. als verdeckte Kapitaleinlage zu qualifizieren wäre (vgl.
Kuhn/Brülisauer, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/1, 2. A.,
2002, Art. 24 N 158 StHG mit Hinweisen):
aa) Die Pflichtige hat den Zuschuss nicht als steuerneutrale Kapitaleinlage,
sondern als steuerwirksamen (ausserordentlichen) Ertrag deklariert. Dies völlig zu
Recht. Wenn sie nämlich geltend macht, die D habe ein Interesse daran, dass das
über die Schweizer Wandelanleihen aufgenommene Investmentkapital via I letztlich in
die F-Gesellschaften investiert werde, womit diese entsprechende Erträge generierten
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(Vermögensverwaltungsgebühren, Management Fees etc.), so folgt daraus, dass die
Verlustübernahme sehr wohl geschäftlich begründet ist. In solcher Konstellation über-
nimmt die D die Verluste der Pflichtigen in deren Anlaufphase nämlich im Sinn einer
vorweggenommenen Gegenleistung für den in Aussicht stehenden künftigen Zufluss
von ertragsbringendem Anlagevermögen. Grund für die Verlustübernahme der
Schwestergesellschaft ist damit nicht die Kapitalhingabe im Sinn einer Sanierungs-
massnahme.
Auszugehen ist bei alledem davon, dass die Pflichtige für die Zuführung von
ertragbringendem Anlagekapital an die ihr nahestehenden ausländischen Gesellschaf-
ten gewisse Entschädigungen (Provisionen, Retrozessionen) zu gute hat. Diese Ent-
schädigungen müssen einem Drittvergleich (d.h. dem "arm's length principle") stand-
halten, wobei sich dieser im internationalen Verhältnis an den OECD-Richtlinen
orientiert. Bei – wie vorliegend – im Bereich der Vermögensverwaltung tätigen multina-
tionalen Konzernen, geht es dabei um die sogenannte Verrechnungspreisproblematik
bzw. letztlich um eine angemessene Aufteilung des Steueraufkommens im internatio-
nalen Verhältnis. Angemessenheit bedeutet dabei, dass die für den Gewinn aus-
schlaggebenden Verrechnungspreise mit den ausgeführten Funktionen, den über-
nommenen Risiken und den eingesetzten Wirtschaftsgütern der an der jeweiligen
konzerninternen Transaktion beteiligten Unternehmen im Einklang zu stehen haben
(vgl. zum Ganzen auch: Zuckschwerdt/Meuter, Verrechungspreisproblematik bei
grenzüberschreitendem Management von Private-Equity- und Hedge-Funds, ZStP
2009, 1 ff.).
bb) Im vorliegenden Fall ist eine Überprüfung von Verrechnungspreisen nicht
möglich, denn einerseits zielten die Auflagen der Steuerbehörde nicht konsequent in
diese Richtung und wurde überdies die I nicht in die Untersuchung mit einbezogen;
anderseits lieferte die Pflichtige im Auflageverfahren weder nähere Angaben zu den
genauen Tätigkeiten und Funktionen der ausländischen Schwestergesellschaften,
noch solche zu denjenigen von E, welcher offenbar sämtliche Konzerngesellschaften
beherrscht. In der hier betroffenen Steuerperiode 1.7.2005 -30.6.2006 drängen sich
indes aus den folgenden Gründen keine weiteren Untersuchungen im Zusammenhang
mit der Verrechnungspreisproblematik auf:
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2 ST.2009.282 2 DB.2009.169
Die Pflichtige stand noch ganz am Anfang ihrer Ende 2004 aufgenommenen
Tätigkeiten; d.h. die Suche nach Kapital verbunden mit der anschliessenden Anlage
dieses Kapitals hatte gerade erst begonnen. Dies zeigt sich etwa darin, dass in der
Jahresrechnung 1.7.2005 - 30.6.2006 erstmals die Aufwandposition "Werbedrucksa-
chen" mit Kosten von Fr. 7'775.20 auftaucht. Den Buchhaltungskonti 1030 und 1061
lässt sich sodann entnehmen, dass einerseits lediglich Wandelanleihen im Betrag von
rund Fr. 140'000.- platziert werden konnten und dass sich andrerseits die ersten Anla-
gen in F-Zertifkate auf (umgerechnet) rund Fr. 220'000.- beschränkten (Kauf von 300
H-Zertifikaten und 700 G-Zertifikaten). Für das Verwalten dieser wenigen Zertifikate
wurde sodann ein entsprechend bescheidener Dienstleistungsertrag von Fr. 337.50
verbucht (Konto 3400). Bei diesem noch bescheidenen Investitionsvolumen verbleibt
von vornherein kein Raum für die Annahme, die D (oder andere Gruppengesellschaf-
ten) hätten der Pflichtigen Gegenleistungen geschuldet, welche den erwirtschafteten
Jahresverlust erreicht oder gar überschritten hätten.
cc) Fragen liesse sich allenfalls, ob der zum ordentlichen Jahresverlust von
rund Fr. 150'000.- führende Betriebsaufwand, enthaltend insbesondere die Entlöhnung
von E, geschäftsmässig begründet ist bzw. Kosten enthält, welche den ausländischen
Schwestergesellschaften anzulasten sind. Auch dafür fehlen indes Indizien: Unter Be-
rücksichtigung der Branche (Vermögensverwaltung/Investmentfonds) ist bei einer
Lohnhöhe von Fr. 87'000.- nicht naheliegend, dass im Lohn von E auch Leistungen
enthalten sein könnten, welcher dieser für die ausländischen Schwestergesellschaften
erbracht hat; auszugehen ist vielmehr davon, dass der Genannte von den schon länger
aktiven Gruppengesellschaften weitere Saläre bezogen hat. Im Übrigen wäre aber
durch die Verlustübernahme der D ein allfällig notwendiger Salärausgleich mehr als
kompensiert worden.
dd) Bei dieser Lage der Dinge besteht demzufolge kein Anlass, die Sache zur
weiteren Untersuchung an das Steueramt zurückzuweisen, sind doch trotz gewisser
Lücken im Sachverhalt keinerlei Anhaltspunkte für ein Korrekturpotential vorhanden,
welches den von der Pflichtigen deklarierten steuerbaren Reingewinn von - Fr. 18'612.-
(Verlust) in den positiven Bereich drehen könnte.
d) Bemerkungsweise bleibt anzufügen, dass mit den zu erwartenden Umsatz-
steigerungen in den Folgejahren die angesprochene Verrechnungspreisproblematik
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dereinst durchaus aktuell werden könnte. Dies erheischte dannzumal, dass einerseits
die Steuerbehörde die multinationalen Verhältnisse mit Blick auf die Funktionen, Leis-
tungen, Erträge etc. der Gruppengesellschaften sachgerecht untersuchte (gegebenen-
falls mit Hilfe einer steueramtlichen Buchprüfung) und dass andrerseits die Pflichtige
gehalten wäre, diesbezüglich mitzuwirken und Transparenz zu schaffen, ansonsten bei
der steuerlichen Gewinnfestlegung gegebenenfalls der Weg über die Ermessensein-
schätzung zu beschreiten wäre.
3. Dem Gesagten entsprechend beläuft sich das Eigenkapital der Pflichtigen
auf den deklarierten Betrag von Fr. 189'938.-; dies letztlich unabhängig davon, ob der
Zuschuss der D als erfolgswirksamer Ertrag oder als erfolgsneutrale Kapitaleinlage
qualifiziert wird. Steuerbar ist im Bereich der Staats- und Gemeindesteuern indes oh-
nehin zumindest das einbezahlte Aktienkapital (vgl. § 79 Abs. 2 StG), welches im vor-
liegenden Fall Fr. 200'000.- beträgt. Insoweit ist der angefochtene Entscheid mithin zu
bestätigen und dringt die Pflichtige mit ihrem Rekursantrag (Festsetzung des steuerba-
ren Eigenkapitals auf Fr. 47'813.-) nicht durch.
4. Nach alledem ist der Rekurs teilweise und die Beschwerde vollumfänglich
gutzuheissen, soweit auf die Rechtsmittel einzutreten ist.
Ausgangsgemäss sind die Verfahrenskosten dem grossmehrheitlich unterlie-
genden Rekursgegner bzw. der vollumfänglich unterliegenden Beschwerdegegnerin
aufzuerlegen (§ 151 Abs. 1 StG und Art. 144 Abs. 1 DBG). | Public | Tax | de | 2,010 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
9c117c61-7687-4ecc-a9de-89f0eabad4ed | hat sich ergeben:
A. A und B (nachfolgend die Pflichtigen) deklarierten in der Steuererklärung
2008 einen Betrag von Fr. 472'804.-, entsprechend GBP 308'966.-, als Wert von ins-
gesamt 20 Lebens-/Rentenversicherungen. Unter Einbezug der übrigen Aktiven und
der Passiven gaben sie ein steuerbares Vermögen von Fr. 1'484'000.- an. Das steuer-
bare Einkommen lautete auf Fr. 76'800.- (direkte Bundessteuer) bzw. Fr. 77'800.-
(Staats- und Gemeindesteuern).
Im Einschätzungsverfahren für die Steuerperiode 2008 führte die Steuerkom-
missärin u.a. hinsichtlich der deklarierten Lebens-/Rentenversicherungen eine Unter-
suchung durch. Mit Hinweis bzw. Entscheid vom 1. März 2011 erhöhte sie das steuer-
bare Einkommen u.a. um (umgerechnet) Fr. 21'870.- als (Netto-)Vermögensertrag der
Pflichtigen aus der Rückzahlung von zwei Lebensversicherungen im Jahr 2008. Das
steuerbare Einkommen setzte sie derart auf Fr. 100'300.- (direkte Bundessteuer) bzw.
Fr. 101'300.- (Staats- und Gemeindesteuern) fest. Das steuerbare Vermögen über-
nahm sie gemäss Steuererklärung.
B. Gegen die Einschätzung der Staats- und Gemeindesteuern erhoben die
Pflichtigen am 2. April 2011 Einsprache mit dem Antrag, von der Aufrechnung eines
Vermögensertrags im Zusammenhang mit der Rückzahlung der Lebensversicherungen
zu verzichten, da es sich um rückkaufsfähige Policen handle. Eventualiter seien die
bezahlten Versicherungsprämien als Investitionskosten abzuziehen und die Umrech-
nung von GBP zu den Kursen der Jahre vorzunehmen, in denen die jeweiligen Zahlun-
gen erfolgt seien. Diesfalls resultiere aus der Veräusserung der Versicherungspolicen
kein Gewinn mehr, sondern ein Verlust.
Das kantonale Steueramt nahm diese Einsprache auch als solche gegen die
Veranlagung der direkten Bundessteuer entgegen und hiess beide Rechtsmittel am
30. Mai 2011 teilweise gut. Dabei reduzierte es den aus der Rückzahlung der Versiche-
rungen resultierenden (Netto-)Erlös um die geleisteten Versicherungsprämien auf
Fr. 7'235.-. Das steuerbare Einkommen ergab sich nunmehr mit Fr. 85'600.- bzw.
Fr. 86'600.-.
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1 DB.2011.107 1 ST.2011.166
C. Mit Beschwerde bzw. Rekurs vom 29./30. Juni bzw. 8. Juli 2011 erneuerten
die Pflichtigen den Einspracheantrag, eventualiter sei die Umrechnung der ausgerich-
teten Versicherungsleistungen und der bezahlten Prämien zu den jeweils aktuellen
(Devisen-)Kursen vorzunehmen.
Das kantonale Steueramt schloss am 11. August 2011 auf Abweisung der
Rechtsmittel, ebenso die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) am 19. Okto-
ber 2011 hinsichtlich der Beschwerde.
Die Pflichtigen reichten am 2./5. Dezember 2011 eine ausführliche Replik ein. | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. a) Nach Art. 20 Abs. 1 lit. a des Bundesgesetzes über die direkte Bundes-
steuer vom 14. Dezember 1990 (in der hier massgebenden Fassung vom 19. März
1999, DBG) sind insbesondere Zinsen aus Guthaben als Erträge aus beweglichem
Vermögen steuerbar, einschliesslich ausbezahlter Erträge aus rückkaufsfähigen Kapi-
talversicherungen mit Einmalprämie im Erlebensfall oder bei Rückkauf, ausser wenn
diese Kapitalversicherungen der Vorsorge dienen (Satz 1). Als der Vorsorge dienend
gilt die Auszahlung der Versicherungsleistung ab dem vollendeten 60. Altersjahr des
Versicherten aufgrund eines mindestens fünfjährigen Vertragsverhältnisses, das vor
Vollendung des 66. Altersjahres begründet wurde (Satz 2). In diesem Fall ist die Leis-
tung steuerfrei (Satz 3). Die Steuerbarkeit bzw. Steuerfreiheit von Erträgen aus solchen
rückkaufsfähigen Kapitalversicherungen mit Einmalprämie entspricht der Regelung in
Art. 7 Abs. 1 ter
des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der direkten Steuern der
Kantone und Gemeinden vom 14. Dezember 1990/19. März 1999 (StHG).
Handelt es sich bei der rückkaufsfähigen Kapitalversicherung nicht um eine
solche mit Einmalprämie sondern um eine solche mit jährlich wiederkehrender Prämie,
so ist der aus ihr resultierende Vermögensanfall, d.h. auch der dabei erzielte Ertrag,
kraft Art. 24 lit. b DBG bzw. Art. 7 Abs. 4 lit. d StHG in jedem Fall, d.h. ohne dass die
Versicherung der Vorsorge dienen muss, steuerfrei. Die Unterstellung der Erträge aus
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1 DB.2011.107 1 ST.2011.166
rückkaufsfähigen Kapitalversicherungen mit Einmalprämie unter die Einkommenssteu-
er nach Art. 20 Abs. 1 lit. a DBG bzw. Art. 7 Abs. 1 ter
StHG bildet daher nur die Aus-
nahme dieses Grundsatzes (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum
DBG, 2. A., 2009, Art. 20 N 84 ff.).
Liegt weder Ertrag aus einer rückkaufsfähigen Kapitalversicherung mit Ein-
malprämie, die der Vorsorge dient, noch ein Vermögensanfall aus rückkaufsfähiger
Kapitalversicherung mit periodisch wiederkehrender Prämie vor, ist die Kapitalleistung
aus einer Lebensversicherung kraft Art. 16 Abs. 1 bzw. Art. 20 Abs. 1 DBG als Ein-
kommen bzw. Vermögensertrag steuerbar (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 22 N
98).
b) Die (private) rückkaufsfähige Kapitalversicherung nach Art. 24 lit. b DBG,
bei welcher der Vermögensanfall einkommenssteuerbefreit ist, muss auf einem privat-
rechtlichen Versicherungsvertrag gemäss Bundesgesetz über den Versicherungsver-
trag vom 2. April 1908 (VVG) beruhen. Der Versicherungsvertrag nach diesem Gesetz
kommt in der Regel zustande, indem der künftige Versicherungsnehmer einen Antrag
auf Abschluss einer Versicherung stellt und der Versicherer diesen Antrag annimmt
(Art. 100 Abs. 1 VVG i.V.m. Art. 1 OR). Die Annahmeerklärung des Versicherers ge-
schieht dabei häufig durch Zusendung der Versicherungspolice. Letztere stellt bloss
eine Vertragsurkunde dar, welche die gegenseitigen Rechte und Pflichten der Parteien
umschreibt (Art. 11 Abs. 1 VVG). Sie qualifiziert nicht als Wertpapier, sodass die An-
sprüche aus dem Versicherungsvertrag auch ohne sie abgetreten werden können
(Kuhn/Müller-Studer/Eckert, Privatversicherungsrecht, 2. A., 2002, S. 165 ff., auch zum
Folgenden). Die Versicherungspraxis weist allerdings der Police vielfach besondere
rechtliche Funktionen zu, welche die Police über den Rang einer gewöhnlichen Be-
weisurkunde erheben, sie aber dennoch nicht zum Wertpapier machen. Gebräuchlich
sind die Inhaber- und die Ordreklausel, welche Legitimationswirkungen haben und da-
mit die Police zu einer qualifizierten Beweisurkunde aufwerten. Der Versicherer darf
diesfalls seine Leistung mit befreiender Wirkung nur an den Versicherten ausrichten,
der sich durch die Police mit Inhaber-/Ordreklausel ausweist.
Die Rückkaufsfähigkeit ist eine Besonderheit der Lebensversicherungen und
nur bei diesen anzutreffen. Rückkaufsfähig sind solche Lebensversicherungen, bei
denen die Risikoversicherung mit einem Sparvorgang verbunden ist und daher ein De-
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ckungskapital angesammelt wird. Der Versicherte kann einseitig den Versicherungs-
vertrag aufheben und die Ansprüche am Deckungskapital in Höhe des Rückkaufwerts
geltend machen (Art. 90 Abs. 2, 91 Abs. 2 und 3, Art. 98 VVG). Unter rückkaufsfähigen
Kapitalversicherungen werden steuerlich all jene Lebensversicherungen verstanden,
bei denen der Eintritt des versicherten Ereignisses (Alter und/oder Tod) und damit die
Auszahlung der Versicherungssumme an den Berechtigten (Versicherungsnehmer
oder Begünstigten) gewiss ist (Art. 90 Abs. 2 VVG und Richner/Frei/Kaufmann/Meuter,
Art. 24 N 44).
c) aa) Für die Steuerfreiheit des Vermögensanfalls aus rückkaufsfähigen Le-
bensversicherungen ist unerheblich, ob das Kapital auf einmal oder in Raten ausbe-
zahlt wird. Der Charakter als Kapitalzahlung geht nicht verloren, wenn das Kapital nicht
mit einer einmaligen Zahlung, sondern in Teilbeträgen während längerer Zeit ausbe-
zahlt wird (Zeitrente).
bb) Ebenso wenig massgebend ist, ob die steuerpflichtige Person, welche die
Auszahlung erhält, die rückkaufsfähige private Kapitalversicherung ursprünglich auch
selbst abgeschlossen hat (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 24 N 52, auch zum Fol-
genden). Diese Person kann die Versicherung vielmehr auch während der Laufzeit
käuflich erworben haben. Dies kommt vor allem bei angesparten britischen oder ameri-
kanischen so genannten Secondhand-Policen, traded endowment policies (TEP), vor.
cc) Bei solchen Secondhand- oder Gebrauchtpolicen ist nicht das Leben des
Käufers der Police versichert, sondern weiterhin das der ursprünglich versicherten Per-
son. Der Erwerber ist nicht nur Käufer der Police, sondern gleichzeitig Inhaber der Po-
lice, d.h. er wird mit dem Policenkauf gegenüber der Versicherungsgesellschaft zum
neuen Versicherungsnehmer. Bei Vertragsablauf oder Tod der versicherten Person
erhält er die Versicherungssumme samt allfälliger Überschussbeteiligung bzw.
Schlussboni etc. und nicht die ursprünglich berechtigten Personen (ursprünglicher Ver-
sicherungsnehmer oder Begünstigter). Dies setzt allerdings voraus, dass er sämtliche
Rechte und Pflichten aus dem Versicherungsvertrag – insbesondere auch die Pflicht
zur weiteren Entrichtung der periodisch geschuldeten Versicherungsprämie (keine
Einmalprämie) – vom bisherigen Inhaber unwiderruflich abgetreten erhält. Der Käufer
muss sich alsdann gegenüber der Versicherungsgesellschaft als neuer Versicherungs-
nehmer ausweisen, ansonsten er seinen Anspruch auf die Versicherungsleistung nicht
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geltend machen kann und die Versicherungsgesellschaft seine Prämienzahlung auch
nicht befreiend entgegennehmen muss. Diese Ausweisung kann der Erwerber durch
die Police (mit oder ohne Inhaber-/Ordreklausel) und/oder durch eine separate unwi-
derrufliche Abtretungserklärung des Veräusserers bewirken, welche Dokumente er von
diesem bzw. vom allenfalls beauftragten Versicherungsmakler beim Erwerb der Versi-
cherung erhält. Dem Käufer wird darauf von der Versicherungsgesellschaft eine
Kenntnisnahmebestätigung über seinen Status als neuer Versicherungsnehmer aus-
gehändigt.
Der Vermögensanfall aus einer solchen rückkaufsfähigen Secondhand-/Ge-
brauchtlebensversicherung ist beim Erwerber der Versicherung ebenso steuerfrei wie
beim Veräusserer bzw. bei demjenigen, welcher ursprünglich die Versicherung abge-
schlossen hat und der vielfach vorher die versicherte Person war (Richner/Frei/Kauf-
mann/Meuter, Art. 24 N 52, auch zum Folgenden). Voraussetzung ist jedoch, dass der
Erwerber seine Berechtigung als Versicherungsnehmer nachweist, ebenso wie das
Vorliegen einer weiterhin rückkaufsfähigen Lebensversicherung mit periodischer Versi-
cherungsprämie und weiterbestehendem Risikoschutz (vgl. hierzu nachfolgend E. 1. c)
dd) sowie die vorgesehene Auszahlung der Versicherungssumme an ihn. Diese Be-
weisleistungspflicht des Erwerbers ergibt sich aus dem im Steuerrecht allgemein gülti-
gen Grundsatz, dass der Steuerpflichtige steueraufhebende bzw. -mindernde Umstän-
de darzutun und nachzuweisen hat, während es an der Veranlagungsbehörde liegt,
steuerbegründende oder -erhöhende Tatsachen nachzuweisen (Richner/Frei/Kauf-
mann/Meuter, Art. 123 N 77 mit Verweisungen). Der Beweis ist mittels der Police, der
unwiderruflichen Abtretungserklärung des bisherigen Versicherungsnehmers und/oder
der erwähnten Kenntisnahmebestätigung des Versicherers zu erbringen.
dd) Diese Beweisleistungspflicht ist vor dem Hintergrund zu verstehen, dass
an sich rückkaufsfähige (britische) Lebensversicherungen oftmals vor ihrem Verkauf an
einen Dritten in rückkaufsfähige Erlebensfallversicherungen umgewandelt werden, bei
denen der Versicherer weder ein Todesfall- noch sonst ein Versicherungsrisiko mehr
trägt. Diese Vertragsänderungen sind in einem oder mehreren Policennachträgen
("endorsements") festgehalten. Dergestalt handelt es sich bei diesen Versicherungen
nurmehr um reine Sparversicherungen, selbst wenn der Käufer einer solchen Versiche-
rung (Investor) mittels Abtretung von Rechten und Pflichten aus dem Versicherungs-
vertrag formell die Stellung als neuer Versicherungsnehmer übernimmt. Weil kein Ver-
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sicherungsrisiko mehr besteht, liegt keine rückkaufsfähige Kapitalversicherung im Sinn
von Art. 24 lit. a DBG mehr vor, sodass der Vermögensanfall aus einer solchen Versi-
cherung auch nicht mehr einkommenssteuerfrei ist. Der Erwerber einer (britischen)
Secondhandpolice tätigt daher in der Regel eine Investition zu reinen Anlagezwecken,
bei welcher die Hingabe eines bestimmten Kapitals im Vordergrund steht (Schweizeri-
sche Steuerkonferenz, Vorsorge und Steuern, Anwendungsfälle zur beruflichen Vor-
sorge und Selbstvorsorge, Stand: Sommer 2011, Register 7/2). Mithin hat der Erwerber
einer Secondhandpolice zweifelsfrei nachzuweisen, dass die Versicherung weiterhin
das ursprüngliche Versicherungsrisiko abdeckt und daher immer noch eine rückkaufs-
fähige Lebensversicherung (mit periodischer Prämie) darstellt. Dies ist am ehesten
durch Vorlage der Versicherungspolice samt allen Nachträgen möglich, kann aber
auch durch die unwiderrufliche Abtretungserklärung des bisherigen Versicherungs-
nehmers erbracht werden, sofern aus dieser Erklärung hervorgeht, dass es sich immer
noch um eine rückkaufsfähige Lebensversicherung mit intaktem Risikoschutz handelt.
3. a) Die Pflichtigen erhielten im Jahr 2008 die streitigen Zahlungen von zwei
britischen Versicherungsgesellschaften, der C und der D, im Betrag von GBP
15'756.18 bzw. GBP 18'106.10. Allerdings ist nur die entsprechende Abrechnung der
letzteren Gesellschaft aktenkundig, währendem diejenige der C von den Pflichtigen
trotz Auflage vom 3. Dezember 2010 nicht eingereicht wurde.
b) aa) Die Policen zu diesen zwei Versicherungen liegen unstreitig nicht vor,
da sie von den Pflichtigen ebenfalls nicht vorgelegt wurden. Auf diesbezügliche Auflage
der Steuerkommissärin vom 15. Februar 2010 produzierten die Pflichtigen vielmehr nur
die Policenkopie einer andern Versicherungsgesellschaft, der E in Edinburgh, zu den
Akten. Sie hielten dafür, die Originalpolicen lägen bei der F in London, da sie dort als
Pfand für ein zum Erwerb weiterer Policen aufgenommenes Darlehen hinterlegt wor-
den seien. In der Beschwerde bzw. im Rekurs fügten sie an, bei Ablauf der Versiche-
rung hätten die Policen alsdann den Versicherungsgesellschaften eingesandt werden
müssen, sodass sie diese nicht mehr einreichen könnten. Diese Umstände mögen
zwar zutreffen, sind jedoch von den Pflichtigen im vorliegenden Verfahren selber zu
vertreten, da sie beweisbelastet sind. Mit andern Worten enthebt sie der Beweisnot-
stand, der sich durch diese behaupteten Umstände allenfalls einstellt, nicht von der
Pflicht, das Vorliegen einer rückkaufsfähigen Lebensversicherung mit weiterbestehen-
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dem Risikoschutz und deren Übergang auf sie nachzuweisen sowie die Folgen der
diesbezüglichen Beweislosigkeit zu tragen.
bb) (Unwiderrufliche) Erklärungen der bisherigen Versicherungsnehmer über
die Abtretung sämtlicher Rechte und Pflichten aus den beiden streitbetroffenen Versi-
cherungsverträgen an die Pflichtigen und/oder Kenntnisnahmenbestätigungen der Ver-
sicherer über den Status der Pflichtigen als neue Versicherungsnehmer fehlen ebenso.
Die Existenz solcher Erklärungen wird von den Letzteren nicht einmal geltend ge-
macht.
cc) Einen gewissen Ersatz für eine solche Erklärung könnte zwar in der "Kauf-
bestätigung/Rechnung" der G Ltd. vom 3. November 2000 über den Erwerb der Versi-
cherung der C erblickt werden, jedoch werden damit lediglich die Daten der "bestellten"
Policen durch die Pflichtigen mitgeteilt, ohne dass der Policenkauf selber – wie in der
Rechnung vorgesehen – von den Pflichtigen mittels Unterschrift bestätigt worden ist.
Zudem handelt es sich nicht um eine Bestätigung der Versicherungsgesellschaft, son-
dern mutmasslich bloss um diejenige des den Kauf vermittelnden Versicherungsbro-
kers. Auch geht daraus nicht hervor, was für eine Art von Versicherung der "bestellten"
Police zugrundeliegt. Schliesslich fehlt unstreitig eine entsprechende "Kaufbestäti-
gung/Rechnung" für die zweite Versicherung der D. Die an deren Stelle von den Pflich-
tigen vorgelegten Unterlagen über die Erhöhung eines Bankdarlehens zum Erwerb
verschiedener Policen und die Bestellung entsprechender Faustpfänder (darunter die
Police der D), enthalten keinerlei Angaben zur Abtretung der Versicherungen an die
Pflichtigen und stellen daher ebenfalls keinen Ersatz für die erwähnte Erklärung des
Versicherers dar.
dd) Nicht weiter hilft den Pflichtigen sodann die Abrechnung über die bei Ver-
sicherungsablauf an sie ausgerichteten Leistungen der D in der Höhe von GBP
18'106.10 vom 26. Februar 2008. Zwar stammt die Abrechnung von der Versiche-
rungsgesellschaft selber, sodass daraus indirekt zu schliessen ist, diese habe die
Pflichtigen wohl als Berechtigte der ausgerichteten Leistungen angesehen. Allerdings
geht aus ihr nicht hervor, ob es sich bei der Versicherung tatsächlich noch um eine
rückkaufsfähige Lebensversicherung (mit periodischer Prämie oder Einmalprämie mit
Vorsorgecharakter), bei der das Versicherungsrisiko (Ableben des ursprünglichen Ver-
sicherungsnehmers vor Ablauf der Versicherung) weiter bestand, handelte. Nur bei
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einer solchen Versicherung wäre der Vermögensanfall aber nach dem Gesagten steu-
erbefreit. Eine Abrechnung des anderen Versicherers, der C, über die Auszahlung der
Versicherungsleistung fehlt – wie erwähnt – ohnehin.
ee) Sodann liegt auch keine Kenntnisnahmebestätigung der betroffenen
zwei Versicherer über den Status der Pflichtigen als neue Versicherungsnehmer vor.
Dass eine solche Bestätigung an sich erhältlich wäre, zeigt das entsprechende Schrei-
ben des Versicherers einer andern Police, der E, vom 2. Oktober 2001.
ff) Schliesslich sind auch die eingereichten Auszüge des Kontos der Pflichti-
gen bei der F aus dem Jahr 2008 nicht beweisbildend, da sie keinerlei Angaben über
die streitigen Versicherungen enthalten, sondern nur mögliche Prämienzahlungen
ausweisen.
gg) Anzumerken ist, dass die Pflichtigen in der Replik vom 2./5. Dezem-
ber 2011 zwar ausführlich beteuern, bei den streitigen zwei Versicherungspolicen blei-
be die ursprünglich versicherte Person bzw. deren Leben weiterhin versichertes Risiko
der Versicherungsgesellschaft, da es sich um eine "Fixed Term", d.h. um eine von An-
fang an bestehende Erlebensfallpolice mit Versicherungsschutz bei vorzeitigem Ver-
sterben der versicherten Person handle, bei der eine Umwandlung in eine Versiche-
rung mit festem Ablauf ohne Risikoschutz nicht möglich sei. Indessen vermögen sie
diese Beteuerungen nicht nachzuweisen. Auch kann angesichts von ausländischen
Verträgen nicht von einer notorischen, d.h. allgemein oder zumindest dem Steuerre-
kursgericht bekannten Vertragsausgestaltung mit den behaupteten Folgen bei Abtre-
tung des Vertrags ausgegangen werden.
c) Nach alledem ist es den Pflichtigen nicht gelungen, den Nachweis dafür zu
erbringen, dass die streitigen zwei Auszahlungen Vermögensanfall aus rückkaufsfähi-
gen Lebensversicherungen mit intaktem Risikoschutz darstellen. Sie machen sodann
nicht geltend, bei den zwei Versicherungen sei eine Einmalprämie geschuldet gewesen
und sie hätten der Altersvorsorge im Sinn von Art. 20 lit. a DBG gedient, sodass der
Vermögensanfall aus diesem Grund einkommenssteuerfrei sei. Die Auszahlungen sind
daher gemäss Art. 16 Abs. 1 bzw. 20 Abs. 1 DBG mit der Einkommenssteuer zu erfas-
sen.
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4. a) In betraglicher Hinsicht sind die Auszahlungen der Versicherungsgesell-
schaften über GBP 18'106.07 und GBP 15'756.18 nicht streitig sowie aufgrund der
eingereichten Kontoauszüge auch nachgewiesen.
Von diesen Auszahlungsbeträgen sind die Erwerbskosten sowie die von den
Pflichtigen nach dem Erwerb der Versicherungen geleisteten periodischen Prämien als
weitere Investitionskosten abzuziehen. Darin sind sich die Parteien zu Recht einig.
Streitig ist jedoch, zu welchen Umrechnungskursen diese in GBP angefallenen Kosten
zu berücksichtigen sind. Während das kantonale Steueramt sie ohne Umrechnung vom
Erlös in Abzug bringt und erst die derart gebildete Differenz von GBP (zum damaligen
Kurs) in Schweizer Franken umrechnet, wollen die Pflichtigen die Umrechnung bereits
im Zeitpunkt der Zahlung der Investitionskosten vornehmen und den umgerechneten
Kostenbetrag erst danach vom (ebenfalls umgerechneten) Erlös in Abzug bringen.
b) Beim Streit zwischen den Parteien geht es um die Frage, wie Währungs-
gewinne bzw. -verluste auf den für den Erwerb der Versicherungspolicen getätigten
Investitionskosten zu berücksichtigen sind. Die Pflichtigen finanzierten diese Kosten
aus ihrem Privatvermögen. Gewinne aus der Veräusserung solchen Vermögens sind
kraft ausdrücklicher Bestimmung in Art. 16 Abs. 3 DBG steuerfrei. Gleiches muss da-
her auch für die auf diesem Vermögen erlittenen Verluste gelten. Damit ist klar, dass
die Pflichtigen den auf den fraglichen Investitionskosten erlittenen Währungsverlust mit
dem erzielten Vermögensertrag nicht verrechnen können, sondern diesen selber zu
tragen haben.
Der Einwand der Pflichtigen, sie müssten gleich behandelt werden wie Besit-
zer von so genannten Zero-/Discontbonds, geht fehl, da sie keine solchen Wertpapiere
veräusserten und die Berücksichtigung von Währungsgewinnen bzw. -verlusten bei
diesen Titeln vom Gesetzgeber gewollt ist (Markus Reich in: Kommentar zum Schwei-
zerischen Steuerrecht, Band I/1, 2. A., 2002, Art. 7 N 50 StHG und Band I/2a, 2. A.,
2008, Art. 20 N 8 und 18 f. DBG; StRK I, 13. September 2002, 1 ST.2002.286 und
BStRK, 25. September 2003, 4 DB.2003.14). Nicht weiter hilft den Pflichtigen schliess-
lich auch der Vergleich mit juristischen Personen bzw. mit Personen, die eine kauf-
männische Buchhaltung führen, sofern die Verluste auf dem Geschäftsvermögen ange-
fallen sind, da die zwei streitbetroffenen Versicherungspolicen ihrem Privatvermögen
angehören und sie so insofern nicht über Geschäftsvermögen verfügen.
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c) Die Ermittlung des zu besteuernden Nettoerlöses ist im Übrigen nicht
bestritten und beläuft sich gemäss zutreffender Berechnung des kantonalen Steuer-
amts im Einspracheentscheid auf Fr. 896.- (C) bzw. Fr. 6'339.- (D).
5. § 16 Abs. 1 und 3 Satz 1 und § 24 lit. b des Steuergesetzes vom 8. Juni
1997 (StG) entsprechen Art. 16 Abs. 1 und Abs. 3 sowie Art. 24 lit. b DBG bzw. Art. 7
Abs. 4 lit. d StHG. Daraus folgt, dass die Erwägungen zur direkten Bundessteuer auch
für die kantonalen Steuern gelten (Urteil 2C_868/2008 vom 23. Oktober 2009 E. 2.1, in:
StE 2010 B. 23.1 Nr. 68). Demnach unterliegt der bei Ablauf der zwei Versicherungen
erzielte Nettoerlös auch bei den Staats- und Gemeindesteuern der Einkommenssteuer,
und zudem im gleichen Umfang.
6. Diese Erwägungen führen zur Abweisung der Rechtsmittel.
Ausgangsgemäss sind die Verfahrenskosten den Pflichtigen aufzuerlegen
(Art. 144 Abs. 1 DBG und § 151 Abs. 1 StG). Die Zusprechung einer Parteientschädi-
gung entfällt (Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das
Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember 1968 und § 152 StG i.V.m. § 17 Abs. 2 des
Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997). | Public | Tax | de | 2,012 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
9c397aab-1030-4c3d-a197-d3f45ed74ae0 | hat sich ergeben:
A. A und B (nachfolgend der/die Pflichtige bzw. zusammen die Pflichtigen)
deklarierten in der Steuererklärung 2008 ein steuerbares Einkommen von Fr. 778'700.-
(direkte Bundessteuer) bzw. Fr. 777'300.- (Staats- und Gemeindesteuern) sowie ein
steuerbares Vermögen von Fr. 4'371'000.-. Gleichzeitig gaben sie an, von der C Stif-
tung in D/FL am ... 2008 eine Schenkung von Fr. 100'000.- erhalten zu haben.
Im Einschätzungsverfahren für die Steuerperiode 2008 verlangte der Steuer-
kommissär die Angabe des Schenkungsgrunds, die Stiftungsurkunde sowie den
Nachweis, dass es sich nicht um eine steuerbare Einkunft handle. Am 25. Mai 2011
liessen die Pflichtigen verschiedene Unterlagen einreichen. Mit Entscheiden vom
27. Mai 2011 veranlagte sie der Steuerkommissär mit einem steuerbaren Einkommen
von Fr. 878'700.- (direkte Bundessteuer) bzw. Fr. 877'300.- (Staats- und Gemeinde-
steuern), indem er die fraglichen Fr. 100'000.- als Einkommen behandelte. Das steuer-
bare Vermögen setzte er gemäss Steuererklärung fest.
B. Hiergegen erhoben die Pflichtigen am 27. Juni 2011 je Einsprache mit dem
Antrag, von der Aufrechnung der Fr. 100'000.- abzusehen, da eine Schenkung vorlie-
ge. Das kantonale Steueramt wies die Einsprachen am 31. Januar 2012 ab.
C. Mit Beschwerde bzw. Rekurs vom 5. März 2012 liessen die Pflichtigen die
Einspracheanträge wiederholen und die Zusprechung einer Parteientschädigung ver-
langen. Das kantonale Steueramt schloss am 26. März 2012 auf Abweisung der
Rechtsmittel. Die Eidgenössische Steuerverwaltung liess sich nicht vernehmen.
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1 DB.2012.51 1 ST.2012.59 | Kammer zieht in Erwägung:
1. a) Gemäss Art. 16 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die direkte Bundes-
steuer vom 14. Dezember 1990 (DBG) bzw. § 16 Abs. 1 des Steuergesetzes vom
8. Juni 1997 (StG) unterliegen alle wiederkehrenden und einmaligen Einkünfte der Ein-
kommenssteuer. Die Bestimmungen enthalten eine Generalklausel, die durch die bei-
spielhafte Aufzählung verschiedener Einkommensbestandteile in den Art. 17 bis
23 DBG bzw. §§ 17 ff. StG ergänzt und durch die Befreiung bestimmter Einkünfte prä-
zisiert wird. Sämtliche Einkünfte sind grundsätzlich ohne Rücksicht auf ihre Quellen
steuerbar. Unter Einkünften sind dabei alle von aussen zufliessenden Vermögensrech-
te zu verstehen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A.,
2009, Art. 16 N 7 DBG und Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz,
2. A., 2006, § 16 N 9 StG). Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung fallen deshalb
auch Einkünfte aus Stiftungen grundsätzlich unter die Generalklausel von Art. 16
Abs. 1 DBG (BGr, 22. April 2005, 2A.668/2004, E. 2.1 f., www.bger.ch, mit Hinweisen,
auch zum Folgenden; vgl. ferner VGr ZG, 12. März 2003 = StE 2004 B 52.7 Nr. 2). Die
gesetzliche Aufzählung der steuerfreien Einkünfte, insbesondere in Art. 24 DBG bzw.
§ 24 StG, wird auch von der herrschenden Lehre als abschliessend erachtet. Aus dem
verfassungsrechtlichen Grundsatz der Allgemeinheit der Besteuerung (Art. 127 Abs. 2
der Bundesverfassung vom 18. April 1999) ergibt sich ferner, dass Ausnahmen von der
Steuerpflicht restriktiv auszulegen bzw. anzunehmen sind (Richner/Frei/Kauf-
mann/Meuter, Art. 16 N 5 DBG und § 16 N 18 StG; BGr, 9. März 2011, 2C_673/2010,
E. 5.1, www.bger.ch).
b) Macht die steuerpflichtige Person geltend, ein Vermögenszufluss sei auf-
grund einer ausdrücklichen Gesetzesbestimmung von der Einkommenssteuer ausge-
nommen, so ist sie hierfür beweisbelastet. Sie hat die ihrer Behauptung zugrunde lie-
genden steuermindernden Tatsachen von sich aus durch eine substanziierte
Sachdarstellung darzulegen, aus welcher sich ohne weitere Untersuchung der Schluss
auf das Vorliegen eines steuerbefreiten Zuflusses ziehen lassen muss (VGr,
6. Mai 1997 = StE 1998 B 21.3 Nr. 3; RB 1994 Nr. 33, 1987 Nr. 35, 1975 Nr. 55). Auch
hat sie für die zugrunde liegende Sachdarstellung von sich aus beweiskräftige Unterla-
gen einzureichen oder die Beweismittel wenigstens unter genauer Bezeichnung anzu-
bieten (vgl. RB 1975 Nr. 55).
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1 DB.2012.51 1 ST.2012.59
Gelingt der steuerpflichtigen Person der Nachweis nicht, dass ein Vermö-
genszugang aus einem bestimmten einkommenssteuerbefreiten Grund vorliegt, ist zu
ihren Ungunsten ohne weiteres anzunehmen, es liege Einkommen im Sinn von Art. 16
Abs. 1 DBG bzw. § 16 Abs. 1 StG vor, da letztere Bestimmungen – wie erwähnt – alle
Wertzuflüsse erfassen, sofern sie nicht kraft besonderer gesetzlicher Bestimmung von
der Einkommensbesteuerung ausgenommen sind.
2. a) Der streitige, an den Pflichtigen geflossene Betrag von Fr. 100'000.-
stammt aus der C Stiftung in D/FL. Diese nach liechtensteinischem Recht errichtete
und im dortigen Öffentlichkeitsregister eingetragene Stiftung verfolgt gemäss den Sta-
tuten vom ... 2006 folgenden Zweck (Art. 5.1): Ausrichtung von Beiträgen zur Bestrei-
tung der Kosten der Erziehung und Bildung, der Ausstattung oder Unterstützung von
Angehörigen einer oder mehrerer Familien, oder zu ähnlichen Zwecken. Ausserdem
können Zuwendungen an bestimmte Personen ausserhalb dieser Familie(n) oder an
Institutionen getätigt werden. Nach Art. 4 beträgt das Stiftungsvermögen Fr. 30'000.-
und kann jederzeit durch Zuwendungen des (namentlich nicht genannten) Stifters oder
Dritter erhöht werden. Begünstigte sind die vom Stiftungsrat bezeichneten Personen
oder Institutionen (Art. 11.1). Sie können von diesem in Beistatuten bestimmt werden,
ebenso der Umfang sowie die Art und Weise ihrer Begünstigung (Art. 12.2). Der Stif-
tungsrat ist befugt, Änderungen an den Statuten vorzunehmen (Art. 16). Als Mitglieder
des Stiftungsrats agierten bzw. agieren E (bis 15. September 2009) und die F Aktien-
gesellschaft (bis heute) sowie ab letzterem Datum G und H.
b) Vorliegend geht es um Zuwendungen einer Auslandsstiftung, weshalb das
internationale Privatrecht den massgeblichen Ausgangspunkt bildet. Nach Art. 150
Abs. 1 des Bundesgesetzes über das internationale Privatrecht vom 18. Dezem-
ber 1987 (IPRG) gelten organisierte Vermögenseinheiten als Gesellschaften; darunter
fallen auch die Stiftungen. Gesellschaften unterstehen dem Recht des Staates, nach
dessen Vorschriften sie organisiert sind, wenn sie die darin vorgeschriebenen Publizi-
täts- oder Registrierungsvorschriften dieses Rechts erfüllen oder, falls solche Vorschrif-
ten nicht bestehen, wenn sie sich nach dem Recht dieses Staates organisiert haben
(Art. 154 Abs. 1 IPRG).
Die C Stiftung ist laut ihren Statuten eine Stiftung gemäss Art. 552 ff. des
liechtensteinischen Personen- und Gesellschaftsrechts (PGR; in der bis Frühling 2009
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geltenden Fassung). Die Parteien machen nicht geltend, die Stiftung widerspreche
liechtensteinischem Recht und den dortigen Gepflogenheiten. Die dem Stiftungsrat
gemäss Art. 16.1 der Statuten zugestandene umfassende Änderungsbefugnis weckt
zwar gewisse Zweifel an der Rechtmässigkeit der entsprechenden statutarischen Be-
stimmung. Solche Regelungen werden in der Praxis aber geduldet und wird im liech-
tensteinischen Recht die Möglichkeit der Statuierung von Änderungsbefugnissen der
Stiftungsorgane ausdrücklich erwähnt (vgl. Art. 565 f. PGR in der Fassung vor der Stif-
tungsrechtsrevision 2009, Text abrufbar unter www.pgr.li). Nachdem sonst keine offen-
sichtlichen Mängel auszumachen sind, ist davon auszugehen, dass die Stiftung nach
ausländischem Recht korrekt errichtet und betrieben wurde. Aus internationalprivat-
rechtlicher Sicht kommt eine Anerkennung dieser Stiftung daher nur dann nicht in Fra-
ge, wenn eine Verletzung des schweizerischen ordre public bejaht würde (Vorbehalts-
klausel nach Art. 17 IPRG) bzw. wenn Schweizer Recht im Sinn von Art. 18 IPRG
zwingend anzuwenden wäre ("loi d’application immédiate"). Der ordre public ist betrof-
fen, wenn fundamentale Rechtsgrundsätze verletzt sind, der fragliche Akt mit der
schweizerischen Rechts- und Wertordnung schlechthin unvereinbar ist (BGE 119 II
264; BGE 135 III 614, E. 4.2).
c) Im nationalen Recht ist die Gründung von Familienstiftungen nur zur
Bestreitung der Kosten der Erziehung, Ausstattung oder Unterstützung von Familien-
angehörigen oder zu ähnlichen Zwecken erlaubt (Art. 335 Abs. 1 ZGB). Die Errichtung
von Familienfideikommissen (= mit einer Familie fest verbundenes Sondervermögen
ohne eigene Rechtspersönlichkeit und zum Genuss der Familienmitglieder nach fester
Sukzessionsordnung bestimmt) ist dagegen nicht gestattet (Abs. 2). Den zum Kreis der
Begünstigten gehörenden Familienangehörigen von zulässigen Familienstiftungen
nach Art. 335 Abs. 1 ZGB soll bloss in bestimmten Lebenslagen (im Jugendalter, bei
Gründung eines eigenen Hausstandes oder einer eigenen Existenz, im Fall von Not)
Hilfe geleistet werden zur Befriedigung der daraus sich ergebenden besonderen Be-
dürfnisse (vgl. BGE 108 II 394). Auch die in Art. 335 Abs. 1 ZGB erwähnten ähnlichen
Zwecke setzen eine besondere Bedürfnissituation seitens der Destinatäre voraus. Eine
Familienstiftung darf die vom Gesetz zugelassenen Zwecke nicht überschreiten. Na-
mentlich Stiftungen zur voraussetzungslosen Bestreitung des allgemeinen Lebensun-
terhalts einer Familie oder einzelner ihrer Angehörigen gelten als reine Unterhalts- oder
Genussstiftungen und sind unzulässig. Stiftungen dürfen demnach Familienangehöri-
gen keine Leistungen ohne besondere Voraussetzungen zukommen lassen (Ha-
rold Grüninger, in: Basler Kommentar, 4. A., 2010, Art. 335, ZGB N 6 ff. mit Hinwei-
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sen). Das Bundesgericht erachtet jedoch das Verbot von Familienfideikommissen nicht
als "loi d’application immédiate" im Sinn von Art. 18 IPRG (BGE 135 III 614 E. 4.3.1 i.f.
und E. 4.3.3).
d) Die Statuten der C Stiftung fassen den Kreis der möglichen Begünstigten
weit, kommen doch neben Familienmitgliedern auch ausserhalb des Familienkreises
stehende Personen oder Institutionen in Frage. Bei den Familienmitgliedern sind die
Zuwendungen sodann zwar praktisch gleich wie in Art. 335 Abs. 1 ZGB auf die Bestrei-
tung der Kosten der Erziehung und Bildung, der Ausstattung oder Unterstützung oder
zu ähnlichen Zwecken beschränkt, bei den Personen und Institutionen ausserhalb der
Familie(n) dagegen nicht. Der Stiftungsrat ist sodann befugt, die Begünstigten zu be-
zeichnen und hierzu entsprechende Beistatuten zu erlassen.
Diese Ausgestaltung der Stiftungsstatuten lassen nicht auf einen Familienfi-
deikomiss im Sinn von Art. 335 Abs. 2 ZGB schliessen. Hierfür ist der Kreis der Desti-
natäre zu weit gefasst, weil auch solche ausserhalb der Familie in Frage kommen.
Auch fehlt eine Verpflichtung zur Erhaltung und Weitergabe des Vermögens, da auch
dessen vollständiger Verzehr zulässig ist (vgl. Art. 5.2 der Statuten). Vielmehr ähnelt
die C Stiftung einer Familienstiftung mit aus schweizerischer Sicht insoweit unzulässi-
gem Zweck, als dieser bei Personen und Institutionen ausserhalb der Familie umfas-
sender ist als in Art. 335 Abs. 1 ZGB vorgesehen. Dies würde bei einer schweizeri-
schen Stiftung Teilnichtigkeit der Statuten nach sich ziehen.
Nachdem die Rechtsprechung das Verbot des Familienfideikommisses nach
Art. 335 Abs. 2 ZGB nicht als "loi d’application immédiate" im Sinn von Art. 18 IPRG
auffasst und solche Gebilde wohl implizit nicht als gegen den schweizerischen ordre
public verstossend ansieht, hat dies umso mehr für Familienstiftungen zu gelten, bei
denen der Zweck über Art. 335 Abs. 1 ZGB hinausgeht. Solche Stiftungen wären zwar
allenfalls teilnichtig, wenn sie auf schweizerischem Recht beruhten. Verfolgt aber eine
ausländische Stiftung einen unzulässigen Zweck im beschriebenen Sinn, so erscheint
dieser Mangel nicht als derart gravierend, als dass dadurch die hiesige Rechts- und
Werteauffassung in ihren Grundfesten erschüttert und der schweizerische ordre public
angetastet würde. Auslandsstiftungen ist die zivilrechtliche Anerkennung daher nicht
allein wegen eines Verstosses gegen Art. 335 Abs. 1 ZGB zu versagen (vgl. Grüninger,
Art. 335 N 16 ZGB).
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1 DB.2012.51 1 ST.2012.59
e) Damit hat die C Stiftung zivilrechtlich Bestand und gilt als Stiftung mit eige-
ner Rechtspersönlichkeit.
3. Zu prüfen ist weiter, ob die C Stiftung auch steuerrechtlich als eigenes
Rechtssubjekt zu betrachten ist.
a) Nach Art. 49 Abs. 3 DBG bzw. § 54 Abs. 3 StG werden juristische Perso-
nen, ausländische Handelsgesellschaften und andere ausländische Personen-
gesamtheiten ohne juristische Persönlichkeit den inländischen juristischen Personen
gleichgestellt, denen sie rechtlich oder tatsächlich am ähnlichsten sind. Diese Bestim-
mungen sind auch heranzuziehen, wenn es nicht um die steuerrechtliche Zugehörigkeit
der ausländischen juristischen Person zur Schweiz geht, sondern andere Berührungs-
punkte zur Schweiz bestehen, die eine Beurteilung der rechtlichen Selbstständigkeit
erfordern, etwa wenn – wie hier – bei einer Auslandsstiftung die Begünstigten hierzu-
lande ansässig sind (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 49 N 39 DBG und § 54 N 37
StG).
Wie ausgeführt, ist die C Stiftung einer schweizerischen Familienstiftung im
Sinn von Art. 335 Abs. 1 ZGB sehr ähnlich, indem der Zweck nur bei Personen aus-
serhalb der Familie darüber hinausgeht.
b) Gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichts ist einer zivilrechtlich gültigen
Stiftung auch steuerrechtlich Autonomie zuzugestehen, ausser es liege eine Steuer-
umgehung vor (vgl. BGr, 12. Dezember 2010, 2C_157/2010, E. 10.3, www.bger.ch).
Letzteres ist dann der Fall, wenn das gewählte Vorgehen ungewöhnlich, unangemes-
sen oder seltsam erscheint, jedenfalls aber nicht dem verfolgten wirtschaftlichen Ziel
entspricht, dieser ungewöhnliche Weg nur aus Gründen der Steuerersparnis gewählt
wurde und eine erhebliche Steuerersparnis eintreten würde, falls die Aktion erfolgreich
wäre. Bei einer Steuerumgehung muss die Veranlagung das von den Steuerpflichtigen
angestrebte wirtschaftliche Ziel berücksichtigen (vgl. BGE 131 II 627 E. 5.2 sowie statt
vieler BGr, 9. November 2001 = ASA 72, 413 ff.). Eine liechtensteinische Stiftung wird
unter Annahme einer Steuerumgehung steuerrechtlich insbesondere dann nicht aner-
kannt, wenn sich der Stifter oder die Begünstigten das wirtschaftliche Verfügungsrecht
über Substanz und Ertrag der Stiftung vorbehalten haben (Richner/Frei/Kauf-
mann/Meuter, Art. 49 N 42 DBG und § 54 N 40 StG).
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1 DB.2012.51 1 ST.2012.59
Im liechtensteinischen Recht ist zwischen kontrollierten und nicht kontrollierten
Familienstiftungen im Wesentlichen wie folgt zu unterscheiden (VGr SG, 29. Au-
gust 2007, E. 2.4, mit Hinweisen, www.gerichte.sg.ch): Bei der kontrollierten Stiftung
erteilt der Stifter einem Treuhänder den Auftrag, eine Stiftung gemäss seinen Weisun-
gen zu errichten. Durch einen Mandatsvertrag bindet er den Stiftungsrat an seine In-
struktionen und behält damit indirekt die Kontrolle über das Stiftungsvermögen. In ei-
nem Beistatut bezeichnet er sich als einzigen Begünstigten zu Lebzeiten mit einer
Nachfolgeregelung bei seinem Ableben. Das Beistatut kann durch den Stifter abgeän-
dert werden und wird nach seinem Ableben unwiderruflich. Bei der nicht kontrollierten
Familienstiftung behält sich der Stifter keine Kontrolle über das Stiftungsvermögen vor.
Die Entscheidungsbefugnis und Verwaltung obliegen ausschliesslich dem Stiftungsrat.
c) Die Statuten der C Stiftung enthalten zwar keine Bestimmung, wonach der
Stifter unwiderruflich auf alle Rechte an der Stiftung und an deren Vermögen verzich-
tet. Es fehlen aber auch Vorschriften, die das Gegenteil besagen. Allerdings wurden
als Mitglied des Stiftungsrats die F Aktiengesellschaft in D und E, beide in D, bestellt
und waren beide Mitglieder auch noch im Jahr 2008 im Amt. Bei der genannten Ge-
sellschaft ist mangels bisheriger Untersuchung nicht bekannt, wem sie wirtschaftlich
gehört und welche Personen zeichnungsberechtigt sind. Mithin kann nicht ausge-
schlossen werden, dass der Stifter über die erwähnte Gesellschaft im Stiftungsrat der
C Stiftung tätig war bzw. ist und deren Geschicke massgeblich mitbestimmt(e). Auch ist
nicht bekannt, ob er mit der Stiftung irgendwelche Mandatsverträge unterhält und auch
so auf diese Einfluss nehmen kann. Mithin könnte es sich bei der C Stiftung aber
durchaus um eine kontrollierte, d.h. "transparente" Stiftung handeln mit der Wirkung,
dass das Stiftungsvermögen und der Ertrag daraus schon nach liechtensteinischen
Recht, aber auch nach hiesigem Recht weiterhin dem Stifter zuzurechnen wäre (Nata-
lie Peter, Die Liechtensteinische Stiftung und der Trust im Schweizer Recht, in: IFF
Forum für Steuerrecht 2003, S. 164 sowie VGr SG, 29. August 2007,
www.gerichte.sg.ch). Es läge ohne Weiteres ein ungewöhnliches bzw. seltsames Vor-
gehen vor, sodass der C Stiftung – sofern die weiteren Kriterien einer Steuerumgehung
gegeben sind – die steuerliche Anerkennung versagt bleiben müsste.
Wie es sich diesbezüglich verhält, kann jedoch offen bleiben, wie nachfolgend
zu zeigen ist.
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1 DB.2012.51 1 ST.2012.59
4. a) Nach feststehender bundesgerichtlicher Praxis liegt eine Schenkung im
steuerrechtlichen Sinn vor, wenn eine unentgeltliche Zuwendung unter Lebenden mit
Schenkungsabsicht (animus donandi) vorgenommen wird (BGr, 22. April 2005,
2A.668/2004, E. 3.3, mit Hinweisen, www.bger.ch). Der Begriff der Schenkung nach
Art. 24 lit. a DBG bzw. § 24 lit. a StG umfasst damit die drei Elemente Vermögenszu-
wendung, Unentgeltlichkeit, Schenkungswille (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 24
N 15 DBG und § 24 N 19 StG). Für die rechtliche Qualifikation der an die Destinatäre
ausgerichteten Erträge einer Familienstiftung ist zufolge der eigenen Rechtspersön-
lichkeit der Stiftung allein auf das zwischen ihr und den Destinatären bestehende Ver-
hältnis abzustellen. Da die Stiftung die Erträge an die Destinatäre nicht freiwillig, son-
dern lediglich in Erfüllung einer ihr durch die Stiftungsurkunde auferlegten Rechtspflicht
ausrichtet, hat sie auch keinen Schenkungswillen (BGr, 22. April 2005, 2A.668/2004,
E. 3.4.3, mit Hinweisen, www.bger.ch). Im Gegensatz zu dieser Rechtsprechung des
obersten Gerichts stellt das zürcherische Verwaltungsgericht bei Stiftungen mit eigener
Rechtspersönlichkeit für die Frage des Vorliegens einer Schenkung an die Destinatäre
auf das Verhältnis zwischen den Destinatären und dem Stifter bzw. darauf ab, ob der
Schenkungswille beim Stifter gegeben war (VGr, 6. Mai 1997 = StE 1998 B 21.3 Nr. 3
und 1. November 2000 = ZStP 2001, 107 f.).
b) Nachdem die C Stiftung die Zuwendung an den Pflichtigen in Erfüllung der
Statuten vornahm, fehlt es ihr an einer Schenkungsabsicht. Zwar steht es dem Stif-
tungsrat gemäss den Statuten frei, die Begünstigten einzelfallweise oder in Beistatuten
zu bezeichnen sowie den Umfang und die Art und Weise ihrer Begünstigung zu regeln,
jedoch stets nur in diesem vom Stifter vorgegebenen Rahmen und nicht aus eigener
Befugnis. Von einem Schenkungswillen der Stiftung bei der Zuwendung an den Pflich-
tigen als Begünstigten kann daher gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichts keine
Rede sein. Dabei wird davon ausgegangen, die C Stiftung habe steuerlich eine eigene
Rechtspersönlichkeit, was indessen nicht gesichert ist.
c) Besässe die C Stiftung keine Rechtspersönlichkeit, wäre das Stiftungsver-
mögen und dessen Ertrag – wie erwähnt – dem Stifter zuzurechnen. Diesfalls wäre
dann – im Ergebnis übereinstimmend mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts
bei intakter Rechtspersönlichkeit der Stiftung – die Frage zu prüfen, ob der Schen-
kungswille für die Zuwendung an den Pflichtigen beim Stifter vorhandenen war.
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1 DB.2012.51 1 ST.2012.59
Die Person des Stifters der C Stiftung ist nicht bekannt. Weder geht sie aus
den Statuten und den aktenkundigen sonstigen Unterlagen der Stiftung hervor, noch
wird sie von den Pflichtigen genannt. Diese sprechen im bisherigen Verfahren vielmehr
konsequent nur immer vom "Stifter bzw. der "Stifterfamilie". Damit fällt aber eine Prü-
fung, ob diese Person bei der Zuwendung an den Pflichtigen über einen Schenkungs-
willen verfügte, von vornherein ausser Betracht.
d) Unabhängig davon, ob es auf den Schenkungswillen bei der Stiftung oder
beim Stifter ankommt, liegt aber ohnehin keine Schenkung vor, da die Pflichtigen die
Unentgeltlichkeit der Zuwendung und damit das Vorliegen eines Schenkungswillens
nicht nachgewiesen haben:
aa) Die Pflichtigen bringen vor, der Pflichtige habe den Stifter bzw. die Stifter-
familie seit vielen Jahren in persönlichen und geschäftlichen Angelegenheiten betreut.
Gleichzeitig sei er 13 Jahre im Verwaltungsrat der damaligen I AG, J gewesen, davon
sechs Jahre als Präsident. Die C Stiftung sei Aktionärin der I AG gewesen. In all diesen
Jahren habe sich eine Freundschaft zwischen dem Stifter und seiner Familie entwi-
ckelt. Nachdem die I AG verkauft worden sei, sei es dem Stifter bzw. der Stifterfamilie
ein Anliegen gewesen, dem Pflichtigen in Anerkennung seiner Treue und Loyalität ei-
nen Geldbetrag zu schenken. Die anwaltliche Tätigkeit sei stets separat in Rechnung
gestellt und beglichen worden. Es hätten die üblichen Stundenansätze gegolten, wel-
che der Pflichtige gegenüber seinen Klienten verrechnet habe. Für das Verwaltungs-
ratsmandat sei der Pflichtige ebenfalls marktkonform entschädigt worden.
bb) Zum Nachweis dieser Sachdarstellung verweisen die Pflichtigen auf ein
entsprechendes Schreiben der C Stiftung vom 16. Mai 2011, das sie auf Auflage des
Steuerkommissärs vom 7. April 2011 hin im Einschätzungsverfahren einreichten. Die
darin von der C Stiftung in Übereinstimmung mit den Vorbringen der Pflichtigen getrof-
fenen Feststellungen lassen sich jedoch in keiner Art und Weise überprüfen. Insbeson-
dere für die vorliegend zentrale Behauptung, dass der Pflichtige von der I AG als Ver-
waltungsrat und Verwaltungsratspräsident bzw. anwaltlicher Rechtsberater stets
separat und im Drittvergleich angemessen sowie vollständig entschädigt worden sei,
fehlt jeder direkte Nachweis. Hierzu hätte es der entsprechenden Belege (Honorarno-
ten und Salärabrechnungen etc. gegenüber bzw. von der I AG) bedurft. Somit handelt
es sich bei diesem Schreiben nicht um ein hinreichendes Beweismittel für die Sachdar-
stellung der Pflichtigen.
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1 DB.2012.51 1 ST.2012.59
cc) Im Übrigen liegt mit der Tätigkeit des Pflichtigen als Verwaltungsrat eine
unselbstständige Erwerbstätigkeit vor (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 17 N 18
DBG und § 17 N 18 StG mit zahlreichen Hinweisen). Bei dieser sind gemäss Art. 17
Abs. 1 DBG bzw. § 17 Abs. 1 StG alle Einkünfte steuerbar, und zwar mit Einschluss
der Nebeneinkünfte, wie Entschädigungen für Sonderleistungen, Provisionen, Zulagen,
Dienstalters- und Jubiläumsgeschenke, Gratifikationen, Trinkgelder, Tantiemen und
andere geldwerte Vorteile. Dabei kann die Entschädigung fest oder variabel sein, vom
Arbeitgeber oder von Dritten – in casu wäre dies die C Stiftung – ausgerichtet werden.
Auch ist nicht entscheidend, ob ein Rechtsanspruch auf eine Leistung besteht oder
nicht, sodass auch freiwillige Leistungen wie Treuprämien und Zuwendungen in Aner-
kennung der geleisteten Dienste steuerbar sind. Entscheidend ist aber, dass die Leis-
tung – trotz ihrer Freiwilligkeit – ihren Rechtsgrund im Arbeitsverhältnis des Leistungs-
empfängers hat und somit nicht unentgeltlich erfolgt ist, andernfalls eine Schenkung
vorliegt (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 17 DBG und § 17 StG, je N 29 und 33).
Gemäss den Angaben der Pflichtigen und der C Stiftung wurde dem Pflichti-
gen die streitige Zuwendung von Fr. 100'000.- in Anerkennung seiner Loyalität, Ver-
bundenheit und Treue zur I AG, d.h. zu seiner bisherigen Arbeitgeberin, sowie zur Stif-
terfamilie ausgerichtet. Damit drängt sich die begründete Vermutung auf, die
Zuwendung sei – wenn auch freiwillig – als Treueprämie auch für seine Tätigkeit als
Verwaltungsrat der I AG ausgerichtet worden. Dies gilt umso mehr, als die deklarierten
Entschädigungen der I AG an den Pflichtigen in den Jahren 2007 und 2008, in welchen
er immerhin noch als Verwaltungsratspräsident amtete, mit Fr. 36'000.- bzw.
Fr. 13'000.- vergleichsweise bescheiden ausfielen. Die C Stiftung erwähnt sodann im
besagten Schreiben vom 16. Mai 2011 zwar, die Zuwendung sei "Aus Anlass" des
Verkaufs der I AG beschlossen worden, jedoch kann damit ein kausaler Zusammen-
hang mit seiner unselbständigen Erwerbstätigkeit als Verwaltungsrat bzw. Verwal-
tungsratspräsident der I AG gleichwohl nicht ausgeschlossen werden. Dass die Zu-
wendung von der C Stiftung und nicht von der I AG als Arbeitgeberin stammt, ändert
daran nichts, da auch Leistungen von Dritten steuerbar sind, soweit ein solcher Zu-
sammenhang mit der Erwerbstätigkeit vorliegt.
dd) Insgesamt ist den Pflichtigen demnach der Nachweis, dass die streitige
Zuwendung unentgeltlich erfolgt ist, mit dem erwähnten Schreiben der C Stiftung nicht
gelungen. Damit fehlt es auch am Nachweis des Schenkungswillens. Dies führt nach
- 12 -
1 DB.2012.51 1 ST.2012.59
den eingangs dargelegten Beweislastregeln dazu, dass ohne Weiteres eine steuerbare
Einkunft anzunehmen ist.
5. Aufgrund dieser Erwägungen sind Beschwerde und Rekurs abzuweisen.
Ausgangsgemäss sind die Kosten des Verfahrens den Pflichtigen aufzuerlegen
(Art. 144 Abs. 1 DBG, § 151 Abs. 1 StG). Die Zusprechung einer Parteientschädig fällt
ausser Betracht (Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des Bundesgesetzes über
das Verwaltungsverfahren vom 12. Dezember 1968; § 152 StG i.V.m. § 17 Abs. 2 des
Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997). | Public | Tax | de | 2,012 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
9c8e3598-4a89-4f2a-8313-f35c261d77eb | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend der Pflichtige) ist von Beruf Architekt und als solcher selbst-
ständig erwerbstätig. Daneben ist er alleiniger Inhaber der 200 Stammanteile der C
GmbH in der Gemeinde D mit einem Nennwert von insgesamt Fr. 20'000.-. In der
Steuererklärung 2012 gab er den Wert dieser Anteile mit Fr. 2'279'000.- und eine von
der Gesellschaft ausgeschüttete Dividende von Fr. 550'000.- an. Das deklarierte steu-
erbare Einkommen lautete auf Fr. 700'600.- (satzbestimmend Fr. 705'400.-) und das
steuerbare Vermögen auf Fr. 2'654'000.- (satzbestimmend Fr. 2'777'000.-).
Der Steuerkommissär schätzte den Pflichtigen und seine Ehefrau B (nachfol-
gend die Pflichtigen) demgegenüber für die Steuerperiode 2012 am 27. Mai 2014 mit
einem steuerbaren Einkommen von Fr. 700'200.- (satzbestimmend Fr. 705'400.-), da-
von Fr. 550'000.- aus qualifizierter Beteiligung, sowie einem steuerbaren Vermögen
von Fr. 7'312'000.- (satzbestimmend Fr. 7'476'000.-) ein. Dabei setzte er den Wert der
C GMBH-Stammanteile auf Fr. 34'890.- pro Stück, entsprechend Fr. 6'978'000.- insge-
samt fest.
B. Mit Einsprache vom 30. Juni 2014 liessen die Pflichtigen beantragen, den
Wert der C GMBH-Stammanteile dem Substanzwert entsprechend gemäss Steuerer-
klärung auf Fr. 2'279'000.- festzusetzen. Das steuerbare Einkommen blieb unbestritten.
Das kantonale Steueramt wies die Einsprache am 12. November 2014 bezüglich der
Bewertungsfrage ab, unterliess dabei jedoch gleichzeitig die Besteuerung der ausge-
schütteten Dividende als Ertrag aus qualifizierter Beteiligung.
C. Mit Rekurs vom 13. Februar 2015 verfochten die Pflichtigen den Wert der C
GMBH-Stammanteile mit Fr. 4'854'000.-, entsprechend dem Mittel aus der einfachen
Gewichtung des Substanzwerts und der 0,7-fachen Gewichtung des Ertragswerts der
C GMBH. Zudem beantragten sie die privilegierte Besteuerung der ausgeschütteten
Dividende.
Das kantonale Steueramt schloss am 12. März 2015 auf teilweise Gutheis-
sung des Rekurses, indem es die privilegierte Besteuerung der Dividende anerkannte,
- 3 -
1 ST.2015.43
jedoch an der Bewertung der C GMBH-Stammanteile festhielt.
In Replik und Duplik kam es hinsichtlich der einzig noch streitigen Bewer-
tungsfrage zu keiner Annäherung der Parteien. | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. a) Das steuerbare Vermögen bemisst sich nach dem Stand am Ende der
Steuerperiode (§ 51 Abs. 1 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997, StG). Das Vermö-
gen – und damit insbesondere auch das Wertschriftenvermögen – wird zum Verkehrs-
wert bewertet (§ 39 Abs. 1 StG sowie § 39 Abs. 2 StG e contrario). Massgeblich für die
Bestimmung des Verkehrswerts ist dabei eine "technisch-" bzw. "rechtlich-objektive"
und nicht eine "subjektiv-wirtschaftliche" Betrachtungsweise (RB 1998 Nr. 140, 1989
Nr. 26).
b) Der Verkehrswert nichtkotierter Wertpapiere – um solche handelt es sich
bei den Stammanteilen der C GMBH – ist gemäss Ziff. B.I.2. der Weisung der Finanz-
direktion 12. November 2010 (ZStB I Nr. 22/201) nach der Wegleitung der Schweizeri-
schen Steuerkonferenz (SSK) zur Bewertung von Wertpapieren ohne Kurswert für die
Vermögenssteuer (Kreisschreiben Nr. 28 vom 28. August 2008; www.steuer-
konferenz.ch, nachfolgend Wegleitung) zu ermitteln. Davon ist nach der Rechtspre-
chung nur dann abzuweichen, wenn eine bessere Erkenntnis des Verkehrswerts dies
gebietet (StE 1999 B 52.41 Nr. 2; im Ergebnis ebenso das Bundesgericht in StE 1997
B 22.2 Nr. 13).
Gemäss Randziffer (Rz) 2 Abs. 4 Wegleitung entspricht der Verkehrswert von
nichtkotierten Wertpapieren, für die keine Kursnotierungen bekannt sind, dem inneren
Wert. Er wird nach den Bewertungsregeln der Wegleitung in der Regel als Fortfüh-
rungswert berechnet. Privatrechtliche Verträge wie beispielsweise Aktionärbindungs-
verträge, welche die Übertragbarkeit der Wertpapiere beeinträchtigen, sind für die Be-
wertung unbeachtlich. Bei der Bewertung stehen Ertrags- und Substanzwert des
Unternehmens im Vordergrund:
- 4 -
1 ST.2015.43
c) Der Unternehmenswert von Handels-, Industrie- und Dienstleistungsunter-
nehmen ergibt sich gemäss Rz 34 Wegleitung aus der zweimaligen Gewichtung des
Ertragswerts und der einmaligen Gewichtung des Substanzwerts zu Fortführungswer-
ten. Zwar bezieht sich diese Art der Bewertung, welche auch "Praktikermethode" ge-
nannt wird, auf Aktiengesellschaften, jedoch werden Gesellschaften mit beschränkter
Haftung (GmbH) nach den gleichen Grundsätzen bewertet (Rz 49 Wegleitung). Die
Bewertung ist tendenziell auf kleinere Unternehmen zugeschnitten (BGr, 18. Septem-
ber 2013, 2C_309/2013 und 2C_310/2013, www.bger.ch). In Ergänzung hierzu nimmt
die SSK in Ziff. 5 des Kommentars zur Wegleitung Stellung zur Bewertung einer Ge-
sellschaft mit nicht bzw. nur schwer veräusserbarem, von der Leistung einer Einzelper-
son abhängigem Ertragswert: Wird die Wertschöpfung allein vom Mehrheitsbeteiligten
erzielt und wird mit Ausnahme von wenigen Hilfskräften für die Administration und Lo-
gistik kein weiteres Personal beschäftigt, kann die Bewertungsstelle dies auf Antrag
der Unternehmung berücksichtigen, indem der Ertragswert und der Substanzwert je
einfach gewichtet werden.
Im Gründungsjahr und in der Zeit der Aufbauphase sind Handels-, Industrie-
und Dienstleistungsunternehmen dagegen nach dem Substanzwert zu bewerten
(Rz 32 Wegleitung). Für reine Holding-, Vermögensverwaltungs- und Finanzierungsge-
sellschaften sowie Immobiliengesellschaften richtet sich der Unternehmenswert eben-
falls nach dem Substanzwert (Rz 38 bzw. 42 Wegleitung). Massgebend für die Bewer-
tungsmethodik ist dabei nicht so sehr der statutarische Zweck, sondern die tatsächlich
ausgeübte Tätigkeit der Gesellschaft (Rz 6 Wegleitung).
Die Berücksichtigung des Ertragswerts ist immer dann angezeigt, wenn nicht
primär das aktuelle Vermögen eines Unternehmens, sondern die Wahrscheinlichkeit
künftiger Gewinne bzw. Verluste, d.h. die Ertragskraft, für den Wert einer Gesellschaft
entscheidend ist. Auf operativ tätige Unternehmen trifft dies regelmässig zu, nicht aber
auf Gesellschaften, die sich in erster Linie auf das Halten und Verwalten von Vermö-
gen beschränken, für die daher die Substanzwertmethode Anwendung findet (BGr,
12. Juni 2009, 2C_800/2008, www.bger.ch).
Diese Methoden gelten nach ständiger Praxis des Bundesgerichts als zuver-
lässig zur Bestimmung des Verkehrswerts, da in ihr die Überlegungen, die für die
Preisbildung bei den nicht an der Börse kotierten Aktien im Allgemeinen massgebend
http://www.bger.ch/ http://www.bger.ch/
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1 ST.2015.43
sind, zum Ausdruck kommen (BGr, 18. September 2013, 2C_309/2013 und
2C_310/2013, www.bger.ch).
Die Wegleitung beruht auf der Überlegung, dass der Verkehrswert der nicht
regelmässig gehandelten Aktien – gleich wie der in den offiziellen Börsennotierungen
zum Ausdruck kommende Verkehrswert kotierter Aktien – erfahrungsgemäss vom bis-
herigen und zu erwartenden Ertrag in Form von Dividenden und anderen Gewinnantei-
len sowie von der Ertragsintensität der Gesellschaft abhängt und durch weitere Fakto-
ren der Gesellschaft (Vermögen, Liquidität, Stabilität etc.) beeinflusst wird (BGr,
4. November 1987 = StE 1988 B 72.13.22 Nr. 10). Die Wegleitung beschränkt sich
beim Ertrag auf die Berücksichtigung der bisher erzielten Gewinne und lässt zukünftige
Ertragsaussichten ausser Acht, was zulässig ist (StRK I, 25. Januar 2007,
1 ST.2006.296 sowie Irene Blumenstein, in: ASA 44, 346 ff., insb. 348). Immerhin ist –
wie in den vorgängigen Wegleitungen – gleichwohl vorgesehen, dass ausserordentli-
che, am Stichtag bereits ersichtliche zukünftige Verhältnisse angemessen berücksich-
tigt werden können (Rz 8 Abs. 3 Wegleitung). Die Beurteilung dieser künftigen Verhält-
nisse hat dabei immer aus Sicht des Bewertungsstichtags zu erfolgen und nicht aus
einer späteren Sicht, z.B. der zeitlich verzögerten Einschätzung. Substanziierung und
Nachweis dieser Verhältnisse ist dabei Sache der Steuerpflichtigen, da die Bewertung
aufgrund der Wegleitung (= Mittel aus dem gewichteten Ertrags- und Substanzwert des
Unternehmens) für die zutreffende Vermutung streitet, sie gebe den Verkehrswert rich-
tig wieder, sodass der vom Fiskus für diesen Wert zu leistende Nachweis als erbracht
gilt und es am Steuerpflichtigen liegt, den Gegenbeweis anzutreten.
2. a) Bei der C GMBH handelt es sich um eine bereits am 27. November 1995
gegründete Gesellschaft, die ein Architekturbüro betreibt (aktueller Handelsregister-
auszug). Die Pflichtigen machen nicht geltend, diese Zweckumschreibung gemäss
Handelsregistereintrag entspreche nicht der effektiv ausgeübten Tätigkeit oder die Ge-
sellschaft stehe noch in der Aufbauphase. Demnach fällt die Bewertung zum Sub-
stanzwert ausser Betracht, wie sie die Pflichtigen noch in der Einsprache verfochten
haben. Denn die C GMBH gilt als operativ tätige Gesellschaft, bei der es für die An-
teilsinhaber – wie bei solchen Gesellschaften üblich – primär auf die Ertragskraft, d.h.
auf die künftigen Gewinn- und Verlustmöglichkeiten ankommt.
http://www.bger.ch/
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1 ST.2015.43
Nicht anders verhalten kann es sich daher auch bei einem Erwerber von An-
teilen solcher Gesellschaften, d.h. ist auch bei diesem für die Bewertung der Anteile in
erster Linie massgebend, ob und inwiefern die zu erwerbenden Titel eine Rendite ab-
werfen.
Anzuwenden ist daher nach dem Gesagten die erwähnte "Praktikermethode",
d.h. die Ermittlung des Verkehrswerts aufgrund des gewichteten Mittels aus Ertrags-
und Substanzwert des Unternehmens. Gemäss Wegleitung ist dabei der Ertragswert
zweimal und der Substanzwert einmal zu gewichten. Grundlage für die Bestimmung
des Ertragswerts bilden dabei in der Regel die zwei letzten vor dem bzw. am massge-
benden Bewertungsstichtag abgeschlossenen Jahresrechnungen (Rz 7 Wegleitung).
Als Ertragswert ist der kapitalisierte ausgewiesene Reingewinn dieser zwei Geschäfts-
jahre heranzuziehen, wobei der Reingewinn des letzten Geschäftsjahres doppelt ge-
wichtet wird (Modell 1). Alternativ können die letzten drei Geschäftsjahre herangezo-
gen werden (Modell 2).
Da zum Zeitpunkt der Einschätzung der Titelinhaber die aktuelle Jahresrech-
nung der zu bewertenden Gesellschaft meistens noch ausstehend ist, können auch die
Vorjahres-Steuerwerte zur Anwendung gelangen, sofern die Gesellschaft im aktuellen
Geschäftsjahr keine wesentlichen Veränderungen erfahren hat (Rz 4 Wegleitung).
b) Diesem Vorgehen widersetzten sich die Pflichtigen noch in der Einsprache,
indem sie die Bewertung zum Substanzwert bzw. nach einer andern Methode, etwa
der so genannten DFC-Methode (= Discounted Cashflow-Methode) verfochten und die
"Praktikermethode" in verschiedener Hinsicht als veraltet, d.h. nicht dem aktuellen
Stand der Wissenschaft entsprechend, ablehnten. Zur Begründung brachten sie vor,
auch das Bundesgericht argumentiere in diese Richtung, indem es in einem neueren
Urteil festgehalten habe, dass sich die "Praktikermethode" für steuerliche Zwecke nicht
werde halten lassen, sobald ein Unternehmen spezifischere Methoden anwende. Das
oberste Gericht gehe davon aus, dass der Einsatz neuerer Methoden, z.B. der DFC-
Methode, zu einer treffenderen Bestimmung des Unternehmenswerts führe.
Die Pflichtigen übersehen, dass es im angesprochenen Bundesgerichtsurteil
vom 18. September 2013 (2C_309/2013 und 2C_310/2013, www.bger.ch) nicht – wie
hier – um die Beteiligungsbewertung einer natürlichen Person für die Vermögenssteu-
er, sondern um diejenige einer juristischen Person für die Gewinn- und Kapitalsteuer
http://www.bger.ch/
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1 ST.2015.43
gegangen ist. Das Bundesgericht hielt für die vorliegend allein interessierende erstere
Kategorie von Steuerpflichtigen unter Verweis auf seine Rechtsprechung zudem aus-
drücklich fest, dass es sich für diese Bewertung stets an der streitigen Wegleitung ori-
entiere. Mithin besteht auch für das Steuerrekursgericht vorliegend kein Anlass, von
der Bewertungsmethodik gemäss Wegleitung abzuweichen. Dies insbesondere auch
deshalb, weil eine Methode, die – wie die DFC-Methode – von den Zukunftserwartun-
gen der zu bewertenden Unternehmung ausgeht, weitgehend auf subjektiven und des-
halb nur schwer überprüfbaren Einschätzungen basiert und daher für das Massenver-
anlagungsgeschäft mit den in jeder Steuerperiode zu treffenden unzähligen
Bewertungen der deklarierten Wertpapiere geradezu als untauglich erscheint. Die
Weglassung der zukünftigen Ertragsaussichten und die Berücksichtigung nur der er-
zielten Gewinne gemäss Wegleitung beruht zudem auf einem Gutachten, das eine von
der Schutzorganisation der privaten Aktiengesellschaften beauftragte Expertenkom-
mission erarbeitet hatte und in Lehre sowie Steuerpraxis zustimmend aufgenommen
wurde (Irene Blumenstein, Besprechung des Gutachtens in ASA 44, 346 ff., insb. 348;
Erhard Jost, Die Bewertung von Wertpapieren ohne Kurswert für die Vermögenssteuer,
ASA 44, 353 ff.; vgl. auch Der Schweizer Treuhänder, 9/2009, S. 605 und Carl Helb-
ling, Unternehmensbewertung und Steuern, 9. A., 1998, S. 132 und 167). Da die Pflich-
tigen sodann auch keine ausserordentlichen, am Stichtag bereits ersichtlichen zukünf-
tigen Verhältnisse, die nach Rz 8 Abs. 3 Wegleitung angemessen berücksichtigt
werden könnten, geltend machen, ist auch im vorliegenden Verfahren für die Ertrags-
wertberechnung auf die bisher erzielten Gewinne der C GMBH und nicht die zukünfti-
gen Gewinnaussichten abzustellen.
Dem stimmen denn auch die Pflichtigen im Rekurs dem Grundsatz nach nun-
mehr zu, plädieren sie doch nun selber für einen Einbezug des auf den Vorjahresab-
schlüssen basierenden Ertragswerts der C GMBH, wenn auch nur mit dem Faktor 0,7.
c) Das kantonale Steueramt ermittelte den Ertragswert auf Basis der Ergeb-
nisse der Geschäftsjahre 2009/10 und 2010/11 von Fr. 801'240.- bzw. Fr. 843'289.-.
Dies entspricht den gemäss RZ 7 Wegleitung für die Bewertung per Ende 2011 mass-
gebenden Zahlen und ergäbe somit den für die vorliegend nicht streitbetroffene Steu-
erperiode 2011 massgebenden Wert pro Stammanteil von Fr. 34'890.-. Für die hier
interessierende Steuerperiode 2012 an sich korrekt wäre das Abstellen auf die Ab-
schlüsse 2010/11 und 2011/12, was zu einem höheren Wert von Fr. 40'630.- pro
Stammanteil führte. Von einer entsprechenden Anhebung der Bewertung ist indessen
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1 ST.2015.43
abzusehen, da das kantonale Steueramt bei den Pflichtigen schon in den Vorperioden
stets die Vorjahressteuerwerte verwendete, letztere ebenfalls mit den entsprechenden
Abschlusszahlen operieren und auch die Wegleitung in Rz 4 ausnahmsweise ein Ab-
stellen auf die Vorjahreswerte zulässt. Damit ist der getroffenen Bewertung aus Grün-
den der Kontinuität zu folgen.
d) aa) Die Pflichtigen beantragen sodann, den Ertragswert nicht zweimal,
sondern nur 0,7 Mal zu gewichten. Dies widerspricht der Wegleitung insofern, als sie
die doppelte Gewichtung dieses Werts vorsieht und gemäss Praxis bzw. Kommentar
zur Wegleitung ausnahmsweise die einfache Gewichtung nur zulässig ist, wenn der
Ertragswert nicht bzw. nur schwer veräusserbar ist, weil er von der Leistung einer Ein-
zelperson abhängig ist. Voraussetzung für die bloss einfache Gewichtung des Ertrags-
werts bildet nach dem Gesagten, dass die Wertschöpfung allein vom Allein-/Mehrheits-
beteiligten erzielt und mit Ausnahme von wenigen Hilfskräften für die Administration
und Logistik kein weiteres Personal beschäftigt wird.
Allgemein betrachtet, stellt die starke Personenbezogenheit gerade bei KMU-
Unternehmen, auf welche Gesellschaftskategorie die Wegleitung ausgerichtet ist,
nichts Aussergewöhnliches, sondern die Regel dar und wird daher auch nicht mittels
eines Einschlags berücksichtigt (StGer BL, 10. August 2012 = BStPra 5/2013, auch
zum Folgenden). In der Schweiz sind vor allem nicht börsennotierte KMU-
Unternehmen zu bewerten. Schon aufgrund dieser strukturellen Situation ist eine ein-
heitliche Bewertungspraxis, die eine gewisse Schematisierung nötig macht, unerläss-
lich. Die Wegleitung wird in allen Kantonen angewendet.
Beweispflichtig dafür, dass die Voraussetzungen für die bloss einmalige Ge-
wichtung des Ertragswerts in seinem Fall gegeben sind, ist aber jedenfalls der Steuer-
pflichtige. Denn es handelt sich um eine in der Wegleitung an sich nicht vorgesehene
Ausnahme und gilt der von der Steuerbehörde zu erbringende Nachweis für die Rich-
tigkeit der von ihr getroffenen Bewertung mit Anwendung der Wegleitung als erbracht.
bb) Den Pflichtigen ist die praktizierte Ausnahme der bloss einmaligen Ge-
wichtung des Ertragswerts gemäss Kommentar zur Wegleitung ganz offenkundig be-
kannt, berufen sie sich doch im Rekurs ausdrücklich darauf. Mithin hätten sie aber von
sich aus, d.h. ohne spezielle Aufforderung durch das Steuerrekursgericht, die diesbe-
züglichen Voraussetzungen darlegen und nachweisen müssen. Indessen bringen sie
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1 ST.2015.43
nur vor, die Akquisition bei der C GMBH erfolge ausschliesslich durch den Pflichtigen
selber, da er aufgrund seiner Publikationstätigkeit, Erfahrungen im städtebaulichen
Kommissionen, verschiedenen Vorstandstätigkeiten, Lehrtätigkeit, zahlreichen Aus-
zeichnungen und Jurytätigkeit über einen hohen Bekanntheitsgrad verfüge sowie zahl-
reiche Grossaufträge ausschliesslich dank seiner Kreativität, Bekanntheit für hochste-
hende Architektur bei guter Rentabilität und Erfahrung mit Grossprojekten persönlich
gewonnen habe.
cc) Vorab ist den Pflichtigen entgegen zu halten, dass sie die den Bekannt-
heitsgrad des Pflichtigen angeblich begründenden Umstände nicht hinreichend nach-
gewiesen haben. Insbesondere legen sie zwar eine 17 Seiten umfassende Publikati-
onsliste mit über 150 angeblichen Veröffentlichungen vor, jedoch wird der Name des
Pflichtigen darin nur gerade bei zehn Positionen erwähnt. Die Publikationen selber
reichten sie zudem nicht – auch nicht auszugsweise – ein. Überhaupt nicht belegt sind
sodann die behaupteten Tätigkeiten in städtebaulichen Kommissionen, verschiedenen
Vorständen, Jurys sowie die zahlreichen Auszeichnungen.
Weiter ist zu berücksichtigen, dass der Pflichtige seine Architekturtätigkeit
sowohl als Einzelunternehmer als auch über die C GMBH betreibt. Mit dem Einzelun-
ternehmen weist er dabei einen Dienstleistungsertrag überwiegend aus Arbeiten von
rund Fr. 365'000.- (2010) bzw. Fr. 370'000.- (2011) ohne jeden Lohnaufwand aus, so-
dass er diesen Umsatz vollumfänglich selber, d.h. ohne Angestellte erwirtschaftet hat.
Wenn er nun zahlreiche Grossaufträge nach eigenem Bekunden persönlich gewonnen
haben will, muss er diese Aufträge naheliegenderweise auch über die Einzelunterneh-
mung abgewickelt haben, sodass seine diesbezügliche Akquisitionsbemühungen und
die dabei erzielten Umsätze nicht der C GMBH zu Gute gekommen sind.
Schliesslich handelt es sich bei der C GMBH nicht um ein Unternehmen, dass
neben wenigen Hilfskräften für die Administration und Logistik kein weiteres Personal
beschäftigt. So weist die C GMBH gemäss Sachdarstellung der Pflichtigen im Rekurs
durchschnittlich 15 beschäftigte Personen auf, ohne dass Letzterer geltend macht oder
gar nachweist, diese verrichteten nur die erwähnten Hilfstätigkeiten.
dd) Damit ist es den Pflichtigen nicht gelungen, die Voraussetzungen für die
bloss einmalige Gewichtung des Ertragswerts nachzuweisen. Für die verfochtene Ge-
wichtung mit dem Faktor 0,7 fehlte es zudem ohnehin an einer Grundlage.
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1 ST.2015.43
e) Die übrigen Elemente der Bewertung – Kapitalisierungsfaktor von 8,5%
beim Ertragswert sowie der Substanzwert von Fr. 1'426'853.- – sind nicht streitig.
Damit erweist sich die vom kantonalen Steueramt getroffene Bewertung in
allen Belangen als rechtsbeständig.
3. Die privilegierte Besteuerung der von der C GMBH ausgeschütteten Divi-
dende im Umfang von Fr. 550'000.- gemäss § 34 Abs. 4 StG (in der ab Steuerperiode
2008 gültigen Fassung vom 9. Juli 2007) ist nicht streitig und daher entsprechend zu
gewähren.
4. Diese Erwägungen führen zur teilweisen Gutheissung des Rekurses. Aus-
gangsgemäss sind die Kosten des Verfahrens den Parteien anteilsmässig aufzuerle-
gen (§ 151 Abs. 1 StG). Eine Parteientschädigung wurde nicht verlangt. | Public | Tax | de | 2,015 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
9d401302-b677-4a2d-af48-971f052d321c | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend der Pflichtige) deklarierte in den Steuererklärungen 2001
bis 2007 Kontokorrentschulden gegenüber der im Blumenhandel tätigen A AG von
Fr. 2'053'485.- (Ende 2001), Fr. 1'420'485.- (Ende 2002), Fr. 1'360'485.- (Ende 2003
und 2004) bzw. Fr. 1'360'000.- (Ende 2005, 2006 und 2007). In der Steuererklärung
2008 führte er diese Schuld nicht mehr auf.
Mit Auflage vom 28. Oktober 2010 forderte der Steuerkommissär eine ent-
sprechende Erklärung. Dabei verlangte er neben den Darlehens- und Kontokorrent-
verträgen insbesondere Belege betreffend eine allfällige Rückzahlung per 2008 oder
aber Korrespondenzen und Vereinbarungen betreffend einen allfälligen Schulderlass.
Der Pflichtige teilte mit Auflageantwort vom 25. November 2010 mit, dass die A AG
durch Verfügung des Konkursrichters im Handelsregister gelöscht worden sei. Die For-
derung gegenüber dem Pflichtigen sei von der Konkursverwaltung nicht geltend ge-
macht worden. In der Folge unterbreitete ihm der Steuerkommissär einen Einschät-
zungsvorschlag, in welchem er vorsah, die weggefallene Schuld als steuerbares
Einkommen zu erfassen. Nachdem der Pflichtige darauf nicht reagiert hatte, nahm er
mit Einschätzungsentscheid (Staats- und Gemeindesteuern) bzw. Veranlagungsverfü-
gung (direkte Bundessteuer) vom 1. bzw. 22. Februar 2011 eine entsprechende Ein-
kommensaufrechnung in der Höhe von Fr. 1'360'000.- vor. Gestützt darauf und auf-
grund weiterer kleinerer Korrekturen resultierten für die Steuerperiode 2008 die
folgenden Faktoren:
Staats- und Gemeindesteuern Direkte Bundessteuer
Fr. Fr.
Steuerbares Einkommen 1'415'600.- 1'416'600.-
Satzbestimmendes Einkommen 1'415'600.-
Steuerbares Vermögen 257'000.-
Satzbestimmendes Vermögen 352'000.-.
B. Hiergegen liess der Pflichtige am 3. bzw. 18. März 2011 Einsprache erhe-
ben und beantragen, auf die einkommensseitige Aufrechnung des Darlehenserlasses
sei zu verzichten. Zur Begründung wurde lediglich angeführt, dass der Erlass ohne
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1 DB.2012.94 1 ST.2012.107
Einfluss des Pflichtigen erfolgt sei bzw. dass die Konkursverwaltung die Forderung
gegenüber diesem nicht geltend gemacht habe.
Mit Auflage vom 14. Juni 2011 bzw. Mahnung vom 15. November 2011 führte
das kantonale Steueramt eine ergänzende Untersuchung im Einspracheverfahren
durch. Dabei wurden noch einmal die Gründe des Darlehenserlasses erfragt und Kor-
respondenzen mit der Konkursverwaltung eingefordert. Zudem wurden die Vermö-
gensverhältnisse des Pflichtigen näher untersucht und in diesem Zusammenhang Un-
terlagen betreffend den Verkehrswert der Liegenschaften und einer privaten Sammlung
des Pflichtigen einverlangt. Der Letztere reagierte darauf nicht.
Das kantonale Steueramt hiess die Einsprachen am 22. März 2012 teilweise
gut, indem es die Einkommensfaktoren um Fr. 560'000.- reduzierte bzw. neu wie folgt
festlegte:
Staats- und Gemeindesteuer Direkte Bundessteuer
Fr. Fr.
Steuerbares Einkommen 855'600.- 856'300.-
Satzbestimmendes Einkommen 855'600.-.
Das Steueramt erwog, dass der Darlehensverzicht lediglich im Umfang der
Werthaltigkeit des Darlehens als Einkommen zu besteuern sei. Weil der Pflichtige die
Auflage betreffend die Werthaltigkeit seiner Vermögenswerte nicht erfüllt habe, müsse
die Werthaltigkeit der Darlehensforderung im Betrag von Fr. 1'360'000.- nach pflicht-
gemässem Ermessen geschätzt werden, und zwar auf Fr. 800'000.-. Hinsichtlich der
Staats- und Gemeindesteuern auferlegte das kantonale Steueramt dem Pflichtigen die
Verfahrenskosten von Fr. 1'300.-.
C. Mit Beschwerde und Rekurs vom 20./21. April 2012 liess der Pflichtige be-
antragen, auf die einkommensseitige Aufrechnung des Darlehenserlasses im Umfang
von Fr. 800'000.- zu verzichten. Zur Begründung wurde geltend gemacht, dass sich der
Vermögensstand des Pflichtigen per Ende 2008 auf lediglich Fr. 405'500.- belaufen
habe. Aufgrund seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit hätte er demnach seinerzeit
lediglich Fr. 400'000.- in die Konkursmasse einschiessen können. Um die aus der an-
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gefochtenen Einschätzung resultierende Steuerschuld von rund Fr. 325'000.- bezahlen
zu können, müsste er sein ganzes Vermögen verkaufen. Aus dem Einkommen könnte
er die Steuerschuld nicht begleichen, zumal er per 2012 das Pensionsalter erreiche
und danach nur noch über ein Renteneinkommen verfüge. Der Verkauf der Vermö-
genswerte, insbesondere der selbst genutzten Wohnung in B, würde sodann auch sei-
ne Altersvorsorge gefährden. Er müsste deshalb Steuererlass beantragen und es wäre
zu befürchten, dass er letztlich von der Sozialhilfe abhängig würde. Beigelegt waren
diesen Ausführungen zwei Verkehrswertschätzungen zu den beiden Wohnungen des
Pflichtigen in B und C.
Das kantonale Steueramt schloss mit Vernehmlassung vom 4. Juni 2012 auf
Abweisung der Rechtsmittel. Die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) liess sich
nicht vernehmen. | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. a) Der direkten Bundessteuer als Einkommenssteuer natürlicher Personen
unterliegen alle wiederkehrenden und einmaligen Einkünfte mit Ausnahme der Kapital-
gewinne aus der Veräusserung von Privatvermögen (Art. 16 Abs. 1 und 3 des Bundes-
gesetzes über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990, DBG). Als steuerba-
re Einkünfte gelten namentlich das Einkommen aus unselbstständiger und selbst-
ständiger Erwerbstätigkeit (Art. 17 und Art. 18 DBG) sowie aus beweglichem und un-
beweglichem Vermögen (Art. 20 und 21 DBG).
b) Streitig ist vorliegend die steuerliche Behandlung eines Forderungsver-
zichts zugunsten einer Privatperson. Soweit es um den Erlass einer Geschäftsschuld
geht, ist diesbezüglich anerkannt, dass Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätig-
keit im Sinn von Art. 18 DBG vorliegt (BGE 133 V 105, nicht publizierte E. 3.2;
vgl. auch Peter Locher, Kommentar zum DBG, I. Teil, 2001, Art. 31 Rz. 15 DBG;
Reich/Züger, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/2a, 2. A., 2008,
Art. 31 N 18 DBG).
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1 DB.2012.94 1 ST.2012.107
Vorliegend hat eine konkursite Aktiengesellschaft gegenüber ihrem Hauptakti-
onär aus nicht bekannten Gründen auf eine Forderung in Millionenhöhe verzichtet.
Dieser Vorgang stellt nach der massgebenden Reinvermögenszugangstheorie (BGr,
27. Januar 2003, 2P. 233/2002, E. 3.2 = StE 2003 B 21.1 Nr. 11) eine Einkunft im Sinn
der Einkommensgeneralklausel von Art. 16 Abs. 1 DBG dar (Richner/Frei/Kauf-
mann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009, Art. 16 N 10; Locher, Art. 16
Rz. 17 DBG e contrario; Reich, Art. 16 Rz. 26 DBG). Fragen liesse sich höchstens, ob
es sich bei diesem Reinvermögenszugang um einen – im Privatvermögen – steuerfrei-
en Kapitalgewinn handelt (Art. 16 Abs. 3 DBG). Diese Ansicht ist indes abzulehnen
(BGr, 13. August 2008, StE 2009 B 21.1 Nr. 18 = ZStP 2008, 300). So fehlt es nämlich
schon am Element der Veräusserung als Merkmal des Kapitalgewinns; vielmehr geht
es hier um die Beendigung der Gläubiger/Schuldner-Beziehung.
Denkbar wäre allenfalls noch, dass eine Schuld schenkungshalber erlassen
wird (Reich, Art. 16 Rz. 26 DBG; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 16 N 10), was
aber im Verhältnis einer kreditgewährenden Aktiengesellschaft zu ihrem Kreditnehmer
nicht zu vermuten und hier auch nicht behauptet worden ist; eine gewinnorientierte
Aktiengesellschaft macht nämlich naturgemäss keine Geschenke. Letzteres gilt mit
Blick auf die Interessen der Gläubiger auch für eine Aktiengesellschaft, welche in Kon-
kurs gefallen ist. Hinzu kommt, dass hier ein Verhältnis unter Nahestehenden vorliegt
(Gesellschaft und beherrschender Aktionär). Leistungen der Gesellschaft an einen Na-
hestehenden müssen stets auch einem Drittvergleich standhalten, ansonsten von einer
geldwerten Leistung bzw. einer verdeckten Gewinnausschüttung der Gesellschaft an
diesen auszugehen ist (vgl. Art. 58 Abs. 1 lit. b DBG). Zwar wird hier das Nahestehen-
denverhältnis durch den Umstand gemildert, dass über der A AG gemäss Handelsre-
gisterauszug der Konkurs eröffnet worden ist, womit über den in Frage stehenden
Schulderlass letztlich wohl nicht der Pflichtige selbst hat entscheiden können. Indes hat
dieser trotz entsprechenden Untersuchungen der Steuerbehörde die Verhältnisse rund
um diesen Konkurs nicht offengelegt und blieb insbesondere unerklärt, aus welchen
Gründen die Konkursverwaltung bzw. letztlich die Gläubigerversammlung auf die For-
derung ihm gegenüber verzichtet hat. Dass der Pflichtige darauf allenfalls indirekt hat
Einfluss nehmen können, ist somit nicht auszuschliessen.
c) Damit ist in einem ersten Schritt festzuhalten, dass dem Pflichtigen im Zu-
sammenhang mit der per 2008 weggefallenen Schuldverpflichtung gegenüber der
A AG steuerbares Einkommen zugeflossen ist.
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2. a) Steuerbar ist der Wegfall einer privaten Schuldverpflichtung nur insoweit,
als die dieser zugrunde liegende Forderung im Zeitpunkt des Wegfalls noch werthaltig
war (StRK I, 25. Mai 2007, 1 ST.2007.64/65; VGr, 12. Dezember 2007,
SB.2007.00062/63; BGr, 13. August 2008, StE 2009 B 21.1 Nr. 18 = ZStP 2008, 300).
Als Extrembeispiel stellt demnach der Wegfall eines Nonvaleurs kein Einkommen dar
(Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 16 N 10).
b) Im Veranlagungs- bzw. Einschätzungsentscheid hat die Steuerbehörde die
Frage der Werthaltigkeit der erlassenen Forderung nicht aufgeworfen, doch hat sie
dies alsdann im Einspracheverfahren nachgeholt. Naheliegenderweise hat sie dabei
zunächst eine Untersuchung betreffend die Vermögensverhältnisse des Pflichtigen
eingeleitet, steht doch die Werthaltigkeit einer Forderung in direktem Zusammenhang
mit dem Haftungssubstrat des Schuldners. Auf die deklarierten Steuerwerte konnte sie
dabei insoweit nicht direkt abstellen, als der Pflichtige ausserhalb von Guthaben auf
Bankkonti auch Vermögenswerte deklarierte, hinsichtlich welcher die tatsächlichen
Verkehrswerte von den aufgeführten Steuerwerten abweichen können. Dies betrifft in
concreto die nicht näher bezeichneten "Sammlungen" im Wert von Fr. 87'500.-, die
selbstbewohnte 6.5-Zimmer-Eigentumswohnung in B, die Ferienwohnung in C sowie
zwei Landparzellen in D und E. Nachdem der Pflichtige auf die entsprechende Auflage
vom 14. Juni 2011 bzw. Mahnung vom 15. November 2011 jedoch nicht reagiert hatte,
blieben die Verhältnisse ungewiss, weshalb die Einsprachebehörde die Werthaltigkeit
der Forderung bzw. die dafür massgeblichen Vermögensverhältnisse zu Recht nach
pflichtgemässem Ermessen im Sinn von Art. 130 Abs. 2 DBG geschätzt hat. Dabei
ging sie davon aus, dass dem Pflichtigen aufgrund seiner Vermögensverhältnisse ein
geschätzter Betrag von Fr. 800'000.- zur Verfügung gestanden hätte, welcher zur Til-
gung seiner Schuld gegenüber der A AG hätte verwendet werden können. Dieser Be-
trag übersteigt das deklarierte steuerbare Vermögen um rund Fr. 550'000.-.
c) Eine zu Recht ergangene Ermessensveranlagung kann der Steuerpflichtige
gemäss Art. 132 Abs. 3 DBG nur wegen offensichtlicher Unrichtigkeit anfechten. Diese
Normen enthalten eine Kognitionsbeschränkung der Prüfungsinstanzen, welche eine
zu Recht getroffene Ermessensveranlagung nur aufheben können, wenn sie sich als
offensichtlich falsch erweist. Den entsprechenden Nachweis kann der Steuerpflichtige
auf zwei Arten erbringen (Martin Zweifel, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuer-
recht, Band I/2b, 2. A., 2008, Art. 132 N 39 ff. DBG, auch zum Folgenden): Vorab kann
er den tatsächlichen Sachverhalt dartun und den entsprechenden Nachweis leisten, mit
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der Folge, dass die im Streit stehende Ermessenseinschätzung durch eine ordentliche
Veranlagung ersetzt wird und die Steuerfaktoren nach den für "gewöhnliche" Einschät-
zungen geltenden Regeln ermittelt werden. Ist das nicht möglich oder misslingt dies,
kann der Steuerpflichtige sodann darlegen und nachweisen, dass die angefochtene
Einschätzung offensichtlich unrichtig (namentlich zu hoch) ist. Als offensichtlich unrich-
tig erweist sich eine Schätzung dann, wenn sie sachlich nicht begründbar (z.B. erkenn-
bar pönal oder fiskalisch begründet) ist, sich auf sachwidrige Schätzungsgrundlagen,
-methoden oder -hilfsmittel stützt oder sonst wie mit den konkreten aktenkundigen Ver-
hältnissen aufgrund der Lebenserfahrung vernünftigerweise nicht vereinbar ist (Zweifel,
Art. 132 N 52). Ist dieser Nachweis geleistet, bleibt es zwar bei einer Ermessensveran-
lagung, doch wird die angefochtene durch eine neue (tiefere) Schätzung der Rechts-
mittelinstanz ersetzt.
Dem Steuerrekursgericht sind weitere Untersuchungen verwehrt. Es hat bei
seiner eingeschränkten Überprüfung des angefochtenen Entscheids auf offensichtliche
Unrichtigkeit hin nur jene Schriftstücke zu berücksichtigen, welche im Zeitpunkt der
Entscheidfällung vorliegen und den behaupteten Sachverhalt sofort beweisen oder
zumindest als sehr wahrscheinlich erscheinen lassen (VGr, 27. Mai 1986, SB 10/1986
und 11. September 1986, SB 38/1986; Martin Zweifel, Die Sachverhaltsermittlung im
Steuerveranlagungsverfahren, 1989, S. 144).
d) aa) Zu den "Sammlungen", welche der Pflichtige per Ende 2008 mit einem
Wert von Fr. 87'500.- deklariert hatte, wird beschwerde- und rekursweise angeführt,
dass es sich hierbei um Gedenkmünzen aus den 60er und 70er-Jahren handle. Deren
Wert übersteige kaum mehr den Ausgabewert, denn heute bestehe wenig Nachfrage
nach solchen Münzen. Deshalb müsse die Werthaltigkeit der Münzsammlung ange-
zweifelt werden bzw. sei ihr Wert auf Fr. 50'000.- zu schätzen.
Der Sachverhalt rund um diese Münzsammlungen wurde mit diesen Erklärun-
gen und Behauptungen kaum erhellt. Weder wurde ein Inventar mit Anzahl und
Nennwert der Münzen eingereicht, noch beispielsweise ein allfälliger Versicherungs-
nachweis. Nicht einmal der erwähnte Ausgabewert der gesamten Sammlung wurde
genannt. Damit besteht kein Anlass, bei diesem Vermögenswert nicht wenigstens vom
per Ende 2008 selbstdeklarierten Wert von Fr. 87'500.- auszugehen.
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bb) Betreffend die 6.5-Zimmer-Eigentumswohnung in B und die 3.5 Zimmer-
Ferienwohnung in C hat der Pflichtige zwei Verkehrswertschätzungen einreichen las-
sen. Dabei wird der Verkehrswert der ersteren Liegenschaft per Stichtag 1. Juli 2008
mit Fr. 760'000.- und derjenige der Letzteren per Stichtag 1. September 2008 mit
Fr. 380'000.- angegeben.
Die Vorinstanz weist vernehmlassungsweise darauf hin, dass diese Schät-
zungen aufgrund von nicht transparenten Objektbeschrieben nicht abschliessend beur-
teilbar seien. Das Gutachten betreffend die Ferienwohnung enthalte auf Seite 3 sodann
eine Dateninkonsistenz hinsichtlich der der Schätzung zugrunde liegenden Faktoren.
Die Eigentumswohnung in B erscheine sodann generell als zu tief bewertet.
Der Vorwurf der fehlenden Beurteilbarkeit der Gutachten wegen nicht transpa-
renten Objektbeschrieben erscheint nicht berechtigt. In den Gutachten wurde zwar auf
detaillierte Kurzbau- und Raumbeschriebe verzichtet; dies aber jeweils mit der Begrün-
dung, dass die Liegenschaft "den Beteiligten" bekannt sei. Es wird zudem auf Pläne
mit Flächenangaben und Raumaufteilungen sowie auf eine Begehung verwiesen. Der
fehlende Kurzbau- und Raumbeschrieb in Worten ändert somit nichts daran, dass die
Gutachten auf die tatsächlichen Gegebenheiten abstellen und insgesamt einen seriö-
sen und fachmännischen Eindruck hinterlassen. Nicht nachvollziehbar ist im Weiteren
der Vorwurf der Dateninkonsistenz hinsichtlich der der Schätzung zugrunde liegenden
Faktoren im Gutachten der Ferienwohnung; dieses Gutachten ist diesbezüglich denn
auch völlig identisch aufgebaut wie das insoweit nicht kritisierte Gutachten der Eigen-
tumswohnung. Ausgearbeitet wurden die beiden Gutachten von F, am 9. Juli bzw.
20. September 2008. Damit ist davon auszugehen, dass hier nicht Parteigutachten
vorliegen, welche mit Blick auf das vorliegende Verfahren im Nachhinein erstellt wor-
den sind. Der Hinweis darauf, dass die Liegenschaft "den Beteiligten" bekannt sei,
lässt hinter dem Schätzungsauftrag allenfalls einen güterrechtlichen Zusammenhang
oder ein Zusammenwirken von Verkäufer und potentiellem Käufer vermuten, was für
die Neutralität des Gutachtens spricht. Zu beachten ist im Weiteren, dass es hier letzt-
lich um die Schätzung der Werthaltigkeit einer Forderung geht; in diesem Rahmen
kann aus Gründen der Verhältnismässigkeit nicht jeder einzelne Wert im Vermögen
des Pflichtigen mittels Gutachten oder gar Obergutachten ermittelt werden.
Bei dieser Lage der Dinge ist demnach davon auszugehen, dass der Pflichtige
mit den beiden Gutachten einigermassen glaubwürdig nachweisen konnte, dass im
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Zeitpunkt des Schulderlasses per Frühjahr 2008 der Verkehrswert der beiden Woh-
nungen rund Fr. 760'000.- bzw. Fr. 380'000.- betrug.
cc) Neben den vorerwähnten Liegenschaften deklarierte der Pflichtige per
2008 noch zwei Parzellen "Blautannenland", welche in Landwirtschaftszonen liegen.
Dabei gab er den Verkehrswert der Parzelle in D mit Fr. 80'000.- und denjenigen einer
Parzelle in E mit Fr. 38'000.- an. Beschwerde- und rekursweise lässt er ausführen,
dass der Blautannenbestand auf diesen Parzellen überaltert sei und erneuert werden
sollte; seine finanzielle Lage habe dies bis heute verhindert. Die Blautannen würden für
Grabschmuck an Allerheiligen verwendet. Nach dem Konkurs der A AG hätten sich die
Absatzmöglichkeiten stark verringert, was auch aus den aktuellen Steuererklärungen
ersichtlich sei. Zudem werde der Absatz durch den Import vom Ausland konkurrenziert.
Der landwirtschaftliche Ertragswert betrage gemäss Auskunft der Gemeinden Fr. 7.65
(D) bzw. Fr. 6.50 (E), was bei Landflächen von 5'646 m2 bzw. 3'000 m2 Werte von
Fr. 43'000.- bzw. Fr. 19'500.- ergebe.
Diese Angaben sind wenig substanziiert und durch keinerlei Beweismittel be-
legt. Absatzrückgänge bei Tannenverkäufen, welche in aktuellen Steuererklärungen
ersichtlich wären, können sodann nicht auf die hier interessierenden Verhältnisse per
2008 zurückwirken. Auszugehen ist deshalb für die Schätzung von den seinerzeit de-
klarierten Steuerwerten von Fr. 80'000.- bzw. Fr. 38'000.-, ist doch davon auszugehen,
dass diese Werte damals den einschlägigen steueramtlichen Bewertungsvorschriften
entsprochen haben und sie damit zumindest die Verkehrswert-Untergrenze der beiden
zum Blautannenanbau verwendeten Parzellen definieren.
dd) Gestützt auf die vorgelegten Unterlagen lassen sich die Vermögensver-
hältnisse des Pflichtigen per 2008 wie folgt schätzen:
Fr.
Wertschriften und Guthaben 32'120.-
wie deklariert
Münzsammlungen 87'500.-
wie deklariert
Eigentumswohnung B 760'000.-
gem. Gutachten, statt Steuerwert Fr. 705'000.-
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Eigentumswohnung C 380'000.-
gem. Gutachten statt Steuerwert Fr. 225'000.-
Blautannenland D 80'000.-
wie deklariert
Blautannenland E 38'000.-
wie deklariert
Total 1'377'620.-
./. Schulden 889'000.-
wie deklariert
Total Vermögen 488'620.-
Total Vermögen gerundet 500'000.-.
e) Hätte die Konkursverwaltung die streitbetroffene Forderung über
Fr. 1'360'000.- geltend gemacht, ist demnach damit zu rechnen, dass sie vom Pflichti-
gen noch rund Fr. 500'000.- (und nicht wie von der Vorinstanz geschätzt Fr. 800'000.-)
hätte eintreiben können. Zwar ist mit Bezug auf die überbauten Liegenschaften einzu-
werfen, dass diesbezügliche Verkehrswertgutachten allgemein eine Schätzungsband-
breite von +/- 10% nahelegen, indes ist gleichermassen zu bedenken, dass bei einer
Zwangsversteigerung in der Regel nicht Höchstpreise erzielt werden. Von daher be-
steht kein Anlass, die Schätzungsbandbreite zu Ungunsten des Pflichtigen zu berück-
sichtigen.
f) Damit steht fest, dass es dem Pflichtigen gelungen ist, die quantitative
offensichtliche Unrichtigkeit der vorinstanzlichen Werthaltigkeitsschätzung nachzuwei-
sen. Auszugehen ist davon, dass dem Pflichtigen im Rahmen der ihm erlassenen For-
derung von Nominal Fr. 1'360'000.- unter Berücksichtigung der Werthaltigkeit dieser
Forderung ein Einkommen in der Höhe von Fr. 500'000.- zugeflossen ist. Dies führt
gegenüber den Einspracheentscheiden zu einer Reduktion des steuerbaren Einkom-
mens um Fr. 300'000.-.
3. Die §§ 16 bis 24 des Steuergesetzes des Kantons Zürich vom 8. Juni 1997
(StG) entsprechen weitestgehend den einschlägigen Normen des Bundesrechts
(Art. 16 bis 24 DBG). Daraus folgt, dass die zum DBG ergangene Rechtsprechung
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1 DB.2012.94 1 ST.2012.107
ebenfalls für die kantonalen Steuern massgebend ist (vgl. Urteil 2A.390/2006 vom
28. November 2006, E. 3, www.bger.ch). Dies führt vorliegend für die Staats- und Ge-
meindesteuern zum gleichen Ergebnis wie bei der direkten Bundessteuer, und es kann
auf die vorstehenden Erwägungen hierzu verwiesen werden.
4. a) Anzumerken bleibt, dass die Vorbringen des Pflichtigen betreffend Zahl-
barkeit der entstehenden Steuerschulden für die Veranlagung bzw. Einschätzung ohne
Belang sind; sie gehören in den Bereich des Steuererlassverfahrens. Ob ein solches
nach der nun erfolgten Reduktion der steuerbaren Einkommen einerseits und den seit
2008 stark gestiegenen Liegenschaftspreisen andrerseits noch Aussicht auf Erfolg ha-
ben könnte, ist zu bezweifeln, hier aber nicht zu entscheiden.
b) Nicht weiter nachzugehen ist sodann dem beiläufigen Hinweis in der
Beschwerde- und Rekursschrift, wonach die A AG die Forderung per 2003 um
Fr. 1'250'000.- wertberichtigt habe, fehlen doch diesbezügliche Beweismittel und wird
in diesem Zusammenhang lediglich von einer unvollständigen Buchhaltung 2003 der
A AG gesprochen. Auszugehen ist folglich von den Schulddeklarationen des Pflichti-
gen, welche bis 2007 auf Fr. 1'360'000.- lauteten.
c) Nach alledem sind die einkommensseitigen Steuerfaktoren unter Vornahme
einer Reduktion von Fr. 300'000.- neu wie folgt festzusetzen:
Staats- und Gemeindesteuer Direkte Bundessteuer
Fr. Fr.
Steuerbares Einkommen 555'600.- 556'300.-
Satzbestimmendes Einkommen 555'600.-.
d) Damit sind Beschwerde und Rekurs teilweise gutzuheissen. Die Kostenauf-
lage im Einspracheverfahren der Staats- und Gemeindesteuern von Fr. 1'300.- ist auf-
zuheben, da sich die Einsprache nicht gegen eine Ermessenseinschätzung richtete
(§ 142 Abs. 2 StG; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum harmonisierten
Zürcher Steuergesetz, 2. A., 2006, § 142 N 16). Die Kosten des vorliegenden Verfah-
rens sind dagegen trotz des teilweisen Obsiegens vollständig dem Pflichtigen aufzuer-
legen, weil dieser bei pflichtgemässem Verhalten schon im Einspracheverfahren zu
seinem Recht gekommen wäre (Art. 144 Abs. 2 DBG; § 151 Abs. 2 StG).
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1 DB.2012.94 1 ST.2012.107 | Public | Tax | de | 2,012 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
9dfb76e9-5464-4d2d-83eb-cd540967b571 | hat sich ergeben:
A. Die A (nachfolgend die Pflichtige) betreibt in B ein Autospritzwerk und wird
beherrscht von C. Im Abschluss 2003 wies sie einen Verlust von Fr. 26'886.50 und im
Abschluss 2004 einen Gewinn von Fr. 22'510.36 aus. Darin enthalten waren aufwand-
seitig Drittarbeiten von Fr. 164'208.- bzw. Fr. 363'428.-.
Aufgrund einer (anonymen) Denunziation, wonach bei der Pflichtigen drei
Personen aus den USA als Schwarzarbeiter tätig seien, wurden die Geschäftsjahre
2003 und 2004 der Pflichtigen am 21. Juni und 30. Oktober 2007 einer steueramtlichen
Buchprüfung unterzogen. Im Bericht vom 22. Oktober 2008 beanstandete der Revisor
u.a. die verbuchten Drittarbeiten, indem er sie im Umfang von Fr. 87'755.- bzw.
Fr. 238'530.- als verdeckte Gewinnausschüttung qualifizierte. Zur Begründung führte er
an, zwar habe die Pflichtige die entsprechenden Karosseriearbeiten im Lauf des Revi-
sionsverfahrens nun belegmässig nachgewiesen, jedoch sei nicht ersichtlich, wo die
Arbeiten ausgeführt worden seien. Es könne jedenfalls kaum angenommen werden,
dass die Fahrzeuge in den USA repariert worden seien. Der Sachverhalt sei somit
noch nicht erstellt, d.h. die genannten Beträge seien als verdeckte Gewinnausschüt-
tung aufzurechnen. Unter dem gleichen Titel schlug der Revisor weiter auch die Auf-
rechnung von Fr. 6'000.- bzw. Fr. 4'500.- für Saisonkarten für einen Eishockeyclub vor.
Mit Einschätzungsentscheid bzw. Hinweis vom 5. November 2008 übernahm
der Steuerkommissär diese Aufrechnungen und veranlagte die Pflichtige wie folgt:
Steuerperiode 1.1. - 31.12.2003
Staats-/Gemeindesteuer Direkte Bundessteuer Fr. Fr.
Steuerbarer Reingewinn 89'000.- 89'000.-
Gewinnsteuersatz 10.0%
Steuerbares Eigenkapital 232'000.-
Kapitalsteuersatz 1.5 ‰
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1 ST.2009.94 + 95 1 DB.2009.48 + 49
Steuerperiode 1.1. - 31.12.2004
Steuerbarer Reingewinn 350'600.- 350'600.-
Gewinnsteuersatz 10.0%
Steuerbares Eigenkapital 236'000.-
Kapitalsteuersatz 1.5 ‰.
Die Veranlagungen der direkten Bundessteuer wurden mit Steuerrechnungen
vom 5. Dezember 2008 formell eröffnet.
B. Hiergegen liess die Pflichtige am 8. Dezember 2008 Einsprache erheben
und beantragen, die Aufrechnung der Aufwendungen für Drittarbeiten und Saisonkar-
ten fallen zu lassen. Zur Begründung liess sie im Wesentlichen vorbringen, die Drittar-
beiten rührten aus der Behebung von Hagelschäden an Kundenfahrzeugen her, wel-
che sie zufolge Auftragshäufung nicht selber habe ausführen können, sodass sie auf
verschiedene amerikanische Firmen habe zurückgreifen müssen. Diese Firmen ver-
folgten jeweils die Meldungen über Hagelzüge und böten sich dann bei den Carosse-
riewerkstätten zur Schadensbehebung vor Ort an. Die Aufwendungen seien belegt,
was auch das kantonale Steueramt zugestehe. Zudem sei der Vorwurf der Schwarzar-
beit von den zuständigen Behörden – Polizei und Abteilung Quellensteuer des kanto-
nalen Steueramts – untersucht sowie entkräftet worden.
Das kantonale Steueramt wies die Einsprachen am 9. März 2009 ab. In den
Erwägungen wiederholte es die vom Revisor vorgebrachten Gründe und führte ergän-
zend aus, dass es aus Sicht der Mehrwertsteuer unter Umständen sehr wohl darauf
ankomme, wo Drittarbeiten ausgeführt würden und ob es sich um Dienstleistungen
oder Lieferungen handle. Seien die Fahrzeuge tatsächlich wie behauptet nicht aus der
Schweiz verbracht, sondern vor Ort in Stand gestellt worden, habe sich ein Teil der
Drittanbieter bei der Mehrwertsteuer nicht angemeldet und diese Steuer hinterzogen.
Andernfalls müsse davon ausgegangen werden, dass fingierte Lieferantenrechnungen
vorlägen, zumal die Leistungen der Drittanbieter bar über die Kasse vergütet worden
seien und die Gelder genauso gut auf Umwegen an die Aktionäre geflossen sein könn-
ten. Damit bleibe der wahre Sachverhalt im Dunkeln und gelte nicht als erwiesen, dass
es sich um einen gesetzeskonformen Geschäftsaufwand handle. Dies habe zur Folge,
dass die entsprechenden Kosten der Privatsphäre der Aktionäre zugeordnet werden
- 4 -
1 ST.2009.94 + 95 1 DB.2009.48 + 49
müssten. Auch die Ausgaben für Saisonkarten wiesen überwiegend privaten Charakter
auf und seien daher beim Ertrag der Pflichtigen aufzurechnen.
C. Mit Rekurs bzw. Beschwerde vom 9. April 2009 liess die Pflichtige die Ein-
spracheanträge wiederholen und die Zusprechung einer Parteientschädigung verlan-
gen.
Das kantonale Steueramt schloss am 15. Mai 2009 auf Abweisung der
Rechtsmittel, eventualiter könnten die streitigen Aufwendungen für Drittarbeiten als
geschäftsmässig begründet akzeptiert werden, wenn nachgewiesen würde, dass sie
vollumfänglich an die Kunden weiterfakturiert und lückenlos als Ertrag verbucht worden
seien. Dieser Nachweis fehle bis anhin. Die Eidgenössische Steuerverwaltung liess
sich nicht vernehmen.
Auf Anordnung eines zweiten Schriftenwechsels hin hielt die Pflichtige mit
Replik vom 31. August 2009 an ihren Anträgen fest. Dabei reichte sie unter Bezug-
nahme auf den Eventualantrag des kantonalen Steueramts in der Rekursantwort sämt-
liche Belege der Drittanbieter samt Aufstellung über deren Zuordnung zu den Kunden-
fakturen und die Kundenrechnungen selber ein. Das kantonale Steueramt sah mit
diesen Unterlagen den in der Rekursantwort geforderten Nachweis nicht als erbracht
an und plädierte in der Duplik vom 23. September 2009 weiterhin auf Abweisung der
Rechtsmittel. | Die Rekurskommission zieht in Erwägung:
1. a) Der steuerbare Reingewinn einer Aktiengesellschaft setzt sich gemäss
§ 64 Abs. 1 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) bzw. Art. 58 Abs. 1 des Bun-
desgesetzes über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990 (DBG) zusam-
men aus dem Saldo der Erfolgsrechnung, unter Berücksichtigung des Saldovortrags
des Vorjahres (Ziff. 1 bzw. lit. a) und (unter anderem) allen vor Berechnung des Saldos
der Erfolgsrechnung ausgeschiedenen Teilen des Geschäftsergebnisses, die nicht zur
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1 ST.2009.94 + 95 1 DB.2009.48 + 49
Deckung von geschäftsmässig begründetem Aufwand verwendet werden (Ziff. 2 bzw.
lit. b).
Geschäftsmässig begründet und damit gestützt auf § 64 Abs. 1 Ziff. 2 StG bzw.
Art. 58 Abs. 1 lit. b DBG vom erzielten Gewinn absetzbar sind Aufwendungen dann,
wenn sie auf Massnahmen beruhen, welche die Unternehmensleitung in guten Treuen
in Erfüllung des Gesellschaftszwecks getroffen hat. Zu diesen zählen namentlich alle
Aufwendungen, Wertverminderungen und Verluste, deren Vermeidung der Unterneh-
mung im Hinblick auf die Erfüllung ihres Gesellschaftszwecks nach den Umständen
des Einzelfalls nicht zumutbar ist (zum alten kantonalen Recht: Reimann/Zup-
pinger/Schärrer, Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, 3. Band, 1969, § 45 N 111).
Als geschäftsmässig nicht begründet werden dagegen Aufwendungen erachtet, die auf
ungewöhnlichen, sachwidrigen, absonderlichen Gepflogenheiten oder auf völlig unan-
gemessenen Massnahmen beruhen, oder von denen anzunehmen ist, die Gesellschaft
habe damit lediglich Steuern einsparen wollen, die bei sachgemässer Ordnung der
Verhältnisse geschuldet wären (Reimann/Zuppinger/Schärrer, § 45 N 113). Demge-
genüber ist es für die geschäftsmässige Begründetheit einer Aufwendung nicht erfor-
derlich, dass sie für den Betrieb notwendig oder im Sinn einer rationellen und gewinn-
orientierten Betriebsführung zweckmässig ist. Ungeschickte Dispositionen sind ebenso
hinzunehmen wie mangelnde Rentabilität einer Investition. Anders zu entscheiden
hiesse, in die unternehmerische Entscheidungsfreiheit des Betriebs einzugreifen, was
nicht Sache der Steuerbehörde ist. Es genügt, wenn der Betrieb und der damit verfolg-
te Zweck der Gewinnerzielung mit der Aufwendung in irgend einem kausalen Zusam-
menhang steht, wobei dieser Zusammenhang immerhin sachlicher Natur sein muss.
Kausalität mit einem spezifischen Ertrag darf jedoch nicht verlangt werden
(Kuhn/Brülisauer in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/1, 2. A.,
2002, Art. 24 N 56 ff. StHG).
Auf eine verdeckte Gewinnausschüttung (als besondere Form der geschäfts-
mässig nicht begründeten Aufwendung) ist zu schliessen, wenn eine juristische Per-
son, sich entreichernd, ihren Gesellschaftern oder ihr sonst nahestehenden Personen,
diese bereichernd, bewusst geldwerte Vorteile zuwendet, die sie unbeteiligten Dritten
nicht einräumen würde (RB 1985 Nr. 42 = StE 1985 B 72.13.22 Nr. 4; Reimann/Zup-
pinger/Schärrer, § 45 N 68 ff.). Nach ihrer buchmässigen Erscheinung lassen sich zwei
Hauptformen verdeckter Gewinnausschüttungen unterscheiden: Die verdeckte Ge-
winnausschüttung im engern Sinn kennzeichnet sich dadurch, dass die Gesellschaft
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1 ST.2009.94 + 95 1 DB.2009.48 + 49
übersetzte Gewinnungs- oder Anschaffungskosten aufwendet, was zu einer überhöh-
ten Belastung eines Erfolgs- oder eines Bestandeskontos führt. Bei der Gewinnvor-
wegnahme liegt die Vorteilszuwendung darin, dass die Gesellschaft auf Gewinn, d.h.
auf ein marktmässiges Entgelt für die von ihr erbrachten Leistungen oder veräusserten
Aktiven verzichtet (Markus Reich, Verdeckte Vorteilszuwendungen zwischen verbun-
denen Unternehmern, ASA 54, 613 ff.).
b) Um die Beurteilung der geschäftsmässigen Begründetheit von geltend ge-
machten Aufwendungen – und der allfällig damit verbundenen verdeckten Gewinnaus-
schüttungen – zu ermöglichen, ist die steuerpflichtige Gesellschaft kraft der sie treffen-
den gesetzlichen Obliegenheiten (§§ 132 ff. StG, Art. 124 ff. DBG) gehalten, an der
Abklärung der solchen Aufwendungen zugrunde liegenden Tatsachen mitzuwirken,
wobei sie für deren Verwirklichung beweisbelastet ist (vgl. RB 1977 Nr. 60). Insbeson-
dere hat sie spätestens vor Rekurskommission binnen der Rekursfrist eine substanzi-
ierte Sachdarstellung vorzutragen und die Beweismittel für deren Richtigkeit beizubrin-
gen (RB 1964 Nr. 68, 1975 Nr. 54).
2. a) Die Pflichtige weist in den Abschlüssen 2003 und 2004 Drittarbeiten von
Fr. 164'208.- bzw. Fr. 363'428.- aus. Davon entfallen Fr. 87'755.- bzw. Fr. 238'530.- auf
die Behebung von Hagelschäden an Kundenfahrzeugen durch insgesamt fünf ameri-
kanische Firmen (Revisionsbericht). Der Steuerkommissär rechnete diese Drittarbeiten
gestützt auf die Erkenntnisse des steueramtlichen Revisors auf, weil er darin gleich wie
dieser eine verdeckte Gewinnausschüttung an den Anteilseigner der Pflichtigen be-
gründet sah.
b) Bereits der Revisor – und mit ihm der Steuerkommissär – hat jedoch fest-
gestellt, dass es sich bei diesen Aufwendungen mehrheitlich um Barauslagen handelt,
die ordnungsgemäss verbucht (Konti 1000/4006) und belegmässig nachgewiesen sind.
Zu dieser Erkenntnis gelangten sie, obwohl die Drittanbieter ausländische Personen
bzw. Gesellschaften sind und an deren Belege/Zahlungsquittungen wegen einge-
schränkter Kontrollmöglichkeit der hiesigen Steuerbehörden höhere Anforderungen
gestellt werden dürfen. Sind die streitigen Aufwendungen aber ordnungsgemäss ver-
bucht und belegmässig nachgewiesen, sind sie auch geschäftsmässig begründet.
Denn die Vergabe von Arbeiten an Dritte ist im Geschäftsleben nicht eine ungewöhnli-
che, sachwidrige oder absonderliche Gepflogenheit, umso weniger, wenn es – wie
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hier – nicht um Verrichtungen geht, die aufgrund eines Vertrauensverhältnisses nur
vom beauftragten Unternehmer persönlich ausgeführt werden dürfen. Ob die Auslage-
rung von Kundenarbeiten sodann betrieblich sinnvoll bzw. zweckmässig ist oder nicht,
fällt nach dem Gesagten nicht in die Prüfungskompetenz der Steuerbehörden.
c) Bei dieser Sach- und Rechtslage lässt sich die Annahme einer verdeckten
Gewinnausschüttung zugunsten des Anteilseigners der Pflichtigen daher nurmehr hal-
ten, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Belege der Drittanbieter fingiert sind,
d.h. dass Letztere in Wirklichkeit keine entsprechenden Arbeiten verrichtet haben, und
die zumeist bar geleisteten Entschädigungen nicht dem vermeintlichen Drittanbieter,
sondern direkt oder indirekt dem Anteilseigner ausbezahlt worden sind.
aa) Als einzigen solchen Anhaltspunkt stellte der Revisor nach durchgeführter
Untersuchung fest, dass nicht ersichtlich sei, wo die Arbeiten von den Drittanbietern
ausgeführt worden seien. Für die geschäftsmässige Begründetheit von Drittarbeiten
kommt es jedoch bei den direkten Steuern (Staats- und Gemeindesteuern sowie direk-
te Bundessteuer) auf den Ort ihrer Verrichtung regelmässig nicht an. Abgesehen davon
relativiert der Revisor seinen Einwand ohnehin gleich selber, wenn er im Revisionsbe-
richt (S. 5) ausführt, es sei nicht anzunehmen, dass die Fahrzeuge in den USA bear-
beitet worden seien, da dies mit einem erheblichen Aufwand verbunden gewesen wä-
re. Der Nachweis, es seien gar keine Drittarbeiten verrichtet worden und die Belege
seien nur fingiert, sodass im entsprechenden Mittelabfluss eine verdeckte Gewinnaus-
schüttung an den Anteilseigner begründet läge, lässt sich demnach allein mit der man-
gelnden Ortsangabe der Ausführung der Drittarbeiten nicht führen.
bb) Denkbar wäre immerhin, dass es sich bei den verbuchten Arbeiten nicht
um solche von (unabhängigen) Dritten, sondern um solche von angestellten Schwarz-
arbeitern der Pflichtigen handelte, wie der (anonyme) Denunziant in seiner Anzeige im
Jahr 2005 den Steuerbehörden gegenüber vermutete. Diesfalls erwiesen sich die Be-
lege über Drittarbeiten gleichwohl als fingiert und wären die Erfolgsrechnungen – ohne
dass jedoch gleichzeitig eine verdeckte Gewinnausschüttung vorläge – zu Unrecht mit
dem entsprechenden Aufwand belastet worden. Eine Revision durch die Dienstabtei-
lung Quellensteuer des kantonalen Steueramts hat allerdings keine Unregelmässigkeit
bei der Ablieferung der Quellensteuern durch die Pflichtige zutage gefördert und haben
offenbar auch (unangemeldete) polizeiliche Kontrollen bei der Pflichtigen den Vorwurf
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1 ST.2009.94 + 95 1 DB.2009.48 + 49
von Schwarzarbeit nicht zu erhärten vermocht (vgl. die dies-bezüglichen Ausführungen
der Pflichtigen im Rekurs bzw. in der Beschwerde, S. 6).
cc) In den Einspracheentscheiden hielt das kantonale Steueramt am Vorwurf
der mangelnden Angabe des Arbeitsorts fest und führte ergänzend aus, einerseits
könne die Pflichtige keine Import-/Exportnachweise erbringen und andrerseits wiesen
die Lieferantenrechnungen keine Mehrwertsteuernummern auf. Dies wird von der
Pflichtigen nicht bestritten.
Indessen kann aus dem Fehlen entsprechender Zolldokumente bzw. dem
Fehlen einer Mehrwertsteuernummer auf den Arbeitsbelegen der Drittanbieter lediglich
auf eine Verletzung von Vorschriften des Zolls durch die Pflichtige oder der Mehr-
wertsteuer durch die Drittanbieter (Hinterziehung dieser Steuer wegen unterlassener
Anmeldung) geschlossen werden. Die Drittarbeiten selber verlören dadurch ihren Cha-
rakter als abzugsfähigen Aufwand der Pflichtigen bei den direkten Steuern entgegen
der Auffassung des Steuerkommissärs jedenfalls nicht. Denn für die Bejahung der ge-
schäftsmässigen Begründetheit des Aufwands bei diesen Steuern ist nicht erforderlich,
dass die Belege auch den Anforderungen der Mehrwertsteuer gerecht werden. Ent-
scheidend ist vielmehr allein, ob die Drittarbeiten tatsächlich ausgeführt und der Pflich-
tigen entsprechende Kosten erwachsen sind. Die vorhandenen Belege der Drittanbie-
ter sowie das Fehlen gegenteiliger Anhaltspunkte legen diese Schlussfolgerung nahe,
auch wenn die Belege hinsichtlich der Mehrwertsteuer teilweise mangelhaft sind und
die Pflichtige den Ausführungsort der Arbeiten nicht näher zu bezeichnen vermag (vgl.
ihre Ausführungen in Rekurs und Beschwerde [S. 6], wonach die Fahrzeuge von den
"Dellendrückern" abgeholt, an einem Drittort repariert und danach dem Carossier zu-
rück gebracht worden seien). Mithin müssen die Drittarbeiten bei der Pflichtigen für die
vorliegend streitbetroffenen direkten Steuern trotz dieser Mängel ertragsmindernd be-
rücksichtigt werden.
dd) In der Rekursantwort will das kantonale Steueramt den Nachweis der ge-
schäftsmässigen Begründetheit erst dann als erbracht gelten lassen, wenn belegt sei,
dass sämtliche als Aufwand belasteten Drittarbeiten in den Kundenfakturen enthalten
und alle Kundenrechnungen verbucht worden sind. Die Pflichtige nahm diesen Gedan-
ken in der Replik auf und reichte Aufstellungen pro 2003 und 2004 ein, worin sie die
einzelnen Drittarbeiten samt Belegen den jeweiligen Kundenrechnungen zuordnete
und Letztere ebenfalls beilegte. Das kantonale Steueramt spricht diesen Unterlagen in
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der Duplik die Beweiskraft ab, weil damit revisionstechnisch betrachtet die "Prüfspur"
nicht von der Leistungserstellung (der Drittanbieter) bis zu den Kundenfakturen reiche.
Ob die streitigen Drittarbeiten ordnungsgemäss verbucht und belegt sind, ist
eine Frage, die bei Zweifeln an deren geschäftsmässigen Begründetheit als Erstes zu
prüfen ist. Diese Frage wurde von den Vorinstanzen nach durchgeführter Untersu-
chung durch den Revisor – wie erwähnt – zu Recht positiv beantwortet. Damit ist aber
gleichzeitig die geschäftsmässige Begründetheit dieses Aufwands erstellt, da sich die
Annahme fingierter Belege mit einem Rückfluss der ausbezahlten Fakturabeträge an
den Anteilseigner der Pflichtigen nach dem Gesagten mit der mangelnden Angabe des
Ausführungsorts der Drittarbeiten allein nicht stützen lässt.
Ob sodann die Drittarbeiten nicht nur in den Kundenfakturen enthalten sind,
sondern ob Letztere von der Pflichtigen auch vollumfänglich verbucht und damit
lückenlos als Ertrag (Umsatz) ausgewiesen worden sind, ist eine andere Frage. Diese
Frage beschlägt nicht die geschäftsmässige Begründetheit der Drittarbeiten, sondern
die Vollständigkeit der verbuchten Einnahmen. Mit einer negativen Beantwortung die-
ser Frage lässt sich die Aufrechnung des Aufwands für Drittarbeiten entgegen dem
Dafürhalten des Steuerkommissärs aber nicht rechtfertigen. Dies bedeutet allerdings
nicht, dass dieser Frage nicht noch nachgegangen werden muss (vgl. E. 3).
ee) Insgesamt liegen demnach keine Indizien für das Vorliegen einer verdeck-
ten Gewinnausschüttung vor, weil nicht davon ausgegangen werden kann, die Drittar-
beiten seien im Widerspruch zu den verbuchten Belegen nicht erbracht worden und
stattdessen seien die entsprechenden bei der Pflichtigen abgeflossenen Gelder ohne
Gegenleistung dem Anteilseigner der Pflichtigen zugekommen. Damit ist die Aufrech-
nung des Aufwands für Drittarbeiten fallen zu lassen.
3. Das kantonale Steueramt zweifelt im Rekurs-/Beschwerdeverfahren erst-
mals die Vollständigkeit der verbuchten Einnahmen an. Der Revisor hat die Buchhal-
tung der Pflichtigen diesbezüglich noch nicht untersucht. Es ist nicht Aufgabe der
Steuerrekurskommission, dies erstinstanzlich nachzuholen, sondern diejenige der Ver-
anlagungsbehörde. Die Sache ist daher diesbezüglich an den Steuerkommissär ins
Einschätzungsverfahren zurückzuweisen (§ 149 Abs. 3 StG; VGr, 22. März 2000,
SB.1999.00095 und SB.2000.00002 sowie Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar
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zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 2. A., 2006, § 149 N 31 und Richner/Frei/
Kaufmann, Handkommentar zum DBG, 2003, Art. 143 N 26).
4. Die Pflichtige hat die Ausgaben für vier (Geschäftsjahr 2003) bzw. drei (Ge-
schäftsjahr 2004) Saisonkarten eines Eishockeyclubs von Fr. 6'000.- bzw. Fr. 4'500.-
als Werbekosten belastet. Sie begründet diese Aufwendungen in Rekurs und Be-
schwerde u.a. damit, dass auch sie als kleinerer Handwerksbetrieb Werbung machen
dürfe. Dabei müsse sie die Interessen ihrer Kunden berücksichtigen, welche eher bei
einem lokal verankerten Sportverein lägen als anderswo. Daher lade sie jeweils Kun-
den zu Spielen ein. Auch liege das Supporterhandbuch dieses Clubs vor, worin sie
aufgeführt sei, was bereits eine Werbewirkung zeige. Supporter werde man, indem
man dabei sei und den Sportverein unterstütze. Das bedinge, dass mehr als nur gera-
de jemand zu einem Spiel erscheine. Könne man dabei noch Kunden oder Auftrags-
vermittler mitnehmen und diesen eine Freude bereiten, vertiefe das die Kundenbezie-
hungen.
Jedes Unternehmen darf Werbung betreiben und die dadurch anfallenden
Kosten der Erfolgsrechnung belasten. Den Steuerbehörden steht es grundsätzlich nicht
zu, diese zu korrigieren. Dementsprechend hat die Pflichtige neben den streitigen Aus-
lagen für Saisonkarten noch weitere Werbekosten von Fr. 9'480.10 bzw. Fr. 6'663.32
verbucht, die vom Revisor/Steuerkommissär akzeptiert wurden. Kundengeschenke
entfalten eine Werbewirkung, sodass die diesbezüglichen Auslagen steuerlich eben-
falls anzuerkennen sind. Profitiert jedoch der Anteilseigner der Unternehmung mit von
diesen Geschenken, stellt sich die Frage nach dessen "Privatanteil" bzw. nach Über-
nahme von privaten Lebenshaltungskosten durch die Gesellschaft.
Vorliegend ist nicht streitig, dass die fraglichen Saisonkarten auch vom An-
teilseigner und dessen Sohn E benutzt worden sind. Ob sie dabei stets von Kunden
der Pflichtigen begleitet worden sind, ist zu bezweifeln, nannte die Pflichtige in der Ein-
sprache – wenn auch nur beispielhaft – doch nur gerade vier Begleitpersonen, ohne
anzugeben, wie oft diese an einem Spielbesuch teilnahmen. Zudem ist bei zwei der
vier Personen ungewiss, ob es sich auch tatsächlich um ihre Kunden handelt, da bei
einer groben Durchsicht der eingereichten Kundenfakturen nur gerade F von der G und
H von der I als Kunden zu erkennen sind (Kundenfakturen). Bei derart wenigen Kun-
deneinladungen, die ausserdem nur behauptet und in keiner Art nachgewiesen sind, ist
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schliesslich auch nicht nachvollziehbar, warum es vier bzw. drei Saisonkarten brauch-
te. So berechtigen solche Karten regelmässig zum Besuch sämtlicher Spiele einer
Meisterschaft und muss ein einzelner Kunde kaum für so viele Spiele eingeladen wer-
den, um eine Werbewirkung zu erzielen. Die Pflichtige hat es versäumt, diese Unge-
reimtheiten aufzuklären. Damit drängt sich der begründete Verdacht auf, die Saison-
karten seien überwiegend für den Privatgebrauch des Anteilseigners und dessen
Familienangehörige verwendet worden. Jedenfalls hat die Pflichtige damit den Werbe-
charakter der Billettkosten nicht nachgewiesen.
Was sodann der Eintrag der Pflichtigen in das Supporterverzeichnis des Eis-
hockeyclubs bzw. ihr Auftritt als Vereinssupporterin mit den streitigen Kosten der Sai-
sonkarten zu tun hat, ist nicht erkennbar. Gemäss den Vereinsstatuten der "Supporter"
ist die Mitgliedschaft in diesem Verein nicht an den Erwerb von Saisonkarten gebun-
den, vielmehr werden die Vereinsmittel aus den Mitgliederbeiträgen, Spenden, Zuwen-
dungen etc. geäufnet (Art. 10 der Statuten). Auch blieb der Einwand, man müsse sich
als Supporter bei den Spielen zeigen, eine blosse Behauptung, dürfte die Unterstüt-
zung des Vereins doch primär in der Entrichtung des nicht unbescheidenen Mitglieder-
beitrags eines Supporters von Fr. 500.- (Art. 11 der Statuten) und weiterer Zuwendun-
gen liegen. Zudem wären für die Markierung von Präsenz nicht gleich drei bzw. vier
Saisonkarten erforderlich. Dergestalt könnte die Pflichtige in diesem Zusammenhang
nur den Vereinsbeitrag und/oder diesbezügliche Zuwendungen als Werbeaufwand gel-
tend machen.
Insgesamt hat die Pflichtige demnach die fraglichen Auslagen nicht als Wer-
bekosten darzulegen vermocht. Ihre Aufrechnung durch die Vorinstanzen ist daher zu
bestätigen.
5. Diese Erwägungen führen zur teilweisen Gutheissung der Rechtsmittel.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Rekurs-/Beschwerdekosten den
Parteien anteilsmässig aufzuerlegen (§ 151 Abs. 1 StG, Art. 144 Abs. 1 DBG). Dabei
ist zu berücksichtigen, dass die Pflichtige hinsichtlich der Aufrechnung der Kosten für
Drittarbeiten obsiegt und das kantonale Steueramt die Rückweisung hinsichtlich der
Frage nach der Vollständigkeit der verbuchen Einnahmen selber zu verantworten hat.
Das Obsiegen der Pflichtigen ist daher insgesamt überwiegend. Dementsprechend hat
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Letztere auch Anspruch auf Zusprechung einer (reduzierten) Parteientschädigung
(§ 152 StG i.V.m. § 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai
1959/8. Juni 1997 und Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des Bundesgesetzes
über das Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember 1968). | Public | Tax | de | 2,009 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
9e396115-5c97-44f6-9a98-2d783f290af2 | hat sich ergeben:
A. Der 1940 geborene A (nachfolgend der Pflichtige) war bis zu seinem Rück-
tritt per Ende 1998 Vorsitzender und Geschäftsleiter der C mit Sitz in Deutschland. Per
1. Januar 2001 zog er von Deutschland nach E. Seither deklarierten er und seine Frau,
B, (nachfolgend die Pflichtige bzw. zusammen die Pflichtigen) eine Rente der C in
ihren Steuererklärungen jeweils zu 80%. So auch in der Steuererklärung 2006, worin
sie die Rente von Fr. 1'047'828.- mit Fr. 838'262.- einsetzten und insgesamt ein
steuerbares Einkommen von Fr. 1'200'499.- (Staats- und Gemeindesteuern) bzw.
Fr. 1'202'749.- (direkte Bundessteuer) sowie ein steuerbares Vermögen von (nur)
Fr. 2'489'611.- deklarierten. Mit Auflage vom 21. Mai 2008 verlangte der Steuerkom-
missär eine detaillierte Aufstellung mit chronologisch geordneten Belegen über die Zu-
sammensetzung der Rente mit Nachweis der seinerzeitigen Beitragszahlungen von
mindestens 20%. Am 3. September 2008 liessen die Pflichtigen eine Bescheinigung
der C einreichen, gemäss welcher "die Pensionsrückstellung (...) einen nicht unerheb-
lichen Anteil" der neben dem Basisgehalt entrichteten Gehaltsbestandteile dargestellt
habe. Obschon der C nicht mehr alle Unterlagen zur Verfügung ständen, könne man
sehr wohl davon ausgehen, dass das Basisgehalt ohne diese Rückstellung insgesamt
höher gewesen wäre, was durchaus einen Betrag von 20% ausmache. Gemäss einer
weiteren Bescheinigung handelt es sich bei der fraglichen Rente um eine Betriebsrente
von EUR 667'406.-.
Mit Einschätzungsentscheid vom 12. September 2008 besteuerte der Steuer-
kommissär die Rente zu 100%. Er begründete dies damit, dass der Nachweis für die
teilweise Selbstfinanzierung gemäss Art. 204 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die
direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990 (DBG) bzw. § 270 Abs. 1 des Steuer-
gesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) nicht erbracht worden sei. Am gleichen Tag erging
der entsprechende Hinweis direkte Bundessteuer 2006. Die Veranlagungsverfü-
gung/Schlussrechnung direkte Bundessteuer wurde am 27. März 2009 eröffnet.
B. Hiergegen erhoben die Pflichtigen am 10. Oktober 2008 bzw. 21. April 2009
je Einsprache mit dem Antrag, die Rente nur zu 80% zu besteuern. Das kantonale
Steueramt wies diese am 10. Juli 2009 ab.
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1 ST.2009.237 1 DB.2009.117
C. Mit Rekurs bzw. Beschwerde vom 12. August bzw. 16. September 2009
erneuerten die Pflichtigen den Einspracheantrag. Zur Begründung führten sie aus,
dass die Rente seit 2001 rechtskräftig zu 80% besteuert worden sei, weshalb es unzu-
lässig sei, dass die Steuerbehörden für die Steuerperiode 2006 nun plötzlich über den
Sachverhalt eine Untersuchung durchführten. Die Einschätzung 2001 sei insofern auch
für die nachfolgenden Steuerperioden verbindlich. Selbst wenn diesfalls anders ent-
schieden würde, sei aber zu berücksichtigen, dass das kantonale Steueramt es ihnen
durch das lange Zuwarten mit der Untersuchung verunmöglicht habe, den entspre-
chenden Nachweis zu erbringen. Die Bestätigung der C müsse als Beweis genügen.
Der Pflichtige habe es nur aufgrund der konstanten Veranlagungspraxis über einen
Zeitraum von fünf Jahren versäumt, sich rechtzeitig entsprechende Beweise zu si-
chern.
Das kantonale Steueramt schloss am 30. September 2009 auf Abweisung der
Rechtsmittel. | Die Rekurskommission zieht in Erwägung:
1. a) Weil die Steuereinschätzung nur für die Gegenstand des Veranlagungs-
verfahrens bildende Steuerperiode in Rechtskraft erwächst, können Fragen, die in ähn-
licher Weise schon bei früheren Einschätzungen aufgeworfen und entschieden worden
sind, neu beurteilt werden (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum harmoni-
sierten Zürcher Steuergesetz, 2. A., 2006, § 139 N 7 StG; dies., Handkommentar zum
DBG, 2. A., 2009, Art. 131 N 6 DBG; je mit Hinweisen; Pra 2006 Nr. 16). In Rechtskraft
erwächst jeweils nur die einzelne Einschätzung, die ausschliesslich für die betreffende
Steuerperiode Rechtswirkungen entfaltet; die späteren Einschätzungen sind daher
jederzeit einer erneuten, umfassenden Überprüfung zugänglich.
Der Umstand, dass die Rente bereits seit der Steuerperiode 2001 immer nur zu
80% besteuert worden ist, steht nach dieser seit langem gültigen und wohlbekannten
Rechtsprechung einer Untersuchung des Sachverhalts im Rahmen der Einschätzun-
gen für die Steuerperiode 2006 demnach nicht entgegen. Der diesbezügliche Einwand
der Pflichtigen geht fehl.
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1 ST.2009.237 1 DB.2009.117
b) Der Grundsatz von Treu und Glauben gibt dem Bürger unter bestimmten
Voraussetzungen Anspruch auf Schutz seines berechtigten Vertrauens in die Richtig-
keit und Vollständigkeit behördlicher Auskünfte und Zusicherungen oder sonstiges,
bestimmte Erwartungen begründendes Verhalten der Behörde (Richner/Frei/Kauf-
mann/Meuter, VB zu Art. 109 - 121 N 54 und 59 DBG; dies., VB zu §§ 119 - 131, N 57
und 62 StG). In der Regel begründet aber nur eine individuelle und konkrete Zusiche-
rung der Steuerbehörde den Vertrauensschutz. Allein aus dem Umstand, dass eine
Steuerdeklaration genehmigt wurde, kann für die verschiedenen in die Deklaration
eingeflossenen Sachverhalte nicht abgeleitet werden, darin liege eine Zusicherung
der Veranlagungsbehörde, die verschiedenen Sachverhalte auch künftig gleich zu
würdigen. Der Grundsatz von Treu und Glauben umfasst weiter auch das Verbot des
venire contra factum proprium, des widersprüchlichen Verhaltens (Richner/Frei/Kauf-
mann/Meuter, VB zu Art. 109 - 121 N 80 DBG; dies., VB zu §§ 119 - 131, N 78 und 88 f
StG). Sowohl die Steuerbehörde als auch der Steuerpflichtige dürfen sich zu ihrem
früheren Verhalten nicht in Widerspruch setzen. Kein widersprüchliches Verhalten ist
aber darin zu sehen, dass die Steuerbehörde Sachverhalte in späteren Veranlagungs-
perioden anderes beurteilt als in früheren. Hingegen wird in der Literatur eine Ein-
schränkung bei der erneuten Überprüfung von Dauersachverhalten vertreten, welche
durch die Steuerbehörden ausdrücklich bereits einmal untersucht und beurteilt worden
sind, da in diesen Fällen die Beurteilungen in der ersten Steuerperiode regelmässig
Zusicherungen für spätere Steuerperioden darstellen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter,
VB zu Art. 109 - 121 N 76 DBG; dies., VB zu § 119 - 131, N 89 StG).
Vorliegend wurden indessen von den Steuerbehörden weder Auskünfte erteilt
noch Zusicherungen abgeben; auch wurde unstreitig über die Frage der Selbstfinanzie-
rung der Rente im Rahmen der Einschätzung 2001 keine Untersuchung durchgeführt,
sondern die Selbstdeklaration genehmigt. Damit fehlt es an einer Vertrauensgrundlage,
weshalb die Berufung auf den Grundsatz von Treu und Glauben den Pflichtigen nicht
weiter hilft. Die Steuerbehörden waren deshalb berechtigt, über die Frage der Zuläs-
sigkeit der nur teilweisen Versteuerung der Rente eine Untersuchung zu führen.
2. a) Laut Art. 22 Abs. 1 DBG bzw. § 22 Abs. 1 StG sind alle Einkünfte aus der
Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung, aus Einrichtungen der beruflichen
Vorsorge und aus anerkannten Formen der gebundenen Selbstvorsorge, mit Ein-
schluss von Kapitalabfindungen und Rückzahlungen von Einlagen, Prämien und Bei-
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1 ST.2009.237 1 DB.2009.117
trägen steuerbar. Vom Grundsatz der vollständigen Besteuerung statuieren Art. 204
Abs. 1 DBG und § 270 Abs. 1 StG indessen Ausnahmen in Bezug auf ältere Vorsorge-
verhältnisse:
Bei der direkten Bundessteuer sind gemäss Art. 204 Abs. 1 DBG Renten und
Kapitalabfindungen aus beruflicher Vorsorge, die vor dem 1. Januar 2002 zu laufen
beginnen oder fällig werden und auf einem Vorsorgeverhältnis beruhen, das am
31. Dezember 1986 bereits bestand, wie folgt steuerbar:
a. zu drei Fünfteln, wenn die Leistungen (wie Einlagen, Beiträge, Prämienzah-
lungen), auf denen der Anspruch des Steuerpflichtigen beruht, ausschliesslich vom
Steuerpflichtigen erbracht worden sind;
b. zu vier Fünfteln, wenn die Leistungen, auf denen der Anspruch des Steuer-
pflichtigen beruht, nur zum Teil, mindestens aber zu 20 Prozent vom Steuerpflichtigen
erbracht worden sind;
c. zum vollen Betrag in den übrigen Fällen.
Laut § 270 Abs. 1 StG werden bei den Staats- und Gemeindesteuern Renten
und Kapitalzahlungen aus Einrichtungen der beruflichen Vorsorge, die vor dem
1. Januar 2002 zu laufen beginnen oder fällig werden und auf einem Vorsorgeverhält-
nis beruhen, das am 31. Dezember 1985 bereits bestanden hat, zu vier Fünfteln ihres
Betrags besteuert, wenn sie teilweise, mindestens aber zu 20% aus eigenen Mitteln
erworben worden sind.
Diese Ausnahmebestimmungen sind historisch begründet (Richner/Frei/Kauf-
mann/Meuter, Art. 204 N 2 ff. DBG bzw. dies. § 20 N 3 ff. StG). Im Hinblick auf das
Inkrafttreten der wesentlichen steuerlichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über
die berufliche Vorsorge (BVG) am 1. Januar 1987 wechselten sowohl der Bund als
auch der Kanton Zürich von ihrem bisherigen System der Besteuerung der beruflichen
Vorsorge (beschränkte Abzugsfähigkeit der Beiträge - beschränkte Besteuerung der
Leistungen) zum so genannten Waadtländer Modell (vollumfänglicher Abzug der Bei-
träge - vollumfängliche Besteuerung der Leistungen). Art. 204 Abs. 1 DBG bzw. § 270
Abs. 1 StG bieten eine schematische Lösung, die den Übergang zum Waadtländer
Modell ermöglicht und somit nur für die Übergangsgeneration gilt. Sie schaffen den
Ausgleich dafür, dass die Vorsorgenehmer ihre Beiträge an Vorsorgeeinrichtungen bis
zum Steuerjahr 1986 nur in beschränktem Umfang abziehen konnten (im Rahmen des
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1 ST.2009.237 1 DB.2009.117
allgemeinen Versicherungsabzugs). Deshalb wird die Anwendung dieser Vorschrift auf
jene Vorsorgeverhältnisse beschränkt, die am 31. Dezember 1985 bzw. 1986 bereits
bestanden haben. Renten und Kapitalzahlungen, welche zu einem kleineren Teil ei-
genfinanziert oder ganz vom Arbeitgeber aufgebracht worden sind, werden aber auch
bei diesen vorbestandenen Vorsorgeverhältnissen zu 100% besteuert.
b) Nach Art. 123 DBG bzw. § 132 StG haben die Steuerbehörden zusammen
mit den Steuerpflichtigen die massgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse
festzustellen. Dabei gilt als allgemeine Regel der Beweislastverteilung, dass die Steu-
erbehörde die steuerbegründenden Tatsachen nachzuweisen hat, der Steuerpflichtige
dagegen diejenigen Umstände, welche die Steuerschuld mindern oder aufheben
(RB 1980 Nr. 36 = StE 1990 B 92.51 Nr. 3; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 123
N 78 DBG bzw. dies., § 132 N 90 StG, je mit Verweisungen). Dreht sich der Streit um
steuermindernde Tatsachen, so hat der Steuerpflichtige im Rechtsmittelverfahren vor-
ab die massgeblichen Tatsachen mittels einer substanziierten Sachdarstellung in der
Weise darzutun, dass bereits gestützt darauf – aber unter Vorbehalt der Beweiserhe-
bung – die rechtliche Beurteilung eines steuermindernden Umstands möglich ist. Für
die von ihm verfochtene, hinreichend substanziierte Sachdarstellung hat der Steuer-
pflichtige sodann von sich aus beweiskräftige Unterlagen einzureichen oder die Be-
weismittel wenigstens unter genauer Bezeichnung anzubieten (vgl. RB 1975 Nr. 55).
Fehlt es an einer genügenden Substanziierung, welche im Beweisverfahren nicht
nachgeholt werden kann (RB 1973 Nr. 35, 1980 Nr. 69), so hat die Rekurskommission
von sich aus keine Untersuchung zu führen, um sich die erforderlichen Grundlagen zu
beschaffen (RB 1975 Nr. 64). Auch muss eine Beweisabnahme unterbleiben mit der
Wirkung, dass der Nachweis der fraglichen Aufwendungen zu Ungunsten des hierfür
beweisbelasteten Steuerpflichtigen als gescheitert zu betrachten ist.
c) Bei den Voraussetzungen, welche eine reduzierte Besteuerung der Rente
erlauben, handelt es sich um steuermindernde Umstände, welche demnach von den
Pflichtigen nachzuweisen sind. Dieser Nachweis ist vorliegend nicht erbracht worden.
Die Bestätigung der C reicht hierzu nicht aus. Daraus geht nämlich nicht eindeutig her-
vor, wie die Finanzierung der Rente erfolgt ist. Aus der Formulierung "...dass das Ba-
sisgehalt (...) insgesamt höher gewesen wäre, (was durchaus einen Betrag von 20%
ausmacht) wären diese Rückstellungen nicht erfolgt" ist vielmehr gerade auf das Ge-
genteil zu schliessen, nämlich dass die Rente vollständig von der Arbeitgeberin finan-
ziert worden ist. Die hypothetische Annahme, dass ohne diese Leistungen der Arbeit-
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1 ST.2009.237 1 DB.2009.117
geberin das Basisgehalt höher gewesen wäre, stellt keine Finanzierung durch den
Pflichtigen dar, zumal sich diese Behauptung bei schlechterdings jeder Finanzierung
durch den Arbeitgeber aufstellen lässt.
Hinzu kommt, dass wesentliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die strei-
tige Rente während der Erwerbstätigkeit in Deutschland erworben wurde und auch von
dort ausgerichtet wird. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass die C, deren oberster
Chef der Pflichtige war, ihren Sitz zuerst in F hatte und sich seit einigen Jahren in G
befindet, es sich gemäss einer weiteren Bestätigung um "Betriebsrentenbezüge in der
Höhe von 667.406,13 Euro brutto" handelt, und die Pflichtigen erst 2001 aus Deutsch-
land zugezogen sind. Zum andern bezeichnet die Bestätigung das angehäufte Vorsor-
gekapital als "Pensionsrückstellung", was auf § 6a des Einkommenssteuergesetzes
der Bundesrepublik Deutschland hindeutet, welcher dieselbe Überschrift trägt. Damit
liegen gewichtige Anhaltspunkte dafür vor, dass sich sein früherer Arbeitsort in
Deutschland befunden und das Arbeitsverhältnis deutschem Recht unterstanden hat.
Es ist aber nicht einzusehen, weshalb Art. 204 DBG bzw. § 270 StG auch auf in
Deutschland erworbene und von dort fliessende Renten angewendet werden soll. Die-
se Regelung ist vielmehr spezifisch auf die Änderung des Besteuerungssystems auf-
grund der BVG-Revision ausgerichtet. Demnach bezieht sie sich – entsprechend dem
Wortlaut der Bestimmungen – auch nur auf Einkünfte aus der beruflichen Vorsorge
nach BVG. Eine durch Erwerbstätigkeit im Ausland nach den Bestimmungen des
betreffenden Landes erworbene Rente wird von der Übergangsproblematik im Zu-
sammenhang mit dem Wechsel zum Waadtländer Modell nicht berührt, weshalb eine
Ausdehnung des Anwendungsbereichs dieser Bestimmung auf solche Renten abzu-
lehnen ist.
d) Die Pflichtigen werfen der Vorinstanz weiter vor, sie habe es durch ihre erst
im Rahmen der Einschätzung 2006 vorgenommene Untersuchung den Pflichtigen ver-
unmöglicht, sich die notwendigen Beweise zu beschaffen, weil sie auf der Besteuerung
zu 80% hätten vertrauen dürfen.
Beweismittel unterliegen der freien Beweiswürdigung durch die Steuerbehör-
den (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 123 N 71 DBG; dies., § 132 N 84 StG). Die
Anforderungen an den zu leistenden Beweis sind von Fall zu Fall höher oder niedriger;
eine allgemein gültige Regel über das Beweismass lässt sich nicht aufstellen. Grund-
sätzlich spricht deshalb nichts dagegen, den Umstand angemessen zu berücksichti-
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1 ST.2009.237 1 DB.2009.117
gen, dass ein Steuerpflichtiger den ihm obliegenden Nachweis deshalb nur unzurei-
chend erbringen kann, weil die Steuerbehörde mit der Einforderung von
gen Unterlagen so lange zugewartet hat. In einem solchen Fall kann es gerechtfertigt
sein, das verlangte Beweismass angemessen zu reduzieren (Daniel Schär, Grundsät-
ze der Beweislastverteilung im Steuerrecht, 1998, S. 13).
Die Frage stellt sich im vorliegenden Fall indessen gar nicht, weil die Erfolg-
losigkeit der Bemühungen des Pflichtigen, von seiner früheren Arbeitgeberin sachdien-
liche Unterlagen zu beschaffen, in keiner Weise dargetan, geschweige denn nachge-
wiesen ist. Aus der genannten Bescheinigung geht vielmehr hervor, dass die
bestätigende Person offenkundig Zugriff auf Dokumente hatte, welche über die damali-
ge Zusammensetzung der Entlöhnung des Pflichtigen Auskunft geben. Weshalb er
unter diesen Umständen nicht darauf gedrängt hat, ihm diese Unterlagen zuzusenden,
um sie den Steuerbehörden einzureichen, ist nicht erkennbar. Jedenfalls liegen keine
Anhaltspunkte dafür vor, dass ihm die Aushändigung verweigert worden wäre. Unter
diesen Umständen verbietet sich aber von vornherein die Annahme eines Beweisnot-
stands des Pflichtigen.
3. Gestützt auf diese Erwägungen sind der Rekurs und die Beschwerde ab-
zuweisen. Bei diesem Ausgang sind die Verfahrenskosten den Pflichtigen aufzuerlegen
(Art. 144 Abs. 1 DBG; § 151 Abs. 1 StG). | Public | Tax | de | 2,009 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
9e880016-50f6-42ef-bccc-8ac37b63f3d2 | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend der Pflichtige) ist spezialisierter Arzt. Bis 2002 führte er als
Selbstständigerwerbender Arztpraxen in B und C. Im Jahr 2003 gründete er die D mit
Sitz in B sowie die E mit Sitz in C. Ebenfalls per 2003 verlegte er seinen Wohnsitz in
den Kanton F. Gegenüber den Steuerbehörden tat er fortan kund, seine Arztpraxen
nunmehr über die neu gegründeten Gesellschaften zu führen; so deklarierte er im Kan-
ton Zürich keine Einkünfte aus selbstständiger Erwerbstätigkeit mehr, sondern allein
noch seinen hiesigen Immobilienbesitz in B. Dafür reichte er ab 2003 hierorts auch
Steuererklärungen für die beiden Gesellschaften ein. Den von den Letzteren bezoge-
nen Angestelltenlohn deklarierte er im Kanton F.
Zwischen Januar und Juli 2007 sowie im Juli 2008 wurden die Geschäftsjahre
2003, 2004 und 2005 der D sowie die Geschäftsjahre 2004 und 2005 der E einer steu-
eramtlichen Buchprüfung unterzogen. Dabei stellte der steueramtliche Revisor fest, die
von diesen Gesellschaften verbuchten Honorare würden durchwegs Leistungen betref-
fen, welche der Pflichtige persönlich erbracht habe und nicht über die Gesellschaften
abgerechnet worden seien. Dies hänge letztlich auch damit zusammen, dass eine
Arztpraxis gemäss Gesundheitsgesetz gar nicht in der Form einer juristischen Person
geführt werden könne. Im Übrigen ermittelte er im Geschäftsaufwand zahlreiche priva-
te Auslagen des Pflichtigen sowie nicht begründete Verrechnungen an Schwesterge-
sellschaften. Am 27. September 2007 orientierte der Steuerkommissär den Vertreter
des Pflichtigen bzw. der genannten Gesellschaften anlässlich einer Besprechung dar-
über, dass er mit Bezug auf die Arztpraxen in B und C gemäss den Erkenntnissen der
Bücherrevision von einer selbstständigen Erwerbstätigkeit ausgehe, weshalb die erziel-
ten Einkünfte kraft wirtschaftlicher Zugehörigkeit auch nach der ausserkantonalen
Wohnsitznahme weiterhin im Kanton Zürich zu versteuern seien; der Vertreter vertrat
demgegenüber die Auffassung, dass die Arztpraxen als Gesellschaften geführt worden
seien. In einem weiteren Schriftenwechsel (Vertreterschreiben vom 29. Oktober 2007,
E-Mail des Steuerkommissärs vom 5. Februar 2008) hielten die Parteien an ihren
Standpunkten fest.
Mit Auflage vom 12. März bzw. Mahnung vom 19. Mai 2008 im Einschät-
zungsverfahren der Steuerperiode 2005 forderte der Steuerkommissär den Pflichtigen
auf, mit Bezug auf die Arztpraxen in B und C bzw. seine dort ausgeübte selbstständige
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1 ST.2010.141
Erwerbstätigkeit für das Geschäftsjahr 2005 eine Buchhaltung und die Jahresrechnung
zu erstellen und diese Unterlagen zusammen mit dem ausgefüllten Hilfsblatt für Steu-
erpflichtige mit selbstständigem Erwerb (Hilfsblatt A) einzureichen.
Am 15. Mai 2008 liess der Pflichtige durch einen neuen Vertreter mitteilen,
dass die Honorare samt den damit verbundenen Auslagen der D bzw. der E zuzuord-
nen seien. Auf die Auflage sei daher zu verzichten. Am 30. Mai 2008 und damit einen
Tag nach Ablauf der auf den 29. Mai 2008 angesetzten Mahnfrist führte er weiter aus,
dass keine selbstständige Erwerbstätigkeit des Pflichtigen gegeben sei bzw. das kan-
tonale Steueramt das Vorliegen einer solchen nicht nachzuweisen vermöge. Das Ver-
fahren sei deshalb "ersatzlos einzustellen". Die verlangten Unterlagen wurden nicht
nachgereicht.
Mit Einschätzungsentscheid vom 11. März 2009 eröffnete der Steuerkommis-
sär dem Pflichtigen daraufhin für die Steuerperiode 2005 die folgenden Steuerfaktoren:
Fr.
Steuerbares Einkommen 959'600.-
Satzbestimmendes Einkommen 961'900.-
Steuerbares Vermögen 2'321'000.-
Satzbestimmendes Vermögen 3'626'000.-.
Zur Begründung verwies er darauf, dass eine selbstständige Erwerbstätigkeit
vorliege, welche infolge wirtschaftlicher Zugehörigkeit des Pflichtigen hierorts steuer-
pflichtig sei. Nachdem die Buchhaltung und die Jahresrechnung im Auflageverfahren
nicht eingereicht worden seien, müssten die entsprechenden Einkünfte nach pflichtge-
mässem Ermessen geschätzt werden. Abstellend auf die Erkenntnisse der steueramtli-
chen Bücherrevision bei den Gesellschaften sei die Schätzung mit Fr. 1 Mio. vorzu-
nehmen.
B. Hiergegen liess der Pflichtige am 6. April 2009 Einsprache erheben und
beantragen, die Veranlagung von selbstständigem Erwerbseinkommen im Kanton Zü-
rich ersatzlos aufzuheben.
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1 ST.2010.141
Am 12. November 2009 trafen sich die Parteien zu einer Besprechung und am
24. November 2009 nahm der Vertreter des Pflichtigen sein Recht auf Akteneinsicht
wahr. Daraufhin reichte der Letztere am 18. Dezember 2009 eine Stellungnahme ein,
in welcher er einerseits geltend machte, das Vorliegen einer selbstständigen Erwerbes-
tätigkeit sei nicht nachgewiesen und andrerseits verlangte, hierüber im Rahmen eines
Vorentscheids zu befinden.
Das kantonale Steueramt hiess daraufhin die Einsprache am 12. April 2010
teilweise gut. Dabei hielt es am Vorliegen einer selbstständigen Erwerbstätigkeit fest
und sprach es dem Pflichtigen das Anrecht auf einen diesbezüglichen Vorentscheid ab.
In quantitativer Hinsicht passte es die Einkommensschätzung um Fr. 280'000.- nach
unten an und korrigierte zudem einen ausscheidungsrechtlichen Berechnungsfehler;
dergestalt wurde das steuerbare Einkommen nunmehr auf Fr. 641'200.- (satzbestim-
mend Fr. 681'900.-) veranlagt. Dem Pflichtigen wurden zudem Verfahrenskosten von
Fr. 2'000.- auferlegt.
C. Hiergegen liess der Pflichtige am 11. Mai 2010 Rekurs erheben und den
Einspracheantrag wiederholen; eventualiter wurde die Aufhebung des Einspracheent-
scheids und die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Ergänzung des Verfah-
rens beantragt.
Das kantonale Steueramt schloss in seiner Vernehmlassung vom 3. Juni 2010
auf Rekursabweisung.
Auf die Vorbringen der Parteien wird – soweit erforderlich – in den nachste-
henden Erwägungen eingegangen. | Die Rekurskommission zieht in Erwägung:
1. a) Es ist unbestritten, dass der Pflichtige in der Steuerperiode 2005 seinen
steuerrechtlichen Wohnsitz im Kanton F hatte, obwohl er im Jahr 2005 die im Streit
liegenden Arztpraxen in B und C führte, die F Wohnadresse nur ein ihm gehörendes
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1 ST.2010.141
Rustico betrifft (früher deklariert als "Ferienhaus" mit einem Verkehrswert von
Fr. 80'590.-; vgl. Liegenschaftenverzeichnis 2002) und er auch im Kanton Zürich über
vormals selbst bewohnte Liegenschaften in B verfügte. Mittlerweile wohnt der Pflichtige
aber wieder im Kanton (H).
b) Der Pflichtige ist Eigentümer einer Liegenschaft in B, welche er früher sel-
ber bewohnte und ab 2005 vermietet hat (zum Teil an sich selber sowie an die D; vgl. F
Liegenschaftenhilfsblatt). Unbestrittenermassen ist er damit aufgrund wirtschaftlicher
Zugehörigkeit (qua Grundeigentum) im Kanton Zürich beschränkt steuerpflichtig (§ 4
Abs. 1 lit. b des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997, StG).
c) Im Streit liegt die Frage, ob der Pflichtige seinen Arztberuf in den Praxen in
B und C im Rahmen einer selbstständigen Erwerbstätigkeit ausgeübt hat. Wäre dem
so, wovon die Steuerbehörde ausgeht, so ist von hiesigen Geschäftsbetrieben bzw.
Betriebsstätten auszugehen und wäre der Praxisgewinn als entsprechendes Einkom-
men aus selbstständiger Erwerbstätigkeit gemäss § 4 Abs. 1 lit. a StG ebenfalls im
Kanton Zürich zu versteuern. Wurden demgegenüber die ärztlichen Leistungen von
den Gesellschaften erbracht, hätten diese hierorts den Praxisgewinn zu versteuern; die
ärztlichen Tätigkeiten des Pflichtigen beruhten diesfalls auf unselbstständiger Erwerbs-
tätigkeit, wobei der Lohn im Wohnsitzkanton (2005 = F) steuerbar wäre.
d) Der Pflichtige verlangt, dass die Frage, ob der Kanton Zürich die be-
schränkte Steuerhoheit im Sinn von § 4 Abs. 1 lit. a StG (qua Geschäftsbetrieb bzw.
Betriebsstätte) in Anspruch nehmen kann, im Rahmen eines Vorentscheids entschie-
den wird. Dies weil der Kanton Zürich darzulegen und zu beweisen habe, inwiefern
eine Steuerpflicht zufolge Geschäftsort bzw. Betriebsstätte im Kanton gegeben sei.
Erst danach wären entsprechende Untersuchungshandlungen zulässig, ansonsten die
Beweislasten zum Nachteil des Pflichtigen vermischt würden.
Die Vorinstanz hat dem Pflichtigen, welcher im Kanton Zürich auf jeden Fall
qua Grundeigentum steuerpflichtig ist, den Anspruch auf einen Vorentscheid zu Recht
abgesprochen:
Das Bundesgericht hat für interkantonale Verhältnisse mit Blick auf doppelbe-
steuerungsrechtlich erhebliche Sachverhalte in gesetzesvertretender Rechtsprechung
aus Art. 127 Abs. 3 der Bundesverfassung vom 18. April 1999 bzw. Art. 46 Abs. 2 der
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1 ST.2010.141
Bundesverfassung vom 29. Mai 1874 einen "Anspruch des Bürgers auf Vorausbeurtei-
lung der Steuerhoheit" abgeleitet (BGE 62 I 75; vgl. ferner BGE 125 I 54 E. la) und
hierfür gleichsam eine gesetzliche Grundlage geschaffen, dies ausdrücklich "ohne
Rücksicht darauf, ob das kantonale Recht ein solches Vorverfahren kenne oder nicht".
Es hat diesen Anspruch auf einen Vorentscheid damit begründet, dass wer der Steuer-
hoheit eines Kantons gemäss dem Doppelbesteuerungsrecht nicht unterliege, in die-
sem Kanton weder mit einer Steuer belegt noch auch nur in ein Steuerveranlagungs-
verfahren einbezogen werden dürfe. Dem zur Veranlagung Herangezogenen müsse
daher ein Anspruch auf einen Vorentscheid darüber zustehen, ob er einer bestimmten
Steuerhoheit überhaupt unterliege. Ein solcher Entscheid muss und darf – der gesetzli-
chen Grundlage entsprechend – demzufolge nur dann gefällt werden, wenn die kanto-
nale Steuerhoheit als solche, das heisst der Bestand der subjektiven Steuerpflicht, in
Frage steht. Für andere Vorentscheide bietet auch das Bundesrecht keine gesetzliche
Grundlage.
Im Vorverfahren darf mithin nur darüber befunden werden, ob ein Betroffener
im Kanton überhaupt – kraft Wohnsitzes, Liegenschaftenbesitzes oder Betriebsstätte –
subjektiv steuerpflichtig ist und damit letzten Endes, ob er über die einem Steuerpflich-
tigen zustehenden Rechte verfüge und die einem solchen auferlegten Verfahrenspflich-
ten zu erfüllen habe (RB 2003 Nr. 81, 1993 Nr. 26). Ist diese Frage bejaht und bleibt
lediglich streitig, ob eine der Steuerhoheit des Kantons unterworfene Person be-
schränkt oder unbeschränkt steuerpflichtig sei oder ob sich im konkreten Fall kein
steuerbares Einkommen oder Vermögen im Kanton ergebe, so betrifft dies nicht den
Bestand, sondern den Umfang der subjektiven Steuerpflicht. Wie auch immer diese
Frage beantwortet wird, ändert nichts daran, dass der Steuerpflichtige der Steuerhoheit
des Kantons unterliegt und er sich in das Einschätzungsverfahren einlassen muss, mit
allen verfahrensrechtlichen Folgen – Rechten und Pflichten –, welche die Stellung als
steuerpflichtige Person nach sich zieht. Ein Vorentscheid betreffend den Umfang der
Steuerpflicht ist somit weder bundesrechtlich noch kantonalrechtlich geboten. Der
Steuerpflichtige kann einen solchen von der Steuerbehörde nicht verlangen; diese darf
ein entsprechendes Verfahren aber auch nicht von sich aus einleiten, da dem Steuer-
pflichtigen hierdurch Mitwirkungspflichten hinsichtlich eines ohne gesetzliche Grundla-
ge angehobenen Verfahrens auferlegt würden (RB 2003 Nr. 81, 1997 Nr. 41 =
StE 1997 B 11.3 Nr. 10).
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1 ST.2010.141
Der Antrag des Pflichtigen auf Aufhebung des angefochtenen materiellen Ent-
scheids wegen Fehlens eines notwendigen Vorentscheids über die Inanspruchnahme
der Steuerhoheit nach Massgabe von § 4 Abs. 1 lit. a StG erweist sich damit als unbe-
gründet.
e) Gleiches gilt mit Bezug auf den nämlichen Antrag im Zusammenhang mit
der Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs. Der Vertreter des Pflichtigen bringt
diesbezüglich vor, im Einspracheentscheid werde erwähnt, dass Herr I, Jurist im kan-
tonsärztlichen Dienst, befragt und die dabei gewonnenen Erkenntnisse protokolliert
worden seien. In diese Befragung sei der Pflichtige indes nicht einbezogen worden.
Auch sei ihm das Protokoll zur Befragung nicht bekannt; dieses habe er bei seiner Ak-
teneinsichtnahme im chaotisch geführten Steuerdossier jedenfalls nicht gefunden.
Bei der angesprochenen "Befragung" handelt es sich lediglich um zwei das
Gesundheitsgesetz betreffende Fragen, welche der Steuerkommissär telefonisch vom
kantonsärztlichen Dienst bzw. einem dort tätigen juristischen Sekretär hat beantworten
lassen. Das entsprechende Telefongespräch wurde protokolliert. Das Protokoll befindet
sich mit dem Titel "Telefonnotiz" in den Steuerakten und konnte im Rahmen einer sorg-
fältigen Akteneinsichtnahme kaum übersehen werden. Im Übrigen ist die Auskunft der
kantonalen Fachstelle für den vorliegenden Fall nicht von relevanter Bedeutung, womit
der gerügten Gehörsverletzung von vornherein der Boden entzogen wird.
2. a) Nach § 18 Abs. 1 StG sind steuerbar alle Einkünfte aus einem Handels-,
Industrie-, Gewerbe-, Land- und Forstwirtschaftsbetrieb, aus einem freien Beruf sowie
aus jeder anderen selbstständigen Erwerbstätigkeit.
Der harmonisierungsrechtliche Begriff der selbstständigen Erwerbstätigkeit
entspricht grundsätzlich der bisherigen Zürcher Praxis (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter,
Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 2. A., 2006, § 18 N 7). Unter
selbstständiger Erwerbstätigkeit wird demnach jede Tätigkeit verstanden, bei der eine
Person durch Einsatz von Arbeitsleistung und Kapital in einer frei gewählten
Organisation auf eigenes Risiko anhaltend, planmässig und nach aussen sichtbar mit
der Absicht auf Gewinnerzielung am Wirtschaftverkehr teilnimmt (Blumenstein/Locher,
System des Steuerrechts, 6. A., 2002, S. 176; Cagianut/Höhn, Unternehmungs-
steuerrecht, 3. A., 1993, § 1 N 17 ff. und 34 ff.; Höhn/Waldburger, Steuerrecht, Band I,
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1 ST.2010.141
9. A., 2001, § 14 N 37 ff.; Markus Reich, in: Kommentar zum Schweizerischen
Steuerrecht, Band I/1, 2. A., 2002, Art. 8 N 13 StHG [zit.: Harmonisierung]; Richner/
Frei/Kaufmann/Meuter, § 18 N 8; Markus Reich, Der Begriff der selbstständigen
Erwerbstätigkeit im Bundesgesetz über die Direkte Bundessteuer, in: Blaise Knapp u.a.
(Hrsg.), Problèmes actuels de droit fiscal, Mélanges en l'honneur du Professeur Raoul
Oberson, 1995, S. 121 [zit.: Begriff]; StE 1999 B 23.1 Nr. 41, auch zum Folgenden).
Eine selbstständige Erwerbstätigkeit kann dabei haupt- oder nebenberuflich, dauernd
oder temporär ausgeübt werden. Ob eine solche Erwerbstätigkeit vorliegt, ist stets
nach den gesamten Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. Die einzelnen Merkmale
des Begriffs dürfen nicht isoliert betrachtet werden und können auch in unterschied-
licher Intensität auftreten (Reich, Harmonisierung, Art. 8 N 13 ff. StHG).
b) Nach § 132 Abs. 1 StG haben die Steuerbehörden zusammen mit dem
Steuerpflichtigen die für die vollständige und gerechte Berechnung massgeblichen
tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse festzustellen. Dabei gilt als allgemeine
Regel der Beweislastverteilung, dass die Steuerbehörde die steuerbegründenden
Tatsachen nachzuweisen hat, der Steuerpflichtige dagegen diejenigen Umstände,
welche die Steuerschuld mindern oder aufheben (RB 1990 Nr. 36 = StE 1990 B 92.51
Nr. 3). Ist vorliegend streitig, ob die Tätigkeit des Pflichtigen in den Artzpraxen in B und
C überhaupt eine selbstständige Erwerbstätigkeit mit Steuerfolgen im Kanton C
darstellt, ist hierfür demnach die Steuerbehörde beweispflichtig.
c) Unbestritten ist, dass der Pflichtige in den Arztpraxen in B und C ärztliche
Leistungen auf seinem Fachgebiet erbringt. Fraglich ist allein, ob er diese Leistungen
als Angestellter der von ihm per 2005 gegründeten D bzw. E erbracht hat, oder aber in
eigenem Namen, d.h. als Selbstständigerwerbender. Trifft Letzteres zu, so hat die
Besteuerung des mit den Leistungen erwirtschafteten Gewinns nicht bei den
Gesellschaften, sondern beim Pflichtigen anzusetzen.
aa) Im ersten Halbjahr 2007 bzw. im Juli 2008 wurden die ersten Ge-
schäftsjahre der Gesellschaften (inkl. das hier streitige Geschäftsjahr 2005) einer
steueramtlichen Revision unterzogen. Dabei wurde im Ergebnis Folgendes
festgehalten (vgl. die Revisonsberichte): In den fraglichen Arztpraxen seien ärztliche
Leistungen erbracht worden, welche über die Gesellschaften verbucht worden seien;
mit Ausnahme der offiziellen Dokumente (Fz-Ausweis, Versicherungen, AHV-
/KTG/UVG-Abrechnungen) lauteten die Belege und insbesondere die
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1 ST.2010.141
Debitorenrechnungen jedoch auf A. Das Gesundheitsgesetz verlange sodann, dass die
ärztliche Tätigkeit als selbstständige Erwerbstätigkeit ausgeübt werde. Dies sei dem
Pflichtigen und dessen damaligem Vertreter durchaus bewusst gewesen, denn
sämtliche Debitoren-Rechnungen und die Korrespondenzen mit den
Krankenversicherern seien unter dem Namen A abgewickelt worden.
Im Rahmen einer Besprechung vom 27. September 2007 wurde dem
Pflichtigen bzw. dessen früherem Vertreter von der Steuerbehörde unterbreitet, dass
gestützt auf dieses Revisionsergebnis mit Bezug auf die Arztpraxen von einer
selbstständigen Erwerbstätigkeit auszugehen sei. Der mit Schreiben vom 29. Oktober
2007 geäusserten gegenteiligen Auffassung des Pflichtigen hielt der Steuerkommissär
mit E-Mail vom 5. Februar 2008 entgegen, er gehe davon aus, dass eine Arztpraxis gar
nicht in Form einer juristischen Person geführt werden könne; weil zudem alle Belege
auf A persönlich ausgestellt worden seien, läge eine selbstständige Erwerbstätigkeit
zwingend selbst dann vor, wenn die gewählte Rechtsform zulässig wäre.
bb) Im Einschätzungsverfahren des Pflichtigen wurde diesem mit Auflage bzw.
Mahnung vom 12. März/19. Mai 2008 mitgeteilt, die bei den Gesellschaften
durchgeführte Bücherrevision habe ergeben, dass ein wesentlicher Teil der Belege und
sämtliche Honorareinnahmen auf ihn persönlich lauteten bzw. auf ein auf ihn lautendes
Bankkonto überwiesen worden seien. In dieser Ausgangssituation werde eine
selbstständige Erwerbstätigkeit als gegeben erachtet, weshalb eine Buchhaltung und
Jahresrechnung für das Geschäftsjahr 2005 zu erstellen und diese zusammen mit dem
ausgefüllten Hilfsblatt A einzureichen sei.
Auf diese Auflage hin teilte der neue Vertreter des Pflichtigen am 15. Mai 2008
mit, dass die Honorare samt den damit verbundenen Auslagen der D bzw. der E
zuzuordnen seien. Auf die Auflage sei daher zu verzichten. Am 30. Mai 2008, d.h. ein
Tag nach Ablauf der Mahnfrist, machte er sodann geltend, es bestehe keine
selbstständige Erwerbstätigkeit. Zur Begründung wurde darauf verwiesen, dass die
Implikationen des Abrechnungsprozederes zu falschen Schlüssen verleiteten. Wie eine
Reihe von Auszügen aus "directories, santesuisse bzw. doctorfmh" belege, würden
Aerzte persönlich aufgeführt, auch wenn sie nicht selbstständig erwerbstätig seien.
Ausserdem verlange die Rechnungstellung gegenüber den Krankenkassen die Angabe
des behandelnden Arztes, auch wenn die Leistung namens des Arbeitgebers fakturiert
werde.
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1 ST.2010.141
Der Steuerkommissär ging in der Folge weiterhin von einer selbstständigen
Erwerbstätigkeit aus. Er begründet dies im Einschätzungsentscheid damit, dass ge-
mäss Gesundheitsgesetz die ärztliche Tätigkeit von vornherein nur in Form einer
selbstständigen Erwerbstätigkeit ausgeübt werden könne. Einzig Laborarbeiten dürften
in Form einer Kapitalgesellschaft erbracht werden, sofern keine ärztliche Diagnose
gestellt werde und auch keine Patienten direkt behandelt würden. Davon könne bei
den in Frage stehenden Gesellschaften gemäss Zweckumschreibung im Handelsregis-
ter keine Rede sein. Dessen sei sich auch der Pflichtige bewusst gewesen, ansonsten
er nicht sämtliche relevanten Belege (wie Rechnungen an Patienten, Korrespondenz
mit Krankenversicherungen, Bankkonti) auf "A" ausgestellt hätte. Mithin liege aber eine
selbstständige Erwerbstätigkeit vor, welche infolge wirtschaftlicher Zugehörigkeit hier-
orts steuerpflichtig sei.
cc) Der Pflichtige liess dem einspracheweise entgegenhalten, die beiden
Gesellschaften hätten Umsätze erzielt, welche ihnen auf eigene Konten zugeflossen
und damit folglich nicht dem Pflichtigen zuzuordnen seien. Die Gesellschaften
rechneten sodann mit den Sozialversicherungen ab und auch die
Geschäftsversicherungen lauteten auf die Gesellschaften. Weiter bestünden
vertragliche Beziehungen mit Personal und Vermieter. Die rechtliche Existenz werde
damit in zahlreichen Geschäftsbeziehungen faktisch gelebt bzw. im Sinn einer
Teilnahme am Markt ausgewiesen. Mithin gebe es keine steuerlichen Gründe, den
Gesellschaften ihre Existenz abzusprechen. Dass – was bestritten werde – ein
wesentlicher Teil der bei der Revision vorgefundenen Belege auf A lauteten, ändere
daran nichts. Die Debitorenrechnungen enthielten den Arztnamen, um dem Patienten
zu ermöglichen, die Leistungserstellung einfach zu identifizieren. Sodann sei aus
medizinischen bzw. krankenversicherungstechnischen Gründen auf Rechnungen
immer der Name des behandelnden Arztes aufzuführen. Im Übrigen würden
Krankenkassen und Versicherungen, aber auch Zulieferer, ihre Datenstämme nicht
immer sofort anpassen; so hätten etwa Lieferanten bis ins Jahr 2008 darauf
aufmerksam gemacht werden müssen, ihre Rechnungen an die neue Rechtsform der
Arztpraxen anzupassen. Schliesslich stehe aber ohnehin unzweifelhaft fest, dass die
getätigten Auslagen und Einnahmen allesamt den Gesellschaften zuzuordnen seien.
Wenn bei einzelnen Belegen der Hinweis "GmbH" fehle, so handle es sich dabei nur
"um dem Schreibversehen zuzuordnende unvollständige Bezeichnungen".
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1 ST.2010.141
dd) Dass jedenfalls die Patientenrechnungen durchwegs auf seinen Namen
lauten, stellt der Pflichtige nicht in Abrede. In den Steuerakten der Gesellschaften
finden sich sodann zahlreiche andere Belege, welche aufzeigen, dass er nach aussen
in eigenem Namen aufgetreten ist. So etwa Rechnungen 2005 der Ärztegesellschaft
des Kantons betreffend Mitgliederbeiträge für selbstständig tätige Mitglieder. Weiter
etwa die Rechnung der Siemens vom 5. Januar 2005 im Betrag von Fr. 41'821.56 oder
die Rechnung Januar 2005 der Swisscom zum Telefonanschluss der Einzelpraxis B. A,
B. Was die Bankkonti anbelangt, findet sich in der Bilanz 2005 der D ein
Gesellschaftskonto bei der N Bank, auf welchem pro 2005 keinerlei Bewegungen
stattgefunden haben, sowie ein auf den Namen des Pflichtigen lautendes Privatkonto
bei der gleichen Bank, über welches z.B. "Löhne B" und letztlich wohl sämtliche
Abrechnungen der Praxis in B abgewickelt worden sind. Die blosse Aufnahme dieses
Privatkontos in die Gesellschaftsbilanz macht die vom Pflichtigen im eigenen Namen
erzielten Umsätze nicht zu solchen der Gesellschaft. Der Pflichtige hat im Rahmen der
Einsprache im Übrigen keinen einzigen Beleg für eine von der D bzw. der E erbrachte
ärztliche Leistung beigebracht oder zum Beweis angeboten.
Bei dieser Lage der Dinge ist die Steuerbehörde völlig zu Recht davon
ausgegangen, dass der Pflichtige als Arzt stets in eigenem Namen tätig geworden ist
und mithin eine selbstständige Erwerbstätigkeit vorgelegen hat.
ee) Hinzu kommt, dass die Steuerbehörde zu Recht auch feststellte, dass im
Kanton Zürich die privatärztliche Tätigkeit von Gesetzes wegen als selbstständige
Erwerbsstätigkeit auszuüben ist (vgl. Rieder/Eggenberger Stöckli/De Paolis, Die
Arztpraxis in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft, Gesundheitsrechtliche,
zivilrechtliche und steuerrechtliche Aspekte, in: Schweizerische Aerztezeitung 2004/85
Nr. 25, S. 1341). Die entsprechenden (für das hier betroffene Jahr 2005
massgeblichen) Grundlagen finden sich im kantonalen Gesetz über das
Gesundheitswesen vom 4. November 1996 (GesG) sowie in der Aerzteverordnung
vom 6. Mai 1998 (AzV), wo vorgegeben wird, dass für ärztliche Tätigkeiten eine
Bewilligungspflicht besteht (§ 7 GesG, § 1 AzV), die ärztlichen Tätigkeiten persönlich
auszüben sind (§ 10 GesG) und Arztpraxen im Namen und auf Rechnung des Inhabers
der Bewilligung zu führen sind (§ 11 GesG). Aus dem bereits Gesagten ergibt sich,
dass sich der Pflichtige an diese gesetzlichen Vorgaben gehalten hat. Er persönlich
war Inhaber der Bewilligung für die Zulassung zur ärztlichen Tätigkeit und führte seine
Arztpraxen dementsprechend im eigenen Namen und auf eigene Rechnung. Dass die
- 12 -
1 ST.2010.141
D und die E über entsprechende Bewilligungen der Gesundheitsdirektion zur Führung
der Arztpraxen verfügt hätten, hat er nicht einmal behauptet, geschweige denn
nachgewiesen. Darauf, dass auch nach der Zürcher Gesundheitsgesetzgebung
gewisse medizinische Leistungen von juristischen Personen erbracht werden dürfen
(z.B. von Röntgeninstituten oder Labors), wofür selbstredend ebenfalls entsprechende
Bewilligungen erforderlich sind, braucht unter diesen Umständen nicht weiter
eingegangen zu werden. Fehlten der D und der E entsprechende Bewilligungen bzw.
war nur der Pflichtige Inhaber der Bewilligungen und führte er dementsprechend die
Arztpraxen in B und C in eigenem Namen, so lag eine selbstständige Erwerbstätigkeit
vor.
ff) Die Vorbringen des Pflichtigen im Rekurs vermögen an alledem nichts zu
ändern.
Zur Tatsache, dass die Praxen in seinem Namen geführt worden sind sowie
dass die D und die E keine nach aussen sichtbaren eigenen Leistungen erbracht
haben, wird lediglich das in der Einsprache bereits Gesagte wiederholt, weshalb darauf
nicht weiter einzugehen ist.
Ausführlicher wird rekursweise demgegenüber auf die Frage eingegangen, ob
das Gesundheitsrecht der Ausübung der in Frage stehenden ärztlichen Tätigkeiten
durch juristische Personen bzw. durch die D und die E entgegensteht. Dabei wird
geltend gemacht, das Krankenversicherungsgesetz (KVG) gestatte bereits seit dem
1. Januar 2001, dass ein Arzt auch ausserhalb eines Spitals im Anstellungsverhältnis
und demzufolge bei seiner eigenen Gesellschaft tätig sein dürfe. Was das eidgenös-
sische Recht zulasse, könne der Kanton folglich nicht über das Gesundheitsgesetz
einschränken. Auch auf diese Ausführungen ist aus den bereits dargelegten Gründen
indes nicht weiter einzugehen, denn wie erwähnt hat sich der Pflichtige an die im
Kanton geltenden gesundheitsgesetzlichen Vorgaben gehalten. Er hat es dabei
bewenden lassen, als Inhaber der Bewilligung im eigenen Namen aufzutreten
bzw. unterlassen, entsprechende Bewilligungen für die D bzw. die E überhaupt
einzuholen oder solche gegebenenfalls unter Hinweis auf Bundesrecht zu erstreiten.
Die zahlreichen Beispiele, mit welchen der Pflichtige belegen will, dass auch im Kanton
ärztliche Leistungen von Aktiengesellschaften erbracht werden können, vermögen ihm
unter diesen Umständen von vornherein nicht weiterzuhelfen.
- 13 -
1 ST.2010.141
gg) Als Zwischenergebnis ist damit festzuhalten, dass der Pflichtige per 2005
mit Bezug auf die im Streit liegenden Arztpraxen in B und C als Selbstständigerwerb-
ender zu qualifzieren ist, womit die Praxisgewinne als Einkünfte aus selbstständiger
Erwerbstätigkeit im Kanton Zürich zu versteuern sind.
3. a) Hat ein Steuerpflichtiger trotz Mahnung seine Verfahrenspflichten nicht
erfüllt oder können die Steuerfaktoren mangels zuverlässiger Unterlagen nicht ein-
wandfrei ermittelt werden, so nimmt die Steuerbehörde die Veranlagung nach pflicht-
gemässem Ermessen vor (§ 139 Abs. 2 Satz 1 StG). Die Vornahme einer Veranlagung
nach pflichtgemässem Ermessen setzt also einen Untersuchungsnotstand voraus. Die-
ser ist im Regelfall dadurch verursacht, dass der Steuerpflichtige trotz Mahnung Ver-
fahrenspflichten nicht oder nicht gehörig erfüllt hat, d.h. seinen Mitwirkungspflichten
nicht oder nur unvollständig nachgekommen ist.
b) Nachdem der Pflichtige betreffend seine selbstständige Erwerbstätigkeit in
den streitbetroffenen Arztpraxen trotz Auflage und Mahnung keine Buchhaltung bzw.
Jahresrechnung für das Geschäftsjahr 2005 erstellt und auch das entsprechende Hilfs-
blatt A nicht eingereicht hat, musste die Steuerbehörde für die entsprechenden Ein-
künfte zwangsläufig den Weg über die Ermessensveranlagung beschreiten.
4. a) Eine zu Recht ergangene Ermessenseinschätzung kann der Steuer-
pflichtige einzig wegen offensichtlicher Unrichtigkeit anfechten; die Einsprache ist zu
begründen und muss allfällige Beweismittel nennen (§ 140 Abs. 2 StG). Mit anderen
Worten obliegt es dem Steuerpflichtigen, innert der Einsprachefrist den Nachweis zu
erbringen, dass die Ermessensveranlagung offensichtlich unrichtig ist. Den entspre-
chenden Nachweis kann der Steuerpflichtige auf zwei Arten erbringen (Martin Zweifel,
in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/1, 2. A., 2002, Art. 48 N 46 ff.
StHG, auch zum Folgenden): Zunächst kann er den tatsächlichen Sachverhalt dartun
und den entsprechenden Nachweis leisten, mit der Folge, dass die im Streit stehende
Ermessenseinschätzung durch eine ordentliche Veranlagung ersetzt wird und die
Steuerfaktoren wiederum nach den für "gewöhnliche" Einschätzungen geltenden Re-
geln ermittelt werden. Ist das nicht möglich oder misslingt dies, kann er sodann darle-
gen und nachweisen, dass die angefochtene Einschätzung offensichtlich unrichtig
(namentlich zu hoch) ist.
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1 ST.2010.141
b) Der Pflichtige hat die ausstehenden Jahresabschlüsse 2005 weder in der
Einsprache noch im Rekurs nachgebracht, weshalb vom Weg über die Ermessensein-
schätzung nicht mehr abgerückt werden kann. Zu prüfen bleibt damit allein, ob die
steuerbehördliche Schätzung in quantitativer Hinsicht offensichtlich unrichtig bzw. zu
hoch ausgefallen ist.
c) Die Vorinstanz schätzte die Einkünfte aus selbstständiger Erwerbstätigkeit
auf Fr. 720'000.-. Sie orientierte sich bei dieser Schätzung an den vom steueramtlichen
Revisor geprüften Buchhaltungen 2005 der D und der E. Dabei stellte sie insbesondere
auf die ausgewiesenen Reingewinne von insgesamt rund Fr. 275'000.- und die ver-
buchten Löhne des Pflichtigen von insgesamt rund Fr. 265'000.- ab. Weiter berücksich-
tigte sie schätzungserhöhend diverse Aufwandbuchungen, welche vom steueramtli-
chen Revisor als nicht geschäftsmässig begründet qualifiziert worden sind (insb.
Lebenshaltungskosten des Pflichtigen von rund Fr. 70'000.-, verdeckte Gewinnaus-
schüttungen an die nahestehende Gesellschaft J von rund Fr. 50'000.- sowie Rückstel-
lung von Fr. 25'000.-) sowie den verbuchten Steueraufwand von rund Fr. 105'000.-,
welcher im Rahmen selbstständiger Erwerbstätigkeit nicht abzugsfähig ist. Schät-
zungsmindernd wurde sodann einer 10%igen AHV-Rückstellung Rechnung getragen
(vgl. die Berechnung im Anhang zum Einspracheentscheid).
Diese Schätzmethode erweist sich als naheliegend und sachgerecht; sie wird
vom Pflichtigen denn auch nicht grundsätzlich in Frage gestellt.
aa) Der Pflichtige hält der Höhe der Schätzung jedoch allgemein entgegen,
dass im Zusammenhang mit dem Ärztestreik vom 1. April 2009 in Tageszeitungen zu
lesen gewesen sei, was in den einzelnen Ärztegruppen verdient werde; selbst in der
Spitzengruppe, welcher sein Fachbereich nicht zuzuordnen sei, werde ein Durch-
schnittseinkommen von lediglich Fr. 400'000.- genannt. Ein solcher Grobvergleich mit
weder gesicherten, noch jahresbezogenen noch näher spezifizierten Zahlen kann dem
Pflichtigen indes von vornherein nicht weiterhelfen. Dass in seinem Fachbereich weit
mehr als Fr. 400'000.- pro Jahr verdient werden kann, ergibt sich im Übrigen aus der
Tatsache, dass der Pflichtige selbst pro 2001 und 2002 Einkünfte aus selbstständiger
Erwerbstätigkeit von über Fr. 800'000.- bzw. Fr. 1'000'000.- versteuert hat (vgl. Ein-
schätzungsakten 2001 und 2002). Als Vergleichszahlen eignen sich damit diese letzte-
- 15 -
1 ST.2010.141
ren (gesicherten) Zahlen. Sie lassen darauf schliessen, dass die Schätzung von
Fr. 720'000.- eher moderat ausgefallen ist.
bb) Was die konkrete Schätzung bzw. das diesbezügliche Abstellen auf die
Buchhaltungen der G anbelangt, lässt der Pflichtige pauschal vorbringen, es sei nicht
erkennbar, wie die Steuerbehörde die Aufrechnung von Rückstellungen, Lebenshal-
tungskosten und weiterem nicht begründeten Aufwand rechtfertigen wolle. Dabei ver-
kennt er, dass er für steuermindernde Aufwandpositionen beweisbelastet ist. Stellte der
Steuerkommissär bei seiner Schätzung auf das Ergebnis der Revision bei den Gesell-
schaften ab, so ist im Rahmen des Unrichtigkeitsnachweises vom Pflichtigen nachzu-
weisen, dass die bei den Gesellschaften verbuchten Aufwandpositionen geschäfts-
mässig begründet sind.
Der Pflichtige versucht Letzteres rekursweise lediglich mit Bezug auf die Posi-
tionen "nicht begründeter Aufwand J". Diesbezüglich lässt er vorbringen, der Hinter-
grund der vom Steueramt nicht anerkannten Zahlungen der Gesellschaften an die J
bestehe darin, dass er seiner früheren Ehefrau ihren Anteil an dieser Gesellschaft ab-
gekauft habe, worauf die J die Buchhaltungen der Gesellschaften übernommen habe.
Dabei sei auch eine Teilzeitangestellte vertraglich verpflichtet worden. Mit dieser nicht
schlüssigen Erklärung lässt sich die geschäftsmässige Begründetheit der beiden Zah-
lungen an die J-GmbH im Geschäftsaufwand der Gesellschaften in keiner Weise
nachweisen. Damit der vom Revisor bei den Gesellschaften nicht zugelassene Auf-
wand von insgesamt Fr. 50'000.- als Aufwand im Rahmen der selbstständigen Er-
werbstätigkeit anerkannt werden könnte, hätte der Pflichtige diesen näher substanziie-
ren und auch belegmässig nachweisen müssen. Zu beachten ist freilich, dass die
Buchhaltungen der Gesellschaften nach dem Gesagten nur Anhaltspunkte für die
(mangels Vorliegens einer Buchhaltung zur selbstständigen Erwerbstätigkeit) zu tref-
fende Schätzung liefern können. Lautet die dergestalt getroffene Schätzung auf über
Fr. 700'000.- und bewegt sie sich damit sogar unter den ausgewiesenen Vorjahreser-
gebnissen, so kann Einzelpositionen in den Gesellschaftsbuchhaltungen im Betrag von
+/- Fr. 50'000.- (= weniger als 10%) von vornherein keine relevante Bedeutung zu-
kommen; ein solcher Betrag liegt in der hier vorliegenden Konstellation von vornherein
in der Schätzbandbreite.
Insgesamt wurde die offensichtliche (quantitative) Unrichtigkeit der vorinstanz-
lichen Schätzung damit nicht nachgewiesen, womit die Letztere zu bestätigen ist.
- 16 -
1 ST.2010.141
5. Nach alledem ist der Rekurs abzuweisen. Ausgangsgemäss sind die Kos-
ten des vorliegenden Verfahrens dem Pflichtigen aufzuerlegen (§ 151 Abs. 1 StG). Die
Kostenauflage im Einspracheverfahren von Fr. 2'000.- ist zu bestätigen, da der Pflichti-
ge zu Recht nach pflichtgemässem Ermessen eingeschätzt worden ist (vgl. § 142
Abs. 2 Satz 2 StG i.V.m. § 18 der Verordnung zum Steuergesetz vom 1. April 1998 [VO
StG]). Die Kostenhöhe ist angemessen (Ziffer 7.1. des Protokolls der Sitzung vom
16. Dezember 1998 der Kommission für kaufmännisches Steuerrecht i.V.m. § 21
Abs. 2 VO StG). | Public | Tax | de | 2,010 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
9ec60eb1-4307-4701-b5bf-c18502ad56fe | hat sich ergeben:
A. 1. A (nachfolgend der Pflichtige) war Eigentümer von 20 Aktien der C AG
und amtete als deren Geschäftsführer. Diese Gesellschaft wurde u.a. von ihm im Jahr
2000 gegründet und betreibt das D. E, der frühere Verwaltungsratspräsident, besass
40 Aktien. 2005 erwarben der Pflichtige und E von den zwei andern Mitaktionären
40 Aktien, sodass sie zusammen nun alle Titel der C AG ihr eigen nannten. Der Voll-
zug des Kaufvertrags wurde auf den ... ... 2005 terminiert und unter die Bedingung
gestellt, dass dannzumal der Verkauf sämtlicher Aktien an die F AG erfolgen kann. Mit
Vertrag vom ... ... 2005 veräusserten der Pflichtige und E in der Folge alle 100 Aktien
der C AG an die F AG, unter der Bedingung, dass sie zuvor die 40 Aktien von den zwei
Mitaktionären erwerben konnten. Ebenfalls am ... ... 2005 schloss der Pflichtige so-
dann mit der F AG einen Darlehensvertrag über Fr. 1'500'000.- ab. Mit diesem Geld
finanzierte der Pflichtige den Rückkauf von 30 Aktien der C AG. Diesen Rückkauf hat-
ten der Pflichtige, E und die F AG in einem Aktionärbindungsvertrag vom ... ... 2005 bis
Ende 2005 vereinbart, wobei E weitere 10 Aktien zurückkaufte und der Rückkauf damit
total 40 Titel umfasste. Gleichzeitig wurde in diesem Vertrag bestimmt, dass der Pflich-
tige und E die zurückgekauften Aktien nach einer Wartefrist von vier Jahren der F AG
wieder (zu einer im Voraus definierten Preisspanne) veräusserten, und zwar frühestens
per ... ... 2010 sowie spätestens per ... ... 2012. Die entsprechende Rückübertragung
auf die F AG erfolgte dann für 10 Titel des Pflichtigen (vorzeitig) am ... ... 2010 für
Fr. 1'300'317.-, und zwar in Ausübung eines vertraglich vereinbarten Kaufrechts der
F AG.
2. In der Steuerperiode 2005 rechnete der Steuerkommissär beim steuerbaren
Einkommen des Pflichtigen den 2005 erzielten Gewinn aus der Veräusserung von
50 Aktien der C AG an die F AG von netto Fr. 1'306'310.- als Einkunft aus gewerbs-
mässigem Wertschriftenhandel auf. Diese Auffassung wurde im anschliessenden
Rechtsmittelverfahren indessen nicht geschützt, indem die vom kantonalen Steueramt
angerufenen Gerichtsinstanzen allesamt das Vorliegen eines gewerbsmässigen Wert-
schriftenhandels verneinten, zuletzt das Bundesgericht mit Entscheid vom 12. Septem-
ber 2011.
3. Für die Steuerperiode 2010 schätzte die Steuerkommissärin den Pflichtigen
am 13. Dezember 2012 vorerst nach pflichtgemässem Ermessen ein, weil er trotz Auf-
- 3 -
1 DB.2014.131 1 ST.2014.157
forderung und Mahnung keine Steuererklärung eingereicht hatte. Der Veranlagungs-/
Einschätzungsentscheid lautete auf ein steuerbares Einkommen von Fr. 4'600'000.-
(direkte Bundessteuer sowie Staats- und Gemeindesteuern) und ein steuerbares Ver-
mögen von Fr. 5'500'000.- (Staats- und Gemeindesteuern).
B. Hiergegen liess der Pflichtige am 10. Januar 2013 Einsprache erheben mit
dem Antrag, ihn gemäss beigelegter Steuererklärung mit einem steuerbaren Einkom-
men von Fr. 245'700.- (direkte Bundessteuer) bzw. Fr. 311'000.- (Staats- und Gemein-
desteuern) sowie einem steuerbaren Vermögen von Fr. 0.- zu veranlagen bzw. einzu-
schätzen. Im Nachtrag vom 18. Februar 2013 gab er an, am ... ... 2010 10 Aktien der
C AG für Fr. 1'300'317.- und am ... ... 2012 die restlichen 20 Titel für Fr. 3 Mio. verkauft
zu haben und damit per 31. Dezember 2012 an dieser Gesellschaft nicht mehr beteiligt
zu sein.
Am 30. Mai 2014 hiess das kantonale Steueramt die Einsprache teilweise gut,
indem es die Ermessenstaxationen aufhob und im Rahmen einer ordentlichen Veran-
lagung/Einschätzung das steuerbare Einkommen auf Fr. 1'046'000.- (direkte Bundes-
steuer) bzw. Fr. 1'111'300.- (Staats- und Gemeindesteuern) sowie das steuerbare
Vermögen auf Fr. 2'328'000.- reduzierte. Beim steuerbaren Einkommen erfasste es
den bei der Rückübertragung von 10 Aktien der C AG auf die F AG realisierten Gewinn
von netto Fr. 800'317.- als Einkunft aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit. Die Er-
werbstätigkeit erblickte es in der Funktion des Pflichtigen als Geschäftsführer der
C AG, welche dieser aufgrund des Aktionärbindungsvertrags im Jahr 2010 noch aus-
geübt hatte.
C. Mit Beschwerde und Rekurs vom 30. Juni 2014 liess der Pflichtige bean-
tragen, ihn unter Ausserachtlassung des Gewinns aus der Aktienveräusserung gemäss
Steuererklärung zu veranlagen und ihm eine Parteientschädigung zuzusprechen.
Das kantonale Steueramt schloss am 11. Juli 2014 auf Abweisung der
Rechtsmittel. Die Eidgenössische Steuerverwaltung liess sich nicht vernehmen. Mit
Replik vom 4. August 2014 hielt der Pflichtige an seinem Standpunkt fest. Das kanto-
nale Steueramt verzichtete auf Duplik.
- 4 -
1 DB.2014.131 1 ST.2014.157 | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. a) Der Einkommensteuer unterliegen alle wiederkehrenden und einmaligen
Einkünfte (Art. 16 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom
14. Dezember 1990 [DBG] bzw. § 16 Abs. 1 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997
[StG]). Dazu gehören nach Art. 17 Abs. 1 DBG bzw. § 17 Abs. 1 StG alle Einkünfte aus
unselbstständiger Erwerbstätigkeit unter Einschluss der Nebeneinkünfte, wie Entschä-
digungen für Sonderleistungen, Provisionen, Zulagen, Dienstalters- und Jubiläumsge-
schenke, Gratifikationen, Trinkgelder, Tantiemen und andere geldwerte Vorteile. Die
beispielhafte Aufzählung der Einkommensteile aus unselbstständiger Tätigkeit in
Art. 17 Abs. 1 DBG bzw. § 17 Abs. 1 StG ist nicht abschliessend. Gemäss konstanter
bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist der Begriff des Einkommens aus einer
(Erwerbs-)Tätigkeit weit zu interpretieren. Steuerbar sind demnach sämtliche geldwer-
ten Vorteile, die ein Arbeitnehmer als Gegenleistung für seine unselbstständige Er-
werbstätigkeit erhält, wobei nebst geldwerten auch Naturalleistungen erfasst werden.
Entscheidend ist, ob die Leistung Entgelt für die Arbeitstätigkeit des Steuerpflichtigen
bildet und unmittelbar als Folge des Arbeitsverhältnisses ausgerichtet wird. Zwischen
der unselbstständigen Erwerbstätigkeit und den daraus fliessenden Einkünften muss
somit ein wirtschaftlicher bzw. kausaler Zusammenhang bestehen (BGr, 29. Novem-
ber 2006, 2A.381/2006, www.bger.ch; StRK I, 18. Dezember 1998 = StE 2000 B 22.1
Nr. 3; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009, Art. 17
N 28 und 41 DBG sowie Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, 3. A., 2013, § 17 N 28
und 41 StG). Für die Steuerbarkeit kommt es nicht auf den Charakter der Tätigkeit und
die Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses an, namentlich nicht auf die von den Betei-
ligten verwendeten Ausdrücke oder privatrechtlichen Formen oder darauf, ob das Ent-
gelt für die Haupt- oder eine Nebenerwerbstätigkeit der steuerpflichtigen Person aus-
gerichtet wird oder in welcher Form die Entschädigung für die erbrachte Leistung
erfolgt. Die Bezahlung kann in Geld oder in geldwerten Leistungen erfolgen, die Höhe
der Vergütung fest oder variabel sein, sie kann vom Arbeitgeber oder Dritten ausge-
richtet werden. Zwar empfängt der unselbstständig erwerbende Steuerpflichtige sein
Einkommen in der Regel unmittelbar vom Arbeitgeber. Doch ist dies nach der objekt-
und nicht subjektbezogenen Betrachtungsweise von Art. 17 Abs. 1 DBG bzw. § 17
Abs. 1 StG nicht erforderlich. Auch Leistungen Dritter, die dem Steuerpflichtigen im
Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis zufliessen, sind dem Arbeitseinkommen
zuzurechnen, selbst wenn eine Rechtspflicht für diese Leistung nicht bestand (vgl. BGr,
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1 DB.2014.131 1 ST.2014.157
3. März 1989, ASA 60, 245 = StE 1991 B 21.1 Nr. 2). Darunter fallen etwa Trinkgelder,
Ehrengaben (Preise) für besondere berufliche Leistungen oder Zuwendungen an
Künstler zur Förderung ihres künstlerischen Schaffens oder der Erwerb von Aktien von
einer Drittperson zu einem Vorzugspreis (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 17 N 37
DBG und § 17 N 37 StG). Entscheidend für die Besteuerung – insbesondere bei Leis-
tungen Dritter oder freiwilligen Leistungen des Arbeitgebers (wie vertraglich nicht ver-
einbarte Gratifikationen, Boni, Gewinnbeteiligungen usw.) – ist immer, dass die Leis-
tung ihren Rechtsgrund im Arbeitsverhältnis des Leistungsempfängers hat (VGr,
6. Juni 2012, SB.2011.00104 und SB.2011.00105 mit Hinweis auf StE 1989 B 21.3
Nr. 2). Erwirbt ein Arbeitnehmer Vermögenswerte aufgrund des Arbeitsverhältnisses zu
einem günstigeren Preis als dem Verkehrswert, gilt die Differenz zwischen dem Ver-
kehrswert des Vermögenswerts und dem reduzierten Erwerbspreis als Einkommen aus
unselbstständiger Erwerbstätigkeit und ist somit steuerbar (RB 1990 Nr. 31; Richner/
Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 17 N 44 DBG und § 17 N 44 StG, mit Hinweisen).
Aus der gesetzlichen Ordnung ergibt sich somit, dass alle Wertzuflüsse (Ein-
künfte) beim Steuerpflichtigen ohne Rücksicht auf ihre Quellen steuerbar sind, sofern
sie das Gesetz nicht ausdrücklich von der Besteuerung ausnimmt. Folglich kommt der
Bestimmung jener Einkünfte, die das Gesetz ausnahmsweise für steuerfrei erklärt oder
einem anderen Besteuerungssystem unterwirft – namentlich Wertzuflüsse aus Erb-
schaft (Art. 24 lit. a DBG, § 24 lit. a StG) und steuerfreie private Kapitalgewinne (Art. 16
Abs. 3 DBG, § 16 Abs. 3 StG) – eine entscheidende Bedeutung zu. Denn jeder Wert-
zufluss, der nicht unter eine solche Ausnahmeregelung fällt, ist demnach steuerbar.
Aus diesem Grund lassen sich die steuerbaren Einkünfte abschliessend nur durch Um-
schreibung der einkommenssteuerfreien Einkünfte bestimmen (VGr, 6. Juni 2012,
SB.2011.00104 und SB.2011.00105 mit Hinweisen).
b) Ein steuerfreier Kapitalgewinn aus der Veräusserung von Privatvermögen
im Sinn von Art. 16 Abs. 3 DBG bzw. § 16 Abs. 3 StG liegt vor, wenn der Mehrwert
eines Vermögensrechts des beweglichen Privatvermögens dadurch realisiert worden
ist, dass dieses Recht veräussert worden, d.h. aus dem Vermögen des Steuerpflichti-
gen ausgeschieden ist. Steuerfrei sind daher all jene Wertzuflüsse, die als Gegenwert
(Erlös) für das durch Veräusserung realisierte Vermögensrecht erscheinen (VGr,
7. Dezember 1994 = ZStP 1995, 51; RB 1987 Nr. 20 = StE 1988 B 24.4 Nr. 11).
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1 DB.2014.131 1 ST.2014.157
c) Beweislastmässig gilt die Regel, dass die Steuerbehörde die steuerbegrün-
denden Tatsachen nachzuweisen hat, der Steuerpflichtige dagegen jene Tatsachen,
welche die Steuerschuld mindern oder aufheben. Diese allgemeine Regel wird dann
durchbrochen, wenn für das Vorhandensein einer Tatsache eine (widerlegbare)
gesetzliche oder natürliche Vermutung spricht (Martin Zweifel, in: Kommentar
zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/2b, 2. A., 2008, Art. 130 N 7 ff. DBG). Die
Vermutungen bewirken eine Umkehr der Beweislast (VGr, 19. Dezember 2010,
SR.2011.00007). Demnach haben die Steuerbehörden den Nachweis zu erbringen,
dass ein Steuerpflichtiger bestimmte Einkünfte erzielt hat, da es sich hierbei um einen
steuerbegründenden Umstand handelt. Der Nachweis eines Wertzuflusses begründet
die natürliche Vermutung, dass dieser aus einer Quelle stammt, die zur Steuerbarkeit
des Zuflusses führt, da die Zugehörigkeit von Wertzuflüssen zu Einkünften im Sinn von
Art. 16 Abs. 1 DBG bzw. § 16 Abs. 1 StG den Regelfall bildet. Diese Vermutung kann
vom Steuerpflichtigen entkräftet werden, indem er den Beweis des Gegenteils erbringt,
dass die zugeflossenen Einkünfte etwa steuerfreien Kapitalgewinn aus der Veräusse-
rung beweglichen Privatvermögens darstellen.
2. a) Der Pflichtige hat per ... .. 2010 10 Aktien der C AG für Fr. 1'300'317.- an
die F AG veräussert und dabei unstreitig einen Gewinn von Fr. 800'317.- erzielt (Akti-
enkaufvertrag). Die Veräusserung erfolgte in Ausübung eines der F AG im Aktionärbin-
dungsvertrag vom ... ... 2005 eingeräumten Kaufrechts. Letzterer Vertrag wurde zwi-
schen dem Pflichtigen, E sowie der F AG geschlossen und beinhaltet die Regelung der
Organisation und Leitung der C AG für die Dauer des gemeinsamen Aktionariats dieser
Personen (... ... 2005 - ... ... 2012). Der Vertrag beschlägt auch den Rückkauf von
40 Aktien durch den Pflichtigen und E bis Ende 2005 sowie den erneuten Erwerb die-
ser Titel durch die F AG bis ... ... 2012 bzw. die damit verbundenen Kauf- und Ver-
kaufsrechte der Vertragsparteien. Ziel dieser Transaktionen war es, dass die F AG die
C AG zwar vollständig erwirbt, der Pflichtige und E aber an der Gesellschaft noch eine
gewisse Zeit beteiligt sind und an einer allfälligen positiven Entwicklung der Gesell-
schaft profitieren. Schliesslich regelt der Vertrag die Anstellung des Pflichtigen als Ge-
schäftsführer.
Den erwähnten Kapitalgewinn aus der Veräusserung von 10 Aktien will das
kantonale Steueramt als Einkunft aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit des Pflichti-
gen besteuert wissen. Dabei erblickt es den hierfür erforderlichen wirtschaftlichen bzw.
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1 DB.2014.131 1 ST.2014.157
kausalen Zusammenhang des Gewinns mit einem Arbeitsverhältnis des Pflichtigen in
dessen Tätigkeit bei der C AG als Geschäftsführer. Der Pflichtige qualifiziert den fragli-
chen Gewinn demgegenüber als steuerfreien Kapitalgewinn, da seine Funktion als
Geschäftsführer nicht kausal für die Veräusserung der Aktien und den dabei erzielten
Gewinn gewesen sei. Der Gewinn selber ist mit Fr. 800'317.- nicht streitig.
b) Ein gewisser Zusammenhang des Kapitalgewinns mit der Beschäftigung
des Pflichtigen bei der C AG als Geschäftsführer ist zweifellos – und von diesem nicht
in Abrede gestellt – gegeben.
aa) So erhöhte sich der Wert der Gesellschaft und damit auch der Verkaufs-
preis der Aktien des Pflichtigen zwangsläufig, wenn dieser seine Tätigkeit für die Ge-
sellschaft erfolgreich ausübte und damit den Gewinn zu mehren vermochte. Hierzu
wurde er im Aktionärsbindungsvertrag denn auch ermuntert, indem ihm die F AG aus-
drücklich die Freiheit liess, im Rahmen des bewilligten Budgets und Businessplans
innovative und zukunftsorientierte Ideen zu wagen sowie umzusetzen. Dies allein ge-
nügt jedoch nicht, um den fraglichen Aktienveräusserungsgewinn als Gegenleistung für
die Geschäftsführertätigkeit des Pflichtigen zu qualifizieren, ansonsten jeder mitarbei-
tende Aktionär den beim Verkauf seiner Beteiligung erzielten Kapitalgewinn ohne wei-
teres als Erwerbseinkommen zu versteuern hätte.
bb) Gemäss dem Aktionärbindungsvertrag sind die dem Pflichtigen gehören-
den Aktien der C AG sodann an die F AG zu verkaufen, wenn sein Arbeitsverhältnis
aufgelöst oder vor dem .... ... 2012 nicht verlängert wird. Denn dieser Fall stellt einen
wichtigen Grund zur sofortigen Auflösung des Aktonärbindungsvertrags durch den
Pflichtigen oder E dar. Da Letztere jedoch dann vom maximalen Verkaufspreis pro Ak-
tie von Fr. 200'000.- profitieren können, stellt das Arbeitsverhältnis für den Pflichtigen
gerade keinen finanziellen Anreiz dar, sondern im Gegenteil dessen Kündigung. Mithin
kann nicht gesagt werden, der Verkauf der Aktien bzw. der dabei erzielte Gewinn hän-
ge in diesem Fall mit dem Arbeitsverhältnis des Pflichtigen zusammen und stelle Ar-
beitsentgelt bzw. einen Bonus dar.
c) Die Aktienveräusserung ist abgesehen davon in einem weiteren Zusam-
menhang als demjenigen des Angestelltenverhältnisses des Pflichtigen zu betrachten.
Wie schon das Bundesgericht beim ersten Verkauf von Aktien des Pflichtigen im
Jahr 2005 an die F AG festgehalten hat, ging es bei der gestaffelten Veräusserung der
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C AG über den relativ langen Zeitraum von mehreren Jahren (... 2005 - ...2010 bzw.
... 2012) zwar um eine komplex konzipierte Transaktion, bei der jedoch nicht die kurz-
fristige Gewinnmaximierung im Vordergrund stand, sondern allein die Sicherung des
langfristigen Überlebens des u.a. vom Pflichtigen selbst aufgebauten Unternehmens
durch Verkauf an eine in der G etablierte grössere Gesellschaft. Zwar konnte der
Pflichtige dabei seine bisherige Erwerbstätigkeit als Geschäftsführer der C AG weiter-
führen, jedoch aus Sicht der F AG mit dem alleinigen Ziel, einen Verlust an Know-How
für die Gesellschaft zu vermeiden bzw. dieses durch finanziellen Anreiz für den Pflich-
tigen zu sichern sowie auch in Zukunft eine erfolgreiche Geschäftsentwicklung zu ga-
rantieren (BGr, 12. September 2011, 2C_385/2011 und 2C_386/2011, E. 3.1). Die Ab-
sicht war die Veräusserung des Unternehmens an die F AG. Dabei sollten die
bisherigen zwei Mitaktionäre (der Pflichtige und E) in der Zeit des gemeinsamen Aktio-
nariats von einer Wertsteigerung der Gesellschaft anlässlich des Übergangs der restli-
chen Aktien auf die F AG in Form des entsprechend höheren Aktienwerts profitieren
können. Die Annahme des kantonalen Steueramts, der streitige Aktienverkauf des
Pflichtigen im Jahr 2010 an die F AG sei in kausalem bzw. unmittelbarem Zusammen-
hang mit dessen Beschäftigung als Geschäftsführer der C AG bzw. als Folge dieser
Beschäftigung gestanden und der entsprechende Kapitalgewinn in diesem Zusam-
menhang zugeflossen, lässt sich daher in diesem Licht nicht halten.
Dies wird massgeblich durch folgenden, vom Pflichtigen zur Recht ins Feld
geführten Umstand bekräftigt: Das im Aktionärbindungsvertrag für die Zeit vom ... ...
2010 bis ... ... 2012 statuierte Kaufrecht der F AG für den Rückkauf der Aktien der
C AG galt nicht nur gegenüber dem Pflichtigen, sondern mit den genau gleichen Be-
dingungen auch gegenüber E. Dieser war bei der C AG ebenfalls Minderheitsaktionär,
jedoch unstreitig weder angestellt noch in irgendeiner Form, z.B. als Freelancer er-
werbstätig. Gleiches gilt sodann auch für das dem Pflichtigen im Aktionärbindungsver-
trag weiter eingeräumte analoge Verkaufsrecht und die diesbezüglichen Bedingungen,
da dieses Recht in der exakt identischen Ausgestaltung auch E zugestanden wurde.
Hatte E aber bezüglich des Rückkaufs der Aktien der C AG die genau gleiche Stellung
wie der Pflichtige, obwohl dieser in keinem irgendwie gearteten Arbeits-/Auftrags-
verhältnis mit der F AG stand, kann nicht gesagt werden, die Funktion des Pflichtigen
als Geschäftsführer der Gesellschaft sei kausal für den Rückkauf der streitbetroffenen
10 Aktien und den dabei erzielten Kapitalgewinn gewesen. Grund hierfür bildete viel-
mehr allein der Aktionärbindungsvertrag vom .... ... 2005 bzw. die damit unter allen
Aktionären gleichermassen eingeräumten Kauf- und Verkaufsrechte an den Aktien. Ziel
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war es, die C AG (sukzessive) an die F AG zu verkaufen und dabei den Pflichtigen
zwar bis mindestens zum Abschluss der Transaktion als deren Geschäftsführer einzu-
setzen, jedoch zur Hauptsache damit dieser als Know-how Träger das Unternehmen
weiter voranbringe und dessen Erfolg – zugunsten der Aktionäre – mehre.
d) Der Pflichtige arbeitete zudem als Geschäftsführer nicht etwa unentgeltlich,
sondern wurde wie folgt entschädigt: Gemäss Aktionärbindungsvertrag stand ihm ein
branchenüblicher Lohn zu, mit dem er – gemäss ausdrücklicher Regelung – nicht
schlechter gestellt sein sollte als bisher. Das entsprechende Salär belief sich im streit-
betroffenen Jahr 2010 auf brutto Fr. 216'996.-. Zusätzlich hatte er Anspruch auf einen
Bonus und eine Mitarbeiterprämie von Fr. 44'750.-, sodass sich seine Entschädigung
2010 für die Geschäftsführertätigkeit auf total Fr. 261'746.- belief (Lohnausweis).
Daneben vereinnahmte er auf seinen Aktien eine Dividende von Fr. 165'000.-. Sowohl
die Höhe des fixen Salärs wie auch insbesondere die Ausrichtung einer erfolgsabhän-
gigen Komponente lassen die Annahme eines weiteren Zuflusses bzw. Bonus für seine
Arbeit als Geschäftsführer in Form eines möglichst hohen Erlöses für den Verkauf sei-
ner Aktien der C AG nicht als wahrscheinlich erscheinen.
e) Ob der Pflichtige bei der Rückübertragung der Aktien auf die F AG einem
Marktrisiko ausgesetzt war, spielt bei alledem keine Rolle, da auch bei Verneinung
dieser Frage nicht geschlossen werden kann, die Rückübertragung sei als unmittelbare
Folge des Arbeitsverhältnisses des Pflichtigen aufzufassen, weil nichts anderes als ein
im Arbeitsverhältnis begründetes Beteiligungsprogramm vorliege (vgl. die diesbezügli-
che Erwägung in den Einspracheentscheiden. Gegen diesen Schluss spricht wiederum
entschieden, dass auch E als Mitaktionär ohne jede Beschäftigung bei der C AG am
nämlichen "Beteiligungsprogramm" partizipiert hätte.
f) Zusammenfassend ergibt sich, dass der Verkauf der fraglichen 10 Aktien
der C AG zwar in der Zeit erfolgte, als der Pflichtige Geschäftsführer der Gesellschaft
war, und in gewisser Weise mit dieser Anstellung auch zusammenhing. Er stellt jedoch
gleichwohl keine unmittelbare Folge derselben dar, da Grundlage und Ursprung des
Verkaufs letztlich allein der Aktionärbindungsvertrag mit der F AG bildete. Demnach
handelt es sich beim streitigen Verkaufsgewinn um einen solchen aus beweglichem
Privatvermögen, der nach Art. 16 Abs. 3 DBG bzw. § 16 Abs. 3 StG steuerfrei ist.
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3. Diese Erwägungen führen zur Gutheissung der Rechtsmittel. Ausgangsge-
mäss sind die Kosten des Verfahrens der Beschwerdegegnerin/dem Rekursgegner
aufzuerlegen (Art. 144 Abs. 1 DBG, § 151 Abs. 1 StG). Dem Pflichtigen ist eine ange-
messene Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64
Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember 1968;
§ 152 StG i.V.m. § 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai
1959/8. Juni 1997). | Public | Tax | de | 2,014 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
9fe51948-c589-47ca-ac15-e54fb2ce5c51 | hat sich ergeben:
A. 1. A (nachfolgend der Pflichtige) ist hauptberuflich Aktionärsdirektor und
Geschäftsführer der B. Diese Gesellschaft betreibt die Entwicklung, den Verkauf und
Service von chemischen und technischen Produkten sowie Anlagen. Daneben enga-
gierte sich der Pflichtige zusammen mit andern Aktionären in der Ende 2002 gegründe-
ten C, welches Unternehmen sich auf dem Gebiet der Medizinaltechnik betätigt. Zu-
sätzlich besass der Pflichtige die Einzelfirma D. Im Oktober 2005 veräusserte er seinen
Mehrheitsanteil an der C für € 775'000.- und löschte im Januar 2007 die Einzelfirma im
Handelsregister.
In der Steuererklärung 2005 deklarierte der Pflichtige ein Salär der B von netto
Fr. 161'780.- sowie Einkünfte gemäss Abschluss der Einzelfirma D von Fr. 61'179.-.
Unter Einbezug der übrigen Einkünfte und der Abzüge resultierte ein steuerbares Ein-
kommen von Fr. 191'800.- (Staats- und Gemeindesteuern) bzw. Fr. 193'200.- (direkte
Bundessteuer). Das steuerbare Vermögen gab er mit Fr. 1'386'000.- an, was gegen-
über dem Vorjahr einer Vermögensvermehrung von über Fr. 1 Mio. entsprach.
2. Im Einschätzungsverfahren für die Steuerperiode 2005 verlangte die Steu-
erkommissärin u.a. eine Begründung der Vermögensvermehrung, das ausgefüllte
Hilfsblatt A für die selbstständige Erwerbstätigkeit und das Hauptbuch der Einzelfirma
pro 2005. Mit Eingabe vom 9. Oktober 2007 kam der Pflichtige dem nach und führte als
Grund für die Vermögensvermehrung den Verkauf der Beteiligung an der C an. Mit
weiterer Auflage vom 30. Januar 2008 untersuchte der neu zuständige Steuerkommis-
sär, ob und inwiefern der Pflichtige mit der Einzelfirma für die C tätig gewesen war und
warum er die Einzelfirma gelöscht hatte. Der Pflichtige antwortete am 17. März 2008,
er habe die technische Beratung der C buchhalterisch getrennt von der B erbringen
wollen, weil es sich im Vergleich zu seiner Tätigkeit bei Letzterer um eine branchen-
fremde Arbeit gehandelt habe. Zudem habe er neben dem Arbeitnehmerstatus bei der
B nicht noch einen zweiten solchen Status bei der C begründen wollen. Die Zwischen-
schaltung der Einzelfirma sei dann aber unnötig und kompliziert gewesen, sodass er
diese wieder gelöscht habe. Die Beratung für die C – hauptsächlich bestehend aus der
Oberleitung der C – habe er erstmals 2005 abgerechnet, obwohl er schon im Vorjahr
entsprechende Leistungen erbracht habe. Mit Mahnung vom 27. Mai 2008 wies der
Steuerkommissär darauf hin, dass er mit der Einzelfirma schon in den Jahren 2002/03
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1 ST.2009.175 1 DB.2009.95
für die C tätig gewesen und dabei von Mitaktionären mit Aktien der C abgegolten wor-
den sei. Der Pflichtige antwortete am 17. Juli 2008, diese Leistungen seien bei Grün-
dung der C erbracht worden. Deren Begleichung mit Aktien habe dem Ziel gedient,
trotz des Einstiegs eines Financiers die Aktienmehrheit an der C zu behalten.
Mit Einschätzungsentscheid bzw. Hinweis vom 9. Januar 2009 erfasste der
Steuerkommissär den bei Veräusserung der Aktien C erzielten Gewinn von
Fr. 1'014'475.- als Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit des Pflichtigen.
Dabei qualifizierte er die Aktien als Geschäftsvermögen der Einzelfirma D und fügte an,
der Pflichtige habe als deren Inhaber geschäftliche Beziehungen mit der C unterhalten
und so entsprechende Einnahmen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit generiert. Das
steuerbare Einkommen ergab sich dergestalt mit Fr. 1'206'300.- (Staats- und Gemein-
desteuern) bzw. Fr. 1'207'700.- (direkte Bundessteuer). Das steuerbare Vermögen
übernahm er gemäss Deklaration mit Fr. 1'386'000.-.
Die Veranlagung der direkten Bundessteuer wurde mit Steuerrechnung vom
30. Januar 2009 formell eröffnet.
B. Hiergegen liess der Pflichtige am 10. Februar 2009 Einsprache erheben mit
dem Antrag, von der Besteuerung des Gewinns aus dem Aktienverkauf als Einkommen
abzusehen. Das kantonale Steueramt wies die Einsprachen am 28. Mai 2009 ab.
C. Mit Rekurs bzw. Beschwerde vom 30. Juni 2009 liess der Pflichtige die
Einspracheanträge erneuern.
Das kantonale Steueramt schloss am 26. August 2009 auf Abweisung der
Rechtsmittel. Die Eidgenössische Steuerverwaltung liess sich nicht vernehmen.
Auf die Ausführungen der Parteien in diesen Rechtsschriften und die Begrün-
dung der Einspracheentscheide wird – soweit erforderlich – in den nachfolgenden Er-
wägungen eingegangen.
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1 ST.2009.175 1 DB.2009.95 | Die Rekurskommission zieht in Erwägung:
1. Nicht streitig ist, dass dem Pflichtigen im Zusammenhang mit der Veräusse-
rung von 186 Aktien der C an die E in Deutschland am 21. Oktober 2005 ein Erlös von
€ 775'000.- zugeflossen ist.
Der Steuerkommissär hat diesen Erlös von umgerechnet Fr. 1'200'475.- um
den Nominalwert der Aktien von Fr. 186'000.- gekürzt und das Ergebnis von
Fr. 1'014'475.- als Einkunft aus selbstständiger Erwerbstätigkeit erfasst. Demgegen-
über bestreitet der Pflichtige das Vorliegen von steuerbarem Einkommen, indem er
eine selbstständige Erwerbstätigkeit im Rahmen seiner Einzelfirma und die Zugehörig-
keit der veräusserten Aktien zu deren Geschäftsvermögen in Abrede stellt.
2. a) Nach der Generalklausel von § 16 Abs. 1 des Steuergesetzes vom
8. Juni 1997 (StG) und Art. 16 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die direkte Bundes-
steuer vom 14. Dezember 1990 (DBG) unterliegen der Einkommenssteuer alle wieder-
kehrenden und einmaligen Einkünfte. Gemäss § 18 StG und Art. 18 DBG sind insbe-
sondere alle Einkünfte aus einem Handels-, Industrie-, Gewerbe-, Land- und Forst-
wirtschaftsbetrieb, aus einem freien Beruf sowie aus jeder anderen selbstständigen
Erwerbstätigkeit steuerbar (Abs. 1); zu den Einkünften aus selbstständiger Erwerbstä-
tigkeit zählen sodann auch alle Kapitalgewinne aus Veräusserung, Verwertung oder
buchmässiger Aufwertung von Geschäftsvermögen (Abs. 2). Steuerfrei sind nach § 16
Abs. 3 StG und Art. 16 Abs. 3 DBG – bei der Staats- und Gemeindesteuer vorbehält-
lich der Grundstückgewinnsteuer – demgegenüber Kapitalgewinne aus der Veräusse-
rung von Privatvermögen.
Es stellt sich mithin die Frage, was als selbstständige Erwerbstätigkeit zu gel-
ten hat bzw. welche Gewinnrealisationen als steuerfreie Kapitalgewinne einzustufen
sind.
b) Der harmonisierungsrechtliche Begriff der selbstständigen Erwerbstätigkeit
entspricht grundsätzlich der bisherigen Zürcher Praxis (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter,
Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 2. A., 2006, § 18 N 7). Unter
selbstständiger Erwerbstätigkeit wird demnach jede Tätigkeit verstanden, bei der eine
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1 ST.2009.175 1 DB.2009.95
Person durch Einsatz von Arbeitsleistung und Kapital in einer frei gewählten Organisa-
tion auf eigenes Risiko anhaltend, planmässig und nach aussen sichtbar mit der Ab-
sicht auf Gewinnerzielung am Wirtschaftverkehr teilnimmt (Blumenstein/Locher, Sys-
tem des Steuerrechts, 6. A., 2002, S. 176; Cagianut/Höhn, Unternehmungssteuerrecht,
3. A., 1993, § 1 N 17 ff. und 34 ff.; Höhn/Waldburger, Steuerrecht, Band I, 9. A., 2001,
§ 14 N 37 ff.; Markus Reich, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band
I/1, 2. A., 2002, Art. 8 N 13 StHG [zit.: Harmonisierung]; Richner/Frei/Kaufmann/Meu-
ter, § 18 N 8; Markus Reich, Der Begriff der selbständigen Erwerbstätigkeit im Bundes-
gesetz über die Direkte Bundessteuer, in: Blaise Knapp u.a. (Hrsg.), Problèmes actuels
de droit fiscal, Mélanges en l'honneur du Professeur Raoul Oberson, 1995, S. 121 [zit.:
Begriff]; StE 1999 B 23.1 Nr. 41, auch zum Folgenden). Eine selbstständige Erwerbstä-
tigkeit kann haupt- oder nebenberuflich, dauernd oder temporär ausgeübt werden. Ob
eine solche Erwerbstätigkeit vorliegt, ist stets nach den gesamten Umständen des Ein-
zelfalls zu beurteilen. Die einzelnen Merkmale des Begriffs dürfen nicht isoliert betrach-
tet werden und können auch in unterschiedlicher Intensität auftreten (Reich, Harmoni-
sierung, Art. 8 N 13 ff. StHG). Auch wenn der Begriff im Normalfall die oben
genannten Elemente umfasst, bedeutet dies nicht, dass eine Tätigkeit, bei der einzelne
dieser Elemente fehlen, automatisch nicht mehr selbstständig erwerbstätig wäre. Der
Begriff der selbstständigen Erwerbstätigkeit nach § 18 StG und Art. 18 DBG ist umfas-
sender als jener der Unternehmung, des Geschäfts, Betriebs oder Gewerbes, die eine
organisierte Einheit von Arbeit und Kapital erfordern. Das zeigt sich darin, dass § 18
Abs. 1 StG und Art. 18 Abs. 1 DBG nebst den Einkünften aus einem Betrieb (aus Han-
del, Industrie, Gewerbe, Land- oder Forstwirtschaft) und aus freien Berufen auch alle
Einkünfte "aus jeder anderen selbständigen Erwerbstätigkeit" für steuerbar erklären.
Während der Einsatz von Arbeit und Kapital in freigewählter Organisation und
auf eigenes Risiko auch Merkmal einer Liebhaberei sein kann, grenzen die Erforder-
nisse der planmässigen und anhaltenden Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr zum
Zweck der Gewinnerzielung die Liebhaberei von der selbstständigen Erwerbstätigkeit
ab. Das Erfordernis der Planmässigkeit verhindert, dass eine lediglich sporadisch und
ohne Plan ausgeübte Tätigkeit als selbstständige Erwerbstätigkeit qualifiziert wird. Auf
Planmässigkeit wird insbesondere geschlossen, wenn der Steuerpflichtige nicht bloss
die zufällig sich bietenden Möglichkeiten wahrnimmt, sondern durch gezieltes Wirken
sein Einkommen zu steigern sucht (Reich, Begriff, S. 124 f.). Daraus ist zu schliessen,
dass, wer planmässig handelt, dies auch mit Gewinnerzielungsabsicht tut. Eine derarti-
ge Absicht ist aufgrund objektiver Indizien zu beurteilen.
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1 ST.2009.175 1 DB.2009.95
c) Nach § 132 Abs. 1 StG bzw. Art. 123 Abs. 1 DBG haben die Steuerbehör-
den zusammen mit dem Steuerpflichtigen die für die vollständige und gerechte Be-
steuerung massgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse festzustellen.
Dabei gilt als allgemeine Regel der (objektiven) Beweislastverteilung, dass die Steuer-
behörde die steuerbegründenden Tatsachen nachzuweisen hat, der Steuerpflichtige
dagegen diejenigen Umstände, welche die Steuerschuld mindern oder aufheben
(RB 1990 Nr. 36 = StE 1990 B 92.51 Nr. 3).
Geht es um die Frage, ob der bei einer Veräusserung eines Gegenstands
bzw. Rechts erzielte Kapitalgewinn steuerfrei sei, ist hierfür grundsätzlich der Steuer-
pflichtige beweisbelastet. Denn nach der Generalklausel von § 16 Abs. 1 StG bzw.
Art. 16 Abs. 1 DBG sind alle Einkünfte steuerbar und stellt die Steuerfreiheit von Kapi-
talgewinnen auf beweglichem Privatvermögen gemäss § 16 Abs. 3 StG bzw. Art. 16
Abs. 3 DBG eine Ausnahme davon dar, welche die Steuerschuld mindert. Behauptet
jedoch die Steuerbehörde in diesem Zusammenhang, ein Kapitalgewinn sei nicht steu-
erfrei, weil der Steuerpflichtige eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausübe und der
Kapitalgewinn auf einem zu dessen Geschäftsvermögen gehörenden Aktivum erzielt
worden sei, so ist für das Vorliegen der selbstständigen Erwerbstätigkeit und die Zuge-
hörigkeit des fraglichen Aktivums zum Geschäftsvermögen die Steuerbehörde beweis-
belastet. Denn dem Steuerpflichtigen kann für die negative Tatsache, dass keine sol-
che Tätigkeit vorliegt und das Aktivum, mit dem der Kapitalgewinn erzielt worden ist,
nicht dem Geschäftsvermögen angehört, nicht der (Haupt-)Beweis auferlegt werden.
Indessen obliegt dem Steuerpflichtigen der Gegenbeweis dafür, dass er (ausschliess-
lich) unselbstständig bzw. überhaupt nicht erwerbstätig und das Aktivum somit dem
Privatvermögen zuzuordnen ist.
Von der (objektiven) Beweislastverteilung zu unterscheiden ist der Untersu-
chungs- und Mitwirkungsgrundsatz. Danach ist es die Pflicht (und das Recht) der
Steuerbehörde, den für den Einschätzungsentscheid rechtserheblichen Sachverhalt
von Amts wegen abzuklären und ihm nur solche Tatsachen zugrunde zu legen, von
deren Vorhandensein sie sich selber überzeugt hat (RB 1987 Nr. 35, BGE 92 I 253 und
Martin Zweifel, Die Sachverhaltsermittlung im Steuerveranlagungsverfahren, 1989,
S. 11). Damit die Steuerbehörde ihrer Untersuchungspflicht nachkommen kann, ist der
Steuerpflichtige kraft der ihm obliegenden Verfahrenspflichten allerdings gehalten (und
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1 ST.2009.175 1 DB.2009.95
berechtigt), an der Untersuchung mitzuwirken (BGr, 20. Dezember 1991 = StE 1993
B 93.3 Nr. 4).
3. a) Von den streitigen 186 Namenaktien der C hat der Pflichtige deren 122
bei der Gesellschaftsgründung im Dezember 2002 erworben. Gemäss seinen Angaben
zeichnete er davon jedoch einen Teil treuhänderisch für F, weil dieser bei der Grün-
dung nicht habe in Erscheinung treten wollen, sodass auf ihn effektiv nur 102 Aktien
entfielen. Im Jahr 2003 hat er dann vom Mitaktionär G 6% des Aktienkapitals über-
nommen, entsprechend 12 Aktien, weshalb er nunmehr auf 114 Titel kam. Anlässlich
einer Kapitalerhöhung im August 2003 vermehrte sich diese Zahl auf die streitbetroffe-
nen 186 Stück. Soll der Erwerb dieser Aktien im Rahmen einer selbstständigen Er-
werbstätigkeit erfolgt sein, muss der Pflichtige eine solche Tätigkeit überhaupt ausge-
übt haben. Ob dem so war, ist nachfolgend zu prüfen:
b) aa) Der Pflichtige hat schon am 8. August 2001 mit G einen Vertrag über
den Aufbau eines Geschäfts geschlossen, um die von Letzterem entwickelten Maschi-
nen und Verfahren im Medizinalbereich kommerziell zu verwerten. In Ziff. 2 dieses Ver-
trags wurde festgehalten, dass der Wert der bisherigen Arbeit des Pflichtigen für Auf-
bau, Kommerzialisierung etc. Fr. 150'000.- betrage und er diesen Wert zusammen mit
liquiden Mitteln von Fr. 200'000.-, total also Fr. 350'000.-, in eine noch zu gründende
Gesellschaft einbringe. Damit ist aber ohne weiteres davon auszugehen, dass er diese
Arbeiten als selbstständig Erwerbender erbracht hat: Zwar hat er sie möglicherweise in
Zusammenarbeit mit G geleistet und demnach mit diesem eine einfache Gesellschaft
gebildet, jedoch stellt auch die Tätigkeit des einfachen Gesellschafters eine selbststän-
dige Erwerbstätigkeit im Sinn von § 18 Abs. 1 StG bzw. Art. 18 Abs. 1 DBG dar (Rich-
ner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 18 N 51 und Richner/Frei/Kaufmann, Handkommentar
zum DBG, 2003, Art. 18 N 16). Zudem behauptet der Pflichtige nicht und sind auch
keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass er die fraglichen Arbeiten in einem Ange-
stelltenverhältnis z.B. mit der von ihm beherrschten und in einer andern Branche täti-
gen B erbracht hat. Übrig bleibt damit nur, dass er die vor der beabsichtigten Gründung
einer Gesellschaft verrichteten Arbeiten als selbstständig Erwerbender geleistet hat.
bb) Bis zur Gründung der C am 18. Dezember 2002 und darüber hinaus hat
der Pflichtige diese Arbeiten weitergeführt. Dies ergibt sich aus der Vereinbarung vom
10. Dezember 2002, mit welcher der bisherige Vertrag mit G ersetzt und um die Part-
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1 ST.2009.175 1 DB.2009.95
ner H sowie F erweitert wurde. Gemäss Ziff. 4 dieser Vereinbarung sollten die von der
bisherigen Arbeitsgemeinschaft beschafften Informationen in die zu gründende C ein-
gebracht werden und wurden in Ziff. 7 Abs. 1 die vom Pflichtigen seit 24. August 2002
bis Ende Januar 2003 geleisteten Aufwendungen mit 989 Stunden à Fr. 140.-, entspre-
chend Fr. 138'460.-, angegeben. Weiter wurde in der gleichen Ziffer festgehalten, dass
diese Aufwendungen bereits durch das dem Pflichtigen zuerkannte Aktienpaket der C
von 51% abgegolten seien. Liquide Mittel – in der ursprünglichen Abmachung vom
8. August 2001 noch mit Fr. 200'000.- beziffert – hatte der Pflichtige im Ergebnis nicht
mehr aufzubringen, da das Aktienkapital von Fr. 200'000.- im Umfang von Fr. 100'000.-
durch den neu hinzugekommenen Aktionär H und in der Höhe der weitern Fr. 100'000.-
von den andern Aktionären zu leisten war (Ziff. 2 Abs. 2 der neuen Vereinbarung). Der
dabei auf den Pflichtigen entfallende Anteil wurde mit seiner Forderung aus bisher ge-
leisteten bzw. noch bis Ende Januar 2003 zu erbringenden Arbeiten von Fr. 138'460.-
verrechnet. Wurden die Arbeiten des Pflichtigen, welche er als selbstständig Erwer-
bender erbrachte, aber dergestalt mit Aktien der C abgegolten, liegt auf der Hand, dass
er sämtliche anlässlich der Gründung der Gesellschaft erhaltenen 102 Titel im Rahmen
der bisherigen selbstständigen Erwerbstätigkeit erworben hat.
Dabei spielt keine Rolle, ob es sich bei der Forderung des Pflichtigen für seine
Arbeiten von Fr. 138'460.- – aus taktischen Gründen gegenüber G – um eine "stark
überhöhte" handelte, damit er einen grösseren Anteil am Aktienkapital der C von 51%
erhalte (vgl. die entsprechenden Vorbringen im Rekurs bzw. in der Beschwerde). Denn
der massgebliche Umstand, dass diese Arbeiten letztlich eben mit der Zuteilung von
Aktien der C abgegolten und die entsprechenden Aktien somit im Rahmen der selbst-
ständigen Erwerbstätigkeit erworben wurden, bleibt davon unberührt. Es reicht für die
Beantwortung der vorliegend interessierenden Frage, dass die Mitaktionäre mit dieser
Abgeltung der Arbeiten aus selbstständiger Erwerbstätigkeit einverstanden waren und
der Pflichtige so in den Besitz der streitigen Aktien gekommen ist.
Aus dem nämlichen Grund nicht entscheidend ist sodann entgegen der Auf-
fassung des Pflichtigen im Rekurs bzw. in der Beschwerde (je S. 4) weiter, dass es
sich bei seinen Arbeiten nicht um Leistungen für die eigentliche Produkteentwicklung
handelte, sondern um die "üblichen Vorleistungen" bei Gründung einer Gesellschaft
bzw. um die Überprüfung der Chancen für die Realisierung des mit der C verfolgten
Projekts. Denn diese Leistungen waren unabhängig von ihrer Art offenbar derart wert-
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1 ST.2009.175 1 DB.2009.95
haltig, dass sie von den Mitaktionären als Äquivalent für die zugeteilten Aktien betrach-
tet und vom Pflichtigen als selbstständig Erwerbender erbracht wurden.
cc) Nach Gründung der C am 18. Dezember 2002 übte der Pflichtige die
selbstständige Erwerbstätigkeit zumindest bis Ende Januar 2003 weiter aus, entspre-
chend dem zeitlichen Umfang der mit der Aktienzuteilung schon abgegoltenen Arbei-
ten. Aber auch danach muss er seine Arbeiten weiter geführt haben, ist doch in Ziff. 7
Abs. 2 der Vereinbarung vom 10. Dezember 2002 von "reinen" Arbeitsleistungen des
Pflichtigen die Rede, die ab 1. März 2003 durch monatliche Abtretungen von 1% des
gesamten Aktienkapitals seitens G abzugelten waren, und zwar bis Ende August 2003
(insgesamt somit 6%, entsprechend 12 Aktien). Rechnungen von Dritten für Dienstleis-
tungen der C waren in diesen Arbeiten nicht eingeschlossen.
Dass er diese Arbeiten als Angestellter der C verrichtet hat, behauptet der
Pflichtige selber nicht, hält er dem in Rekurs und Beschwerde doch lediglich entgegen,
es sei in der Vereinbarung nicht angegeben worden, um welche weiteren Arbeiten es
sich handle. Tatsächlich sei es nur um die Anpassung des Werts des von G einge-
brachten Know How an den Wert der Patente gegangen. Indessen ist er hierfür jegli-
chen Beweis schuldig geblieben, ganz abgesehen davon, dass sein Einwand in der
Vereinbarung keine Stütze findet. Im Übrigen behauptet er damit lediglich, er habe gar
keine Arbeiten als Gegenleistung erbracht, sodass die Aktienübernahme von G noch
der Gründungsphase zuzurechnen wäre, in der er nach dem Gesagten nur selbststän-
dig erwerbend tätig sein konnte.
Hat der Pflichtige damit seine Arbeiten der selbstständigen Erwerbstätigkeit im
Jahr 2003 weitergeführt und sind diese Arbeiten wiederum mit Aktien der C abgegolten
worden, gelten auch diese 12 Titel als im Rahmen dieser Tätigkeit erworben.
dd) Am 21. August 2003 erfolgte eine Erhöhung des Aktienkapitals der C von
Fr. 200'000.- auf Fr. 300'000.-, wobei der Pflichtige durch Ausübung von Bezugsrech-
ten zusätzlich 72 Aktien erwerben konnte, sodass er nun Eigentümer von 186 Titel war.
Weil die Bezugsrechte auf der bisherigen Zugehörigkeit zum Aktionariat gründeten,
gelten auch die durch diese Bezugsrechte erworbenen Aktien als Frucht der bisherigen
selbstständigen Erwerbstätigkeit und fielen - wie die früher erworbenen - zwingend ins
Geschäftsvermögen des Pflichtigen.
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1 ST.2009.175 1 DB.2009.95
b) aa) Am 18. Januar 2005 hat der Pflichtige seine Einzelfirma D ins Handels-
register eingetragen. Gemäss Abschluss 2005 erzielte er damit einen Umsatz von
Fr. 175'376.35 sowie einen Gewinn von Fr. 61'179.93. Bis auf zwei kleinere Beträge
von zusammen Fr. 2'829.50 generierte er den Umsatz ausschliesslich mit Arbeiten für
die C (Konto 3000 des Abschlusses 2005). Zu prüfen ist, welche Folge dieser Umstand
für die Frage der Zuordnung der Aktien der C zum Privat- oder Geschäftsvermögen
des Pflichtigen zeitigt:
bb) Bei Wertschriften bzw. Aktien handelt es sich um Alternativgüter, die so-
wohl dem Geschäft wie auch privaten Zwecken dienen können. Nach ständiger Recht-
sprechung ist die Zuteilung eines alternativen Wirtschaftguts nach objektiven Gesichts-
punkten unter Würdigung der Gesamtheit der Umstände und der tatsächlichen
Verhältnisse des Einzellfalls vorzunehmen. Dabei kommt der Mittelherkunft für die An-
schaffung und der buchmässigen Behandlung des betreffenden Aktivums geringeres
Gewicht zu als seiner Zweckbestimmung im Betrieb, d.h. der technisch-wirtschaftlichen
Funktion (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 18 N 80 sowie Richner/Frei/Kaufmann,
Art. 18 N 73 je mit Hinweisen). Gemäss Bundesgericht gehören Aktien dann zum Ge-
schäftsvermögen des Steuerpflichtigen, wenn eine enge wirtschaftliche Beziehung zwi-
schen der Beteiligung an der Aktiengesellschaft und dem Geschäft des Steuerpflichti-
gen besteht. Letzteres ist dann anzunehmen, wenn der Geschäftsinhaber eine
massgebliche Beteiligung an der Aktiengesellschaft besitzt, die dem gleichen Erwerbs-
zweig angehört wie sein eigenes Unternehmen und auch die Gesellschaft unter seiner
persönlichen Führung betrieben wird. Insbesondere massgebend ist auch, ob die Per-
sonenunternehmung als Hauptbetrieb zu qualifizieren ist und die Kapitalgesellschaft
somit von dieser wirtschaftlich abhängt. Führt hingegen die Kapitalgesellschaft den
Hauptbetrieb, während der Personenunternehmung lediglich eine untergeordnete Be-
deutung zukommt, gelten die Anteile der Kapitalgesellschaft als Privatvermögen (vgl.
Fabian Amschwand, Geschäftsvermögen oder Privatvermögen? Eine Übersicht, StR
2000, S. 487, mit Verweisen auf BGr, 3. September 1999 = NStP 1999, 145 und BGr,
24. November 1978 = ASA 49, 72). In diesem Sinn hat auch das Verwaltungsgericht in
einem Fall auf Geschäftsvermögen geschlossen, in welchem ein hauptberuflich im
Biervertrieb tätiger Einzelkaufmann die Mehrheitsbeteiligung an der von ihm gegründe-
ten und seiner Einzelfirma dienlichen Biervertriebs AG mit Gewinn verkauft hatte (VGr,
19. Dezember 1996 = ZStP 1997, 193 ff.); umgekehrt hat das gleiche Gericht konse-
quenterweise die Mehrheitsbeteiligung an einem Bau- und Immobilienunternehmen
nicht als Geschäftsvermögen eines selbstständig erwerbenden Architekten betrachtet,
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weil die wirtschaftlich-technische Verknüpfung der beiden Geschäftsbereiche nicht hin-
reichend erstellt war (VGr, 14. Juli 1999 = StE 1999 B 23.45.2 Nr. 1). Mit Urteil vom
22. April 2005 ist das Bundesgericht sodann aber noch einen Schritt weiter gegangen
und hat das Vorliegen einer Mehrheitsbeteiligung für die Zuteilung zum Geschäftsver-
mögen nicht mehr als erforderlich betrachtet, sondern auch die Zuordnung einer Min-
derheitsbeteiligung zu diesem Vermögen als massgebend erklärt (so auch VGr,
19. November 2008, SB.2007.00089, www.vgrzh.ch). Darüber hinaus hat das oberste
Gericht in diesem Entscheid die für die Annahme von Geschäftsvermögen erforderliche
enge wirtschaftliche Beziehung zwischen der Beteiligung an der Kapitalgesellschaft
und dem Steuerpflichtigen in der Weise verallgemeinernd definiert, dass eine solche
Beziehung letztlich schon als gegeben erscheint, wenn der Steuerpflichtige die Beteili-
gung konkret dazu einsetzt, um das Geschäftsergebnis seines eigenen Unternehmens
bzw. dessen Gewinnchancen zu verbessern (StE 2006 B 23.2 Nr. 31).
cc) Der Pflichtige hat mit 62% der Namenaktien der C (= 186 Aktien von ins-
gesamt 300 Aktien) eine Mehrheitsbeteiligung veräussert, sodass deren Zuteilung zum
Geschäftsvermögen auch schon nach der älteren Rechtsprechung des Bundesgerichts
gegeben ist. Zusätzliche Voraussetzung bildet indessen, dass der Pflichtige diese Be-
teiligung vorwiegend für seine Tätigkeit als selbstständig Erwerbender erworben und
sie ihm in der Folge in diesem Zusammenhang auch tatsächlich gedient hat.
Dass der Erwerb der 186 Aktien der C beim Pflichtigen die Frucht seiner
selbstständigen Erwerbstätigkeit vor und nach Gründung der C in den Jahren 2001 -
2003 darstellt, wurde bereits dargelegt, ebenso die Erkenntnis, dass der Grund hierfür
in der Abgeltung der für die Gründung und Beratung der C erbrachten Arbeiten mit
diesen Aktien zu suchen ist.
Mit der im Handelsregister eingetragenen Einzelfirma D hat der Pflichtige
sodann im Jahr 2005 für die C weitere Beratungsleistungen erbracht und hierfür
Fr. 172'600.- an Honoraren vereinnahmt. Bei wenig mehr Honorareinnahmen von total
Fr. 175'429.50 machen diese Einkünfte daher rund 98% aus. Damit sind dem Pflichti-
gen fast alle Einnahmen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit aus dem Mandat von der
C zugeflossen. Demnach ist offenkundig, dass ihm die Beteiligung an dieser Gesell-
schaft – in der Terminologie des Bundesgerichts – dazu gedient hat, das Geschäftser-
gebnis seiner eigenen Beratungstätigkeit zu verbessern. Es rechtfertigt sich demnach
auch von daher, bei der Beteiligung von Geschäftsvermögen auszugehen, ist damit
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1 ST.2009.175 1 DB.2009.95
doch die erforderliche enge wirtschaftliche Beziehung zwischen ihr und dem Geschäft
des Pflichtigen (Einzelfirma) erstellt.
Nicht massgebend ist nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichts,
ob und inwiefern die Einzelfirma des Pflichtigen als Hauptbetrieb und die C als Neben-
betrieb zu qualifizieren ist, sowie ob beide Unternehmen in der nämlichen Branche tätig
waren, da diese Umstände gemäss der neueren Praxis des obersten Gerichts keine
Kriterien für die Zuordnung der Beteiligung mehr bilden. Vielmehr genügt, dass der
Pflichtige die Beteiligung dazu eingesetzt hat, um das Geschäftsergebnis seines eige-
nen Geschäfts zu verbessern, was hier ohne Zweifel der Fall ist. Auf die vom Pflichti-
gen in der Einsprache aufgrund der Anmerkungen des Steuerkommissärs in den Ein-
schätzungsentscheiden diesbezüglich erhobenen Einwendungen ist daher – weil
unerheblich – nicht weiter einzugehen.
Schliesslich ist an sich ebenfalls nicht entscheidend, dass ein Teil der 2005
verbuchten Honorare der C im Umfang von Fr. 59'500.- schon im Vorjahr zugeflossen
sind, wie der Pflichtige am 17. März 2008 in Beantwortung der Auflage des Steuer-
kommissärs und erneut in Rekurs bzw. Beschwerde geltend machen liess. Immerhin
legt er damit aber offen, dass er seine selbstständige Erwerbstätigkeit in den Gründer-
jahren der C auch im Jahr 2004 nahtlos fortgesetzt und sie zumindest bis zur Veräus-
serung der Gesellschaft am 21. Oktober 2005 weitergeführt hat.
c) Zusammenfassend ergibt sich damit, dass der Pflichtige die Beteiligung an
der C im Rahmen seiner selbstständigen Erwerbstätigkeit anlässlich der Gesell-
schaftsgründung erworben und sie ihm in der Folge in der Einzelfirma auch tatsächlich
gedient hat. Der anlässlich des Verkaufs dieser Beteiligung erzielte Kapitalgewinn ist
damit als Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit des Pflichtigen zu qualifizie-
ren.
d) Im Quantitativen ist der erzielte Gewinn von Fr. 1'014'475.- nicht streitig und
ergibt sich aus dem Verkaufserlös von € 775'000.- bzw. umgerechnet (zum Kurs von
1.549) Fr. 1'200'475.- abzüglich des aufgebrachten Aktienkapitals von Fr. 186'000.-.
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4. Diese Erwägungen führen zur Abweisung der Rechtsmittel. Ausgangsge-
mäss sind die Kosten des Verfahrens dem Pflichtigen aufzuerlegen (§ 151 Abs. 1 StG,
Art. 144 Abs. 1 DBG). | Public | Tax | de | 2,009 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
a09b2841-9cee-4630-8da2-1a537dc1477c | hat sich ergeben:
A. 1. A, verheiratet mit B (der bzw. die Pflichtige, zusammen die Pflichtigen),
war massgeblich beteiligter Aktionär (gemäss Bundesgericht) und bis am ... 1998 Prä-
sident des Verwaltungsrats und Geschäftsführer der C in D (später E bzw. E in Liquida-
tion; nachfolgend kurz: E), mit Einzelunterschriftsberechtigung. Am ... 1998 hat der
Konkursrichter über diese den Konkurs eröffnet und schon kurz danach, am ... 1998,
hat er das Konkursverfahren mangels Aktiven eingestellt. Am ... 1999 wurde die Ge-
sellschaft gelöscht.
Die E war zur Durchführung der beruflichen Vorsorge für ihre Mitarbeiter bei
einer BVG-Sammelstiftung (nachfolgend: Vorsorgeeinrichtung) angeschlossen. Sie
hatte diesbezüglich grosse Zahlungsausstände, weshalb sie mit der Vorsorgeeinrich-
tung im Sommer 1997 einen Tilgungsplan zur Abzahlung der Ausstände vereinbarte.
Gleichzeitig verlangte diese Gläubigerin Sicherheiten. Zu diesem Zweck unterzeichne-
te der Pflichtige am 27. Juni 1997 einen öffentlich beurkundeten Vertrag, in welchem er
sich gegenüber der Vorsorgeeinrichtung verpflichtete, als Solidarbürge bis zu einem
Höchstbetrag von Fr. 600'000.- für alle Forderungen zu haften, welche die Vorsorge-
einrichtung gegenüber der Schuldnerin E aus dem BVG-Sammelstiftungsvertrag be-
reits besass oder in Zukunft erlangen werde. Weil die E ihren Verpflichtungen gemäss
Tilgungsplan nicht nachgekommen war, kündigte die Vorsorgeeinrichtung den An-
schlussvertrag per 31. Juli 1998. Im Januar 1999 forderte diese den Pflichtigen auf, ihr
den Betrag von Fr. 600'000.- aus dem Solidarbürgschaftsvertrag zu zahlen. Da sich
dieser ausserstande sah, seiner Verpflichtung binnen Frist nachzukommen, leitete die
Vorsorgeeinrichtung im Sommer 1999 gegen ihn die Betreibung ein. Im Verlauf des
sich daran anschliessenden Rechtsstreits verpflichtete sich der Pflichtige am 23. Juli
2002, der Vorsorgeeinrichtung per Saldo aller gegenseitigen Ansprüche Fr. 600'000.-
zu bezahlen, und zwar wie folgt:
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sofort bei Vertragsunterzeichnung Fr. 70'000.-
per 31.12.2002 Fr. 30'000.-
per 01.02.2004 Fr. 330'000.-
per 01.02.2005 Fr. 60'000.-
per 01.02.2006 Fr. 60'000.-
per 01.02.2007 Fr. 50'000.-.
Gestützt auf diese Vereinbarung konnte der seit 1999 am Bezirksgericht Zü-
rich hängige Aberkennungsprozess im Sommer 2002 mit Vergleich abgeschlossen
werden. Die Vorsorgeeinrichtung hat am 30. Januar 2006 bestätigt, dass der Pflichtige
seinen Verpflichtungen aus der Vereinbarung vom 23. Juli 2002 bis dahin zeitgerecht
und vollumfänglich nachgekommen sei.
2. Am 25. November 2003 reichten die Pflichtigen die Steuererklärung 2002
ein, wobei sie F in G, als ihren Vertreter in Steuerangelegenheiten bezeichneten. Im
Verlauf des Einschätzungsverfahrens 2002 machten sie erstmals die Leistung von
Fr. 100'000.- aus der Bürgschaftsverpflichtung als einkommensmindernden Aufwand
geltend. In den entsprechenden Eingaben sowie anlässlich von Unterredungen mit
dem Steuerkommissär trat jeweils F in Erscheinung . Im hier interessierenden Zusam-
menhang liess der Vertreter am 17. März 2006 verlauten, der Pflichtige erachte die für
die E "geleisteten Zahlungen als so eng mit seinen aus der Geschäftstätigkeit als Ver-
waltungsrat fliessenden Pflichten verbunden, dass er die fiskalische Zuweisung des
Vorganges in den Privatbereich ablehnt". In der Folge liess das Steueramt die auf-
grund der Solidarbürgschaft entrichtete Zahlung von Fr. 100'000.- nicht zum Abzug zu.
Am 22. März 2006 schätzte es die Pflichtigen für die Staats- und Gemeindesteuern
2002 mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 173'800.- (Kt. Zürich und gesamt)
sowie einem steuerbaren Vermögen von Fr. 0.- ein. Gleichzeitig zeigte es für die Bun-
dessteuerperiode 2002 ein steuerbares Einkommen von Fr. 175'300.- an. Die formelle
Eröffnung dieser Veranlagung erfolgte mit Steuerrechnung vom 8. Mai 2006. Diese
Verfügungen waren an F gerichtet.
B. Gegen diese beiden Verfügungen erhoben die Pflichtigen am 10. April 2006
bzw. am 5./6. Juli 2006 Einsprache. Dabei führten sie namentlich aus, die "Haftungs-
partnerschaft mit meiner Gesellschaft (sc. E) ist dem geschäftlichen Bereich zuzuord-
nen und kann steuerlich nicht unbeachtlich bleiben". Das Argument, die Beteiligung an
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der E habe zum Privatvermögen gehört, weshalb die besagte Leistung nicht abzugsfä-
hig sei, werde den tatsächlichen und rechtlichen Besonderheiten bezüglich der Leis-
tungsabreden nicht gerecht. Der Pflichtige sei die Verpflichtung gegenüber der Vorsor-
geeinrichtung zugunsten der E in Ausübung des Mandats als deren Verwaltungsrat
eingegangen.
Das kantonale Steueramt wies die Einsprachen am 16. Oktober 2007 mit
getrennten Entscheiden ab.
C. Am 16. Januar 2008 wies die Steuerrekurskommission II, hernach am
25. Juni 2008 das Verwaltungsgericht die dagegen gerichteten Rekurse und Be-
schwerden der Pflichtigen ab. Dabei hielten die Gerichte im Wesentlichen fest, die Be-
teiligung E habe kein Geschäftsvermögen gebildet; daher könne die zugunsten dieser
Gesellschaft eingegangene Solidarbürgschaft von vornherein keine geschäftlich be-
dingte Schuld sein und sei ein geschäftsmässig begründeter Aufwand mithin ausge-
schlossen. Die Bürgschaft des Pflichtigen habe nicht dazu gedient, einen allfälligen
späteren Haftungsanspruch aufgrund seiner Tätigkeit als Verwaltungsrat erst gar nicht
aufkommen zu lassen bzw. zu vereiteln. Daher falle ein Abzug der "Solidarleistung" als
Berufsauslage ausser Betracht (StRK II, ST.2007.382/DB.2007.223, 16. Januar 2008).
Der Einwand, er habe als Verwaltungsrat gehandelt, scheitere namentlich daran, dass
es an einer hinreichenden Substanziierung der Hintergründe der persönlichen
Leistungsverpflichtung fehle; dies gelte insbesondere hinsichtlich der Begründung der
Leistung aus einer (aktienrechtlichen) Verantwortlichkeit als Verwaltungsrat heraus.
Daher bleibe "völlig im Dunkeln", ob ihn überhaupt ein Verschulden getroffen hätte und
ob ihm bloss ein fahrlässiges oder allenfalls ein – den Abzug ausschliessendes –
grobfahrlässiges Verhalten hätte vorgeworfen werden können (VGr, SB.2008.00011,
25. Juni 2008).
D. Hingegen war den dagegen erhobenen Beschwerden der Pflichtigen in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 26. Juli 2008 (2C_566/2008) Erfolg be-
schieden. Das Bundesgericht hat die Rechtsmittel am 16. Dezember 2008 gutgeheis-
sen, die vorinstanzlichen Urteile aufgehoben und "die Sachen ... zur zusätzlichen
Sachverhaltsfeststellung im Sinne der Erwägungen sowie zur Neuveranlagung an das
Kantonale Steueramt" zurückgewiesen. Dabei hielt es im Wesentlichen fest: Die Ver-
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2 ST.2010.102 2 DB.2010.80
anlagungsbehörde werde aus besonderem Grund nicht umhin kommen, ihre Untersu-
chungspflicht wahrzunehmen und aufgrund einer vollständigen Feststellung des rele-
vanten Sachverhalts die Rechtsfrage zu beantworten, ob die in "Art. 26 Abs. 1 lit. c
DBG" genannten Voraussetzungen für die Annahme von abzugsfähigen Gewinnungs-
kosten gegeben seien. Massgeblich sei eine ganzheitliche Betrachtung; dabei werde
namentlich die bundesgerichtliche Rechtsprechung zur Abzugsfähigkeit einer Zahlung
infolge Solidarbürgschaft zu beachten sein.
E. Das kantonale Steueramt hat in der Folge am 10. Juni 2009 die Untersu-
chung im zweiten Rechtsgang wieder aufgenommen und die Pflichtigen (nun direkt und
nicht mehr über den Vertreter) angehalten, Auskunft über die genaue Bezifferung und
den genauen Hintergrund der Entstehung der Forderung der Vorsorgeeinrichtung zu
erteilen, welcher letztlich der Solidarbürgschaft des Pflichtigen zugrunde gelegen habe.
Sodann werde Klarheit verlangt über die entsprechenden Ausstände und die Gründe,
weshalb deren (vollständige) Begleichung ausgeblieben sei. Schliesslich sei darzutun,
dass und inwiefern der Pflichtige seinen Pflichten als Verwaltungsrat der E im Zusam-
menhang mit den Forderungen der Vorsorgeeinrichtung nachgekommen sei. Und
schliesslich seien die Hintergründe und die Notwendigkeit der Begründung einer Soli-
darbürgschaft durch den Verwaltungsrat bekanntzugeben. Weil die hierauf eingereich-
ten Unterlagen und abgegebenen Erklärungen aus Sicht des Steuerkommissärs nicht
genügten, griff er mit Auflage vom 3. August 2009 nach. Er verlangte von den Pflichti-
gen u.a. weitere detaillierte Angaben zu den Hintergründen der Solidarbürgschaft. Es
sei genau auszuführen, wie die Bürgschaftsverpflichtung zustande gekommen und
dass der Pflichtige als Verwaltungsrat verpflichtet gewesen sei, diese Bürgschaft ein-
zugehen. Sodann sei darzutun, ob und wie dieser seinen Pflichten als Verwaltungsrat
im Zusammenhang mit der Forderungen der Vorsorgeeinrichtung nachgekommen sei.
Hierauf reichten die Pflichtigen weitere Unterlagen samt Erklärungen ein. Weil der
Steuerkommissär die Auflage damit nach wie vor als nicht vollständig erfüllt erachtete,
erliess er am 9. September 2009 eine entsprechende Mahnung. In der Folge liessen
die Pflichtigen dem Steueramt am 17. September 2009 eine mehrseitige handschriftli-
che Erklärung zukommen. Mit Entscheid vom 3. November 2009 erneuerte das kanto-
nale Steueramt für die Staats- und Gemeindesteuern, Steuerperiode 2002, die ur-
sprüngliche Einschätzung vom 22. März 2006. Dabei führte es aus, weshalb der
beanspruchte Abzug bezüglich der Zahlung im Zusammenhang mit der Solidarbürg-
schaft nicht zu gewähren sei. In gleicher Weise ging das Amt bezüglich der Bundes-
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steuerveranlagung 2002 mit Hinweis vom nämlichen Datum und Verfügung vom
19. November 2009 vor.
F. Hiergegen erhob F am 16. November bzw. 2. Dezember 2009 Einsprache.
Die Begründung lieferten die Pflichtigen, welche (wie bereits früher angezeigt) bis am
17. Dezember 2009 im Ausland weilten, am 6./12. Januar 2010 nach. Damit beantrag-
ten sie, die Zahlungen aus der Solidarbürgschaftsverpflichtung zum Abzug von den
steuerbaren Einkünften zuzulassen.
Mit separaten Entscheiden vom 24. Februar 2010 hat das kantonale Steuer-
amt die Einsprachen abgewiesen.
G. 1. Mit getrennten Eingaben vom 18./23. März 2010 haben die Pflichtigen
dagegen Rekurs bzw. Beschwerde erhoben, unter Erneuerung der Einspracheanträge.
Mit Rekurs-/Beschwerdeantwort vom 23. April 2010 schloss das kantonale
Steueramt auf Abweisung der Rechtsmittel. Die dazu eingeladene Eidg. Steuerverwal-
tung verzichtete auf eine Vernehmlassung.
2. Am 5. Mai 2010 lud die Rekurskommission II das Bezirksgericht Zürich
(BGZ) ein, ihr die Akten des den Pflichtigen betreffenden Aberkennungsprozesses
auszuhändigen. Das BGZ kam dieser Aufforderung am 7. Mai 2010 nach.
3. Mit Verfügung vom 26. Mai 2010 forderte die Rekurskommission II die
Pflichtigen auf, verschiedene Auskünfte zu erteilen und Unterlagen einzureichen. So
wurde namentlich nach dem genauen Umfang ihrer Beteiligung an der E (C), der ...
und der ... per Jahresende 1995 - 1998 gefragt. Sodann waren die genauen Funktio-
nen des Pflichtigen in diesen Gesellschaften sowie die Entlöhnung bekanntzugeben,
unter Vorlage der entsprechenden Arbeitsverträge.
Mit Eingabe vom 25. Juni 2010 kamen die Pflichtigen dieser Aufforderung
nach.
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4. Auf das Ergebnis der tatsächlichen Feststellungen, die Begründung der
angefochtenen Entscheide und die Vorbringen der Parteien ist, soweit rechtserheblich,
in den nachfolgenden Erwägungen näher einzugehen. | Die Rekurskommission zieht in Erwägung:
1. a) Das Bundesgericht hat die Sache mit Urteil vom 16. Dezember 2008
(StE 2009 B 22.3 Nr. 99) zur weiteren Untersuchung an das kantonale Steueramt zu-
rückgewiesen. In seiner Begründung hat es die vorinstanzlichen Erwägungen insoweit
geschützt, als es die Rechtsauffassung für vertretbar hielt, wonach den Steuerpflichti-
gen spätestens im Rekursverfahren eine erhöhte Substanziierungspflicht trifft, sodass
die Untersuchungspflicht der Behörden entsprechend eingeschränkt wird. Mithin seien
steuermindernde Tatsachen spätestens im Rekursverfahren rechtsgenüglich darzutun
und nachzuweisen. Doch könne dies nur für den Normalfall zutreffen, wo die Verhält-
nisse überschaubar seien und der Nachweis für die Abzugsberechtigung mit sachdien-
lichen Beweismitteln problemlos zu erbringen sei. Anders verhalte es sich indes dort,
wo es "um komplexe rechtliche (oder sachverhaltsbezogene) Fragen im Zusammen-
hang mit steuermindernden Tatsachen geht". Bei solcher Konstellation entgehe es ei-
nem "nicht rechtskundigen Pflichtigen" vielfach, was dem Nachweis derartiger Tatsa-
chen diene. Darum dürfe ihm nicht die alleinige Verantwortung für die Beschaffung von
Entlastungsmaterial überbunden werden. Vielmehr obliege es der Steuerbehörde bzw.
der Rekurskommission, einem – wie hier – mitwirkungswilligen Steuerpflichtigen aufzu-
zeigen, welche Unterlagen zur Sachverhaltserstellung noch erforderlich seien. Im vor-
liegenden Fall hätten die Pflichtigen drei für die Beurteilung des Sachverhalts wesentli-
che Dokumente (Solidarbürgschaftsvertrag, Vergleich, Auszahlungsbeleg) spätestens
im Einspracheverfahren vorgelegt. Eine Aufforderung zur Vorlage weiterer Beweismit-
tel, um das Zustandekommen der Solidarbürgschaft offenzulegen, sei indes unterblie-
ben. Das aber hätte hier geschehen müssen. Unter solchen Umständen liege eine Ver-
letzung der Untersuchungspflicht vor. Unter Berücksichtigung der massgeblichen
bundesgerichtlichen Rechtsprechung sei aufgrund der nachzuholenden Untersuchung
des erheblichen Sachverhalts zu prüfen, ob die "Anwendungsvoraussetzungen von
Art. 26 Abs. 1 lit. c DBG" erfüllt seien.
b) Dazu drängen sich zwei Bemerkungen auf:
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aa) Zum einen haben die Pflichtigen in der Steuererklärung 2002 F, einen
ausgewiesenen Steuerfachmann, als ihren Steuervertreter bezeichnet. Sodann waren
die schriftlichen Auflagen und Verfügungen im ursprünglichen Einschätzungsverfahren
an ihn gerichtet. Aufgrund der Akten ist erstellt, dass die Pflichtigen stets durch ihn
vertreten waren oder dieser sie wenigstens unterstützt hat. In den Einspracheschriften
ebenso wie in der Rekurs- und Beschwerdeeingabe erschien der Vertreter zwar nicht
(mehr). Indes ist aus der Argumentation und der Wortwahl unschwer zu schliessen,
dass die Pflichtigen diese Eingaben nicht eigenständig entworfen haben. Ein Indiz da-
für mag auch sein, dass zwischen Abfassungs- und Einreichungsdatum mitunter meh-
rere Tage lagen, so z.B. bei der Rekurs-/Beschwerdeeingabe im ersten Rechtsgang
(6. November/13. November 2007; 2 ST 2007.382). Sodann ist die entsprechende
Postaufgabe in G, dem Wohn- und Geschäftsort von F, und nicht etwa am Domizil der
Pflichtigen in D erfolgt (ebenso die Einsprache vom 5./6. Juli 2006). Auch sind
Rechtsmitteleingaben in einem Couvert von F eingereicht worden.
Es trifft wohl zu, dass die Pflichtigen im Steuerrecht nicht bewandert sind.
Doch ist ihnen das Sachwissen ihres Vertreters und Beraters anzurechnen. In diesem
Licht lässt sich die Feststellung, sie seien als Laien zu betrachten, weshalb die Unter-
suchungspflicht der Steuerbehörde sowie der Rekurskommission im ersten Rechts-
gang umfassender gewesen sei und keine erhöhten Anforderungen an deren Substan-
ziierungspflicht hätten gestellt werden dürfen, kaum ernsthaft halten. Dies allein schon
darum, weil sie im Einschätzungs- und Veranlagungsverfahren offen durch eine
rechtskundige Person (F) vertreten waren und es deren Aufgabe gewesen wäre, die
sachdienlichen Angaben zu machen und die entsprechenden Unterlagen vorzulegen.
F, der im Übrigen auch als aktienrechtliche Revisionsstelle bei der E, der ... AG und
der ... AG geamtet hat bzw. amtet, ist von Beginn an als Vertreter in Erscheinung ge-
treten. Ein Mandatsentzug ist offenbar nie erfolgt und jedenfalls seitens der Pflichtigen
den Behörden gegenüber nie bekanntgemacht worden. An der Rechtslage ändert auch
der Umstand nichts, dass der Vertreter in den anschliessenden Verfahren (bis vor
Bundesgericht) nicht mehr offen in Erscheinung trat. Abgesehen davon, dass bei sol-
cher Lage der Dinge die Untersuchungspflicht der Steuerbehörden auch aus Sicht des
Bundesgerichts berechtigterweise eingeschränkt war, hiesse anders zu urteilen, jene
nicht fachkundigen Steuerpflichtigen besser zu stellen, welche sich lediglich im Hinter-
grund von Fachleuten beraten und dort ihre Eingaben verfassen lassen, als jene, bei
welchen das Vertretungsverhältnis offengelegt ist. Hätte das Bundesgericht die tat-
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sächlichen Verhältnisse bezüglich der steuerrechtlichen Fachkunde erkannt, so hätte
eine Rückweisung unterbleiben müssen, wie aus den Urteilserwägungen zwingend zu
schliessen ist. Bei solchen Verhältnissen hätte es nämlich am Vertreter, dem die
massgeblichen Rechtsfragen bekannt waren oder bekannt sein mussten, gelegen, sel-
ber für die Beschaffung der erforderlichen Beweisgrundlagen zu sorgen.
Gleichwohl war das kantonale Steueramt gehalten, die bundesgerichtliche
Anweisung zu befolgen. Denn das Bundesgericht könnte in einem allfälligen zweiten
Rechtsgang seinen ursprünglichen Entscheid nicht in Wiedererwägung ziehen, nach
freier richterlicher Überzeugung ein neues Urteil fällen und dabei seine früheren Erwä-
gungen ändern, falls es zu einer besseren Erkenntnis gelangt. Es ist nämlich im kon-
kreten Fall an seine ursprüngliche Rechtsauffassung ebenso gebunden wie die untere
Instanz, an welche die Rückweisung erfolgt (Ulrich Meyer, in: Basler Kommentar, Bun-
desgerichtsgesetz, 2008, Art. 107 N 18).
bb) Zum andern ist festzuhalten, dass die Pflichtigen – zu Recht – nicht mehr
geltend machen, die Solidarbürgschaft habe einen geschäftlichen Hintergrund, indem
die entsprechenden Zahlungen der Abtragung einer zum Geschäftsvermögen zählen-
den Schuld gedient hätten. Das Bundesgericht hat die Behörden einzig angehalten zu
prüfen, ob in Anbetracht des vollständig untersuchten Sachverhalts die Voraussetzun-
gen erfüllt seien, um Art. 26 Abs. 1 lit. c des Bundesgesetzes über die direkte Bundes-
steuer vom 14. Dezember 1990 (DBG) anzuwenden. Damit ist gesagt, dass ein Abzug
allein unter diesem Titel infrage kommen kann. Offen bleibt, ob diese Norm überhaupt
einzugreifen vermag.
2. a) Der direkten Bundessteuer als Einkommenssteuer natürlicher Personen
unterliegen alle wiederkehrenden und einmaligen Einkünfte mit Ausnahme der Kapital-
gewinne aus der Veräusserung von Privatvermögen (Art. 16 bis 23 DBG). Von den
gesamten steuerbaren Einkünften sind die Aufwendungen und die allgemeinen Abzüge
nach den Art. 26 bis 33 DBG absetzbar (Art. 25 DBG). Art. 26 Abs. 1 DBG lautet wie
folgt:
"Als Berufskosten werden abgezogen:
a) die notwendigen Kosten für Fahrten zwischen Wohn- und Arbeitsstätte;
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b) die notwendigen Mehrkosten für Verpflegung ausserhalb der Wohnstätte und
bei Schichtarbeit;
c) die übrigen für die Ausübung des Berufes erforderlichen Kosten;
d) die mit dem Beruf zusammenhängenden Weiterbildungs- und Umschulungs-
kosten."
Der Begriff der Berufskosten laut Art. 26 DBG umfasst nicht nur sog. finale Auf-
wendungen, die unmittelbar für die Erzielung des Einkommens getätigt werden und mit
ihr in einem direkten ursächlichen Zusammenhang stehen. Abzugsfähig sind unter
Umständen auch "kausale Kosten" (d.h. solche, die nicht zum Zwecke der Einkom-
menserzielung gemacht werden, sondern eine Folge der beruflichen Tätigkeit sind),
wenn sie direkt durch die berufliche Tätigkeit verursacht werden. Diesfalls geht es um
willensunabhängige Ausgaben infolge Eintritts eines mit der Erwerbstätigkeit verbun-
denen, nicht ohne Weiteres vermeidbaren Risikos (vgl. u .a. BGE 124 II 29 E. 3a S. 32;
ASA 67 480 E. 2c; 64 232 E. 2; StE 2002 B 23.45.2 Nr. 2 E. 3 .1). Diese Vorausset-
zungen können nicht nur bei Kausalhaftungen erfüllt sein, sondern unter Umständen
auch in Fällen der Verschuldenshaftung, z.B. bei der Organhaftung des Verwaltungs-
rats einer Aktiengesellschaft. Laut konstanter Rechtsprechung des Bundesgerichts
gelten als Berufsauslagen Kosten, deren Vermeidung dem Steuerpflichtigen vernünfti-
gerweise nicht zuzumuten ist (8. Januar 2010, 2C_466/2009).
Unter die übrigen erforderlichen Berufskosten im Sinn von Art. 26 Abs. 1 lit. c
DBG können gemäss der Praxis auch erwerbsbezogene Schadenersatzleistungen
fallen. Als genügend engen Zusammenhang zwischen dem Beruf und dem zu leisten-
den Schadenersatz verlangt die Praxis ein Betriebsrisiko, das derart eng mit der
Erwerbstätigkeit verbunden ist, dass es bei deren Ausübung in Kauf genommen wer-
den muss. Das Herbeiführen des ersatzpflichtigen Schadens bildet somit einen Teil
des Risikos, welches die Einkommenserzielung gewöhnlich mit sich bringt, und
erscheint als eine nicht ohne Weiteres vermeidbare Begleiterscheinung davon. In die-
sem Fall wird auch die für die Besteuerung massgebliche wirtschaftliche Leistungsfä-
higkeit des Steuerpflichtigen durch das betreffende Risiko begrenzt. Nicht abzugsfähig
sind hingegen Zahlungen, deren Ursache den Rahmen dessen sprengt, was noch als
mit der Ausübung der Erwerbstätigkeit üblicherweise verbundenes Risiko gelten kann,
z.B. wenn eine Verschuldenshaftung auf einem krassen und aussergewöhnlichen
Fehlverhalten beruht bzw. grobfahrlässig oder sogar absichtlich herbeigeführt worden
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ist (vgl. zum Ganzen ASA 64, 232 E. 3; StE 2002 B 23.45.2 Nr. 2 E. 3 und 2009 B 22.3
Nr. 99; ZStP 12, 80 E. 2).
Das Bundesgericht hat mit aller Deutlichkeit festgehalten, es liege nicht im Be-
lieben des Steuerpflichtigen, darüber zu befinden, ob die geltend gemachten Kosten
abzugsfähig seien; massgeblich sei einzig die gesetzliche Regelung (16. Dezember
2008, 2C_566/2008). Sodann genüge irgendein Zusammenhang zwischen Kosten und
Einkommenserzielung nicht; erforderlich sei vielmehr die vom Gesetz geforderte Inten-
sität des Konnexes. Gehe es um Schadenersatzleistungen, sei primär zu prüfen, ob
und inwiefern die Vermeidung einer solchen Zahlung (richtiger wohl die Verpflichtung
zu einer solchen Leistung) dem Berufstätigen zuzumuten sei. Damit direkt verbunden
sei die Frage, ob bzw. in welchem Umfang die Zahlung dessen üblichem Berufsrisiko
entspreche. Bezüglich der Beurteilung von Unüblichkeit bzw. Vermeidbarkeit einge-
gangner "Betriebsrisiken" (besser: Berufsrisiken) könne von Bedeutung sein, ob der
Verantwortliche, der nicht dafür gesorgt hat, dass der Arbeitgeber die gesetzlich vorge-
schriebenen Sozialversicherungsbeiträge zugunsten der Mitarbeitenden leistet, eine
allen zugemutete und üblicherweise auch vollumfänglich respektierte Pflicht nicht erfüllt
habe.
Die entsprechenden Bestimmungen des kantonale Rechts (§§ 25 und 26 Abs. 1
des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997; StG) lauten gleich und sind mit demselben
Inhalt gefüllt.
b) Der Pflichtige war massgeblich an der E beteiligt (der genaue Umfang der
Beteiligung ist auch nach durchgeführter Untersuchung unbekannt; Belege fehlen und
auch aus den Steuererklärungen lässt sich mangels genauer Deklaration nichts Ver-
lässliches ableiten) und bis zum 12. August 1998 deren Verwaltungsratspräsident mit
Einzelunterschrift. Mit öffentlich beurkundetem Vertrag hatte er sich am 27. Juni 1997
verpflichtet, der Vorsorgeeinrichtung als Solidarbürge im Höchstbetrag von
Fr. 600'000.- für sämtliche Forderungen zu haften, welche die Vorsorgeeinrichtung
gegenüber der E aus dem Sammelstiftungs-Vertrag Nr. ... bereits besitzt oder in Zu-
kunft erlangen wird. Streitig ist, ob der Pflichtige diese Verpflichtung in seiner Funktion
als Verwaltungsrat eingegangen ist. Unbestritten ist, dass die in der Folge der Aktivie-
rung der Bürgschaft zufolge Zahlungsunfähigkeit und Löschung der Schuldnerin (E)
ausgelösten Zahlungen des Pflichtigen (im Steuerjahr 2002 sind davon Fr. 100'000.-
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betroffen) höchstens dann als Berufsauslagen in Abzug gebracht werden können,
wenn diese Frage zu bejahen ist.
3. Nach durchgeführter erweiterter Untersuchung ergibt sich folgendes Bild:
a) Die sich aus drei Gesellschaften, nämlich der E, der ... AG und der ... beste-
hende Unternehmensgruppe des Pflichtigen (neben ihm sollen auch seine Ehefrau
sowie seine drei Töchter beteiligt gewesen sein) geriet ab 1994 in finanzielle Schwie-
rigkeiten, und zwar wegen der Immobilienkrise, des raueren Klimas im Kreditwesen
sowie der verschlechterten Zahlungsmoral der Kunden. Dadurch entstanden Liquidi-
tätsengpässe. Hauptkreditgeberin für diese Unternehmen, welche mehrere Liegen-
schaften hielten, war eine schweizerische Bank. Diese hat auch private Liegenschaften
des Pflichtigen und seiner drei Töchter hypotheziert. Laut Aussage des Pflichtigen hat
die Bank unterschiedslos ihn für alle Schulden in die Pflicht genommen. Daneben war
die Trägerin der Vorsorgeeinrichtung Kreditgeberin der E sowie des Pflichtigen privat,
indem sie Hypothekarkredite im ersten Rang gewährt hatte. Die E stand zudem mit der
Vorsorgeeinrichtung auch insofern in geschäftlicher Beziehung, als sie ihr Personal im
Rahmen der beruflichen Vorsorge bei der BVG-Sammelstiftung der Vorsorgeeinrich-
tung angeschlossen hatte. Seit Frühjahr 1998, als sich die zur Zahlung fälligen Aus-
stände an Zinsen und Amortisationsleistungen auf rund Fr. 2,3 Mio. (davon gegenüber
der Bank auf rund Fr. 1,3 Mio.) beliefen, waren verschiedene Sanierungsmassnahmen
im Gang. Gleichwohl gelang es nicht, die finanzielle Schieflage der E zu beheben, mit
der Folge, dass sie im Herbst 1998 in Konkurs ging. Nicht nur gegenüber der Bank war
die Lage kritisch, sondern auch die Beziehungen zur Vorsorgeeinrichtung waren ange-
spannt. Zu den Rückständen bei der Vorsorgeeinrichtung sei es gekommen, so die
Pflichtigen, weil die Bank Mietzinseinnahmen seit 1995/96 verabredungswidrig nicht
zwecks Schuldentilgung bei der Vorsorgeeinrichtung an diese weitergeleitet habe. Zu-
dem habe die Bank Garantieverträge mit sofortiger Wirkung ausser Kraft gesetzt und
zugesagte Baukredite nicht freigegeben, mit der Folge, dass Arbeiten der E nicht be-
zahlt werden konnten. Angesichts der Rückstände bei ihr (allein bei Sammelstiftung
betrugen diese 1997 zu Beginn Fr. 678'216.- und am Ende Fr. 695'535.-) drängte auch
die Vorsorgeeinrichtung auf eine Sanierung. Im Frühjahr 1997 soll es in diesem Zu-
sammenhang zu Besprechungen mit Mitarbeitern der Vorsorgeeinrichtung gekommen
sein, wobei diese dem Pflichtigen klar gemacht hätten, er sei allein "haftbar und ver-
antwortlich" für alle Ausstände. Dabei sei ein Konzept zur Bereinigung der schlechten
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finanziellen Situation ausgearbeitet worden. Dazu habe aus Sicht der Gläubigerin
zwingend die Solidarbürgschaft des Pflichtigen über Fr. 600'000.- gehört. Im Übrigen
habe dieser privat verschiedentlich grössere Beträge anstelle der E bezahlt.
b) Das Steueramt hat die Pflichtigen u.a. aufgefordert, detaillierte Ausführungen
zum Zustandekommen des Solidarbürgschaftsvertrags vom 27. Juni 1997, namentlich
hinsichtlich Bestand, Art und Charakter einer Verpflichtung von A als Verwaltungsrat,
diese Bürgschaft einzugehen, zu tätigen. Dazu seien die entsprechenden schriftlichen
Unterlagen einzureichen. Trotz Mahnung wurde diese Aufforderung letztlich nicht bzw.
nicht vollständig erfüllt. Nach Angaben der Pflichtigen gab es "keinen Schriftverkehr"
hinsichtlich des genauen Zustandekommens der Bürgschaft. Sodann seien alle Unter-
lagen der E vom Konkursamt beschlagnahmt und in der Folge vernichtet worden, mit-
hin nicht mehr verfügbar. Unter solchen Umständen fehlt es nach wie vor an geeigne-
ten Beweismitteln; verfügbar sind im Grund einzig die Behauptungen der Pflichtigen.
Erstellt ist aufgrund der (den Pflichtigen bekannten) Klageantwort der BVG-
Sammelstiftung der Vorsorgeeinrichtung vom März 2000 im Aberkennungsprozess,
dass diese und der Pflichtige im Sommer einen Tilgungsplan zur Abzahlung der Prä-
mienausstände der E vereinbart haben. Voraussetzung dafür war angesichts der ho-
hen Ausstände eine Solidarbürgschaftsverpflichtung über Fr. 600'000.- gewesen, wel-
che die Vorsorgeeinrichtung am 12. Juni 1997 zur Gegenzeichnung habe zukommen
lassen. Der vereinbarte Betrag ist nach unwidersprochener Aussage der Vorsorgeein-
richtung aufgrund einer "ganzheitlichen Lagebeurteilung" zustandegekommen. Die
Ratentilgungsvereinbarungen (offenbar ebenfalls vom 27. Juni 1997) zulasten der E
(über monatlich Fr. 55'000.-) hat der Pflichtige als deren Verwaltungsratspräsident un-
terzeichnet. Anzufügen ist, dass die Vorsorgeeinrichtung den Anschlussvertrag am
31. Juli 1998 gekündigt hat, weil sich die E nicht an die Abmachungen im Tilgungsplan
gehalten habe.
c) Massgeblich sind einzig die Vorgänge bis zum Tag der Unterzeichung der
Solidarbürgschaft. Nachträgliche Ereignisse und Umstände sind unbeachtlich, weil sie
ohne Einfluss auf den Entscheid des Pflichtigen, die Solidarbürgschaftsverpflichtung
einzugehen, bleiben mussten. Zu beachten ist sodann, dass der Pflichtige am Gesche-
hen in doppelter Funktion beteiligt war, nämlich als Verwaltungsratspräsident der E
sowie als deren massgeblicher Aktionär. Vorentscheidend für die Frage der Abzugsfä-
higkeit der geltend gemachten Zahlungen von zusammen Fr. 100'000.- ist darum, ob
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überhaupt ein Zusammenhang zwischen der Aktivität des Präsidenten des Verwal-
tungsrats der E und der Solidarbürgschaft besteht.
aa) Nach Zivilrecht obliegen dem Verwaltungsrat der Aktiengesellschaft
verschiedene Aufgaben; dessen Kernaufgaben sind in Art. 716 Abs. 1 OR festge-
schrieben. So steht ihm namentlich die Oberleitung der Gesellschaft zu (Ziff. 1). Ge-
stützt auf Art. 716b OR kann er die Geschäftsführung an einzelne Mitglieder oder Dritte
übertragen. Er vertritt die Gesellschaft gemäss Art. 718 Abs. 1 OR nach aussen. Die
Mitglieder des Verwaltungsrats haben ihre Aufgaben (ebenso wie Dritte, welche mit der
Geschäftsführung befasst sind) "mit aller Sorgfalt" zu erfüllen und die Interessen der
Gesellschaft in guten Treuen zu wahren. In diesem Sinn tragen sie eine Interessen-
wahrungspflicht gegenüber der Gesellschaft. Als Unsorgfalt gilt nicht nur "schludrige"
Arbeit; eine solche liegt auch dann vor, wenn der Verwaltungsrat eine ihm zukommen-
de Aufgabe nicht erkennt oder wenn er trotz Erkenntnis nicht handelt (Peter Böckli,
Schweizer Aktienrecht, 4.A., 2009, § 13 N 566). Die typische Unsorgfalt besteht nicht in
einer Tat, sondern in einer Unterlassung. Der Vorwurf der Unsorgfalt bedingt nicht,
dass eine unterlassene Handlung sich im Nachhinein - bezogen auf den Erkenntnis-
stand im ursprünglichen Zeitpunkt – als möglich und zweckmässig erweist; vielmehr
muss sie sich aus dieser Optik als geradezu unerlässlich herausstellen (Böckli, § 13
N 567). Besondere Sorgfalt verlangt die Rechtsprechung vom Verwaltungsrat im
Bereich des Sozialversicherungsrechts, wozu nebst der AHV, der IV, der EO und ande-
rer Versicherungen auch die berufliche Vorsorge zählt, jedenfalls soweit sie deren öf-
fentlich-rechtlich geregelten obligatorischen Teil betrifft (Maurer/Scartazzini/Hürzeler,
Bundessozialversicherungsrecht, 3.A., 2009, § 2 Rz 16 f.). Der Verwaltungsrat nimmt
diesbezüglich für Abgaben (entgegen der gesetzlichen Norm) gleichsam eine Garan-
tenstellung ein (Böckli, § 13 N 572). Dabei ist allerdings festzuhalten, dass sich die
strenge Gerichtspraxis, soweit erkennbar, ausschliesslich auf die AHV und allenfalls
auf die IV bezieht (vgl. Watter/Roth Pellanda, in: Basler Kommentar, 3. A., 2008,
Art. 717 N 11), wo Art. 52 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlas-
senenversicherung vom 20. Dezember 1946 bestimmt, dass ein Arbeitgeber, welcher
durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versiche-
rung einen Schaden zufügt, diesen zu ersetzen hat (für die IV: Art. 66 Satz 2 des Bun-
desgesetzes über die Invalidenversicherung vom 19. Juni 1959). Anders ist vor diesem
Hintergrund mangels einer entsprechenden Sonderbestimmung für die berufliche Vor-
sorge zu entscheiden; in diesem Bereich gelten die erwähnten allgemeinen Regeln des
Zivilrechts. Das Bundesgericht hat ohnehin erkannt, Zahlungsrückstände betreffend
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AHV-Beiträge liessen nicht aufgrund einer Vermutung zwingend darauf schliessen, das
betreffende Organ habe schuldhaft gehandelt (BGE124 V 253 E. 4). Namentlich vorü-
bergehende Liquiditätsprobleme genügten dafür nicht. In der Ausübung der Geschäfts-
tätigkeit steht dem Verwaltungsrat ein erheblicher Ermessensspielraum zu; Entscheide,
welche sich innerhalb dieses Spektrums bewegen, sind nicht schon deshalb pflichtwid-
rig, weil sie sich später als unzweckmässig oder falsch erweisen (Böckli, § 13 N 581 f.).
Befindet sich die Gesellschaft in einer Sanierungsphase, hat der Verwaltungsrat für die
Bereinigung der Bilanz sowie die Wiederherstellung einer hinreichenden Eigenkapital-
basis, der für den Betrieb erforderlichen Liquidität und einer nachhaltigen Rentabilität
zu sorgen; er ist verpflichtet, sich um das notwendige Eigenkapital zu bemühen (Böckli,
§ §3 N 716 und 732). Der Verwaltungsrat hat sich in seiner Finanzverantwortung ganz
allgemein um eine den tatsächlichen Verhältnissen angemessene Eigenkapitalbasis zu
kümmern (Böckli, § 1 N 272). Daraus zu schliessen, er sei gehalten, in seiner Funktion
selber dafür aufzukommen, also eigene Mittel dafür zu verwenden, wäre völlig verfehlt.
Seine Aufgabe kann es einzig sein, in dieser Hinsicht in geeigneter Weise aktiv zu
werden und die Initiative zu ergreifen, sobald erkennbar ist, dass die Eigenkapitalbasis
nicht mehr angemessen ist. Misslingen seine Bemühungen, so muss er nicht selber
einspringen. Es ist die Sache Dritter, so der Altaktionäre, anderer Personen oder z.B.
einer Bank, neues Kapital aufzubringen. Sanierungsmassnahmen umfassen stets ein
Bündel von Vorkehren, wobei finanzielle Massnahmen im Vordergrund stehen. Infrage
kommen namentlich der Zuschuss neuen Eigenkapitals, Rangrücktritt und Forderungs-
verzichte. Denkbar als Sanierungsmassnahme kann auch der Abschluss eines Solidar-
bürgschaftsvertrags einer finanziell potenten Drittperson zugunsten der angeschlage-
nen Gesellschaft sein; damit kann die Sicherheit der Gesellschaftsgläubiger gestärkt
werden. Der Verwaltungsrat kommt seiner gesetzlichen Verpflichtung nach, wenn er
sich nach Kräften einsetzt; er haftet jedoch nicht für eine hinreichende Kapitalausstat-
tung (Böckli, § 1 N 275). Verletzt der Verwaltungsrat seine Pflichten schuldhaft, so
kann er für den angerichteten Schaden persönlich haftbar gemacht werden; notwendig
ist ein absichtliches oder fahrlässiges Verhalten (Art. 754 Abs. 1 OR). Klageberechtigt
sind die Gesellschaft, die Aktionäre und, im Fall des Konkurses, die Gesellschaftsgläu-
biger (Art. 755 f. OR). Voraussetzung bei alledem ist ein Schaden, eine schuldhafte
Pflichtverletzung und ein adäquater Kausalzusammenhang. Als Pflichtverletzungen
kommen namentlich ein Verstoss gegen das Einlagerückgewährsverbot, der Entzug
von Geschäftsaktiven ohne entsprechenden Gegenwert, das Eingehen eines Klumpen-
risikos und der Verzicht auf eine ordnungsgemässe Buchführung oder eine seriöse
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Finanzplanung infrage (Forstmoser/Meier-Hayoz/Nobel, Schweizerisches Aktienrecht,
1996, § 37 N 22 ff.).
Den Aktionär trifft eine einzige Pflicht, nämlich jene zur Liberierung seiner Akti-
en (Art. 680 Abs. 1 OR; Forstmoser/Meier-Hayoz/Nobel, § 42 N 2); eine Treuepflicht
des Grossaktionärs ist höchstens faktischer oder moralischer, jedoch nicht rechtlicher
Natur (Forstmoser/Meier-Hayoz/Nobel, § 42 N 14, 26 ff.). Freiwillige Leistungen stellen
v.a. bei Gesellschaften mit beschränkten Aktionärskreis sowie im Konzernverhältnis ein
wichtiges Sanierungsmittel dar (Forstmoser/Meier-Hayoz/Nobel, § 42 N 23).
bb) Es gilt, das Verhalten des Pflichtigen in diesem Licht zu würdigen.
aaa) Die ... war aus verschiedenen Gründen in der Mitte der Neunzigerjahre
des vorigen Jahrhunderts finanziell in einer äusserst schwierigen und angespannten
Lage. Sie geriet in einen eigentlichen Überlebenskampf; dabei ging es um die Rettung
des Lebenswerks des Pflichtigen. Namentlich die Immobilienkrise, Restriktionen der
Hausbank sowie die verschlechterte Zahlungsmoral von Kunden waren Ursache dieser
prekären Situation. Die davon mitbetroffene E konnte ihren Verpflichtungen gegenüber
der Vorsorgeeinrichtung in zweierlei Hinsicht nicht mehr vollumfänglich nachkommen:
Zum einen war sie mit Zins- und Amortisationsleistungen aus ihren Hypothekarver-
pflichtungen in Verzug; zum andern erfüllte sie ihre Verpflichtung, die vereinbarten Bei-
träge an die Vorsorgeeinrichtung zu leisten, nicht mehr gänzlich. Der Pflichtige, der als
Verwaltungsratspräsident und Geschäftsführer die volle Verantwortung trug, sah sich in
dieser misslichen Situation im Interesse der E zu Massnahmen gezwungen, welche
den die Existenz bedrohenden Liquiditätsengpass entschärften. Getragen waren die
Vorkehren von der Hoffnung und der damals berechtigten Aussicht, der AG damit das
Überleben zu sichern und sie in absehbarere Zeit wieder nachhaltig in die Gewinnzone
zu führen. Die Vorsorgeeinrichtung stand diesem Vorgehen verständnisvoll und wohl-
wollend gegenüber. Allerdings verlangte sie von der E einen Tilgungsplan, namentlich
zur Begleichung der Prämienausstände. Dies geschah nicht zum ersten Mal im Som-
mer 1997. Das zeigt, dass die Gläubigerin der Guthaben aus BVG-Prämien zu jener
Zeit insofern mit einem Zahlungsaufschub in Anbetracht der besonderen Umstände
und in Kenntnis der tatsächlichen wirtschaftlichen Lage der E einverstanden war. Doch
verlangte sie zusätzliche Sicherheiten. Der Pflichtige war als Verwaltungsrat gehalten,
mögliche Massnahmen auszuloten, um diese Forderung zu erfüllen. Er war einzig ver-
pflichtet, für Sicherheiten, neues Kapital oder eine andere Entlastungsmassnahme zu
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sorgen; selbstverständlich war es in dieser Funktion nicht seine Aufgabe, die geeigne-
ten Massnahmen selber zu ergreifen bzw. die notwendigen Mittel selber zur Verfügung
zu stellen. Dies konnte und durfte von ihm als Verwaltungsrat nicht erwartet werden. In
diesem Licht hat er seine ihm gemäss Gesetz aufgetragene Sorgfaltspflicht im Sinn
von Art. 717 OR vollumfänglich erfüllt, indem er dafür gesorgt hat, dass die von der
Gesellschaftsgläubigerin verlangte Sicherheit im Juni 1997 gestellt wurde. Mit gutem
Grund kann ihm kein Vorwurf gemacht werden, er habe es versäumt, zwecks Überle-
bens der E aus damaliger Sicht notwendige Vorkehren zu treffen, oder aber er hätte
unnötige schädigende Massnahmen unterlassen müssen. Dass über diese Gesell-
schaft später gleichwohl der Konkurs eröffnet und das entsprechende Verfahren am im
Jahr 1998 mangels Aktiven eingestellt werden musste, kann ihm nicht zum Vorwurf
gemacht werden. Unter solchen Umständen musste er nicht befürchten, wegen seiner
Handlungen oder Unterlassungen im Rahmen der aktienrechtlichen Verantwortlichkeit
zur Rechenschaft gezogen zu werden.
Insofern unterscheidet sich der vorliegende Fall diametral vom Präjudiz vom
4. November 2002 (BGr, 2A.252/2002). Dort hatte der Verwaltungsratspräsident der
Einmannaktiengesellschaft einer Drittperson nicht interveniert, als der Gesellschaft
Mittel zugunsten eines privaten Immobilienprojekts der Alleinaktionärin entzogen
wurden, indem dieser ein ungesichertes, zinsloses und unbefristetes Darlehen gewährt
wurde. Allein schon solches Verhalten des Verwaltungsrats war pflichtwidrig. Als Folge
davon wurde die Gesellschaft zahlungsunfähig. Der Verwaltungsratspräsident unter-
liess es trotzdem, die zwingend vorgeschriebenen Sanierungs- und Benachrichti-
gungsmassnahmen zu ergreifen. Damit hatte er seine Pflichten als Verwaltungsrat in
grober Weise verletzt. Das zuständige Bezirksgericht stellte einen schwersten Verstoss
gegen die aus Art. 717 OR folgende Sorgfaltspflicht fest. Einer Verantwortlichkeitsklage
war darum Erfolg beschieden. Das Bundesgericht hat auch gestützt darauf festgehal-
ten, mit dem Verhalten habe der Verwaltungsratspräsident, indem er die Aushöhlung
der Gesellschaft durch Gewährung ungesicherter betrieblicher Darlehen für das private
Immobilienprojekt der Alleinaktionärin zugelassen oder jedenfalls nicht verhindert habe,
sich mitschuldig gemacht; von einem vernünftigerweise in Kauf zu nehmenden "Ge-
schäftsrisiko" (besser: Berufsrisiko) könne keine Rede sein. In diesem Zusammenhang
ist darauf hinzuweisen, dass dem Vermögen der Gesellschaft grundsätzlich ganz all-
gemein keine Mittel für die Verfolgung gesellschaftsfremder Zwecke entnommen wer-
den dürfen.
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bbb) Der Einwand der Pflichtigen, die im BVG niedergelegte persönliche Haf-
tung des Verwaltungsrats für Personalbeiträge habe den Pflichtigen "unmittelbar" ge-
zwungen, die Solidarbürgschaft einzugehen, geht mithin an der Sache vorbei. Es trifft
eben nicht zu, dass er die Verpflichtung "im Hinblick auf seine direkt und ohne weiteres
aus dem Gesetz fliessende Verantwortlichkeit und Belangbarkeit für die Beiträge an die
obligatorische berufliche Vorsorge der durch ihn vertretenen Gesellschaft" nicht als
Privatperson, sondern als Mandatsträger eingegangenen ist und die entsprechenden
Zahlungen in dieser Funktion geleistet hat. Ebenso wenig vermag die Bestreitung der
steueramtlichen Feststellung, "das Eingehen von Bürgschaften durch Verwaltungsräte
zugunsten der Gesellschaft gehöre überhaupt und generell nicht zur Aufgabe, welche
die Tätigkeit als Verwaltungsrat gewöhnlich mit sich bringt", zu stechen. Beizupflichten
ist den Pflichtigen immerhin insoweit, als nicht erkennbar ist, dass dem Pflichtigen vor-
geworfen werden könnte, er habe als Verwaltungsrat der E pflichtwidrig und insofern
schuldhaft gehandelt.
ccc) Wie es sich verhalten hätte, wenn Beiträge an die AHV/IV betroffen gewe-
sen wären, mag hier offenbleiben, ging es doch um Beiträge an die 2. Säule (BVG).
Immerhin sei erwähnt, dass hier ohnehin eine Abmachung mit der Gläubigerin über die
Tilgung der Ausstände getroffen wurde und es mithin nicht darum ging, der Vorsorge-
einrichtung zustehende Mittel entgegen deren Willen und Einverständnis anderweitig
zu verwenden (insofern lagen die Dinge ähnlich wie im BGr-Urteil vom 30. Juni 1998,
124 V 253, www.bger.ch). Hinzu kommt, dass die praxisgemässe "Quasi-Garanten-
stellung" des Beitragsschuldners eben nur für den AHV/IV- und nicht für den BVG-
Bereich greift. In der Einspracheschrift vom 5. Juli 2006 führen die Pflichtigen wohl aus,
der Pflichtige sei als Verwaltungsrat "nach den gesetzlichen Vorschriften des BVG für
die Personalbeiträge unmittelbar persönlich haftbar" gewesen. Und am 17. September
2009 machen sie geltend, "bei Weigerung (wohl der Unterzeichnung der Solidarbürg-
schaftsverpflichtung) hätte ich (d.h. der Pflichtige) ein Strafverfahren als Verwaltungsrat
gehabt". Beide Behauptungen entbehren nach dem Gesagten eines realen Hinter-
grunds und sind sachwidrig.
ddd) Sodann ist zu erwähnen, dass sich aus dem bundesgerichtlichen Urteil
vom 7. April 2005 (2P.112/2004, www.bger.ch = StR 2006, 36 ff.) zugunsten der Pflich-
tigen nichts ableiten lässt. Dort ging es um die Solidarbürgschaft eines selbstständig-
erwerbenden Architekten, welche dieser eingegangen ist, um die Schuld einer Immobi-
liengesellschaft abzusichern, deren Alleinaktionär er war. Fraglich war, ob die als Folge
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2 ST.2010.102 2 DB.2010.80
der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin von ihm geleisteten Zahlungen einkommens-
mindernd anzurechnen seien. Massgeblich war dort eben nicht die Frage, ob er die
Solidarbürgschaft als Privatperson bzw. im Rahmen einer unselbstständigen Erwerbs-
tätigkeit (als Verwaltungsrat) eingegangen war. Entscheidend war bei Licht betrachtet
vielmehr, dass es sich bei der Beteiligung um ein Geschäftsaktivum handelte und der
Bürge das Solidarbürgschaftsversprechen im Zusammenhang mit seiner selbstständi-
gen Erwerbstätigkeit angegeben hatte; darum waren die Zahlungen geschäftlich be-
dingt und gestützt auf Art. 21 lit. a des damals gültigen Genfer Steuergesetzes (welche
Bestimmung Art. 27 Abs. 1 bzw. 2 DBG entspricht; heute GE Art. 3 Abs. 3 LIPP V) von
den steuerbaren Einkünften – als Geschäftsaufwand – abzugsfähig. Insofern ist der
Hinweis im Rückweisungsentscheid des Bundesgerichts vom 16. Dezember 2008
(E. 5) wenig hilfreich.
cc) Ist nach alldem ein Zusammenhang zwischen der Solidarbürgschaft und der
Tätigkeit des Pflichtigen als Verwaltungsrat weder dargetan noch erkennbar, liegt es
auf der Hand, dass dieser die Verpflichtung im Rahmen der Sanierungsmassnahme als
Aktionär eingegangen ist. Wie gesehen, ist es Aufgabe des Verwaltungsrats, Sanie-
rungsmassnahmen zu orten, einzuleiten und nach Möglichkeit zu einem guten Ende zu
führen. Hingegen ist es Sache Dritter, und dabei primär der Aktionäre (einer Familien-
AG) und namentlich des Haupt- oder Alleinaktionärs, solche Massnahmen zu treffen
und zu finanzieren, auch wenn keine rechtliche Verpflichtung dazu besteht. Mithin steht
fest, dass sich der Pflichtige zur Solidarbürgschaft als Privatperson und Aktionär und
nicht in Ausübung seiner Verwaltungsratstätigkeit verpflichtet hat. Als Verwaltungsrats-
präsident der E war er gehalten, nach Sanierungsmassnahmen zu suchen und, soweit
möglich, solchen zum Durchbruch zu verhelfen; und als Aktionär trug er die entspre-
chenden Massnahmen. Als solcher sah er sich namentlich aus zweierlei Gründen ver-
anlasst, aktiv zu werden: Einerseits ging es um den Versuch der Rettung seines Le-
benswerks; anderseits konnte er hoffen, damit einen Verlust im Zusammenhang mit
seinem finanziellen Engagement zu verhindern oder wenigstens zu minimieren. Inso-
weit erweist sich die Eventualbegründung im Einspracheentscheid entgegen der Mei-
nung der Pflichtigen als zutreffend. Solche Sanierungsmassnahmen sowie allfällige
spätere Zahlungsflüsse einer Privatperson sind einkommenssteuerlich irrelevant. Dass
der Pflichtige nicht Alleinaktionär, sondern nur, aber immerhin massgeblicher Aktionär
war, spielt bei alledem keine Rolle. Denn obgleich auch seine Ehefrau (die Pflichtige)
und seine Kinder Mitaktionäre gewesen sein sollen, erachtete er die Gruppe als sein
Imperium und sein Lebenswerk. Insofern war vorab er gefordert.
- 20 -
2 ST.2010.102 2 DB.2010.80
dd) Am Rande sei erwähnt, dass sich die Beurteilung der Lage nicht ändert,
falls der Fokus auf die Geschäftsleiterfunktion gerichtet wird. Zu Recht wird denn auch
nicht geltend gemacht, die streitbetroffenen Zahlungen seien in diesem Zusammen-
hang als Berufsauslagen des Pflichtigen von den Einkünften absetzbar.
4. Nach dem Gesagten sind die Beschwerde und der Rekurs abzuweisen.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten den Pflichtigen aufzuerle-
gen (Art. 144 Abs. 1 DBG und § 151 Abs. 1 StG). | Public | Tax | de | 2,010 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
a2f24bb6-f226-4097-9ac4-0a732ae70a07 | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend der Pflichtige) betreibt ein Mietunternehmen für Fahrzeuge,
für welches er intensiv Werbung macht. Die Kunden mieten die Fahrzeuge mit Fahrer
für Transporte, aber auch für gesellige Anlässe verschiedener Art. Im Jahr 2012 waren
u.a. drei Fahrzeuge im Einsatz. Das Büro des Pflichtigen und die Parkplätze für die
Fahrzeuge befinden sich in der Gemeinde H. Die Ehefrau (nachfolgend die Pflichtige)
kümmert sich um den Haushalt und die Kinder. Sie geht keiner Erwerbstätigkeit nach.
Mit der Steuererklärung 2012 reichten die Pflichtigen betreffend das Mietun-
ternehmen neben dem Hilfsblatt A für Selbstständigerwerbende ohne kaufmännische
Buchhaltung eine Aufstellung über den jeweiligen Saldo der monatlichen Einnahmen
und Ausgaben ein. Mit Auflage vom 29. Juli 2014 forderte die Steuerkommissärin sie
u.a. auf, eine detaillierte Aufstellung der Einnahmen mit Angabe des jeweiligen Zah-
lungsdatums, des Namens des Kunden bzw. der Kundin, der erbrachten Leistung, des
bezahlten Betrags sowie der Zahlungsart einzureichen. Weiter verlangte sie ein ord-
nungsgemäss geführtes Kassenbuch mit sämtlichen Originalbelegen und den Kassen-
sturz-Protokollen sowie eine detaillierte, chronologische Liste der Ausgaben mit jewei-
liger ausführlicher Begründung des geschäftlichen Bezugs. Am 10. September 2014
begab sich der damalige Vertreter der Pflichtigen zu einer Besprechung ins kantonale
Steueramt und brachte u.a. eine rudimentäre Excel-Liste mit vorwiegend undatierten,
unkommentierten Einnahmen- und Ausgabenposten sowie diverse Ausgabenbelege
mit. Da das Kassenbuch, Quittungen über die Einnahmen sowie zeitnah erstellte, de-
taillierte, chronologische Aufstellungen über die Einnahmen und Ausgaben weiterhin
fehlten, mahnte die Steuerkommissärin ihre Auflage am 11. September 2014.
Am 1. Oktober 2014 reichten die Pflichtigen u.a. detaillierte Kontoauszüge des
Privat- und Geschäftskontos des Pflichtigen bei der Bank M ein. Das kantonale Steu-
eramt schritt daraufhin am 2. Oktober 2014 zur Veranlagung bzw. zur Einschätzung.
Dabei setzte es das steuerbare Einkommen auf Fr. 127'400.- (direkte Bundessteuer)
bzw. Fr. 124'500.- (Staats- und Gemeindesteuern) fest. Das Einkommen aus selbst-
ständiger Erwerbstätigkeit schätzte es wegen der mangelhaften Aufzeichnungen, ins-
besondere wegen des fehlenden Kassenbuchs, nach pflichtgemässem Ermessen i.S.v.
Art. 130 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember
1 DB.2014.259 1 ST.2014.318
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1990 (DBG) bzw. § 139 Abs. 2 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) ohne wei-
tere Begründung der Höhe der Schätzung auf Fr. 150'000.-. Das steuerbare Vermögen
betrug Fr. 24'000.- (Staats- und Gemeindesteuern).
B. Die hiergegen erhobene Einsprache wies das kantonale Steueramt mit se-
paraten Entscheiden vom 13. November 2014 ab.
C. Mit Rekurs und Beschwerde vom 15. Dezember 2014 beantragten die
Pflichtigen, das Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit sei nach pflichtge-
mässem Ermessen auf höchstens Fr. 65'000.- zu schätzen.
Das kantonale Steueramt schloss mit Beschwerde- und Rekursantwort vom
16. Januar 2015 auf kostenpflichtige Abweisung des Rechtsmittels. In der Folge ordne-
te das Steuerrekursgericht einen zweiten Schriftenwechsel an. Die Replik datiert vom
16. Februar 2015, die Duplik vom 27. April 2015. Am 3. Juni 2015 forderte das Steuer-
rekursgericht das kantonale Steueramt auf, zwei in den Steuerakten fehlende Denun-
ziationen nachzureichen. Diese wurden am 12. Juni 2015 eingereicht und am 15. Ju-
ni 2015 durch den Gerichtsschreiber in einem internen, nur der Gerichtsdelegation
zugänglichen Mäppchen abgelegt. | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. Die Einsicht in Denunziationen ist in aller Regel zu verweigern (Rich-
ner/Frei/Kaufmann/Frei, Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009, Art. 114 N 36 DBG
und Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, 3. A.,
§ 124 N 34 StG). Das Gericht hat die beiden von der Vorinstanz eingereichten Denun-
ziationen deshalb zu den internen Akten genommen und den Pflichtigen nicht zur Ein-
sicht zugestellt. Da sich das kantonale Steueramt weder im Einschätzungs- noch im
Einspracheentscheid auf die Denunziationen gestützt hat und diese überdies von zwei-
felhaftem Beweiswert sind, sind sie auch im vorliegenden Verfahren nicht zu berück-
1 DB.2014.259 1 ST.2014.318
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sichtigen. Sowohl das rechtliche Gehör der Pflichtigen als auch die Privatsphäre der
Denunzianten bleiben damit gewahrt. Der Antrag der Pflichtigen betreffend umfassen-
de Akteneinsicht erübrigt sich.
2. a) Hat ein Steuerpflichtiger trotz Mahnung seine Verfahrenspflichten nicht
erfüllt oder können die Steuerfaktoren mangels zuverlässiger Unterlagen nicht ein-
wandfrei ermittelt werden, nimmt das kantonale Steueramt gemäss Art. 130 Abs. 2
Satz 1 DBG bzw. § 139 Abs. 2 Satz 1 StG die Veranlagung/Einschätzung nach pflicht-
gemässem Ermessen vor.
Diese Bestimmung setzt für eine Veranlagung/Einschätzung nach pflichtge-
mässem Ermessen einen Untersuchungsnotstand voraus. Ein Untersuchungsnotstand
ist im Regelfall dadurch verursacht, dass der Steuerpflichtige trotz formgültiger Mah-
nung Verfahrenspflichten nicht oder nicht gehörig erfüllt hat, d.h. dass er seinen Mitwir-
kungspflichten mit Bezug auf die Ermittlung der massgebenden Tatsachen nicht oder
nur unvollständig nachgekommen ist.
b) aa) Steuerbar sind alle Einkünfte aus einem Handels-, Industrie-,
Gewerbe-, Land- und Forstwirtschaftsbetrieb, aus einem freien Beruf sowie aus jeder
anderen selbstständigen Erwerbstätigkeit (Art. 18 Abs. 1 DBG und § 18 Abs. 1 StG).
Steuerpflichtige mit Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit, welche nicht der
Buchführungspflicht unterliegen, haben ihrer Steuererklärung Aufstellungen über Akti-
ven und Passiven, Einnahmen und Ausgaben sowie Privatentnahmen und Privateinla-
gen beizulegen (Art. 125 Abs. 2 DBG und § 134 Abs. 2 StG). Auch nichtbuchführungs-
pflichtige Selbstständigerwerbende trifft somit eine steuergesetzliche Aufzeichnungs-
pflicht. Die diesbezüglichen Anforderungen richten sich dabei allgemein nach der Art
und dem Umfang der selbstständigen Erwerbstätigkeit. Es sind jedenfalls jene Auf-
zeichnungen zu führen, die zunächst eine korrekte Deklaration des Einkommens aus
der selbstständigen Erwerbstätigkeit und des Geschäftsvermögens ermöglichen und
sodann die allseitige Überprüfung der Deklaration durch die Steuerbehörden erlauben.
Das kantonale Steueramt hat die Anforderungen an die steuergesetzliche Aufzeich-
nungspflicht Nichtbuchführungspflichtiger (in gesetzeskonformer Weise; vgl. RB 1995
Nr. 43) im Merkblatt vom 3. Juli 1998 betreffend die Aufzeichnungspflicht selbstständig
erwerbender Steuerpflichtiger wie folgt umschrieben (ZStB I Nr. 31/300):
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Die Aufzeichnungen über die Einnahmen und Ausgaben müssen fortlaufend,
lückenlos und wahrheitsgetreu entweder mit Tinte, Kugelschreiber oder Schreibma-
schine o.ä. vorgenommen werden. Bei allen Einnahmen und Ausgaben sind ausser
den entsprechenden Daten in der Regel auch die Namen und Wohnorte der Leisten-
den und der Empfänger anzugeben. Ausnahmen ergeben sich insbesondere, wenn die
Namen und Wohnorte naturgemäss nicht bekannt sind (z.B. Detailhandel). Bei den
Ausgaben ist immer auch zu vermerken, was bezahlt worden ist (z.B. Miete, Löhne, Art
der angeschafften Objekte usw.). Bei Betrieben mit Bargeldverkehr sind die Barein-
nahmen und -ausgaben in einem Kassenbuch fortlaufend, lückenlos, wahrheitsgetreu
und täglich festzuhalten. Dabei ist der Einbezug von so genannten Vorjournalen oder
Vorbüchern, wie z.B. Registrierkassenstreifen, statthaft. Die Aufzeichnungen in solchen
Hilfsbüchern sind jedoch zeitnah ins Kassenbuch zu übertragen. Das Kassenbuch ist
regelmässig – je nach der Intensität des Bargeldverkehrs – täglich, wöchentlich oder
monatlich zu saldieren und mit dem tatsächlichen Bargeldbestand zu vergleichen. All-
fällige Differenzen sind sofort zu buchen.
bb) Nichtbuchführungspflichtige Selbstständigerwerbende, die ihren Steuerer-
klärungen nicht die in Art. 125 Abs. 2 DBG bzw. § 134 Abs. 2 StG erwähnten Aufstel-
lungen beilegen oder auf Verlangen der Steuerbehörden keine Aufzeichnungen vorle-
gen können, die den vorstehenden Richtlinien entsprechen, verletzen ihre
steuerrechtlichen Verfahrenspflichten. Eine Kassenbuchführung, die den genannten
Anforderungen nicht entspricht, bewirkt die Vermutung der Unrichtigkeit der gesamten
Aufzeichnungen, indem sie eine nicht zu beseitigende Ungewissheit über Höhe von
Ertrag und Aufwand sowie von Aktiven und Passiven schafft (vgl. VGr, 27. Okto-
ber 2010 = ZStP 2011, 351 ff.). Die Aufzeichnungen scheiden daher als Einschät-
zungsgrundlage aus. Die Ungewissheit über die tatsächliche Ertragslage ist durch eine
Ermessenseinschätzung zu überbrücken.
3. Der Pflichtige führte einen bargeldintensiven Betrieb, denn seine Kunden
bezahlten das Entgelt für ihre Fahrten nur in Ausnahmefällen durch eine Überweisung
auf das Geschäftskonto ein: So etwa N aus O, der die Rechnung für die Miete vom ...
... 2012 erst zwei Tage später durch Bankzahlung von Fr. 270.- beglich. Über die al-
lermeisten Transaktionen bzw. Fahrten liegen jedoch weder Belege (Quittungen) noch
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irgendwelche sonstigen verlässlichen Aufzeichnungen vor. Die nachträglich, im Hin-
blick auf Beschwerde- und Rekursverfahren abgeänderten Excel-Listen mit den monat-
lichen Einnahmen und Ausgaben wurden weder zeitnah geführt noch waren sie mani-
pulationssicher. Sie enthalten überdies ausser für den Monat Februar und November
keine Datumsangaben oder Bezeichnung der Geschäftsvorfälle. Fest steht einzig, dass
der Pflichtige in mehr oder weniger regelmässigen Abständen am Postschalter erhebli-
che runde Barbeträge sowohl auf das private (M Konto Nummer ...) als auch auf das
geschäftliche Bankkonto (M Konto Nummer ...) einzahlte bzw. von diesen Konten Bar-
beträge abhob. Allerdings lassen sich die einbezahlten bzw. ausbezahlten Summen
nicht mit der Excel-Liste in Einklang bringen. Von einer fortlaufenden, lückenlosen Auf-
zeichnung, die über die einzelnen Fahrten, über die Kunden und über die Ausgaben
den Beweis bilden könnte, kann keine Rede sein. Ebenso gravierend ist der Umstand,
dass eine nachvollziehbare und zeitnahe Dokumentation des Wegs der einzelnen Bar-
einnahmen auf das Geschäftskonto bzw. deren anderweitige Verwendung fehlt. Die
Excel-Listen sind unvollständig und nicht manipulationssicher. Sie erweisen sich als
Grundlage für die Beurteilung der Geschäftstätigkeit und für die Vornahme einer kor-
rekten Steuereinschätzung als untauglich, denn es besteht keine Gewähr dafür, dass
mit den Barmitteln nicht weitere geschäftliche oder private Ausgaben getätigt wurden.
M.a.W. ist von einer unwiderlegbaren Vermutung der Unrichtigkeit der gesamten Auf-
zeichnungen auszugehen (vgl. VGr, 17. Dezember 2014, SB.2014.000333 und
SB.2014.00034). Nachdem die Pflichtigen trotz Auflage vom 29. Juli 2014 und Mah-
nung vom 11. September 2014 keine sachdienlichen Unterlagen einreichten, blieb der
Steuerkommissärin nichts anderes übrig, als das Einkommen aus selbstständiger Er-
werbstätigkeit nach pflichtgemässem Ermessen zu schätzen. Hierüber sind sich die
Parteien einig.
Die Steuerbehörde begründete die Höhe der Schätzung nicht, was zulässig ist
und das rechtliche Gehör der Pflichtigen nicht verletzt (vgl. VGr, 18. April 2011,
SB.2011.00139 und zuletzt VGr, 17. Dezember 2014, SB.2014.00033 und
SB.2014.00034).
4. a) Eine zu Recht ergangene Ermessenseinschätzung kann der Steuer-
pflichtige nur wegen offensichtlicher Unrichtigkeit anfechten (Art. 132 Abs. 3 Satz 1
DBG bzw. § 140 Abs. 2 Satz 1 StG). Dieser hat den entsprechenden Nachweis selber
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zu erbringen, wobei ihm zwei Möglichkeiten offen stehen (Martin Zweifel, in: Kommen-
tar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/1, 2. A., 2002 Art. 48 N 46 ff. StHG und
in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/2a, 2. A., 2008, Art. 132 N 39
ff. DBG, je auch zum Folgenden):
Er kann den tatsächlichen Sachverhalt dartun und den entsprechenden
Nachweis leisten mit der Folge, dass die Ermessensveranlagung durch eine ordentli-
che Veranlagung ersetzt wird und die Steuerfaktoren nach den für "gewöhnliche" Ver-
anlagungen geltenden Regeln ermittelt werden. Dieser Nachweis muss allerdings um-
fassend sein, d.h. den gesamten von der Ermessensveranlagung betroffenen Teil
umfassen. Blosse Teilnachweise genügen grundsätzlich nicht (Richner/Frei/Kauf-
mann/Meuter, Art. 132 N 64 DBG und § 140 N 75 f. StG, je mit verschiedenen Hinwei-
sen; Zweifel, Art. 48 N 49 StHG und Art. 132 N 42 ff. DBG, je auch zum Folgenden).
Die versäumten Mitwirkungshandlungen müssen vollständig und formell ordnungsge-
mäss nachgeholt werden.
Ist dieser Nachweis nicht möglich oder misslingt er, kann der Steuerpflichtige
noch darlegen und nachweisen, dass die angefochtene Veranlagung offensichtlich
unrichtig ist. Als offensichtlich unrichtig (namentlich zu hoch) erweist sich eine Schät-
zung dann, wenn sie willkürlich bzw. sachlich nicht begründbar (z.B. erkennbar pönal
oder fiskalisch begründet) ist, sich auf sachwidrige Schätzungsgrundlagen, -methoden
oder -hilfsmittel stützt oder sonst wie mit den konkreten aktenkundigen Verhältnissen
aufgrund der Lebenserfahrung vernünftigerweise nicht vereinbar ist (Zweifel, Art. 48
N 59 StHG und Art. 132 N 52 DBG, je mit Hinweisen). Ist dieser Nachweis geleistet,
bleibt es zwar bei einer Ermessensveranlagung, doch wird die angefochtene durch
eine neue (tiefere) Schätzung der Rechtsmittelinstanz ersetzt.
Dem Steuerrekursgericht sind – ebenso wie der Einsprachebehörde – im
Rahmen der Willkürprüfung weitere Untersuchungen verwehrt. Es hat vielmehr bei
seiner eingeschränkten Überprüfung des angefochtenen Entscheids auf offensichtliche
Unrichtigkeit hin nur jene im Zeitpunkt der Entscheidfällung vorhandenen Schriftstücke
zu berücksichtigen, welche den behaupteten Sachverhalt sofort beweisen oder zumin-
dest als sehr wahrscheinlich erscheinen lassen (VGr, 27. Mai 1986, SB 10/1986 und
11. September 1986, SB 38/1986; Martin Zweifel, Die Sachverhaltsermittlung im Steu-
erveranlagungsverfahren, 1989, S. 144).
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b) Die Pflichtigen sind nicht in der Lage, nachträglich ordnungsgemässe Auf-
zeichnungen vorzulegen, sodass der Nachweis der offensichtlichen Unrichtigkeit der
ermessensweisen Schätzung von vornherein als gescheitert gilt und die Schätzung nur
noch in quantitativer Hinsicht einer Überprüfung auf Willkür hin zu unterziehen ist.
c) Dabei ist zu beachten, dass das Steuerrekursgericht die Schätzungen des
Steuerkommissärs erst dann aufheben bzw. korrigieren darf und muss, wenn sie im
Ergebnis offensichtlich unrichtig sind. Unter diesem Gesichtswinkel ist hervorzuheben,
dass es bei bargeldintensiven Betrieben ohne ordnungsgemässe Kassenbuchführung
gerade wegen dieses Mangels regelmässig sehr schwer fällt, überhaupt brauchbare
Kriterien für eine Schätzung namhaft zu machen. So lässt sich insbesondere nicht aus-
schliessen – und dem darf bei der vorzunehmenden Schätzung durchaus gebührend
Rechnung getragen werden – , dass Umsätze des Unternehmens nicht verbucht wur-
den. Über die Höhe solcher unverbuchten Umsätze lässt sich nur spekulieren. Deshalb
ist bei der Überprüfung der Gewinnschätzung von bargeldintensiven Betrieben mit un-
genügender Kassenbuchführung grosse Zurückhaltung geboten. Offensichtliche Un-
richtigkeit ist grundsätzlich nur dann anzunehmen, wenn die Schätzung als geradezu
unmöglich erscheint, weil der geschätzte Gewinn in dem infrage stehenden Unterneh-
men aus objektiven Gründen schlechterdings nicht als erzielbar erscheint (StRG,
17. März 2014, 1 DB.2013.199 und 1 ST.2013.227, bestätigt durch VGr, 17. Dezem-
ber 2014, SB.2014.00033 und SB.2014.00034).
Dass die in den Einspracheentscheiden vom 13. November 2014 bekräftigte
Schätzung des selbstständigen Erwerbseinkommens von Fr. 150'000.- aus Fahrzeug-
vermietung in dieser Weise offensichtlich unrichtig ist, weil die dafür erforderlichen Um-
sätze sich im Betrieb des Pflichtigen realistischerweise überhaupt nicht erzielen lassen,
ist nicht ersichtlich. Nach eigenen Angaben standen im Jahr 2012 nicht nur ein einzi-
ges, sondern drei Fahrzeuge zur Verfügung. Wegen Schwierigkeiten mit der Einlösung
beim Strassenverkehrsamt konnte das eine Fahrzeug nach sinngemässer Aussage der
Pflichtigen erst ab Oktober 2012 eingesetzt werden (vgl. hierzu der Werkstatt-Rapport
der P AG vom ... ... 2012). Allerdings zeigen die nachträglich, im Hinblick auf das
Rechtsmittelverfahren abgeänderten Excel-Listen den Einsatz dieses Fahrzeugs auch
im Februar, was widersprüchlich ist. Das schwarze Fahrzeug wurde im Lauf des Jahrs
2012 verkauft, wobei aufgrund der Überweisung des Kaufpreises von Fr. 15'000.- am
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.... ... 2012 von einer Nutzung während der ersten drei Monate des Geschäftsjahrs
auszugehen ist. Das beige Fahrzeug wurde ganzjährig eingesetzt. Daneben durfte der
Pflichtige indessen auch noch weitere Fahrzeuge von Drittpersonen benützen, weshalb
es nicht als willkürlich erscheint, für das Gesamtjahr von durchschnittlich zwei betriebs-
fähigen und im Einsatz stehenden Fahrzeugen auszugehen. In den Excel-Listen ist
bezüglich dem Monat Februar 2012 etwa von einem Fahrzeug die Rede, das nicht dem
Pflichtigen gehörte und das offenbar – entsprechende Aufwendungen sind jedenfalls
keine verzeichnet – unentgeltlich benützt wurde. In diesem Zusammenhang ist auch
darüber hinaus die Annahme erlaubt, der Pflichtige habe im Rahmen seiner Geschäfts-
tätigkeit in Zeiten grosser Nachfrage (an den Wochenenden) das jeweils nicht von ihm
gefahrene Fahrzeug anderweitig vermietet oder einen Fahrer auf Abruf beauftragt, ge-
wisse Fahrten zu unternehmen. Die Pflichtigen haben denn bezeichnenderweise die
Behauptung des kantonalen Steueramts in der Beschwerde- bzw. Rekursantwort nicht
bestritten, dass der Pflichtige Dritte beauftragt haben könnte, Fahraufträge für ihn
durchzuführen. Sie betonen in der Replik einzig sinngemäss, es hätten keine Arbeits-
verhältnisse im formellen Sinn vorgelegen. Der effiziente bzw. gewinnorientierte Be-
trieb Mietunternehmens umfasst im Normalfall auch den Einsatz weiterer Fahrer, ins-
besondere wenn gleichzeitig mehrere Fahrzeuge einsatzbereit sind. Dass dies gerade
hier nicht der Fall gewesen sein könnte, geht aus den Akten nicht hervor. Weitere Un-
tersuchungen sind dem Steuerrekursgericht wie erwähnt im Rahmen der Willkürprü-
fung verwehrt.
Entgegen der Ansicht der Pflichtigen steht weiter nicht fest, dass die Fahrten
fast ausschliesslich am Freitag und am Samstag stattfanden, denn Privatanlässe fin-
den im Normalfall auch an Sonntagen statt, wenn auch möglicherweise in etwas gerin-
gerem Masse. Mit den Pflichtigen ist immerhin davon auszugehen, dass die Auftrags-
lage im Zeitraum von Montag bis Donnerstag jeweils abnimmt, um gegen Ende der
Woche wieder zuzunehmen. So gesehen erscheint die Annahme eines Umsatzes von
über Fr. 200'000.- keineswegs als abwegig oder gar willkürlich: Bei einer durchschnitt-
lichen Auslastung pro Wochenende von 12 Stunden (Freitag, Samstag und Sonntag)
kommt der Pflichtige allein nämlich auf eine Leistung von jährlich über 600 Stunden (12
x 52 Wochenden), und dies ohne Berücksichtigung der Trinkgelder sowie allfälliger
weiterer Fahrten von Montag bis Donnerstag und an Feiertagen (etwa 1. Mai, 1. Au-
gust, Auffahrt, Ostern, Weihnachten, Sylvester). Dies entspricht bei durchschnittlichen
Kosten pro Stunde von Fr. 300.- einem plausiblen Umsatz von nicht weniger als
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Fr. 180'000.-. Hinzu kommen wie erwähnt die Fahrten durch beauftragte Fahrer. Hier
ist angesichts der durch den Pflichtigen zu entrichtenden Fahr-Entgelte zu seinen
Gunsten vom halben Stundenansatz (Fr. 150.-) auszugehen. Im Lauf des Samstags
dürfte jeweils zumindest während vier Stunden auch ein zweites Fahrzeug unterwegs
gewesen sein, was zu einer jährlichen Stundenleistung von über 200 bzw. einem zu-
sätzlichen Umsatz von über Fr. 30'000.- führt. Unter Berücksichtigung der zumindest
behaupteten und unbestritten gebliebenen Geschäftsunkosten von rund Fr. 50'000.-
ergibt sich ein durchaus erzielbarer Jahresgewinn von über Fr. 160'000.-, der klar hö-
her liegt als die vorinstanzliche Schätzung. Von einer Überschreitung des Ermessens
oder gar von Willkür kann unter diesen Umständen keine Rede sein. Von Bedeutung
ist schliesslich, dass der Standort des Geschäfts in unmittelbarer Nähe zu einer gros-
sen Stadt nahezu als ideal erscheint, und der Pflichtige deshalb von einer grossen
Nachfrage profitieren dürfte. Dass der Markt hart umkämpft ist, wie er behauptet, un-
termauert er nicht mit entsprechenden konkreten Beispielen (z.B. Namen und Adres-
sen der Konkurrenz-Unternehmen) oder Beweismitteln.
d) Die Pflichtigen vermögen hiergegen keine triftigen Argumente vorzubringen.
Sie stützen sich mit ihrer Hochrechnung auf reine Vermutungen. Konkrete Anhalts-
punkte oder Beweismittel, die zwingend auf einen niedrigeren Gewinn hinweisen wür-
den, nennen sie nicht. Solche ergeben sich auch nicht aus den Akten. Wie bereits aus-
geführt, ist nicht einsichtig, weshalb von einem reinen Einmann-Betrieb auszugehen
sein sollte. Ebensowenig befand sich das Mietunternehmen in der Aufbauphase, denn
auch im Vorjahr wurden schon vergleichbare Umsätze und Geschäftsausgaben dekla-
riert. Die Pflichtigen haben es versäumt, verlässliche Zahlen zu den weiter zurücklie-
genden Jahren vorzulegen.
Dass der Pflichtige an einer Krankheit leidet und deshalb nicht voll arbeitsfähig
sein soll, ist nicht nachgewiesen. Das eingereichte Arztzeugnis betrifft den weit zurück-
liegenden Zeitraum von 2003 bis 2006. Weiter sind die Ausführungen zur angeblichen
Gewinnmarge irrelevant, weil die konkreten finanziellen Verhältnisse und insbesondere
die in Wahrheit erzielten Umsätze angesichts der mangelhaften Aufzeichnungen völlig
im Dunkeln bleiben. Auch bezüglich der Aufwendungen bestehen erhebliche Unsicher-
heiten, was die Errechnung des Umsatzes bzw. des Gewinns aufgrund einer Marge
von vornherein verunmöglicht. Erfahrungszahlen zur Art des durch den Pflichtigen ge-
führten Gewerbes, die zum Vergleich herangezogen werden könnten, sind nicht akten-
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kundig und hätten ohnehin von ihm eingereicht werden müssen. Verlässliches, statis-
tisch repräsentatives Zahlenmaterial dürfte – wenn überhaupt – nur mit erheblichen
Schwierigkeiten erhältlich zu machen sein.
Mit der Erwähnung von Vermögensentwicklung und Lebensaufwand berufen
sich die Pflichtigen schliesslich auf die indirekte Methode der Faktorenermittlung, bei
welcher Einkommen und Vermögen aufgrund plausibler Vermögensentwicklung und
Lebenshaltungskosten global und ohne Bezugnahme auf einzelne Einkommensarten
geschätzt werden. Vorliegend hat sich die Steuerkommissärin in den für die Pflichtigen
einzig massgeblichen Begründungen der Einschätzungs-, Veranlagungs- und Einspra-
cheentscheide richtigerweise ausschliesslich für die direkte Methode entschieden und
aufgrund der mangelhaften Aufzeichnungen bzw. des fehlenden Kassenbuchs aus-
drücklich nur die selbstständigen Erwerbseinkünfte aus dem Mietunternehmen zum
Gegenstand der Ermessenseinschätzung gemacht. Direkte und indirekte Methode dür-
fen keinesfalls vermischt werden (vgl. StRG, 26. Oktober 2012, 1
DB.2012.80/ST.2012.90).
5. Diese Erwägungen führen zur Abweisung von Beschwerde und Rekurs.
Ausgangsgemäss sind die Kosten den Pflichtigen aufzuerlegen (Art. 144 Abs. 1 DBG,
§ 151 Abs. 1 StG). Die Zusprechung einer Parteientschädigung entfällt (§ 152 StG
i.V.m. § 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/
8. Juni 1997; Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das
Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember 1968).
Zu Recht sind den Pflichtigen im Bereich der Staats- und Gemeindesteuern
sodann auch die Einsprachekosten auferlegt worden, da sie das Einspracheverfahren
durch schuldhafte Verletzung von Verfahrenspflichten veranlasst haben (§ 142 Abs. 2
Satz 2 StG i.V.m. § 18 der Verordnung zum Steuergesetz vom 1. April 1998, VO StG).
Die Kostenfestsetzung ist mit Fr. 200.- auch in betraglicher Hinsicht nicht zu beanstan-
den (Ziff. 2.1. des Protokolls der Sitzung vom 18. Januar 2007 der Fachkommission
Steuerrecht des Kantonalen Steueramts i.V.m. § 21 Abs. 2 VO StG).
1 DB.2014.259 1 ST.2014.318
- 12 - | Public | Tax | de | 2,015 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
a3342e24-78dc-4646-8988-58276fb8e1f6 | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend der Pflichtige) war im Jahr 2009 bei der Firma B angestellt.
In der Steuererklärung 2009 deklarierte er ein steuerbares Einkommen von
Fr. 105'892.-. Mit Einschätzungsentscheid vom 30. September 2010 setzte das kanto-
nale Steueramt das steuerbare Einkommen für die Staats- und Gemeindesteuern 2009
auf Fr. 126'900.- fest, wobei namentlich ein Betrag von Fr. 16'500.- als steuerbare "Ab-
gangsentschädigung" aufgerechnet wurde.
B. Der Pflichtige erhob mit Eingaben vom 13. Dezember 2010 bzw. – nach
erneuter Zustellung des Einspracheentscheids – vom 27. Januar 2011 Einsprache und
beantragte die Festsetzung des steuerbaren Einkommens auf Fr. 108'000.-, insbeson-
dere, da es sich beim Betrag von Fr. 16'500.- um eine nicht steuerbare Entschädigung
wegen missbräuchlicher Kündigung handle. Das kantonale Steueramt hielt mit Ein-
spracheentscheid vom 2. März 2011 an der Einschätzung fest.
C. Mit Rekurs vom 1. April 2011 beantragte der Pflichtige, das steuerbare Ein-
kommen sei auf Fr. 110'400.- herabzusetzen, unter Kosten und Entschädigungsfolgen
zulasten des Rekursgegners.
Das kantonale Steueramt schloss mit Rekursantwort vom 4./6. Mai 2011 auf
Abweisung des Rechtsmittels unter Kostenfolge. | Die Einzelrichterin zieht in Erwägung:
1. Nachdem der Pflichtige nicht mehr am Versicherungsprämienabzug für
Verheiratete festhält, geht es vorliegend einzig um die Frage der Besteuerung des ar-
beitgeberseitig entrichteten Betrags von Fr. 16'500.-.
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1 ST.2011.82
2. Das Steuergesetz des Kantons Zürich vom 8. Juni 1997 (StG) verwirklicht
den Grundsatz der Gesamtreineinkommenssteuer mit der Einkommensgeneralklausel
und einem exemplifikativen Einkünftekatalog. Gemäss § 16 Abs. 1 StG unterliegen so
alle wiederkehrenden und einmaligen Einkünfte der Einkommenssteuer. Unter Einkünf-
ten sind dabei alle von aussen zufliessenden Vermögensrechte zu verstehen (Rich-
ner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz,
2. A., 2006, § 16 StG N 9). Insbesondere sind alle Einkünfte aus privatrechtlichem oder
öffentlichrechtlichem Arbeitsverhältnis gestützt auf § 17 Abs. 1 StG steuerbar, mit Ein-
schluss der Nebeneinkünfte, wie Entschädigungen für Sonderleistungen, Provisionen,
Zulagen, Dienstalters- und Jubiläumsgeschenke, Gratifikationen, Trinkgelder, Tantie-
men und andere geldwerte Vorteile.
Grundsätzlich sind damit sämtliche Einkünfte ohne Rücksicht auf ihre Quellen
steuerbar. Hiervon kann nur abgewichen werden, wenn das Gesetz bestimmte Ein-
künfte ausdrücklich von der Besteuerung ausnimmt oder einer anderen Besteuerungs-
ordnung (z.B. der Grundstückgewinnsteuer oder der Erbschafts- und Schenkungssteu-
er) unterwirft (RB 1997 Nr. 32 = ZStP 1997, 197 = StE 1997 B 24.4 Nr. 45).
3. a) Nach § 24 lit. g StG ist die Zahlung von Genugtuungssummen nicht der
Einkommenssteuer unterworfen.
a) aa) Diese Regelung setzt Art. 7 Abs. 4 lit. i des Bundesgesetzes über die
Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden vom 14. Dezem-
ber 1990 um (vgl. auch Art. 24 lit. g des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteu-
er vom 14. Dezember 1990 [DBG]). Diese Gesetzgebung geht auf die Praxis des Bun-
desgerichts unter der Ordnung des Beschlusses vom 9. Dezember 1940 über die
Erhebung einer direkten Bundessteuer (BdBSt) zurück. In einem wegweisenden Ent-
scheid vom 20. Juni 1986 sprach sich dieses für eine steuerliche Gleichbehandlung
von Schadenersatz- und Genugtuungsleistungen aus. Es führte dazu aus, Schaden-
ersatz diene der Wiedergutmachung einer Vermögenseinbusse mittels wertmässiger
Wiederherstellung des wirtschaftlichen Zustandes vor dem schädigenden Ereignis. Da
dadurch lediglich eine erlittene oder noch eintretende wirtschaftliche Einbusse ausge-
glichen werde, habe der Schadenersatz keine Vermögensvermehrung zur Folge und
unterliege grundsätzlich nicht der Besteuerung als Einkommen. Die Genugtuung sei
- 4 -
1 ST.2011.82
demgegenüber Wiedergutmachung einer (beispielsweise) durch Persönlichkeitsverlet-
zung hervorgerufenen immateriellen Unbill ("tort moral") und habe zum Zweck, durch
eine pekuniäre Leistung einen gewissen Ausgleich zu bieten für körperliche Schmer-
zen, Leid, verminderte Lebensfreude, Beeinträchtigung des Lebensgenusses und ähn-
liche Ursachen seelischen Unbehagens. Genugtuungszahlungen könnten per definitio-
nem nie an die Stelle eines Arbeitseinkommens treten, weshalb eine Besteuerung der
Genugtuung (im konkreten Fall wegen Beeinträchtigung der körperlichen Integrität) als
Ersatzeinkommen von vornherein entfalle. Zusammenfassend erwog das Bundesge-
richt, sowohl die Genugtuung als auch der Schadenersatz bezweckten den Ausgleich
einer erlittenen immateriellen bzw. materiellen Beeinträchtigung durch materielle Wie-
dergutmachung. Es wäre deshalb stossend, die Genugtuung einzig deshalb, weil ihr
kein Vermögensabgang gegenüberstehe und das Vermögen des Betroffenen daher
durch die erlittene Unbill keine in Geld messbare entsprechende Verringerung erfahren
habe, als Vermögenszugang der Besteuerung als Einkommen zu unterstellen. Auf-
grund ihrer Nähe zum Schadenersatz und der Tatsache, dass sie nicht Ersatzeinkom-
men sei, dränge sich vielmehr der Schluss auf, die Genugtuung steuerrechtlich gleich
wie Schadenersatz und damit nicht als Einkommen im Sinn von Art. 21 BdBSt zu be-
handeln (BGr, 20. Juni 1986, ASA 56, 61, E. 2b ff.).
bb) Die ausdrückliche Steuerbefreiung der Genugtuungsleistung wird auch
sozialpolitisch begründet; so sollte sich der Staat nicht am Unglück seiner Bürger be-
reichern (vgl. Zigerlig/Jud, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band
I/2a, 2. A., 2008, Art. 24 DBG N 28; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 24 StG N 93;
BGr, 20. Juni 1986, ASA 56, 61, E. 2f).
b) Der Pflichtige behauptet, bei der von der Arbeitgeberin bezahlten Entschä-
digung handle es sich um eine steuerfreie Leistung infolge missbräuchlicher Kündi-
gung.
aa) Erweist sich eine Kündigung als missbräuchlich, ist eine Entschädigung
gemäss Art. 336a OR auszurichten. Diese Entschädigung dient nach der Rechtspre-
chung sowohl der Bestrafung als auch der Wiedergutmachung; letzteres ergebe sich
aus dem Wort "Entschädigung" sowie aus dem Umstand, dass sie nicht dem Staat,
sondern dem Betroffenen zu leisten sei. Die Entschädigung sei jedoch kein Schaden-
ersatz im klassischen Sinn, da sie keinen Schaden voraussetze, sondern sie sei viel-
- 5 -
1 ST.2011.82
mehr ein mit der Konventionalstrafe vergleichbares Gebilde eigener Art (vgl. BGE 123
III 391 E. 3; Streiff/von Kaenel, Arbeitsvertrag, 6. A., 2006, Art. 336a N 2, der von einer
"Strafzahlung" spricht).
bb) Nach der steuerrechtlichen Literatur steht die Entschädigung infolge miss-
bräuchlicher Kündigung als Rechtsverletzungsbusse (des Arbeitgebers) einer Genug-
tuungszahlung für Persönlichkeitsverletzungen nahe und ist deshalb als steuerfreie
Genugtuungsleistung im Sinn von § 24 lit. g StG zu behandeln (vgl. Peter Locher,
Kommentar zum DBG, 2001, Art. 24 N 51; Zigerlig/Jud, Art. 24 DBG N 29b; Rich-
ner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 24 StG N 95).
c) aa) Für die steuerrechtliche Beurteilung einer Leistung ist massgeblich,
welche Funktion dieser zukommt bzw. zu welchem Zweck sie entrichtet wurde
(vgl. StRK II, 31. Oktober 2003, ST.2003.247, E. 2b). Wie aus der vorstehend referier-
ten Rechtsprechung hervorgeht, sind Entschädigungen im Sinn von Art. 336a Abs. 1
OR (bzw. Art. 337c Abs. 3 OR) vielfältiger Natur, weshalb eine differenzierte Betrach-
tung angezeigt ist.
bb) Bei der Bemessung einer Entschädigung infolge missbräuchlicher Kündi-
gung hat das Gericht sämtliche Umstände zu würdigen, wobei ihm ein grosser Ermes-
sensspielraum zukommt (Streiff/von Kaenel, Art. 336a N 3). Auch die wirtschaftlichen
Auswirkungen der Kündigung auf den Arbeitnehmer sind zu berücksichtigen (Wolf-
gang Portmann, in: Basler Kommentar, 4. A., 2007, Art. 336a OR N 3). Es ist daher
denkbar, dass solche Entschädigungen auch lohnähnliche Komponenten bzw. Ersatz-
einkommen enthalten (etwa im Sinn einer Lohnfortzahlung). Diese Leistungen können
nur in demjenigen Umfang, als sie tatsächlich zum Zweck des Ausgleichs seelischer
oder körperlicher Unbill entrichtet wurden, als steuerfreie Genugtuungszahlungen be-
handelt werden. Nicht zu verkennen ist allerdings, dass es in der Praxis zu Abgren-
zungsschwierigkeiten kommen mag. Bei der Ermittlung des steuerfreien Betrags könn-
ten sich zusätzliche Unwägbarkeiten ergeben bei Entschädigungen, die gestützt auf
eine (gerichtliche oder aussergerichtliche) Vergleichsvereinbarung ausbezahlt wurden,
da in diesen Fällen oft kaum Einzelheiten ersichtlich sind bzw. in Erfahrung gebracht
werden können.
- 6 -
1 ST.2011.82
cc) Weiter ist zu beachten, dass die Entschädigung nach missbräuchlicher
Kündigung einen konventionalstrafrechtlichen Teilaspekt beinhaltet, der eine Scha-
densabgeltung einschliesst, bezweckt doch die Konventionalstrafe – wenn auch nicht
hauptsächlich – auch einen wirtschaftlichen Ausgleich für Nachteile der Nicht- oder
Schlechterfüllung der Primärverpflichtung (siehe Felix Ehrat, in: Basler Kommentar,
4. A., 2007, Art. 160 OR N 1). In diesem Umfang dürften solche Beträge nicht als Ge-
nugtuungsleistungen im Sinn von § 24 lit. g StG qualifiziert werden, sondern (soweit
damit tatsächlich eine wirtschaftliche Einbusse abgedeckt wird) als – immerhin eben-
falls steuerfreie – Schadenersatzleistungen (vgl. Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 22
StG N 91).
4. Nach Auffassung des Steueramts ist es dem Pflichtigen nicht gelungen, die
Missbräuchlichkeit der Kündigung nachzuweisen, weshalb die ihm ausbezahlte "Ab-
gangsentschädigung" zu besteuern sei. Im Folgenden ist zu prüfen, wie es sich damit
verhält. Vorweg ist allerdings darauf hinzuweisen, dass es sich beim strittigen Betrag
um keine Abgangsentschädigung im gesetzlichen Sinn handelt, denn die Vorausset-
zungen gemäss Art. 339b OR (Altersgrenze, Anzahl Dienstjahre) sind offensichtlich
nicht erfüllt.
a) Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist namentlich missbräuchlich,
wenn sie ausgesprochen wird, während der Arbeitnehmer gewählter Arbeitnehmerver-
treter in einer betrieblichen oder in einer dem Unternehmen angeschlossenen Einrich-
tung ist, und der Arbeitgeber nicht beweisen kann, dass er einen begründeten Anlass
zur Kündigung hatte (Art. 336 Abs. 2 lit. b OR). Dieser Kündigungsschutz gilt unter an-
derem auch für die Mitglieder des Stiftungsrats einer Personalvorsorgeeinrichtung. Der
Arbeitgeber darf in diesen Fällen nur kündigen, wenn er das Vorliegen eines begründe-
ten Anlasses beweisen kann. Der begründete Anlass wiederum darf nicht mit der Tä-
tigkeit als Arbeitnehmervertreter zusammenhängen, sondern muss leistungs-, verhal-
tens- oder betriebsbedingt sein. Damit wird die Beweislast umgekehrt (vgl. Streiff/von
Kaenel, Art. 336 N 12; Portmann, Art. 336 OR N 17 ff.). Dieser Kündigungstatbestand
nimmt damit eine Sonderstellung ein: Die Kündigung gilt ohne Weiteres als miss-
bräuchlich, wenn der Gekündigte zum Kündigungszeitpunkt gewählter Arbeitnehmer-
vertreter war und der Arbeitgeber den Beweis für einen begründeten Kündigungsan-
lass nicht erbracht hat.
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1 ST.2011.82
b) aa) Der Pflichtige erklärt in der Rekursschrift, er habe die Stelle bei der Fir-
ma B im August 2007 angetreten und sei im November 2008 in den Stiftungsrat der
Pensionskasse der Firma B gewählt worden. Diese Funktion habe er bis zum Aus-
scheiden aus dem Arbeitsverhältnis ausgeübt. Auf Ende 2008 sei die aus [...] Mitarbei-
tenden bestehende Rechtsabteilung auf [...] Mitarbeitende reduziert worden. Zudem
sei eine Mitarbeiterin schwangerschafts- und mutterschaftsbedingt während rund eines
Jahres arbeitsabwesend gewesen, was zu einer tatsächlichen Reduktion des Per-
sonalbestands um mehr als [...] geführt habe. Trotz dieser Umstände habe sich der
Pflichtige entschlossen, bei der Arbeitgeberin zu bleiben, da ihm in Aussicht gestellt
worden sei, die Rechtsabteilung führen zu können. Es sei dann aber eine andere Per-
son Leiter der Rechtsabteilung geworden und man habe ihm ohne Angabe von Grün-
den am [...] gekündigt. Er habe am [...] Einsprache wegen missbräuchlicher Kündi-
gung erhoben. Im Rahmen einer Freistellungsvereinbarung sei ihm eine
"Entschädigungszahlung" von Fr. 16'500.- zugesprochen worden; gleichzeitig habe er
sich verpflichtet, seine Einsprache zurückzuziehen. Auf eine weitergehende Begrün-
dung der Kündigung sei verzichtet worden, da diese aus Sicht des Pflichtigen nicht
mehr nötig gewesen sei, nachdem man sich auf die Entschädigungszahlung geeinigt
habe. Diese Entschädigung sei im Lohnausweis 2009 fälschlicherweise als "Abgangs-
entschädigung" bezeichnet worden. Dem Pflichtigen sei aus rein persönlichen Gründen
gekündigt worden.
bb) Mit Schreiben der Arbeitgeberin vom [...] wurde dem Pflichtigen per Ende
2009 gekündigt. Daraufhin erhob der Pflichtige Einsprache gegen die "gemäss Art. 336
Abs. 1 lit. a und Abs. 2 lit b OR missbräuchlich ausgesprochene Kündigung". Am [...]
wurde eine umfassende Vereinbarung über die Auflösung des Arbeitsvertrags getrof-
fen. Unter anderem verpflichtete sich die Arbeitgeberin, dem Pflichtigen eine "Entschä-
digung in Höhe von Fr. 16'500 CHF brutto" zu bezahlen. Diese Zahlung werde mit dem
Dezember-Salär ausbezahlt. Andererseits sollte die Einsprache gegen die Kündigung
definitiv zurückgezogen werden.
c) Der Pflichtige war zum Kündigungszeitpunkt nachgewiesenermassen Mit-
glied des Stiftungsrats der B-Pensionskasse [...]. Nach unbestritten gebliebenen Anga-
ben vertrat er dort die Arbeitnehmerschaft. Damit galt für ihn der Kündigungsschutz
gemäss Art. 336 Abs. 2 lit. b OR. Nachdem der Pflichtige gegenüber seiner damaligen
Arbeitgeberin Einsprache erhoben hatte, wurde am [...] eine Einigung erzielt über die
- 8 -
1 ST.2011.82
Auflösung des Arbeitsvertrags, unter Einschluss einer Saldoklausel. Nach Abschluss
dieser Vereinbarung bestand für die Arbeitgeberin keinerlei Grund mehr, den Beweis
für das Vorliegen eines begründeten Kündigungsanlasses anzutreten. Damit ist ohne
Weiteres davon auszugehen, dass ein solcher Beweis unterblieben ist, weshalb die
Kündigung durch die Arbeitgeberin vom [...] – jedenfalls vorfrageweise im steuerrecht-
lichen Verfahren – als missbräuchlich im Sinn von Art. 336 Abs. 2 lit. b OR zu qualifi-
zieren ist.
5. a) Folge einer missbräuchlichen Kündigung ist nicht deren Ungültigkeit.
Vielmehr hat die kündigende Partei der Gegenseite eine Entschädigung nach Art. 336a
Abs. 1 OR auszurichten. Zur Geltendmachung der Entschädigung sind die Verfahrens-
vorschriften gemäss Art. 336b OR einzuhalten; andernfalls verwirkt der Entschädi-
gungsanspruch (vgl. zum Ganzen BGE 132 III 406 E. 2.1; Streiff/von Kaenel, Art. 336b
N 5; Adrian Stähelin, Zürcher Kommentar, 1996, Art. 336a OR N 5). Nach herrschen-
der Lehre und Praxis geht eine privatrechtliche Forderung durch Verwirkung vollständig
und endgültig unter. Die Verwirkung ist – im Gegensatz zur Verjährung – durch das
Gericht von Amts wegen zu beachten (BGE 116 Ib 386 E. 3c/aa; BGE 131 II 65 E. 1.3;
Alfred Koller, in: Theo Guhl, Das Schweizerische Obligationenrecht, 9. A., 2000,
S. 314 ff.). Wie aus den Gesetzesmaterialien und der bundesgerichtlichen Rechtspre-
chung hervorgeht, sind insbesondere an die Wahrung der in Art. 336b OR festgelegten
Fristen (Einsprache, Klageerhebung) hohe Anforderungen zu stellen (vgl. BGE 136 III
96 E. 2.1, mit Hinweisen).
b) Der Pflichtige erhob noch während der Kündigungsfrist und in Schriftform
Einsprache gegen die missbräuchliche Kündigung. Damit kam er den in Art. 336b
Abs. 1 OR statuierten Vorgaben nach. Die Frist zur Klageerhebung innert 180 Tagen
seit Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Sinn von Art. 336b Abs. 2 OR wurde da-
gegen nicht eingehalten. Es fragt sich daher, ob sich dieser Umstand auf die Qualifizie-
rung des hier strittigen arbeitgeberseitig bezahlten Betrags auswirkt.
aa) Der Anspruch auf eine Entschädigung entsteht mit dem Zugang der miss-
bräuchlichen Kündigung (Streiff/von Kaenel, Art. 336a N 7). Die rechtzeitige Erhebung
der Einsprache durch den Pflichtigen führte zur Aufrechterhaltung des Entschädi-
gungsanspruchs. Noch während laufender Frist zur Klageanhebung fanden ausserge-
- 9 -
1 ST.2011.82
richtliche Verhandlungen mit der Arbeitgeberin statt, welche in die umfassende Verein-
barung über die Auflösung des Arbeitsverhältnisses vom [...] mündeten. In diesem
Rahmen verpflichtete sich die Arbeitgeberin (freiwillig) zur Zahlung einer Entschädi-
gung, währenddem der Pflichtige seine Einsprache zurückziehen sollte.
bb) Aufgrund des Wortlauts könnte Art. 336b Abs. 2 OR dahingehend gedeu-
tet werden, dass die Parteien sich entweder über die Fortsetzung des Arbeitsverhält-
nisses zu einigen hätten oder aber der Entschädigungsanspruch (zwingend) auf ge-
richtlichem Weg durchzusetzen wäre, ansonsten der Anspruch verwirkte. Gegen eine
solch enge Auslegung der Bestimmung spricht aber die Absicht des Gesetzgebers: Ziel
der per 1. Januar 1989 ins Gesetz aufgenommenen Regelung war es zwar, die Ver-
tragsparteien nach erfolgter Kündigung zu einer gütlichen Einigung über die Fortfüh-
rung des Arbeitsverhältnisses zu bewegen, andererseits sollte aber nach dem Schei-
tern entsprechender Verhandlungen möglichst schnell Klarheit über die geltend
gemachten Ansprüche gewonnen werden (BGE 136 III 96 E. 2.1, mit Hinweisen). Da-
her muss auch eine aussergerichtliche Einigung zulässig sein, welche Klarheit über die
Ansprüche schafft und den Gang vor Gericht entbehrlich macht. Das Bundesgericht hat
denn auch in einem obiter dictum erklärt, es sei nicht einzusehen, weshalb eine Ent-
schädigung nach Art. 336a OR erst nach Vorliegen eines Richterspruchs rechtsgültig
bezahlt werden könne (BGr, 17. November 1994, erwähnt in ZR 1997 Nr. 87).
cc) Die arbeitgeberseitig an den Pflichtigen bezahlte strittige Summe kann
nach dem Gesagten grundsätzlich eine Entschädigung im Sinn von Art. 336a Abs. 1
OR darstellen, auch wenn sie aufgrund einer aussergerichtlichen Vereinbarung geleis-
tet wurde und keine Klageerhebung erfolgte.
6. a) Gemäss der Vereinbarung über die Auflösung des Arbeitsvertrags vom
[...] trafen der Pflichtige und dessen Arbeitgeberin im Wesentlichen folgende Abma-
chungen: Verzicht auf die Arbeitsleistung während der Kündigungsfrist (Freistellung),
Salärzahlung bis zur Beendigung des Anstellungsverhältnisses (Lohnfortzahlung), pro
rata-Auszahlung eines Bonus, Zahlung einer "Entschädigung in Höhe von 16'500.00
CHF brutto" und definitiver Rückzug der Einsprache gegen die Kündigung. Weitere
Punkte (Ferienbezug, pauschale Repräsentationsspesen etc.) sind vorliegend nicht
- 10 -
1 ST.2011.82
von Interesse. Die beiden Parteien erklärten sich mit Erfüllung der Vereinbarung per
Saldo aller Ansprüche gegenseitig vollständig auseinandergesetzt (Saldoklausel).
b) In dieser Vereinbarung wird kein expliziter Grund für die Entschädigungs-
zahlung genannt. Die Einigung enthält aber auch die Verpflichtung zum definitiven
Rückzug der Einsprache gegen die missbräuchliche Kündigung. Nachdem für das
steuerrechtliche Verfahren von einer missbräuchlichen Kündigung auszugehen ist,
erscheint es aufgrund der Verknüpfung dieser beiden Punkte in der Vereinbarung als
naheliegend, den Grund für die Entschädigungszahlung alleine in der Missbräuchlich-
keit der Kündigung zu sehen. Zudem bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass in der
Entschädigungszahlung eine lohnähnliche Komponente enthalten wäre, zumal weitere
finanzielle Ansprüche wie z.B. die Lohnfortzahlung darin ausdrücklich geregelt wurden.
Auch aus der Höhe der Entschädigung ist nicht auf Elemente ausserhalb von Genug-
tuungs- bzw. Schadenersatzleistungen in einem weiteren Sinn zu schliessen, denn die
Entschädigungszahlung von Fr. 16'500.- entspricht zwei Monatslöhnen (Fixlohn) und
bewegt sich damit im unteren Drittel der Entschädigungen gemäss Art. 336a Abs. 1
OR.
Somit ist der arbeitgeberseitig ausgerichtete strittige Betrag als Entschädi-
gungszahlung infolge missbräuchlicher Kündigung zu qualifizieren, womit insbesonde-
re eine immaterielle Unbill abgegolten werden soll. Daran ändert nichts, dass die Ent-
schädigung fälschlicherweise als Bruttobetrag zugesprochen wurde (aufgrund des
Strafcharakters der Entschädigung ist der Betrag korrekterweise rein netto auszurich-
ten, vgl. Streiff/von Kaenel, Art. 336a OR N 2). Diese Entschädigung ist gemäss § 24
lit. g StG von der Besteuerung auszunehmen, allerdings lediglich im Umfang des Net-
tobetrags von Fr. 15'532.- [...].
c) Dies führt – aufgrund der Berücksichtigung des Nettobetrags bei der steuer-
freien Entschädigung – zu einer teilweisen Gutheissung des Rekurses. Das (gerunde-
te) steuerbare Einkommen für die Staats- und Gemeindesteuern 2009 ist bei
Fr. 111'300.- festzusetzen. Im Übrigen bleibt die Einschätzung unverändert.
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1 ST.2011.82
7. Seit dem 1. Januar 2011 ist die Gebührenverordnung des Verwaltungs-
gerichts vom 23. August 2010 für Verfahren am Steuerrekursgericht anwendbar
(vgl. § 118 lit. b StG in der Fassung vom 13. September 2010).
Der Pflichtige obsiegt beinahe vollständig (zu ca. 95%). Ausgangsgemäss
sind die Verfahrenskosten daher dem kantonalen Steueramt aufzuerlegen (§ 151
Abs. 1 StG). Eine Parteientschädigung ist dem Pflichtigen dagegen nicht zuzuspre-
chen, da er im Rekursverfahren nicht vertreten ist, die Abfassung der Rekursschrift
keinen besonderen Aufwand erforderte und der Einspracheentscheid auch nicht offen-
sichtlich unbegründet ist, d.h. nicht willkürlich oder fahrlässig getroffen wurde (§ 152
StG i.V.m. § 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni
1997). | Public | Tax | de | 2,011 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
a4436854-cf88-4ad0-9c50-b71ca84ad72f | hat sich ergeben:
A. A und B (nachfolgend der Pflichtige bzw. die Pflichtige, zusammen die
Pflichtigen) deklarierten in der Steuererklärung 2009 neben ihren Einkünften aus
Haupterwerb von Fr. 174'195.- (Pflichtiger) und Fr. 75'270.- (Pflichtige) auch einen Ver-
lust aus nebenberuflicher Tätigkeit des Pflichtigen als Wertschriftenhändler in der Höhe
von Fr. 68'658.-. In letzterem Zusammenhang reichten sie einen Kontoauszug 2009
der C Bank SA ein.
Mit Auflage vom 25. Januar 2011 unterzog der Steuerkommissär diesen Ver-
lust bzw. die deklarierte Wertschriftenhändlertätigkeit einer näheren Untersuchung,
wobei er diverse Aufzeichnungen 2009 (Einnahmen/Ausgaben, Aktiven/Passiven, Pri-
vateinlagen/-entnahmen) sowie Angaben zum Nachweis der Gewerbsmässigkeit ver-
langte (z.B. betreffend Fachkenntnisse, Anlagefinanzierung und Anlagerisiko).
Die Pflichtigen liessen die Auflage mit Schreiben vom 16. Mai 2011 beantwor-
ten; dies u.a. unter Hinweis auf früher vom Pflichtigen bereits ausgeübten Wertschrif-
tenhandel sowie unter Einreichung von diversen Unterlagen, enthaltend auch Daten
auf einer CD.
In einer weiteren Auflage vom 1. Juli 2011 wies der Steuerkommissär zu-
nächst darauf hin, dass der Pflichtige in einem früheren Verfahren erklärt habe, den
Wertschriftenhandel im Jahr 2001 endgültig aufgegeben zu haben. Nun zeige sich,
dass er auf dem schon früher benutzten Depot bei C per 2009 wiederum Verluste gel-
tend mache, ohne dass dieses Konto in den vergangenen Jahren je deklariert worden
wäre. Vor diesen Hintergrund seien die Kontoauszüge 2002 bis 2008 einzureichen.
Letzterem kamen die Pflichtigen mit Eingabe vom 5. August 2011 nach.
Mit Veranlagungsverfügung bzw. Einschätzungsentscheid vom 6. Dezem-
ber 2011 anerkannte der Steuerkommissär den geltend gemachten Verlust aus Wert-
schriftenhandel nicht und schätzte die Pflichtigen (unter Vornahme von weiteren hier
nicht mehr interessierenden Korrekturen) wie folgt ein:
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1 DB.2012.154 1 ST.2012.175
Staats- und Gemeindesteuern Direkte Bundessteuer
Steuerbares Einkommen Fr. 212'600.- Fr. 201'400.-
Steuerbares Vermögen Fr. 129'000.-.
B. Die hiergegen am 4. Januar 2012 erhobenen Einsprachen, mit welchen die
Pflichtigen insbesondere die Anerkennung des Verlusts aus Wertschriftenhändlertätig-
keit beantragte hatten, wies das kantonale Steueramt mit Entscheiden vom
28. Mai 2012 ab. Es erwog, dass in Beachtung der bundesgerichtlichen Rechtspre-
chung zur Abgrenzung des gewerbsmässigen Wertschriftenhandels von der privaten
Vermögensverwaltung eine Prüfung der einschlägigen Kriterien ergebe, dass der
Pflichtige nicht als Wertschriftenhändler qualifiziere und damit von einem privaten Kapi-
talverlust auszugehen sei.
C. Mit Beschwerde und Rekurs vom 28. Juni 2012 beantragten die Pflichtigen
erneut, den Verlust aus Wertschriftenhändlertätigkeit in Höhe von Fr. 68'658.- zu aner-
kennen und die Einkommenssteuerfaktoren entsprechend zu reduzieren. Zudem ver-
langten sie eine Parteientschädigung.
Mit Beschwerde- und Rekursantwort vom 17. Juli 2012 schloss das kantonale
Steueramt auf Abweisung der Rechtsmittel. Die Eidgenössische Steuerverwaltung liess
sich nicht vernehmen.
Nach Erhalt der Beschwerde-/Rekursantwort zur freigestellten Vernehmlas-
sung reichten die Pflichtigen am 6. September 2012 eine weitere Eingabe ein, zu der
sich das kantonale Steueramt am 19. September 2012 vernehmen liess.
Auf das Ergebnis der Sachverhaltsermittlungen, die Begründung der ange-
fochtenen Entscheide sowie die Vorbringen der Parteien ist – soweit erforderlich – in
den nachfolgenden Erwägungen einzugehen.
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1 DB.2012.154 1 ST.2012.175 | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. Streitig ist, ob der vom Pflichtigen im Jahr 2009 getätigte Handel mit Wert-
schriften als selbstständige Erwerbstätigkeit im Sinne von Art. 18 Abs. 1 und 2 des
Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990 (DBG) bzw.
§ 18 Abs. 1 und 2 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) qualifiziert, so dass der
dabei erzielte Verlust mit anderem Einkommen verrechnet werden kann, oder ob im
Sinn von Art. 16 Abs. 3 DBG bzw. § 16 Abs. 3 StG ein steuerlich nicht absetzbarer
privater Kapitalverlust vorliegt.
2. a) Nach Art. 16 Abs. 1 DBG unterliegen "alle wiederkehrenden und einmali-
gen Einkünfte" der Einkommenssteuer. Der Gesetzgeber hat damit an dem bereits in
Art. 21 Abs. 1 des Bundesratsbeschlusses vom 9. Dezember 1940 über die Erhebung
einer direkten Bundessteuer (BdBSt) enthaltenen Grundsatz der Gesamtreineinkom-
mensbesteuerung festgehalten. Steuerfrei sind nach Art. 16 Abs. 3 DBG die Kapital-
gewinne aus der Veräusserung von Privatvermögen. Damit bestätigt das Gesetz aus-
drücklich, was schon unter dem Bundesratsbeschluss über die Erhebung einer direkten
Bundessteuer Gültigkeit hatte (BGr, 23. Oktober 2009, 2C_868/2008, www.bger.ch,
auch zum Folgenden).
b) Art. 18 Abs. 1 DBG bestimmt, dass alle Einkünfte aus einem Handels-, In-
dustrie-, Gewerbe-, Land- und Forstwirtschaftsbetrieb, aus einem freien Beruf sowie
jeder anderen selbstständigen Erwerbstätigkeit steuerbar sind. Zu den Einkünften aus
selbständiger Erwerbstätigkeit gehören nach Art. 18 Abs. 2 DBG auch alle Kapitalge-
winne aus Veräusserung, Verwertung oder buchmässiger Aufwertung von Geschäfts-
vermögen.
Wie das Bundesgericht erkannt hat, wollte der Gesetzgeber die Besteuerung
der Einkünfte aus Erwerbstätigkeit, namentlich aus Liegenschaften- oder Wertschrif-
tenhandel, im Vergleich zum früheren Recht nicht einschränken. Er hat vielmehr be-
wusst eine Erweiterung gegenüber dem bisherigen Recht vorgenommen, indem er die
Kapitalgewinnsteuerpflicht aufgrund von Art. 18 Abs. 2 DBG auf den gesamten Bereich
der selbständigen Erwerbstätigkeit, d.h. auf alle Gegenstände des Geschäftsvermö-
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1 DB.2012.154 1 ST.2012.175
gens, ausgedehnt hat, während sie nach bisherigem Recht aufgrund von Art. 21 Abs. 1
lit. d und f BdBSt auf buchführungspflichtige Unternehmen beschränkt war (BGE 125 II
113 E. 5c, S. 121 f. mit Hinweis).
Nach bisheriger und ständiger Praxis des Bundesgerichts zu Art. 21 Abs. 1
lit. a BdBSt unterliegen Gewinne aus der Veräusserung von Vermögensgegenständen
– namentlich Liegenschaften, Wertpapieren, Edelmetallen und Devisen – als Er-
werbseinkommen der direkten Bundessteuer, wenn dabei eine Tätigkeit entfaltet wird,
die in ihrer Gesamtheit auf Erwerb gerichtet ist (vgl. statt vieler: BGE 122 II 446 E. 3 mit
Hinweisen). Diese Praxis gilt grundsätzlich auch für das Bundesgesetz über die direkte
Bundessteuer (BGE 125 11 113 E. 5 S. 120 ff.). Demnach sind steuerfreie private Ka-
pitalgewinne im Sinne von Art. 16 Abs. 3 DBG nur diejenigen Gewinne, die im Rahmen
der schlichten Verwaltung privaten Vermögens entstehen, also ohne besondere, in
ihrer Gesamtheit auf Erwerb gerichtete Tätigkeit des Steuerpflichtigen, oder bei einer
sich zufällig bietenden Gelegenheit (BGE 125 II 113 E. 5e S. 123; Urteile 2A.486/2002
vom 31. März 2003 E. 2.4, in: StE 2003 B 23 .1 Nr. 55; 2A.4/1998 vom 2. Dezem-
ber 1999 E. 2a, in: ASA 69 S. 788; je mit Hinweisen).
Ob einfache Vermögensverwaltung oder auf Erwerb gerichtete Tätigkeit vor-
liegt, ist unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen.
Als Indizien für eine selbständige Erwerbstätigkeit fallen nach der langjährigen Praxis
des Bundesgerichts etwa in Betracht: Systematische oder planmässige Art und Weise
des Vorgehens, Häufigkeit der Transaktionen, kurze Besitzdauer, enger Zusammen-
hang mit der beruflichen Tätigkeit der steuerpflichtigen Person, Einsatz spezieller
Fachkenntnisse oder erheblicher fremder Mittel zur Finanzierung der Geschäfte, Ver-
wendung der erzielten Gewinne bzw. deren Wiederanlage in gleichartige Vermögens-
gegenstände (vgl. dazu Urteil 2A.4/1998 vom 2. Dezember 1999 E. 2a, in: ASA 69
S. 788 mit Hinweisen). Jedes dieser Indizien kann zusammen mit andern, unter Um-
ständen jedoch auch allein zur Annahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit im Sinne
von Art. 18 DBG ausreichen. Dass einzelne typische Elemente einer selbständigen
Erwerbstätigkeit im Einzelfall nicht erfüllt sind, kann durch andere Elemente kompen-
siert werden, die besonders ausgeprägt vorliegen (vgl. zur Gewichtung der einzelnen
Kriterien jedoch BGr, 23. Oktober 2009, 2C_868/2008 E. 2.7, www.bger.ch). Entschei-
dend ist, dass die Tätigkeit in ihrem gesamten Erscheinungsbild auf Erwerb ausgerich-
tet ist (BGE 125 II 113 E. 3c S. 118 f.; Urteile 2A.4/1998 vom 2. Dezember 1999 E. 2a,
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1 DB.2012.154 1 ST.2012.175
in: ASA 69, S. 788; 2A.425/2001 vom 12. November 2002 E. 3.3, in: ASA 73 S. 299;
2A.419/2001 vom 13. November 2002 E. 2.3, in: ASA 73 S. 473 sowie 2A.486/2002
vom 31. März 2003 E. 2.4, in: StE 2003 B 23.1 Nr. 55).
Nicht von entscheidender Bedeutung ist im Übrigen, ob der Steuerpflichtige
die Wertschriftengeschäfte selber oder durch einen bevollmächtigen Dritten abwickelt;
das Wertschriftengeschäft erfordert in der Regel ohnehin den Beizug fachkundiger
Personen, deren Verhalten dem Steuerpflichtigen zugerechnet wird (BGE 122 II 446
E. 3b S. 450 mit Hinweis).
c) Nachdem das Verwaltungsgericht diese langjährige Rechtsprechung des
Bundesgerichts zum gewerbsmässigen Wertpapierhandel im Entscheid vom 22. Okto-
ber 2008 (SB.2007.00127) kritisiert hatte, hielt Letzteres im Entscheid vom 23. Okto-
ber 2009 (2C_868/2008, www.bger.ch) an dieser fest, erachtete dabei aber gewisse
Anpassungen und Präzisierungen für erforderlich. Dabei erwog es:
aa) Die Frage, ob schlichte (gewöhnliche) Verwaltung des privaten Vermö-
gens oder gewerbsmässiger Wertschriftenhandel vorliege, sei weiterhin aufgrund meh-
rerer Indizien und unter Würdigung sämtlicher konkreter Umstände des Einzelfalls zu
beantworten. Das schematische Vorgehen verschiedener kantonaler Steuerverwaltun-
gen, wonach beim Vorliegen bestimmter Kennzahlen auf eine Gesamtwürdigung ver-
zichtet werde bzw. selbständige Erwerbstätigkeit als ausgeschlossen gelten könne,
führe nur in denjenigen Fällen zu einem sachgerechten Ergebnis, bei denen die Ver-
hältnisse klar und eindeutig seien. In den übrigen Fällen sei die Tätigkeit jeweils nach
wie vor in ihrem gesamten Erscheinungsbild rechtlich zu beurteilen.
In der Literatur sei teilweise Kritik geäussert worden, wonach die bisherige
bundesgerichtliche Praxis weder Rechtssicherheit noch Gleichbehandlung gewährleis-
te, da sie mehr auf subjektiven als auf objektiven Kriterien beruhe. Als Lösung sei dar-
um etwa vorgeschlagen worden, quantifizierbare Alternativkriterien zu formulieren. Da-
gegen könnte grundsätzlich eingewendet werden, dass sich jeder Versuch, ein für
allemal "eindeutige" Abgrenzungskriterien für den Begriff der selbständigen Erwerbstä-
tigkeit zu entwickeln, als problematisch erweise. Allerdings sei durchaus einzuräumen,
dass in den letzten Jahren bestimmte Kriterien durch eine dynamische Entwicklung an
den Finanzmärkten, welche in immer schnellerem Rhythmus neue und moderne Fi-
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1 DB.2012.154 1 ST.2012.175
nanzprodukte anbieten würden, an Bedeutung verloren hätten, derweil sich andere
Kriterien oder Indizien gleichzeitig als gewichtiger und entscheidender erwiesen hätten:
So sei nicht von der Hand zu weisen, dass sich das Kriterium der "systematischen und
planmässigen Vorgehensweise" bei näherer Betrachtung als nicht mehr sehr zeitge-
mäss erweise; diese Voraussetzung erfülle heute nämlich wohl fast jede Person, die
sich – privat oder gewerbsmässig – mit Wertschriftenhandel befasse. Das Gleiche gel-
te für die "speziellen Fachkenntnisse". Diese beiden Kriterien könnten bei der Beurtei-
lung des gewerbsmässigen Wertschriftenhandels nur noch eine untergeordnete Be-
deutung haben, namentlich im Sinne von Ausschlusskriterien. Dagegen träten die
beiden Kriterien der "Höhe des Transaktionsvolumens" (betragsmässige Summe aller
Käufe und Verkäufe) sowie der "Einsatz erheblicher fremder Mittel zur Finanzierung
der Geschäfte" in den Vordergrund und seien fortan stärker zu gewichten. Diese bei-
den Kriterien beruhten auf objektiven und quantifizierbaren Gegebenheiten, was ihre
Anwendung wesentlich erleichtere. Zudem würden diese beiden Voraussetzungen von
der Praxis – wenn auch mit Vorbehalten – als die tauglichsten erachtet (vgl. etwa
Fritz Müller, Der Quasi-Wertschriftenhandel, StE 2007 S. 406).
bb) Im konkreten Fall schloss das Bundesgericht alsdann auf gewerbsmässi-
gen Wertschriftenhandel, weil der Steuerpflichtige im betroffenen Steuerjahr 2004 ins-
gesamt mindestens 184 Transaktionen (d.h. jeden zweiten Tag eine Transaktion)
durchgeführt und dabei ein Volumen von Fr. ... Mio. umgesetzt hatte, was dem zehn-
fachen Wert seines Vermögen entsprach. Durchgeführt worden seien dabei in erster
Linie kurzfristige Wertschriftengeschäfte. Der Handel mit Derivaten habe dabei weniger
der Absicherung des Aktienvermögens gedient, sondern sei spekulativer Natur gewe-
sen und im Verhältnis zum Gesamtvermögen sei ein grosses Volumen umgesetzt wor-
den. Auch seien die getätigten Transaktionen mit Devisen mit beträchtlichen Risiken
verbunden gewesen, hätten sehr kurzfristig stattgefunden und der Umsatz von Fr. ...
Mio. erscheine im Verhältnis zum Vermögen als sehr hoch. Dazu komme, dass auch
Fremdmittel (Erhöhung der Hypothek) eingesetzt worden seien. Es erhelle damit ohne
Weiteres, dass die oben erwähnten Kriterien, insbesondere ein sehr hohes Transakti-
onsvolumen, für die Annahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit im Sinne der bishe-
rigen bundesgerichtlichen Rechtsprechung erfüllt seien. Daran ändere auch nichts,
wenn nach Auffassung des Verwaltungsgerichts zutreffe, dass Derivate und strukturier-
te Produkte ebenso wie Anteile an Hedge Fonds mittlerweile auch bei Privatanlegern
weit verbreitet seien, wie die umfangreiche einschlägige Werbung in seriösen Tages-
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1 DB.2012.154 1 ST.2012.175
zeitungen zeige, und Optionen auch in ein "normales" Portefeuille gehören dürften. Der
Optionshandel könne auf gewerbsmässiges Vorgehen hindeuten, wenn die Optionen
nicht in erster Linie zur Absicherung von Risiken verwendet würden, was vorliegend
gerade nicht der Fall gewesen sei (vgl. Urteil 2A.486/2002 vom 31. März 2003 E. 3, in:
StE 2003 B 23.1 Nr. 55). Entscheidend sei hier aber, dass es sich um ein sehr hohes
Transaktionsvolumen gehandelt und recht zahlreiche spekulative und kurzfristige Ge-
schäfte getätigt worden seien.
Das Festhalten an der bisherigen Praxis bedeute aber nicht, dass es etwa
einem Steuerpflichtigen nicht möglich sein sollte, in seiner Freizeit neben der Aus-
übung der (im vollen Pensum verrichteten) Haupterwerbstätigkeit sein Vermögen nach
modernen Anlagestrategien und mithilfe moderner Anlageformen zu verwalten, ohne
als selbstständig Erwerbstätiger qualifiziert zu werden. Die private Vermögensverwal-
tung beschränke sich nicht auf Obligationen und Beteiligungsrechte und unterliege
nicht einem Gebot, diese in aller Regel zu halten oder nur selten zu verkaufen
(vgl. dazu etwa Andri Mengiardi, Die Besteuerung der Investition in derivative Anlage-
produkte ["strukturierte Anlageprodukte"] nach Schweizer Recht, 2008, S. 144).
3. a) Speziell ist im vorliegenden Fall zunächst, dass der Pflichtige vor rund
10 Jahren schon einmal nebenberuflich als Wertschriftenhändler tätig war, wobei er
auch steuerlich als solcher qualifiziert wurde und deshalb die schon damals erzielten
Verluste mit Einkommen aus Haupterwerb hat verrechnen können.
Hat er seinerzeit gegenüber der Steuerbehörde erklärt, die verlustbringende
Tätigkeit definitiv aufzugeben, konnte ihn dies grundsätzlich nicht daran hindern, es
Jahre später noch einmal zu wagen, über die schlichte Vermögensverwaltung hinaus-
gehend gewerbsmässigen Wertschriftenhandel zu betreiben. Der Umstand der vom
Pflichtigen bereits gemachten Erfahrung, dass im Wertschriftenhandel auch längere
Verlustphasen möglich sind, lässt mit Blick auf das der selbstständigen Erwerbstätig-
keit immanente Kriterium der Gewinnstrebigkeit indes in dieser Konstellation eine be-
sonders planmässige Art und Weise des Vorgehens erwarten, welche insbesondere
auf eine längerfristige Geschäftstätigkeit und das Überstehen von längeren Verlust-
phasen ausgerichtet ist.
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1 DB.2012.154 1 ST.2012.175
b) Ein solches planmässiges Vorgehen mit Ausrichtung auf eine langfristig
gewinnbringende Tätigkeit ist hier aber gerade nicht auszumachen. Wie der Kontoaus-
zug der C aufzeigt, dauerte das Börsenengagement des Pflichtigen lediglich 7 Monate,
wobei sich unter dem Aspekt der getätigten Geschäfte zwei Phasen unterscheiden
lassen:
aa) Der Pflichtige reaktivierte zunächst einfach ein über Jahre hinweg unbe-
nütztes Konto der Bank C, indem er dort am ... Januar 2009 einen Betrag von
Fr. 17'000.- einzahlte und dann am ... Januar 2009 für Fr. 9'820.- 200 Aktien "D" kauf-
te. Bis Mitte März tätigte er bei weiteren Privateinlagen von Fr. 38'500.- 22 Käufe von
Aktienpaketen, wobei er all diese Aktien in dieser Zeit auch wieder verkaufte. Insge-
samt ergaben sich 47 Transaktionen, wobei er aber lediglich mit zehn Titeln handelte.
Die Summe der Käufe und Verkäufe erreichte dabei jeweils rund Fr. 165'000.-. Nach-
dem der Pflichtige insgesamt Fr. 55'500.- eingezahlt hatte, betrug der Kontostand –
nach Verkauf aller Aktientitel – gemäss Valuta vom ... März 2009 Fr. 52'568.-, woraus
sich für diesen Zeitraum somit ein geringfügiger Verlust von rund Fr. 3'000.- ergab.
Mit Bezug auf diese zwei Monate anfangs 2009 kann in Anbetracht des
Transaktionsvolumens und der wenigen gehandelten Titel ungeachtet der jeweils kur-
zen Haltedauer noch nicht von gewerbsmässigem Handel gesprochen werden, zumal
der Pflichtige die Anlagen nach eigenen Angaben aus eigenen privaten Mitteln und
nicht etwa mit Fremdkapital finanzierte. Der Aufbau- und Wiederabbau eines Aktien-
portfeuilles mit 10 Titeln im zwischenzeitlich maximalen Gesamtwert des einbezahlten
Kapitals von Fr. 55'500 qualifiziert für sich betrachtet in den finanziellen Verhältnissen
der Pflichtigen (2009: steuerbares Einkommen [ohne angegebenen Verlust] rund
Fr. 210'000.-; steuerbares Vermögen rund Fr. 130'000.-) zweifelsfrei noch als private
Vermögensverwaltung.
bb) Nachdem der Pflichtige am ... März 2009 seinem C-Konto rund
Fr. 12'000.- wieder entnommen hatte und auf diesem damit noch rund Fr. 40'500.-
verblieben waren, änderte er seine Anlagestrategie komplett. Aktienkäufe erfolgten
gemäss Kontoauszug keine mehr. In Letzterem vermerkt sind ab dem ... März 2009
allein noch Positionen mit der Bezeichnung "Verkauf Open FSMI", "Verkauf Close
FSMI", "Purch. Open FSMI" und "Purch. Close FSMI"; dies jeweils im Umfang
von 1 bis 8 Einheiten, terminiert auf Juni 2009 oder September 2009. Bei all diesen
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Positionen sind dem Konto des Pflichtigen jeweils lediglich bescheidene Gebühren per
Verkauf oder Kauf ("Purch." = purchase = Kauf) von rund Fr. 2.- pro Einheit belastet
worden. Belastungen von mehreren tausend Franken sowohl zugunsten, als auch zu-
lasten des Pflichtigen erscheinen jedoch zwischen diesen Verkäufen und Käufen, dies
jeweils unter der Bezeichnung "Variation Margin FSMI".
Nachdem der Pflichtige in dieser zweiten Phase – zeitlich gestaffelt – mehrere
weitere Einlagen aus privaten Mitteln in Höhe von insgesamt rund Fr. 57‘000.- geleistet
hatte und sich der Kontostand, nach Entnahme von rund Fr. 32‘000.-, per ... Juli 2009
auf Fr. 0.- belief, stellte er alle Börsengeschäfte ein. Insgesamt erlitt er damit nach 174
Transaktionen (Käufe und Verkäufe) einen weiteren Verlust von rund Fr. 65'500.-
(= Fr. 40‘500.- + Fr. 57‘000.- – Fr. 32‘000.-) und erhöhte sich damit der Gesamtverlust
2009 auf den streitbetroffenen Betrag von Fr. 68'657.95.
c) Nach dem Gesagten stellt sich allein die Frage, ob der Pflichtige aufgrund
der zwischen Ende März und Mitte Juli getätigten zahlreichen Börsengeschäfte als
gewerbsmässiger Wertschriftenhändler qualifiziert werden kann. Zu untersuchen ist
dabei zunächst, um was es bei diesen Transaktionen genau ging:
aa) Die Pflichtigen liessen dazu in der Auflageantwort vom 16. Mai 2011 erklä-
ren, dass Futures auf den Swiss Market Index (SMI) gekauft und verkauft worden sei-
en. Dabei seien diese Futures nicht bezahlt worden. Hingegen habe, wenn sich der
SMI ungünstig entwickelt habe, eine Marge nachbezahlt werden müssen; wenn er sich
günstig entwickelt habe, sei eine Marge gutgeschrieben worden. Verbucht worden sei-
en diese Margen als "Variation Margin". Wenn also der Pflichtige beispielsweise Futu-
res auf den SMI leer verkauft habe und der SMI gestiegen sei, sei ihm die Erhöhung
der Marge von seinem C-Konto abgebucht worden; sei der SMI gefallen, sei ihm eine
Reduktion der Marge gutgeschrieben worden. Damit lägen hier eindeutig spekulative
Geschäfte vor. Mit den Futures habe der Pflichtige weit über seinen Kontostand hinaus
spekuliert, weshalb er auch immer wieder Geld habe nachschiessen müssen. Zu be-
achten sei, dass der Pflichtige wegen der Hebelwirkung von solchen Futures effektiv
mit weit höheren Summen spekuliert habe, als er Geld auf dem Konto gehabt habe.
Das hohe Risiko und die Anzahl der Transaktionen deuteten auf Gewerbsmässigkeit
hin. Kein Mensch würde sein Privatvermögen so riskant und so intensiv bewirtschaften.
Hätte ein Gewinn resultiert, wäre dieser mit Sicherheit besteuert worden.
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Im Schreiben vom 21. Februar 2012, welches im Einspracheverfahren einge-
reicht worden war, wurde zudem geltend gemacht, dass der Pflichtige insgesamt Futu-
res für ca. ... Millionen verkauft habe. Zwar habe er dafür nur eine Marge einschiessen
müssen, das Risiko habe aber über die ganze Zeit ... Millionen betragen. Zeitweise
habe ein Risiko von Fr. 500'000.- bestanden, was viel höher sei, als es ein normaler
Investor eingehen würde.
bb) Die Vorinstanz hielt dem entgegen, dass der Pflichtige in der Phase nach
dem Handel mit ein paar Aktien allein den Kurs des SMI ins Visier genommen und dar-
auf gesetzt habe, dass dieser fallen würde. Hierfür habe er keine speziellen Fach-
kenntnisse benötigt. Es lägen reine Spekulationsgeschäfte vor, wie sie jeder kleine
Privatanleger auch tätigen könne. Die investierten Beträge und das Anlagevolumen
seien verhältnismässig gering gewesen. Die Anlagen hätten kaum einmal den Realwert
von Fr. 50'000.- überstiegen, was nur rund einem Fünftel der Nettolohneinkünfte beider
Ehegatten im Jahr 2010 entspreche. Die Anlagen seien ohne fremde Mittel aus den
Lohneinkünften finanziert worden. Das von Seiten der Pflichtigen behauptete erhebli-
che Risiko sei zu relativeren. Das Risiko beim Spekulieren mit Futures auf den SMI
liege darin, dass dieser zum Kaufzeitpunkt einen höheren Wert aufweise als im Zeit-
punkt des Investitionsentscheids. Bei Börsenindizes fielen allfällige Kurssteigerungen
nicht ruckartig, sondern eher stetig und in kleinen Sprüngen an. Die von Seiten der
Pflichtigen erwähnten Risikobeträge seien rein theoretischer Natur. Der Pflichtige habe
auch nicht aufgezeigt, wie er diesem behaupteten hohen Risiko begegnet wäre, wes-
halb angenommen werden dürfe, er habe nicht mit einem solchen gerechnet. Insge-
samt lägen damit zwar viele Transaktionen vor, aber äusserst bescheidene Beträge
und kein hohes Transaktionsvolumen. Sodann habe der Pflichtige weder Fremdkapital
aufnehmen müssen, noch sei das Risiko der Anlagen besonders hoch gewesen. Wei-
ter habe der in der E tätige Pflichtige nicht über ein spezifisches Fachwissen für die
Spekulation mit SMI-Futures verfügen müssen. Wer sich sodann gewerbsmässig an
der Börse betätigen wolle und hauptsächlich mit einem Börsenindex spekuliere, höre
nicht nach einem halben Jahr wieder auf. Ein solches Vorgehen erscheine nicht plan-
mässig und erwecke den Eindruck, der Pflichtig habe nicht wirklich beabsichtigt, Wert-
schriftenhändler zu werden, sondern sei nur auf den schnellen Gewinn aus gewesen.
Die erlittenen Verluste seien damit nicht als Ergebnis einer gewerbsmässigen Tätigkeit
zu würdigen, sondern als private Kapitalverluste.
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cc) Beschwerde- und rekursweise wird zunächst geltend gemacht, das Kriteri-
um der Branchennähe sei beim Pflichtigen, der heute F für Banken erbringe, vorhan-
den. Nach seiner Lehre auf einer Bank sei dieser nämlich mehr als 16 Jahre als G bei
Banken tätig gewesen. Sodann habe er in der Zeit der hier zur Diskussion stehenden
Börsengeschäfte rund 30% seiner Arbeitskraft für den Wertschriftenhandel eingesetzt.
Erfüllt seien weiter auch die von Bundesgericht neuerdings besonders gewichteten
Kriterien betreffend die Höhe des Transaktionsvolumens und der Fremdfinanzierung
der Anlagen. Insgesamt seien im fraglichen Halbjahr nämlich 482 Transaktionen im
Betrag von mehr als Fr. ... Mio. getätigt worden (241 SMI-Kontrakte, welche je zwei
Mal gehandelt worden seien, weshalb von 482 Transaktionen auszugehen sei). Die
hohe Zahl der Transaktionen zeige, dass der Pflichtige als Day-Trader mit kurzfristigen
Gewinnzielen tätig gewesen sei; Day-Trader seien aber Händler und keine Anleger.
Die fehlende Diversifikation spreche sodann gerade für professionellen Handel, denn
ein Händler könne nur einen oder zwei Indizes intensiv beobachten.
Soweit die Einsprachebehörde von offenen Verträgen im Maximalwert von
Fr. 50'000.- ausgehe, habe sie sodann die Verträge zu ihrem Margenwert, statt zum
Nominalwert berechnet. Gehe man von einer 10%-Marge aus, die der Käufer von Futu-
re-Kontrakten tatsächlich einschiessen müsse, dann bedeute dies, dass 90% unge-
deckt seien. Ein SMI-Future Kontrakt habe den 10-fachen SMI-Punktwert. Wenn also
der SMI auf 5000 Punkte steigt, habe der Kontrakt einen Wert von Fr. 50'000.-. Müsse
beim Kauf eine Marge von 10% eingeschossen werden, so “koste“ der Vertrag den
Käufer also Fr. 5'000.-. Zu beachten sei nun, dass der Kontrakt bei Verfall zu erfüllen
sei. Wenn als beispielsweise jemand am 28. Juni 2012 versprochen habe, den
10-fachen Punktestand des SMI am 31.3.2013 zu Fr. 60'000.- zu verkaufen, und der
Punktestand des SMI betrage 5000, dann verkaufe er Fr. 50'000.- für Fr. 60'000.- und
mache also einen Gewinn von Fr. 10'000.-, während der Käufer einen Verlust von
Fr. 10'000.- erleide. Weil der Käufer beim Kauf nur 10% als Marge eingeworfen habe,
müsse er demzufolge aus der eigenen Tasche noch Fr. 5'000.- nachzahlen. Damit es
aber bei der Schlussabrechnung wegen möglicher Insolvenz des Verkäufers oder Käu-
fers keine unliebsamen Überraschungen gebe, achteten die Banken darauf, dass die
Marge, die ihre Händlerkunden einschiessen, immer die Differenz zwischen Vertrags-
preis und tatsächlichem Indexstand decke. Wenn der Käufer also für Fr. 50'000.- ge-
kauft und eine Marge von Fr. 5'000.- eingeschossen habe, werde die Bank, wenn der
SMI auf 4600 Punkte falle und der Vertrag noch einen Wert von Fr. 46'000.- habe, eine
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Erhöhung der Marge verlangen und den Kontrakt verkaufen, wenn diese nicht innert
kurzer Frist geleistet werde. Der Käufer habe also die Wahl, bei einer Index-
Abwärtsbewegung entweder nachzuschiessen und auf Erholung zu hoffen, oder aber
einen sofortigen Totalverlust oder Beinahetotalverlust seines Investments in Kauf zu
nehmen. Der theoretische Maximalverlust sei für einen Verkäufer nach oben unbe-
grenzt; für einen Käufer entspreche er dem Vertragspreis und nicht etwa nur der Mar-
ge. Damit sei hier davon auszugehen, dass zur gleichen Zeit 12 Kontrakte im Wert von
fast Fr. 600'000.- offen gewesen seien; die Steuerbehörde gehe zu Unrecht nur von
der Höhe der 10%-Marge aus.
Der von der Marge ungedeckte Kontraktpreis entspreche sodann einem
Fremdkapitaleinschuss; der Quotient zwischen Vertragspreis und Marge definiere da-
bei den Hebel. Wirtschaftlich sei es einerlei, ob ein Händler mit Marge kaufe oder ob er
bei einem Dritten ein Darlehen aufnehme, um den ganzen Vertrag zu bezahlen. Auf-
grund der Hebelwirkung, welche der Einsatz von Fremdkapital erzeuge, könne die In-
vestition in SMI-Futures den Investor ruinieren. Die Kriterien "hohes Transaktionsvolu-
men" und "Fremdkapital" seien damit bestens erfüllt.
Das Salär 2010 der Pflichtigen habe im Übrigen nur 150'000.- betragen. Im
Verhältnis dazu sei das Risiko von 600'000.- bei 12 offenen Kontrakten sehr hoch ge-
wesen. Dies zeige auf, dass es hier nicht um ein Hobby gegangen sei; auch der Halb-
jahresverlust, welcher praktisch dem Halbjahreseinkommen 2010 entspreche, sei
enorm und deute auf Erwerbstätigkeit hin.
Dass der Pflichtige nur auf Baisse spekuliert habe, treffe nicht zu. Tatsächlich
sei er mit 160 Kontrakten eine Baisse-Position und mit 81 Kontrakten eine Hausse-
Position eingegangen. Dazu habe er den Markt täglich beobachten müssen. Wer auf
den SMI spekuliere, müsse im Übrigen alle diesem zugrunde liegenden Titel genau
verfolgen, was der Pflichtige im Rahmen von 30% seiner Arbeitszeit denn auch getan
habe. Einen solchen Aufwand betreibe ein Privater nicht.
Soweit die Steuerbehörde von reinen Spekulationsgeschäften, die jeder
Kleinanleger tätigen könne, spreche, sei sie widersprüchlich. Zwar habe heute tatsäch-
lich jedermann Zugang zur Börse; dass aber "reine Spekulationsgeschäfte" die An-
nahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit ausschliessen sollten, sei im Licht der
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neuen bundesgerichtlichen Rechtsprechung eine gewagte Aussage. Die Steuerbehör-
de könne sodann nicht reine Spekulationsgeschäfte als privat bezeichnen und gleich-
zeitig dem Pflichtigen vorwerfen, er sei zu wenig Risiko eingegangen.
Dass Indizes weniger volatil als Einzeltitel seien, treffe zu; ein Absturz von
10% und damit der Totalverlust der Marge liege aber immer im Bereich des Möglichen,
namentlich, seit die europäische Finanzkrise begonnen habe.
Das Transaktionsvolumen habe insgesamt Fr. ... Mio. betragen. Die Vorin-
stanz qualifiziere dieses als bescheiden, weil sie nur auf die jeweils gleichzeitig offenen
Kontrakte abstelle. Dabei verkenne sie, dass ein durchschnittlicher Gewinn oder Ver-
lust auf dem einzelnen Kontrakt erzielt werde. Je mehr Kontrakte gehandelt würden,
desto höher seien also die Gewinnchancen. Gehe man von einer realistischen durch-
schnittlichen Volatilität des Index von 2% über eine Dauer von 1-2 Tage aus, könne der
perfekte Händler auf einem Volumen von Fr. ... Mio. in einem halben Jahr den schö-
nen Gewinn von Fr. 250'000.- einstreichen. Kein Privater werde je ein solches Volu-
men in so kurzer Zeit handeln. Dazu wäre der Beobachtungsaufwand viel zu hoch.
Dass es kein spezifisches Fachwissen brauche, um mit SMI-Futures zu han-
deln, treffe nicht zu; es genüge nicht, alle paar Stunden einen Blick auf Reuters zu wer-
fen. Aufgrund des erlittenen Verlusts könne sodann dem Pflichtigen nicht fehlende
Fachkenntnis vorgeworfen werden. Die Börse bringe es mit sich, dass auch der Beste
bei einer Pechsträhne einmal verlieren könne.
Zusammenfassend lasse sich festhalten, dass es keinen Grund gebe, einen
Steuerpflichtigen, welcher einst 16 Jahre bei einer Bank als G gearbeitet habe und
30% seiner Zeit dafür aufgewendet habe, um in einem halben Jahr 2 x 241 Transaktio-
nen mit Future-Kontrakten zu tätigen, nicht als Selbstständigerwerbenden zu qualifizie-
ren, nur weil seine Geschäfte "in die Hosen gegangen" seien. Hätte er die Geschäfte
weitergeführt, hätte man steuerlich eher an der Ernsthaftigkeit zweifeln können. Die
Tatsache, dass er sein Versagen eingestanden habe, zeige, dass es ihm um den
kommerziellen Erfolg gegangen sei und nicht einfach um ein Hobby. Ein Gewinn wäre
mit Sicherheit besteuert worden.
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1 DB.2012.154 1 ST.2012.175
d) Fest steht zunächst, dass auch die Pflichtigen das Vorliegen von gewerbs-
mässigem Wertschriftenhandel allein aus der dreieinhalbmonatigen Phase ableiten, in
welcher allein noch mit SMI-Futures spekuliert worden ist.
aa) Futures sind Terminkontrakte auf ein bestimmtes Gut. Terminkontrakte auf
Aktien, Anleihen, Indizes und Währungen werden Financial Futures genannt. Sie ver-
pflichten je nach Ausgestaltung als Short- oder Long-Positionen den Erwerber des
Kontraktes, eine bestimmte Menge und Qualität des zugrunde liegenden Basiswerts zu
einem bestimmten, in der Zukunft liegenden Zeitpunkt zu einem bei Abschluss festge-
legten Preis zu liefern oder zu kaufen. Der Verkäufer des Kontraktes unterliegt den
gleichen Pflichten spiegelbildlich. Diesen Pflichten können sich die Parteien nur durch
Weiterverkauf des Kontraktes entziehen; dabei spricht man vom Glattstellen der Positi-
on. Futures werden üblicherweise auf Marge erworben. Dies bedeutet, dass der Er-
werber nicht den vollen Wert des Kontraktes bezahlt, sondern lediglich eine Anzahlung
leistet, der als Einschusszahlung oder Sicherheitsleistung bezeichnet wird. Diese Si-
cherheitsleistung ist variabel. Steigt während der Laufzeit des Kontraktes die Marge,
also das Verhältnis von Sicherheitsleistung zum Kontraktwert, erhält der Erwerber übli-
cherweise eine Gutschrift. Sinkt die Marge, so kann der Broker in der Regel Nach-
schusszahlungen verlangen oder die Position glattstellen (http://boersenlexikon.faz.net/
future.htm). Zur Abwicklung wird ein sogenanntes Margenkonto eingerichtet, dessen
Eigenkapital stets der Summe der Einschusszahlung/Sicherheitsleistung zuzüglich der
Summe aller täglichen Gewinne abzüglich der Summe aller täglichen Verluste über alle
gehaltenen offenen Positionen entspricht (http://www.godmode-trader.ch/wissen/
index.php/Futures:Futures).
Der SMI-Future (FSMI) ist dementsprechend ein Terminkontrakt, der sich
ausschliesslich auf den Leitindex der Schweizer Börse bezieht; demnach handelt es
sich beim SMI-Future um eine Wette auf den Stand des Index - der 20 größten Titel
des schweizerischen Aktienmarktes - zu einem im Vorfeld festgelegten, in der Zukunft
liegenden Datum (vgl. www.finanzen.net/futures/SMI-Future). Quantitativ wird der Wert
durch Multiplikation des aktuellen SMI-Kurses mit CHF 10.- ermittelt. Liegt also der SMI
bei 6'000 Punkten, so hat ein Kontrakt einen aktuellen Wert von CHF 60‘000.-. Die
kleinste Handelsgrösse ist ein Punkt, wobei ein Punkt einen Wert von CHF 10.- hat.
Gehandelt wird der FSMI an der EUREX (vgl. "the investor", 29.2.2008
[www.cosmopolitan.ch/newswriter_files/infocenter/080229_Der%20SMI-Futures.pdf]).
http://boersenlexikon.faz.net/aktie.htm http://boersenlexikon.faz.net/anleihe.htm http://boersenlexikon.faz.net/financia.htm http://boersenlexikon.faz.net/longposi.htm http://boersenlexikon.faz.net/kontrakt.htm http://boersenlexikon.faz.net/basiswer.htm http://boersenlexikon.faz.net/broker.htm
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1 DB.2012.154 1 ST.2012.175
bb) Der SMI-Future eignet sich einerseits zur Absicherung von Aktienportfolios
mit Schweizer Werten gegen kurzfristige Kursschwankungen. Andrerseits können An-
leger mithilfe des Index-Futures auf steigende oder fallende Kurse des SMI spekulieren
(vgl. www.boerse.de/futures/SMI-Future/CH0008616432SMI-Futures). Letzteres er-
scheint anlagetechnisch prima vista recht einfach und lässt (ähnlich "rot/schwarz" bei
Roulette oder "Kopf/Zahl" beim Münzenwurf) an eine 50%ige Gewinnchance, aber
auch ein 50%iges Verlustrisiko denken. Ob ein professioneller Wertschriftenhändler
dank seinem Wissen und seinen ständigen Marktbeobachtungen die Aufwärts- oder
Abwärtsbewegungen mit einer höheren Wahrscheinlichkeit als 50% voraussehen und
damit die Gewinnchancen bei der Spekulation erhöhen kann, entzieht sich dem Wissen
des Rekursgerichts; immerhin ist naheliegend, dass die SMI-Tagesbewegungen im
Rahmen von Day-Trading wohl schwerer voraussehbar sind als längerfristige Tenden-
zen.
cc) Der Pflichtige hat in den fraglichen dreieinhalb Monaten 174 Transaktionen
getätigt. Dabei wurden insgesamt 482 FSMI-Kontrakte ("sell" oder "buy" bzw. "long"
oder "short") umgesetzt. Den Wert aller gehandelten Kontrakte beziffern die Pflichtigen
auf rund Fr. ... Mio.
Diese Zahlen vermögen im Rahmen der vom Bundesgericht hervorgehobenen
quantifizierbaren Abgrenzungskriterien durchaus für eine gewerbsmässige Anlagetä-
tigkeit sprechen. Zu beachten ist nun aber, dass die Positionen andauernd glattgestellt
worden sind; unter dem Strich waren deshalb gleichzeitig nie mehr als 12 Kontrakte
("short") bzw. 10 Kontrakte ("long") offen. Der Wert der offenen Positionen betrug auf-
grund des beschriebenen 10fach-Hebels bisweilen nahezu Fr. 600‘000.-. Ein Verlustri-
siko in dieser Höhe hat allerdings nicht bestanden. Wie die Pflichtigen selber ausfüh-
ren, achten die Banken aus nachvollziehbaren Gründen darauf, dass die auf dem
Konto vorhandene Marge stets die Differenz zwischen Vertragspreis und tatsächlichem
Indexstand deckt, ansonsten entsprechende Positionen umgehend glattgestellt wer-
den. Das Risiko ist damit auf die als Sicherheit dienende Marge und nicht auf den Wert
der gehandelten Kontrakte beschränkt. Der Pflichtige konnte folglich maximal die je-
weils selber eingeschossene Marge verlieren und hatte dergestalt das Risiko bzw. die
Höhe des maximal möglichen Kapitalverlusts jederzeit unter Kontrolle. Ein Verlustrisiko
auf den 90% des Kontraktwerts ausserhalb der Marge bestand in dieser Konstellation
nicht, weshalb der Behauptung, wirtschaftlich liege insoweit eine Fremdfinanzierung
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1 DB.2012.154 1 ST.2012.175
vor, bei der Gewichtung der Abgrenzungskriterien keinerlei Bedeutung zukommen
kann.
Im Ergebnis hat der Pflichtige mit eigenen Mitteln, welche den hauptberufli-
chen Einkünften entstammten, zwar aufgrund des 10fach-Hebels hochspekulative An-
lagen getätigt, doch war das Anlagerisiko auf den Verlust der jeweils eingesetzten Mit-
tel beschränkt. Dergestalt hat er mit selber gewählten Geldeinsätzen über dreieinhalb
Monate hinweg im Durchschnitt rund 2 x pro Werk- bzw. Börsentag auf ein Ansteigen
oder Absinken des SMI-Index spekuliert, was seine Tätigkeit in eine gewisse Nähe zu
Glücksspielen rücken lässt. Solche Spekulationsgeschäfte mit der schnellen Aussicht
auf (gehebelten) Gewinn – oder eben auch auf entsprechenden Verlust – werden heu-
te aufgrund des einfachen Zugangs zur Börse und der Vermarktung entsprechender
Anlageprodukte durchaus auch von Privaten getätigt. Dank dem einfachen Börsenzu-
gang via Internet kann dabei ein Privater solche Börsengeschäfte ohne weiteres auch
mehrmals täglich abschliessen, weshalb dem Argument der Pflichtigen, "Day-Trading"
qualifiziere immer als gewerbsmässig, nicht gefolgt werden kann. Das auf die gehan-
delten Kontrakte abstellende (gehebelte) Transaktionsvolumen kann in der vorliegen-
den Konstellation deshalb nicht als Hauptkriterium gewichtet werden. Mit Bezug auf
quantifizierbare Kriterien rückt stattdessen das jeweils eingesetzte Risikokapital in den
Vordergrund, welches hier einerseits kein Fremdkapital beinhaltet und sich andrerseits
– maximal – auf die jeweils auf dem Margenkonto vorhandene Summe beschränkt
(Höchststand ... Juli 2009: Fr. 61‘192.95; die Differenz zu den bis dahin gesamthaft
eingesetzten Mitteln von rund Fr. 97'500.- [= Fr. 40‘500 + Fr. 57‘000.-] rührt daher,
dass zuvor bereits Verluste realisiert wurden) und sich somit in einem Rahmen bewegt,
in welchem in den finanziellen Verhältnissen der Pflichtigen durchaus privat spekuliert
werden konnte.
Ob nach dem Gesagten noch von Vermögensanlage im herkömmlichen Sinn
gesprochen werden kann, wenn mit einem begrenzten Risikokapital (ähnlich einem
Wetteinsatz) ein schneller Hebelgewinn angepeilt wird, oder ob diesfalls nicht eher
Lebenshaltungskosten für Spiel und Wette bzw. Liebhaberei/Hobby vorliegen, kann
dahin gestellt bleiben. Eine Gesamtbetrachtung führt jedenfalls zum Schluss, dass der
Pflichtige allein dadurch, dass er in dreieinhalb Monaten mit zeitlich gestaffelten Privat-
einlagen von insgesamt rund Fr. 97'500.- (= Fr. 40‘500 + Fr. 57‘000.-) letztlich erfolglos
immer wieder auf ein Ansteigen oder Absinken des SMI-Index wettete, nicht als ge-
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1 DB.2012.154 1 ST.2012.175
werbsmässiger Wertschriftenhändler qualifiziert. Eine planmässige Vorgehensweise
mit dem Ziel einer langfristigen und anhaltenden Gewinnerzielung ist nicht erkennbar.
Daran vermag auch nichts zu ändern, dass der Pflichtige über frühere Bankerfahrung
verfügt und er für die in Frage stehenden Spekulationsgeschäfte angeblich 30% seiner
Arbeitskraft eingesetzt hat. Entscheidend ist, dass eine Würdigung aller Umstände das
Bild eines typischen Privatanlegers hinterlässt, der einen limitierten Teil seines Privat-
vermögens dazu verwendete, um an der Börse mit hochriskanten Anlagen dank He-
belwirkung einen schnellen hohen Gewinn zu erzielen und dies im Bewusstsein, dass
die Möglichkeit des Verlusts des eingesetzten (Risiko-) Kapitals mit Blick auf ebendie-
sen Hebel entsprechend hoch ist. Eine solche Strategie ist nicht auf langfristiges re-
gelmässiges Einkommen im Rahmen einer selbstständigen Erwerbstätigkeit ausgerich-
tet.
Dementsprechend qualifiziert der vom Pflichtigen an der Börse erlittene Ver-
lust als privater Kapitalverlust und ist eine Verrechnung mit übrigem Einkommen aus-
geschlossen.
4. a) Die §§ 16 und 18 StG entsprechen im Wesentlichen Art. 16 und
18 DBG. Daraus folgt, dass die vorstehenden Erwägungen zur direkten Bundessteuer
auch für die kantonalen Steuern gelten.
b) Nach alledem sind die Beschwerde und der Rekurs abzuweisen. Aus-
gangsgemäss sind die Kosten den Pflichtigen aufzuerlegen (Art. 144 Abs. 1 DBG,
§ 151 Abs. 1 StG). Die Zusprechung einer Parteientschädigung fällt ausser Betracht
(Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Verwaltungs-
verfahren vom 12. Dezember 1968; § 152 StG i.V.m. § 17 Abs. 2 des Verwaltungs-
rechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997).
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1 DB.2012.154 1 ST.2012.175 | Public | Tax | de | 2,012 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
a51b955f-dac7-4cc9-8829-7c9662960aeb | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend der Pflichtige) arbeitet seit dem ... als Auditor bzw. Ge-
richtsschreiber am Bezirksgericht B. In seiner Steuererklärung 2009 machte er als Be-
rufsauslagen u.a. Weiterbildungskosten von Fr. 9'500.- für den Lehrgang "Certificate of
Advanced Studies (CAS) Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht" der Universität Zü-
rich geltend. Mit Veranlagungsverfügung bzw. Einschätzungsentscheid vom 12. Januar
2011 verweigerte das kantonale Steueramt diesen Abzug mit der Begründung, er sei
"nicht nachgewiesen". Stattdessen gewährte es bei den Weiterbildungskosten lediglich
den Pauschalabzug von Fr. 500.- und setzte das steuerbare Einkommen des Pflichti-
gen auf Fr. 67'700.- (direkte Bundessteuer) bzw. Fr. 67'000.- (Staats- und Gemeinde-
steuern) und sein steuerbares Vermögen auf Fr. 30'000.- fest.
B. Hiergegen erhob der Pflichtige am 14. Februar 2011 Einsprache mit dem
Antrag, die Kosten für den Lehrgang "CAS Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht"
von Fr. 9'500.- seien als Weiterbildungskosten zum Abzug zuzulassen. Nachdem das
kantonale Steueramt daraufhin weitere Untersuchungen durchgeführt hatte, wies es
die Einsprache mit Entscheiden vom 28. Juli 2011 ab.
C. Mit Beschwerde bzw. Rekurs vom 21./25. August 2011 erneuerte der
Pflichtige seinen Einspracheantrag. Das kantonale Steueramt schloss am 23. Septem-
ber 2011 auf kostenfällige Abweisung der Rechtsmittel. Die eidgenössische Steuerver-
waltung verzichtete stillschweigend auf Vernehmlassung.
Mit Verfügung vom 18. Oktober 2011 wurde dem Pflichtigen eine Frist bis
8. November 2011 angesetzt, um Kopien der Entscheide aus den Bereichen des Wett-
bewerbs- und Immaterialgüterrechts vorzulegen, bei denen er im Rahmen seiner Tä-
tigkeit am Bezirksgericht B mitgewirkt habe, unter der Androhung, dass bei Säumnis
auf Grund der Akten entschieden werde. Innert Frist ging keine Stellungnahme des
Pflichtigen ein.
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2 DB.2011.171 2 ST.2011.244
Auf die Parteivorbringen wird – soweit rechtserheblich – in den nachfolgenden
Erwägungen eingegangen. | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. Gemäss Art. 25 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom
14. Dezember 1990 (DBG) und § 25 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) wer-
den zur Ermittlung des Reineinkommens von den gesamten steuerbaren Einkünften
die zur Erzielung notwendigen Aufwendungen abgezogen. Abzugsfähig im Bereich der
unselbstständigen Erwerbstätigkeit sind nach Art. 26 Abs. 1 lit. d DBG bzw. § 26 Abs. 1
lit. d StG unter anderem die mit dem Beruf zusammenhängenden Weiterbildungs- und
Umschulungskosten. Nicht abzugsfähig sind hingegen die Ausbildungskosten (Art. 34
lit. b DBG bzw. § 33 lit. b StG).
a) Weiterbildung im Sinn des Gesetzes besteht in denjenigen Bildungsmass-
nahmen, die ein Steuerpflichtiger auf sich nimmt, um in einem Beruf, in dem er tätig ist,
auf dem Laufenden und den steigenden Anforderungen seiner beruflichen Stellung
gewachsen zu bleiben (Philip Funk, Der Begriff der Gewinnungskosten nach schweize-
rischem Einkommenssteuerrecht, 1989, S. 96 f.; Felix Richner, Bildungskosten, ZStP
2002, 189 und 264). Die Ausgaben der Weiterbildung dienen der Erhaltung und Ver-
besserung der für die gegenwärtige Berufsausübung erforderlichen Sachkenntnisse
oder der Erhaltung/Sicherung der gegenwärtigen Berufsstellung (vgl. Michael Beusch,
Bildungskosten – Eine Analyse der Abgrenzung von Aus- und Weiterbildung anhand
neuerer Entwicklungen in der Rechtsprechung, "zsis", Zeitschrift für Schweizerisches
und Internationales Steuerrecht, Aufsätze, www.zsis.ch, Ziff. 10; Richner/Frei/Kauf-
mann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009, Art. 26 N 71 und 78 ff. DBG und
Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 2. A., 2006, § 26 N 64 und 71
ff. StG), aber auch dem Erwerb besonderer Fachkenntnisse mit Blick auf eine Speziali-
sierung (RB 2004 Nr. 92). Abzugsfähige Weiterbildungskosten stellen auch die so ge-
nannten Berufsaufstiegskosten dar, sofern die getätigten Aufwendungen im Hinblick
auf den Aufstieg im angestammten Beruf erfolgen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter,
Art. 26 N 98 ff. DBG und § 26 N 95 ff. StG). Zielen die Aufwendungen aber auf einen
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2 DB.2011.171 2 ST.2011.244
Anstieg in eine von der bisherigen Berufstätigkeit zu unterscheidende höhere Stellung
oder gar in einen anderen Beruf, so sind die betreffenden Aufwendungen als solche für
die Ausbildung zu einem neuen Beruf zu würdigen und demzufolge zu den grundsätz-
lich nicht abzugsfähigen privaten Lebenshaltungskosten zu rechnen (RB 2004 Nr. 92;
RB 1996 Nr. 34 = StE 1997 B 27.6 Nr. 12 und VGr, 23. Februar 2000 = StE 2000
B 22.3 Nr. 71 E. 3d; BGr, 6. Juli 2005 = StE 2006 B 22.3 Nr. 86 mit weiteren Hinwei-
sen; BGE 113 Ib 114 E.3 S. 120 f.).
b) Unter nicht abziehbarer Ausbildung im Sinn von Art. 34 lit. b DBG bzw. § 33
lit. b StG sind diejenigen Bildungsvorgänge zu verstehen, die nicht mit einer bereits
ausgeübten Erwerbstätigkeit zusammenhängen, insbesondere die Ausbildung, die der
erstmaligen Erlangung eines Berufs oder der ersten Erwerbstätigkeit dient (RB 2004
Nr. 92; Funk, S. 95; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 26 N 7 DBG und § 26 N 8
StG). Sie bilden mangels eines qualifiziert engen wesentlichen Zusammenhangs mit
einer vorbestehenden, so genannten angestammten beruflichen Tätigkeit keine Be-
rufskosten im Sinn des Gesetzes, sondern nicht abzugsfähige private Lebenshaltungs-
kosten. Als Kosten der Ausbildung gelten aber auch diejenigen einer Zweitausbildung,
die im Hinblick auf einen späteren Berufswechsel absolviert wird und deren Kosten nur
unter bestimmten Voraussetzungen abzugsfähig sind (Art. 26 Abs. 1 lit. d DBG bzw.
§ 26 Abs. 1 lit. d StG; Umschulung).
c) Das Verwaltungsgericht verweist in seiner Rechtsprechung zu den Weiter-
bildungskosten auf Art. 30 lit. a und b des Bundesgesetzes über die Berufsbildung vom
13. Dezember 2002 (BBG; SR 412.10) und hält fest, die Bestimmung enthalte insofern
ein taugliches Kriterium für den Weiterbildungsbegriff, als die berufsorientierte Weiter-
bildung primär dazu dient, "durch organisiertes Lernen bestehende berufliche Qualitä-
ten zu erneuern, zu vertiefen und zu erweitern" (RB 2004 Nr. 92). Indessen schliesst
die in Art. 30 lit. a und b BBG erwähnte Zwecksetzung auch Elemente der Umschulung
bzw. Ausbildung mit ein ("neue berufliche Qualifikationen" bzw. "berufliche Flexibilität"),
welche über die steuerlich abzugsfähige Weiterbildung hinausgehen. Ob die Kosten
eines Lehrgangs als abzugsfähige Weiterbildungskosten zu würdigen sind, kann daher
nicht allgemein gesagt werden, sondern beurteilt sich aufgrund der konkreten Umstän-
de, indem es namentlich auf den im Lehrgang vermittelten Stoff einerseits und die be-
rufliche Tätigkeit oder die Grundausbildung des Absolventen andrerseits ankommt.
Mitentscheidend, insbesondere bei Master-Lehrgängen, sind nach der bundesgerichtli-
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2 DB.2011.171 2 ST.2011.244
chen Rechtsprechung aber auch die Auswirkungen, welche die Zusatzausbildung und
der damit erworbene Titel auf die gegenwärtige und künftige Berufstätigkeit hat (BGr,
17. Oktober 2005, 2A.182/2005 = StR 2006, 41; BGr, 6. Juli 2005, 2A.623/2004 =
StE 2006 B.22.3 Nr. 86; BGr, 6. Juli 2005, 2A.671/2004 = www.bger.ch; BGr,
18. Dezember 2003, 2A.277/2003 = StE 2004 B 22.3 Nr. 77 = StR 2004, 451). In der
Regel gelten jedoch Aufwendungen für meist mehrjährige Lehrgänge an (Fach-) Hoch-
schulen als Ausbildungskosten, und zwar auch dann, wenn die Absolvierung des Stu-
diums dem Steuerpflichtigen als persönlicher Leistungsausweis für die Erhaltung und
Sicherung seiner Stellung im Beruf dient und er die im Studium erworbenen Kenntnisse
und Fähigkeiten bei der Arbeit auch verwenden kann (BGr, 6. Juli 2005, 2A.623/2004;
BGr, 18. Dezember 2003, 2A.277/2003; VGr, 3. November 2004, SB.2004.00069; VGr,
28. April 2004, SB.2003.00069; VGr, 23. Oktober 2002, SB.2002.00046 = StE 2003
B 22.3 Nr. 75).
d) Als steuermindernde Tatsachen sind Weiterbildungskosten vom Steuerpflich-
tigen geltend zu machen, hinreichend darzulegen und nachzuweisen.
2. a) Der Pflichtige, der seit dem ... als Auditor bzw. als Gerichtsschreiber
(früher juristischer Sekretär) am Bezirksgericht B arbeitet, absolvierte in den Jahren
2009/2010 den einjährigen Nachdiplomstudiengang "CAS Immaterialgüter- und Wett-
bewerbsrecht" der Universität Zürich. Im Anschluss daran nahm er im Jahr 2010 den
zweijährigen Lehrgang "LL.M. Internationales Wirtschaftsrecht" auf, welchem das zuvor
erlangte CAS als drittes Semester anrechenbar ist. Dementsprechend deklarierte der
Pflichtige in der Steuerperiode 2009 Weiterbildungskosten in der Höhe von Fr. 9'500.-
für den CAS-Lehrgang und in der darauffolgenden Steuerperiode 2010 die separaten
Kosten des LL.M.-Lehrgangs von Fr. 24'600.-. Während das kantonale Steueramt nach
Aussage des Pflichtigen letzteren Betrag als Weiterbildungskosten in der Steuerperio-
de 2010 zum Abzug zuliess, verweigerte es den Abzug der Kosten des CAS-
Lehrgangs in der Steuerperiode 2009, da es den qualifiziert engen wesentlichen Zu-
sammenhang zwischen der beruflichen Tätigkeit des Pflichtigen und der Weiterbildung
und damit die Berufsnotwendigkeit der diesbezüglichen Aufwendungen als nicht nach-
gewiesen erachtete.
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2 DB.2011.171 2 ST.2011.244
b) Laut § 19 des Gesetzes über die Gerichts- und Behördenorganisation im
Zivil- und Strafprozess vom 10. Mai 2010 (GOG) sind die Bezirksgerichte im Kanton
Zürich grundsätzlich zuständig für erstinstanzliche Streitigkeiten, für die das ordentliche
Verfahren gilt, die nicht ausdrücklich in die Zuständigkeit eines anderen Gerichts fallen.
Nicht zuständig sind die Bezirksgerichte in diesem Sinn für Streitigkeiten aus dem Be-
reich des geistigen Eigentums, über die gemäss § 44 lit. a GOG i.V.m. Art. 5 Abs. 1
lit. a der Schweizerischen Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008 (ZPO) im Kan-
ton Zürich das Handelsgericht als einzige Instanz entscheidet. Ebenso ist das Han-
delsgericht laut § 44 lit. a GOG i.V.m. Art. 5 Abs. 1 lit. d ZPO zuständig für Streitigkei-
ten nach dem Bundesgesetz über den unlauteren Wettbewerb vom 19. Dezember
1986 (UWG), sofern der Streitwert mehr als Fr. 30'000.- beträgt oder der Bund sein
Klagerecht ausübt. Mithin sind die Bezirksgerichte des Kantons Zürich für immaterial-
güterrechtliche Streitigkeiten überhaupt nicht und für wettbewerbsrechtliche Streitigkei-
ten lediglich bis zu einem Streitwert von Fr. 30'000.- zuständig, sodass Fragestellun-
gen aus diesen Rechtsgebieten am Bezirksgericht B eine Ausnahme darstellen
dürften. Dies gilt sodann auch unter Berücksichtigung der im Jahr 2009 noch geltenden
Zuständigkeiten nach dem Gerichtsverfassungsgesetz vom 13. Juni 1976 (GVG), wel-
ches für immaterialgüterrechtliche Streitigkeiten ebenfalls die Zuständigkeit des Han-
delsgerichts vorsah (§ 61 GVG). Streitigkeiten nach UWG waren gemäss der damali-
gen Regelung zwar nicht explizit dem Handelsgericht vorbehalten, indes handelt es
sich hierbei naturgemäss in aller Regel um Prozesse zwischen als Firmen im Handels-
register eingetragenen Parteien, welche schon unter dem GVG ab einem Streitwert
von Fr. 30'000.- in die alleinige Zuständigkeit des Handelsgerichts fielen (§ 62 GVG;
heute § 44 lit. b GOG i.V.m. Art. 6 Abs. 2 ZPO). Dass wettbewerbsrechtliche Streitig-
keiten am Bezirksgericht B die Ausnahme darstellen, ist im Übrigen auch aus den Re-
chenschaftsberichten des Obergerichts Zürich der (relevanten) Jahre 2008, 2009 und
2010 zu schliessen, woraus klar hervorgeht, dass am Bezirksgericht B grossmehrheit-
lich Ehe- sowie Personen- und Familienstandsprozesse geführt werden.
Vor diesem Hintergrund erweist sich der Nutzen eines Nachdiplomstudiums in
Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht für die Tätigkeit als Gerichtsschreiber am Be-
zirksgericht B von vornherein als sehr begrenzt. Darüber hinaus ist anzumerken, dass
im "CAS Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht" das Wettbewerbsrecht deutlich we-
niger stark gewichtet ist als das Immaterialgüterrecht, welches nach eigenen Angaben
des Pflichtigen etwa 2/3 des Lehrgangs ausmacht, und dass zudem vorwiegend The-
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men des europäischen Wettbewerbsrechts behandelt werden. Mithin dürfte der im
Lehrgang vermittelte Stoff für die Tätigkeit des Pflichtigen nicht einmal mit Blick auf die
gegebenenfalls am Bezirksgericht B geführten wettbewerbsrechtlichen Prozesse von
grossem Interesse sein.
Unter diesen Umständen scheint der Schluss des kantonalen Steueramts,
wonach es an einem qualifiziert engen wesentlichen Zusammenhang zwischen der
beruflichen Tätigkeit des Pflichtigen und der fraglichen Weiterbildung fehle, ohne Wei-
teres gerechtfertigt, ist doch nicht erkennbar, inwiefern der "CAS Immaterialgüter- und
Wettbewerbsrecht" der Erhaltung und Verbesserung der für die gegenwärtige Be-
rufsausübung erforderlichen Sachkenntnisse oder der Sicherung der gegenwärtigen
Berufsstellung des Pflichtigen dienen soll.
c) Was der Pflichtige hiergegen vorbringt, vermag nicht zu überzeugen:
aa) Er behauptet im Wesentlichen, zum einen seien Verfahren aus dem Be-
reich des UWG mit bezirksgerichtlicher Zuständigkeit relativ häufig und habe er auch
schon wiederholt solche Verfahren bearbeitet, und zum andern sei in der Praxis eine
Zuständigkeit der ersten Instanz auch bei einer Klage unter verschiedenen Titeln, wie
etwa UWG in Verbindung mit einem immaterialgüterrechtlichen Anspruch, gegeben,
womit auch der immaterialgüterrechtliche Teil des CAS durchaus mit seinem Beruf
zusammenhänge. Indes hat der Pflichtige diese Behauptungen in keiner Weise belegt,
auch nicht, nachdem er mit Verfügung vom 18. Oktober 2011 aufgefordert worden war,
dies mittels Einreichung entsprechender, unter seiner Mitwirkung ergangener Gerichts-
entscheide zu tun. Seine hiergegen bereits mit Beschwerde bzw. Rekurs antizipierte
Einwendung, er könne diesen Beweis aufgrund des Berufsgeheimnisses nicht erbrin-
gen, ist nicht stichhaltig, da es zur Wahrung des Berufsgeheimnisses genügt hätte, die
relevanten Entscheide in anonymisierter Form vorzulegen. Dies dürfte dem Pflichtigen
als Gerichtsschreiber zweifelsfrei bekannt gewesen sein und war ihm auch ohne Wei-
teres zumutbar. Mithin drängt sich der Schluss auf, dass er seine Mitwirkung an wett-
bewerbs- bzw. immaterialgüterrechtlichen Verfahren eben deshalb nicht belegen kann,
weil die Bearbeitung solcher Verfahren wie gesagt überhaupt nicht oder höchstens
marginal zu seinem Tätigkeitsgebiet am Bezirksgericht B gehört. Somit bleibt es aber
auch dabei, dass die Kosten des "CAS Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht" man-
gels Berufsnotwendigkeit beim Pflichtigen nicht als steuerlich abzugsfähige Weiterbil-
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2 DB.2011.171 2 ST.2011.244
dungskosten qualifiziert werden können. Etwas anderes ergibt sich sodann auch nicht
aus den in der Beschwerde- bzw. Rekursschrift zitierten Entscheiden des Verwal-
tungsgerichts vom 20. Mai 2009 (SB.2008.00124) bzw. des Bundesgerichts vom
23. Juni 2010 (2C_104/2010 = StR 2010, 12), aus welchen hervorgeht, dass der gefor-
derte Zusammenhang zwischen Weiterbildung und beruflicher Tätigkeit zwar je nach
Situation nicht immer gleich ausgeprägt, aber doch in jedem Fall ausreichend sein
muss. Ein derartiger Zusammenhang ist vorliegend nach dem Gesagten eindeutig nicht
gegeben. Allein die Tatsache, dass im CAS-Lehrgang (wie nota bene wohl in jeder
Weiterbildung) auch gewisse allgemeine Grundlagenkenntnisse vermittelt werden
("Grundverständnis für Ökonomie und internationale Fragestellungen"), welche für die
berufliche Tätigkeit des Pflichtigen mitunter nützlich sein können, vermag einen sol-
chen Zusammenhang jedenfalls nicht zu begründen.
bb) Weiter erblickt der Pflichtige einen Zusammenhang zwischen dem "CAS
Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht" und seinem Beruf darin, dass für die Bereiche
des Immaterialgüter- und des Wettbewerbsrechts das Handelsgericht und somit der
Gerichtsschreiber zweiter Instanz zuständig sei und dies aus Sicht seiner aktuellen
Tätigkeit nicht einen anderen Beruf darstelle, sondern mit einem Wechsel in eine ande-
re Abteilung innerhalb derselben Firma vergleichbar sei. Andernfalls sei zu überlegen,
ob diesbezüglich abzugsfähige Berufsaufstiegskosten vorlägen. Dem ist jedoch entge-
genzuhalten, dass das Handelsgericht eine von den Bezirksgerichten unabhängige
kantonale Instanz mit einer Spezialkompetenz für Handelsstreitigkeiten ist, dessen
Tätigkeit sich insofern zumindest inhaltlich stark von jener eines Bezirksgerichts unter-
scheidet. Hinzu kommt, dass ein Stellenwechsel von einem Bezirksgericht an das
Handelsgericht nicht intern im Sinn eines Wechsels in eine andere Abteilung oder einer
Beförderung in eine höhere Stelle möglich ist. Daher ändert auch die handelsgerichtli-
che Zuständigkeit für immaterialgüter- und wettbewerbsrechtliche Streitigkeiten nichts
daran, dass die Weiterbildung im Fall des Pflichtigen letztlich auf den Wechsel in eine
von der bisherigen Berufstätigkeit zu unterscheidende höhere Stellung oder sogar ei-
nen anderen Beruf abzielte und die damit verbundenen Aufwendungen somit als nicht
abzugsfähige Berufsaufstiegskosten zu qualifizieren sind. Dies gilt umso mehr, als der
Pflichtige zwischenzeitlich – unter Anrechnung des CAS – den Lehrgang "LL.M. Inter-
nationales Wirtschaftsrecht" aufgenommen hat und damit aller Wahrscheinlichkeit nach
nicht eine spätere Tätigkeit als Gerichtsschreiber am Handelsgericht anstreben dürfte.
Im Übrigen sind die Kosten des "CAS Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht" auch im
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2 DB.2011.171 2 ST.2011.244
Licht des erwähnten Bundesgerichtsentscheids vom 23. Juni 2010 (2C_104/2010 =
StR 2010, 12) ohne Weiteres als nicht abzugsfähige Berufsaufstiegskosten zu qualifi-
zieren, da diese Ausbildung beim Pflichtigen offensichtlich zu wesentlichen Zusatz-
kenntnissen mit eigenem Wert führte und seine Berufsaussichten deutlich verbesserte
(vgl. E. 2.3.2).
cc) Schliesslich ist auch das Vorbringen des Pflichtigen, der Zusammenhang
zwischen der beruflichen Tätigkeit und der berufsbegleitenden Weiterbildung ergebe
sich bereits daraus, dass diese vom Arbeitgeber genehmigt wurde, nicht zielführend.
So hat der Arbeitgeber weder die Kosten des Lehrgangs (teilweise) übernommen noch
dem Pflichtigen für den Besuch der Vorlesungen besoldeten Urlaub gewährt, sondern
lediglich eine Reduktion des Arbeitspensums von 100% auf 80% bewilligt. Dies sagt
jedoch über den Bezug des Lehrgangs zur Tätigkeit des Pflichtigen nichts aus, da
Teilzeitpensen üblicherweise auch aus nicht beruflichen Gründen bewilligt werden.
d) Nach dem Gesagten bleibt es dabei, dass zwischen dem "CAS Immaterial-
güter- und Wettbewerbsrecht" der Universität Zürich und der Tätigkeit des Pflichtigen
als Gerichtsschreiber am Bezirksgericht B kein ausreichender Zusammenhang besteht,
der den Abzug der diesbezüglichen Aufwendungen als Weiterbildungskosten rechtfer-
tigen würde. Vielmehr handelt es sich hierbei um Berufsaufstiegskosten, die zu den
privaten Lebenshaltungskosten zu rechnen und somit vom Pflichtigen selbst zu tragen
sind.
3. In seiner Beschwerde-/Rekursschrift moniert der Pflichtige abschliessend,
es könne nicht angehen, dass das kantonale Steueramt einerseits die Kosten des
"LL.M. Internationales Wirtschaftsrecht" in der Steuerperiode 2010 als Weiterbildungs-
kosten akzeptiert habe, andererseits aber diejenigen des "CAS Immaterialgüter- und
Wettbewerbsrecht", der ja in seinem Fall letztlich das dritte Semester des LL.M.-
Lehrgangs darstelle, in der Steuerperiode 2009 nicht zum Abzug zugelassen habe.
Vielmehr müsste die Abzugsfähigkeit der Kosten des CAS-Lehrgangs demnach ohne
Weiteres unter dem Titel des LL.M. gegeben sein, wie wenn er die vier Semester des
LL.M.-Lehrgangs regulär "am Stück" absolviert hätte. Die gegenteilige Betrachtungs-
weise des kantonalen Steueramts verstosse gegen Treu und Glauben. Damit verkennt
der Pflichtige, dass Steuerveranlagungen allein im Dispositiv in Rechtskraft erwachsen
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2 DB.2011.171 2 ST.2011.244
und frühere Veranlagungen für die Steuerbehörden in den nachfolgenden Perioden
grundsätzlich nicht verbindlich sind (vgl. BGr, 19. März 2003, 2P.292/2002; BGE 88 I
240 E. 2, 81 I 5 ff; ASA 69 793 E. 2 b; StE 1997 B 93.4 Nr. 4). Eine rechtliche Würdi-
gung vermag darum für eine nachfolgende Taxation keine präjudizierende Wirkung zu
entfalten (VGr, 28. Juni 2006, 2SB.2006.00005; BGr, 17. April 2007, 2A.400/2006).
Dies gilt selbstredend auch dann, wenn sich die frühere, bereits rechtskräftige Veran-
lagung auf eine der streitbetroffenen Steuerperiode nachfolgende Steuerperiode be-
zieht, wie es vorliegend der Fall ist. Mithin hat die allfällige Gewährung des Abzugs der
LL.M.-Kosten in der Veranlagung der Steuerperiode 2010 auf die Abzugsfähigkeit der
Kosten des CAS in der Steuerperiode 2009 von vornherein keinen Einfluss, zumal es
sich hierbei letztlich nicht einmal um eine rechtliche Würdigung desselben Sachver-
halts, sondern vielmehr um die Beurteilung zweier separater (wenn auch im Ergebnis
zusammenhängender) Aus- bzw. Weiterbildungen handelt. Somit kann auch darauf
verzichtet werden, die Aussage des Pflichtigen bezüglich der Veranlagung der Steuer-
periode 2010 zu überprüfen. Es sei indes angemerkt, dass vorliegend aufgrund der
obigen Erwägungen die Voraussetzungen für einen Abzug unter dem Titel der Weiter-
bildungskosten mit Bezug auf den LL.M.-Lehrgang wohl ebenso wenig gegeben sind
wie mit Bezug auf den CAS-Lehrgang. Eine allfällige Gewährung des Abzugs der
LL.M.-Kosten durch das kantonale Steueramt würde sich demnach jedenfalls als äus-
serst wohlwollend erweisen.
4. Diese Erwägungen führen zur Abweisung von Beschwerde und Rekurs.
Ausgangsgemäss sind die Verfahrenskosten dem Pflichtigen aufzuerlegen (Art. 144
Abs. 1 DBG und § 151 Abs. 1 StG) und steht diesem keine Parteientschädigung zu
(Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Verwaltungs-
verfahren vom 20. Dezember 1968; § 152 StG i. V. m. § 17 Abs. 2 des Verwaltungs-
rechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997).
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2 DB.2011.171 2 ST.2011.244 | Public | Tax | de | 2,011 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
a58c4e26-09d3-4b07-8f50-be4aee5bd0fd | hat sich ergeben:
A. A und B (nachfolgend die Pflichtigen) reichten am 18. September 2002 eine
ausgefüllte Steuererklärung 1999 B ein, worin sie ein steuerbares Einkommen von
Fr. 8'700.- (Staats- und Gemeindesteuern) bzw. von Fr. 7'800.- (direkte Bundessteuer)
sowie ein steuerbares Vermögen von Fr. 0.- deklarierten. Zu diesem Zeitpunkt war die
vom Steueramt C am 13. November 2000 angesetzte Mahnfrist zur Einreichung der
Steuererklärung 1999 B längst abgelaufen.
Am 10. Mai 2004 ordnete der Vorsteher des Eidgenössischen Finanzdepar-
tements (EFD) eine besondere Steueruntersuchung gegen die Pflichtigen und diverse
in ihrem Einflussbereich stehende Gesellschaften an. Am 16./17. Juni 2004 nahm die
Abteilung Strafsachen und Untersuchungen der Eidgenössischen Steuerverwaltung
(ASU) mit Unterstützung u.a. der kantonalen Steuerverwaltungen Hausdurchsuchun-
gen vor, insbesondere auch am Wohnort der Pflichtigen. Gestützt auf diverse Be-
schlagnahmeverfügungen der ESTV vom 15./16./17. Juni 2004 wurden mehrere Bank-
konti und Depots der Pflichtigen mit Beschlag belegt sowie Grundbuchsperren verfügt.
Am 8. Oktober 2008 erstattete die ASU ihre Berichte. Diese wurden den Pflichtigen zur
Stellungnahme unterbreitet, von welcher Möglichkeit sie am 13. November 2008
Gebrauch machten. Am 3. Dezember 2008 antwortete die ASU, und am 13. Januar
2009 wiederum die Pflichtigen. Am 20. Januar und 19. März 2009 fanden Besprechun-
gen unter Teilnahme des Vertreters der Pflichtigen statt.
Am 22. Oktober 2009 schätzte das kantonale Steueramt die Pflichtigen für
die Staats- und Gemeindesteuern 1999 mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. X
und einem steuerbaren Vermögen von Fr. 0.- ein. Gleichentags erging der Hinweis
direkte Bundessteuer mit einem entsprechenden steuerbaren Einkommen. Die Schät-
zungen ergingen gestützt auf Art. 130 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember
1990 (DBG) bzw. § 139 Abs. 2 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) als solche
nach pflichtgemässem Ermessen, da die Pflichtigen trotz Mahnung keine Steuererklä-
rung eingereicht hatten. Die Veranlagung der direkten Bundessteuer wurde mit Steuer-
rechnung vom 26. Oktober 2009 formell eröffnet.
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1 DB.2010.110 1 ST.2010.154
B. Hiergegen liessen die Pflichtigen am 17. November 2009 Einsprache erhe-
ben mit dem Antrag, die Einschätzungen wegen Eintritt der Verjährung aufzuheben;
andernfalls stellten sie eine Reihe von abgestuften Einschätzungsanträgen, welche alle
auf Einschätzung mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 75'600.- (Staats- und
Gemeindesteuern) bzw. Fr. 74'700.- (direkte Bundessteuer) und einem steuerbaren
Vermögen von Fr. 1'093'000.- hinausliefen.
Das kantonale Steueramt wies die Einsprachen am 23. April 2010 ab und auf-
erlegte den Pflichtigen die Verfahrenskosten von Fr. 3'500.-. Dabei entschied es auch
über Einsprachen betreffend die Steuerperioden 2001 und 2002.
C. Am 25. Mai 2010 erhoben die Pflichtigen Beschwerde bzw. Rekurs und
wiederholten die Einspracheanträge, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen.
Zugleich stellten sie ein Gesuch um unentgeltliche Prozessführung und Bestellung ei-
nes unentgeltlichen Rechtsvertreters. Das kantonale Steueramt schloss am 30. Juni
2010 auf Abweisung der Rechtsmittel. Die ESTV beantragte am 19. August 2010 eben-
falls Abweisung der Beschwerde.
Mit Verfügung vom 25. August 2010 sistierte der Präsident der Steuerrekurs-
kommission II die Verfahren bis zum Vorliegen eines rechtskräftigen Entscheids in den
die Aktiengesellschaft des Pflichtigen betreffenden Rechtsmittelverfahren. Mit Ent-
scheid vom 14. April 2011 (1 DB.2010.105/1 ST.2010.139) fällte das ab 1. Januar 2011
neu zuständige Steuerrekursgericht über die Rechtsmittel bezüglich der Aktiengesell-
schaft (D AG) das Urteil, worauf mit Verfügung vom 27. April 2011 die Verfahren wie-
der aufgenommen und den Pflichtigen Frist angesetzt wurde, um die Originale be-
stimmter Dokumente einzureichen und Angaben über deren Herkunft zu machen.
Die Pflichtigen liessen sich am 29. April 2011 die Verfahrensakten zur Ein-
sichtnahme zustellen und reichten am 31. Mai 2011 eine Replik ein. Am 27. Juni 2011
kamen sie der Auflage vom 27. April 2011 nach. Am 19. August 2011 reichte das kan-
tonale Steueramt eine Duplik ein; die ESTV verzichtete am 22. August 2011 auf weite-
re Vernehmlassung. Mit Verfügung vom 25. August 2011 wurden die Pflichtigen aufge-
fordert, zu einem neu eingereichten Auszug aus einem Post-Empfangsscheinbuch
Stellung zu nehmen; am 9. September 2011 machten sie von dieser Möglichkeit
Gebrauch.
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1 DB.2010.110 1 ST.2010.154 | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. Die Pflichtigen rügen in Beschwerde und Rekurs eine ungenügende Be-
gründung der angefochtenen Entscheide, weil die Vorinstanz ihnen zwar Unklarheiten
im Zusammenhang mit der selbstständigen Erwerbstätigkeit vorwerfe, diese aber nicht
weiter begründe.
Im Bereich der Staats- und Gemeindesteuern sind gemäss § 126 Abs. 1 StG
Entscheide den Beteiligten mit Begründung schriftlich mitzuteilen. Im Recht der direk-
ten Bundessteuer besteht zwar keine allgemeine Begründungspflicht für Verfügungen
und Entscheide. Gleichwohl ergibt sich eine solche aus Art. 29 Abs. 2 der Bundesver-
fassung vom 18. April 1999 (BV, Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum
DBG, 2. A., 2009, Art. 131 N 28 DBG). Art und Intensität der Begründungspflicht hän-
gen von den Umständen ab. Dabei sind die Anforderungen an Rechtsmittelentscheide
höher als an Entscheide von erstinstanzlichen Verwaltungsbehörden. Richtschnur ist
dabei, dass die Begründung den Steuerpflichtigen in die Lage versetzen soll, die Trag-
weite der Entscheidung und die Überlegungen der Behörde nachzuvollziehen, um be-
urteilen zu können, ob und mit welchen Argumenten er den Entscheid weiterziehen will
(Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 131 N 30 DBG und Kommentar zum harmonisier-
ten Zürcher Steuergesetz, 2. A., 2006, § 139 N 33 StG, je mit Verweisen auf die bun-
desgerichtliche Rechtsprechung). Bei einer Einschätzung nach pflichtgemässem Er-
messen mangels Einreichung einer Steuererklärung genügt nach der Rechtsprechung
des Verwaltungsgerichts der Hinweis darauf, dass und weshalb die Ermessensein-
schätzung vorgenommen worden ist (VGr, 2. Februar 2011, SB.2010.00137; RB 1963
Nr. 60).
In den Einspracheentscheiden führte die Vorinstanz aus, aufgrund des Unter-
suchungsberichts der ASU bestünden nach wie vor diverse Fragen in Bezug auf die
D AG und die Pflichtigen, wie z.B. betreffend deren selbstständige Erwerbstätigkeit.
Der Bericht der ASU gegen den Pflichtigen enthält hierzu unter Ziff. 3.3 auf rund sieben
Seiten im Detail Ausführungen. Dieser Bericht war den Pflichtigen bekannt. Sie waren
damit auch in der Lage, diesen Punkt anzufechten; der Begründungspflicht wurde da-
mit genüge getan.
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1 DB.2010.110 1 ST.2010.154
2. a) Gemäss Art. 120 Abs. 1 Satz 1 DBG verjährt das Recht, eine Steuer zu
veranlagen, fünf Jahre nach Ablauf der Steuerperiode.
Die Verjährung beginnt nicht oder steht still (Abs. 2):
a. während eines Einsprache-, Beschwerde- oder Revisionsverfahrens;
b. solange die Steuerforderung sichergestellt oder gestundet ist;
c. solange weder der Steuerpflichtige noch der Mithaftende in der Schweiz
steuerrechtlichen Wohnsitz oder Aufenthalt haben.
Die Verjährung beginnt neu mit (Abs. 3):
a. jeder auf die Feststellung oder Geltendmachung der Steuerforderung ge-
richteten Amtshandlung, die einem Steuerpflichtigen oder Mithaftenden zur Kenntnis
gebracht wird;
b. jeder ausdrücklichen Anerkennung der Steuerforderung durch den Steuer-
pflichtigen oder den Mithaftenden;
c. der Einreichung eines Erlassgesuchs;
d. der Einleitung einer Strafverfolgung wegen vollendeter Steuerhinterziehung
oder wegen Steuervergehens.
Das Recht, eine Steuer zu veranlagen, ist 15 Jahre nach Ablauf der Steuerpe-
riode auf jeden Fall verjährt (Abs. 4).
§ 130 StG entspricht dieser Regelung. Zu den Amtshandlungen gemäss
Art. 120 Abs. 3 lit. a DBG bzw. § 130 Abs. 3 lit. a StG gehören alle Handlungen, welche
auf Fortführung des Verfahrens gerichtet sind. In Betracht kommt etwa ein Schreiben
der Veranlagungsbehörde an die steuerpflichtige Person, mit welchem Unterlagen für
die Veranlagung eingefordert werden (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 120 N 15
DBG und § 130 N 16 StG). Die Unterbrechungshandlung gemäss Art. 120 Abs. 3 lit. a
DBG bzw. § 130 Abs. 3 lit. a StG muss von der Behörde vorgenommen werden, wel-
che zur Feststellung oder Geltendmachung der Steuerforderung zuständig ist. Die Un-
terbrechungsgründe bewirken, dass die relative Verjährungsfrist von fünf Jahren wie-
der neu zu laufen beginnt.
b) aa) Das Recht zur Veranlagung für die Steuerperiode 1999 verjährte dem-
nach grundsätzlich am 31. Dezember 2004. Am 18. September und 1. Oktober 2002
forderte das Gemeindesteueramt die Pflichtigen indessen auf, Belege zu Schuldenver-
zeichnissen einzureichen. Dabei handelt es sich um Unterbrechungshandlungen nach
Art. 120 Abs. 3 lit. a DBG bzw. § 130 Abs. 3 lit. a StG. Die Pflichtigen teilten darauf mit,
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1 DB.2010.110 1 ST.2010.154
dass ihr Treuhänder in den Ferien sei und die Belege nachgereicht würden. Auch wenn
die Reaktion der Pflichtigen nur in Form einer Notiz des Gemeindesteueramts belegt
ist, ist dennoch als erstellt zu betrachten, dass die Auflage die Pflichtigen erreicht hat.
Damit wurde die Verjährungsfrist unterbrochen und lief sie demnach bis Septem-
ber/Oktober 2007 weiter.
bb) Am 10. Mai 2004 ordnete der Vorsteher des EFD an, eine Untersuchung
nach Art. 190 ff. DBG u.a. gegen die Pflichtigen durchzuführen. Das Verfahren nach
Art. 190 ff. DBG stellt ein Strafverfahren dar (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, VB zu
Art. 190 – 195 N 4 f. DBG, auch zum Folgenden). Erkenntnisse aus dem Untersu-
chungsverfahren dürfen im kantonalen Verfahren verwendet werden, und darüber hin-
aus kann die ASU sogar Zwangsmassnahmen eigens im Hinblick auf das kantonale
Verfahren anordnen. Die enge Zusammenarbeit der untersuchenden Beamten mit den
kantonalen Steuerverwaltungen ist ausdrücklich vom Gesetzgeber vorgesehen
(Art. 190 Abs. 1 DBG). Die genannte Anordnung ist deshalb als verjährungsunterbre-
chende Handlung nach Art. 120 Abs. 3 lit. d DBG bzw. § 130 Abs. 3 lit. d StG zu beur-
teilen. Am 16. Juni 2004 führte die ASU zudem u.a. am Wohnort der Pflichtigen in C
eine Hausdurchsuchung durch, sodass ihnen spätestens zu diesem Zeitpunkt die
Strafuntersuchung zur Kenntnis gekommen sein musste. Damit wurde spätestens am
16. Juni 2004 die Verjährung unterbrochen. In der Folge wurden verschiedentlich wei-
tere Untersuchungsmassnahmen durchgeführt, hinzuweisen ist insbesondere auf die
schriftliche Befragung des Pflichtigen vom 21. Juni 2008. Damit erfolgten die Einschät-
zungen vom 22. Oktober 2009 noch innerhalb mehrfach unterbrochener Frist und noch
innerhalb der absoluten Verjährungsfrist von 15 Jahren.
Die hiergegen erhobenen Einwände der Pflichtigen verfangen nicht. Im An-
wendungsbereich von Art. 120 Abs. 3 lit. d DBG bzw. § 130 Abs. 3 lit. d StG darf es
keine Rolle spielen, dass die anordnende Strafverfolgungsbehörde nicht für die Ein-
schätzung zuständig ist. Würde anders entschieden, würde die Regelung jeden Sinn
verlieren, da Strafverfolgungsbehörden nie auch die Einschätzungen vornehmen. Wei-
ter ist nicht einzusehen, weshalb die Verjährungsunterbrechung bei der von einer
Strafuntersuchung betroffenen Steuerperiode selbst nicht eintreten sollte. Die Pflichti-
gen untermauern ihren Einwand zwar mit einer Kommentarstelle (Richner/Frei/Kauf-
mann/Meuter, § 130 N 15 DBG). Diese bezieht sich aber nur auf bereits rechtkräftig
eingeschätzte Steuerperioden, was hier aber gerade nicht vorliegt.
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1 DB.2010.110 1 ST.2010.154
cc) Die Untersuchung der ESTV bezweckte zudem nach erklärter Absicht der
kantonalen Steuerbehörden auch die Beschaffung von Erkenntnissen für die Einschät-
zung der betroffenen Steuerperiode 1999. Damit sind die darauf beruhenden Mass-
nahmen aber auch als auf Feststellung des Steueranspruchs zielende Amtshandlun-
gen im Sinn von Art. 120 Abs. 3 lit. a DBG bzw. § 130 Abs. 3 lit. a StG zu betrachten
und ist die Verjährung auch aus diesem Grund unterbrochen worden.
3. a) Hat ein Steuerpflichtiger trotz Mahnung seine Verfahrenspflichten nicht
erfüllt oder können die Steuerfaktoren mangels zuverlässiger Unterlagen nicht ein-
wandfrei ermittelt werden, nimmt die Steuerbehörde gemäss Art. 130 Abs. 2 DBG bzw.
§ 139 Abs. 2 StG die Einschätzung nach pflichtgemässem Ermessen vor. Vorausset-
zung ist dabei nicht allein die Verletzung einer Verfahrenspflicht; eine Ermessensein-
schätzung ist darüber hinaus nur dann notwendig und sinnvoll, wenn als Folge die für
die Einschätzung massgeblichen Verhältnisse nicht zuverlässig ermittelt werden kön-
nen, also mit anderen Worten, wenn sich die Steuerbehörde in einem Untersuchungs-
notstand befindet (Martin Zweifel, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht,
Band I/1, 2. A., 2002, Art. 46 N 29 StHG; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 130 N 37
DBG bzw. § 139 N 56 StG).
Reicht der Steuerpflichtige trotz Mahnung keine Steuererklärung ein, ist somit
in jedem Fall eine Ermessenseinschätzung zu treffen. Wird eine Steuererklärung samt
Beilagen zwar nicht innert Mahnfrist, aber immerhin vor Vornahme der Einschätzung
eingereicht, verhindert das nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zwar
die Ermessenseinschätzung nicht, indes ist die nachträglich eingereichte Steuererklä-
rung bei der Schätzung zu berücksichtigen (VGr, 22. September 1978, SR 40/1978).
Diese Rechtsprechung ist indessen auf Fälle zugeschnitten, bei denen mit der nachge-
reichten Steuererklärung der Untersuchungsnotstand nicht behoben wird. Unter diesen
Umständen bleibt es materiell bei der Verfahrenspflichtverletzung und der dadurch
bewirkten Ungewissheit über die tatsächlichen Verhältnisse. Anders verhält es sich
dort, wo der Untersuchungsnotstand durch die nachträgliche Einreichung der Steuerer-
klärung behoben wird, d.h. in denjenigen Fällen, bei denen der Steuerpflichtige nach-
träglich materiell die vorher missachtete Verfahrenspflicht erfüllt. Diesfalls besteht
grundsätzlich kein Anlass mehr zur Vornahme einer Ermessenseinschätzung (StRK II,
30. April 2001, 2 ST.2001.103 und 11. April 2002, 2 ST.2002.90).
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1 DB.2010.110 1 ST.2010.154
Für die Einschätzung natürlicher Personen bedeutet dies, dass eine Ermes-
senseinschätzung dann nicht vorgenommen werden kann, wenn – wenn auch verspä-
tet – eine Steuererklärung (einschliesslich aller Hilfsblätter und Beilagen) eingereicht
wird, die für die Vornahme einer gewöhnlichen Einschätzung nicht von vornherein als
ungeeignet und ungenügend erscheint. Bleibt jedoch der massgebliche Sachverhalt
aufgrund von nicht auflösbaren inhaltlichen Widersprüchen oder nicht zu beseitigenden
Lücken (z.B. fehlende Hilfsblätter, fehlende Beilagen) ungewiss, muss eine Ermes-
senseinschätzung die Ungewissheit überbrücken. Diesfalls wird ohne (neue) Auflage
und Mahnung sogleich zur Ermessenseinschätzung geschritten.
b) Gemäss Vermerk auf dem Fehlblatt für die Steuererklärung 1999 B sind die
Pflichtigen am 13. November 2000 für die Einreichung der Steuererklärung gemahnt
worden. In der Replik bestreiten die Pflichtigen indessen erstmals, dass sie eine Mah-
nung zugestellt erhalten haben bzw. dass eine solche überhaupt erlassen worden ist.
aa) Die Zustellung einer Sendung gilt nach § 9 Abs. 1 der Verordnung zum
Steuergesetz vom 1. April 1998 (VO StG) als vollzogen, wenn sie an den Adressaten
selbst oder an ein zu seiner Haushaltung gehörendes erwachsenes Familienmitglied
oder an eine Person mit Postvollmacht erfolgt und von diesen Personen für den Adres-
saten entgegengenommen worden ist. Beweispflichtig für Vollzug und Zeitpunkt der
Zustellung ist die zustellende Behörde (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 126 N 46
StG; StE 1992 B 93.6 Nr. 12; StE 1991 B 93.6 Nr. 10; RB 1985 Nr. 49). Als Beweis
kommt in der Regel die entsprechende Postquittung in Frage (BGE 109 Ib 343; ASA
16, 91). Ist der Nachweis der Zustellung nicht mehr strikt möglich, weil die Post, welche
die Aufschriebe über die Aushändigung eingeschriebener Briefe nur während zweier
Jahre aufbewahrt, wegen Zeitablaufs nicht mehr dazu imstande ist, so hat dieser Be-
weisnotstand nicht zwangsläufig dessen Scheitern zur Folge. Denn im Rahmen der
freien Beweiswürdigung sind die gesamten Umstände zu berücksichtigen (vgl. ASA 27,
357, wonach von einer erfolgten Zustellung eines Einschätzungsentscheids ausgegan-
gen werden kann, wenn der Steuerpflichtige auf Vorhalt der Zustellung in einer nach-
folgenden Zahlungsaufforderung keinen Widerspruch erhebt). Grundlage der Beweis-
würdigung bilden nicht nur die Beweismittel, wie Urkunden, Zeugen und dergleichen,
und das eigene Wissen des Gerichts über notorische Tatsachen und Erfahrungssätze,
sondern auch die Parteivorbringen und das Verhalten der Parteien im Prozess (RB
1982 Nr. 87 unter Verweis auf Max Guldener, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 3. A.,
1979, S. 322). Dabei darf der Beweis nicht nur dann als geleistet bezeichnet werden,
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1 DB.2010.110 1 ST.2010.154
wenn die zu beweisende Tatsache mit Sicherheit festgestellt ist. Es kann auch eine
Wahrscheinlichkeit genügen, die zwar den Zweifel nicht völlig ausschliesst, ihn aber
nach den Erfahrungen nicht als berechtigt erscheinen lässt.
bb) Das kantonale Steueramt vermag keinen direkten Zustellnachweis für die
Aushändigung der Mahnung vom 13. November 2000 vorzulegen; ein solcher ist ge-
richtsnotorisch nach so langer Zeit von der Post auch gar nicht mehr erhältlich. Eine
Kopie der Mahnung findet sich ebenfalls nicht bei den Akten. Immerhin legte das kan-
tonale Steueramt aber einen Auszug aus dem Post-Empfangsscheinbuch vor. Dem-
nach wurde am 13. November 2000 eine eingeschriebene Sendung an den Pflichtigen
versandt. Da die Mahnung vom gleichen Tag datiert, ist davon auszugehen, dass es
sich dabei um diese gehandelt hat. Weiter ist festzuhalten, dass die Postsendung mit
der Mahnung nicht bei den Akten liegt, was darauf schliessen lässt, dass sie von der
Post nicht retourniert wurde, da solche Rücksendungen nach den Erfahrungen des
Steuerrekursgerichts von den Steuerbehörden jeweils zu den Akten gelegt werden.
Auch eine bei fehlgeschlagenen Zustellversuchen damals noch übliche Zweitzustellung
wurde nicht unternommen. Diese Umstände weisen auf eine korrekt erfolgte Aushän-
digung der Sendung an die Adressaten hin. Hinzu kommt, dass die Mahnung vom
13. November 2000 sowohl im Einschätzungsentscheid für die Staats- und Gemeinde-
steuern 1999 als auch im Hinweis direkte Bundessteuern 1999 vom 22. Oktober 2009
erwähnt wurde, die rechtskundig vertretenen Pflichtigen aber weder in der Einsprache
noch in der Beschwerde-/Rekursschrift auf den Gedanken kamen, diese konkrete An-
gabe in Zweifel zu ziehen. Erst nachdem ihr Rechtsvertreter anfangs Mai 2011 die Ak-
ten zur Einsichtnahme zugestellt erhielt, wurde in der Eingabe vom 31. Mai 2011 dieser
Einwand erstmals erhoben. Dies erweckt den Eindruck, dass die Zustellung nicht ba-
sierend auf einer Vergegenwärtigung der damaligen Ereignisse bestritten wird, sondern
rein prozessual gestützt auf Feststellungen nach Durchsicht der steueramtlichen Akten.
Dieses Verhalten ist im Rahmen der Beweiswürdigung zu berücksichtigen. Bei dieser
Sachlage gelangt das Steuerrekursgericht zur Überzeugung, dass die Mahnung am
13. November 2000 versandt und in der Folge den Pflichtigen effektiv zugestellt wor-
den ist.
c) Die Pflichtigen reichten am 18. September 2002 und damit nach Ablauf der
Mahnfrist, aber noch vor der Vornahme der Einschätzung/Veranlagung eine Steuerer-
klärung 1999 B ein. Nach dem Gesagten wäre diesfalls die Ermessenseinschätzung
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nur zulässig, soweit dennoch Unklarheiten im Sachverhalt verblieben. Dies ist hier der
Fall:
Unklar ist zunächst, wie die Pflichtigen eine im Vergleich zum Endstand der
vorangehenden Steuerperiode festzustellende Vermögensvermehrung finanziert ha-
ben.
31. Dezember 1998 31. Dezember 1999 Entwicklung
Fr. Fr. Fr.
Vermögenswerte 2'627'706.- 2'852'526.- + 224'820.-
Schulden - 3'330'872.- - 3'391'539.- - 60'667.-
Saldo - 703'166.- - 539'013.- + 164'153.-.
Gemäss Steuererklärung wollten die Pflichtigen 1999 ein steuerbares Ein-
kommen von Fr. 8'755.- (Staats- und Gemeindesteuern) bzw. Fr. 7'855.- (direkte Bun-
dessteuer) erzielt haben; damit lassen sich aber die Vermögensentwicklung sowie die
Lebenshaltungskosten der Pflichtigen samt ihrer drei Kinder ganz offenkundig nicht
finanzieren.
Zudem ergaben sich in Bezug auf das Vermögen weitere Unstimmigkeiten. Im
Zug der Ermittlungen fand die ASU eine Reihe von nicht deklarierten Bankkonten und
-depots; daraus sticht insbesondere ein auf den Namen des Pflichtigen lautendes
Depot bei der Bank G mit einem Bestand per 31. Dezember 1999 von Fr. 212'279.-
hervor (vornehmlich E-Aktien). In den Akten wurden zudem Vermögensaufstellungen
gefunden, welche erheblich höhere Vermögenswerte auswiesen als die Steuererklä-
rung. Von Bedeutung ist insbesondere eine solche per 31. Oktober 1998, welche die
Unterschrift des Pflichtigen trägt. Dieser streitet indessen die Richtigkeit dieser Aufstel-
lungen ab und erklärt die Unterschrift als gefälscht; eine Erklärung für die Existenz die-
ser immerhin unter seinen eigenen Akten vorgefundenen Aufstellung vermochte er
indessen nicht zu geben. Insgesamt bestand begründeter Anlass, an der Richtigkeit
der Angaben in der Steuererklärung zu zweifeln.
Die Steuererklärung ist zudem unvollständig. Der Pflichtige war gemäss
Handelsregister Inhaber der am 16. Juli 1997 in das Handelsregister eingetragenen,
indessen auch schon lange vorher tätigen Einzelfirma T. Dementsprechend hätte er ein
Hilfsblatt A für diese selbstständige Erwerbstätigkeit samt Jahresabschluss einreichen
müssen. In der Steuererklärung findet sich indessen kein Hinweis auf die Einzelfirma.
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Diesbezüglich machte der Pflichtige in der Einvernahme geltend, die Einzelfirma habe
zwar jeweils in eigenem Namen an Dritte Rechnung gestellt, die Forderungen seien
indessen immer an seine Gesellschaften abgetreten und die daraus fliessenden Ein-
künfte bei Bezahlung in einer seiner Gesellschaften verbucht worden, sodass sie, die
Einzelfirma, selber nie tätig gewesen sei. Die Untersuchungsbehörde stellte indessen
in Bezug auf die vorangehenden Geschäftsjahre Unstimmigkeiten zwischen in Rech-
nung gestellten und bei den Gesellschaften effektiv verbuchten Beträgen fest. Der
Pflichtige erklärte diese Differenz damit, dass die fehlenden Rechnungen nicht akzep-
tiert oder aus finanziellen Gründen nicht bezahlt worden seien. Offenkundig führte die
gewählte Vorgehensweise dazu, dass gesamthaft betrachtet im Zusammenspiel zwi-
schen dem Pflichtigen und seinen Gesellschaften die Buchhaltungen Lücken aufwei-
sen. Im Übrigen ist anzumerken, dass eine Einzelfirma, welche in eigenem Namen
Rechnungen stellt, eine Geschäftsaktivität aufweist, und hierüber eine Buchhaltung zu
führen hat, auch wenn – wie die Pflichtigen geltend machen – die Zahlungen aufgrund
einer "Abtretung" in den Gesellschaften des Pflichtigen buchhalterisch erfasst wurden.
Der Pflichtige war 1999 zudem Präsident des Verwaltungsrats und Chief
Executive Officer der an der NASDAQ kotierten F. Zudem erklärte er sich gegenüber
Banken als wirtschaftlich Berechtigter von zahlreichen Bankkonten, welche auf diverse
Gesellschaften lauteten (Formular A gemäss Art. 3 und 4 der Vereinbarung über die
Standesregeln zur Sorgfaltspflicht der Banken, VSB). Irgendwelche Einkünfte aus die-
ser Tätigkeit sowie Zinseinnahmen aus den Vermögenswerten wurden nicht deklariert.
d) Zusammen mit der unerklärten Vermögensvermehrung erwies sich damit
die erst nach Ablauf der Mahnfrist eingereichte Selbstdeklaration als unvollständig und
verblieb eine erhebliche Ungewissheit. Da diese die finanziellen Verhältnisse insge-
samt beschlug, ergingen die Ermessenseinschätzungen zu Recht global für das ge-
samte Einkommen.
4. a) Eine zu Recht ergangene Ermessensveranlagung kann der Steuerpflich-
tige gemäss Art. 132 Abs. 3 DBG bzw. § 140 Abs. 2 StG nur wegen offensichtlicher
Unrichtigkeit anfechten. Diese Normen enthalten eine Kognitionsbeschränkung der
Prüfungsinstanzen, welche eine zu Recht getroffene Ermessensveranlagung nur auf-
heben können, wenn sie sich als offensichtlich falsch erweist. Den entsprechenden
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Nachweis kann der Steuerpflichtige auf zwei Arten erbringen (Zweifel, Art. 48 N 46 ff.
StHG, auch zum Folgenden):
aa) Er kann den tatsächlichen Sachverhalt dartun und den entsprechenden
Nachweis leisten, mit der Folge, dass die Ermessensveranlagung durch eine ordentli-
che Veranlagung ersetzt wird und die Steuerfaktoren nach den für "gewöhnliche" Ver-
anlagungen geltenden Regeln ermittelt werden. Hierzu hat er innerhalb der Rechtsmit-
telfrist die versäumten Verfahrenspflichten zu erfüllen, eine zur Beseitigung der
Ungewissheit über die tatsächlichen Verhältnisse erforderliche substanziierte Sach-
darstellung zu geben und hierfür notwendige Beweismittel beizubringen oder zumin-
dest anzubieten (RB 1999 Nr. 150). Reicht der Steuerpflichtige die Steuererklärung
erst mit der Einsprache ein, so hat er zusätzlich zu den Hilfsblättern und Fragebogen,
die Bestandteile des amtlichen Steuererklärungsformulars bilden, noch weitere Beila-
gen beizufügen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 125 N 1 DBG und § 134 N 2 StG).
Die geforderte Sachdarstellung darf sich nicht in blossen Behauptungen oder in vagen
Andeutungen erschöpfen, sondern hat so beschaffen zu sein, dass sie den rechtser-
heblichen Sachverhalt vollständig wiedergibt (BGr, 29. März 2005 = StE 2005 B 95.1
Nr. 9 = ASA 75, 329). Sie muss mit andern Worten hinreichend substanziiert sein. Dies
ist sie dann, wenn sie all jene Tatsachenbehauptungen enthält, welche – ohne weitere
Untersuchung, aber unter dem Vorbehalt der Beweiserhebung – die einwandfreie Er-
mittlung der Steuerfaktoren erlauben (Zweifel/Casanova, Schweizerisches Steuerver-
fahrensrecht, Direkte Steuern, 2008, S. 265 f.). Teilnachweise genügen grundsätzlich
nicht; vielmehr hat der Nachweis umfassend zu sein (RB 1994 Nr. 45). Den Steuer-
pflichtigen treffen beim Unrichtigkeitsnachweis unter Umständen höhere Anforderun-
gen hinsichtlich der Mitwirkungspflichten, als sie vor der Säumnis an ihn gestellt wur-
den (RB 1976 Nr. 55).
bb) Ist die Nachholung der versäumten Handlung nicht möglich oder misslingt
sie, kann der Steuerpflichtige noch darlegen und nachweisen, dass die angefochtene
Veranlagung offensichtlich unrichtig ist. Als offensichtlich unrichtig erweist sich eine
Schätzung dann, wenn sie sachlich nicht begründbar (z.B. erkennbar pönal oder fiska-
lisch begründet) ist, sich auf sachwidrige Schätzungsgrundlagen, -methoden oder
–hilfsmittel stützt oder sonst wie mit den konkreten aktenkundigen Verhältnissen auf-
grund der Lebenserfahrung vernünftigerweise nicht vereinbar ist (Zweifel, Art. 48 N 59
StHG, mit Hinweisen). Leistet er diesen Nachweis, bleibt es zwar bei einer Ermessens-
veranlagung, doch wird die angefochtene durch eine neue (tiefere) Schätzung der
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Rechtsmittelinstanz ersetzt (vgl. RB 1994 Nr. 45 mit Hinweisen; Richner/Frei/Kauf-
mann/Meuter, Art. 132 N 67 DBG und § 140 N 79 f. StG; Martin Zweifel, in: Kommentar
zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/2b, 2. A., 2008, Art. 132 N 51 f. DBG und
Art. 48 N 58 ff. StHG).
cc) Dem Steuerrekursgericht sind weitere Untersuchungen verwehrt. Es hat
bei der Überprüfung des angefochtenen Entscheids auf offensichtliche Unrichtigkeit hin
nur jene im Zeitpunkt der Entscheidfällung vorhandenen Schriftstücke zu berücksichti-
gen, welche den behaupteten Sachverhalt sofort beweisen oder zumindest als sehr
wahrscheinlich erscheinen lassen (VGr, 27. Mai 1986, SB 10/1986 und 11. September
1986, SB 38/1986; Martin Zweifel, Die Sachverhaltsermittlung im Steuerveranlagungs-
verfahren, 1989, S. 144).
b) Die Pflichtigen erhoben am 17. November 2009 Einsprache und legten eine
neue Steuererklärung 1999 B bei. Darin deklarierten sie ein steuerbares Einkommen
von Fr. 75'606.- (Staats- und Gemeindesteuern) bzw. Fr. 74'706.- (direkte Bundes-
steuer). Das deklarierte Vermögen gaben sie neu mit Fr. 1'093'471.- (steuerbar) bzw.
Fr. 1'105'971.- (satzbestimmend) an.
Bezüglich des Vermögens bestehen die Hauptunterschiede zur bereits im
Einschätzungsverfahren eingereichten Steuererklärung 1999 B darin, dass neu das
erwähnte Bankkonto bzw. Depot bei der G Bank von Fr. 212'297.- (= Fr. 8'746.- +
Fr. 203'551.-) deklariert wird. Wesentlich ist aber, dass die Schulden neu auf
Fr. 1'637'515.- (statt Fr. 3'391'539.-) lauten. Nicht mehr aufgeführt sind Schulden bei
der H von Fr. 992'857.- sowie "I" von Fr. 751'000.-). Damit ist aber die Vermögensent-
wicklung im Vergleich zum Endstand der vorangehenden Steuerperiode in keiner Wei-
se erklärt, beträgt die Vermögenszunahme doch nunmehr gar Fr. 1'809'137.- (von Fr. -
703'166.- auf Fr. 1'105'971.-) statt nur Fr. 164'153.-. An diesem Schluss ändert nichts,
wenn zugunsten der Pflichtigen auch im Vorjahr die im Nachhinein zum Vorschein ge-
kommenen Werte bei der Bank G nachgeführt werden (per 31. Dezember 1998
Fr. 9'954.- ./. Fr. 289.- + Fr. 179'126.- = Fr. 188'791.-). Der massive Vermögenssprung
lässt nicht erklären. Damit ist die Unklarheit mit der Einsprache nicht beseitigt worden
und hatte die Ermessenseinschätzung weiterhin Bestand.
c) Mit dem Rekurs bzw. der Beschwerde ergänzten die Pflichtigen ihre Anga-
be insoweit, als sie das Darlehen I von Fr. 751'000.- wieder anführten und erklärten,
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dieses sei in der Einsprache nur versehentlich nicht mehr deklariert worden. Das Dar-
lehen H sei aufgrund des Berichts der ASU nicht mehr deklariert worden, sei es doch
im Bericht als simuliert beurteilt worden. Demnach ist es aber auch im Vermögens-
stand per 31. Dezember 1998 zu streichen. Dies ergibt folgende Vermögenswerte:
31. Dezember 1998 31. Dezember 1999
Fr. Fr.
Gemäss Deklaration - 703'166.- 1'105'971.-
simulierte Schuld H 992'857.-
Schuld I - 751'000.-
G 188'791.- _
total 478'482.- 354'971.-.
Daraus ergibt sich nunmehr sogar eine Vermögensabnahme. Untersucht man
die Hintergründe, so fällt indessen auf, dass die Beteiligungen (D AG, J AG, K AG) im
Vergleich zur ursprünglichen Steuererklärung 1999 B neu zu einem niedrigeren Wert
eingesetzt wurden (neu total Fr. 197'057.- statt Fr. 490'000.-; per 31. Dezember 1998
noch Fr. 505'000.-). Scheidet man den (nicht liquiditätswirksamen) Wertverlust auf den
Beteiligungen aus der Betrachtung aus, ergibt sich aber wiederum eine erhebliche Zu-
nahme des Vermögens um rund Fr. 170'000.-, welche sich mit den deklarierten Ein-
künften wiederum nicht erklären lässt.
Zudem fehlt weiterhin ein Jahresabschluss bezüglich der selbstständigen Er-
werbstätigkeit des Pflichtigen. Wie bereits ausgeführt, hat die Einzelfirma Rechnungen
gestellt und damit eine Aktivität entwickelt; darüber hätte sie Buch oder zumindest Auf-
zeichnungen führen müssen. Die "Abtretung" der Forderungen, soweit sie denn auch
bezahlt worden sind, ändert daran nichts.
d) Die aufgezeigten Unklarheiten bestehen damit auch im vorliegenden Ver-
fahren weiter fort, sodass die versäumte Handlung nicht korrekt nachgeholt wurde.
Damit haben die Ermessenseinschätzungen weiterhin Bestand und unterliegen sie
lediglich in Bezug auf ihre Höhe einer auf offensichtliche Unrichtigkeit beschränkten
Überprüfung.
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5. a) Das kantonale Steueramt schätzte das steuerbare Einkommen auf Fr. X.
Zur Begründung verwies es auf Geschäftsberichte zu den Quartalsabschlüssen aus
den Jahren 1999 und 2000, welche auf der Internetseite der SEC publiziert worden
waren, und gemäss welchen der Pflichtige u.a. Mehrheitsaktionär und Präsident des
Verwaltungsrats sowie ab 1998 Geschäftsführer der an der NASDAQ kotierten F Inc, in
M war. Demnach schloss er am 9. August 1999 einen Vertrag ab über den Verkauf
eines Aktienanteils von 51% an der N AG an die F für einen Preis von 1'750'000 Aktien
der F sowie USD 790'000.- und weiteren 350'000 F-Aktien, falls die N in der Folge ein
bestimmtes Ertragsziel erreicht; Vertragstext vgl. Kopien aus Einschätzungsakten D
AG. Der Vertrag wurde laut den Geschäftsberichten am 15. November 1999 vollzogen.
Das kantonale Steueramt rechnete dem Pflichtigen den Erlös als Einkunft auf; zu den
rechtlichen Hintergründen macht es keine Ausführungen. Aus dem den Pflichtigen be-
kannten Bericht ASU geht indessen hervor, dass sie die Beteiligung N der H zuordnet
(Bericht ASU S. 50). Aus dem Parallelfall betreffend die D AG musste den Pflichtigen
sodann bekannt sein, dass der Aufrechnung die Annahme zugrunde liegt, der Pflichtige
konkurrenziere mit dem Verkauf der N seine Gesellschaften und die Aufrechnung be-
ruhe letztlich auf der Qualifikation als verdeckte Gewinnausschüttung. Entsprechend
äusserten sie sich auch in der Eingabe vom 13. November 2008 zum Problemkreis
(Stellungnahme zu den Berichten ASU).
b) aa) Als Ertrag aus beweglichem Vermögen steuerbar sind insbesondere
Dividenden, Gewinnanteile, Liquidationsüberschüsse und geldwerte Vorteile aus Betei-
ligungen aller Art (Art. 20 Abs. 1 lit. c DBG; § 20 Abs. 1 lit. c StG). Zu den geldwerten
Vorteilen zählen u.a. auch die verdeckten Gewinnausschüttungen. Es handelt sich da-
bei um Leistungen der Gesellschaft an den Inhaber von Beteiligungsrechten, denen
keine oder keine genügenden Gegenleistungen gegenüberstehen und die einem an
der Gesellschaft nicht beteiligten Dritten nicht oder bloss in wesentlich geringerem Um-
fang erbracht worden wären (BGr, 13. Dezember 1996, ASA 66, 554). Um zu eruieren,
ob eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt, ist ein Drittvergleich anzustellen. Bei
diesem sind alle konkreten Umstände des zwischen der Gesellschaft und dem Anteils-
eigner abgeschlossenen Geschäfts zu berücksichtigen. Davon ausgehend muss so-
dann bestimmt werden, ob das Geschäft in gleicher Weise mit einem mit der Gesell-
schaft nicht Verbundenen auch abgeschlossen worden wäre (BGr, 13. August 2003,
2P.129/2003 mit Hinweisen).
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Natürliche Personen können für eine Aktiengesellschaft insbesondere auf-
grund eines Arbeitsvertrags, als Handlungsbevollmächtigte, Prokuristen, Direktoren
oder Mitglieder des Verwaltungsrats tätig sein. In allen diesen Funktionen besteht eine
Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft (ASA 67, 217 E. 2/b/aa = StE 1998 B
72.13.22 Nr. 37, auch zum Folgenden). Der Arbeitnehmer hat die berechtigten Interes-
sen des Arbeitgebers in guten Treuen zu wahren (Art. 321a Abs. 1 OR). Er hat sich
damit während der Dauer des Arbeitsvertrags Tätigkeiten zu enthalten, die den Arbeit-
geber konkurrenzieren (Art. 321a Abs. 3 OR). Er hat diesen zudem über alles, was er
bei seiner vertraglichen Tätigkeit von Dritten erhält, wie namentlich Geldbeträge, Re-
chenschaft abzulegen und ihm alles sofort herauszugeben (Art. 321b Abs. 1 OR). Auch
der Prokurist sowie der Handlungsbevollmächtigte, der zum Betrieb eines ganzen Ge-
werbes bestellt ist oder in einem Arbeitsverhältnis zum Inhaber des Gewerbes steht,
darf ohne Einwilligung des Geschäftsherrn weder für die eigene Rechnung noch für die
Rechnung eines Dritten Geschäfte machen, die zu den Geschäftszweigen des Ge-
schäftsherren gehören (Art. 464 Abs. 1 OR). Schliesslich besteht auch für die Mitglie-
der des Verwaltungsrats einer Aktiengesellschaft eine Treuepflicht (Art. 717 Abs. 1
OR). In allen diesen Funktionen hat sich die natürliche Person von Gesetzes wegen
Tätigkeiten zu enthalten, welche die Aktiengesellschaft konkurrenzieren.
Es ist davon auszugehen, dass eine Aktiengesellschaft, die wirtschaftliche
Zwecke verfolgt, ihren Arbeitnehmern, Prokuristen, Handlungsbevollmächtigten, Direk-
toren oder Mitgliedern des Verwaltungsrats die Ausübung konkurrenzierender Tätigkei-
ten im Allgemeinen nicht gestattet. Erlaubt sie es ihnen dennoch bzw. verzichtet sie
darauf, von ihnen Gewinne aus Geschäften, die ihrer Natur nach der Gesellschaft zu-
kommen, heraus zu verlangen, erbringt sie ihnen eine geldwerte Leistung, wenn der
dadurch bewirkte Verzicht im Beteiligungsverhältnis begründet ist. Das ist namentlich
bei einem geschäftsführenden Allein- oder Hauptaktionär zu bejahen, der einzelne in
den Geschäftsbereich der Gesellschaft fallende Geschäfte auf eigene Rechnung ab-
schliesst, ist doch davon auszugehen, dass die Gesellschaft eine solche zu einer Ge-
winnvorwegnahme führende Tätigkeit einem Angestellten, der an ihr keine Anteilsrech-
te hat, nicht gestatten würde.
In der Gerichtspraxis wurde eine solche Konkurrenzierung bejaht im Fall eines
Geschäftsführers/Alleinaktionärs, welcher neben seiner Treuhandgesellschaft ebenfalls
als Selbstständigerwerbender im Immobilienhandel tätig war und daraus Provisionen
bezog, wobei die Vermittlungstätigkeit während der Arbeitszeit und unter Inanspruch-
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nahme der Infrastruktur der Gesellschaft stattfand (ASA 67, 217 = StE 1998 B 72.13.22
Nr. 37). In einem Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz vom
26. April 2007 (StE 2007 B 72.13.22 Nr. 48) wurde ebenfalls eine solche Konkurrenzie-
rung angenommen; dabei fiel insbesondere ins Gewicht, dass der Alleinaktionär und
vollamtlich für eine Gesellschaft tätige Verwaltungsratspräsident in eigenem Namen
Provisions-Erträge von einer Kundin der eigenen Gesellschaft erzielte; bei dieser
machten die von derselben Kundin einvernahmten Provisionen rund einen Viertel des
Umsatzes aus. Dabei hielt das Verwaltungsgericht fest, dass in bestimmten Fällen un-
abhängig von der Frage, ob zivilrechtlich tatsächlich eine arbeits- oder gesellschafts-
rechtliche Konkurrenzklausel verletzt wurde, bereits steuerrechtlich ein Verstoss gegen
das "Dealing at arms's leangth"-Prinzip vorliegen könne. Die Rechtsprechung wurde
zuletzt mit BGr, 1. September 2009, 2C_265/2009 im Grundsatz bestätigt.
bb) Zu den weiteren von A beherrschten Gesellschaften gehört auch die H
(Bericht ASU S. 17 f.9; daneben existierte noch eine O). Nach den Feststellungen der
ASU war er Gründungsmitglied und nahezu Alleinaktionär dieser Gesellschaft. In der
Folge ist er jeweils für die H aufgetreten. In der mit der Einsprache eingereichten Steu-
ererklärung 1999 B hat er eine Beteiligung an der H im Wertschriftenverzeichnis dekla-
riert. Bei dieser Sachlage ist zu schliessen, dass er diese beherrschte, auch wenn er
dies in der persönlichen Befragung durch die ASU noch abstritt. Der Bericht ASU be-
schreibt die Geschäftstätigkeit der H. Demnach vermittelte sie Finanzierungen für die
Aufrechterhaltung der Geschäftstätigkeit neu gegründeter Unternehmen und beriet
diese im Hinblick auf einen Börsengang an der NASDAQ; ein wesentlicher Anteil ihrer
Tätigkeit bestand aber auch darin, Aktien von Unternehmen auf eigene Rechnung zu
erwerben und bei privaten und institutionellen Investoren zu platzieren ("placing agent";
vgl. Korrespondenz). Eine solche Platzierungstätigkeit betrieb sie auch für die F (Be-
richt ASU S. 39), indem sie 1996 rund 3'275'000 Aktien der F zu einem Preis von USD
4'500'000.- erwarb und in der Folge weiterverkaufte. Gemäss den SEC-Berichten war
sie auch in der per 31. März 1999 endenden Berichtsperiode für die F als "placing
agent" tätig, und zwar bezüglich 408'036 Aktien, wofür sie eine Kommission von 3%
erhielt, "Item 12" Abschnitt 3).
Bei der Transaktion N vom 15. November 1999 erhielt A den Berichten zufol-
ge als Gegenleistung neben USD 790'000.- rund 1'750'000 Aktien der F). Diese dekla-
rierte er nicht im privaten Vermögen; der Verbleib dieser Aktien ist ungeklärt, indessen
liegen Anhaltspunkte für eine Weiterveräusserung vor (Bericht ASU S. 49 f.). Damit trat
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er aber als Vermittler von Aktien der F in Erscheinung, und konkurrenzierte er die Tä-
tigkeit der H unmittelbar, denn es ist auszuschliessen, dass eine Gesellschaft, welche
über mehrere Jahre für eine bestimmte Kundin als "placing agent" auftrat, es einem
Angestellten erlauben würde, parallel zu ihr von derselben Kundin ebenfalls ein gros-
ses Aktienpaket zu erwerben und wieder zu verkaufen. Mit Bezug auf das Verhältnis H
und A ist deshalb eine Verletzung des Grundsatzes des "dealing at arm's length" fest-
zustellen, welche nur mit der beherrschenden Stellung von A erklärt werden kann.
Das kantonale Steueramt übernahm die Berechnung des Verkaufserlöses aus
dem Bericht ASU. Dabei stützte es sich auf die Angaben aus den SEC-Berichten (Be-
richt ASU S. 50 unten). Gemäss diesem lag der Kurs der F-Aktie im Zeitpunkt der
Transaktion bei USD 3.-. Insgesamt hat der Pflichtige 1'750'0000 F-Aktien sowie USD
790'000.- erhalten; dies ergibt – unter Abzug des Einstandspreises der N von
Fr. 51'000.- und bei einem damaligen Devisenkurs von Fr. 1.50 pro USD – insgesamt
einen Erlös von Fr. 9'009'000.-. Diese Berechnung entspricht der Aktenlage und ist zu
bestätigen.
c) Die Einwände der Pflichtigen gegen diese Feststellungen dringen nicht
durch:
aa) Die Pflichtigen bestreiten die Beweiskraft der auf der Internetseite der
NASDAQ publizierten SEC-Berichte. Sie verkennen indessen, dass die Argumentation
der Steuerbehörden nicht auf einer besonderen Beweiskraft derselben beruht, sondern
darauf, dass sie von der F überhaupt offiziell in das Netz gestellt wurden und der
Pflichtige zum Zeitpunkt ihrer Publikation ja CEO und Verwaltungsratspräsident der F
war. Zudem bestehen weitere Dokumente, welche diese Transaktion betreffen und
damit bestätigen, dass sie stattgefunden hat (Korrespondenz und Memorandum U vom
8. Juni 1999). Hinzu kommt, dass der Pflichtige sich über die Hintergründe der Trans-
aktion vollständig ausschweigt, insbesondere keine Erklärung darüber liefert, weshalb
denn diese Berichte publiziert worden sind, wenn sie doch nach seiner Sachdarstellung
nicht der Wahrheit entsprachen. Kommt hinzu, dass sie, nachdem sie die Richtigkeit
der Berichte zunächst noch bestritten hatten, ihre Argumentation mit der Einsprache
änderten und die Transaktion sogar im Wesentlichen anerkannten, hingegen einen
treuhänderischen Hintergrund geltend machten. Unter diesen Umständen ist aber nicht
ersichtlich, was sie mit der Bestreitung der Beweiskraft der SEC-Berichte bewirken
wollen.
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bb) Die Pflichtigen wenden gegen die Aufrechnung des streitigen Veräusse-
rungserlöses wie erwähnt weiter ein, dass die ganze Transaktion N lediglich treuhän-
derisch erfolgt sei. Ein in Deutschland ansässiger P habe beabsichtigt, eine namhafte
Beteiligung an der F zu erwerben, aber habe nicht gegen aussen in Erscheinung treten
wollen. Da der Pflichtige über eine Option auf den Erwerb der N verfügt habe, sei ver-
einbart worden, über die Einbringung der N in die F die Beteiligung zu erwerben. Zu
diesem Zweck habe man sich am 23. November 1998 in Q getroffen und ein entspre-
chendes Vorgehen vereinbart. Am 19. Dezember 1998 habe der Pflichtige von P den
Empfang von Fr. 51'000.- quittiert. Am 23. März 1999 sei der Treuhandvertrag noch
schriftlich festgehalten und dabei auch eine Treuhandkommission von 2,5‰ vereinbart
worden. Gestützt darauf habe der Pflichtige die Beteiligung N erworben und anschlies-
send gegen Aktien der F getauscht.
Diese Sachdarstellung lässt indessen viele aktenkundige Umstände im Um-
feld der Transaktion, mit welchen sie unvereinbar ist, unerwähnt:
Nicht ersichtlich ist vorab, weshalb eine derart umständliche Art des Vorge-
hens gewählt wurde, wenn der Pflichtige doch ohne Weiteres direkt Aktien der F hätte
treuhänderisch erwerben und an P herausgeben oder treuhänderisch halten können.
Hierzu machen die Pflichtigen keinerlei Ausführungen.
Zudem war der Pflichtige bei der N selbst ein eigenes wirtschaftliches Enga-
gement eingegangen. Der Kaufvertrag über die N war bereits am 30. August 1998 und
damit beinahe drei Monate vor dem Treffen des Pflichtigen mit P vom 23. November
1998 abgeschlossen worden; Käufer war der Pflichtige. Der Kaufvertrag war an keine
Bedingungen geknüpft, gingen doch die Aktien gemäss Vertrag unmittelbar bei Ver-
tragsabschluss auf den Pflichtigen über, während die Zahlung des Kaufpreises aufge-
schoben war; von einer blossen Option des Pflichtigen zum Erwerb der N im Zeitpunkt
der Besprechung mit P konnte demnach keine Rede sein. Vielmehr war der Pflichtige
zu diesem Zeitpunkt bereits Eigentümer der N. Zieht man zudem die im Nachhinein
zum Vorschein gekommenen Werte bei der Bank G in Betracht, so war er auch ohne
Weiteres in der Lage, den Kaufpreis aus eigenen Mitteln zu bestreiten. Unerfindlich ist
vor diesem Hintergrund, wie er die N dann treuhänderisch in die F hätte einbringen
können; hierzu hätte er die N ja zuerst an P verkaufen müssen, was aber nicht behaup-
tet wird. Insbesondere aber hatte die H, vertreten durch ihn, der N ein Darlehen von
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Fr. 750'000.- zur Verfügung gestellt. Das genaue Datum des Abschlusses des Vertrags
ist nicht bekannt; die Kopie trägt indessen das Datum 20. Oktober 1998, sodass dieser
Darlehensvertrag spätestens zu diesem Zeitpunkt abgeschlossen worden war. Die
Auszahlung der Darlehenssumme erfolgte am 21. Oktober 1998. Unter diesen Um-
ständen ist nicht nachvollziehbar, weshalb der Pflichtige die N einem Dritten für den
blossen treuhänderischen Erwerb von F-Aktien hätte zur Verfügung stellen sollen, da
die Darlehenshingabe und das erhebliche eigene Interesse des Pflichtigen an der
N in der Treuhandabrede nicht einmal erwähnt wird.
Schlechterdings unverständlich ist aber, wie eine Beteiligung von Fr. 51'000.-
nur knapp ein Jahr später einen Gegenwert von über Fr. 9'000'000.- aufweisen konnte.
Offenkundig spielen hier noch weitere Umstände eine Rolle, welche nicht offengelegt
werden.
Nicht erklärt wird zudem die Leistung ("receivables") von USD 790'000.-, wel-
che dem Pflichtigen gemäss den SEC–Berichten neben den F-Aktien ebenfalls zuge-
flossen war. Nachdem die Pflichtigen nach anfänglichem Bestreiten schliesslich doch
den aus den SEC-Berichten hervorgehenden Zufluss von 1'750'000 Aktien der F einge-
räumt haben, besteht kein Grund, an der Realität dieser dort genannten weiteren Leis-
tung zu zweifeln. Sie wird zudem auch in der weiteren Korrespondenz im Vorfeld der
Transaktion erwähnt (Vertragsentwurf). Dieser Betrag wurde auch nach ihrer eigenen
Sachdarstellung nicht an P weitergegeben (Quittung über den Erhalt der F-Aktien vom
14. Dezember 1999). Auch wenn den Pflichtigen zuzugestehen ist, dass ein Negativ-
beweis nur schwierig zu erbringen ist, kann von ihnen zumindest eine substanziierte
Sachdarstellung erwartet werden, weshalb denn in den unter der Verantwortung des
Pflichtigen erstellten Geschäftsberichten und im erwähnten Vertrag diese Leistung ent-
halten ist. Diese Hintergründe werden von den Pflichtigen mit keinem Wort offen ge-
legt. Damit besteht aber für das Steuerrekursgericht kein Grund, an der Realität des
Zuflusses zu zweifeln.
Weiter behaupten die Pflichtigen, die am 23. März 1999 vereinbarte Kommis-
sion von 2,5‰ des Treuhandgutes sei aus "unerfindlichen" Gründen nie bezahlt wor-
den. Dies erstaunt, hat nach ihrer Sachdarstellung der Investor P doch mit einer Zah-
lung von Fr. 51'000.- einen Gegenwert von rund Fr. 9 Mio. erhalten. Dass bei einem
solch durchschlagenden wirtschaftlichen Erfolg nicht einmal die Kommission entrichtet
wurde, und der Pflichtige diese Weigerung klaglos akzeptiert haben soll, erscheint als
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kaum fassbar und bedarf der näheren Begründung. Eine solche fehlt, was die Behaup-
tung eines Treuhandverhältnisses überhaupt in Frage stellt.
Nicht ersichtlich ist, weshalb die Pflichtigen die N in der Steuererklärung 1999
A vom 28. Januar 2000 kommentarlos im Vermögen deklariert haben, wenn der Pflich-
tige diese doch bloss treuhänderisch gehalten hat. In der Befragung durch die ASU
wurde das Treuhandverhältnis nicht erwähnt, und auch in den beschlagnahmten Akten
fanden sich keine Hinweise darauf. Erst mit der Stellungnahme vom 13. November
2008 zum Untersuchungsbericht brachten die Pflichtigen erstmals das Treuhandver-
hältnis ins Spiel. Dass das Treuhandverhältnis so spät offengelegt wurde, weckt be-
rechtigte Zweifel an dessen Existenz.
cc) Folgt man der Sachdarstellung des Pflichtigen, so will er zusammenfas-
send eine eigene Gesellschaft, an welcher er ein erhebliches eigenes finanzielles Inte-
resse hatte, einem Dritten zur Beschaffung einer Beteiligung an der E zur Verfügung
gestellt und diesem dadurch einen exorbitanten Gewinn ermöglicht haben. Damit hat er
nicht nur auf einen Kapitalgewinn verzichtet, welcher ansonsten ihm (bzw. der H) zu-
gestanden wäre, sondern hat "aus unerfindlichen Gründen" nicht einmal die vereinbar-
te Kommission bezogen, obschon das Vorgehen für ihn mit erheblichem Aufwand und
auch Kosten verbunden war (so wurde offenkundig auch ein Anwalt beigezogen). Ein
solches Vorgehen widerspricht dem Gebaren eines jeden Geschäftsmannes; es ist
schlechterdings kein vernünftiger Grund ersichtlich, weshalb der Pflichtige dies alles
hätte tun sollen. Das behauptete bloss treuhänderische Vorgehen ergibt im Zusam-
menhang mit diesen weiteren Umständen keinen Sinn. Eine substanziierte Sachdar-
stellung kann sich aber nicht damit begnügen, einen Einzelaspekt eines Vorganges zu
schildern und die offensichtlichen, damit im Widerspruch stehenden Umstände auszu-
klammern.
An der Mangelhaftigkeit der Sachdarstellung ändern die vorgelegten Beweis-
mittel nichts. Auch vom angebotenen Zeugen P sind hierüber keine erhellenden Aufklä-
rungen zu erwarten, da es nicht Ziel der Zeugenbefragung sein kann, eine lückenhafte
Sachdarstellung zu vervollständigen. Unter diesen Umständen ist von der Zeugenbe-
fragung abzusehen.
d) Unter Einbezug der aus der Transaktion N zugeflossenen Fr. 9'009'000.-
erweist sich das auf Fr. 9'020'000.- geschätzte steuerbare Einkommen nicht als offen-
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1 DB.2010.110 1 ST.2010.154
sichtlich unrichtig, haben die Pflichtigen doch in der Steuererklärung 1999 B vom
18. Mai 2001 selbst ein steuerbares Einkommen von Fr. 8'700.- (bzw. Fr. 7'800.- Bund)
und in derjenigen vom 17. November 2009 ein solches von rund Fr. 75'000.- deklariert
und damit eingestanden, dass noch weitere Einkünfte vorhanden waren. Insgesamt
erweist sich somit die Schätzung der Vorinstanz nicht als offensichtlich unrichtig und ist
zu bestätigen.
6. Die Pflichtigen haben ein Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Pro-
zessführung und Bestellung eines unentgeltlichen Prozessvertreters gestellt.
a) Privaten ist auf entsprechendes Ersuchen die Bezahlung von Verfahrens-
kosten und Kostenvorschüssen zu erlassen, wenn ihnen die nötigen Mittel fehlen und
ihre Begehren nicht offensichtlich aussichtslos erscheinen (§ 16 Abs. 1 des Verwal-
tungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997, VRG, i.V.m. § 115 StG in
der Fassung vom 13. September 2010, in Kraft seit 1. Januar 2011). Sie haben über-
dies Anspruch auf die Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistands, wenn sie
nicht in der Lage sind, ihre Rechte im Verfahren selbst zu wahren (Abs. 2). Neben die-
ser kantonalen Vorschrift leitet das Bundesgericht aus Art. 29 Abs. 3 BV unter den
nämlichen Voraussetzungen ein Recht auf unentgeltliches Verfahren und Verbeistän-
dung für alle staatlichen Verfahren ab (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 144 N 21 ff.
DBG, und § 151 N 32 ff. StG, je auch zum Folgenden). Beide Voraussetzungen (Be-
dürftigkeit und fehlende Aussichtslosigkeit) müssen kumulativ erfüllt sein.
Bedürftig ist eine Partei, wenn sie zur Leistung der Prozesskosten Mittel zur
Deckung des Grundbedarfs für sich und ihre Familie angreifen müsste. Bedürftigkeit
liegt somit vor, wenn der Gesuchsteller die für das Verfahren erforderlichen Mittel nicht
innert wenigen Monaten aus seinem realisierbaren Einkommen, abzüglich der für ihn
und seine Familie notwendigen Lebenshaltungskosten, aufbringen kann (BGE 109 Ia 5
= Pra 72 Nr. 233). Bedürftigkeit darf dabei nicht schematisch mit dem betreibungs-
rechtlichen Existenzminimum gleichgesetzt werden; es kann auch Bedürftigkeit vorlie-
gen, wenn das betreibungsrechtliche Existenzminimum (leicht) überschritten wird, wie
einzig daraus, dass ein Gesuchsteller keine Fürsorgebeiträge erhält, nicht geschlossen
werden darf, es liege keine Bedürftigkeit vor. Massgebend sind die konkreten Umstän-
de des Einzelfalls. Die Bedürftigkeit ist aufgrund der gesamten Verhältnisse, nament-
lich der Einkommenssituation, der Vermögensverhältnisse und allenfalls der Kreditwür-
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1 DB.2010.110 1 ST.2010.154
digkeit zu beurteilen (Kölz/Bosshart/Röhl, Kommentar zum Verwaltungsrechtspflege-
gesetz des Kantons Zürich, 2. A., 1999, § 16 N 24 mit Hinweis). Massgebend ist die
gesamte wirtschaftliche Situation zur Zeit der Gesuchseinreichung. Keine Bedürftigkeit
besteht aber, wenn dem Gesuchsteller eine Liegenschaft gehört, deren Belehnung ihm
zugemutet werden kann (RB 1996 Nr. 8).
Aussichtslos ist ein Prozess, bei dem die Gewinnchancen kaum ernsthaft so-
wie beträchtlich geringer als die Verlustgefahren sind, so dass eine nicht bedürftige
Partei sich vernünftigerweise nicht zu diesem Prozess entschliessen würde (BGE 122 I
267). Ob ein Begehren aussichtslos erscheint, beurteilt sich aufgrund der Verhältnisse
im Zeitpunkt des Gesuchs.
b) Ebenso ist einer mittellosen steuerpflichtigen Person auf ihr Gesuch hin ein
unentgeltlicher Rechtsbeistand zu bestellen, sofern der Prozess nicht als aussichtslos
erscheint und sie zur Wahrung ihrer Rechte eines solchen Beistands bedarf (BGr,
23. April 2002, Pra 2002 Nr. 120). Nach der Rechtsprechung hat die bedürftige Partei
einen grundrechtlichen Anspruch darauf, dass einem Gesuch um unentgeltliche Ver-
beiständung entsprochen wird, wenn zum einen ihre Interessen in schwerwiegender
Weise betroffen sind, der Fall für sie also von erheblicher Tragweite ist, und zum an-
dern der Fall in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht Schwierigkeiten bietet, die den
Beizug eines Rechtsvertreters erfordern, die sich stellenden unausweichlichen Fragen
also nicht leicht zu beantworten sind und der Gesuchsteller nicht selber rechtskundig
ist (RB 1994 Nr. 4).
c) Die Pflichtigen begründen ihr Gesuch vom 25. Mai 2010 um Gewährung der
unentgeltlichen Prozessführung und um Bestellung eines unentgeltlichen Prozessver-
treters mit ihrer schlechten finanziellen Lage. Darin bezifferten sie die monatlichen Ein-
künfte auf Fr. 7'215.15 (die Pflichtige) bzw. Fr. 2'947.- (der Pflichtige), was total
Fr. 10'162.15 ergibt, und den Grundbedarf auf monatlich Fr. 5'380.20 bzw. Fr. 6'392.69
bzw. total Fr. 11'772.69, woraus eine monatliche Unterdeckung von Fr. 1'610.74 resul-
tiert. Das Vermögen beläuft sich nach ihren Angaben auf Fr. 40'688.- für die Pflichtige
und Fr. 1'247'000.- für den Pflichtigen.
Diese Angaben sind indessen bei näherer Betrachtung sehr lückenhaft:
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1 DB.2010.110 1 ST.2010.154
Bezüglich des Einkommens handelt es sich um die Angaben von 2008, wel-
che für die Verhältnisse im Zeitpunkt der Gesuchstellung (Mai 2010) nicht aussagekräf-
tig sind. Insbesondere fragt es sich, ob die Pflichtige nicht auch einer Erwerbstätigkeit
nachgeht; das Alter des jüngsten Kindes (Jahrgang 1995) würde einer Vollzeitstelle
jedenfalls nicht entgegenstehen. Zudem fehlen jegliche Belege wie etwa aktuelle
Lohnausweise, Lohnabrechnungen oder Auszahlungsbelege; der Arbeitgeber des
Pflichtigen ist unbekannt. Auch fragt es sich, ob im angegebenen monatlichen Ein-
kommen zusätzliche Lohnbestandteile (13er) bereits enthalten sind.
Vollkommen undurchsichtig ist die Vermögenslage der Pflichtigen, ganz abge-
sehen davon, dass ihre Angaben die Verhältnisse per Ende 2008 betreffen und des-
halb schon aus diesem Grund nicht zu genügen vermögen. Als Wertschriften gibt der
Pflichtige zudem lediglich Fr. 12'688.- an; worin diese bestehen, geht nicht hervor. Be-
lege werden keine eingereicht. Zieht man in Betracht, dass der Pflichtige nachgewie-
senermassen Bankkonten mit hohen Beträgen verschwiegen hat (vgl. Konto/Depot bei
Bank G), erscheinen Angaben zum Wertschriftenbestand nur bei lückenlosem Nach-
weis überhaupt als glaubwürdig. Hinzu kommt, dass er weiterhin Eigentümer der D AG
ist. Die R hat über diese zwar den Konkurs eröffnet, indessen ist diese Massnahme
aufsichtsrechtlich motiviert, die Gesellschaft selber ist nach eigenen Ausführungen
keinesfalls insolvent. Sie hat deshalb gegen die Konkurseröffnung Beschwerde erho-
ben und darin das Gesuch gestellt, dass sie nicht liquidiert, sondern durch Fusion in
die dem Pflichtigen gehörende S AG überführt werde (vgl. hierzu die Beschwerde-
schrift vom 6. Juli 2010, welche im Parallelfall i.S. D AG eingereicht wurde). Gemäss
dieser Beschwerdeschrift schätzen die Pflichtigen das Eigenkapital der D AG auf
Fr. 7,459 Mio. bis Fr. 13,579 Mio.; die jährliche Nettomiete (abzüglich Hypothekarzin-
sen) aus dem von ihr vermieteten Geschäftshaus beträgt rund Fr. 1 Mio. Bei der An-
nahme einer Liquidation der D AG rechnen die Pflichtigen gemäss dieser Eingabe mit
einem Liquidationserlös in Millionenhöhe. Auch wenn die Pflichtigen momentan auf
diese Werte keinen Zugriff haben, verbietet sich aber bei solchen Anwartschaften die
Annahme einer Bedürftigkeit von selbst. Im Übrigen stellt sich die Frage, ob es dem
Pflichtigen tatsächlich nicht möglich ist, als Eigentümer der D AG von der amtlichen
Verwaltung eine Dividendenzahlung zu erwirken; ein entsprechender Negativ-
Nachweis liegt nicht vor.
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1 DB.2010.110 1 ST.2010.154
Die Gesuche um unentgeltliche Prozessführung sowie die Bestellung eines
unentgeltlichen Rechtsbeistands sind daher mangels Nachweis der Bedürftigkeit ab-
zuweisen.
7. Die Kostenauflage im Einspracheverfahren von Fr. 3'500.- ist zu bestätigen,
da die Pflichtigen zu Recht nach pflichtgemässem Ermessen eingeschätzt worden sind
(vgl. § 142 Abs. 2 Satz 2 StG i.V.m. § 18 VO StG). Die Kostenhöhe ist angemessen
(§ 21 Abs. 2 VO StG).
8. Gestützt auf diese Erwägungen sind Beschwerde und Rekurs abzuweisen.
Ausgangsgemäss sind die Verfahrenskosten den Pflichtigen aufzuerlegen (Art. 144
Abs. 1 DBG und § 151 Abs. 1 StG). Die Zusprechung der beantragten Parteientschä-
digung an die Pflichtigen kommt bei diesem Ausgang nicht in Betracht (Art. 144 Abs. 4
DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren vom
20. Dezember 1968 bzw. § 152 StG i. V. m. § 17 Abs. 2 VRG). | Public | Tax | de | 2,011 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
a638d598-e68e-4888-9b24-a451fba1a0fc | hat sich ergeben:
A. 1. Die A (nachfolgend die Pflichtige) wird beherrscht von ihrem Alleinaktio-
när B. Dieser entwickelte zuerst für sich und danach im Auftrag der Pflichtigen ein Pro-
dukt für die Strassensicherheit. Die Pflichtige übernahm die Entwicklungskosten für
dieses Produkt und aktivierte sie in der Bilanz 2003 mit Fr. 400'000.-. Im Januar 2004
wurde das Produkt patentiert, wobei als Patentinhaberin die C und als Erfinder B ein-
getragen wurden. Mehrheitsaktionär dieses Unternehmens, welches im Jahr 2005 in D
umfirmiert wurde, ist ebenfalls B. Mit Wirkung per 1. Oktober 2004 veräusserte die
Pflichtige die aktivierten Entwicklungskosten von Fr. 400'000.- zusammen mit weiteren,
zu Unrecht nicht aktivierten Kosten von Fr. 10'000.- sowie mit einem Passivdarlehen
gegenüber dem Alleinaktionär B an die C. Ziel dieses Verkaufs war es, die Entwick-
lungskosten auf die Patentinhaberin C zu übertragen.
Im Jahr 2004 sprach der Fonds für Verkehrssicherheit in Bern, eine öffentlich
rechtliche Anstalt des Bundes (FVS), der C einen einmaligen finanziellen Beitrag von
Fr. .- für deren Produkt zu. Die Auszahlung dieses Betrags an die C erfolgte am
1. Februar 2005.
2. Mit Entscheid vom 6. Juni 2008 erfasste der Steuerkommissär diesen Bei-
trag von Fr. .- bei der Pflichtigen in der Steuerperiode 1.1. - 31.12.2005 als Gewinn-
vorwegnahme bzw. geldwerte Leistung an B. Nach Verrechnung mit dem für das Ge-
schäftsjahr 2005 deklarierten Verlust von Fr. 24'065.- resultierte ein steuerbarer Ertrag
von Fr. '- (Gewinnsteuersatz 8%). Das steuerbare Eigenkapital setzte er auf
Fr. 50'000.- (Kapitalsteuersatz 0,75‰) fest. Zur Begründung fügte er an, die Entwick-
lungskosten für das Produkt seien von der Pflichtigen aufgebracht worden, sodass die-
se und nicht die C auf den FVS-Beitrag berechtigt sei. Auch wenn es sich dabei um
eine Subvention handle, sei deren Steuerfreiheit nicht nachgewiesen.
B. Hiergegen liess die Pflichtige am 8./9. Juli 2008 Einsprache erheben und
beantragen, sie unter Verzicht auf die Aufrechnung von Fr. '- gemäss Steuererklärung
einzuschätzen. Zur Begründung wurde vorgebracht, der Steuerkommissär habe es
versäumt, die rechtlichen Grundlagen der Aufrechnung darzulegen. Zudem sei die
Auszahlung des fraglichen Betrags an die C und nicht an die Pflichtige erfolgt, sodass
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1 ST.2009.232
keine Gewinnvorwegnahme durch Letztere gegeben sei. Die von B in dessen eigener
Einschätzung eingereichten Unterlagen seien in keiner Weise gewürdigt worden. Auch
liege mit der nochmaligen Aufrechnung des Betrags bei B eine unzulässige Doppelbe-
steuerung vor.
Mit Auflage und Mahnung vom 25. März bzw. 11. Mai 2009 im Einsprachever-
fahren verlangte der Steuerkommissär eine substanziierte Sachdarstellung samt
Nachweis zur Frage, weshalb der Anspruch auf die Fr. .- des FVS nicht der Pflichtigen
zustehe bzw. die C im Gesuch an den FVS als Gesuchstellerin eingetragen worden
sei, obwohl sie die Entwicklungskosten von der Pflichtigen erst später erworben habe.
Zudem sei der Nachweis für die Steuerfreiheit der Fr. .- zu erbringen. Die Pflichtige
erwiderte am 18. Mai 2009, sie habe schon vor Monatsfrist angefragt, ob die Einspra-
che Bs gegen dessen eigene Einschätzung zusammen mit ihrer Einsprache behandelt
werde und bis heute keine Antwort erhalten. Im Übrigen brauche sie für die Bearbei-
tung der Auflage noch Zeit bis Mitte Juni 2009. Der Steuerkommissär gewährte am
27. Mai 2009 Fristerstreckung bis Ende Juni 2009 und teilte gleichzeitig mit, dass er die
Einsprache Bs erst nach Erledigung der Einsprache der Pflichtigen behandeln werde.
Letztere reagierte in der Folge auf verschiedene Kontaktnahmen des Steuerkommis-
särs nicht mehr.
Das kantonale Steueramt wies die Einsprache am 14. Juli 2009 ab. Es erwog,
wirtschaftlich betrachtet sei davon auszugehen, dass die Pflichtige mit dem Verkauf an
die C per 1. Oktober 2004 nicht die Entwicklungskosten von Fr. 400'000.- für das
Produkt, sondern das dazugehörige Patent veräussert habe. Insofern erfülle der ent-
sprechende Verkaufsvertrag den Tatbestand der Steuerumgehung. Bei einem Patent-
verkauf an einen unabhängigen Dritten hätte die Pflichtige aber nicht auf den vom FVS
zugesprochenen Betrag von Fr. .- verzichtet und sei im Verkaufsvertrag mit der C nicht
definiert, dass eine allfällige Subvention den Kaufpreis mindere. Damit stehe der An-
spruch auf diesen Betrag der Pflichtigen zu. Weil die Auszahlung jedoch an die C und
nicht an die Pflichtige gegangen sei, liege darin eine geldwerte Leistung (Gewinnvor-
wegnahme) der Letzteren an B begründet.
C. Mit dagegen erhobenem Rekurs vom 14./15. September 2009 liess die
Pflichtige Einspracheantrag und -begründung wiederholen, eventualiter sei die Sache
zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Zudem sei die Deklaration von
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1 ST.2009.232
B beizuziehen und ihr eine Parteientschädigung zuzusprechen. Ergänzend zur Ein-
sprachebegründung liess sie vorbringen, Einschätzungs- und Einspracheentscheid
seien vom gleichen Steuerkommissär erlassen worden, was gegen den Grundsatz von
Treu und Glauben verstosse. Auch seien im Einspracheentscheid die einzelnen Punkte
der Einsprache nicht hinreichend abgehandelt worden. Deshalb seien die Rekurskos-
ten auch im Fall eines Unterliegens vom Rekursgegner zu tragen. Offen geblieben sei
schliesslich auch die Doppelbesteuerung von Gesellschaft und Aktionär.
Das kantonale Steueramt schloss am 25. September 2009 auf Abweisung des
Rekurses.
Der Referent der Steuerrekurskommission zog die Einschätzungsakten von B
bei. | Die Rekurskommission zieht in Erwägung:
1. a) Soweit die Pflichtige sich dagegen wendet, dass der Steuerkommissär,
welcher den Einschätzungsentscheid gefällt hat, auch die Einsprache behandelt hat,
verkennt sie das Wesen der Einsprache. Auszugehen ist davon, dass der Steuerpflich-
tige im Einschätzungsverfahren regelmässig keine Gelegenheit hat, die Auffassung der
Steuerbehörde kennen zu lernen und sich damit auseinanderzusetzen. Ist daher der
Steuerpflichtige mit der Veranlagungsverfügung nicht einverstanden, so bliebe ihm
grundsätzlich nur deren gerichtliche Anfechtung übrig. Zum Zweck der Entlastung der
Steuerjustiz und im Interesse der Verfahrensökonomie sehen deshalb moderne Steu-
ergesetze regelmässig die Möglichkeit einer Einsprache vor. Diese soll den Steuer-
pflichtigen in die Lage versetzen, die Veranlagungsbehörde auf allfällige Unrichtigkei-
ten in der Veranlagungsverfügung aufmerksam zu machen und eine Wiedererwägung
der letzteren herbeizuführen. Dabei handelt es sich, gleich wie bei dieser, um einen
verwaltungsrechtlichen Akt, und das Einspracheverfahren bildet einen Bestandteil der
Veranlagung (Blumenstein/Locher, System des Steuerrechts, 6. A., 2002, S. 419).
Nach dem Gesagten zeichnet sich die Einsprache also gerade dadurch aus, dass
zwingend die gleiche Behörde, welche die Einschätzung vorgenommen hat, in einer für
sie verbindlichen Weise veranlasst wird, ihren Einschätzungsentscheid nochmals zu
- 5 -
1 ST.2009.232
überprüfen und dieses Überprüfungsverfahren mit einem Einspracheentscheid abzu-
schliessen. In diesem Sinn ist auch das Einspracheverfahren im Kanton Zürich gere-
gelt (vgl. §§ 140 ff. des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997, StG). Die Prüfung der Ein-
sprache durch den gleichen Steuerkommissär war mithin rechtens und ist nicht zu
beanstanden.
b) Die Pflichtige rügt weiter eine ungenügende Begründung des Einsprache-
entscheids.
aa) Gemäss § 126 Abs. 1 StG sind Entscheide den Beteiligten mit Begrün-
dung schriftlich mitzuteilen. Art und Intensität der Begründungspflicht hängen von den
Umständen ab. Dabei sind die Anforderungen an Rechtsmittelentscheide höher als an
Entscheide von erstinstanzlichen Verwaltungsbehörden (Imboden/Rhinow, Schweizeri-
sche Verwaltungsrechtsprechung, 5. A., 1976, Band I, Nr. 85 B IIIb). Die Begründung
eines Einspracheentscheids muss im Sinn einer Minimalanforderung eine kurze Darle-
gung des Sachverhalts, der dem Entscheid zugrunde gelegt wird, sowie eine gedräng-
te Erläuterung der Rechtsauffassung der Einsprachebehörde, die zum betreffenden
Entscheid bzw. zu den Abweichungen von den Anträgen des Einsprechers führt, ent-
halten. Nicht notwendig ist, dass die Begründung eine Auseinandersetzung mit allen
Parteierörterungen aufweist. Es genügt, wenn sich aus den Erwägungen die Unerheb-
lichkeit oder Unrichtigkeit der Vorbringen mittelbar ergibt und die Begründung sich auf
die für den Entscheid wesentlichen Gesichtspunkte beschränkt (Richner/Frei/Kauf-
mann/Meuter, Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 2. A., 2006,
§ 142 N 10 mit Verweisungen). Ein Anspruch auf eine ausführliche schriftliche Ent-
scheidbegründung besteht daher insofern nicht (vgl. StE 1999 B 25.3 Nr. 21, mit Hin-
weisen).
bb) Vorliegend hat das kantonale Steueramt im angefochtenen Einsprache-
entscheid vom 14. Juli 2009 zuerst den im Einschätzungsverfahren von B ermittelten
Sachverhalt sowie den Prozessverlauf im Einschätzungs- und Einspracheverfahren
dargestellt (Titel "Es hat sich ergeben:"). Danach hat es auf fünf Seiten allgemeine Er-
wägungen darüber angestellt, wann bei Kapitalgesellschaften eine verdeckte Gewinn-
ausschüttung bzw. eine Gewinnvorwegnahme vorliegt und abgehandelt, warum bei der
Pflichtigen durch den Verzicht auf die streitige Ausrichtung des FVS-Beitrags von Fr. .-
der Tatbestand einer Gewinnvorwegnahme erfüllt ist (Titel "Es wird in Erwägung gezo-
gen:"). Damit wurde der Einspracheentscheid aber hinreichend begründet, auch wenn
- 6 -
1 ST.2009.232
nicht auf alle Vorbringen der Pflichtigen in der Einsprache eingegangen worden ist.
Denn es ergab sich zumindest indirekt, dass die Vorinstanz diese Vorbringen für un-
massgeblich erachtete. Auf eine weiterführende Begründung hat die Pflichtige keinen
Anspruch. Für eine Rückweisung der Sache wegen ungenügender Begründung des
angefochtenen Entscheids besteht daher kein Anlass.
c) Die Pflichtige verlangt den Beizug der Deklaration B. Diesem Begehren
wurde durch den Beizug der gesamten Einschätzungsakten des Genannten für die
Steuerperioden 2004 und 2005 entsprochen. Im Übrigen ist es sachgerecht, die ver-
deckte Gewinnausschüttung vorerst bei der ausschüttenden Gesellschaft zu prüfen
und erst danach über die entsprechende Aufrechnung beim Aktionär zu befinden. Ein
Anspruch auf gleichzeitige Vornahme der Einschätzungen von Gesellschaft und Aktio-
när besteht nicht.
2. a) Bevor über das Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung im Zu-
sammenhang mit dem streitbetroffenen Beitrag des FVS von Fr. .- entschieden werden
kann, ist vorab zu prüfen, ob dieser Beitrag beim Empfänger überhaupt steuerbar ist.
Wäre dessen Steuerbarkeit zu verneinen, könnte im allfälligen Verzicht auf den Beitrag
durch die Pflichtige auch keine verdeckte Gewinnausschüttung bzw. Gewinnvorweg-
nahme begründet liegen.
b) Kein steuerbarer Gewinn entsteht bei juristischen Personen nach § 66 lit. c
StG durch Kapitalzuwachs aus Erbschaft, Vermächtnis oder Schenkung. Für die Frage,
ob eine Schenkung vorliegt, ist auf die im Schenkungssteuerrecht entwickelte Praxis
abzustellen. Demnach muss der Schenkungswille gegeben sein, d.h. der Schenkende
muss gewillt sein, eine Zuwendung vorzunehmen, ohne dafür eine Gegenleistung zu
empfangen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 66 N 12 mit Hinweis).
Subventionen der öffentlichen Hand bzw. von Organisationen, die eine öffent-
lich-rechtliche Funktion erfüllen, sind regelmässig steuerbar, weil der Empfänger sich
als Gegenleistung zu einem bestimmten Verhalten, Dulden oder Unterlassen verpflich-
tet. Dergestalt ist die Leistungsbedingtheit ein wesentliches Merkmal der Subvention.
Eine Gegenüberstellung von Subventionsleistung und Subventionsgegenleistung ist
dabei allerdings nur schwer durchführbar, weil die Gegenleistung des Empfängers, d.h.
das von ihm geforderte Verhalten, schlecht bewertbar ist. So fehlt der Subventionsge-
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1 ST.2009.232
genleistung in der Regel die Messbarkeit (Bernhard Trauffer, Die steuerrechtliche Be-
handlung von Subventionen, 1977, S. 42 sowie StE 2007 B 26.45 Nr. 2, auch zum Fol-
genden). Gleichwohl liegt bei einer Subvention keine Schenkung vor, da eine Gegen-
leistung im genannten Sinn erbracht wird. Kommt hinzu, dass Subventionen – anders
als Schenkungen – auch nicht freiwillig, sondern auf Verlangen und bei Vorliegen der
gesetzlich statuierten Voraussetzungen ausgerichtet werden.
c) Bei den Förderbeiträgen des FVS, einer öffentlich-rechtlichen Anstalt des
Bundes, handelt es sich nach dessen eigenem Bekunden um Subventionen (Erklärung
des FSV in der E-Mail vom 5. Mai 2008 an den Vertreter der Pflichtigen). Sie sind nur
auf Gesuch hin erhältlich. Zudem müssen die eingegebenen Projekte einen umfangrei-
chen Kriterienkatalog erfüllen (Checklisten/Formulare des FVS auf www.fvs.ch). Dabei
liegt insofern ein Leistungsaustausch vor, als die Empfänger der Förderbeiträge in ih-
ren Projekten Massnahmen vorzuschlagen haben, welche die Anzahl schwerer Stras-
senverkehrsunfälle senken helfen (Porträt FVS, www.fvs.ch). Muss aber dergestalt
eine Gegenleistung erbracht werden, kann bei den Förderbeiträgen des FVS keine
Schenkung vorliegen. Der streitbetroffene Beitrag von Fr. .- stellt damit beim Empfän-
ger nicht einen ertragssteuerfreien Zufluss im Sinn von § 66 StG dar, sondern bildet
Teil des steuerbaren Reingewinns gemäss § 64 StG (vgl. nachstehend E. 3. a.).
Zu prüfen ist daher im Weiteren, ob ein Verzicht der Pflichtigen auf diesen
Beitrag vorliegt und dadurch der Sachverhalt einer verdeckten Gewinnausschüttung
(Gewinnvorwegnahme) erfüllt ist.
3. a) Der steuerbare Reingewinn einer Aktiengesellschaft berechnet sich nach
§ 64 Abs. 1 StG aufgrund des Saldos der Erfolgsrechnung (Ziff. 1), erhöht um die der
Rechnung belasteten, geschäftsmässig nicht begründeten Aufwendungen, wie u.a.
offene und verdeckte Gewinnausschüttungen sowie geschäftsmässig nicht begründete
Zuwendungen an Dritte (Ziff. 2 lit. e).
b) Verdeckte Gewinnausschüttungen sind in Erfolgsrechnung und Bilanz nicht
als Gewinn ausgewiesene Leistungen einer Gesellschaft, mit denen sie ihren Aktionä-
ren oder diesen nahestehenden Personen bewusst geldwerte Vorteile zuwendet, die
sie unbeteiligten Dritten nicht einräumen würde (RB 1982 Nr. 72 mit Hinweisen). Als
Empfänger einer verdeckten Gewinnausschüttung kommen demnach nicht nur die An-
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1 ST.2009.232
teilsinhaber, sondern auch diesen nahestehende Personen in Betracht (Reimann/
Zuppinger/Schärrer, Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, 3. Band, 1969, § 45 N 76
und 77). Beim Anteilsinhaber und/oder bei der diesem nahestehenden Person kann es
sich auch um eine juristische Person handeln. Um als nahestehende Person zu gelten,
muss der Leistungsempfänger mit dem Aktionär nicht wirtschaftlich identisch sein; es
genügt, dass zwischen diesem und jenem wirtschaftliche oder persönliche Verbindun-
gen bestehen, die nach den gesamten Umständen als eigentlicher Grund der zu be-
steuernden ungewöhnlichen Leistungen betrachtet werden müssen (VGr, 27. Januar
1987, SB 51/1986, mit Hinweis auf BGr, 17. September 1976, ASA 45, 595). Nach ih-
rer buchmässigen Erscheinung lassen sich zwei Hauptformen verdeckter Gewinnaus-
schüttungen unterscheiden. Die eine kennzeichnet sich dadurch aus, dass die Gesell-
schaft übersetzte Gewinnungs- und Anschaffungskosten aufwendet und so eine
überhöhte Belastung eines Erfolgs- oder Bestandeskontos bewirkt; bei der andern liegt
die Vorteilszuwendung darin, dass die Gesellschaft auf Gewinn, d.h. auf ein marktmäs-
siges Entgelt für die von ihr erbrachten Leistungen oder veräusserten Aktiven, verzich-
tet (Markus Reich, Verdeckte Vorteilszuwendungen zwischen verbundenen Unteneh-
men, ASA 54, 613 ff.). Verdeckte Gewinnausschüttungen der erstgenannten Er-
scheinungsform bilden zugleich geschäftsmässig nicht begründete Aufwendungen im
Sinn von § 64 Abs. 1 Ziff. 2 lit. e StG. Bei geldwerten Leistungen der zweitgenannten
Art handelt es sich um so genannte Gewinnvorwegnahmen (VGr, 30. Mai 1996,
SB.96.00003). Der Grund solcher Vorteilszuwendungen liegt nicht in der Geschäftstä-
tigkeit der Gesellschaft, sondern im Beteiligungsverhältnis. Mit der Ausrichtung von
geldwerten Vorteilen kommt die Gesellschaft nicht geschäftlichen Verpflichtungen
nach, sondern verwendet sie Gewinn im Interesse ihrer Aktionäre (Art. 660 OR; Reich,
ASA 54, 621 f.). Die Einräumung geldwerter Leistungen kann nicht nur in Form physi-
scher Vermögenszuwendungen an die Aktionäre erfolgen. Vielmehr bildet jede Leis-
tung der Gesellschaft ohne entsprechende Gegenleistung, die nicht im geschäftlichen
Interesse, sondern im Interesse der Aktionäre gewährt wird, eine Gewinnausschüttung
(Reich, ASA, 54, 635 und 639, auch zum Folgenden).
Vorteilszuwendungen an Schwestergesellschaften, d.h. zwischen Gesellschaf-
ten, die von denselben Aktionären beherrscht werden, sind demzufolge (nach der so
genannten Dreieckstheorie) einerseits als verdeckte Gewinnausschüttung der leisten-
den Gesellschaft an die Aktionäre und andrerseits als verdeckte Kapitaleinlage der
Aktionäre an die empfangende Gesellschaft zu würdigen (VGr, 3. Oktober 1989 =
StE 1991 B 24.4 Nr. 27; VGr, 19. Dezember 1996, SB.96.00040). Ob eine Vorteilszu-
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1 ST.2009.232
wendung geschäftsmässig begründet gewesen sei, ist dabei ausschliesslich vom
Standpunkt der steuerpflichtigen juristischen Person aus zu beurteilen, nicht vom
Standpunkt des Konzerns aus, dem sie angehört. Massgebend ist nach anerkannter
schweizerischer Auffassung das so genannte "arm's length"-Prinzip (RB 1985 Nr. 42
mit Verweisungen).
c) Macht die Steuerbehörde geltend, ein Rechtsgeschäft zwischen der Gesell-
schaft und dem Aktionär halte dem Drittvergleich nicht stand, gestaltet sich die Beweis-
lastregelung wie folgt (vgl. VGr, 14. Juli 1999 = StE 1999 B 72.14.2 Nr. 23; Martin
Zweifel, Die Sachverhaltsermittlung im Steuerveranlagungsverfahren, 1989, S. 111 f.,
auch zum Folgenden): Ist streitig, ob einer Leistung der steuerpflichtigen Aktiengesell-
schaft überhaupt eine Gegenleistung des Aktionärs gegenüberstehe, trägt die Gesell-
schaft die Beweislast für das Vorhandensein einer solchen Gegenleistung. Denn die
Leistung der Aktiengesellschaft ist nur dann geschäftsmässig begründet und damit
steuermindernd, wenn ihr eine Gegenleistung entspricht. Ist bei Vorhandensein einer
Gegenleistung des Aktionärs an die Gesellschaft umstritten, ob zwischen den gegen-
seitigen Leistungen ein offensichtliches Missverhältnis bestehe und ob deshalb auf
eine verdeckte Gewinnausschüttung geschlossen werden dürfe, hat die Steuerbehörde
aufgrund ihrer Untersuchungen den steuerbegründenden Umstand des offensichtlichen
Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung aufzuzeigen, mithin darzutun,
dass eine Leistung der Gesellschaft ganz oder teilweise nicht geschäftsmässig be-
gründet sein kann (vgl. StE 1990 B 24.4. Nr. 25).
Die den Steuerpflichtigen treffende Beweisleistung für das Vorhandensein
einer angemessenen Gegenleistung setzt in erster Linie und in jedem Fall eine spätes-
tens vor Rekurskommission zu gebende substanziierte Sachdarstellung voraus
(RB 1987 Nr. 35 mit Hinweisen, auch zum Folgenden). Substanziiert ist die Sachdar-
stellung dann, wenn aus ihr die vorgetragenen tatsächlichen Behauptungen in der
Weise detailliert hervorgehen, dass bereits gestützt auf diese Vorbringen – aber unter
Vorbehalt einer Beweiserhebung – eine zweifelsfreie rechtliche Beurteilung des be-
haupteten Sachverhalts möglich ist (vgl. VGr, 15. Dezember 1989, SB 89/0050). Fehlt
es an einer in diesem Sinn genügenden Substanziierung – welche im Beweisverfahren
nicht nachgeholt werden kann (RB 1980 Nr. 69) –, hat die Rekurskommission keine
Untersuchung zu führen, um sich die erforderlichen Grundlagen zu beschaffen
(RB 1975 Nr. 64), und hat eine Beweisabnahme zu unterbleiben mit der Wirkung, dass
der Nachweis der mangelhaft behaupteten Tatsachen zuungunsten des hierfür be-
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1 ST.2009.232
weisbelasteten Steuerpflichtigen als gescheitert zu betrachten ist. Für die von ihm ver-
fochtene, hinreichend substanziierte Tatbestandsschilderung hat er sodann von sich
aus zum Beweis geeignete Unterlagen einzureichen oder diese wenigstens unter ge-
nauer Bezeichnung anzubieten (vgl. RB 1975 Nr. 55).
4. a) Vorliegend ist nicht streitig, dass der Beitrag des FVS von Fr. .- der C
und nicht der Pflichtigen ausgerichtet worden ist. Die Ausrichtung an die C entspricht
dabei dem Gesuch an den FVS: Zwar wurde das Gesuch von B als Projektverantwort-
lichem gestellt und hat dieser darin die C bloss als "Name/Firma, Adresse..." angege-
ben. Jedoch betrachtete der FVS dabei die C als Gesuchstellerin und B nur als deren
Vertreter (vgl. die diesbezügliche Erklärung des FVS gegenüber dem Steuerkommissär
vom 3. Juni 2008). Nach Gutheissung des Gesuchs am im Jahr 2004 überwies der
FVS die Summe am 1. Februar 2005 daher aus seiner Sicht korrekt der C als Gesuch-
stellerin auf deren Konto bei der E (Gutschriftsanzeige). Die C verbuchte den Beitrag
allerdings nur im Umfang von Fr. .- als Ertrag und liess den Rest von Fr. .- ihrer neu
gegründeten Tochtergesellschaft F zukommen (mit Verweis auf das Schreiben der G
vom 8. August 2007).
Soll trotz der Ausrichtung des FVS-Beitrags an die C eine verdeckte Gewinn-
ausschüttung der Pflichtigen vorliegen, ist zu prüfen, ob im (internen) Verhältnis der
beiden Gesellschaften die Pflichtige und nicht die C auf den Beitrag berechtigt war und
Erstere dabei ohne Gegenleistung auf ihren Anspruch verzichtet hat. Denn nur bei Be-
jahung dieser Frage läge im Zufluss des Beitrags an die C eine Gewinnvorwegnahme
der Pflichtigen zugunsten des gemeinsamen Aktionärs B begründet, weil ein kostenlo-
ser Verzicht gegenüber einem unabhängigen Dritten nicht ausgesprochen worden wä-
re. Dabei ist B mit einer Quote von 59% des Aktienkapitals Mehrheitsaktionär der C
(Wertschriftenverzeichnisse 2004 und 2005 B,), weshalb diese und die Pflichtige
Schwestergesellschaften sind.
b) aa) Die Pflichtige hat unstreitig bis Ende 2003 die Entwicklungskosten für
das Produkt getragen und diese in der Bilanz 2003 mit Fr. 400'000.- aktiviert. Die
Pflichtige macht nicht geltend, dass sich bis zu diesem Zeitpunkt auch die C mit einem
eigenen Kostenanteil engagiert hat.
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1 ST.2009.232
Der Beitrag des FSV wurde 2004 als finanzielle Unterstützung gesprochen,
d.h. er stellte weder einen Preis noch eine sonstige Auslobung für den Erfinder, son-
dern einen Zuschuss an die bisherigen Entwicklungskosten des Produkts dar (vgl. Text
der Verfügung des FSV, womit das Gesuch bewilligt wurde). Damit übereinstimmend
führte der Vertreter der Pflichtigen in der Stellungnahme vom 7. Mai 2008 zum Ein-
schätzungsvorschlag des Steuerkommissärs aus, der FVS-Beitrag sei für die Erfindung
des Produkts (mit Patenteintrag 2004) und die in den Jahren zuvor geleisteten bzw.
verrechneten Aufwendungen gedacht. Dass der Beitrag an die bisherig aufgelaufenen
Kosten geleistet wurde, ergibt sich auch aus dem von der C dem abgeänderten Bei-
tragsgesuch an den FVS beigelegten Budget, worin nur Projektkosten der Jahre 1998 -
2004 aufgelistet sind. Bildete die streitige Unterstützung des FVS demnach einen Bei-
trag an die bisherigen Entwicklungskosten des Produkts, hätte bei sachgerechter Ord-
nung der Verhältnisse nicht die C, sondern die Pflichtige das Gesuch an den FSV um
einen Kostenbeitrag stellen müssen, da nur Letztere Trägerin dieser Kosten war.
Die Pflichtige wurde vom Steuerkommissär im Einspracheverfahren mit Aufla-
ge und Mahnung vom 25. März bzw. 11. Mai 2009 aufgefordert, mit einer substanziier-
ten Sachdarstellung die Gründe der Gesuchsstellung durch die C darzulegen, da sie,
die Pflichtige, und nicht die C die Entwicklungskosten finanziert habe, sodass sie und
nicht die Schwestergesellschaft auf den FVS-Beitrag anspruchsberechtigt gewesen
sei. Die Pflichtige hat sich dazu trotz – an sich unzulässiger – Erstreckung der Mahn-
frist bis Ende Juni 2009 nicht geäussert und auch vom Angebot des Steuerkommissärs
zu einer persönlichen Vorsprache in der Mitteilung der Fristerstreckung vom 27. Mai
2009 keinen Gebrauch gemacht. Zudem schweigt sie sich hierzu auch im Rekurs aus.
Spätestens im vorliegenden Verfahren hätte sie jedoch nach dem Gesagten eine sub-
stanziierte Sachdarstellung über die Gründe der Gesuchstellung durch die C und ihres
Verzichts auf den FVS-Beitrag liefern und darlegen müssen, dass solches Gebaren
geschäftsmässig begründet war. Als Folge dieser mangelnden Mitwirkung ist die Steu-
errekurskommission nicht verpflichtet, der Sache mit einer eigenen Untersuchung
nachzugehen.
Damit bleibt es vorerst dabei, dass die Pflichtige und nicht die C auf den FVS-
Beitrag Anspruch hatte. Zu prüfen bleibt, ob die Veräusserung der Entwicklungskosten
durch die Pflichtige an die C daran etwas ändert.
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1 ST.2009.232
bb) Die Pflichtige hat die Kosten rückwirkend per 1. Oktober 2004 an die C
veräussert. Der diesbezügliche – ausdrücklich im persönlichen Einverständnis mit B
abgeschlossene – Kaufvertrag liegt zwar nur undatiert und nicht unterzeichnet vor,
jedoch ist nicht streitig, dass er abgeschlossen wurde. Darin wurde der Stichtag für die
Übernahme der Entwicklungskosten auf den 1. Oktober 2004 festgelegt und vermerkt,
dass dies unabhängig vom Datum der Vertragsunterzeichnung erfolge (Ziff. II.3. des
Vertrags). Auch die Vorinstanz geht im Einspracheentscheid von einem Übergang der
Entwicklungskosten per diesem Datum aus.
War die C damit erst ab 1. Oktober 2004 Trägerin der bisherigen Entwick-
lungskosten, hat sie das Begehren um Ausrichtung eines FVS-Beitrags zu Unrecht
gestellt. Denn ihr erstes Beitragsgesuch über Fr. 500'000.- stammt aus der Zeit vor
dem 1. Oktober 2004, ebenso wie ihr nach dessen Ablehnung eingereichtes Wieder-
erwägungsgesuch über die ausbezahlten Fr. .- vom 30. September 2004.
Aber auch nach Übertragung der Entwicklungskosten per 1. Oktober 2004
besass die C auf den FVS-Beitrag keineswegs einen Anspruch: Die bis Ende 2004
angefallenen Entwicklungskosten machten gemäss Beitragsgesuch insgesamt
Fr. 3'909'263.01 aus. Davon aktivierte die Pflichtige nur gerade Fr. 400'000.- und ver-
äusserte zusammen mit weiteren, nicht aktivierten Aufwendungen von Fr. 10'000.- nur
diesen Betrag an die C. Zudem unterstützt der FVS gemäss seinen Satzungen keine
Produkte und Verfahren mit einem Marktpotential (FVS-Politik auf www.fvs.ch), sodass
die ausgerichteten Fr. .- nicht als Unterstützung für die aktivierten ("werthaltigen") und
an die C veräusserten Kosten gelten konnten, sondern nur als solche für den grossen
Teil der übrigen, ungedeckt gebliebenen und damit subventionsberechtigten Entwick-
lungskosten. Damit besass aber die Pflichtige wirtschaftlich betrachtet auch nach dem
Verkauf der aktivierten Kosten Anspruch auf den FVS-Beitrag, da sie weiterhin Träge-
rin der subventionierten Kosten war. Aber auch wenn die übertragenen Fr. 410'000.- zu
den subventionierten Kosten gehört hätten, verbliebe der Beitragsanspruch bei der
Pflichtigen, da der übernommene Anteil der C im Verhältnis zu den Gesamtkosten zu
unbedeutend ist, um einen Wechsel in der Anspruchsberechtigung zu rechtfertigen.
Die Vorinstanz spricht dem Veräusserungsvertrag zwischen der Pflichtigen
und der C die steuerliche Anerkennung ab, weil damit der Tatbestand der Steuerum-
gehung erfüllt sei. Sie begründet dies damit, dass wirtschaftlich betrachtet nicht die
Entwicklungskosten, sondern das Patent am Produkt übertragen worden sei, weil ein
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1 ST.2009.232
Verkauf der Patententwicklungskosten losgelöst vom Patent völlig praxisfremd sei. Wie
es sich damit verhält, kann offen bleiben, da auch bei Abstellen auf den Veräusse-
rungsvertrag nicht die C, sondern die Pflichtige auf den FVS-Beitrag für ungedeckt ge-
bliebene Entwicklungskosten berechtigt blieb.
cc) Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang aber immerhin, dass das
Patent für das Produkt Anfang 2004 auf die C eingetragen wurde, obwohl diese damals
weder Erfinderin des Produkts noch Trägerin der bisherigen Entwicklungskosten war
(als Erfinder ist B aufgeführt; Patentschrift).
dd) Insgesamt ist damit nachgewiesen, dass die Pflichtige auf die Stellung
eines Gesuchs an den FVS für die Ausrichtung eines Beitrags an die bisherigen sub-
ventionsberechtigten Kosten verzichtet hat, obwohl sie als Trägerin dieser Kosten hier-
zu wirtschaftlich berechtigt gewesen wäre. Der Übergang der aktivierten Aufwendun-
gen auf die C per 1. Oktober 2004 ändert daran nichts. Weder macht die Pflichtige
geltend, sie habe für diesen Verzicht eine Gegenleistung erhalten, noch sind aus den
Akten Anhaltspunkte für das Vorliegen einer solchen ersichtlich. Indem sie auf den
FVS-Beitrag demnach ohne Gegenleistung verzichtet hat, handelte sie gegen ihre
eigenen Interessen und drängt sich der Schluss auf, sie habe im alleinigen Interesse
der C bzw. in demjenigen ihres gemeinsamen Aktionärs B gehandelt. Dabei konnte sie
nur von Letzterem zu diesem Verzicht bewogen werden, da er ihr Alleinaktionär ist
(vgl. Deklaration aller Aktien der Pflichtigen in den Wertschriftenverzeichnissen 2004
und 2005 B) und sie den Verzicht gegenüber einem unabhängigen Dritten nicht ohne
Gegenleistung ausgesprochen hätte. In der Folge liegt eine Gewinnvorwegnahme
durch sie im Umfang von Fr. .- vor, die in Anwendung der erwähnten Dreieckstheorie B
zuzurechnen sind.
c) Bei alledem bildet die Einschätzung B jedoch nicht Gegenstand des vorlie-
genden Verfahrens, sodass über das Schicksal einer der Aufrechnung bei der Pflichti-
gen entsprechenden Erhöhung seines steuerbaren Einkommens 2005 nicht zu befin-
den ist. Zum Einwand der Pflichtigen, eine nochmalige Besteuerung des FVS-Beitrags
bei B stelle eine unzulässige Doppelbesteuerung dar, ist daher nicht Stellung zu neh-
men.
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1 ST.2009.232
5. a) Nach alledem erweist sich damit der angefochtene Einspracheentscheid,
welcher von einer Gewinnvorwegnahme der Pflichtigen im Umfang des FVS-Beitrags
von Fr. .- ausgeht und die Erhöhung ihres steuerbaren Ertrags 2005 um diesen Betrag
bestätigt, als gesetzmässig. Dies führt zur Abweisung des Rekurses.
b) Ausgangsgemäss sind die Kosten der Pflichtigen aufzuerlegen (§ 151
Abs. 1 StG) und ist ihr keine Parteientschädigung zuzusprechen (§ 152 StG i.V.m. § 17
Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997). | Public | Tax | de | 2,009 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
a67d07ef-59e3-4233-8de8-e0cef27bd49a | hat sich ergeben:
A. 1. A (nachfolgend der Pflichtige) ist seit 1987 bei der D, welche zur E ge-
hört, angestellt und seit vielen Jahren Mitglied des Managements. In dieser Funktion
erhielt er (soweit vorliegend interessierend) in den Jahren 2004 - 2006 Mitarbeiteropti-
onen zugeteilt, die Bestandteil des Bonus bildeten und ihn zum Erwerb von Namenak-
tien der E berechtigten. Die Ausgestaltung der Optionen richtete sich dabei nach einem
Reglement der E aus dem Jahr 2001 bzw. 2004 und beinhaltete u.a. eine dreijährige
Sperrfrist der Optionen.
Im Juli 2006 erliess der Verwaltungsrat der E ein abgeändertes Reglement,
welches rückwirkend auch für die bisherigen Optionsprogramme 2004 - 2006 gültig
war. Dabei wurde die Bestimmung, wonach das Management in bestimmten Fällen
bereits zugeteilte Optionen wieder verlieren konnte, gestrichen.
2. Das kantonale Steueramt nahm diese Reglementsänderung zum Anlass,
um den geldwerten Vorteil der in den Jahren 2004 - 2006 dem Pflichtigen zugeteilten
Mitarbeiteroptionen als bei diesem im Jahr 2006 zugeflossen einzustufen und als steu-
erbare Einkunft zu erfassen. Auf dieser Grundlage schätzte es den Pflichtigen und sei-
ne Ehefrau (zusammen die Pflichtigen) am 19. Februar 2008 für die Steuerperiode
2006 mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. ... (Staats- und Gemeindesteuern)
bzw. Fr. ... (direkte Bundessteuer) sowie einem steuerbaren Vermögen von Fr. ...
(Staats- und Gemeindesteuern) ein.
Die Veranlagung der direkten Bundessteuer wurde mit Steuerrechnung vom
7. April 2008 formell eröffnet.
B. Hiergegen liessen die Pflichtigen am 25. März bzw. 15. April 2008 Einspra-
che erheben und beantragen, die Besteuerung des mit den 2004 und 2005 zugeteilten
Mitarbeiteroptionen verbundenen geldwerten Vorteils fallen zu lassen. Die Erfassung
des entsprechenden Vorteils der 2006 zugeteilten Optionen werde nicht bestritten. In-
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1 ST.2009.84 1 DB.2009.42
dessen seien die Vermögenssteuerwerte aller Optionen der dreijährigen Sperrfrist an-
zupassen.
Das kantonale Steueramt hiess die Einsprachen am 25. Februar 2009 hin-
sichtlich der Vermögenssteuerwerte der Optionen gut und wies sie bezüglich der ge-
samthaften Besteuerung des damit verbundenen geldwerten Vorteils als Einkommen
im Jahr 2006 ab.
C. Mit Rekurs bzw. Beschwerde vom 30. März 2009 liessen die Pflichtigen
beantragen, von der Aufrechnung eines geldwerten Vorteils hinsichtlich der 2004 und
2005 zugeteilten Mitarbeiteroptionen abzusehen, da ein solcher Vorteil – wenn über-
haupt – schon bei der Zuteilung und nicht erst im Jahr 2006 zugeflossen sei. Zudem
sei ihnen eine Parteientschädigung zuzusprechen.
Das kantonale Steueramt schloss am 28. April 2009 auf Abweisung der
Rechtsmittel. Die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) liess sich nicht verneh-
men.
Auf die Ausführungen der Parteien in diesen Rechtsschriften sowie auf die
Begründung der Einspracheentscheide wird – soweit erforderlich – in den nachfolgen-
den Erwägungen eingegangen. | Die Rekurskommission zieht in Erwägung:
1. a) Unter Einkommen aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit im Sinn von
§ 17 Abs. 1 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) bzw. Art. 17 Abs. 1 des Bun-
desgesetzes über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990 (DBG) fällt unter
anderem auch die Zuteilung von Beteiligungsrechten an Mitarbeiter, sofern und soweit
die Beteiligungsrechte unentgeltlich oder zu einem Vorzugspreis überlassen werden
(RB 1995 Nr. 34; BGr, 21. Mai 2003 = ASA 73, 545, beide auch zum Folgenden). Er-
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1 ST.2009.84 1 DB.2009.42
fasst wird diesfalls beim Mitarbeiter die Differenz zwischen dem Verkehrswert und ei-
nem allfälligen (günstigeren) Bezugspreis.
b) Der Pflichtige hat von seiner Arbeitgeberin, der D, in den Jahren 2004 -
2006 als Bonusbestandteil folgende Mitarbeiteroptionen der E zugeteilt erhalten: 2004:
2'750 Stück, 2005: 386 Stück und 2006: 110 Stück.
Dass diesen Papieren im vorstehenden Umfang (E.1a) Einkommensqualität
zukommt, ist unbestritten. Der vorliegende Streit dreht sich allein um die Frage, in wel-
chem Zeitpunkt die Einkommensbesteuerung zu erfolgen hat.
2. a) Einkünfte fliessen dem Steuerpflichtigen grundsätzlich im Zeitpunkt zu, in
welchem der Rechtserwerb vollendet ist; erst dann wird ein fester Rechtsanspruch auf
das Vermögensrecht erworben (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum har-
monisierten Zürcher Steuergesetz, 2. A., 2006, § 50 N 23 sowie Richner/Frei/Kauf-
mann, Handkommentar zum DBG, 2003, Art. 210 N 5, je mit Verweisungen, auch zum
Folgenden). Voraussetzung des Zuflusses ist somit ein abgeschlossener Rechtser-
werb, der Forderungs- oder Eigentumserwerb sein kann, wobei der Forderungserwerb
in der Regel die Vorstufe des Eigentumserwerbs darstellt. Die Fälligkeit des Rechtsan-
spruchs ist für die Bestimmung des Zeitpunkts des steuerlich massgeblichen Zuflus-
ses – von hier nicht relevanten Ausnahmen (Kapitalzinsen, Mietzinsen) abgesehen – in
der Regel nicht erforderlich (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 50 N 27; Rich-
ner/Frei/Kaufmann, Art. 210 N 9).
In Literatur und Rechtsprechung findet der dargelegte Grundsatz der Ein-
kommensrealisation mit dem Forderungserwerb indessen dann eine Einschränkung,
wenn die Erfüllung der Forderung besonders unsicher ist (Richner/Frei/Kaufmann/Meu-
ter, § 50 N 24; Richner/Frei/Kaufmann, Art. 210 N 6). In diesen Fällen wird auf den
Zeitpunkt der Erfüllung des Anspruchs abgestellt.
b) Bei Mitarbeiteraktien erfolgt der Zufluss mit der Erklärung des Arbeitgebers
(Offerte), der Mitarbeiter könne solche Titel zu bestimmten Bedingungen beziehen, und
der Annahme dieser Offerte durch den Mitarbeiter (RB 1995 Nr. 34 = StE 1996 B 22.2
Nr. 11 = ZStP 1996, 39, auch zum Folgenden). Der Rechtserwerb ist auch bei unent-
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1 ST.2009.84 1 DB.2009.42
geltlicher Übertragung demnach frühestens dann vollendet, wenn der Mitarbeiter ein
Angebot zum Aktienbezug ausdrücklich oder durch konkludentes Verhalten angenom-
men hat oder – z.B. bei unbenütztem Ablauf der vom Arbeitgeber hierfür gesetzten
Frist – im Zeitpunkt einer allenfalls von Letzterem selbstständig veranlassten Übertra-
gung des Eigentums an den Aktien (RB 2002 Nr. 95 = ZStP 2003, 40).
c) Bei Mitarbeiteroptionen stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, ob
sie im Zeitpunkt der Zuteilung als genügend sichere Einkunft anzusehen sind, so dass
sie in steuerlicher Hinsicht als realisiert betrachtet werden können.
aa) Gemäss präjudiziellem Entscheid des Verwaltungsgerichts vom 4. Juli
1995 war für den steuerlich relevanten Zufluss auf den Zeitpunkt der Zuteilung der Op-
tionen abzustellen, und zwar unabhängig davon, ob die zugeflossenen Rechte markt-
fähig, d.h. veräusserbar waren. Dies hatte lediglich Auswirkungen auf die Frage der
Bewertung; hingegen berührte die Verkäuflichkeit oder Nichtverkäuflichkeit von Mitar-
beiteroptionen deren Steuerobjektqualität nicht (RB 1995 Nr. 34 = StE 1996 B 22.2
Nr. 11).
bb) Die Einschätzungspraxis im Kanton Zürich ist dieser Rechtsprechung ge-
folgt. Einzig bei (im Sinn der nachstehenden Definition der ESTV) nicht bewertbaren
Optionen wurde entgegen der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung erst im Zeit-
punkt der Ausübung der Option zur Besteuerung geschritten (vgl. Merkblatt zur Be-
steuerung von Mitarbeiterbeteiligungen vom 28. November 1997, aZStB I A Nr. 18/40,
Ziff. 2.1 b).
cc) Nachdem die ESTV im inzwischen überholten Kreisschreiben vom 17. Mai
1990 (Kreisschreiben Nr. 5 zu Direkte Bundessteuer Veranlagungsperiode 1991/92,
aZStB II Nr. 52/18 = ASA 59, 172 ff.) erstmals Richtlinien für die Besteuerung von Mit-
arbeiteroptionen aufgestellt hatte, erliess sie am 30. April 1997 das heute noch mass-
gebende Kreisschreiben Nr. 5 zu Direkte Bundessteuer Steuerperiode 1997/98 über
die Besteuerung von Mitarbeiteraktien und Mitarbeiteroptionen (aZStB II Nr. 69/54-p =
ASA 66, 130 ff., nachfolgend Kreisschreiben Nr. 5), welches unter Ziff. 4 Grundsätze
für die einkommenssteuerliche Behandlung von Mitarbeiteroptionen enthält. Das Kreis-
schreiben unterscheidet zwischen bewertbaren und nicht bewertbaren Optionen. Als
nicht bewertbar gelten Optionen mit einer Laufzeit von mehr als zehn Jahren, Optionen
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1 ST.2009.84 1 DB.2009.42
mit einer Verfügungssperre von mehr als fünf Jahren sowie Optionen mit zahlreichen
individuellen Bedingungen. Bewertbare Optionen stellen gemäss Kreisschreiben im
Augenblick der Zuteilung steuerbares Einkommen dar, und zwar im Umfang der Diffe-
renz zwischen dem Abgabepreis und dem tatsächlichen Wert der Option bei Abgabe
an den Mitarbeiter; bei gesperrten Optionen ist dem Umstand der Sperrung bei der
Berechnung des Werts der Optionen aufgrund der im Bankensektor üblichen mathe-
matischen Modelle dadurch Rechnung zu tragen, dass beim Parameter "aktueller Bör-
senkurs" in gleicher Weise wie bei gesperrten Mitarbeiteraktien der diskontierte Bör-
senkurs zugrunde zu legen ist (Kreisschreiben Nr. 5 Ziff. 4.3). Nicht bewertbare
Optionen stellen gemäss Kreisschreiben Nr. 5 Ziff. 4.1 Abs. 4 im Zeitpunkt der Abgabe
eine blosse Anwartschaft dar und sind damit einkommenssteuerrechtlich irrelevant.
Aus solchen Optionen erzielt der Mitarbeiter erst im Zeitpunkt der Ausübung steuerba-
res Einkommen.
dd) Mit Entscheid vom 20. November 2002 hat das Verwaltungsgericht seine
Praxis mit Bezug auf solche Mitarbeiteroptionen, welche mit aufschiebenden Bedin-
gungen ausgestaltet sind, präzisiert bzw. ergänzt. Es hat erkannt, dass solche Optio-
nen nicht im Zeitpunkt der Zuteilung, sondern erst anlässlich ihres unwiderruflichen
Rechtserwerbs, d.h. bei Eintritt der aufschiebenden Bedingung (Vesting), zu besteuern
sind (RB 2002 Nr. 96 = StE 2003 B 21.2 Nr. 16).
ee) Ausgelöst durch diesen Entscheid hat die ESTV im Hinblick auf die Steu-
erharmonisierung ihr Kreisschreiben Nr. 5 ebenfalls präzisiert bzw. ergänzt. Hierzu
erliess sie am 6. Mai 2003 das Rundschreiben über die Besteuerung von Mitarbeiter-
optionen mit Vesting-Klauseln vom 6. Mai 2003 (nZStB II Nr. 62/201). In diesem wurde
darauf hingewiesen, dass die Besteuerungsgrundsätze des Kreisschreibens Nr. 5 un-
verändert gültig seien. Alsdann wurde für den Spezialfall der Optionen mit Vesting-
Klauseln festgehalten, dass diese im Zeitpunkt der Zuteilung noch nicht unwiderruflich
erworben seien. In der Regel sei dies aber auch nach Ablauf der Vestingperiode noch
nicht der Fall, weil der unwiderrufliche Rechtserwerb häufig davon abhängig gemacht
werde, dass der Mitarbeiter bis zur Ausübung der Option in der Unternehmung be-
schäftigt bleibe und dieser bis zur Ausübung der Option also gar keine Möglichkeit ha-
be, den darin verkörperten Wert zu realisieren. Soweit es sich bei gevesteten Optionen
in diesem Sinn um blosse Anwartschaften handle, habe die Besteuerung im Sinn des
Kreisschreibens Nr. 5 erst bei Ausübung zu erfolgen.
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1 ST.2009.84 1 DB.2009.42
Als Vesting-Periode gebundener Mitarbeiteroptionen wird die Zeitdauer be-
zeichnet, während der die bereits zugeteilte Option "verdient" werden muss. Das "Ver-
dienen" der Option kann von der Fortdauer des Arbeitsverhältnisses oder von der Er-
reichung von Leistungszielen abhängig sein. Der Mitarbeiter kann seine Option bis zum
Vesting (= Ablauf der Vesting-Periode) verlieren, wenn er seine Leistungsziele nicht
erreicht oder das Arbeitsverhältnis (z.B. durch Kündigung) aufgelöst wird (RB 2002
Nr. 96 = StE 2003 B 21.2 Nr. 16 sowie Andreas Risi, Mitarbeiteroptionen und -aktien,
Bewertung – Rechnungslegung – Besteuerung, 1999, S. 96). Solche Optionen weisen
eine suspensive bzw. aufschiebende Bedingung nach Art. 151 OR auf, sodass die Op-
tion erst im Zeitpunkt des Vestings, d.h. wenn die Bedingung in Erfüllung geht, als defi-
nitiv erworben gilt (Ziff. 6.1.1. des Berichts der gemischten Arbeitsgruppe "Besteuerung
von Mitarbeiteroptionen zu Handen des Eidg. Finanzdepartements vom 21. Dezember
2001). Der mit den Optionen verbundene geldwerte Vorteil ist vom Mitarbeiter daher
erst in diesem Zeitpunkt und nicht schon bei Zuteilung der Option als Einkommen zu
versteuern.
ff) Das kantonale Steueramt hat sich in der Folge mit dem Merkblatt über die
Besteuerung von Mitarbeiteroptionen zum Zweck der Staats- und Gemeindesteuern
und der direkten Bundessteuer vom 1. September 2003 (nZStB I Nr. 13/300) dem
Rundschreiben der ESTV grundsätzlich angeschlossen und gestützt darauf folgende
nunmehr geltenden Besteuerungsregeln formuliert:
Im Zeitpunkt der Zuteilung werden Mitarbeiteroptionen besteuert, welche mit
der Zuteilung unwiderruflich erworben werden und in diesem Zeitpunkt objektiv bewer-
tet werden können; blosse Ausübungssperrfristen stehen dabei weder einem unwider-
ruflichen Rechtserwerb noch einer objektiven Bewertbarkeit entgegen. Im Vesting-
Zeitpunkt werden sodann Mitarbeiteroptionen besteuert, welche mit der Zuteilung bloss
bedingt bzw. erst mit Eintritt dieser Bedingung unwiderruflich erworben werden und in
diesem Zeitpunkt objektiv bewertet werden können; die Mitarbeiteroption gilt dabei
als unwiderruflich erworben, wenn ihr Rechtserwerb und/oder Rechtsbestand insbe-
sondere nicht mehr vom Bestand eines Arbeitsverhältnisses abhängig gemacht wird
(Ziff. 2.1.3 Abs. 2 des Merkblatts). Im Zeitpunkt der Ausübung bzw. bei Verkauf werden
alle Mitarbeiteroptionen besteuert, welche nicht bei Zuteilung oder Vesting zu besteu-
ern sind.
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3. a) Die dem Pflichtigen in den Jahren 2004 – 2006 zugeteilten Mitarbeiterop-
tionen der E unterlagen gemäss dem massgeblichen Reglement dieser Firma aus dem
Jahr 2001 bzw. 2004 einer dreijährigen Sperrfrist. Während dieser Frist durften die
Titel weder veräussert noch ausgeübt noch verpfändet werden. Danach war der Pflich-
tige als Optionsempfänger frei, über sie zu verfügen, d.h. sie entweder auszuüben oder
zu veräussern. Bei Anwendung nur dieser Reglementsbestimmungen handelte es sich
bei den streitbetroffenen Optionen des Pflichtigen demnach um Titel, die bei der Zutei-
lung als definitiv erworben galten, weil die Sperrfrist den Erwerb und damit den Zufluss
beim Berechtigten nicht hinderte, sondern lediglich den Wert der Papiere minderte.
Gleiches gilt sodann auch noch hinsichtlich Ziff. 9 Abs. 1 und 2 des Regle-
ments, wonach die Optionen bei Nichtausübung bis zum Ende der Laufdauer entschä-
digungslos verfallen bzw. beim Tod des Berechtigten als per Todestag verfallen gelten
und Anspruch der Erben auf Ersatz eines näher bestimmten Werts begründeten. Denn
bis zum Verfall erfuhren die Optionen durch diese Vorgänge keinerlei Einschränkungen
und konnte der Berechtigte frei über sie verfügen. Ebenfalls keine Einschränkung hatte
schliesslich der Verwaltungsrat bei Aufgabe seines Mandats hinzunehmen, konnte er
über die ihm in dieser Funktion zugeteilten Optionen während der Restlaufzeit doch
kraft ausdrücklicher Regelung im Reglement jederzeit frei verfügen.
b) aa) Bei Optionen von Angehörigen des Managements, zu denen der Pflich-
tige zählt, galten indessen besondere Regeln. Im Fall von Invalidität oder Pensionie-
rung (einschliesslich Frühpensionierung) konnten die Optionen zwar ab dem Zeitpunkt
des Eintretens der Invalidität bzw. der Pensionierung ebenfalls während der gesamten
Restlaufzeit frei veräussert oder ausgeübt werden. Wurde das Arbeitsverhältnis jedoch
während der Sperrfrist aus anderen Gründen als durch Tod, Invalidität oder Pensionie-
rung beendet, verfielen die Optionen entschädigungslos. Der Verwaltungsrat konnte
lediglich Ausnahmen bewilligen.
Zwischen den Parteien ist streitig, welche Folgen diese Bestimmung für die
Frage des Zuflusses der Optionen beim Pflichtigen hatten. Das kantonale Steueramt
erblickt in ihr eine aufschiebende (suspensive) Bedingung für den Erwerb der Titel bzw.
eine entsprechende, den Erwerb vorläufig hindernde Vestingklausel, deren Dahinfallen
mit der entsprechenden Reglementsänderung aus dem Jahr 2006 erst den definitiven
Erwerb beim Pflichtigen bewirkt habe. Demgegenüber sehen die Pflichtigen darin eine
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auflösende (resolutive) Bedingung in dem Sinn, dass die Angehörigen des Manage-
ments die Option bereits im Zeitpunkt der Zuteilung definitiv erwarben und im Fall der
Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch andere Gründe als Tod, Invalidität oder Pen-
sionierung (z.B. Kündigung) nachträglich wieder verloren. Dementsprechend hat die
Reglementsänderung 2006 bei dieser Betrachtungsweise keine Auswirkungen mehr,
da der Zufluss bereits bei der Zuteilung erfolgt ist.
bb) Sowohl Praxis als auch Lehre und Rechtsprechung gehen nach dem Ge-
sagten vom Vorliegen einer Vestingklausel aus, wenn die Option zuerst während einer
gewissen Zeit "verdient" werden muss. Unter dem Begriff des "Verdienens" wird dabei
nicht nur das Erreichen von bestimmten Leistungszielen, sondern auch die Fortdauer
des Arbeitsverhältnisses verstanden und als "nicht verdient" demzufolge die Auflösung
des Arbeitsverhältnisses z.B. durch Kündigung in der fraglichen Zeit (Vestingperiode)
betrachtet (RB 2002 Nr. 96 = StE 2003 B 21.2 Nr. 16 sowie Risi, S. 96). Dementspre-
chend gelten Mitarbeiteroptionen gemäss dem erwähnten Merkblatt des kantonalen
Steueramts zutreffend erst dann als unwiderruflich erworben, wenn ihr Rechtserwerb
und/oder Rechtsbestand insbesondere nicht mehr vom Bestand eines Arbeitsverhält-
nisses abhängig gemacht wird. Die Fortdauer des Arbeitsverhältnisses wird daher kon-
sequent als aufschiebende Bedingung behandelt.
Im vorliegenden Fall verfielen die Optionen des Managements gemäss bisher
gültigem Reglement entschädigungslos, wenn das Arbeitsverhältnis während der drei-
jährigen Sperrfrist aus andern Gründen als durch Tod, Invalidität oder Pensionierung
(z.B. durch Kündigung) beendet wurde. Demnach wiesen diese Optionen eine
Vestingklausel auf, welche den Weiterbestand des Arbeitsverhältnisses während der
Sperrfrist zum Gegenstand hatte, mit der Folge, dass sie erst als "verdient" galten,
wenn die Sperrfrist abgelaufen war und das Arbeitsverhältnis noch bestand bzw. nicht
durch eines der genannten drei Ereignisse beendet worden war. Die dem Pflichtigen in
den Jahren 2004 – 2006 zugeteilten Optionen wiesen daher eine entsprechende
Vestingklausel auf und bildeten bei ihm vorerst lediglich eine Anwartschaft. Der damit
verbundene geldwerte Vorteil ist ihm demnach nicht schon bei der Zuteilung, sondern
erst nach Ablauf der dreijährigen Sperrfrist (= Vestingperiode) zugeflossen. Ihr Erwerb
war aufschiebend bedingt.
- 10 -
1 ST.2009.84 1 DB.2009.42
2006 änderte der Verwaltungsrat der E das Reglement insofern ab, als bei
den Optionen des Managements die Vestingklausel gestrichen wurde und diese Titel
daher bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses innert Sperrfrist nicht mehr verfallen.
Die Änderung bezog sich unstreitig auch auf die bereits zugeteilten (noch gesperrten)
Optionen. Demnach unterlagen auch sämtliche dem Pflichtigen in den Jahren 2004 -
2006 zugeteilten Optionen der Vestingklausel ab sofort nicht mehr, weshalb ihm der
damit verbundene geldwerte Vorteil gesamthaft in diesem Zeitpunkt zugeflossen ist.
Die Besteuerung dieses Vorteils in der Steuerperiode 2006 auch hinsichtlich der 2004
und 2005 zugeteilten Titel hat damit Bestand. Bezüglich der 2006 zugeteilten Optionen
ist die Besteuerung zu Recht nicht streitig, weil sich die Frage des Zuflusses wegen
Wegfalls der Vestingklausel noch im Jahr der Zuteilung gar nicht stellt.
c) Entgegen der Auffassung des Pflichtigen verhält es sich nicht so, dass er
die Mitarbeiteroptionen mit der Zuteilung schon definitiv erworben hatte und aufgrund
des bisherigen Reglements lediglich noch das Risiko trug, sie wieder zu verlieren. Es
liegt keine auflösende Bedingung vor. Das Reglement ist vielmehr so ausgestaltet,
dass die Optionen eine Vestingklausel im Sinn des Fortdauerns des Arbeitsverhältnis-
ses während der Sperrfrist aufwiesen und ihre Zuteilung insofern aufschiebend bedingt
war. Erst nach Ablauf der Sperrfrist war ihr Erwerb somit definitiv.
d) Im Quantitativen ist der geldwerte Vorteil, der dem Pflichtigen bei definiti-
vem Erwerb der 2004 und 2005 zugeteilten Optionen im Jahr 2006 als Einkommen
zugeflossen ist, nicht streitig und beträgt Fr. ... (= 2'750 Optionen à Fr. ... + 386 Optio-
nen à Fr. ...).
4. Der Vermögenssteuerwert per Ende 2006 der 2004 - 2006 zugeteilten Opti-
onen unter Berücksichtigung der dreijährigen Sperrfrist ist nicht mehr streitig und von
der Vorinstanz korrekt ermittelt worden.
5. Diese Erwägungen führen zur Abweisung der Rechtsmittel. Ausgangsge-
mäss sind die Kosten des Verfahrens den Pflichtigen aufzuerlegen (§ 151 Abs. 1 StG,
Art. 144 Abs. 1 DBG) und entfällt die Zusprechung einer Parteientschädigung (§ 152
StG i.V.m. § 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni
- 11 -
1 ST.2009.84 1 DB.2009.42
1997, Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Verwal-
tungsverfahren vom 20. Dezember 1968). | Public | Tax | de | 2,009 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
a6cb145c-9147-49ed-abd0-5ddb441744e5 | hat sich ergeben:
A. Die A mit ausserkantonalem Sitz in C (nachfolgend die Pflichtige) ist eine
Tochtergesellschaft der 1999 gegründeten Holding D. Sie konzentrierte sich seit Auf-
nahme ihrer Immobiliengeschäftstätigkeit auf zwei Bereiche, nämlich einerseits auf den
Erwerb von Anlageobjekten und andererseits auf Promotionsprojekte (Entwicklungs-
projekte), wobei die Geschäftsleitung und das Tagesgeschäft – mangels einer eigenen
geschäftlichen Infrastruktur am ausserkantonalen Sitz in C – der in E (ab 2006 in F)
innerkantonal domizilierten G übertragen wurde. Bis zum 20. März 2000 besorgte die
nahe stehende H in I die laufenden Geschäfte der Pflichtigen. Bezüglich der Promoti-
onsprojekte wurden entweder unüberbaute Grundstücke gekauft, überbaut und (häufig
in Form von Stockwerkeinheiten) wieder verkauft oder es wurden überbaute Grundstü-
cke gekauft, umgebaut und ebenfalls in der Regel von Stockwerkeinheiten wieder ver-
kauft. In den hier interessierenden Jahren 2001 bis 2004 veräusserte die Pflichtige
Promotionsobjekte im Wert von rund 60 Mio. Franken (2001), 90 Mio. Franken (2002),
120 Mio. Franken (2003) und 100 Mio. Franken (2004). Ein Grossteil der im genannten
Zeitraum verkauften Objekte befand sich in verschiedensten Gemeinden im Kanton
Zürich. Daneben verkaufte die Pflichtige im betreffenden Zeitraum auch Anlageliegen-
schaften im Wert von rund Mio. Franken.
Zu den in der Gemeinde B veräusserten Promotionsobjekten gehörten unter
anderem die nachfolgend interessierenden Liegenschaften strasse 44 (diverse Hand-
änderungen im Jahr 2001), strasse 48-52 (22. Dezember 2002), strasse 15 (2002 bis
2003) und strasse 6 (2003 bis 2004).
Mit Beschlüssen vom 22. August 2006 auferlegte die Kommission für Grund-
steuern der Gemeinde B der Pflichtigen zufolge Veräusserung dieser Grundstücke wie
folgt Grundstückgewinnsteuern:
Steuerbetrag
- strasse 44 (Alle StWE an Kat.Nr.),
steuerpflichtiger Grundstückgewinn Fr. 697'624.- Fr. 213'050.-
- strasse 48-52 (Kat.Nr.),
steuerpflichtiger Grundstückgewinn Fr. 469'568.- Fr. 177'200.-
- 3 -
- strasse 15 (Alle StWE an Kat.Nr.),
steuerpflichtiger Grundstückgewinn Fr.779'395.- Fr. 227'615.-
- strasse 6 (Alle StWE an Kat.Nr.),
- steuerpflichtiger Grundstückgewinn Fr. 584'126.- Fr. 217'666.-
Total Fr. 835'531.-
B. Dagegen erhobene Einsprachen, womit die Pflichtige zur Hauptsache
Händlerpauschalen in Höhe von 3% der Verkaufspreise, die volle Anrechnung der der
D bezahlten Darlehenszinsen und anlässlich der mündlichen Vertretung der Einspra-
che auch die Berücksichtigung von Verlusten aus anderen Grundstückverkäufen und
aus Betriebstätigkeit geltend machte, wies die Kommission mit Beschlüssen vom
8. Mai 2007 ab. Dagegen hiess sie die Einsprache gegen den Veranlagungsbeschluss
betreffend Liegenschaft strasse 48-52 insoweit teilweise gut, als sie die daraus resultie-
rende Grundstückgewinnsteuer bei den Anlagekosten berücksichtigte und dement-
sprechend die Grundstückgewinnsteuer von Fr. 177'200.- auf Fr. 126'560.- herabsetz-
te.
C. Mit Rekurs vom 13. Juni 2007 beantragte die Pflichtige, die veranlagten
Grundstückgewinnsteuern auf Franken Null herabzusetzen. Dabei seien Händlerpau-
schalen in Höhe von 3% der Verkaufspreise anzurechnen. Die der D bezahlten Darle-
henszinsen seien mit einem reduzierten Zinssatz zu berücksichtigen. Weiter seien die
verbleibenden Gewinne mit im Kanton Zürich und in verschiedenen zürcherischen
Gemeinden in den Jahren 2001 bis 2004 erlittenen Verlusten von im Umfang von meh-
reren Millionen Franken zu verrechnen. Ferner beantragte sie eine Parteientschädi-
gung.
In ihrer Rekursantwort vom 16. August 2007 schloss die Grundsteuerkommis-
sion auf Abweisung des Rekurses und beantragte ebenfalls eine Parteientschädigung.
Auf die Parteivorbringen wird, soweit rechtserheblich, in den nachfolgenden
Erwägungen eingegangen.
- 4 - | Die Rekurskommission zieht in Erwägung:
1. Die Grundstückgewinnsteuer wird gemäss § 216 Abs. 1 des Steuergeset-
zes vom 8. Juni 1997 (StG) von den Gewinnen erhoben, die sich bei Handänderungen
an Grundstücken oder Anteilen von solchen ergeben. Grundstückgewinn ist laut § 219
Abs. 1 StG der Betrag, um welchen der Erlös die Anlagekosten (Erwerbspreis und
Aufwendungen) übersteigt. Die anrechenbaren Aufwendungen sind in § 221 Abs. 1
StG abschliessend aufgezählt (RB 1990 Nr. 51, 1982 Nr. 105; Richner/Frei/Kauf-
mann/Meuter, Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 2. A., 2006,
§ 221 N 3). Dazu gehören wertvermehrende Aufwendungen, Grundeigentümerbeiträ-
ge, übliche Mäklerprovisionen und Insertionskosten, mit der Handänderung verbunde-
ne Abgaben sowie Baukreditzinsen bei Liegenschaften im Geschäftsvermögen. Natür-
liche und juristische Personen, welche mit Liegenschaften handeln, können weitere mit
der Liegenschaft zusammenhängende Aufwendungen geltend machen, soweit sie auf
deren Berücksichtigung bei der Einkommens- oder Gewinnsteuer ausdrücklich verzich-
tet haben (§ 221 Abs. 2 StG). Ausserdem ist im interkantonalen Verhältnis gemäss der
gesetzesvertretenden Rechtsprechung des Bundesgerichts zu Art. 127 Abs. 3 der
Bundesverfassung vom 18. April 1999 (BV) resp. zu Art. 46 Abs. 2 der alten Bundes-
verfassung vom 29. Mai 1874 (aBV) der Liegenschaftskanton ungeachtet der Ausges-
taltung seiner Grundstückgewinnbesteuerung verpflichtet, sämtliche Aufwendungen zu
übernehmen, die mit der Veräusserung zusammenhängen, auch wenn das kantonale
Recht dies nicht vorsieht (Höhn/Mäusli, Interkantonales Steuerrecht, 4. A., 2000,
S. 525; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 221 N 152). Zu diesen Aufwendungen, die
nicht bereits nach § 221 Abs. 2 StG bei der Grundstückgewinnsteuer berücksichtigt
werden können, gehört namentlich ein Anteil an den allgemeinen Unkosten, die dem
Liegenschaftenhändler am Hauptsitz entstehen. Dieser Anteil bemisst sich in der Regel
pauschal auf 5% des Erlöses (BGE 92 I 461; 111 Ia 220 E. 2d). Allerdings kann beim
Vorliegen besonderer Gründe vom üblichen Pauschalabzug sowohl nach oben als
auch nach unten abgewichen werden, wenn hinreichende Anhaltspunkte bestehen,
dass die Pauschale den auf das betreffende Liegenschaftsgeschäft entfallenden Teil
der allgemeinen Aufwendungen des Steuerpflichtigen falsch bemisst und das Ergebnis
dem Gebot einer gerechten Ausscheidung der kantonalen Steuerhoheit zuwiderläuft
(Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 221 N 168; StE 1993 B 45 Nr. 8 E. 5b = ZStP 1993,
137). Ferner kann der interkantonale Liegenschaftenhändler Verluste aus Liegen-
- 5 -
schaftsverkäufen mit den im gleichen Jahr im gleichen Kanton erzielten Grundstück-
gewinnen verrechnen. Dies gilt auch für Verluste aus allfälligen Teilveräusserungen,
die gemäss § 224 Abs. 3 StG erst nach vollständiger Veräusserung aller Teilparzellen
verrechenbar wären (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 221 N 173). Verluste sollen
möglichst schnell mit Gewinnen verrechnet werden. Insofern kommt der kantonalen
Verlustverrechnungsbestimmung (§ 224 Abs. 3 StG) im interkantonalen Verhältnis nur
subsidiäre Bedeutung zu (VGr, 19. November 1997, SR.97.00047, auszugsweise ver-
öffentlicht in RB 1997 Nr. 46).
2. Streitig ist zunächst, ob die Pflichtige Liegenschaftenhändlerpauschalen in
Höhe von 3% der Verkaufspreise und somit folgende weitere Anlagekosten bei der
Grundstückgewinnsteuer anrechnen darf: Fr. 178'950.- (strasse 44), Fr. 101'700.-
(strasse 15), Fr. 142'500.- (strasse 48-52) und Fr. 192'823.- (strasse 6).
a) Die Rekursgegnerin hat keine Händlerpauschalen angerechnet. Sie ist im
Verlauf mehrerer Grundstückgewinnsteuerveranlagungsverfahren in der Gemeinde B
und in anderen Gemeinden, welchen das Steueramt der Gemeinde B Amtshilfe leiste-
te, zum Schluss gekommen, dass der Kanton Zürich in Form von Drittkosten bereits
sämtliche mit dem An- und Verkauf von Liegenschaften verbundenen allgemeinen
Unkosten übernommen habe (E9, E. II.2a). Selbst jene Unkosten, welche üblicherwei-
se nur mit der Händlerpauschale bei den Anlagekosten erfasst werden könnten, seien
von der Pflichtigen in Form von Drittkosten bei der Grundstückgewinnsteuer steuer-
mindernd geltend gemacht und auch vollständig angerechnet worden. Diese Aufwand-
verteilung habe die Konzernstruktur der A-Gruppe ermöglicht. Die Pflichtige sei eine
von mehreren Tochtergesellschaften der D. Sie habe ihren ausserkantonalen Sitz in C,
sei Eigentümerin zahlreicher Liegenschaften (Anlage- und Umlaufvermögen), verfüge
aber in C nicht über die dafür erforderliche geschäftliche Infrastruktur. Das Tagesge-
schäft für die Pflichtige wie auch für weitere Gruppengesellschaften besorge die inner-
kantonal domizilierte Schwestergesellschaft G. Dort sei die Geschäftsleitung angesie-
delt und würden die im Interesse der Pflichtigen liegenden Geschäftstätigkeiten wie An-
und Verkauf von Liegenschaften, Projekt- und Portfoliomanagement, Finanzen etc.
vorgenommen. Die G stelle der Pflichtigen für die erbrachten Leistungen laufend
Rechnung. Die betreffenden Kosten würden bei der Pflichtigen aktiviert und später bei
der Grundstückgewinnsteuer als Anlagekosten geltend gemacht. Zu den aktivierten
und bei der Grundstückgewinnsteuer stets angerechneten Kosten gehörten sämtliche
- 6 -
Baukosten samt Architektur- und GU-Honoraren, alle Kosten beim An- und Verkauf
sowie sämtliche Kosten für die Abklärung von Erschliessungs- und Überbauungsmög-
lichkeiten. Darüber hinaus habe die Pflichtige keine allgemeinen Unkosten gehabt, die
mit der Händlerpauschale zu berücksichtigen wären. Der eigene Verwaltungsaufwand
am Sitz in C könne vernachlässigt werden. Weitere von der D und der G auf die Pflich-
tige überwälzte Kosten (Verwaltungsratshonorare, Erfolgsbeteiligungen, Auslagenpau-
schalen/Managementgebühren und Buchführungskosten) gehörten zu den allgemeinen
Unkosten einer Unternehmung und nicht zu den allgemeinen Unkosten im Sinn der
Händlerpauschale. Die Pflichtige habe den Beweis nicht erbringen können, dass in den
Verwaltungsrats-, Erfolgsbeteiligungshonoraren, Auslagenpauschalen und Manage-
mentgebühren auch Leistungen im Sinn der Händlerpauschalen enthalten seien.
b) Diesen Ausführungen hält die Pflichtige entgegen, dass die Händlerpau-
schale gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung nicht nur Unkosten abdecke, die
objektbezogen mit dem An- und Verkauf von konkreten Liegenschaften zusammenhin-
gen, sondern es gehe richtigerweise um die Abgeltung aller allgemeinen Aufwendun-
gen, die dem Liegenschaftenhändler im Hinblick auf die Erzielung seines Gewinns er-
wachsen seien. Solche Kosten seien der Pflichtigen entstanden. Ein Teil der Kosten
werde durch die G verursacht, welche diese Kosten gestützt auf einen Dienstleistungs-
vertrag an die Pflichtige bzw. an die D verrechne, welche diese dann ihrerseits an die
Pflichtige weiter verrechne. Da die G ihre Abteilungen im Sinn von Profitcentern nach
Kostenstellen führe, würden die Kosten pro ausgeführten Tätigkeitsbereich genau er-
fasst (allerdings nicht basierend auf objektmässigen Stundenaufschrieben), und zwar
nach folgendem Schema: Die Einkaufs- bzw. Verkaufsabteilung verrechne ihre Kosten
unter Beachtung üblicher Provisionsansätze objektsbezogen an die Pflichtige weiter.
Gleiches gelte für die Kosten im Zusammenhang mit dem Notariatswesen (Begrün-
dung von Stockwerkeigentum, Parzellierung und Errichtung/Aufhebung von Dienstbar-
keiten) und bezüglich der Kosten für Projektentwicklung und Bautreuhand. All diese bei
der Grundstückgewinnsteuer geltend gemachten Kosten habe die Rekursgegnerin an-
erkannt. Darüber hinaus seien der Pflichtigen aber auch noch weitere Kosten entstan-
den, die zwar im Hinblick auf die Gewinnerzielung getätigt, aber als allgemeine Kosten
nicht objektmässig verlegt worden seien. Dazu gehörten Kosten für die Entscheidung,
welche konkreten Objekte anzukaufen bzw. zu verkaufen seien. Die Pflichtige habe
eine Vielzahl von Objekten besichtigt und geprüft. Längst nicht alle damit zusammen-
hängenden Tätigkeiten hätten zum Erfolg geführt. Beispielsweise seien im Jahr 2006
Objekte im Wert von mehr als 3 Milliarden Franken näher geprüft worden; schliesslich
- 7 -
seien jedoch nur Objekte im Wert von knapp 2000 Millionen Franken gekauft worden.
Diese Kosten seien zusätzlich zu den Vermittlungsprovisionen entstanden, jedoch von
der Rekursgegnerin nicht gewinnmindernd berücksichtigt worden. Im Zusammenhang
mit den Promotionsliegenschaften seien noch weitere Kosten entstanden. Angesichts
der Bedeutung des Geschäfts sei eine Portfoliostrategie festgelegt und immer wieder
auf deren Richtigkeit hin überprüft worden. Ferner habe auch die Beschaffung der Fi-
nanzierung für die konkret zu erwerbenden Objekte zu einem Kostenaufwand geführt.
Die Promotionsliegenschaften seien regelmässig mit einer Bautätigkeit (Umbau oder
Neubau) verbunden gewesen. Daraus seien der Pflichtigen für architektonische
Grundkonzepte Auslagen entstanden. Sie habe sämtliche Verträge mit einem Objekt-
wert von über fünf Millionen Franken genehmigt, Architekten, Ingenieure und Fachpla-
ner evaluiert und über deren Beauftragung entschieden. Ferner habe sie als Bauherrin
die Baustellen kontrolliert, Werbung und Weiterbildung betrieben und ständig das
Marktumfeld und die Zinsentwicklung beobachtet. All diese von der G, teilweise aber
auch von den Verwaltungsräten der Pflichtigen erbrachten Aufwendungen seien von
der Rekursgegnerin nicht angerechnet worden. Die Tätigkeit des Verwaltungsrats habe
sich keineswegs bloss auf die Oberleitung der Gesellschaft beschränkt. Er sei vielmehr
im oben umschriebenen Sinn operativ tätig geworden und habe als Gesamtheit oder
durch einzelne Mitglieder die möglicherweise zu erwerbenden Grundstücke geprüft, die
Portfoliostrategie festgelegt, die Finanzierung besorgt, die Baumassnahmen überwacht
und die Werbung angeregt. Für Hilfstätigkeiten hätten die Mitglieder entweder zusätzli-
ches Personal oder die Dienste Dritter in Anspruch genommen. Entsprechend hätten
die Verwaltungsräte die Entschädigung nicht als Risikoabdeckung, dass sie sich als
Verwaltungsräte zur Verfügung stellten, sondern erfolgsabhängig für ihre operative
Tätigkeit erhalten. Über diese Kosten hinaus habe die Pflichtige weiteren Aufwand im
Hinblick auf ihre Liegenschaftenhändlertätigkeit gehabt, nämlich Buchhaltungs-, Revi-
sions- und Beratungskosten, welche die Rekursgegnerin ebenfalls nicht zum Abzug
zugelassen habe. Dass ein Teil des Aufwands im Hinblick auf die Gewinnerzielung
nicht durch die Pflichtige selbst, sondern von Dritten getätigt worden sei, spiele keine
Rolle. Entscheidend sei einzig, dass die Pflichtige diese Kosten am Sitz getragen habe.
Unbestritten sei, dass die Pflichtige nicht nur Aktivitäten im Bereich des An- und Ver-
kaufs von Promotionsliegenschaften entfaltet habe, sondern daneben auch Anlagelie-
genschaften halte. Entsprechend entfalle ein Teil des gesamten Verwaltungsaufwands
auch auf die Anlageliegenschaften. Aufgrund der jahrelangen Erfahrung der Pflichti-
gen, welche sich am Umsatz mit Promotions- bzw. Anlageobjekten orientiere, entfalle
auf die Promotionsobjekte ein Unkostenanteil von rund 70%, während der Anteil bei
- 8 -
den Anlageobjekten rund 30% betrage. Die Koppelung an den Umsatzzahlen aus Ver-
kauf von Promotionsliegenschaften bzw. Erträgen aus Anlageobjekten sei einsichtig.
Denn Promotionsliegenschaften müssten während der ganzen Besitzesdauer ununter-
brochen intensiv betreut werden (Ankauf, Finanzierung, Umbau/Neubau, Stockwerk-
begründung, Weiterverkauf). Dagegen sei der Rhythmus bei Anlageobjekten sehr viel
gemächlicher. Nach deren Erwerb sei nur noch eine gewisse Überwachung und gele-
gentliche Renovation erforderlich. Allenfalls würden sie nach 20 oder 30 Jahren ver-
kauft. Der auf die Anlageobjekte entfallende Verwaltungsaufwand der Pflichtigen sei
auch deshalb viel geringer, weil die Liegenschaften durch Drittverwaltungen vor Ort
betreut würden. Die Drittverwaltungskosten seien direkt auf die Anlageobjekte gebucht
worden und somit im hier interessierenden Verwaltungsaufwand der Pflichtigen nicht
enthalten.
c) Mit der Pauschalierung der Unkosten gemäss bundesgerichtlicher Recht-
sprechung wird der Steuerpflichtige aus Praktikabilitätsgründen davon entbunden, die
schwer schätzbaren, beim An- und Verkauf von Liegenschaften tatsächlich angefalle-
nen, allgemeinen Unkosten nachzuweisen, für deren Bestand und Umfang er aufgrund
der allgemeinen Beweislastregel bei steuermindernden Tatsachen grundsätzlich be-
weisbelastet wäre. Entgegen der Auffassung der Pflichtigen deckt die Pauschale aber
nicht sämtliche, dem Liegenschaftenhändler im Hinblick auf die Erzielung eines Ge-
winns anfallenden Aufwendungen ab. Pauschalisiert sind einzig die mit dem An- und
Verkauf von Liegenschaften verbundenen allgemeinen Unkosten. Dagegen orientiert
sich die Prüfung der Angemessenheit der Pauschale immer an den gesamten allge-
meinen Unkosten (vgl. dazu E. 1h).
Gemäss zürcherischer Rechtsprechung, die sich von der einzelfallbezogenen
Rechtsprechung des Bundesgerichts unterscheidet (vgl. hierzu Richner/Frei/Kauf-
mann/Meuter, § 221 N 170), darf die Händlerpauschale, welche einzig und allein die
mit dem An- und Verkauf von Liegenschaften verbundenen Umtriebe deckt (weitere
abzugsfähige Unkosten des Liegenschaftenhändlers sind nicht pauschaliert), nur dann
unter 5% der Verkaufserlöse bzw. unter das beantragte Mass gekürzt werden, wenn
der Liegenschaftenkanton dartun kann, dass die Pauschale über einige Jahre hinweg
weit mehr als die wirklichen Geschäftsaufwendungen des Liegenschaftenhändlers
deckt (ZStP 1992, 283). Eine Kürzung nur aus formalen Gründen (etwa beim Beizug
von Mäklern, kurzer Besitzesdauer, hohem Verkaufsvolumen oder wenn hohen Ver-
kaufspreisen ein nur niedriger Gewinn gegenübersteht) ist entgegen der im Einspra-
- 9 -
cheverfahren vertretenen Auffassung der Rekursgegnerin nach der verwaltungsgericht-
lichen Rechtsprechung unzulässig. Immerhin geben formale Gründe (speziell ein ho-
hes Verkaufsvolumen mit einem hohen Rationalisierungseffekt, der Beizug von Mäk-
lern und die Auslagerung weiterer Tätigkeiten an Dritte) regelmässig Anlass zu einer
Untersuchung, weil in diesen Fällen nicht selten im Sitzkanton gar keine allgemeinen
Unkosten im Umfang von 5% resp. auch 3% aller Verkaufserlöse vorhanden sind.
d) Bei der Prüfung der Angemessenheit der Pauschale hat der Liegenschaf-
tenhändler mitzuwirken (VGr, 20. Oktober 2006, SB.2006.00021 = www.vgrzh.ch,
Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 221 N 170). Dabei hat er seine allgemeinen Unkos-
ten über einen Zeitraum von wenigstens drei Jahren offen zu legen und darzutun, wel-
che unterschiedlichen Tätigkeitsbereiche (z.B. Architektur- und GU-Leistungen, Ver-
kaufstätigkeit für Dritte etc.) er im betreffenden Zeitraum ausgeübt hat. Denn die
allgemeinen Betriebskosten sind auf alle von ihm ausgeübten Tätigkeiten angemessen
aufzuteilen. Weiter sind detaillierte Aufstellungen über alle im betreffenden Zeitraum
verkauften Liegenschaften mit Angaben über Standort, Verkaufspreis und Handände-
rungsdatum erforderlich. Der auf eigene Handelstätigkeit entfallende Unkostenanteil ist
ohne Rücksicht darauf, welche Pauschalen im Einzelfall an den Verkaufsstandorten
tatsächlich geltend gemacht worden sind, auf alle Standorte im Verhältnis der Ver-
kaufspreise aufzuteilen. Ergibt sich, dass die tatsächlichen auf Händlertätigkeiten ent-
fallenden Unkosten über einen längeren Zeitraum betrachtet unter den im gleichen
Zeitraum berechneten Pauschalkosten (= gesamte Verkaufserlöse x beanspruchter
Prozentsatz) liegen, muss die Pauschale im Hinblick auf eine angemessene interkan-
tonale Steuerausscheidung gekürzt werden. Ohne diese Korrektur würden Teile des
Grundstückgewinns vom Sitzkanton besteuert, was der bundesgerichtlichen Ausschei-
dungsregel, dass Gewinne aus der Veräusserung von Geschäftsliegenschaften von
Liegenschaftenhändlern ausschliesslich und in vollem Umfang im Belegenheitskanton
steuerbar sind (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 221 N 151), zuwider laufen würde.
e) Die Pflichtige hat die zur Überprüfung der Angemessenheit der Pauschale
erforderlichen Unterlagen weitgehend von sich aus vorgelegt. U.a. reichte sie die voll-
ständigen Jahresrechnungen für die Jahre 1999 bis 2004 und diverse Listen mit allen
Käufen und Verkäufen im Zeitraum von 1998 bis September 2006 ein. Da sich die Ver-
käufe im vorliegenden Fall in den Jahren 2001 bis 2004 ereigneten, rechtfertigt es sich,
die Angemessenheitsüberprüfung auf die Geschäftsjahre 2001 bis 2004 zu beschrän-
http://www.vgrzh.ch/
- 10 -
ken. Ein Beurteilungszeitraum von vier Jahren reicht für ein repräsentatives Ergebnis
aus.
f) Entgegen der Auffassung der Rekursgegnerin ist für die Festsetzung der
interkantonalen Händlerpauschale nicht entscheidend, dass die geschäftlichen Aktivitä-
ten der Pflichtigen durch die im Kanton Zürich ansässige Schwestergesellschaft G be-
sorgt worden sind und der mit dem An- und Verkauf zusammenhängende Aufwand
weitgehend im Kanton Zürich angefallen ist. Denn die Pflichtige hat die mit dem Erwerb
und Verkauf, der Entwicklung und Verwaltung ihrer Liegenschaften verbundenen all-
gemeinen Unkosten weitgehend in Form von Pauschalen übernommen. Folgedessen
sind der Pflichtigen im Kanton C allgemeine Unkosten erwachsen. Dass es sich bei der
Pflichtigen lediglich um ein formelles, künstlich geschaffenes "Briefkastendomizil" han-
delt, welches am statutarischen Sitz weder Leitung noch Geschäftseinrichtungen (Bü-
roräumlichkeiten, Personal etc.) besitzt und demzufolge die zivilrechtliche Existenz der
Pflichtigen zu ignorieren wäre und keine interkantonale Steuerausscheidung durchzu-
führen wäre, wurde von der Rekursgegnerin nicht behauptet. Immerhin sind die wirt-
schaftlichen Beziehungen der Pflichtigen zum Kanton Zürich viel stärker als zum Kan-
ton C, weil die Geschäftsleitung und die Tagesgeschäfte weitgehend im Kanton Zürich
besorgt werden.
g) Aufgrund der eingereichten Unterlagen sind der Pflichtigen in den Jahren
2001 bis 2004 folgende allgemeinen Unkosten erwachsen:
Personalaufwand Fr. Fr.
Gehälter, Saläre, Sozialversicherung
Jahr 2001 0
Jahr 2002 0
Jahr 2003 28'653
Jahr 2004 29'688
Total Gehälter, Saläre, Sozialversicherung 58'341
Kosten Optionen 1)
Jahr 2001 1'095'676
Jahr 2002 262'934
Jahr 2003 92'332
Jahr 2004 824'163
Total Kosten Optionen 2'275'105
Raumaufwand
Jahr 2001 0
Jahr 2002 0
- 11 -
Jahr 2003 3'600
Jahr 2004 3'600
Total Raumaufwand 7'200
Verwaltungsaufwand
Buchführungs- und Beratungsaufwand
Jahr 2001 591'064
Jahr 2002 458'940
Jahr 2003 16'365
Jahr 2004 0
Total Buchführungs- und Beratungsaufwand 1'066'369
Buchführungs- und Beratungsaufwand Nahestehende
Jahr 2001 0
Jahr 2002 0
Jahr 2003 (Fr. 156'068.- 2)
+ Fr. 51'449.-) 207'517
Jahr 2004 53'855
Total Buchführungs- / Beratungsaufwand Nahestehende 261'372
Verwaltungsrat, GV, Revisionsstelle
Jahr 2001 96'204
Jahr 2002 106'343
Jahr 2003 93'250
Jahr 2004 65'000
Total Verwaltungsrat, GV, Revisionsstelle 360'797
Weiterverrechnung Verwaltungskosten von D
Jahr 2001 427'000
Jahr 2002 346'000
Jahr 2003 276'000
Jahr 2004 250'000
Total Weiterverrechnung Verwaltungskosten D 1'299'000
Weiterverrechnung Buchführungskosten von E
Jahr 2001 350'000
Jahr 2002 350'000
Jahr 2003 476'000
Jahr 2004 1'093'500
Total Weiterverrechnung Buchführungskosten E 2'269'500
Weiterverrechnung Portfoliomanagmentkosten E 3)
0
Weiterverrechnung Liegenschaftenbewertungen
Jahr 2001 0
Jahr 2002 0
Jahr 2003 83'000
Jahr 2004 239'500
Total Weiterverrechnung Liegenschaftenbewertungen 322'500
Liquiditätswirksame Erfolgsbeteiligungen
Jahr 2001 917'000
- 12 -
Jahr 2002 95'000
Jahr 2003 0
Jahr 2004 0
Total liquiditätswirksame Erfolgsbeteiligungen 1'012'000
Übriger Verwaltungsaufwand (Büromaterial/Informatik etc)
Jahr 2001 10'614
Jahr 2002 1'072
Jahr 2003 160
Jahr 2004 242
Total Übriger Verwaltungsaufwand 12'088
Total Allgemeine Unkosten 8'944'272
Aufgliederung nach Jahren:
Unkosten im Jahr 2001 3'487'558
Unkosten im Jahr 2002 1'620'289
Unkosten im Jahr 2003 1'276'877
Unkosten im Jahr 2004 2'559'548
8'944'272
1) Ab Geschäftsjahr 2005 rückwirkend für frühere Jahre verbucht.
2) Betrag gemäss Jahresrechnung 2003, statt deklariert Fr. 158'068.-
3) Die Portfoliomanagementkosten von Fr. 2'767'500.- (= Fr. 0 + 800'000.- +700'000.- +
1'267'500.-) für die Jahre 2001 bis 2004 können entgegen der Auffassung der Pflichti-
gen nicht zu den allgemeinen Unkosten gezählt werden, da es sich hierbei laut Dienst-
leistungsvertrag zwischen der Pflichtigen, der J und der G um eine pauschale Ent-
schädigung für die betriebswirtschaftliche Führung der Anlageliegenschaften handelt.
Im Honorar sind folgende Leistungen der G enthalten: Instruktion und Kontrolle der
externen Verwaltungen, strukturelle Analyse des Liegenschaftenbestandes, Marktbeo-
bachtung und -analyse, Umsetzen der vom Auftraggeber vorgegebenen Strategie der
Liegenschaften im Portfolio, Optimierung Gesamtperformance Portfolio (Optimierung
Rendite-Risiko Verhältnis), Mitwirkung im Ein- und Verkauf von Liegenschaften, Erar-
beiten/Planung der mittel- und langfristigen Investitionen (10 Jahres-Planung), Koordi-
nation der Liegenschaftenbewirtschaftung (G-intern oder durch Dritte), Liegenschaften
übergreifende und rollende Planung und Budgetierung der umfassenden Überholungen
und Erneuerungen, Konzipierung und Optimierung nachhaltiger Mietzinserträge, Cont-
rolling des Mietzinsflusses und der jährlichen Nebenkostenrechnungen, Optimierung
von Mietverträgen, Entwicklung und Optimierung renovationsbedürftiger Liegenschaf-
ten, Kennzahlenmanagement, periodisches Reporting über Kennzahlen, Datenaufbe-
- 13 -
reitung für Geschäftsabschluss, Risikokontrolle, Administrierung und Ablage der Portfo-
liovorgänge.
h) Entgegen der Auffassung der Rekursgegnerin sind bei der Angemessen-
heitsüberprüfung der Händlerpauschale sämtliche oben aufgezählten Unkosten zu be-
rücksichtigen, somit auch Verwaltungsrats-, Erfolgsbeteiligungs-, Buchführungs- und
Rechtsberatungshonorare. Denn diese unausscheidbaren Kosten sind bei der Aus-
übung aller Geschäftstätigkeiten (Liegenschaftenhandel, Verwaltung von Anlagelie-
genschaften, Generalunternehmertätigkeit, notarielle Dienstleistungen) entstanden.
Einerseits handelt es sich hierbei um Kosten, die infolge aktienrechtlicher und steuer-
rechtlicher Vorschriften (u.a. Buchführungspflicht) nicht zu vermeiden sind. Anderer-
seits zielten diese Unkosten allgemein darauf ab, in den genannten Geschäftsberei-
chen, somit auch mit dem Handel von Grundstücken, einen Gewinn zu erzielen. Die
Pflichtige muss nicht nachweisen, dass diese Unkosten einen konkreten Zusammen-
hang mit der Händlertätigkeit aufweisen. Insofern hat die Rekursgegnerin beispielswei-
se den Nachweis für behauptete operative Leistungen des Verwaltungsrats bei der
Ausübung der Händlertätigkeit zu Unrecht gefordert. Die Rekursgegnerin verkennt,
dass mit der Unkostenpauschale vor allem die allgemeinen Unkosten eines Unterneh-
mens, die sich nicht genau einer bestimmten Tätigkeit zuordnen lassen, abgegolten
werden.
i) Hingegen muss die Pflichtige darlegen, welche unterschiedlichen Geschäfts-
tätigkeiten sie in einem bestimmten Zeitraum ausgeübt hat und diesbezüglich geeigne-
te Schätzungsgrundlagen beibringen. Denn die allgemeinen Unkosten sind auf alle
Tätigkeitsbereiche der Pflichtigen aufzuteilen. Zu diesen Geschäftstätigkeiten der
Pflichtigen, die sie durch ihre Schwestergesellschaft G ausführen liess, gehörten in den
Jahren 2001 bis 2004 nicht nur der Ein- und Verkauf von Liegenschaften (Mäklerprovi-
sionen) samt Promotion (Erstellung eines Marketingkonzepts mit Umsetzung auf Bau-
tafel, Internet, Inserate, Verkaufsprospekt, Tag der offenen Tür etc.), sondern auch die
betriebswirtschaftliche Führung der Anlageliegenschaften (Portfolio Management).
Ferner erbrachte die Pflichtige diverse Dienstleistungen im Bereich des Notariats-
wesens (Begründung von Stockwerkeigentum, Parzellierung von Grundstücken, Errich-
tung von Dienstbarkeiten). Schliesslich war die Pflichtige in den betreffenden Jahren
auch in bedeutendem Mass als Generalunternehmerin tätig. Aufgrund der Erträge,
welche die G in den Jahren 2001 bis 2004 von den Konzernliegenschaften erzielte,
- 14 -
entfielen 63% des Umsatzes auf den Bereich Einkauf und Verkauf (siehe nachfolgende
Tabelle):
Einkauf und Verkauf Fr. Fr.
Einkaufsprovisionen
Jahr 2001 2'883'783
Jahr 2002 1'177'000
Jahr 2003 448'500
Jahr 2004 1'702'988
Total Einkaufsprovisionen 6'212'271
Verkaufsprovisionen
Jahr 2001 2'270'776
Jahr 2002 3'330'063
Jahr 2003 3'020'187
Jahr 2004 2'735'804
Total Verkaufsprovisionen 11'356'830
Verkaufskonzept
Jahr 2001 120'000
Jahr 2002 0
Jahr 2003 0
Jahr 2004 270
Total Verkaufskonzept 120'270
Total Einkauf und Verkauf 17'689'371 52%
Generalunternehmer-/Bauleitungshonorare
GU-Honorare (Bautreuhand)
Jahr 2001 2'782'515
Jahr 2002 3'100'400
Jahr 2003 2'964'561
Jahr 2004 1'969'506
Total GU-Honorare (Bautreuhand) 10'816'982
Bauleitungshonorar
Fr.
Fr.
Jahr 2001 0
Jahr 2002 0
Jahr 2003 345'500
Jahr 2004 0
Total Bauleitungshonorar 345'500
Total GU und Bauleitung 11'162'482 33%
- 15 -
Notarielle Dienstleistungen (Begründungen)
Jahr 2001 500'500
Jahr 2002 332'350
Jahr 2003 202'100
Jahr 2004 234'600
Total notarielle Dienstleistungen 1'269'550 4%
Bewirtschaftung von Anlageliegenschaften
Jahr 2001 0
Jahr 2002 1'200'000
Jahr 2003 1'000'000
Jahr 2004 1'510'000
Total Bewirtschaftungspauschalen 3'710'000 11%
Total Honorare für Geschäftstätigkeiten 33'831'403 100%
j) Entsprechend rechtfertigt es sich, die allgemeinen Unkosten nach Massga-
be dieser Umsatzzahlen auf die einzelnen Geschäftsbereiche zu verteilen. Nach die-
sem Aufteilungsschlüssel ist dem Bereich Liegenschaftenhandel ein Unkostenanteil
von Fr. 4'651'021.- (52% von Fr. 8'944'272.-) zuzuweisen. Die übrigen Unkosten von
Fr. 4'293'251.- (48% von Fr. 8'944'272.-) betreffen die Geschäftsbereiche Generalun-
ternehmung (Bautreuhand), Notariatswesen und Bewirtschaftung von Anlageliegen-
schaften. Diesbezüglich (ohne Bewirtschaftungskosten für Anlageliegenschaften) kön-
nen bei der Grundstückgewinnsteuer keine zusätzlichen Kosten mehr berücksichtigt
werden, da sie die Pflichtige bereits pauschal in marktüblicher Höhe bei den Anlage-
kosten geltend gemacht und die Rekursgegnerin diese Kosten vollumfänglich aner-
kannt hat. Die Anrechnung höherer (d.h. Markt überschreitender) Kosten fällt bei den
nicht pauschalierten Anlagekosten ausser Betracht, weil beim Leistungsaustausch zwi-
schen wirtschaftlich verbundenen oder nahestehenden Personen das Prinzip der effek-
tiven Kostenanrechnung nicht gilt. Vielmehr muss der Leistungsaustausch in diesem
Fall einem Drittvergleich (dealing at arm's length) standhalten (Richner/Frei/Kauf-
mann/Meuter, § 64 N 103).
k) Gemäss Deklaration erzielte die Pflichtige in den Jahren 2001 bis 2004
Verkaufserlöse (ohne Mehrkosten und weitere Leistungen) von Fr. 451'851'751.-
(Fr. 62'598'738.- + 125'492'266.- + 159'086'247.- + 104'674'500.-). Im Verhältnis zu
diesen Verkaufserlösen erweist sich die Anrechnung einer Händlerpauschale von
Fr. 13'555'553.-, entsprechend 3% der gesamten beurkundeten Erlöse, im Zeitraum
von 2001 bis 2004 als zu hoch, weil der Pflichtigen im gleichen Zeitraum nur allgemei-
- 16 -
ne Händlerunkosten von Fr. 4'651'021.- erwachsen sind (E. 1j). Vielmehr erweist sich
im Licht dieser Ausführungen für die Jahre 2001 bis 2004 eine Händlerpauschale von
1% der Verkaufspreise als angemessen.
Bezüglich der streitbetroffenen Liegenschaften ergeben sich somit folgende
anrechenbare Händlerpauschalen:
(in Fr.) (in Fr.)
Liegenschaft: Erlös lt. Veranlagung Händlerpauschale
strasse 44 5'965'000 59'650
strasse 48-52 4'750'000 47'500
strasse 15 3'390'000 33'900
strasse 6 6'427'427 64'274
l) Letztlich ist die Kürzung der Händlerpauschale auch dadurch gerechtfertigt,
dass die Pflichtige für An- und Verkauf der streitbetroffenen Liegenschaften keine aus-
sen stehenden Drittpersonen beigezogen, sondern sämtliche Kaufs- und Verkaufsakti-
vitäten selber, d.h. stellvertretend durch die nahe stehende H resp. später G ausgeführt
hat. Letztere Gesellschaften haben ihren Aufwand in Form von Mäklerprovisionen in
Rechnung gestellt, welche die Rekursgegnerin anerkannt hat, obwohl die geltend ge-
machten Mäklerprovisionen wirtschaftlich als Eigenprovisionen zu würdigen sind. Zwar
kann aus dem Beizug von Mäklern nicht bereits aus formalen Gründen abgeleitet wer-
den, dass dem Eigentümer beim An- und Verkauf von Liegenschaften keine weiteren
Verkaufsunkosten erwachsen sind (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 221 N 171). Die-
se Regel gilt jedoch im vorliegenden Fall, wo die Pflichtige und die Mäklergesellschaf-
ten bezüglich der Verkaufsaktivitäten indirekt identische Personen sind und die der
Pflichtigen und den Mäklern erwachsenen Unkosten aus der gleichen (lediglich umver-
teilten) Quelle stammen, nur in abgeschwächter Weise. Weil mit den hierorts üblichen
Mäklerhonoraren von 2% der Verkaufspreise die allgemeinen Betriebskosten des Mäk-
lers, und zwar auch bezüglich seiner nicht honorarberechtigten erfolglosen Tätigkeiten,
gedeckt werden können und sich damit (speziell bei Grossbauprojekten mit einer Viel-
zahl von gleichartigen Verkaufsobjekten und einem hohen Rationalisierungseffekt)
i.d.R. sogar ein Betriebsgewinn erwirtschaften lässt, sind bei der vorliegenden Konstel-
lation die allgemeinen Betriebskosten und der gesamte Aufwand der Pflichtigen für die
erfolgreichen und erfolglosen Kaufs- und Verkaufsbemühungen in den angerechneten
Provisionen von Fr. 667'273.- (= Fr. 35'594.- + 124'138.- + 86'000.- + 95'000.- +
45'795.- + 101'700.- + 45'192.- + 133'854.-) als abgegolten zu betrachten. Unter diesen
- 17 -
Umständen besteht kein Raum, dieselben Betriebskosten ein weiteres Mal unter dem
Titel Händlerpauschale anzurechnen. Die Anrechnung einer Händlerpauschale ist nur
mehr für jene mit dem An- und Verkauf zusammenhängenden Dienstleistungen ge-
rechtfertigt, die über die gesetzlich vorgeschriebene Dienstleistung des Mäklers, näm-
lich die Bestimmung eines Dritten zum Vertragsabschluss, hinausgehen. Dazu gehört
beispielsweise die Einsichtnahme ins Grundbuch, die Abklärung der Besitzverhältnis-
se, die Erstellung von Rentabilitäts- und Finanzierungsplänen, die Ausarbeitung der
Kaufverträge sowie die Organisation und Teilnahme bei der notariellen Beurkundung
und Eigentumsübertragung. Für alle diese Nebentätigkeiten erweist sich eine Unkos-
tenpauschale von 1% der Verkaufspreise im Licht der vorangehenden Ausführungen
als angemessen.
3. a) Weiter beantragt die Pflichtige, Schuldzinsen in Höhe von Fr. 148'712.-
(statt Fr. 138'391.- betreffend strasse 44), Fr. 10'564.- (statt Fr. 0.- betreffend strasse
15) und Fr. 145'218.- (statt Fr. 132'128.- betreffend strasse 6) anzurechnen. Die aufge-
führten Beträge setzen sich zusammen aus Schuldzinsen, die aussen stehenden Drit-
ten (diverse Banken) bezahlt wurden, und aus Zinsen für Fremdkapital, welches die
Muttergesellschaft D der Pflichtigen zur Verfügung stellte. Die Bankzinsen sind von der
Rekursgegnerin ausnahmslos anerkannt worden. Bezüglich der Liegenschaft strasse
15 erfolgte die Anerkennung allerdings erst im Rekursverfahren: Sie belaufen sich auf
folgende Beträge (in Fr.):
- strasse 44 19.4.1999 - 19.3.2001 81'405
- strasse 48-52 0
- strasse 15 30.9.2002 - 31.12.2003 10'564
- strasse 6 1.1.2002 - 31.12.2003 59'888
Total 151'857
b) Uneinigkeit besteht über die Darlehenszinsen (Zinssatz) der D. In der Han-
delsbilanz wurden die von der D gewährten Darlehen mit 5% (1999), 6,25% (2000-
2002), 4,25% (2003) und 4% (2004) verzinst. Daraus ergaben sich gemäss Aufteilung
der Pflichtigen, welche nicht streitig ist, folgende Schuldzinsen: strasse 44: Fr. 33'492.-
(1999), Fr. 44'400.- (2000), total Fr. 77'892.-; strasse 15: Fr. 0.-; strasse 48-52: Fr. 0.-;
strasse 6: Fr. 30'449.- (2001), Fr. 73'994.- (2002), total Fr. 104'443.-. Gestützt auf di-
verse Besprechungen mit dem zuständigen Steuerkommissär des kantonalen Steuer-
- 18 -
amts wurden diese Zinssätze bei der Gewinnsteuer reduziert. Anstelle der Zinssätze
für Betriebskredite (gemäss Kreisschreiben samt Merkblättern der EStV über Zinssätze
für die Berechnung der geldwerten Leistungen [ZStB II Nr. 65/550 ff.]) wurden als Basis
die tieferen Zinssätze für Liegenschaftskredite angewandt. Dabei wurden bei der Ge-
winnsteuer Mischsätze vereinbart, welche einerseits dem Umstand Rechnung trugen,
dass die der Muttergesellschaft bezahlten Schuldzinsen solche für erste und zweite
Hypotheken (mit entsprechend höheren Zinssätzen) waren. Andererseits war auch zu
berücksichtigen, dass die Pflichtige neben Wohn- auch Gewerbeliegenschaften hielt,
für welche höhere Zinssätze gelten. Basierend auf den für die Gewinnsteuer vereinbar-
ten Mischzinssätzen von 5% (1999), 4,76% (2001), 5% (2002), 5,15% (2003) und
4,25% (2004) beansprucht die Pflichtige im Rekursverfahren folgende Darlehenszin-
sen: strasse 44: Fr. 33'492.- (1999), Fr. 33'815.- (2000), total unter Berücksichtigung
der Bankzinsen Fr. 148'712.-; strasse 48-52: Fr. 0.-; strasse 15: Fr. 0.-, total unter Be-
rücksichtigung der Bankzinsen Fr. 10'564.-; strasse 6: Fr. 24'359.- (2001), Fr. 60'971
(2002), total unter Berücksichtigung der Bankzinsen Fr. 145'218.-.
c) Demgegenüber betrachtet die Rekursgegnerin auch die reduzierten Darle-
henszinssätze als übersetzt und anerkennt weiterhin bloss die amtlichen Zinssätze für
Liegenschaftskredite bis zu einem Kredit in der Höhe der ersten Hypothek. Sie ist der
Auffassung, dass die Pflichtige keine Kredite in der Höhe der zweiten Hypothek bean-
sprucht habe, da bei den Entwicklungsprojekten immer sämtliche Zinsen aktiviert wor-
den seien und die Kapitalwerte der verbuchten Zinsen unter 2/3 der jeweiligen Buch-
werte laut Jahresrechnung betragen hätten. Basierend auf den Zinssätzen für erste
Hypotheken von 4% (1999), 4,25% (2000 und 2002), 4,5% (2001), 3,5% (2003) und
3% (2004) anerkennt sie folgende Darlehenszinsen: strasse 44: Fr. 30'192.- (1999)
und Fr. 26'793.70 (2000), total Fr. 56'986.- zuzüglich Bankzinsen von Fr. 81'405.- =
Fr. 138'391.-; strasse 6: Fr. 21'923.- (2001) und Fr. 50'316.- (2002), total Fr. 72'239.-
zuzüglich Bankzinsen von Fr. 59'888.50 = gerundet Fr. 132'128.-. Bei den Liegenschaf-
ten strasse 48-52 und strasse 15 sind keine Darlehenszinsen geltend gemacht worden.
d) Es ist unbestritten, dass vorliegend die der Muttergesellschaft bezahlten
Darlehenszinsen zu den anrechenbaren Aufwendungen gemäss § 221 Abs. 2 StG ge-
hören und die dafür erforderlichen gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Sie sind
jedoch bloss im marktüblichen Umfang anrechenbar, wobei im Geschäftsverkehr unter
nahe stehenden Personen für Vorschüsse von Beteiligten die von der EStV jährlich an
die Marktverhältnisse angepassten Höchstzinssätze zu beachten sind (siehe Kreis-
- 19 -
schreiben samt Merkblättern in ZStB II Nr. 65/550 ff.). Die Zinssätze sind verschieden
hoch, je nach dem, ob es sich um Liegenschaftskredite für Wohnbau, Liegenschafts-
kredite für Industrie und Gewerbe oder Betriebskredite handelt. Zudem wird innerhalb
der Liegenschaftskredite auch der Höhe des Kredits Rechnung getragen. Bis zu einem
Kredit in der Höhe der ersten Hypothek (2/3 des Verkehrswerts) gelten die von der
Rekursgegnerin angewandten Zinssätze. Darüber hinaus, jedoch unter Beachtung von
Belehnungsgrenzen von 70% des Verkehrswerts bei Bauland, Villen, Eigentumswoh-
nungen, Ferienhäuser und Fabrikliegenschaften und 80% des Verkehrswerts bei den
übrigen Liegenschaften, gelten um 1% höhere Zinssätze.
e) Dem Antrag der Pflichtigen, die für die Gewinnsteuer ausgehandelten Zins-
sätze auch bei der Grundstückgewinnsteuer anzuwenden, kann nicht entsprochen
werden, da die Verhältnisse bei der Gewinn- und bei der Grundstückgewinnsteuer un-
terschiedlich sind. Im Übrigen handelt es sich bezüglich der massgebenden Zinssätze
um keine Materie, die unter dem Gesichtspunkt der Steuerharmonisierung im Einkom-
mens- resp. Gewinnsteuerbereich und Grundstückgewinnsteuerbereich einheitlich zu
behandeln wäre. Es besteht somit bei der Grundstückgewinnsteuer in dieser Frage ein
eigener Gestaltungsraum, wobei aber immerhin die zitierten Höchstzinssätze der EStV
für Liegenschaftskredite zu beachten sind. Wie aus den Jahresrechnungen von 1999
bis 2004 ersichtlich ist, hält und entwickelt die Pflichtige nicht nur Wohnbauliegenschaf-
ten, sondern auch eine grosse Anzahl von Geschäftsliegenschaften, die bei der
Grundstückgewinnsteuer keine Rolle spielen, da die Pflichtige – soweit aus den Akten
ersichtlich ist – im Zeitraum von 1999 bis September 2006 keine Geschäfts-
liegenschaften veräussert hat. Weil für Geschäftsliegenschaften höhere Zinssätze gel-
ten und diesbezüglich ausserdem auch die Belehnungsgrenzen um 10% höher sind als
bei Eigentumswohnungen, welche die Pflichtige im selben Zeitraum zur Hauptsache
erstellt und veräussert hat, erweisen sich die bei der Gewinnsteuer ausgehandelten (im
Übrigen nicht nachvollziehbaren) Mischzinssätze für den Bereich der Grundstückge-
winnsteuer als zu hoch. Andererseits überzeugt auch die Berechnungsweise der Re-
kursgegnerin nicht, da durch Vergleich der Kapitalwerte der aktivierten Zinsen mit den
entsprechenden Buchwerten (gemäss Handelsbilanz) die Belehnungsgrenzen für erste
und zweite Hypotheken nicht zu ermitteln sind. Massgebend dafür wäre ein Vergleich
der Kapitalwerte mit den entsprechenden Verkehrswerten der im Bau befindlichen
Grundstücke. Die Verkehrswerte sind gemessen an den erzielten Erlösen höher als die
Buchwerte. Da sich die betreffenden Grundstücke im Bau befunden haben, lassen sich
die Verkehrswerte – auf einen bestimmten Stichtag bezogen – praktisch aber kaum
- 20 -
ermitteln. Somit müssen bei der Frage, ob und inwieweit die Pflichtige Kredite in Höhe
der zweiten Hypothek zur Finanzierung von Landerwerbs- und Baukosten beansprucht
hat, andere Kriterien herangezogen werden. Dabei bietet sich das Verhältnis von Ei-
gen- und Fremdkapital gemäss den Jahresrechnungen an, zumal die Pflichtige die
Finanzierung der Anlagekosten mit Mitteln der Muttergesellschaft aus einem gemein-
samen Topf bestritten hat und die Aufteilung der Finanzierungskosten auf die einzel-
nen Liegenschaften ein hohes Mass an Unschärfe aufweist. Aus den folgenden Tabel-
len ergeben sich bezüglich des Verhältnisses von Krediten in der Höhe der ersten und
zweiten Hypothek folgende gerundete Prozentwerte (die Passivwerte basieren auf den
eingereichten Handelsbilanzen):
Jahr 1999 Jahr 2000
Fr. Fr.
Passiven 279'365'232 100.00% 397'101'781 100.00%
Eigenkapital -74'406'215 26.63% -73'714'240 18.56%
Fremdkapital 204'959'017 73.37% 323'387'541 81.44%
100% 100%
1. Hypothek 186'224'864 66.66% 264'708'047 66.66%
Prozentanteil 1. Hypothek 90.86% 81.85%
2. Hypothek 18'734'153 6.71% 58'679'494 14.78%
Prozentanteil 2. Hypothek 9.14% 18.15%
Total Fremdkapital 204'959'017 100,00% 323'387'541 100,00%
Jahr 2001 Jahr 2002
Fr. Fr.
Passiven 521'169'884 100.00% 556'638'812 100.00%
Eigenkapital -75'268'782 14.44% -89'383'787 16.06%
Fremdkapital 445'901'102 85.56% 467'255'025 83.94%
100% 100%
1. Hypothek 347'411'845 66.66% 371'055'432 66.66%
Prozentanteil 1. Hypothek 77.91% 79.41%
2. Hypothek 98'489'257 18.90% 96'199'593 17.28%
- 21 -
Prozentanteil 2. Hypothek 22.09% 20.59%
Für die Jahre 2003 und 2004, die hier keine Rolle spielen, betragen die Pro-
zentwerte für erste Hypotheken 78.39% resp. 77.51% und für zweite Hypotheken
21.61% resp. 22.49%.
f) Aufgrund der Prozentanteile für erste und zweite Hypotheken ergeben sich
unter Zugrundelegung der Zinssätze für Liegenschaftskredite (gemäss den zitierten
Merkblättern der EStV) folgende anrechenbare Schuldzinsen:
Liegenschaft strasse 44
Jahr 1999 Jahr 2000
Fr. Fr.
Zinsen laut Handelsbilanz 33'492 44'400
Zinssatz laut Handelsbilanz 5% 6.25%
Kapitalwert (Zinsen x Zinssatz lt. HB) 669'840 710'400
Zins 1. Hypothek * 24'345 4% 24'712 4.25%
Zins 2. Hypothek 3'061 5% 6'769 5.25%
Total Darlehenszinsen D 27'406 31'481
* berechnet gemäss folgender Formel:
Kapitalwert x Prozentanteil 1. Hypothek x Zinssatz gemäss Merkblatt
Unter Mitberücksichtigung der nicht streitigen Bankzinsen von Fr. 81'405.-
sind damit bei der Gewinnermittlung bezüglich der Liegenschaft strasse 44 Schuldzin-
sen von insgesamt Fr. 140'292.- (Fr. 27'406 + 31'481 + 81'405) anzurechnen.
Liegenschaft strasse 6
Jahr 2001 Jahr 2002
Fr. Fr.
Zinsen laut Handelsbilanz 30'449 73'994
Zinssatz laut HB 6.25% 6.25%
Kapitalwert (Zinsen x Zinssatz lt. HB) 487'184 1'183'904
Zins 1. Hypothek 17'080 4.5% 39'956 4.25%
Zins 2. Hypothek 5'919 5.5% 12'798 5.25%
Total Darlehenszinsen D 22'999 52'754
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Unter Mitberücksichtigung der nicht streitigen Bankzinsen von Fr. 59'888.-
sind somit bei der Gewinnermittlung bezüglich der Liegenschaft strasse 6 Schuldzinsen
von insgesamt Fr. 135'641.- (Fr. 22'999.- + 52'754.- + 59'888.-) anzurechnen.
Bei der Liegenschaften strasse 48-52 sind keine Zinsen geltend gemacht wor-
den. Bei der Liegenschaft strasse 15 sind die von der Rekursgegnerin (erstmals) im
Rekursverfahren anerkannten Bankzinsen von Fr. 10'564.- zu berücksichtigen.
4. Ferner beantragt die Pflichtige, die im Kanton Zürich und in verschiedenen
Gemeinden in den Jahren 2001 bis 2004 erlittenen Verluste bis zur Gewinnhöhe bei
der Grundstückgewinnsteuer anteilsmässig zu berücksichtigen.
a) Laut Darstellung der Pflichtigen hat sie in den Jahren 2001 bis 2004 fol-
gende Verluste erlitten, die mit den vorliegenden Gewinnen verrechnet werden sollen:
Jahr Verlust Fr.
2001 Gewinnsteuer (Kanton Zürich) 4'429'265
2002 Grundstückgewinnsteuer (Gemeinde K, strasse) 1'163'422
2002 Grundstückgewinnsteuer (Gemeinde L, strasse) 308'749
2002 Grundstückgewinnsteuer (Gemeinde M, strasse) 74'328
2003 Gewinnsteuer (Kanton Zürich) 7'021'575
2004 Grundstückgewinnsteuer (diverse zürcherische Gemeinden) 1'477'346
Total 14'474'685
Es ist unbestritten, dass der Liegenschaftenhändler die in den zürcherischen
Gemeinden erzielten Veräusserungsverluste mit im gleichen Jahr erzielten Gewinnen
verrechnen kann. Der Verrechnung der in K, L, M und anderen nicht näher bezeichne-
ten Gemeinden erlittenen Verluste steht grundsätzlich nichts im Weg. Allerdings sind
die Verluste nicht ausschliesslich nur mit den Gewinnen aus den vorliegenden Veräus-
serungen in der Gemeinde B zu verrechnen. Vielmehr müssen sich sämtliche zürcheri-
sche Gemeinden, bei denen Grundstückgewinne erzielt wurden, bei der Verlustver-
rechnung im Verhältnis der erzielten Gewinne beteiligen. Im gegenwärtigen Zeitpunkt
kann diese Verlustverrechnung aber noch nicht vorgenommen werden, da in vielen
zürcherischen Gemeinden die Grundstückgewinnsteuern noch nicht rechtskräftig ver-
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anlagt worden sind. Somit ist die Pflichtige diesbezüglich auf den Revisionsweg zu
verweisen, wobei zur Revision – analog der Praxis zur Verlustverrechnung bei Teilver-
äusserungen gemäss § 224 Abs. 3 StG (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 224 N 22) –
erstinstanzlich immer die Einschätzungsbehörde (anstelle der zuletzt urteilenden kan-
tonalen Rechtsmittelinstanzen) zuständig ist. Diese Zuständigkeitsordnung rechtfertigt
sich im vorliegenden Fall auch deshalb, weil die Pflichtige an gewissen Standorten
(Gemeinden B, N, O) mehrere Überbauungsobjekte realisiert hat und unter diesen
Umständen im gleichen Jahr erzielte Gewinne und Verluste – über die Verlustverrech-
nungsregelung von § 224 Abs. 3 StG hinaus, die grundsätzlich nur bei Teilveräusse-
rungen von einem Gesamtgrundstück oder mehreren, ein einheitliches Wirtschaftsgut
bildenden Grundstücken möglich ist (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 224 N 14 und
15) – im Sinn einer gerechten Steuerausscheidung zuerst gemeindeintern verrechnet
werden sollen.
b) Zu beachten ist, dass Verlustberechnungen in früheren Entscheiden nicht in
Rechtskraft erwachsen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 224 N 22). Demzufolge kön-
nen die derzeit bekannten Verluste in den Gemeinden K, strasse (Jahr 2001 und 2002;
Verlust Fr. 1'163'422.-), L, strasse (2002 bis 2005; Verlust Fr. 2'817'803.-), M, strasse
(2002, Verlust Fr. 74'328.-) und N, strasse (2002 bis 2005, Verlust Fr. 5'447'037.-) bei
der späteren Verlustverrechnung korrigiert werden. Korrekturen sind bezüglich folgen-
der Verluststandorte geboten:
aa) Gemeinde M, strasse (Verkaufsjahr 2002);
Gemäss Veranlagungsentscheiden vom 15. September 2004 ermittelte die
Grundsteuerbehörde M zufolge zweier Handänderungen im Jahr 2002 (nach gemein-
deinterner Verlustverrechnung infolge Teilveräusserungen) einen Gesamtverlust von
Fr. 74'328.- (Teilgewinn Fr. 294'813.- ./. Verlust Fr. 369'141.-). Dieser Verlust muss
korrigiert werden, da die Gemeinde M zu hohe Händlerpauschalen (insgesamt
Fr. 166'500.- entsprechend 3% der Verkaufserlöse) und zu hohe Zinskosten (insge-
samt Fr. 222'082.-, davon Fr. 82'933.13 Darlehenszinsen) bei den Anlagekosten be-
rücksichtigt hat. Die Händlerpauschale ist von insgesamt Fr. 166'500.- auf Fr. 55'500.-,
entsprechend 1% des Gesamterlöses von Fr. 5'550'000.- zu kürzen. Die der D bezahl-
ten Darlehenszinsen sind wie folgt zu korrigieren:
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Jahr 2001
Fr.
Zinsen (Bauland) laut Handelsbilanz 82'933
Zinssatz laut Handelsbilanz 6.25%
Kapitalwert (Zinsen x Zinssatz lt. HB) 1'326'928
Zins 1. Hypothek * 46'521 4.5%
Zins 2. Hypothek 16'122 5.5%
Total Darlehenszinsen D 62'643
* berechnet gemäss folgender Formel:
Kapitalwert x Prozentanteil 1. Hypothek x Zinssatz gemäss Merkblatt
Unter Berücksichtigung der Bankzinsen von Fr. 139'149.- ergeben sich anre-
chenbare Zinsen von insgesamt Fr. 201'792.-. Demzufolge resultiert aus den beiden im
Jahr 2002 veräusserten Liegenschaften statt eines Verlustes von Fr. 74'328.- ein Ge-
samtgewinn von Fr. 56'962.-. Da die auf Franken Null lautende Grundstückgewinn-
steuerveranlagung der Gemeinde M bereits in Rechtskraft erwachsen ist, kann der
nachträglich ermittelte Gewinn nicht mehr besteuert werden (siehe Steuerberechnung
in Anhang 1).
bb) Gemeinde N, strasse, Verkäufe von 2002 bis 2005
Gemäss Veranlagungsentscheid vom 10. April 2006 ermittelte der Grund-
steueraussschuss der Stadt N zufolge der in den Jahren 2002 bis 2005 verkauften
Stockwerkeigentumseinheiten einen Verlust von Fr. 5'447'037.-. 10 Parkplätze sind
aufgrund der beigezogenen Akten noch nicht veräussert worden.
Die Veranlagung der Stadt N bedarf gleich mehrerer Korrekturen:
Zunächst sind pauschale Garantierückstellungen in Höhe von 3% der Baukosten (Ge-
samtbetrag 100%: Fr. 780'348.-) bei der Grundstückgewinnsteuer nicht anrechenbar,
weil genügende Grundlagen für eine Schätzung fehlen und die Garantiekosten mehr-
heitlich schon in der Bauabrechnung vom 15. März 2006 enthalten sein dürften. Hin-
sichtlich einer weiteren Rückstellung von Fr. 100'000.- für die Fassadensanierung ist
offen, ob und in welcher Höhe der Pflichtigen am Ende nicht mehr auf Subunternehmer
oder Versicherungen abwälzbare Kosten erwachsen sind. Weiter erweist sich die ge-
währte Händlerpauschale von Fr. 1'207'860.- (knapp 3% der Verkaufspreise) als nicht
angemessen. Analog dem Ausgang des vorliegenden Verfahrens ist sie auf
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Fr. 402'620.- (1% der Verkaufspreise) zu kürzen. Ferner sind die bei der Veranlagung
berücksichtigten Zinsaufwendungen wie folgt von Fr. 582'003.- auf Fr. 465'796.- herab-
zusetzen:
Jahr 2001
Fr.
Zinsen D laut Handelsbilanz 490'911
Zinssatz laut Handelsbilanz 6.25%
Kapitalwert (Zinsen x Zinssatz lt. HB) 7'854'576
Zins 1. Hypothek * 275'378 4.5%
Zins 2. Hypothek 95'429 5.5%
Total Darlehenszinsen D (statt Fr. 490'911) 370'807
Baukreditzinsen Credit Suisse 2003 94'989
Total anrechenbare Zinsen 465'796
* berechnet gemäss folgender Formel:
Kapitalwert x Prozentanteil 1. Hypothek x Zinssatz gemäss Merkblatt
Unter Berücksichtigung dieser Korrekturen (ohne Aufrechnung der Rückstel-
lung von Fr. 100'000.- für die Fassadenrenovation) reduziert sich der verrechenbare
Verlust von Fr. 5'447'037.- auf Fr. 3'747'340.- (Jahr 2003: Fr. 144'282.-; Jahr 2004:
Fr. 3'005'897.-; Jahr 2005: Fr. 597'160.- (siehe Steuerberechnung im Anhang 2).
c) Hinsichtlich der Verrechnung der geltend gemachten Betriebsverluste fällt
Folgendes in Betracht:
aa) Aufgrund der seit 19. November 2004 eingeleiteten bundesgerichtlichen
Rechtsprechung zur Vermeidung der Doppelbesteuerung im interkantonalen Verhältnis
sind Ausscheidungsverluste möglichst zu vermeiden und Verluste möglichst rasch zu
verrechnen (BGE 131 I 249, BGE 131 I 285, BGE 132 I 220). Aufgrund dieser Ent-
scheide und der von der Schweizerischen Steuerkonferenz im Kreisschreiben Nr. 27
vom 15. März 2007 festgelegten Praxis ab Steuerperiode 2006, die in der gesamten
Schweiz gilt, sind deshalb Verluste, die am Wohnsitz (Hauptsitz) oder in anderen Kan-
tonen angefallen sind, vom Liegenschaftenkanton zu übernehmen. In Kantonen mit
dem monistischen System ist es grundsätzlich eine innerkantonale Angelegenheit, ob
solche Verluste bei der Einkommens- resp. Gewinnsteuer oder bei der Grundstückge-
winnsteuer verrechnet werden. Dem Liegenschaftenkanton sind einzig insofern Gren-
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zen gesetzt, als er nunmehr auf die Situation der Unternehmung bzw. Privatperson und
deren wirtschaftliche Leistungsfähigkeit (Art. 127 Abs. 2 BV) Rücksicht nehmen muss.
Dagegen hat das Bundesgericht im Falle von betrieblichen Verlusten (aus Grund-
stücksbewirtschaftung oder aus übriger Tätigkeit) bis anhin nicht zwingend vorge-
schrieben, dass die Verrechnung solcher Verluste mit Grundstückgewinnen im glei-
chen Jahr erfolgen müsse. Gemäss § 29 Abs. 1 StG resp. § 70 Abs. 1 StG können im
Bereich des Geschäftsvermögens Geschäftsverluste nämlich auch in den sieben auf
die Steuerperiode nachfolgenden Geschäftsjahren noch berücksichtigt werden.
bb) Im vorliegenden Fall verletzt eine Verrechnung der geltend gemachten
Verluste auf dem Weg des Verlustvortrags die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der
Pflichtigen über mehrere Jahre hinweg betrachtet nicht. Denn die in den interkantona-
len Steuerausscheidungen 2001 und 2003 ausgewiesenen Verluste von Fr. 4'429'265.-
(2001) und Fr. 7'021'575.- (2003) sind im erheblichen Umfang auf Abschreibungen und
Wertberichtigungen zurückzuführen, die in späteren Jahren teilweise wieder rückgän-
gig gemacht worden sind. So hat die Pflichtige im Jahr 2001 auf im Kanton Zürich ge-
legenen Anlageliegenschaften Abschreibungen von insgesamt Fr. 4'195'300.- vorge-
nommen. Im Jahr 2002 hat sie laut Jahresrechnung 2002 eine Wertberichtigung von
Fr. 2'500'000.- bezüglich der Liegenschaft strasse in der Stadt N gebildet. Im Übrigen
hat sie im Jahr 2002 keine Abschreibungen vorgenommen. Im Gegenteil sind in den
Vorjahren zu hoch ausgefallene Abschreibungen im Umfang von Fr. 6'741'100.- rück-
gängig gemacht worden. Im Jahr 2003 hat sie auf zürcherischen Anlageliegenschaften
Abschreibungen von Fr. 5'562'034.- und zwei Wertberichtigungen in Höhe von
Fr. 6'724'792.- gebildet. Die Wertberichtigungen betreffen die Liegenschaften strasse in
der Stadt N (Fr. 3'722'000.-) und strasse 24 in der Gemeinde O (Fr. 3'002'792.-). Letz-
tere wird vom kantonalen Steueramt nur teilweise anerkannt (die betreffende Einschät-
zung ist allerdings noch nicht erfolgt. Die beiden bezüglich der Liegenschaft strasse in
N gebildeten Wertberichtigungen hat die Pflichtige im Jahr 2004 im Umfang von
Fr. 5'585'465.- von sich aus erfolgswirksam rückgängig gemacht. Infolge dieser Bu-
chungsvorgänge haben die in den Steuerperioden 2001 und 2003 ausgewiesenen Ver-
luste weitgehend zufälligen Charakter. Wären Betriebsverluste, die auf Abschreibun-
gen oder Wertberichtigungen bei im Kanton Zürich gelegenen Liegenschaften
zurückzuführen sind, bei der Grundstückgewinnsteuer mit den im gleichen Jahr im
Kanton Zürich erzielten Veräusserungsgewinnen sofort verrechenbar, hätte dies – nicht
zuletzt auch wegen der im Kanton Zürich grosszügigen Abschreibungspraxis – zur Fol-
ge, dass Grundstückgewinne unter Umständen mit der Einkommens- resp. Ge-
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winnsteuer erfasst würden, weil in späteren Steuerperioden freiwillig vorgenommene
Aufwertungen (wie z.B. bei der Liegenschaft strasse in der Stadt N) und wieder einge-
brachte Abschreibungen bei der Grundstückgewinnsteuerveranlagung nach dem mo-
nistischen System nicht berücksichtigt werden dürfen. In dieser Hinsicht ist die Ver-
rechnung von Betriebsverlusten (aus dem Einkommens- bzw. Gewinnsteuerbereich)
mit im gleichen Jahr im Kanton Zürich erzielten Veräusserungsgewinnen mit dem mo-
nistischen Steuersystem nicht vereinbar.
Hinzu kommt, dass die von der Pflichtigen in den interkantonalen Steueraus-
scheidungen 2001 und 2003 geltend gemachten Verwaltungskosten von 5% des Ver-
mietungserlöses (Fr. 789'810.- + 1'095'510.-) betragsmässig fragwürdig erscheinen,
weil die Pflichtige einen grossen Teil ihrer Anlageliegenschaften durch aussen stehen-
de Firmen vor Ort verwalten lässt, was ihren eigenen Verwaltungsaufwand erheblich
reduziert. Gemäss den Vorbringen im Rekursverfahren bestand die wichtigste eigene
Verwaltungstätigkeit bei den Anlageobjekten offenbar einzig darin, am Schluss des
Geschäftsjahrs den Saldo der einzelnen Liegenschaftsbuchhaltungen in die Buchhal-
tung einzubuchen. Aber auch wenn die Pflichtige von Zeit zu Zeit darüber hinausge-
hende Verwaltungstätigkeiten erbringen musste (vgl. hierzu E. 2g, Anmerkung 3), er-
scheint die Verwaltungspauschale von 5% des Bruttomietertrags aus der Sicht der
Rekurskommission eher hoch. Es ist jedoch Sache des kantonalen Steueramts, dar-
über eine Untersuchung zu führen.
5. Gestützt auf die vorstehenden Erwägungen und unter Einbezug der unbe-
stritten gebliebenen Steuerfaktoren des Einspracheentscheids sind die Grundstückge-
winnsteuern für die vorliegend veräusserten Liegenschaften – unter Anrechnung der
iterativ berechneten Grundstückgewinnsteuer bei den Anlagekosten – wie folgt neu zu
berechnen:
[Detailierte Steuerberechnung mit Excel über mehrere Seiten]
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Somit ist der Rekurs teilweise gutzuheissen und sind die der Pflichtigen aufer-
legten Grundstückgewinnsteuern wie folgt herabzusetzen:
Veräussertes Objekt von Fr. auf Fr.
strasse 44 (alle Stockwerkeinheiten) 213'050 196'100
strasse 48-52 126'560 113'000
strasse 15 (alle Stockwerkeinheiten) 227'615 215'625
strasse 6 (alle Stockwerkeinheiten) 217'666 196'001
Total 784'891 720'726
6. Bei diesem Verfahrensausgang sind die Kosten des Rekursverfahrens zu
9/10 der Pflichtigen und zu 1/10 der Rekursgegnerin aufzuerlegen (§ 151 Abs. 1 StG).
Da die Pflichtige weitgehend unterliegt, steht ihr die beantragte Parteientschädigung
nicht zu (§ 152 StG in Verbindung mit § 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegegeset-
zes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997). Auch der obsiegenden Rekursgegnerin ist keine
Parteientschädigung zuzusprechen, da sie keinen Vertreter beigezogen hat und ihr im
Rekursverfahren kein grosser Aufwand erwachsen ist. | Public | Tax | de | 2,009 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
a73f90c7-e057-4f01-b1ab-2fb9ff0734dc | hat sich ergeben:
A. Am 6. Februar 2009 reichten A und B (nachfolgend der bzw. die Pflichtige,
zusammen die Pflichtigen) die Steuererklärung 2008 ein. Sie deklarierten ein steuerba-
res Vermögen von Fr. 1'124'673.-, wobei sie bei den Schulden insbesondere den
Rückkaufswert einer Rentenversicherung zugunsten der Eltern der Pflichtigen in der
Höhe von Fr. 194'062.- abzogen. Nachdem der Steuerkommissär mit Auflage vom
23. September 2009 den entsprechenden Leibrentenvertrag von den Pflichtigen einge-
fordert und in der Folge erhalten hatte, schätzte er diese mit Entscheid vom
12. November 2009 für die Staats- und Gemeindesteuern 2008 mit einem steuerbaren
Einkommen von Fr. 346'200.- und einem steuerbaren Vermögen von Fr. 1'318'000.-
ein. Dabei hatte er den Abzug des Rückkaufswerts der Rentenversicherung als Schuld
nicht gewährt mit der Begründung, es sei nur die jährliche Leibrente geschuldet und
nicht das Kapital.
B. Mit Eingabe vom 8. Dezember 2009 erhoben die Pflichtigen hiergegen Ein-
sprache mit dem Antrag, das steuerbare Vermögen sei gemäss Steuererklärung auf
Fr. 1'124'673.- herabzusetzen. Begründet wurde der Antrag im Wesentlichen damit,
dass der Rückkaufswert der Rentenversicherung eine finanzielle Verpflichtung der
Pflichtigen und somit steuerrechtlich eine abzugsfähige Schuld darstelle.
Mit Einspracheentscheid vom 21. Mai 2010 wies das kantonale Steueramt die
Einsprache ab und hielt am steuerbaren Vermögen von Fr. 1'318'000.- fest. Dies be-
gründete es damit, dass es sich beim Rückkaufswert der Rentenversicherung lediglich
um eine latente, künftige Schuld handle, die gemäss Zürcher Steuergesetz nicht ab-
zugsfähig sei. Dementsprechend sei das Stammrecht der Rente vom Rentenberechtig-
ten auch nicht als Vermögensbestandteil zu versteuern.
C. Hiergegen erhoben die Pflichtigen mit Eingabe vom 16./17. Juni 2010 Re-
kurs mit dem Antrag, der Rückkaufswert der Rentenversicherung per 31. Dezember
2008 in der Höhe von Fr. 194'062.- sei als abzugsfähige Schuld zu berücksichtigen
und das steuerbare Vermögen für die Staats- und Gemeindesteuern 2008 auf
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1 ST.2010.175
Fr. 1'124'000.- herabzusetzen. Dies insbesondere mit der Begründung, da der Versi-
cherungsnehmer gemäss Vertrag jederzeit die Möglichkeit habe, eine Rückzahlung
des Rückkaufswerts zu verlangen, handle es sich bei Letzterem um eine effektive
Schuld der Pflichtigen.
Mit Rekursantwort vom 8. Juli 2010 schloss das kantonale Steueramt auf kos-
tenfällige Abweisung des Rechtsmittels. Zur Begründung brachte es im Wesentlichen
das Gleiche vor wie im Einspracheentscheid, auf den es im Übrigen vollumfänglich
verwies.
Auf die weiteren Vorbringen der Parteien wird – soweit rechtserheblich – in
den nachfolgenden Erwägungen eingegangen. | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. a) Der Vermögenssteuer unterliegt das gesamte Reinvermögen (§ 38
Abs. 1 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997, StG). Vermögen ist die Gesamtheit der
einer Person zustehenden geldwerten Rechte (Blumenstein/Locher, System des
schweizerischen Steuerrechts, 6. A., 2002, § 11 II S. 167). Rechte sind geldwert, wenn
sie einen rechtlich realisierbaren Anspruch begründen (BGE 80 I 373 = Pra 44 Nr. 28).
Zur Ermittlung des Reinvermögens im Sinn von § 38 Abs. 1 StG werden Schulden, für
die der Steuerpflichtige allein haftet, voll abgezogen (§ 46 StG). Abzugsfähig sind nur
effektive, d.h. am Stichtag bestehende Schulden, für die der Steuerpflichtige als
Hauptschuldner rechtlich haftbar ist (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum
harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 2. A. 2006, § 46 N 3 f., auch zum Folgenden).
Der Rechts- und Entstehungsgrund der Schuld muss im für die Vermögensbemessung
massgebenden Zeitpunkt erfüllt sein. Die Schulden müssen nicht fällig sein, sie sind
aber nur dann als bestehend zu würdigen, wenn mit ihrer Erfüllung ernsthaft gerechnet
werden muss.
b) Stammrechte auf periodische Leistungen, die nur vom Inhaber persönlich
ausgeübt werden können, d. h. nicht übertragbar sind, begründen keinen rechtlich rea-
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1 ST.2010.175
lisierbaren Anspruch und weisen keinen steuerbaren Geldwert auf (Höhn/Waldburger,
Steuerrecht, Band I, 9. A., 2001, § 15 N 9). Deshalb bilden Stammrechte von laufenden
Leibrenten weder Vermögensbestandteil des Rentenberechtigten (Richner/Frei/Kauf-
mann/Meuter, VB zu §§ 38 - 47 N 5, § 45 N 9), noch sind sie als Schulden abzugsfähig
(RB 1960 Nr. 36; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 46 N 14). Der Wert des Stamm-
rechts erschöpft sich – rechtlich betrachtet – im Anspruch auf die einzelnen periodi-
schen Leistungen (Zigerlig/Jud, in: Kommentar zum schweizerischen Steuerrecht,
Band I/1, 2. A., 2002, Art. 13 N 22 StHG). Aus vermögenssteuerlicher Sicht verfügt ein
Leibrentner somit zwar über ein – wirtschaftlich bewertbares – Rentenstammrecht,
indessen unterliegt dieses nicht der Vermögenssteuer.
2. a) Die Pflichtige hat am 17./20. Februar 2007 mit ihren Eltern eine "Lebens-
versicherungspolice" abgeschlossen, mit der sie sich verpflichtete, Letzteren gegen
Bezahlung einer Einmalprämie von Fr. 205'000.- eine monatliche Rente von Fr. 1'100.-
(bestehend aus einem Zinsanteil und einer Amortisation des Rentenstamms) zu bezah-
len. Der Pflichtige unterzeichnete den Vertrag als Solidarhafter. Der Vertrag sieht unter
anderem vor, dass bei Tod einer der versicherten Personen sämtliche Ansprüche auf
den anderen übergehen und dass beim Tod der zuletzt sterbenden Person die "Rück-
gewährssumme" gemäss Tabelle im Anhang A sofort fällig wird (Art. 5). Zudem wurde
vereinbart, dass der Rentenstamm unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 90 Ta-
gen jederzeit rückkaufsfähig ist, wobei sich der Rückkaufswert ebenfalls nach der Ta-
belle im Anhang A bestimmt (Art. 6). Gemäss Vertrag ist eine Abtretung des Renten-
stamms oder der laufenden Rente ausgeschlossen.
Nach Ansicht der Pflichtigen stellt der Rückkaufswert dieser Versicherung
aufgrund der jederzeitigen Kündigungsmöglichkeit bzw. der Rückzahlungspflicht beim
Tod der zuletzt sterbenden Person eine Verpflichtung ihrerseits zugunsten der Eltern
dar. Diese Verpflichtung sei auch nicht an Bedingungen geknüpft und daher bei ihnen,
den Pflichtigen, als Schuld im Sinn von § 46 StG abzugsfähig.
b) Bei der "Lebensversicherungspolice" handelt es sich offensichtlich um ei-
nen Leibrentenvertrag im Sinn von Art. 516 ff. OR, mit dem sich die Pflichtige (Renten-
schuldnerin) verpflichtet, ihren Eltern (Rentengläubiger) auf deren Lebenszeit eine pe-
riodisch wiederkehrende Leistung zu erbringen, wobei sie als Gegenleistung die
- 5 -
1 ST.2010.175
Einmalprämie in der Höhe von Fr. 205'000.- erhielt. Der Rückkaufswert bzw. die
"Rückgewährssumme" gemäss Anhang A des Vertrags bildet dabei den Rentenstamm,
der durch die Auszahlung der Rente sukzessive amortisiert wird und der im Übrigen
nicht abgetreten werden kann. Ein solches nicht übertragbares Rentenstammrecht
stellt aber gemäss obigen Ausführungen und entgegen der Ansicht der Pflichtigen
steuerrechtlich keine abzugsfähige Schuld dar. Dazu hat die Steuerrekurskommission
II in einem Entscheid vom 30. November 2005 (StE 2007 B 53 Nr. 2) unter anderem
Folgendes ausgeführt: "Auch wenn das unter Hingabe einer Gegenleistung erworbene
Rentenstammrecht durchaus einen wirtschaftlichen Wert verkörpert, lässt sich dessen
vermögenssteuerliche Behandlung daraus nicht ableiten: Denn die steuerliche Erfas-
sung von in Rechten verkörperten Vermögenswerten setzt steuerrechtlich voraus, dass
sie gegen Entgelt veräussert werden könnten. Dieser an der Verwertbarkeit orientierte
Ansatz findet eine gewisse Entsprechung in den dogmatischen Überlegungen zur Rea-
lisation von Einkommen: Steuerlich soll lediglich erfasst werden, was dem Steuersub-
jekt erlaubt, öffentliche Abgaben zu entrichten. Werden Vermögenswerte besteuert,
deren Verwertung von vornherein ausgeschlossen ist, stehen sie dem Steuerpflichtigen
zur Entrichtung der öffentlichen Abgabe nicht zur Verfügung. Leibrentenstammrechte,
die nur vom Inhaber persönlich ausgeübt werden können und nicht übertragbar sind,
werden deshalb, obschon sie einen wirtschaftlichen Wert verkörpern, nicht vermögens-
steuerlich erfasst. Auf der andern Seite ist folgerichtig der Abzug der Rentenstamm-
schuld ausgeschlossen." Diese Überlegungen haben nach wie vor Gültigkeit und
schliessen vorliegend den Abzug des Rückkaufswerts der Rentenversicherung durch
die Pflichtigen aus.
Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass der Rentenstamm unter Einhal-
tung einer Kündigungsfrist von 90 Tagen jederzeit rückkaufsfähig ist bzw. dass beim
Tod der zuletzt sterbenden Person der Rentenstamm zur Rückzahlung fällig wird. So-
lange das Kündigungsrecht nicht ausgeübt wird bzw. der besagte Todesfall nicht ein-
getreten ist, was bis zum Ende der vorliegend streitigen Steuerperiode nicht der Fall
war, ist die Pflichtige lediglich zur Zahlung der Rente verpflichtet und ihre Eltern haben
ausschliesslich Anspruch auf diese Zahlungen. Indes besteht keine Schuld der Pflichti-
gen gegenüber ihren Eltern in Höhe des Rückkaufswerts der Versicherung, ebenso
wenig wie dieser Rückkaufswert einen (steuerbaren) Vermögensbestandteil der Eltern
darstellt. Dies ergibt sich letztlich auch aus der Regelung von § 45 StG, nach der rück-
kaufsfähige Rentenversicherungen nur vor Beginn des Rentenlaufs mit ihrem Rück-
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1 ST.2010.175
kaufswert der Vermögenssteuer unterliegen. Der Grund für diese Regelung liegt darin,
dass sich Rentenbezug und Rückkaufswert gegenseitig ausschliessen, weil der Steu-
erpflichtige, solange er die Rente bezieht, über das Rentenstammrecht nicht verfügen
kann (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 45 N 9, auch zum Folgenden). Verfügt er aber
darüber, indem er den Rückkauf erklärt, geht gleichzeitig auch die Rente unter. Somit
verkörpert das Rentenstammrecht einer laufenden Rente kein Forderungsrecht son-
dern nur ein Gestaltungsrecht, vor dessen Ausübung (Kündigung) eine Forderung in
Höhe der Rückkaufssumme nicht vorhanden ist. Mithin ist es folgerichtig, das Renten-
stammrecht, über das der Steuerpflichtige richtig betrachtet gar nicht verfügen kann,
nicht mit der Vermögenssteuer zu erfassen. Im Gegenzug dazu muss aber der Abzug
der Rentenstammschuld beim Versicherer ausgeschlossen sein. Daraus ergibt sich,
dass vorliegend der Rückkaufswert der Rentenversicherung trotz der vorgesehenen
Kündigungsmöglichkeit bzw. der Rückzahlungspflicht beim Tod der zuletzt sterbenden
Person keine abzugsfähige Schuld der Pflichtigen darstellen kann.
c) Aus dem Gesagten folgt, dass das kantonale Steueramt den von den Pflich-
tigen geltend gemachten vermögensmindernden Abzug in Höhe des Rückkaufswerts
der Rentenversicherung zu Recht verweigert hat.
3. Diese Erwägungen führen zur Abweisung des Rekurses. Ausgangsgemäss
sind die Kosten den Pflichtigen aufzuerlegen (§ 151 Abs. 1 StG). | Public | Tax | de | 2,010 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
a7ac9dfd-9ab5-4b2b-9f5e-41840138c3b2 | hat sich ergeben:
A. A und B (nachfolgend: der bzw. die Pflichtige, zusammen die Pflichtigen)
deklarierten in der Steuererklärung 2003 ein steuerbares Einkommen von Fr. 125'600.-
(Staats- und Gemeindesteuern) bzw. von Fr. 125'300.- (direkte Bundessteuer) sowie
ein steuerbares Vermögen von Fr. 87'000.-. Im Wertschriften- und Guthabenverzeich-
nis führten sie Aktiven und Erträge von Fr. 153'485.- bzw. Fr. 2'539.- an. Darin nur mit
einem p.m.-Wert enthalten waren ein Kapital von Fr. 509'112.- sowie ein Ertrag von
Fr. 56'772.-, welche Beträge der Ehefrau laut einem Ausweis von E zustanden. Diesem
Beleg lagen offenbar Anlagen im "Finanzsystem" von F zugrunde. Mit Einschätzungs-
entscheid vom 9. Februar 2005 schlug das kantonale Steueramt diese Betreffnisse zu
den deklarierten Werten hinzu, sodass sich für die Staats- und Gemeindesteuern ein
steuerbares Einkommen von Fr. 182'400.- sowie ein steuerbares Vermögen von
Fr. 596'000.- ergaben. Zur Begründung verwies es dabei auf die "BGE vom 10.7.2001
und 25.2.2002". In gleicher Weise nahm es am 9. Februar/29. März 2005 die Bundes-
steuerveranlagung vor, sodass sich für 2003 ein steuerbares Einkommen von
Fr. 182'100.- ergab.
B. Mit Einsprachen vom 7. März und 7. April 2005 widersetzten sich die Pflich-
tigen diesen Aufrechnungen und verfochten die Faktoren gemäss Steuererklärung.
Dabei machten sie geltend, sie seien Opfer eines gewerbsmässigen Betrugs gewor-
den. Da nicht feststehe, dass die ausgewiesenen Erträge erwirtschaftet worden seien,
sei auch zweifelhaft, ob der Schuldner in der Lage gewesen wäre, alle Schulden zu
begleichen. Angesichts dieser Unsicherheiten sei mit der Einschätzung zuzuwarten, bis
diesbezüglich Klarheit bestehe.
Das kantonale Steueramt wies die Einsprachen mit separaten Entscheiden
vom 19. September 2005 ab. Dabei berief es sich erneut auf die bundesgerichtliche
Rechtsprechung. Demnach seien die streitbetroffenen Positionen, welche auf Investiti-
onen im "G" beruhten, voll steuerbar.
C. 1. Mit getrennten Eingaben vom 19. Oktober 2005 erhoben die Pflichtigen
hiergegen Rekurs und Beschwerde und liessen beantragen, die angefochtenen Ent-
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scheide seien aufzuheben und die Taxationen 2003 gemäss Steuererklärung vorzu-
nehmen, unter Zusprechung einer angemessenen Parteientschädigung. Sodann sei
das Verfahren bis zum Abschluss des Strafverfahrens und der Freigabe der Akten
durch die Schweizerische Bundesanwaltschaft (sc. in Sachen F [und Mitbeteiligte]) zu
sistieren.
Nach (stiller) Vereinigung der Verfahren schloss das kantonale Steueramt mit
"Rekursantwort" vom 28. Oktober 2005 auf Abweisung der Rechtsmittel.
2. Mit Verfügung vom 30. November 2005 sistierte der Präsident der Steuer-
rekurskommission II das Verfahren antragsgemäss, bis die Eidgenössische Steuerver-
waltung (ESTV) Einblick in die Strafuntersuchungsakten im Fall F erhalten habe.
Mit Schreiben vom 21. November 2006 liess die ESTV die Steuerrekurskom-
mission II wissen, die Bundesanwaltschaft habe im Fall "H" keine Akten beschlag-
nahmt.
Da nie die Rede davon war, entsprechende Akten seien beschlagnahmt wor-
den, und weiterhin unbekannt blieb, wie das "G" genau funktioniert hat, weshalb weite-
re Ergebnisse der Untersuchung der "BSU ESTV" abzuwarten seien, dauerte die Sis-
tierung des Rekurs- und das Beschwerdeverfahrens gemäss Verfügung vom
24. November 2006 fort.
Trotz verschiedener Demarchen gelang es der Steuerrekurskommission II
nicht, Essentielles zum "G" in Erfahrung zu bringen. Daher hob das Gericht die Sistie-
rung rund zwei Jahre später, am 2. September 2008, auf. Es forderte die Parteien auf,
über den Stand der Strafuntersuchung F zu informieren und bekanntzugeben, ob sie
bis zum jetzigen Zeitpunkt Einblick in die einschlägigen Strafuntersuchungsakten hät-
ten nehmen können.
Hierauf teilten die Pflichtigen am 13. September 2008 mit, bis dato habe ihnen
die Bundesanwaltschaft keinerlei Einsichtnahme in die Akten gewährt. Wohl habe die
Bundespolizei den Pflichtigen am 11. April 2008 in dieser Angelegenheit befragt; doch
habe sie ihm bekundet, Akteneinsicht werde zurzeit nicht erlaubt. Nach heutigem Er-
kenntnisstand sei mit einer Anklageerhebung im Jahr 2009 zu rechnen.
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Das kantonale Steueramt, Dienstabteilung Spezialdienste (kurz: DASD), liess
das Gericht am 16. September 2008 wissen, die ESTV habe ihm Listen der Namen der
in Sachen F beteiligten Investoren zukommen lassen. Darin erschiene die Pflichtige
nicht. Indes lasse sich allgemein festhalten, dass die Anlegergesellschaft E mit den
Investoren häufig einen Zins von 12% p.a. vereinbart habe und die Zinsen regelmässig
quartalsweise sowie addiert Ende Jahr ausgewiesen worden seien. Sodann habe E
selbst in der zweiten Hälfte des Jahres 2004 noch anstandslos Kapitalrückzahlungen
geleistet.
Am 17. Oktober 2008 lud die Steuerrekurskommission II die Parteien ein, sich
zu diesen beiden Eingaben zu äussern.
Das kantonale Steueramt verzichtete am 24. Oktober 2008 auf eine Stellung-
nahme. Hingegen machten die Pflichtigen binnen erstreckter Frist am 12. Dezember
2008 von dieser Möglichkeit Gebrauch. Dabei beantragten sie, das Verfahren bis zum
Abschluss des Strafverfahrens der Bundesanwaltschaft in Sachen F (und Mitbeteiligte)
zu sistieren, eventuell die angefochtenen Aufrechnungen aufzuheben und subeventuell
den Sachverhalt zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
3. Auf das Ergebnis der Sachverhaltsermittlung, die Begründung in den ange-
fochtenen Entscheiden sowie die Parteivorbringen wird, soweit rechtserheblich, in den
nachfolgenden Erwägungen eingegangen. | Die Rekurskommission zieht in Erwägung:
1. Die Pflichtigen haben die Streitsache bereits am 19. Oktober 2005, also vor
rund drei Jahren, anhängig gemacht. Die Steuerrekurskommission II hat mit deren Be-
urteilung lang zugewartet, in der Erwartung, die Beschaffung weiterer Unterlagen bzw.
die Einblicknahme in momentan nicht ohne Weiteres greifbare Akten würde es den
Parteien und damit indirekt auch dem Gericht erlauben, sich Klarheit über die rechtli-
che Gestaltung des massgeblichen Vertragsverhältnisses zwischen der Pflichtigen und
der E bzw. dem nach Angabe der Pflichtigen betroffenen Anlagevehikel des "G" sowie
der konkreten Funktionsweise der Geldanlage zu verschaffen. Indes ist es trotz ent-
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sprechender Bemühungen bis anhin nicht gelungen, diesem Ziel näher zu kommen.
Auch ist nicht absehbar, wann und ob überhaupt dereinst hinreichende Unterlagen zur
Verfügung stehen werden, um eine einwandfreie Klärung der Verhältnisse vorzuneh-
men. Bei solcher Lage der Dinge lässt sich ein weiteres Zuwarten nicht mehr rechtfer-
tigen, zumal das aus Art. 29 BV fliessende (und für Gerichtsinstanzen auch in Art. 74
Abs. 2 KV verankerte) Beschleunigungsgebot zu beachten ist. Gemäss dieser Maxime
obliegt es den zuständigen Behörden, beförderlich zu handeln. So müssen Untersu-
chungen binnen nützlicher Frist abgeschlossen sein. Bestehen Unklarheiten oder Un-
sicherheiten, namentlich im Sachverhalt, sind die Steuerbehörden nicht gehalten, zu-
zuwarten, bis diese beseitigt sind; insofern besteht kein Anspruch des Steuerpflichtigen
darauf, dass die Einschätzung hinausgeschoben wird (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter,
Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 2.A., 2006, § 139 N 11). Dies
gilt in erhöhtem Mass auch für eine Gerichtsinstanz. Bei diesem Ergebnis fällt eine
Sistierung des Verfahrens bis zur Einsichtnahme in die Strafakten F bzw. bis zur allfäl-
ligen Anklageerhebung oder gar bis zum Strafurteil ausser Betracht; weiteres Zuwarten
wäre mit dem Anspruch auf eine Beurteilung der Streitsache binnen angemessener
Frist nicht mehr vereinbar (vgl. BGr, 30. September 2008, 5A_20/2008). Das gilt umso
mehr, als die Bundesanwaltschaft nicht etwa demnächst schon Anklage erheben wird,
sondern zunächst dem Eidg. Untersuchungsrichteramt die Eröffnung einer Voruntersu-
chung beantragen wird.
2. Streitig ist vorliegend, ob die im Auszug E in der Übersicht für die Zeitspan-
ne vom 31.12.2002 bis 31.12.2003 ausgewiesenen Werte einkommens- und vermö-
genssteuerwirksam sind oder nicht. Darin wird für die Pflichtige ein Kapital per Ende
2003 von Fr. 509'112.18 sowie ein Jahresertrag 2003 von Fr. 56'772.54 aufgeführt.
3. Gemäss Art. 16 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer
vom 14. Dezember 1990 (DBG) und § 16 Abs. 1 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997
(StG) bzw. Art. 7 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der direkten
Steuern für Kantone und Gemeinden vom 14. Dezember 1990 (StHG) unterliegen alle
wiederkehrenden und einmaligen Einkünfte der Einkommenssteuer. Dazu gehören laut
Art. 20 Abs. 1 DBG und § 20 Abs. 1 StG namentlich die Erträge aus beweglichem
Vermögen, wie Zinsen aus Guthaben (je lit. a) und Dividenden, Gewinnanteile und Vor-
teile aus Beteiligungen aller Art (je lit. c). Hingegen sind Kapitalgewinne aus der Ver-
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äusserung von Privatvermögen – mit Ausnahme von Grundstückgewinnen bei den
Gemeindesteuern – nach Art. 16 Abs. 3 DBG und § 16 Abs. 3 StG steuerfrei. Entspre-
chend sind die auf diesem Vermögen realisierten Kapitalverluste nicht abzugsfähig.
Der Vermögenssteuer unterliegt nach § 38 Abs. 1 StG das gesamte Reinver-
mögen. Massgeblich für die Bemessung ist laut § 39 Abs. 1 StG der Verkehrswert am
Bewertungsstichtag. Guthaben wie Forderungen sind grundsätzlich zum Nominalwert
steuerbar; vorbehalten sind besondere Umstände, welche den Wert beeinträchtigen.
a) Ein steuerfreier Kapitalgewinn bzw. ein nicht abzugsfähiger Kapitalverlust
liegt (namentlich) dann vor, wenn der Mehr- bzw. Minderwert eines Vermögensrechts
des beweglichen Privatvermögens dadurch realisiert worden ist, dass dieses Recht
veräussert worden, das heisst wirtschaftlich betrachtet aus dem Vermögen des Steu-
erpflichtigen ausgeschieden ist. Steuerfrei sind deshalb all jene Wertzuflüsse beim
Steuerpflichtigen, welche als Gegenwert (Erlös) für das durch Veräusserung realisierte
Vermögensrecht erscheinen (RB 1987 Nr. 20 = StE 1988 B 24.4 Nr. 11). Hingegen
sind Einkünfte, die dem Steuerpflichtigen aus einem privaten beweglichen Vermögens-
recht zufliessen, ohne dass ihr Zufluss Folge einer Veräusserung im umschriebenen
Sinn ist, gemäss Art. 20 Abs. 1 DBG und § 20 Abs. 1 StG (je lit. a, ev. lit. c) steuerbarer
Vermögensertrag (vgl. für die direkte Bundessteuer: BGr, 10. Juli 2001, StE 2001
B 21.1 Nr. 10 und 21. Oktober 1996, ASA 66, 377 E. 2b). Fasst eine Vermögensver-
walterin ihr anvertraute Kundengelder in einem Pool zusammen, so gelten entspre-
chende Auszahlungen oder Gutschriften laut konstanter Praxis des Bundesgerichts als
Vermögensertrag (8. August 2007, 2A.613/2006 und 2A.214/2006, mit Verweisungen,
auch zum Folgenden). Dabei kommt es auf die Finanzierung nicht an. Selbst wenn die
ausgewiesenen Erträge nicht real erwirtschaftet worden, sondern bloss fingiert sind,
ändert dies nichts daran. Darum spielt es keine Rolle, dass getätigte Auszahlungen
aus zu Beginn der Abrechnungsperiode bereits vorhandenem Kapital oder aus zuge-
flossenen Neugeldern finanziert worden sind. An dieser Rechtsprechung, wonach bei
einem betrügerischen Schneeballsystem ausgewiesene Gutschriften, auch wenn sie
ganz oder grösstenteils fiktiv sind, als Vermögensertrag steuerbare Einkünfte und nicht
Kapitalgewinne darstellen, hat das Bundesgericht bis jetzt trotz heftiger Kritik festgehal-
ten (so zuletzt am 15. Januar 2008, 2C_565/2007, auch zum Folgenden). Bei alledem
ist unbeachtlich, dass ein den Gewinnausweisen allenfalls zugrunde liegendes Umver-
teilsystem wie z.B. ein Schneeballsystem nicht den vereinbarten Anlegerichtlinien ent-
spricht und sogar als widerrechtlich erscheint.
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b) Laut Art. 209 Abs. 2 DBG und § 49 Abs. 2 StG (vgl. auch Art. 63 Abs. 2
StHG) gilt für natürliche Personen das Kalenderjahr als Steuerperiode. Das steuerbare
Einkommen bemisst sich gemäss Art. 210 Abs. 1 DBG und § 50 Abs. 1 StG (bzw.
Art. 64 Abs. 1 StHG) nach den Einkünften der Steuerperiode. Nach allgemeinen steu-
errechtlichen Grundsätzen ist ein Einkommen dann als zugeflossen und damit als er-
zielt zu betrachten, wenn die steuerpflichtige Person Leistungen vereinnahmt oder ei-
nen festen Rechtsanspruch darauf erwirbt, über den sie tatsächlich verfügen kann.
Vorherrschend ist die Besteuerung im Zeitpunkt des Forderungserwerbs. Ausnahms-
weise wird aber von diesen Grundsätzen abgewichen, namentlich wenn die Erfüllung
der Forderung als unsicher betrachtet werden muss (vgl. zum Ganzen u.a. BGE 113 Ib
23 E. 2e; 105 Ib 238 E. 4a; StE 2005 A 24.21 Nr. 16 E. 4.1). Eine besondere Unsicher-
heit bezüglich der Einkommenssituation liegt namentlich dann vor, wenn ein Umstand
den Zufluss im Zeitpunkt des Forderungserwerbs zu verhindern vermochte. Die Reali-
sierung von Einkommen ist u.a. dann fraglich, wenn eine Leistung im Konkurs des
Leistungserbringers der Rückforderung durch die Konkursmasse unterliegt. Dieser
Rückforderungsanspruch betrifft Leistungen des Schuldners, welche dieser innerhalb
des letzten Jahres vor der Konkurseröffnung vorgenommen hat (Art. 286 f. SchKG).
c) Nach Art. 123 Abs. 1 DBG und § 132 Abs. 1 StG haben die Steuerbehörden
zusammen mit dem Steuerpflichtigen alles zu tun, um die für die vollständige und rich-
tige Besteuerung massgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse festzustel-
len. Diese Behörden haben der Veranlagung bzw. Einschätzung nur jene Tatsachen
zugrunde zu legen, von deren Vorhandensein sie sich nach durchgeführter Untersu-
chung selber überzeugt haben (RB 1987 Nr. 35). Im Rekurs- bzw. (erstinstanzlichen)
Beschwerdeverfahren gilt der Grundsatz, dass der Steuerpflichtige von sich aus eine
substanziierte Sachdarstellung für steueraufhebende bzw. -mindernde Tatsachen vor-
zutragen hat. Gemäss der allgemeinen Regel trägt die Steuerbehörde die Beweislast
für steuerbegründende oder -erhöhende, der Steuerpflichtige dagegen für steuermin-
dernde oder -aufhebende Tatsachen (BGr, 1. Oktober 2008, 2C_288/2008, E. 4.4;
4. April 2008, 2C_637/2007, E. 2.4; 21. Februar 2002, StR 2002, 816 E. 2.3).
Macht der Steuerpflichtige geltend, ein Vermögenszufluss sei steuerfrei, so ist
er hierfür beweisbelastet und hat er die seiner Behauptung zugrunde liegenden
steuermindernden Tatsachen von sich aus durch eine substanziierte Sachdarstellung
darzulegen, aus welcher sich ohne weitere Untersuchung der Schluss auf das Vorlie-
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gen eines einkommenssteuerfreien Vorgangs ziehen lassen muss (VGr, 6. Mai 1997,
StE 1998 B 21.3 Nr. 3; RB 1994 Nr. 33, 1987 Nr. 35, 1975 Nr. 55). Die dem Steuer-
pflichtigen obliegende Beweisleistung setzt in erster Linie und in jedem Fall eine –
spätestens vor Rekurskommission zu gebende – substanziierte Sachdarstellung vor-
aus. Substanziiert ist die Sachdarstellung dann, wenn aus ihr im Einzelnen Art, Motiv
und Rechtsgrund des geltend gemachten steuermindernden Umstands in der Weise
hervorgehen, dass bereits gestützt darauf – aber unter Vorbehalt der Beweiserhe-
bung – die rechtliche Beurteilung der Abzugsfähigkeit solcher Aufwendungen möglich
ist. Fehlt es an einer in diesem Sinn genügenden Substanziierung, so hat die Rekurs-
kommission keine Abklärungen zu treffen, um sich die erforderlichen Grundlagen zu
beschaffen (RB 1987 Nr. 35, 1975 Nr. 64). Für die von ihm verfochtenen, hinreichend
substanziierten tatsächlichen Behauptungen hat der Steuerpflichtige von sich aus be-
weiskräftige Unterlagen einzureichen oder die Beweismittel wenigstens unter genauer
Bezeichnung anzubieten (vgl. RB 1975 Nr. 55).
4. a) Die Pflichtige (allenfalls die Pflichtigen, was indes, da steuerrechtlich im
vorliegenden Zusammenhang unerheblich, offen bleiben mag) unterhielt bei E ein De-
pot unter der Nummer .... Grundlage bildete ein Schweizer Recht unterstehender
Treuhandvertrag zwischen der Pflichtigen als "Treugeberin" und E als "Beauftragten"
vom "18.02.2002". Demnach beauftragte sie E, in eigenem Namen, jedoch auf Gefahr
der Treugeberin "Vermögenswerte", also Treuhandgut, bei der I zu investieren und zu
verwalten. Gemäss dieser Vereinbarung verblieben diese Vermögenswerte sowie de-
ren Ertrag vollumfänglich im Eigentum der Treugeberin und sollten dieser jederzeit
unter Beachtung der gegenüber I einzuhaltenden Kündigungsfristen auf erste Aufforde-
rung hin zu unbeschwerter Verfügung herausgegeben werden. Das Risiko für die Ver-
waltung und Erhaltung des Treuguts verblieb bei der Treugeberin. Gleichentags traf die
Pflichtige mit der E eine Investitionsvereinbarung, welche einen integrierenden Be-
standteil des Treuhandvertrags bildete. Demnach betrug die bis 31. Dezember 2002
minimal zu leistende Investitionssumme Fr. 250'000.- und konnte jederzeit um weitere
Fr. 50'000.- erhöht werden. Die Investitionssumme sollte nach Eingang bei E an die I
weitergeleitet und auf den ersten Bankentag des Folgemonats mit 12% verzinst wer-
den. Eine Kündigung war frühestens nach Ablauf eines Jahres ab Zahlungseingang
unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten auf Ende eines Kalenderquartals zuläs-
sig. Der Zins war jeweils am Ende eines Kalenderquartals abzurechnen und dem In-
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vestor gutzuschreiben. Dieser konnte die Auszahlung der Zinserträge unter Wahrung
einer Kündigungsfrist von einem Monat auf ein beliebiges Quartalsende verlangen.
Gemäss Auszug belief sich das entsprechende Kapital der Pflichtigen per
31.12.2002 auf Fr. 452'339.64. Im Jahr 2003 erfolgten weder Ein- noch Rückzahlun-
gen. Per Ende Jahr betrug das Kapital Fr. 509'112.18. Demgemäss ergab sich eine
Zunahme und entsprechend ein ausgewiesener "Ertrag" pro 2003 von Fr. 56'772.54.
Am 29. Juni 2004 hat die Pflichtige das Depot per Ende September 2004 ge-
kündigt. In der Folge gelang es ihr trotz weiteren Bemühungen (wie namentlich auch
einem Betreibungsbegehren) nicht, E zur Rück- und Auszahlung des investierten Kapi-
tals sowie der aufgelaufenen Zinsen zu bewegen. Per September 2004 sollen die auf
das Konto einbezahlten Mittel der Pflichtigen Fr. 440'889.70 und die darauf aufgelaufe-
nen Zinsen (Fr. 556'365.- ./. Fr. 440'889.70 =) Fr. 115'475.30 erreicht haben, wie
Schreiben des Rechtsvertreters der Pflichtigen vom 29. Oktober und 6. Dezember
2004 an die K in N, und M in N, zu entnehmen ist; dabei wird Bezug auf einen Auszug
von E per Ende September 2004 hinsichtlich der bei der K angelegten Mittel genom-
men. Laut Angaben der Pflichtigen war diese Gruppe zu jener Zeit zahlungsunfähig
und ist am 28. Oktober 2004 in "vorläufige Liquidation" gesetzt worden. Die Pflichtigen
haben die Forderung, so weiter, am 6. Dezember 2004 bei M (N) als Liquidator ange-
meldet. Bis anhin sind ihnen anscheinend gleichwohl noch keine Gelder ausgerichtet
worden.
b) Das gewählte Konstrukt basierte gemäss Darstellung der Pflichtigen auf be-
trügerischen Machenschaften, welche F zu verantworten habe. Aufgrund eines zuvor
von O geschaffenen Vertrauensverhältnisses hätten sie, die Pflichtigen, sich ent-
schlossen, über E ins F einzusteigen und davon zu profitieren, selbstredend in der –
angeblich auch von ausgewiesenen Fachleuten geteilten – Meinung, es handle sich
um ein seriöses und effizientes Geschäft. Doch habe sich später gezeigt, dass die als
erzielt ausgewiesenen Traumrenditen erfunden und rein fiktiv gewesen seien; die von
F eingesetzten Firmen auf den N und den P seien bloss "Fassaden" gewesen und hät-
ten entgegen dem nach aussen erweckten Anschein keine Gelder verwaltet. Die Bun-
desanwaltschaft habe die Geschädigtenstellung der Pflichtigen anerkannt, wie aus der
elektronischen Bestätigung der Bundeskriminalpolizei hervorgehe. Der Ausweis von E
per 31. Dezember 2004 habe den Ertrag pro 2004 und den Kapitalbestand mit je Fr. 0.-
aufgezeigt. Dies, nachdem die Beraterin noch per 30. September 2004 ein Kapital von
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Fr. 556'365.- und einen Ertrag für das dritte Quartal 2004 von Fr. 16'334.09 aufgezeigt
habe. Zur Begründung des Nuller-Ausweises habe E erläutert, es laufe gegen F und
Beteiligte ein Ermittlungsverfahren mit Verdacht auf gewerbsmässigen Betrug, eventu-
ell Veruntreuung; daher sei die Anlage nicht bewertbar.
c) Nicht auszuschliessen ist, ja angenommen werden darf aufgrund dieser
Ausführungen, dass die Pflichtigen mit ihrem Engagement bei E zu Schaden gekom-
men sind. Doch ist nicht erstellt, wann ein solcher eingetreten und wie hoch er ausge-
fallen ist bzw. letztlich ausfallen wird. Ob sie, wie behauptet, Opfer eines betrügeri-
schen Systems oder aber einer hochrisikobehafteten Anlagestrategie geworden sind,
mag offen bleiben. Fest steht hingegen, dass sie mit E als Vermögensverwalter sowie
der K bzw. deren I in einem Vertragsverhältnis standen. Aufgrund der vorliegenden
Unterlagen sowie den in einem früheren Verfahren angestellten Überlegungen scheint
es, dass E als indirekter Stellvertreter der Pflichtigen gegenüber der K aufgetreten ist
(StRK II, 12. Mai 2005, 2 ST.2005.99). Der Vermögensverwalter der Pflichtigen hat,
wie erwähnt, per Ende 2003 ein ihnen zustehendes Kapital von Fr. 509'112.18 sowie
einen Ertrag pro 2003 von Fr. 56'772.54 ausgewiesen. Dass dieser – wohl auf Anga-
ben der K beruhende – "Zins- und Kapitalausweis" gefälscht sei, wird nicht behauptet.
Indes machen die Pflichtigen geltend, er entspreche nicht den Tatsachen. Denn in Tat
und Wahrheit seien die Mittel nicht (mehr) vorhanden bzw. jedenfalls nicht (mehr) ab-
und rückziehbar und die Zinserträge bloss fiktiv, d.h. ohne realen Hintergrund gewe-
sen.
Ungeachtet dessen, ob die Behauptung der Pflichtigen zutrifft oder nicht, ist
unter den gegebenen Umständen davon auszugehen, dass der Ausweis der E eine
verbindliche Mitteilung darstellt. Zwar halten die Pflichtigen neuerdings dagegen, diese
"Quittungen" seien als "nicht werthaltige Zinsbescheinigungen" zu werten, weil weder
von der richtigen Stelle noch von der richtigen Person erstellt, und bildeten daher ledig-
lich unverbindliche Mitteilungen, möglicherweise in Vertretung des "Ertragsschuldners"
ergangen. Diese Beurteilung erstaunt umso mehr, als sie sich selber gegenüber der K
auf genau jene Zahlen berufen, welche der Ausweis von E per 30. September 2004
enthält. Dies zeigt, dass auch sie von der Korrektheit dieser Bestätigung ausgehen.
Inwiefern dem Ausweis unter solchen Umständen keine rechtsverbindliche Wirkung
zukommen soll, ist nicht nachvollziehbar. Dies umso weniger, als der Treuhänder
gehalten ist, zuhanden des Treugebers korrekte Angaben zu tätigen, ansonsten er
seine vertraglichen Verpflichtungen verletzt, gegebenenfalls schadenersatzpflichtig
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wird und belangt werden kann; von einer unverbindlichen Mitteilung kann keine Rede
sein. Hinzu kommt, dass die Pflichtigen offenkundig selber davon ausgegangen sind,
die Ausweise seien reell. Zu keiner Zeit haben sie geltend gemacht, sie hätten von I
(oder der K) direkt Quartals- oder Jahresabrechnungen erhalten. Weil die Anlage bei I
gemäss vertraglicher Abmachung im eigenen Namen von E erfolgte, liegt es nahe, ja
geradezu auf der Hand, dass jeweils keine Direktbenachrichtigung erfolgte. Eine Ver-
bindung von I bestand offenkundig stets nur zu E. Bei solcher Gestaltung mussten die
Quartals- und Jahresrechnungen von E massgeblich sein. Die Pflichtigen verkennen,
dass sie nicht, wie behauptet, allein Opfer des F Systems, sondern vorab von E und
deren Verhalten sind.
d) Steuerlich entscheidend ist laut der Rechtsprechung vorab, ob die E als
Vermögensverwalterin und mit ihr die K bzw. I die anvertrauten Gelder ihrer Kunden –
und so auch der Pflichtigen – in einem Pool zusammengefasst oder einzeln je Anleger
verwaltet hat. Wer letztlich Schuldnerin der Leistung war, ist aus dieser Sicht irrelevant.
Daher spielt es keine Rolle, ob der Leistungsanspruch der Pflichtigen gegenüber E
oder aber – sei es direkt, sei es indirekt – gegenüber der K (bzw. I) bestand. Dass da-
bei allenfalls überhöhte oder gar nicht existente Gewinn ausgewiesen wurden, ist
ebenso bedeutungslos wie die Frage, ob die Vermögenswerte am Stichtag noch real
vorhanden bzw. vollumfänglich abgesichert waren. Unerheblich ist daher entgegen der
Meinung der Pflichtigen, ob E, die zuständigen Investmentmanager bzw. die K die ihr
überlassenen Gelder überhaupt in geeigneter Weise angelegt und Renditen erzielt
haben, welche die getätigten Auszahlungen ermöglicht hätten. Schneeballsystemen,
wie hier möglicherweise eines vorgelegen hat, ist – wie auch aktuelle Beispiele zei-
gen – eigen, dass die als Gewinn bzw. Ertrag ausgewiesenen Beträge in Tat und
Wahrheit gar nicht erwirtschaftet worden sind, sondern einzig auf dem Papier bestehen
und insofern fiktiv sind. Notfalls werden eben frische, d.h. neu aufgenommene Gelder
verwendet, um ausgewiesene Betreffnisse, deren Auszahlung verlangt wird, und allen-
falls Rückzahlungen an Investoren zu finanzieren. Steuerlich ist die Quelle solcher
Leistungen ohne Belang.
Nach den Beweislastregeln obliegt es den Pflichtigen, den Nachweis zu
erbringen, dass die Voraussetzungen für die Steuerbarkeit nicht oder nicht mehr vor-
handen waren. Mit dem Ausweis der E wird zumindest der Anschein erweckt, die Da-
ten deckten sich mit der realen Situation. Gerade im Licht früherer rechtskräftiger Ein-
schätzungen, in welchen (jedenfalls ursprünglich) mit den Pflichtigen von der Realität
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und Richtigkeit der ausgewiesenen Erträge und Vermögen ausgegangen wurde, und in
Anbetracht dessen, dass keinerlei Anzeichen dafür vorliegen, dass jedenfalls vor An-
fang 2004 (allenfalls April 2004) als Vermögenszuwächse aufgeführte Erträge oder
einbezahlte Kapitalien trotz entsprechendem Begehren nicht zur Auszahlung gelangt
sind, müssen die aufgeführten Beträge im Licht der Rechtsprechung als real betrachtet
werden. Es ist Sache der Pflichtigen, darzutun und zu beweisen, dass diesem Schluss
steuermindernd oder -aufhebend bestimmte Umstände entgegenstehen. Ob die Darle-
gungen der Pflichtigen in dieser Richtung hinreichend substanziiert sind, ist fraglich.
Denn sie beschränken sich auf – unter den gegebenen Umständen naturgemäss –
wenig präzise Ausführungen und Vermutungen zum System F und dessen Funktions-
weise. Ungenaue Angaben vermögen indes nicht zu genügen.
aa) Vorab wird nicht dargetan, ob und wie E bzw. I die einbezahlten Gelder
angelegt und verwaltet hat. Schon deshalb bleibt mangels anderweitiger Informationen
unklar, ob für jeden Kunden je ein separates Konto geführt worden ist oder ob die Mit-
tel gemeinsam angelegt und gepoolt worden sind. Es ist nicht ausgeschlossen, son-
dern vielmehr wahrscheinlich, dass die Empfänger die Gelder gar nicht am Finanz-
oder Kapitalmarkt angelegt haben, sondern dass diese Mittel auf ein Sammelkonto
geleitet worden und dort verblieben bzw. zweckentfremdet verwendet worden sind.
Diesfalls wäre die "Anlage" von vornherein zwangsläufig gepoolt. Insofern fehlt es je-
denfalls bereits an einer hinreichenden Substanziierung. Die Pflichtigen haben den
ihnen obliegenden Nachweis, dass mit ihrem Investment Kapitalgewinne erzielt – damit
einkommensteuerfreie Vermögenszugänge stattgefunden haben – und keine Vermö-
genserträge "erwirtschaftet" worden sind, nicht rechtsgenüglich angetreten, geschwei-
ge denn geleistet.
bb) Sodann ist nicht bekannt, ob andere Kunden von E in der streitbetroffenen
Steuerperiode Auszahlungen von ausgewiesenen Erträgen oder Rückzahlungen ver-
langt haben. Solches wird nicht einmal behauptet. Immerhin ist aufgrund von (anony-
misierten) Belegen, welche die ESTV vorgelegt hat, nicht auszuschliessen, dass nicht
nur Gutschriften erfolgt sind, sondern dass E bzw. die K (bzw. I) Auszahlungen getätigt
hat. Dies gilt jedenfalls für 2002. Ein strikter Nachweis dafür fehlt indes. Allerdings –
und das ist entscheidend – steht auch das Gegenteil nicht fest. Ebenso wenig auszu-
schliessen ist ferner, dass noch im Oktober 2004 Beträge ausbezahlt worden sind.
Dabei soll es mitunter, wie es scheint, um hohe sechsstellige Summen gegangen sein.
Mit dem vom Steueramt angerufenen Beleg wird allerdings einzig eine Auszahlung
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angezeigt, jedoch nicht ausgewiesen. Allein schon vor dem Hintergrund der Schreiben
von E an die Pflichtigen vom 30. September und 13. Oktober 2004, wonach die von
diesen verlangte Auszahlung der ihnen laut Ausweis zustehenden Gelder terminge-
recht erfolgen werde und die Anlegegelder von der K bereits unterwegs seien, was
beides sich im Nachhinein als falsch erweisen sollte, sind Zweifel an der Aussagekraft
dieses Beweismittels angebracht. Doch kommt es darauf gar nicht an. Nur wenn er-
stellt wäre, dass Anleger trotz fristgerechter Kündigung keine Auszahlungen der Erträ-
ge 2003 – frühestens möglich per 31. März 2004 – erwirkt haben bzw. hätten erwirken
können, weil die Schuldnerin damals dazu mangels hinreichender finanzieller Mittel
nicht in der Lage gewesen wäre, sähe es möglicherweise – wenigstens partiell –
anders aus. Doch ist dieser Nachweis nicht erbracht. Daher kann nicht davon ausge-
gangen werden, die Forderungen seien schon zu jener Zeit aus der steuerlich mass-
geblichen beschränkten Sicht auf die Leistungsfähigkeit des Schuldners bezüglich ein-
zelner Aus- bzw. Rückzahlungsbegehren nicht mehr gesichert gewesen.
Eine steuerrelevante effektive Realisierung von Vermögenserträgnissen liegt
dann vor, wenn die Leistung tatsächlich zufliesst oder aber eine entsprechende Gut-
schrift erfolgt, es sei denn, die Forderung erweise sich als uneinbringlich (BGr, 8. Au-
gust 2007, 2A.613/2006 und 2A.614/2006, auch zum Folgenden). Die Steuerbarkeit
entfällt eben selbst dann nicht, wenn die dem Gewinnausweis zugrunde liegenden Ge-
schäfte mit dem vereinbarten Anlagekonzept nichts zu tun haben und im Grund wider-
rechtlich sind. Auch wenn es zutreffen sollte, dass das Geschäftsgebahren von F und
E als betrügerisch und damit strafrechtlich relevant einzustufen sind, änderte das an
der rechtlichen Beurteilung nichts. Dass eine besondere Unsicherheit bezüglich der
Einkommenssituation bestand, welche den Zufluss im Zeitpunkt des Forderungser-
werbs zu verhindern vermochte, ist nicht erstellt. Über die E wurde laut Feststellung
der ESTV am 2. Februar 2005 der Konkurs eröffnet. Gestützt auf betreibungs- und
konkursrechtliche Überlegungen wären, wie erwähnt, einzig Forderungen gegenüber
dieser Verwalterin als unsicher zu taxieren, welche binnen des letzten Jahres vor der
Konkurseröffnung entstanden sind und daher von der Konkursmasse zurückgefordert
werden könnten. Auswirkungen auf Auszahlungen in der streitbetroffenen Periode wä-
ren von daher keine zu befürchten gewesen. Wie es sich diesbezüglich im Verhältnis
zur K verhält, mag offenbleiben. Wohl soll sie am 28. Oktober 2004 in vorläufige Liqui-
dation gesetzt worden sein. Doch ist nicht bekannt, welche Konsequenzen ein solcher
Schritt im vorliegenden Zusammenhang nach sich gezogen hätte. Jedenfalls steht
nicht fest, dass die Schuldnerin, sei es die I bzw. die K, sei es E, aufgrund der finan-
- 14 -
2 ST.2005.289 2 DB.2005.159
ziellen Lage nicht imstande gewesen wäre, die Forderungen der Pflichtigen auszuzah-
len, hätten diese sie rechtzeitig, also 2003 oder spätestens im April 2004 geltend ge-
macht. Träfe die gegenteilige Behauptung der Pflichtigen zu, bestünde insoweit eine
Unsicherheit, mit der Folge, dass der Zufluss nicht als vollendet angenommen werden
dürfte (so in BGr, 15. Januar 2008, 2C_565/2007); doch lässt sich eine solche auf-
grund der vorliegenden Unterlagen nicht verifizieren. Ein solcher Umstand ist daher
nicht zu beachten.
Für die Vermögensanlagen bei E (bzw. I) müssen somit schon deren Bestäti-
gungen über den "angeblichen" Vermögenszuwachs als einkommensbildend beurteilt
werden. Denn es steht nicht fest, dass die Anleger gestützt darauf hierüber nicht hätten
verfügen können. Bei dieser Sicht konnten sie entweder sich die Gutschrift auszahlen
lassen oder diese für weitere Anlagen im Sinn des Treuhandvertrags und der Investiti-
onsvereinbarung E bzw. I zur Verfügung stellen (zur Besteuerung von Gutschriften aus
Schneeballsystemen allgemein: ASA 66, 377 E. 4; StR 2003, 353).
cc) Zwar ist den Pflichtigen zuzugestehen, dass sie alles ihnen Mögliche und
Zumutbare unternommen haben, um die Sach- und Rechtslage klarzustellen. Dabei
sind sie auf zurzeit unüberwindliche Schwierigkeiten gestossen. Insofern trifft sie kein
Vorwurf, sie hätten (steuer)gesetzliche Mitwirkungspflichten verletzt. Anderseits müs-
sen sich die Steuerbehörden nicht vorhalten lassen, sie seien ihrer Untersuchungs-
pflicht nicht nachgekommen. Vielmehr ist es so, dass angesichts der komplexen und
momentan von aussen undurchschaubaren Verhältnisse des "F" nach wie vor eine
erhebliche Ungewissheit besteht. Weder lässt sich beurteilen, wie die Gelder angelegt
worden sind, namentlich, ob für den einzelnen Kunden getrennte Konti geführt oder ob
die Mittel zusammengefasst und insofern gepoolt worden sind, noch lässt sich feststel-
len oder wenigstens prognostizieren, wie hoch der (grundsätzlich wohl anzuerkennen-
de) Schaden für die Anleger letztlich ausfallen wird. Ebenso wenig ist eine Aussage
darüber möglich, ob es aufgrund der den Pflichtigen und den Steuerbehörden dereinst
zugänglichen Akten überhaupt je möglich sein wird, die massgeblichen tatsächlichen
und (zivil)rechtlichen Grundlagen festzustellen. Immerhin sind angesichts dessen, dass
es auch Jahre nach Beginn der Strafuntersuchung gegen F und Mitbeteiligte nicht ge-
lungen ist, sich Gewissheit zu verschaffen, in dieser Hinsicht erhebliche Zweifel ange-
bracht. Es kann zurzeit niemandem vorgeworfen werden, er sei verantwortlich für die
unvollständige und mangelhafte Sachverhaltsermittlung; selbst eine weitere Untersu-
chung würde momentan nicht weiterhelfen. Diese Ungewissheit muss zulasten der
- 15 -
2 ST.2005.289 2 DB.2005.159
Pflichtigen ausschlagen, auch wenn sie daran keine Schuld trifft. Denn die Beweislast-
regeln gelten ungeachtet der persönlichen Situation und des Verhaltens der beweisbe-
lasteten Person bzw. Partei. Wohl mögen Schwierigkeiten in der Beweisführung zu
einer Herabsetzung des Beweismasses führen; doch vermag auch dies den Pflichtigen
nicht zu helfen. Entgegen deren Meinung führt der Umstand, dass sie alles ihnen Zu-
mutbare unternommen haben, insbesondere um die massgebliche Sachlage zu klären,
nicht dazu, dass die Beweislast zu ihren Gunsten kehrt. Für eine Rückweisung der
Sache an das Steueramt bleibt unter solchen Umständen kein Raum. Schliesslich ist
darauf hinzuweisen, dass die Steuerrekurskommission II unter den gegebenen Um-
ständen keine weiteren Untersuchungen zu treffen hat (vorn E. 3 c). Ohnehin ist nicht
erkennbar, welche entscheidrelevanten Ergebnisse eine solche Untersuchung im jetzi-
gen Zeitpunkt zu Tage fördern sollte oder könnte.
dd) In den seitens der ESTV dem kantonalen Steueramt überlassenen Listen
sollen sich Namen von Personen finden, die ins System F Mittel investiert haben. So-
dann standen dem Steueramt, wie es bekannt gab, eine Auswahl von Kopien entspre-
chender Verträge, Abrechnungen der Anlegergesellschaft und Kontoauszüge zur Ver-
fügung. Soweit sich die Steuerverwaltung im vorliegenden Verfahren darauf beruft,
handelt es sich um anonymisierte Abrechnungen, welche sich teilweise mit den die
Pflichtigen betreffenden Ausweisen decken oder diesen ähneln. Warum diese bei sol-
cher Lage der Dinge nicht zu beachten seien, ist nicht ersichtlich; umso weniger, als
sie sich ohnehin in keiner Weise als entscheidrelevant erweisen. Weitere (aus den
Strafuntersuchung F gewonnene) Unterlagen, welche die Verwaltung nicht vorgelegt
hat, lassen sich rein objektiv nicht aus dem Recht weisen und sind von vornherein un-
beachtlich. Wozu Listen der Namen von anderen Investoren im vorliegenden Zusam-
menhang dienen könnten, ist ebenso wenig erkennbar. Wurden die Pflichtigen nur zu
den zu den Akten genommenen Unterlagen angehört, so ist der Vorwurf unverständ-
lich, sie seien mangels Kenntnis aller der Verwaltung vorgelegenen Akten nicht in der
Lage, ihre Parteirechte zu wahren. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern sich aus den allen-
falls seitens der Verwaltung vorenthalten – pauschal erwähnten – Unterlagen zu ihrem
Vorteil irgendwelche Erkenntnisse ergeben könnten.
ee) Der Staatsanwalt des Bundes bestätigte den Pflichtigen gegenüber am
11. November 2008, dass ihnen ein Einsichtsrecht in die Akten F zustehe. In jenem
Schreiben führte er weiter aus, die Bundesanwaltschaft habe der ESTV amtshilfeweise
mehrmals Einsichtnahme in die Strafuntersuchungsakten ermöglicht. Diese habe den
- 16 -
2 ST.2005.289 2 DB.2005.159
Kreis der einschlägigen Akten jeweils selber bestimmt. Damit seien aus Sicht der Bun-
desanwaltschaft die Akten definiert, welche "in einem Steuerstrafverfahren" einsehbar
seien. Daher habe die Einsichtnahme bei den Steuerbehörden zu geschehen. Nun
handelt es sich vorliegend nicht um ein solches Verfahren, ja nicht einmal um ein
Nachsteuerverfahren. Deshalb greift diese Einschränkung von Vornherein nicht; dahin-
gestellt bleiben kann, ob eine solche Beschränkung des Einsichtsrechts überhaupt
statthaft ist. Abgesehen davon hat das kantonale Steueramt insofern, als bei ihr ent-
scheidrelevante Akten vorliegen, soweit erkennbar, vollumfänglich Akteneinsichtnahme
gewährt. Ohnehin überschätzen die Pflichtigen die Möglichkeiten des Gerichts. Selbst
wenn weitere Unterlagen, welche für die Beurteilung des vorliegenden Streitfalls ge-
eignet sind oder sein könnten, bei der Steuerbehörde verfügbar wären, könnte die Re-
kurskommission diese nicht zwingen, solche offenzulegen. Sie müsste sich damit be-
gnügen, die Verwaltung dazu aufzufordern. Dies aber ist bereits geschehen und das
Resultat dieses Unterfangens den Pflichtigen bekannt.
ee) Nach alledem stellen die quartals- bzw. jahresweise ausgewiesenen Gut-
schriften und Kapitalien steuerbaren Vermögensertrag bzw. steuerbare Aktiven dar,
wie dem Gericht anzunehmen im Rahmen seiner freien Beweiswürdigung erlaubt ist.
e) Damit ist freilich nicht gesagt, dass die Angelegenheit E bzw. F für die
Pflichtigen endgültig in diesem Sinn erledigt ist. Denn sollte sich dereinst einwandfrei
und behördlich oder gar gerichtlich attestiert ergeben, dass die Anlagegelder nicht ge-
poolt waren oder dass die Pflichtigen 2003 entgegen der vertraglichen Abmachung
keine Auszahlungen der ausgewiesenen Kapitalerträge hätten erwirken können, wird
sich fragen, ob nicht nachträglich eine Korrektur der streitbetroffenen Einschätzung
bzw. Veranlagung erreicht werden kann. Dass eine solche Möglichkeit besteht, ist nicht
von Vornherein auszuschliessen (vgl. StRK II, 21. März 2000, 2 ST.2000.20). Doch
stellt sich diese Frage aktuell nicht.
5. Nach alledem ist der Rekurs ebenso wie die Beschwerde abzuweisen.
Bei diesem Ausgang des Verfahren sind die Kosten den Pflichtigen aufzuerle-
gen (Art. 144 Abs. 1 DBG und § 151 Abs. StG) und steht ihnen keine Parteientschädi-
gung zu (Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 - 4 des Verwaltungsverfahrensge-
- 17 -
2 ST.2005.289 2 DB.2005.159
setzes vom 20. Dezember 1968 sowie § 152 StG i.V.m. § 17 Abs. 2 des
rechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997). | Public | Tax | de | 2,009 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
a7f90435-0b55-481a-898e-944acbf3b884 | hat sich ergeben:
A. Die Künstlerin A (nachfolgend die Pflichtige) deklarierte in der Steuererklä-
rung 2011 ein steuerbares Einkommen von Fr. 118'200.- (direkte Bundessteuer) bzw.
Fr. 117'500.- (Staats- und Gemeindesteuern). Dabei zog sie von ihren Einkünften aus
unselbstständiger Erwerbstätigkeit als Design- und Kunstdozentin an der Hochschule
C sowie ihrer (damaligen) Tätigkeit als Jurorin der D einen Verlust aus selbstständiger
(Künstler-)Tätigkeit im Umfang von Fr. 9'611.- ab.
Mit Veranlagungs- bzw. Einschätzungsentscheid vom 7. Juni 2013 setzte das
kantonale Steueramt ein steuerbares Einkommen von Fr. 128'400.- (direkte Bundes-
steuer) bzw. Fr. 127'700.- (Staats- und Gemeindesteuern) fest. Es liess dabei den gel-
tend gemachten Verlust aus selbstständigem Erwerb nicht zur Verrechnung mit den
übrigen Einkünften zu.
B. Hiergegen erhob die Pflichtige am 7./8. Juli 2013 Einsprache mit dem An-
trag, den Verlust aus ihrer selbstständigen Künstlertätigkeit steuermindernd zu berück-
sichtigen. Mit Entscheiden vom 12. Juli 2013 wies das kantonale Steueramt die Ein-
sprache ab.
C. Mit Beschwerde bzw. Rekurs vom 21. August 2013 liess die Pflichtige an
der Verfechtung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit als Künstlerin festhalten und
reichte zahlreiche Unterlagen ein. Das kantonale Steueramt schloss mit Beschwerde-
bzw. Rekursantwort vom 24. September 2013 auf kostenfällige Abweisung der
Rechtsmittel. Die Eidgenössische Steuerverwaltung liess sich nicht vernehmen.
1 DB.2013.179 1 ST.2013.204
- 3 - | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. a) Nach Art. 18 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer
vom 14. Dezember 1990 (DBG) bzw. § 18 Abs. 1 des Steuergesetzes vom 8. Ju-
ni 1997 (StG) sind alle Einkünfte aus einem Handels-, Industrie-, Gewerbe-, Land- und
Forstwirtschaftsbetrieb, aus einem freien Beruf sowie aus jeder anderen selbstständi-
gen Erwerbstätigkeit steuerbar. Bei selbstständiger Erwerbstätigkeit werden von diesen
Einkünften gemäss Art. 27 Abs. 1 DBG bzw. § 27 Abs. 1 StG die geschäfts- oder be-
rufsmässig begründeten Kosten abgezogen. Verluste aus einer solchen Tätigkeit kön-
nen mit übrigen Einkünften verrechnet werden (vgl. zum sogenannten Nettoprinzip:
Markus Reich, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/2a, 2. A.,
2008, Art. 25 N 5 DBG).
Abzugsfähig ist der gesamte Aufwand, der für die selbstständige Erwerbstä-
tigkeit notwendig ist. Die Beschränkung der Abzugsfähigkeit auf die notwendigen Aus-
gaben soll lediglich bewirken, dass der Abzug nur für jene Auslagen gestattet wird, die
einen geschäftlichen Grund haben, und dass alle Aufwendungen unberücksichtigt blei-
ben, die vorwiegend mit der allgemeinen Lebenshaltung eines Selbstständigerwerben-
den zusammenhängen. In der Einschätzungspraxis wird weniger auf die Zumutung der
Vermeidung abgestellt, sondern vielmehr darauf, ob der Aufwand geschäftsmässig
begründet ist (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009,
Art. 27 N 4 DBG und Kommentar zum Steuergesetz, 3. A., 2013, § 27 N 3 StG).
In jedem Fall erfordert der Abzug, dass die Tätigkeit, welcher der betreffende
Aufwand zuzurechnen ist, überhaupt eine selbstständige Erwerbstätigkeit im Sinn von
Art. 18 DBG bzw. § 18 StG darstellt (RK, 18. März 1993 = ZStP 1993, 108).
b) Die Rechtsprechung umschreibt die selbstständige Erwerbstätigkeit zu-
sammenfassend wie folgt: aa) Die Tätigkeit des Steuerpflichtigen hat auf eigenes Risi-
ko zu erfolgen; bb) Der Steuerpflichtige hat in seiner Tätigkeit Arbeitskraft und Kapital
einzusetzen; cc) Die Tätigkeit des Steuerpflichtigen hat in einer von ihm selber frei be-
stimmten Organisation zu erfolgen; dd) Jedes Streben im wirtschaftlichen Bereich zielt
auf die Erzielung eines Gewinns und auf die Vermeidung eines Verlusts ab (Merkmal
der Gewinnerzielungsabsicht); ee) Eine selbstständige Erwerbstätigkeit liegt schliess-
1 DB.2013.179 1 ST.2013.204
- 4 -
lich nur vor, wenn der Steuerpflichtige in einer qualifizierten, d .h. planmässigen und
anhaltenden (nachhaltigen) Weise am wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt.
Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist selbstständige Erwerbstätig-
keit unter Umständen bereits aufgrund eines einzigen Kriteriums zu bejahen
(BGr, 29. Juli 2011, 2C_766 + 767/2010, BGE 125 II 113; anderer Meinung bislang das
Verwaltungsgericht, VGr, 25. August 2010, SB.2010.00056, www.vgrzh.ch, E. 2.4 f.
und VGr, 20. Januar 2010, StE 2010 B 23.1 Nr. 67).
c) Abzugrenzen ist die selbstständige Erwerbstätigkeit insbesondere von der
Liebhaberei bzw. vom Hobby. Die steuerrechtliche Qualifikation einer Tätigkeit als
selbstständiger Erwerb im dargelegten Sinn oder als Liebhaberei hängt grundsätzlich
davon ab, ob sie ausschliesslich oder vorwiegend im Hinblick auf die Erzielung eines
Erwerbseinkommens ausgeübt wird (BGr, 2. Oktober 1992, NStP 1993, 7, E. 2b; Raoul
Oberson, Les pertes commerciales fiscalement déductibles, ASA 48, 113). Unterschei-
dungskriterium ist also der Beweggrund für die Ausübung der Tätigkeit. Es handelt sich
dabei um ein subjektives Kriterium, auf dessen Vorhandensein nur durch Indizien
(nämlich erkennbare Umstände) geschlossen werden kann (StE 1999 B 23.1 Nr. 42).
Eine zusätzliche Erschwernis liegt darin, dass es Grenzfälle gibt, bei denen sich Lieb-
haberei und Erwerbstätigkeit verbinden, wobei das Schwergewicht auf der einen oder
anderen Seite liegen kann.
Indiz für die Qualifikation als Liebhaberei kann eine fehlende Gewinnstrebig-
keit sein. Diese kann sich zum einen aus der betreffenden Tätigkeit als solcher erge-
ben, weil diese als Basis für eine rentable Erwerbsquelle ungeeignet erscheint, zum
anderen kann sie aus der Art des Vorgehens abgeleitet werden, indem dieses nicht auf
kommerzieller Methode beruht (StE 2006 B 23.1 Nr. 61).
Wer eine Tätigkeit ausübt, welche auf die Dauer nichts einbringt oder dauernd
einen finanziellen Aufwandüberschuss erfordert, betreibt diese nicht als Erwerbstätig-
keit, sondern eben als Liebhaberei oder aus einem andern nicht kommerziellen Grund.
Denn wer eine unrentable Aktivität wirklich als Erwerbstätigkeit ausübt, wird sich in der
Regel durch das andauernde Fehlen eines finanziellen Erfolgs von der Zwecklosigkeit
seines Unterfangens überzeugen lassen und die betreffende Tätigkeit aufgeben
(Roman Blöchliger, Steuerliche Probleme des Abzuges geschäftlicher Verluste,
StR 1981, 236). Allerdings muss nicht jedes einzelne mit einem Verlust abgeschlosse-
1 DB.2013.179 1 ST.2013.204
- 5 -
ne Jahr oder selbst die Tatsache, dass während mehrerer Jahre Verlust erzielt worden
ist, zum Schluss zwingen, es handle sich um eine Liebhaberei (Höhn/Waldburger,
Steuerrecht, Band I, 9. A., 2001, § 14 Rz 45; vgl. BGr, 4. Juni 2004, 2A.68/2004,
Erw. 1.3; Peter Locher, Kommentar zum DBG, I. Teil, 2001, Art. 18 N 22). Ob sich
nämlich eine Tätigkeit lohnt, lässt sich methodisch richtig nur nach Betrachtung des
Gewinns aus der gesamten Betriebstätigkeit von deren Aufnahme bis zu ihrer Beendi-
gung beurteilen (so genannter Totalgewinn, vgl. Manuel René Theisen, Die Liebhabe-
rei – ein Problem des Steuerrechts und der betriebswirtschaftlichen Steuerlehre, Steu-
er und Wirtschaft [StuW], 1999, 259; StRK II, 17. Februar 2000, 2 ST.1999.419, E. 6a).
Der Entscheid über den steuerlichen Charakter einer Tätigkeit hängt deshalb von
einer Prognose über den zu erwartenden Totalgewinn ab (vgl. auch Rich-
ner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 18 N 48 DBG und § 18 N 38 StG). Ergibt die Prognose
ein positives Gesamtergebnis, ist dies ein gewichtiges Indiz für die Gewinnstrebigkeit.
Anderseits liegt bei negativer Prognose die Schlussfolgerung nahe, dass ein Steuer-
pflichtiger, dem es tatsächlich um die Erzielung eines Erwerbseinkommens gegangen
wäre, sich wegen des in Aussicht stehenden finanziellen Misserfolgs von der Weiter-
führung des Betriebs abbringen lassen würde. Die steuerrechtliche Qualifikation der
Tätigkeit ist eine Frage, die grundsätzlich für jede Veranlagungsperiode neu überprüft
werden kann, wobei unter Umständen die Verhältnisse in den Vorjahren bzw. in den
auf das Steuerjahr folgenden Jahren gewisse Anhaltspunkte liefern können
(BGr, 31. August 2005, 2A.46/2005, E. 2.2.2, mit Hinweisen zum Ganzen). Wie lange
die wirtschaftliche Betätigung verlustreich sein darf, bis eine natürliche Vermutung da-
für spricht, dass der finanzielle Erfolg auf Dauer ausbleiben wird, kann nicht allgemein
gesagt werden. Im Sinn einer Faustregel wird in der Literatur die Auffassung vertreten,
der Umstand, dass innerhalb von fünf bis zehn Jahren kein nennenswerter Gewinn
erzielt werde, bilde ein gewichtiges Indiz für das Fehlen der Gewinnstrebigkeit. Dem
Steuerpflichtigen steht aber der Gegenbeweis offen, dass auch in diesem Fall eine
Gewinnstrebigkeit vorliegt (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 18 N 48 DBG und § 18
N 38 StG). Im Einzelfall kommt es namentlich auf die Art der Tätigkeit und die konkre-
ten Verhältnisse an (RB 2000 Nr. 118). Gerade bei künstlerischen Tätigkeiten steht
vielfach nicht die Erzielung eines kalkulierbaren Ertrags, sondern die Liebe zur Kunst
im Vordergrund, wobei dem Aspekt der Selbstverwirklichung eine zentrale Bedeutung
zukommt (StE 2006 B 23.1 Nr. 61).
Qualifiziert die Aktivität des Steuerpflichtigen in der unter den erwähnten Krite-
rien vorzunehmenden Prüfung als Liebhaberei oder produziert sie reine Lebenshal-
1 DB.2013.179 1 ST.2013.204
- 6 -
tungskosten (vgl. Art. 34 lit. a DBG und § 33 lit. a StG), können die entstandenen Ver-
luste nicht mit übrigen Einkünften verrechnet werden.
d) Nach Art. 123 Abs. 1 DBG bzw. § 132 Abs. 1 StG stellen die Steuerbehör-
den zusammen mit dem Steuerpflichtigen die für eine vollständige und richtige Besteu-
erung massgebenden tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse fest. Dabei gilt die
allgemeine Regel der Beweislastverteilung, dass die Steuerbehörde die steuerbegrün-
denden oder -erhöhenden Tatsachen nachzuweisen hat, der Steuerpflichtige dagegen
jene Umstände, welche die Steuerschuld mindern oder aufheben (Blumenstein/Locher,
S. 416 [mit Verweisungen] und 454). Dementsprechend obliegt der Nachweis, dass
eine selbstständige Erwerbstätigkeit vorliegt, grundsätzlich der Steuerbehörde. Ist da-
gegen streitig, ob eine bestimmte verlustbringende Betätigung (überhaupt) eine selbst-
ständige Erwerbstätigkeit darstellt (oder ob nicht z.B. eine Liebhaberei vorliegt), ist
hierfür der Steuerpflichtige beweispflichtig (vgl. StRK I, 18. März 1993, StE 1995 B 23.1
Nr. 30). Denn er leitet hieraus die steuermindernde Verrechnung dieses Verlusts mit
übrigen Einkünften ab. Zur Beweisleistung gehört in erster Linie und in jedem Fall,
dass eine substanziierte Sachdarstellung gegeben wird, die ohne weitere Untersu-
chung, aber unter dem Vorbehalt der Beweiserhebung, die Beurteilung der massge-
benden Qualifikationsfrage ermöglicht. Für die von ihm verfochtene, hinreichend
substanziierte Sachdarstellung hat der Steuerpflichtige beweiskräftige Unterlagen ein-
zureichen oder zumindest unter genauer Bezeichnung Beweise anzubieten.
2. a) Strittig ist vorliegend, ob die von der Pflichtigen neben ihrer Anstellung
als Dozentin an der Hochschule C, ausgeübten künstlerischen Tätigkeiten eine selbst-
ständige Erwerbstätigkeit darstellen und sie damit die in diesem Zusammenhang ange-
fallenen Verluste mit ihren übrigen Einkünften verrechnen kann. Das kantonale Steuer-
amt spricht ihren diesbezüglichen Unternehmungen den Charakter einer
selbstständigen Erwerbstätigkeit im Sinn des Steuerrechts ab, da die Gewinnerzie-
lungsabsicht fehle. Da das kantonale Steueramt von ideell motivierten freiberuflichen
Aktivitäten ausgeht, ist nach dem unter vorstehender E.1.d Gesagten vorliegend die
Pflichtige für das Vorliegen einer selbstständigen Erwerbstätigkeit beweispflichtig.
b) Gemäss den Akten absolvierte die Pflichtige, welche unter dem Künstler-
namen E auftritt, zwischen 1983 und 1989 Ausbildungen im Bereich der bildenden
Kunst. Im Jahr 20... absolvierte sie ein phd-Programm der F Hochschule in Zusam-
1 DB.2013.179 1 ST.2013.204
- 7 -
menarbeit mit der Universität G. In den Jahren 2012/13 durchlief sie sodann einen
CAS-Studiengang "Mediation im interkulturellen und interreligiösen Kontext". Nach
anderen Lehrtätigkeiten beginnend im Jahr 19..., arbeitet sie seit 19... als Dozentin an
der Hochschule C, wo sie den Studiengang "H" aufbaute. Neben ihrer Lehrtätigkeit war
und ist sie aktiv in der Kunstforschung tätig, aktuell zum Thema I. Von 2008 - 2012 war
sie überdies Mitglied der D. Weiter beteiligt sie sich regelmässig an Einzel- und Grup-
penausstellungen im In- und Ausland. Sodann erschienen in den letzten Jahren ver-
schiedene Publikationen unter ihrer Mitwirkung. Verschiedentlich nahm sie sodann an
Kunstwettbewerben teil und wurde mehrfach für ihre Arbeiten ausgezeichnet. Ebenfalls
war und ist sie seit 20... anlässlich von Tagungen, Vorträgen und Workshops in der
Kunstszene präsent.
Die Pflichtige lässt ausführen, dass sich ihre Praxis im Laufe ihrer künstleri-
schen Karriere hin zu einem erweiterten Kunstbegriff entwickelt habe und heute neben
eher traditionelleren Formen wie Skulptur und Malerei auch Installationen, Video-, Au-
dio- oder Mixed-Media-Arbeiten und vor allem partizipative oder performative Projekte
umfasse, welche oft im öffentlichen Raum stattfänden und andere Akteure mit einbe-
zögen. Derartige Werke seien vielfach kaum verkäuflich. Sie würden aber von Instituti-
onen und öffentlichen Auftraggebern nachgefragt. Wichtige Finanzierungsquellen der-
artiger Kunst seien Beiträge von Stiftungen sowie Fördergelder. Diese Kunstform
müsse vernetzt und interdisziplinär vorgehen und sei per se forschende Kunst. Insofern
lasse sich die künstlerische freiberufliche Tätigkeit nicht von der eher wissenschaftli-
chen Tätigkeit der Pflichtigen an der Hochschule C trennen. Die Vortragstätigkeit der
Pflichtigen sei ebenfalls Teil ihrer künstlerischen Arbeit. Regelmässig betreibe sie da-
bei Marketing in eigener Sache. Die Teilnahme an entsprechenden Veranstaltungen
sei nicht Teil ihres Pflichtenhefts als Dozentin der Hochschule C. Gleiches gelte in Be-
zug auf die von ihr selbst- oder mitverfassten Schriften. Diese Publikationen seien
kaum je gewinnbringend. Sie belegten aber die aktive Teilnahme der Pflichtigen am
Diskurs und Marktgeschehen im Bereich der Produktion von Kunst im öffentlichen
Raum. Dass die Pflichtige im schweizerischen Kunstdiskurs präsent sei, belegten so-
dann zahlreiche Erwähnungen ihrer Person und ihrer Werke auf kunstbezogenen
Webseiten.
Hinsichtlich der Gewinnstrebigkeit macht die Pflichtige geltend, dass ihr Fest-
halten an der (behaupteten) selbstständigen Erwerbstätigkeit sich nicht als ideell be-
gründet erweise, sondern Voraussetzung für die unselbstständige Dozenten-Tätigkeit
1 DB.2013.179 1 ST.2013.204
- 8 -
sei. Die Kosten der verfochtenen selbstständigen Künstlertätigkeit müssten eigentlich
als Gestehungskosten für die Tätigkeit an der Hochschule betrachtet werden. Der er-
weiterte Lehrauftrag der Hochschule umfasse sowohl Lehre als auch Forschung. Im
Rahmen von Forschungsprojekten der Hochschule bringe sie regelmässig auch eigene
künstlerische Arbeiten ein. Ihre künstlerische und forschende Tätigkeit sei eine eigent-
liche "conditio sine qua non" für die Anstellung an der Hochschule. Für die ausserschu-
lischen künstlerischen Tätigkeiten, insbesondere die praxisorientierten, stelle die
Hochschule keinen Arbeitsplatz zur Verfügung. Da diese Arbeit aber von der Hoch-
schule vorausgesetzt werde, könnten ihre diesbezüglichen Auslagen deshalb auch als
Gewinnungskosten im Sinn von Art. 25 DBG qualifiziert werden.
Die künstlerische und forschende (selbstständige) Tätigkeit der Pflichtigen
lasse sich kaum von der unselbstständigen Tätigkeit als Forscherin und Dozentin tren-
nen. Tätigkeiten auf dem Markt für Kunst im öffentlichen Raum würden einigermassen
zufällig einmal gegen Rechnung und einmal gegen Lohnausweis vergütet. Dies führe
dazu, dass Künstler im Bereich der Kunst im öffentlichen Raum oftmals wenig "selbst-
ständiges" Einkommen ausweisen könnten. Dies mache die Tätigkeit aber nicht zur
Liebhaberei oder zum Hobby ohne Erwerbsabsicht. Die unterschiedlichen Abrech-
nungsmethoden seien kein taugliches Abgrenzungskriterium. Zum Beispiel würden
vom Nationalfonds unterstützte Forschungsprojekte, welche sich zwar im Rahmen der
strategischen Ziele der Hochschule bewegten, innerhalb welcher die Pflichtige aber
selbstständig und weisungsungebunden agiere, aus administrativen Gründen über die
Hochschule abgerechnet, indessen sei die darauf gründende Zuordnung zur unselbst-
ständigen Erwerbstätigkeit wenig sachgerecht. Gleiches gelte für die Honorare aus der
Tätigkeit für die D.
Abschliessend scheidet die Pflichtige in Beschwerde bzw. Rekurs daher einen
Teil der ausgewiesenen Löhne (von Hochschule und D) als Einkünfte aus selbstständi-
ger Erwerbstätigkeit aus und hält dafür, dass ihre selbstständige Erwerbstätigkeit in der
Steuerperiode 2011 bei sachgerechter Betrachtung gewinnbringend gewesen sei. Dar-
aus sei erkennbar, dass sie ihre künstlerischen Tätigkeiten neben ihrer Anstellung an
der Hochschule C sehr wohl mit Gewinnabsicht ausübe.
c) Zu ihrem Standpunkt, dass die praxisorientierte Künstlertätigkeit ausserhalb
der Hochschule C Bedingung für ihre Anstellung an derselben sei, reichte die Pflichtige
zwei Bestätigungen ein. Zum einen weist Prof. J, K des Bereichs L der Hochschule C
1 DB.2013.179 1 ST.2013.204
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darauf hin, dass von den Dozierenden ein praktischer Leistungsausweis und Erfahrun-
gen erwartet würden, was eine eigene professionelle künstlerische Praxis erfordere.
Für die Hochschule sei es zentral, dass die Dozierenden neben ihren Aufgaben in Leh-
re und Forschung ihre eigene freiberufliche und professionelle künstlerische Tätigkeit
weiterführten. Die Aktualität und Diversität der freiberuflichen künstlerischen Praxis der
Pflichtigen seien für die Hochschule von grossem Wert. Die zweite Bestätigung stammt
von Dr. M, Leiterin N der Hochschule C, welche bekundet, dass die Pflichtige innerhalb
ihrer Anstellung zu 20% der künstlerischen Forschung verpflichtet sei. Das Spezialge-
biet der Pflichtigen sei hierbei "N". Sie bringe die Voraussetzungen für dieses For-
schungsfeld in idealtypischer Weise mit. Die Aktualität und Diversität der freiberuflichen
künstlerischen Praxis und ihr persönliches Netzwerk seien als Basis für Lehre und For-
schung an der Hochschule C, äusserst wertvoll. Im Rahmen der praxisbasierten For-
schungsarbeit werde immer auch eine eigene künstlerische Leistung von den Projekt-
beteiligten erwartet.
d) Das kantonale Steueramt hielt im Einspracheentscheid dafür, dass aus der
behaupteten selbstständigen Tätigkeit der Pflichtigen seit 20... (mit Ausnahme von
20... aufgrund der Deklaration von Gewinnungskosten bei den Berufsauslagen) stets
Verluste resultiert hätten. Gestützt auf die anhaltende Verlustsituation sprach es der
Pflichtigen die Gewinnerzielungsabsicht ab. Sodann sei die Pflichtige in der Lage, ihren
Lebensunterhalt mittels Einkünften aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit zu decken.
Aus der Begründung der Pflichtigen selber gehe weiter hervor, dass sie die künstleri-
sche Arbeit nicht aus wirtschaftlichen sondern aus ideellen Gründen betreibe.
3. a) Während die übrigen Merkmale einer selbstständigen Erwerbstätigkeit
nicht zur Diskussion stehen, geht es vorliegend zur Hauptsache um die Abgrenzung
zwischen selbstständiger Erwerbstätigkeit und Liebhaberei, namentlich um die Frage
des Vorliegens der Gewinnstrebigkeit.
Hinsichtlich der fraglichen Tätigkeit(en) ist es unbestritten und erwiesen, dass
die Beteiligung der Pflichtigen an Ausstellungen im In- und Ausland, ihre Teilnahme an
verschiedenen Wettbewerben, ihr Engagement als Expertin in Kunstjurys, die internati-
onale Vortragstätigkeit und ihre Publikationen in Büchern sowie namhaften Zeitschrif-
ten von einer aktiven Präsenz im Kunstgeschehen und einem reichen künstlerischen
Schaffen zeugen. Dies unterstreichen auch die Bestätigungen der Hochschule C, wel-
1 DB.2013.179 1 ST.2013.204
- 10 -
che ihr eine professionelle nebenberufliche Tätigkeit attestieren. Zur Frage des Vorlie-
gens einer selbstständigen Erwerbstätigkeit vermögen die Bestätigungen jedoch nichts
Entscheidendes beizutragen.
So scheint es evident, dass ein künstlerischer Praxis- und Erfahrungsausweis
unabdingbare Voraussetzung dafür bildet, überhaupt als Kunstdozentin an einer Hoch-
schule angestellt zu werden. Sowohl ihre Künstlerinneneigenschaft, als auch die For-
schungstätigkeit und damit die Durchführung von und Teilnahme an entsprechenden
Projekten können insoweit in Übereinstimmung mit der Pflichtigen durchaus als "condi-
tio sine qua non" ihrer Anstellung an der Hochschule verstanden werden. Dass es für
eine Hochschule überdies sehr wertvoll ist, wenn sich über die Jahre bestätigt, dass
eine gut vernetzte, engagierte und erfolgreiche Künstlerin verpflichtet werden konnte,
steht sodann ausser Frage.
In wirtschaftlicher Hinsicht und damit aus steuerrechtlichem Blickwinkel mass-
gebend sind im Verhältnis Hochschule - Pflichtige indessen einzig die im Arbeitsvertrag
vereinbarten Tätigkeiten und Leistungen. Wie weit das Engagement einer Dozentin
darüber hinausgeht, hängt wohl in erster Linie mit deren Leidenschaft zu ihrem Kunst-
bereich zusammen und stellt einen nicht monetären Image-Wert für die Schule und
Renommee für die Künstlerin dar. Eine engagierte Kunstdozentin wird ihr künstleri-
sches Schaffen gewöhnlich nicht auf ihren Lehrauftrag an der Hochschule begrenzen.
Arbeit und Passion können gerade bei künstlerischen Berufen regelmässig nicht scharf
getrennt werden. Ob allerdings eine freiberufliche (durchaus professionelle) Künstlertä-
tigkeit mit der erforderlichen Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt wird und dergestalt als
selbstständige Erwerbstätigkeit zu qualifizieren ist, muss anhand von erkennbaren Fak-
ten nachgewiesen werden.
b) Die vom kantonalen Steueramt im Einspracheentscheid aufgezeigte anhal-
tende Verlustsituation seit 2004 wird von der Pflichtigen nicht in Abrede gestellt. Hier-
von ist daher auszugehen. Die Verlustperiode dauerte demnach in der Steuerperiode
2011 bereits seit mindestens 7 Jahren an.
Für die Steuerperiode 2011 rechnete die Pflichtige allerdings vor, dass ihre
selbstständige Tätigkeit bei sachgerechter Abgrenzung einen moderaten Gewinn auf-
gezeigt hätte. Es seien Entgelte für künstlerische Forschungsarbeiten gewissermassen
zu Unrecht an die Hochschule ausbezahlt worden. Diese hätten ihr direkt und nicht
1 DB.2013.179 1 ST.2013.204
- 11 -
über ihren Lohn von der Hochschule zugerechnet werden müssen. Bei richtiger Be-
trachtung präsentiere sich ihre selbstständige Tätigkeit deshalb sehr wohl als ge-
winnstrebig.
Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden. In der Steuerperiode 2011
war die Pflichtige über das ganze Jahr gesehen zu über 97% an der Hochschule ange-
stellt (8 Monate 104.45%, 4 Monate 84.18%). Sie bekundet selber und die Hochschule
bestätigt, dass ihr Auftrag an der Hochschule jeweils einen Forschungsanteil von 20%,
in der Steuerperiode 2011 gar einen solchen von 40%, umfasste. Demnach war es Teil
ihres Pflichtenheftes, Forschungsprojekte durchzuführen und wurde sie hierfür ent-
sprechend ihrem Anstellungsvertrag bzw. nach Art. 327a Abs. 1 OR, wonach der Ar-
beitgeber dem Arbeitnehmer alle durch die Ausführung der Arbeit notwendig entste-
henden Auslagen zu ersetzen hat, von der Hochschule entschädigt. Wenn sie selber in
gewissem Umfang bei der Organisation der Finanzierung bzw. Entlöhnung der Projekt-
arbeit zuständig war, so dürfte dies ebenfalls mit der Hochschulleitung so vereinbart
gewesen sein und stellt diese Funktionsweise nicht nur in der Kunst- sondern auch in
anderen Sparten der Hochschulforschung keine Seltenheit dar. Eigene finanzielle Mit-
tel hatte sie dabei jedenfalls nicht aufzubringen. Auch die innerhalb der Forschungspro-
jekte genossene Freiheit bei der Ausführung und Erfüllung der Projektziele stellt daher
keinen Widerspruch zur Betrachtung dieser Arbeiten als unselbstständige Tätigkeiten
im Rahmen ihrer Anstellung an der Hochschule dar, geniesst doch jeder Arbeitnehmer
im Rahmen seiner Anstellung – jedenfalls auf Stufe einer Hochschuldozentin – eine
gewisse, eigene Gestaltungsfreiheit.
Auch die Entschädigung für ihre Arbeit bei der D stellt eine Einkunft aus un-
selbstständigem (Teilzeit-)Erwerb dar, welcher mittels Lohnausweis richtigerweise so
deklariert wurde.
Das kantonale Steueramt hat daher zu Recht den gesamten Lohn der Hoch-
schule C ebenso wie denjenigen der D als Einkommen aus unselbstständiger Erwerbs-
tätigkeit betrachtet. Im Übrigen hat die Pflichtige diese beiden Saläre in der Steuerer-
klärung selber als Einkünfte aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit deklariert. Sie
machte zudem bereits pauschale Berufskosten in der Höhe von Fr. 4'000.- sowie Wei-
terbildungskosten von Fr. 1'136.- für ihre Haupterwerbstätigkeit und Fr. 800.- pauscha-
le Berufskosten für ihre Nebenerwerbstätigkeit bei der D geltend.
1 DB.2013.179 1 ST.2013.204
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c) Nach dem Gesagten stellt die Gewinnerzielungsabsicht ein subjektives Kri-
terium dar, auf deren Vorhandensein nur durch objektiv erkennbare Tatsachen ge-
schlossen werden kann. Wie gesehen (E.3.b) verfängt die Hauptargumentation der
Pflichtigen zur Begründung einer Gewinnerzielungsabsicht nicht. Daneben gibt sie an,
dass ihre gesamte künstlerische Tätigkeit, sowohl Lehre und Forschung an der Hoch-
schule, als auch die praktischen Tätigkeiten, eine Einheit bildeten. Die praktischen Tä-
tigkeiten seien eine Bedingung, ohne welche sie ihre Stelle an der Hochschule nie er-
halten hätte und ihre dortige Funktion nicht erfüllen könnte. Damit ist aber ihrer eigenen
Argumentation keine Absicht zu entnehmen, mit den künstlerischen Aktivitäten in erster
Linie weiteres Einkommen erwirtschaften zu wollen. Vielmehr entspringt es nach Auf-
fassung des Steuerrekursgerichts primär ihren persönlichen Ambitionen, diese freibe-
ruflichen Unternehmungen – ungeachtet ihrer Rentabilität – aufrecht zu erhalten.
Wie die Pflichtige inskünftig Gewinne erzielen will, ist nicht erkennbar. Es steht
für sie auch nach über sieben verlustreichen Jahren keine Umstrukturierung der freien
Künstlertätigkeit (beispielsweise Verringerung ihres Pensums an der Hochschule
zwecks Zeitgewinns, Konzentration auf Ausstellungen im Inland, Erhöhung ihrer Hono-
rarforderungen oder dergleichen) zur Diskussion. Zwar erwähnt sie die Möglichkeit,
dass sich ihre Einkünfte aus der Anstellung an der Hochschule in Zukunft wegen Spar-
bemühungen der öffentlichen Hand reduzieren könnten, was gleichzeitig die für die
freie Tätigkeit verfügbare Zeit erhöhen würde. Indessen strebt sie dieses Szenario sel-
ber gerade nicht an. Dass sie sich ungeachtet der fehlenden Einträglichkeit ihrer Ne-
benbeschäftigung nicht von ihren Kunstprojekten abbringen lassen wird, zeigt sich
auch an ihrem offenkundigen Bewusstsein, dass sich im von ihr bearbeiteten Kunst-
sektor kaum kostendeckend bzw. gewinnbringend arbeiten lässt. Damit kann auch in
naher Zukunft kein Gewinn erwartet werden. Sodann dauert die Anlaufszeit der Pflich-
tigen als freischaffende Künstlerin (neben ihrer festen Anstellung an der Hochschule)
bereits seit Ende der 90-er Jahre an. Eine erwiesene verlustreiche Periode ihrer dekla-
rierten selbstständigen Erwerbstätigkeit von mindestens sieben Jahren erscheint des-
halb vorliegend als ausreichend, um auf eine insgesamt fehlende erkennbare Gewin-
nerzielungsabsicht zu schliessen. Auf Einkünfte aus ihrer Nebentätigkeiten ist die
Pflichtige angesichts ihres Gehalts als Hochschuldozentin überdies auch gar nicht an-
gewiesen.
Wer aber dergestalt ausschliesslich oder wenigstens primär die Verwirkli-
chung künstlerischer Ziele und das Ausleben persönlicher Neigungen verfolgt, unter
1 DB.2013.179 1 ST.2013.204
- 13 -
gelegentlicher Ausnutzung sich bietender Gelegenheiten zur Gewinnerzielung, betreibt
Liebhaberei und übt aus steuerlicher Sicht keine selbstständige Erwerbstätigkeit aus.
d) Abschliessend sei hinzugefügt, dass die eigene Betrachtungsweise der
Pflichtigen, wonach sie ihre verschiedenen künstlerischen Tätigkeiten als Einheit sieht,
durchaus nachvollzogen werden kann. Steuerlich hat jedoch der Umstand, dass sie
sowohl im Rahmen ihrer Anstellung an der Hochschule als auch anlässlich ihrer übri-
gen künstlerischen Tätigkeiten als ein und dieselbe Künstlerin E auftritt und sie selber
keinen wesentlichen Unterschied zwischen ihren verschiedenen Arbeitsbereichen
macht, keine Gleichbehandlung dieser Tätigkeiten zur Folge. Im Unterschied zum Ver-
ständnis der Pflichtigen unterscheidet das Steuerrecht eben sehr wohl zwischen Arbei-
ten, die im Rahmen eines Unterordnungsverhältnisses ausgeübt werden und Tätigkei-
ten, welche die steuerpflichtige Person in "Eigenregie" unternimmt.
e) Nach dem Gesagten hat das kantonale Steueramt deshalb zu Recht die
Verrechnung des Verlusts von Fr. 9'611.- mit den übrigen Einkünften abgelehnt. Be-
schwerde und Rekurs sind daher abzuweisen.
4. Ausgangsgemäss sind die Kosten des vorliegenden Verfahrens der Pflichti-
gen aufzuerlegen (Art. 144 Abs. 1 DBG und § 151 Abs. 1 StG) und ist ihr keine Partei-
entschädigung zuzusprechen (Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 - 3 des Bun-
desgesetzes über das Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember 1968 sowie § 152 StG
i.V.m. § 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/
8. Juni 1997). | Public | Tax | de | 2,013 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
a8f0918f-baa1-4567-a329-98eba184137b | hat sich ergeben:
A. Die Ehe des am ... 1944 geborenen A (nachfolgend der Pflichtige) wurde
am ... 2006 geschieden. Im Zusammenhang mit der scheidungsrechtlichen Aufteilung
der während der Ehe angesparten BVG-Guthaben wurde unmittelbar nach der Schei-
dung ein Betrag von Fr. 324'547.- von der Vorsorgeeinrichtung des Pflichtigen in dieje-
nige der geschiedenen Ehefrau überführt. In den Jahren 2006, 2007, 2008 und 2009
tätigte der Pflichtige in der Folge Einkäufe in seine berufliche Vorsorge, welche insge-
samt die scheidungsbedingte Vorsorgelücke überstiegen. Im Februar und Mai 2009
bezog er zwei Kapitalleistungen aus der beruflichen Vorsorge in der Höhe von total
Fr. 248'223.-.
Im Einschätzungsverfahren für die Steuerperiode 2008 liess der Steuerkom-
missär den vom Pflichtigen deklarierten Einkauf in die berufliche Vorsorge im Betrag
von Fr. 155'000.- lediglich noch im Umfang von Fr. 124'574.- zum Abzug zu. Dies mit
folgender Begründung:
Bei Einkäufen in die berufliche Vorsorge gelte eine Sperrfrist von 3 Jahren für
den Bezug in Kapitalform. Mit Bezug auf Wiedereinkäufe infolge Scheidung sei diese
Sperrfrist indes nicht massgeblich; der Wiedereinkauf infolge Scheidung müsse aber
zeitnah und vor der Schliessung von allfälligen weiteren Lücken erfolgen. In den Jah-
ren 2006 und 2007 habe der Pflichtige seine scheidungsbedingte Lücke durch Einkäu-
fe im Umfang von Fr. 200'000.- auf Fr. 124'574.- (recte: Fr. 124'547.-) reduziert. Der
Einkauf von Fr. 155'000.- per 2008 könne deshalb nur noch in diesem letzteren Um-
fang steuermindernd berücksichtigt werden. Der Restbetrag von Fr. 30'426.- (rec-
te: Fr. 30'453.-) sei gestützt auf die Sperrfristregelung aufzurechnen.
Aus den gleichen Gründen versagte der Steuerkommissär dem Pflichtigen die
steuermindernde Berücksichtigung des für die Steuerperiode 2009 deklarierten Ein-
kaufsbetrags in der Höhe von Fr. 89'547.-.
Unter Vornahme entsprechender Aufrechnungen wurden die Steuerfaktoren
mit Einschätzungsentscheiden (Staat- und Gemeindesteuern) bzw. Hinweisen (direkte
Bundessteuer) vom 20. Oktober 2011 wie folgt festgesetzt:
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1 DB.2012.125 + 126 1 ST.2012.143 + 144
Steuerperiode 2008 Staats- und Gemeindesteuer Direkte Bundessteuer
(Fr.) (Fr.)
Steuerbares Einkommen 62'900.- 63'700.-
Steuerbares Vermögen 442'000.-
Steuerperiode 2009
Steuerbares Einkommen 134'200.- 134'900.-
Steuerbares Vermögen 644'000.-.
Die Bundessteuerveranlagungen wurden am 29. November bzw. 8. Dezem-
ber 2011 formell eröffnet.
B. Hiergegen erhob der Pflichtige am 28. Oktober bzw. 7. Dezember 2011
Einsprache mit den Anträgen, auf steuermindernde Berücksichtigung sämtlicher Ein-
kaufsbeiträge und Vornahme der Einschätzungen und Veranlagungen gemäss Dekla-
ration. Zur Begründung wies er zusammengefasst darauf hin, dass er über drei ver-
schiedene Vorsorgeeinrichtungen verfüge. Die Kapitalbezüge per 2009 seien dabei am
... Februar aus dem patronalen Fürsorgefonds der B AG und am ... Mai aus einer Per-
sonalvorsorge-Freizügigkeitspolice erfolgt; in diese beiden Vorsorgeeinrichtungen habe
er nie Einkäufe getätigt. Die Einkäufe zwischen 2006 und 2009 im Totalbetrag von
Fr. 444'547.- seien bei der C Sammelstiftung BVG B AG (kurz: C) vorgenommen wor-
den; dort erfolge die Versicherungsleistung seit der Pensionierung per Mai 2009 aus-
schliesslich in Rentenform ohne Auszahlung von Kapital.
Was die Einkäufe in die C anbelange, sei derjenige vom ... 2006 in der Höhe
von Fr. 75'000.- ausdrücklich als "Einkauf Versicherungsleistungen" und nicht als
"Wiedereinkauf nach Bezug Scheidung" erfolgt. Von daher könnte im Sinn der steuer-
behördlichen Argumentation höchstens ein Betrag von Fr. 45'000.- per 2009 aufge-
rechnet werden. Auch davon sei jedoch abzusehen, weil die Kapitalbezüge per 2009
aus Vorsorgeeinrichtungen stammten, in welche nie Einkäufe getätigt worden seien, so
dass die Sperrfristregelung gar nicht verletzt sei.
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1 DB.2012.125 + 126 1 ST.2012.143 + 144
Das kantonale Steueramt wies die Einsprachen mit Entscheiden vom 24. Ap-
ril 2012 ab.
C. Mit Beschwerde und Rekurs vom 24. Mai 2012 wiederholte der Pflichtige
die Anträge seiner Einsprachen. Erneut betonte er, dass er nie Einkäufe in die beiden
kapitalausschüttenden Vorsorgeeinrichtungen getätigt habe und dass bei diesen Ein-
richtungen im Versicherungsfall nur der Kapitalbezug möglich gewesen sei. Mit dem
Einkauf bei der C sei es ihm um eine verbesserte Rente bzw. ein langfristiges So-
ckeleinkommen gegangen. Es liege damit eine sachgerechte Verbesserung der Alters-
vorsorge und keinesfalls eine Steuerumgehung vor. Im Übrigen sei die Einsprachebe-
hörde auf mehrere seiner Einwendungen nicht eingegangen, womit sein rechtliches
Gehör verletzt worden sei.
Das kantonale Steueramt schloss mit Beschwerde-/Rekursantwort vom
11. Juni 2012 auf Abweisung der Rechtsmittel. Die Eidgenössische Steuerverwaltung
(ESTV) liess sich nicht vernehmen.
D. Mit Verfügung vom 16. August 2012 führte der Einzelrichter mit Blick auf
die verschiedenen Versicherungsverhältnisse eine ergänzende Sachverhaltsuntersu-
chung durch.
Der Pflichtige liess sich dazu am 28. August 2012 vernehmen und dabei di-
verse Unterlagen einreichen.
Hierzu nahm das kantonale Steueramt am 7. September 2012 Stellung. Die
Möglichkeit, sich dazu (freiwillig) erneut vernehmen zu lassen, nützte der Pflichtige mit
Eingabe vom 14. September 2012.
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1 DB.2012.125 + 126 1 ST.2012.143 + 144 | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. a) Von den Einkünften werden laut Art. 33 Abs. 1 lit. d des Bundesgesetzes
über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990 (DBG) bzw. § 31 Abs. 1 lit. d
des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) die gemäss Gesetz, Statut oder Regle-
ment geleisteten Einlagen, Prämien und Beiträge zum Erwerb von Ansprüchen aus
Einrichtungen der beruflichen Vorsorge abgezogen. Diese Bestimmungen vollziehen
die bundesrechtliche Vorschrift von Art. 81 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die beruf-
liche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge vom 25. Juni 1982 (BVG), wonach
die von den Arbeitnehmern und Selbstständigerwerbenden nach Gesetz oder regle-
mentarischen Bestimmungen geleisteten Beiträge an Vorsorgeeinrichtungen bei den
direkten Steuern des Bundes, der Kantone und Gemeinden abziehbar sind. Abzugsfä-
hig sind dabei nicht nur die ordentlichen Beiträge an die Vorsorgeeinrichtung, sondern
auch die Beiträge für den Einkauf von Lohnerhöhungen, von Beitragsjahren, von Vorfi-
nanzierungen für Frühpensionierungen oder von im Rahmen einer Scheidung übertra-
genen Austrittsleistungen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG,
2. A., 2009, Art. 33 N 81 DBG und Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuerge-
setz, 2. A., 2006, § 31 N 79 StG; RB 1996 Nr. 48; VGr, 23. Januar 2002 = StE 2002
B 27.1 Nr. 26).
b) Zu beachten sind hingegen die Einkaufsbeschränkungen von Art. 79b
Abs. 3 BVG, in der Fassung vom 3. Oktober 2003, in Kraft seit 1. Januar 2006. Dem-
nach dürfen bei getätigten Einkäufen die daraus resultierenden Leistungen innerhalb
der nächsten drei Jahre nicht in Kapitalform aus der Vorsorge zurückgezogen werden.
2. a) Der Pflichtige macht zunächst geltend, die in Frage stehenden Kapital-
bezüge am ... Februar 2009 aus der patronalen Fürsorge-Stiftung der B AG
(Fr. 85'363.-) und am ... Mai 2009 aus einer Personalvorsorge-Freizügigkeitspolice
(Fr. 162'840.-) erhalten zu haben. In diese beiden Vorsorgeeinrichtungen habe er nie
Einkäufe getätigt. Damit vertritt er die Auffassung, die Sperrfristregelung von Art. 79b
Abs. 3 BVG sei in dem Sinn zu verstehen, dass zwischen den Einkäufen und dem Ka-
pitalbezug ein direkter Zusammenhang bestehen muss.
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1 DB.2012.125 + 126 1 ST.2012.143 + 144
b) aa) Die bundesgerichtliche Rechtsprechung liess den Abzug von Vorsorge-
beiträgen schon vor Inkrafttreten von § 79b BVG dann nicht zu, wenn eine Steuerum-
gehung vorlag (zu diesem Begriff vgl. u.a. BGE 131 II 627 E. 5.2 S. 635 f.; ASA 78 289
E. 5.1; StE 2004 A 21.13 Nr. 6 E. 3.1), insbesondere bei missbräuchlich steuerminimie-
renden, zeitlich nahen Einkäufen und Kapitalbezügen in/von Vorsorgeeinrichtungen,
d.h. im Fall von gezielt vorübergehenden und steuerlich motivierten Geldverschiebun-
gen in die 2. Säule, mit denen nicht die Schliessung von Beitragslücken angestrebt,
sondern die Pensionskasse als steuerbegünstigtes Kontokorrent zweckentfremdet
wird. Denn das Ziel eines Einkaufs von Beitragsjahren besteht im Aufbau bzw. der
Verbesserung der beruflichen Vorsorge. Dieses Ziel wird namentlich dann offensicht-
lich verfehlt, wenn die gleichen Mittel kurze Zeit später – bei kaum verbessertem Versi-
cherungsschutz – der Vorsorgeeinrichtung wieder entnommen werden (vgl. zum Gan-
zen BGE 131 II 627 E. 4.2 u. 5.2 S. 633 ff.; BGE 131 II 593 E. 4 S. 603 ff.; ASA 78, 289
E. 5; RDAF 2009 II 9 E. 4 u. 5; StE 2004 A 21.13 Nr. 6 E. 3; StR 62/2007, 636 E. 4.1;
StR 58/2003 879 E. 3.2; BGr, 3. März 2008, 2C_555/2007, E. 3 u. 4 sowie 13. Ap-
ril 2006, 2A.705/2005, E. 5).
bb) Diese Praxis ist auch Grundlage der Bestimmung von Art. 79b Abs. 3 BVG
(BGr, 12. März 2010, 2C_658/2009 = ASA 79, 685 = StR 2010, 860, E 2.2.1). In letzte-
rem Entscheid erwog das Bundesgericht, Art. 79b Abs. 3 BVG sei zwar eine primär
vorsorgerechtliche Norm, beruhe aber klar auf steuerrechtlichen Motiven. Dem Wort-
laut nach regle sie zwar nur das Problem der Zulässigkeit einer Kapitalauszahlung in-
nert drei Jahren seit der Einzahlung und äussere sich scheinbar nicht direkt zur Frage,
ob diese Einzahlung vom steuerbaren Einkommen abgezogen werden dürfe. Die par-
lamentarischen Beratungen zu Art. 79b Abs. 3 BVG liessen jedoch unmissverständlich
erkennen, dass mit der Sperrfrist dieselben Missbräuche der Steuerminimierung be-
kämpft werden sollten, welche schon die bundesgerichtliche Praxis zur Verweigerung
der Abzugsberechtigung wegen Steuerumgehung veranlasst hätten. Aus Entstehungs-
geschichte, Wortlaut und Systematik ergebe sich deshalb mit Blick auf die steuerrecht-
liche Problematik Folgendes: Art. 79b Abs. 3 BVG übernehme und konkretisiere die
bundesgerichtliche Rechtsprechung zur Verweigerung der Abzugsberechtigung wegen
Steuerumgehung im Sinn einer einheitlichen und verbindlichen Gesetzesregelung.
Wenn diese Vorschrift die getätigten Einkäufe für die "daraus resultierenden Leistun-
gen" einer dreijährigen Kapitalrückzugssperre unterwerfe, so sei das nicht – wie sich
aus dem Wortlaut zu ergeben scheine – als eine notwendigerweise direkte Verknüp-
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1 DB.2012.125 + 126 1 ST.2012.143 + 144
fung zwischen dem Einkauf und der Leistung zu verstehen. Einer solchen Verknüpfung
müsse ohnehin entgegengehalten werden, dass die einbezahlten Beträge nicht ausge-
sondert und die Leistungen aus Vorsorgeeinrichtungen nicht aus bestimmten Mitteln,
sondern aus dem Vorsorgekapital der versicherten Person insgesamt finanziert wer-
den. Diesen Gesichtspunkten werde eine Praxis gerecht, welche Art. 79b Abs. 3 BVG
so auslege, dass jegliche Kapitalauszahlung in der Dreijahresfrist missbräuchlich sei
und jede während der Sperrfrist erfolgte Einzahlung vom Einkommensabzug somit
ausgeschlossen werden müsse.
Zusammenfassend hielt das Bundesgericht fest, gestützt auf Art. 79b Abs. 3
BVG seien Kapitalauszahlungen in der Dreijahresfrist konsequent und grundsätzlich
ausnahmslos mit missbräuchlicher Steuerminimierung gleichzusetzen.
c) Der Pflichtige hat im Februar 2009 eine Kapitalleistung in der Höhe von
Fr. 85'363.- aus dem Fürsorgefonds der B AG und im Mai 2009 eine solche in der Hö-
he von Fr. 162'840.- aus einer Personalvorsorge-Freizügigkeitspolice (verwaltet von
der D) bezogen. Wie die Zusatzuntersuchung im Beschwerde- und Rekursverfahren
ergeben hat, handelt es sich in beiden Fällen um Ausschüttungen aus Einrichtungen
der beruflichen Vorsorge bzw. der 2. Säule; dies wird von Seiten des Pflichtigen denn
auch nicht bestritten. Erfolgten damit aber per 2009 Bezüge des Pflichtigen aus der
beruflichen Vorsorge in Höhe von insgesamt Fr. 248'203.-, so sind gestützt auf die
Sperrfristregelung von Art. 79b Abs. 3 BVG in den drei vorausgehenden Jahren getä-
tigte Einkäufe im entsprechenden Umfang in die berufliche Vorsorge – in welches kon-
krete einzelne Versicherungsverhältnis auch immer – grundsätzlich missbräuchlich und
damit einkommensseitig nicht absetzbar im Sinn von Art. 33 Abs. 1 lit. d DBG bzw.
§ 31 Abs. 1 lit. d StG. Mit der Argumentation der mit Blick auf die Sperrfristregelung
separat zu betrachtenden Versicherungsverhältnisse dringt der Pflichtige damit nicht
durch.
3. a) Eine Ausnahme besteht nun allerdings insoweit, als gemäss Art. 79b
Abs. 4 BVG für Wiedereinkäufe nach Scheidung die Sperrfrist nicht eingehalten wer-
den muss.
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1 DB.2012.125 + 126 1 ST.2012.143 + 144
Zur Frage, ob und inwieweit auch diese vorsorgerechtliche Ausnahmebestim-
mung steuerrechtlich motiviert ist, hat sich das Bundesgericht noch nicht geäussert.
Wie das kantonale Steueramt geltend macht, vertritt die Arbeitsgruppe Vorsorge der
Schweizerischen Steuerkonferenz (SSK) die Auffassung, dass für Wiedereinkäufe in-
folge Scheidung die Sperrfrist nicht gelten soll. Gleicher Meinung ist auch das Bundes-
amt für Sozialversicherungen (BSV; vgl. aus dessen Mitteilungen betreffend die steuer-
rechtliche Behandlung der beruflichen Vorsorge diejenige vom 12. Juli 2005 = Mittei-
lung Nr. 84, N 487, Ziff. 3). In dieser Ausgangslage geht auch das Rekursgericht davon
aus, dass bei Wiedereinkauf nach Scheidung die Sperrfristregelung nicht zu beachten
ist, wenngleich man sich fragen kann, ob es mit Blick auf eine Steuerminimierung einen
Unterschied macht, ob ein Einkauf mit kurz darauf erfolgendem Kapitalbezug auf einer
gewöhnlichen oder einer scheidungsbedingten Vorsorgelücke beruht.
b) Die Ehe des Pflichtigen wurde mit Urteil vom ... Mai 2006 geschieden. In
Dispositiv Ziff. 3 des Urteils wurde die D verpflichtet, vom bei ihr verwalteten
C-Vorsorgekonto des Pflichtigen einen Betrag von Fr. 324'546.50 auf ein Freizügig-
keitskonto der geschiedenen Ehefrau zu überweisen. Gemäss Bestätigungsschreiben
der D wurde diese Überweisung am 1. Juli 2006 vorgenommen, was also beim Pflichti-
gen per dieses Datum eine entsprechende scheidungsbedingte Vorsorgelücke zur Fol-
ge hatte.
Nach der Scheidung tätigte der Pflichtige bis zu seiner Pensionierung bzw. bis
zum Einsetzen seiner Altersrente per Juni 2009 die folgenden Einkäufe auf sein
C-Vorsorgekonto:
2006 (6. November) Fr. 75'000.-
2007 (26. November) Fr. 125'000.-
2008 (22. April und 10. Dezember) Fr. 155'000.-
2009 (4. März 2009) Fr. 89'547.-
Total Fr. 444'547.-.
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1 DB.2012.125 + 126 1 ST.2012.143 + 144
Von diesem Gesamtbetrag entfällt damit ein Anteil von Fr. 324'547.- auf den
Wiedereinkauf nach Scheidung, während im Umfang von Fr. 120'000.- eine gewöhnli-
che Vorsorgelücke geschlossen wurde.
c) Ausgehend von den Kapitalauszahlungen im Februar und Mai 2009 fallen
zeitlich sämtliche dieser Einkäufe unter die Sperrfristregelung von Art. 79b Abs. 3 BVG.
Mit Blick auf die nun aber zu beachtende Ausnahmeregelung von Abs. 4 dieser Be-
stimmung hält die Vorinstanz dafür, dass zunächst die scheidungsrechtliche Lücke
(Fr. 324'547.-) habe geschlossen werden müssen. Dementsprechend liess sie die Ein-
käufe per 2006 und 2007 (total Fr. 200'000.-) vollumfänglich zum Abzug zu und per
2008 noch den Restbetrag von Fr. 124'574.- (recte: Fr. 124'547.- = Fr. 324'547.-
./. Fr. 200'000.-); als nicht mehr abzugsfähig, weil bei dieser Sichtweise nicht mehr un-
ter die Ausnahmeregelung fallend, betrachtete sie per 2008 den anteiligen Einkaufsbe-
trag von Fr. 30'426.- (recte: Fr. 30'453.- = Fr. 155'000.- ./. Fr. 124'547.-) sowie den Ein-
kauf per 2009 von Fr. 89'547.-.
d) Der Pflichtige macht geltend, der erste Einkauf im November 2006 sei nicht
als scheidungsbedingter Einkauf bezeichnet worden und qualifiziere damit als gewöhn-
licher Einkauf. Damit seien per 2008 und 2009 in jedem Fall weitere Fr. 75'000.- zum
Abzug zuzulassen. Dem kann indes nicht gefolgt werden:
aa) Zunächst ist festzuhalten, dass es allgemein Sinn macht, wenn die Steu-
erbehörde davon ausgeht, dass bei einer bestehenden Vorsorgelücke, welche neben
einer gewöhnlichen, auch eine solche aus Scheidung enthält, mit Blick auf die Aus-
nahmereglung von Art. 79b Abs. 4 BVG zunächst die scheidungsbedingte Lücke zu
schliessen ist. Dies steht denn auch im Einklang mit der Regelung von Art. 79b Abs. 3
Satz 2 BVG, welche explizit festhält, dass bei Vorbezügen aus Wohneigentumsförde-
rung zunächst diese Vorbezüge zurückzuzahlen sind, bevor Einkäufe getätigt werden
können. Es kann denn auch nicht sein, dass es im Ermessen des Steuerpflichtigen
steht, getätigte Einkäufe durch Anbringen einer Bemerkung beliebig den Kategorien
"scheidungsbedingter Wiedereinkauf" bzw. "gewöhnlicher Einkauf" zuzuweisen, um
dergestalt womöglich der Sperrfristregelung zu entgehen.
bb) Vorliegend hat die D den Pflichtigen im erwähnten Schreiben vom 3. Ju-
li 2006 darüber orientiert, dass seinem C-Vorsorgekonto aufgrund des Scheidungs-
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1 DB.2012.125 + 126 1 ST.2012.143 + 144
urteils der Betrag von Fr. 324'547.- entnommen worden sei und der entsprechende
Betrag gemäss den reglementarischen Bestimmungen nun wieder eingebracht werden
könne. Damit qualifizieren die anschliessenden Einkäufe, mit welchen der Pflichtige im
November 2006 begonnen hat, im entsprechenden Umfang als Wiedereinkauf nach
Scheidung. Dass die D bei den Bescheinigungen der entsprechenden Einzahlungen
nur bei derjenigen im Dezember 2008 die Bemerkung "Rückzahlung Scheidung" an-
brachte, ändert daran nichts. Die steuermindernde Berücksichtigung dieser Einkäufe
im Rahmen der (rechtskräftigen) Veranlagungen bzw. Einschätzungen 2006 und 2007
ist deshalb mit Blick auf die per 2009 erfolgten Kapitalauszahlungen nicht weiter zu
hinterfragen, weil insoweit die Ausnahmebestimmung von Art. 79b Abs. 4 BVG greift.
cc) Damit verblieb eine scheidungsbedingte Lücke von Fr. 124'547.-, weshalb
in der Steuerperiode 2008 in diesem Umfang auch die per 2008 getätigten Einkäufe
korrekterweise zum Abzug zugelassen worden sind. Die weiteren Einkäufe, d.h. der
Resteinkauf per 2008 im Betrag von Fr. 30'453.- sowie der Einkauf per 2009 im Betrag
von Fr. 89'547.- qualifizieren folglich aber nicht mehr als Wiedereinkauf nach Schei-
dung, womit insoweit die Sperrfristregelung zu beachten ist. Wie oben erwähnt, erfolg-
ten per 2009 Bezüge des Pflichtigen aus der beruflichen Vorsorge in Höhe von insge-
samt Fr. 248'223.-. Gestützt auf die Sperrfristregelung von Art. 79b Abs. 3 BVG
qualifizieren damit die ausserhalb der scheidungsbedingten Lücke liegenden Einkäufe
per 2008 (Fr. 30'453.-) und 2009 (Fr. 89'547.-) als missbräuchlich und sind diese folg-
lich einkommensseitig nicht absetzbar im Sinn von Art. 33 Abs. 1 lit. d DBG bzw. § 31
Abs. 1 lit. d StG.
dd) An dieser Stelle sei noch angemerkt, dass das kantonale Steueramt die
totale Scheidungsbedingte Vorsorgelücke versehentlich auf Fr. 324'574.- statt
Fr. 324'547.- bezifferte, womit sich der restliche Scheidungsbedingte Wiedereinkauf
per 2008 auf Fr. 124'574.- (statt Fr. 124'547.-) und der sperrfristrelevante Einkaufsbe-
trag auf Fr. 30'426.- (statt Fr. 30'453.-) belief. Dieser "Zahlenverdreher" kann aber vor-
liegend ausser Acht gelassen werden, da er im Ergebnis auf das steuerbare Einkom-
men der beiden relevanten Steuerperioden keinen Einfluss hat.
e) Die weiteren Einwendungen des Pflichtigen erweisen sich als unbehelflich:
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1 DB.2012.125 + 126 1 ST.2012.143 + 144
aa) Dies betrifft zunächst sein Vorbringen, wonach bei den Versicherungsver-
hältnissen, aus welchen per 2009 die Kapitalauszahlungen erfolgt seien, ein Renten-
bezug gar nicht möglich gewesen sei. Sei es ihm in dieser Ausgangslage darum ge-
gangen, durch die Einkäufe bei der C die Altersrente zu verbessern, so könne dies
folglich nicht missbräuchlich sein. Dank der Einkäufe bewege sich die Rente auf
Fr. 46'208.- pro Jahr, was völlig im Rahmen einer normalen Altersvorsorge liege und
mit Blick auf die vor der Pensionierung erzielten Einkünfte von über Fr. 200'000.- p.a.
sogar als bescheiden zu bezeichnen sei.
Dem ist entgegenzuhalten, dass es dem Pflichtigen durchaus möglich gewe-
sen wäre, die in den besagten Versicherungsverhältnissen angesparten Alterskapita-
lien in seine laufende Vorsorge bei der C zu überführen, womit dort wiederum der Ren-
tenbezug hätte gewählt werden können. Mit Bezug auf die Personalvorsorge-
Freizügigkeitspolice ergibt sich dies etwa aus Ziff. 2 lit. b der Police. Der Pflichtige be-
streitet dies in seiner Auflageantwort vom 28. August 2012 denn auch nicht und macht
geltend, auf die Überführung der einem früheren Arbeitsverhältnis entstammenden
Freizügigkeitsleistung in die neue Vorsorge bei der C seinerzeit verzichtet zu haben,
um einerseits das Risiko eines Verlust von Vorsorgekapital durch Verteilung auf meh-
rere Einrichtungen zu vermindern und andrerseits dank höherer Verzinsung/Boni eine
bessere Altersvorsorge aufzubauen. Mit dem Ziel einer höheren Rente vor Augen
konnten die letzteren Gründe den Pflichtigen indes von vornherein nicht davon abhal-
ten, das Kapital aus dieser Freizügigkeitspolice vor der Pensionierung noch in die Vor-
sorgeeinrichtung bei der C zu überführen. Wählte er stattdessen den Weg des Ein-
kaufs von Vorsorgebeiträgen mit Mitteln aus dem Privatvermögen und dies im Wissen
darum, dass innert Kürze seiner Freizügigkeitspolice entstammendes Vorsorgekapitals
im noch grösseren Umfang wieder in sein Privatvermögen zurückfliessen würde, so
erweist sich diese Vorgehensweise als missbräuchlich. Dabei konnte es offenkundig
nur um Steuerersparnis gehen, denn das Ziel einer höheren Altersrente wäre ohne
weiteres auch im Rahmen der Umdisposition der sich bereits im Vorsorgekreislauf be-
findlichen Sparguthaben zu erreichen gewesen.
bb) Schliesslich rügt der Pflichtige, die Vorinstanz habe sich mit seinen Ein-
spracheeinwendungen betreffend das Vorliegen von Verstössen gegen verfassungs-
mässig garantierte Grundrechte wie Gesetzmässigkeit, Rechtssicherheit, Rechtsstaat-
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1 DB.2012.125 + 126 1 ST.2012.143 + 144
lichkeit und Rückwirkungsverbot nicht auseinandergesetzt, womit sein rechtliches Ge-
hör verletzt worden sei.
aaa) Zur Gesetzmässigkeit bemerkt er dabei, dass Art. 79b Abs. 4 BVG den
vollen Wiedereinkauf nach Scheidung zulasse.
Nachdem die Steuerbehörde dem Pflichtigen die Einkaufsbeiträge im Umfang
der scheidungsbedingten Lücke in den Steuerperioden 2006 bis 2008 zum Abzug zu-
gelassen hat, ist nicht nachvollziehbar, inwiefern in diesem Zusammenhang eine Ge-
hörsverletzung hätte erfolgen können.
bbb) Unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit bringt der Pflichtige vor,
dass die Praxisfestlegung für die Einhaltung der Dreijahresfrist durch das Bundesge-
richt mit dessen Entscheid vom 12. März 2010 erfolgt sei. Diese Praxis könne folglich
für die Jahre 2009 und früher nicht angewandt werden. Massgeblich sei damit die frü-
here Praxis, wonach Einzahlungen nur unter der Voraussetzung einer Steuerumge-
hung als nicht abzugsberechtigt qualifiziert hätten.
Wie bereits erwähnt, hat das Bundesgericht im fraglichen Entscheid festgehal-
ten, dass mit der Sperrfristregelung von Art. 79b Abs. 3 BVG letztlich die bundesge-
richtliche Rechtsprechung zur Verweigerung der Abzugsberechtigung wegen Steuer-
umgehung in eine einheitliche und verbindliche Gesetzesregelung überführt worden ist.
Ist dem Pflichtigen die Abzugsberechtigung gestützt auf die Sperrfristreglung zu versa-
gen, so folgt daraus mithin auch bereits das Vorliegen einer Steuerumgehung, weshalb
ihm der Abzug nach der angerufenen "früheren Praxis" in gleicher Weise verwehrt
bleiben muss. Die Einsprachebehörde hat denn auch darauf hingewiesen, dass nach
langjährige Rechtsprechung und Praxis (d.h. vor Inkrafttreten von Art. 79b Abs. 3 BVG)
ein offensichtlicher Rechtsmissbrauch vorliege, wenn ein Einkaufsbeitrag in unmittelba-
rer zeitlicher Nähe zum bereits feststehenden Bezug der Altersleistungen in Kapital-
form vorgenommen werde; in solchen Fällen diene der Einkauf allein der kurzfristigen,
mit einer erheblichen Steuerersparnis verbunden Kapitalanlage, was nicht geeignet sei,
die Altersvorsorge zu verbessern, sondern sich allein mit steuerlichen Motiven begrün-
den lasse und damit eine Steuerumgehung darstelle. Mithin ist erneut nicht einzuse-
hen, inwiefern dem Pflichtigen das rechtliche Gehör verweigert wurde, wenn die Vorin-
stanz vor diesem Hintergrund auf eine Steuerumgehung geschlossen hat.
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1 DB.2012.125 + 126 1 ST.2012.143 + 144
Soweit der Pflichtige das Vorliegen einer einkaufsbedingten Steuerersparnis
nicht bestreitet, dieser aber die spätere Besteuerung der Rente als Mehrbelastung ent-
gegenhält, sieht er im Übrigen darüber hinweg, dass es zu einer entsprechenden Ren-
tenbesteuerung auch gekommen wäre, wenn er mit Bezug auf die sich bereits im Vor-
sorgekreislauf befindlichen Altersguthaben die Auszahlung in Rentenform gewählt
hätte. Durch das (steuermindernde) Einzahlen von zusätzlichen Sparbeiträgen in die
Vorsorge, welche kurz danach (steuerprivilegiert) wieder an den Einzahlenden zurück-
fliessen, kann keine Verbesserung der Altersrente erreicht werden, so dass es insoweit
auch nicht zur zusätzlichen Rentenbesteuerung kommen kann; ein solches Vorgehen
beinhaltet allein die Zweckentfremdung der Pensionskasse als steuerbegünstigtes
Kontokorrent.
ccc) Mit Bezug auf die Rechtsstaatlichkeit und das Rückwirkungsverbot macht
der Pflichtige schliesslich geltend, dass Auslegungen zur Praxis zu publizieren seien;
dies habe die SSK mit Bezug auf den Bundesgerichtsentscheid vom 12. März 2010 am
3. November 2010 getan. In den streitbetroffenen Jahren habe der Pflichtige hiervon
keine Kenntnis haben können und sei die Praxis aufgrund des Rückwirkungsverbots
nicht zu beachten.
Dem ist erneut zu entgegnen, dass die vorliegende Sachverhaltskonstellation
auch unter der früheren Praxis der steuermindernden Berücksichtigung der in Frage
stehenden Einkäufe entgegengestanden hätte. Mit dem angesprochenen Bundesge-
richtsentscheid wurde lediglich verdeutlicht, dass auch Art. 79b Abs. 3 BVG entgegen
dem vermeintlichen Wortlaut dahingehend auszulegen sei, dass sich die Sperrfristre-
gelung auf die Gesamtheit der vorhandenen Vorsorgeverhältnisse bezieht und nicht
bloss bei direkter Verknüpfung zwischen Einkauf und Leistung zu beachten ist. Dass
zuvor eine gegenteilige Praxis bestanden hätte, macht der Pflichtige zu Recht nicht
geltend. Auch in diesem Zusammenhang ist folglich keine Gehörsverletzung erkenn-
bar.
4. Gestützt auf diese Erwägungen sind die Rechtsmittel abzuweisen. Aus-
gangsgemäss sind die Beschwerde- und Rekurskosten dem Pflichtigen aufzuerlegen
(Art. 144 Abs. 1 DBG und § 151 Abs. 1 StG).
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1 DB.2012.125 + 126 1 ST.2012.143 + 144 | Public | Tax | de | 2,012 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
aa3b3f60-83ec-4a6a-b64a-04d87b19b9f4 | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend der Beschwerdeführer) deklarierte als Willensvollstrecker
der am ... ... 2014 verstorbenen B im Wertschriftenverzeichnis der Steuererklärung
2014 (per Todestag) vom .... ... 2014 u.a. den Abgang von 132 Namenaktien der C AG
per ... ... 2014, wobei er den Steuerwert dieser Titel per Todestag in der Folge mit
Fr. 0.- bezifferte und die Spalten A bzw. B für den aus diesen Titeln fliessenden Brutto-
ertrag frei liess. Dem beiliegenden Depotverzeichnis der Bank D per Todestag konnte
der Verkauf der Titel, indes keine Erträge, entnommen werden.
Mit Einschätzungsentscheid für die Staats- und Gemeindesteuern 01.01. - ...
... 2014 vom 6. Februar 2015 korrigierte die Steuerkommissärin das eingereichte Wert-
schriftenverzeichnis 2014 (per Todestag) u.a. dahin gehend, dass sie den per
... ... 2014 aus den 132 Namenaktien der C AG fliessenden Bruttoertrag von Fr. 772.-
(reguläre Dividende von Fr. 3.85 sowie Sonderdividende von Fr. 2.- pro Titel) aufrech-
nete und zufolge nicht ordnungsgemässer spontaner Deklaration gemäss Kreisschrei-
ben Nr. 40 der eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) vom 11. März 2014 (nach-
folgend KS Nr. 40) die Rückerstattung der darauf entfallenden Verrechnungssteuer von
Fr. 227.20 verweigerte.
B. Mit Einsprache vom 2. März 2015 beantragte der Beschwerdeführer die
Rückerstattung des entsprechenden Verrechnungssteuerbetreffnisses. Zur Begrün-
dung führte er aus, dass das einschlägige KS Nr. 40 für Fälle, in welchen zwar der
Vermögenswert, indes nicht der hieraus fliessende Ertrag deklariert worden sei, keine
klare Stellung beziehe. Mit dem Depotauszug der D sei das Eigentum an den Aktien
bis zum Zeitpunkt des Verkaufs nachgewiesen gewesen. Weder der Erbengemein-
schaft noch ihm als Willensvollstrecker könne Vorsatz bzw. eine Hinterziehungsabsicht
unterstellt werden. Zudem würden mit der Verrechnungssteuer belastete Einkünfte,
welche spontan nach der Einreichung der Steuererklärung, aber spätestens bis zum
Eintritt der Rechtskraft der ordentlichen Veranlagung deklariert würden, als gemäss
Art. 23 des Bundesgesetzes über die Verrechnungssteuer vom 13. Oktober 1965
(VStG) ordnungsgemäss deklariert gelten.
- 3 -
2 VS.2015.7
Das kantonale Steueramt wies die Einsprache am 31. Juli 2015 ab. Es be-
gründete dies damit, dass eine ordnungsgemässe Deklaration nur vorliege, wenn die
steuerpflichtige Person die mit der Verrechnungssteuer belasteten Einkünfte sowie das
Vermögen, woraus solche Einkünfte fliessen würden, im Rahmen der ersten Steuerer-
klärung, welche nach Fälligkeit der steuerbaren Leistung bei der zuständigen Steuer-
behörde einzureichen sei, deklariere. Keine ordnungsgemässe Deklaration liege ge-
mäss Ziffer 3.2 Abs. 2 KS Nr. 40 vor, wenn die Deklaration der mit der Verrechnungs-
steuer belasteten Einkünfte erst nach einer Anfrage, Anordnung oder einer sonstigen
Intervention von Seiten der Steuerbehörden erfolge.
C. Mit Rekurs (recte: Beschwerde) vom 4. September 2015 hielt der Be-
schwerdeführer an seinem Rückerstattungsantrag fest. Die fehlenden Dividendenerträ-
ge aus den Namenaktien der C AG führte er auf einen Rechen- bzw. Softwarefehler
zurück. Die Dividendenerträge seien im Zeitpunkt der Erstellung der Steuererklärung
weder der Kursliste zu entnehmen noch in der Steuererklärungssoftware hinterlegt
gewesen, weshalb er nach bestem Wissen gehandelt habe. Schliesslich habe er die
Dividendenerträge noch nachträglich vor Eintritt der Rechtskraft im Rahmen der Ein-
spracheerhebung nachdeklariert.
Mit Beschwerdeantwort vom 9. Oktober 2015 schloss das kantonale Steuer-
amt unter Verweisung auf die Begründung des Einspracheentscheids auf Abweisung
der Beschwerde. In seiner Vernehmlassung vom 18. November 2015 beantragte die
ESTV mit ausführlicher Begründung Abweisung der Beschwerde.
D. Der Beschwerdeführer liess sich zu den zugestellten Beschwerdeantworten
nicht mehr vernehmen. Auf die Parteivorbringen wird – soweit rechtserheblich – in den
nachfolgenden Erwägungen eingegangen.
- 4 -
2 VS.2015.7 | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. a) Der Bund erhebt gestützt auf Art. 132 Abs. 2 der Bundesverfassung vom
18. April 1999 eine Verrechnungssteuer unter anderem auf dem Ertrag von bewegli-
chem Kapitalvermögen (vgl. Art. 1 Abs. 1 VStG). Die Verrechnungssteuer wird dem
Empfänger der um die Steuer gekürzten Leistung nach Massgabe des Gesetzes vom
Bund zurückerstattet (Art. 1 Abs. 2 i.V.m. Art. 30 VStG). Im inländischen Verhältnis
bezweckt die Verrechnungssteuer in erster Linie, die Deklaration der Erträge bewegli-
chen Kapitalvermögens zu sichern; dem steuerehrlichen Inländer wird sie zurückerstat-
tet (vgl. BGE 125 II 348 E. 4.; BGr, 30. Oktober 2009, 2C_896/2008, E. 2.2,
www.bger.ch).
b) Nach Art. 23 VStG verwirkt den Anspruch auf Rückerstattung der Verrech-
nungssteuer, wer mit der Verrechnungssteuer belastete Einkünfte oder Vermögen,
woraus solche Einkünfte fliessen, entgegen gesetzlicher Vorschriften der zuständigen
Steuerbehörde nicht angibt. Nach der Rechtsprechung verwirkt der Anspruch eines
Steuerpflichtigen auf Rückerstattung der Verrechnungssteuer, wenn er mit der Ver-
rechnungssteuer belastete Einkünfte nicht in der nächsten Steuererklärung nach Fäl-
ligkeit der Leistung deklariert oder die Selbstdeklaration nicht wenigstens so frühzeitig
mit korrekten Angaben ergänzt, dass die Einkünfte noch vor definitiver Veranlagung
berücksichtigt werden können (BGE 113 Ib 128, E. 2b; BGr, 16. September 2015,
2C_85/2015 E. 2.2; BGr, 27. August 2015, 2C_172/2015, E. 4.1; BGr, 24. April 2015,
2C_949/2014, E. 3.1; BGr, 16. Januar 2013, 2C_80/2012, E. 2.2; je www.bger.ch und
mit weiteren Hinweisen).
c) Der Steuerpflichtige muss die Einkünfte, die der Verrechnungssteuer unter-
liegen, selbst deklarieren. Es kommt nicht darauf an, ob die Steuerbehörde die Unvoll-
ständigkeit der Deklaration hätte erkennen und an die erforderlichen Informationen
durch entsprechende Nachfrage oder Vergleich mit Steuerakten dritter Personen hätte
gelangen können. Die Steuerbehörden können grundsätzlich davon ausgehen, dass
der Steuerpflichtige das Formular für die Steuererklärung wahrheitsgemäss und voll-
ständig ausfüllt, entsprechend den Anforderungen von Art. 124 Abs. 2 des Bundesge-
setzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer (DBG) und Art. 42
Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der
direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG). Erst offenkundige Mängel kön-
- 5 -
2 VS.2015.7
nen weitere Untersuchungen der Steuerbehörden erforderlich machen (BGr, 16. Sep-
tember 2015, 2C_85/2015, E. 2.3; BGr, 27. August 2015, 2C_172/2015, E. 4.1; BGr,
24. April 2015, 2C_949/2014, E. 3.2; BGr, 11. Oktober 2011, 2C_95/2011 = Pra 2012
Nr. 87, E. 2.1, je www.bger.ch und mit weiteren Hinweisen).
d) Die gesetzlichen Grundlagen, deren Verletzung Art. 23 VStG sanktioniert,
sind namentlich die in Art. 124 Abs. 2 und Art. 125 Abs. 1 DBG enthaltenen Deklarati-
onspflichten (BGr, 16. September 2015, 2C_85/2015, E. 2.4; BGr, 27. August 2015,
2C_172/2015, E. 4.2; BGr, 11. Oktober 2011, 2C_95/2011 = Pra 2012 Nr. 87, E. 4.1; je
www.bger.ch und mit Hinweisen). Aus diesen Bestimmungen wie auch aus der Recht-
sprechung hierzu folgt, dass der Steuerpflichtige die Einkommens- und Vermögens-
werte selbst, d.h. aus eigener Initiative (BGr, 16. September 2015, 2C_85/2015, E. 3.4;
BGr, 27. August 2015, 2C_172/2015, E. 4.3; je www.bger.ch und mit Hinweisen), de-
klarieren muss, um seinen Anspruch auf Rückerstattung der erhobenen Verrechnungs-
steuer zu wahren. Üblicherweise wird dieses Recht durch Auflistung der entsprechen-
den Werte im Wertschriftenverzeichnis realisiert, das der Steuererklärung beigelegt ist.
Der Steuerschuldner kann diesen Anspruch wie dargelegt auch durch eine spätere
Deklaration bis zur definitiven Veranlagung wahren, in der die Steuererklärung ergänzt
oder korrigiert wird (BGr, 16. September 2015, 2C_85/2015, E. 2.4; BGr, 27. Au-
gust 2015, 2C_172/2015, E. 4.2; BGr, 11. Oktober 2011, 2C_95/2011 = Pra 2012
Nr. 87, E 4.1, je www.bger.ch und mit Hinweisen; Bernhard Zwahlen, in: Kommentar
zum Schweizerischen Steuerrecht, 2. A., 2012, Art. 23 N 3 VStG). Die Massenverwal-
tung gebietet hierbei allerdings, dass sich die Steuerbehörden an die Steuererklärung
mit den Beilagen und eine allfällige Erklärung halten können, die der Steuerpflichtige
den Steuerbehörden nachträglich hat zukommen lassen, um die Steuererklärung zu
vervollständigen oder zu korrigieren. Nur ein solches Vorgehen kann den Anspruch
des Steuerpflichtigen auf Rückforderung der Verrechnungssteuer aufrechterhalten.
Nicht ausreichend für die Erfüllung der Deklarationspflicht ist eine Nachdeklaration
durch den Steuerpflichtigen erst zu einem Zeitpunkt, in welchem die Steuerbehörde
ihrerseits Kenntnis von den verrechnungssteuerbelasteten Erträgen bzw. den dazuge-
hörigen Vermögenswerten hat bzw. diese bereits selbst ermittelt hat. Als verspätet
muss in solchen Konstellationen daher insbesondere die Nachdeklaration erst im Ein-
sprache- bzw. sogar erst im Steuerjustizverfahren gelten (BGr, 16. September 2015,
2C_85/2015, E. 3.4; BGr, 27. August 2015, 2C_172/2015, E. 4.3, je www.bger.ch und
mit Hinweisen; Zwahlen, Art. 23 N 3 VStG).
- 6 -
2 VS.2015.7
Die verspätete Nachdeklaration schliesst die Rückerstattung der Verrech-
nungssteuer aus, ohne dass eine weitere Prüfung zu erfolgen hätte, bis zu welchem
genauen Zeitpunkt eine Rückerstattung noch möglich gewesen wäre oder bis zu wel-
chem Ausmass eine Absicht zu Hinterziehung oder Betrug bestand (BGr, 16. Septem-
ber 2015, 2C_85/2015, E. 3.4; BGr, 27. August 2015, 2C_172/2015, E. 4.3, je
www.bger.ch und mit Hinweisen). Es ist demnach kein "Defraudationswille" erforder-
lich, damit Rückforderungsansprüche der Verrechnungssteuer verwirken. Selbst in
Fallkonstellationen, in welchen eine Hinterziehungsabsicht wohl ausgeschlossen wer-
den kann, wird der Anspruch auf Rückforderung der Verrechnungssteuer verwirkt,
wenn keine korrekte Deklaration erfolgt (BGr, 16. September 2015, 2C_85/2015,
E. 3.4; BGr, 27. August 2015, 2C_172/2015, E. 4.3, je www.bger.ch und mit Hinwei-
sen). Selbst wenn noch ein Verschulden vorauszusetzen wäre, um Rückforderungsan-
sprüche der Verrechnungssteuer untergehen zu lassen, so genügte bereits eine einfa-
che Fahrlässigkeit (BGr, 16. September 2015, 2C_85/2015, E. 2.5 und 3.4; BGr,
27. August 2015, 2C_172/2015, E. 4.2; BGr, 11. Oktober 2011, 2C_95/2011 =
Pra 2012 Nr. 87, E. 2.1, je www.bger.ch und mit weiteren Hinweisen).
2. Soweit die ESTV in den Ziffern 3.1 und 3.2 des – als Verwaltungsverord-
nung für das Steuerrekursgericht an sich nicht verbindlichen – KS Nr. 40 den Begriff
der ordnungsmässigen bzw. nicht ordnungsmässigen Deklaration im Sinn von Art. 23
VStG dahingehend auslegt, dass eine Nachdeklaration von mit der Verrechnungssteu-
er belasteten Einkünften spontan bis zum Eintritt der Rechtskraft der ordentlichen Ver-
anlagung erfolgen muss, was eine solche Deklaration aufgrund einer Anfrage, Anord-
nung oder sonstigen Intervention der Steuerbehörden im Zusammenhang mit diesen
Einkünften als nicht mehr spontan und damit ordnungsgemäss erscheinen lässt, ent-
spricht diese Auslegung den in E. 1 oben erörterten Deklarationserfordernissen ge-
mäss der aktuellsten bundesgerichtlichen Rechtsprechung. Die Regelungen im KS
Nr. 40 erweisen sich daher als gesetzmässig, weshalb sie zu bestätigen sind (vgl. zur
Rolle des KS sowie zur Überprüfungsbefugnis der Gerichte BGr, 8. November 2015,
2C_873/2014, www.bger.ch, mit zahlreichen Hinweisen).
3. a) Der Beschwerdeführer hat zwar den Abgang von 132 Namenaktien der
C AG per ... ... 2014 im Wertschriftenverzeichnis 2014 (bis Todestag) deklariert, wobei
er den Steuerwert dieser Titel per Todestag in der Folge korrekt mit Fr. 0.- beziffert hat.
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2 VS.2015.7
Indes hat er die Spalten A bzw. B für den aus diesen Titeln fliessenden Bruttoertrag frei
gelassen, obwohl die Gesellschaft bereits Anfang März 2014 die Ausrichtung einer
ordentlichen Dividende von Fr. 3.85 bzw. einer Sonderdividende von Fr. 2.- pro Titel
beschlossen und am ... ... 2014, d.h. rund drei Wochen vor der Aktienveräusserung,
ausbezahlt hat. Die blosse Deklaration des Vermögenswerts, aus welchem der mit der
Verrechnungssteuer belastete Ertrag hervorgeht, unter Beilage eines Depotauszugs,
aus welchem lediglich das Eigentum bis zum Abgangsdatum dieses Vermögenswerts,
nicht jedoch der Vermögensertrag als solcher ersichtlich ist, ist auf jeden Fall nicht ord-
nungsgemäss, da die Rechtsprechung die Deklaration beider Elemente fordert. Dabei
kann offenbleiben, ob bei einem allfälligen Vorliegen einer einschlägigen Dividenden-
abrechnung als Beilage zum Wertschriftenverzeichnis allenfalls von der Voraussetzung
der schriftlichen Deklaration des entsprechenden Ertrags im Wertschriftenverzeichnis
selbst gemäss Art. 29 Abs. 1 VStG abgesehen werden könnte.
b) Die Nachdeklaration des Dividendenertrags aus den 132 Namenaktien der
C AG durch den Beschwerdeführer mit der Einsprache vom 2. März 2015 erweist sich
nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts als nicht mehr spontan und als verspä-
tet, da das kantonale Steueramt den entsprechenden Ertrag mit Einschätzungsent-
scheid vom 6. Februar 2015 bereits aus eigener Initiative ermittelt und aufgerechnet
sowie die Rückerstattung der entsprechenden Verrechnungssteuer verweigert hat. Der
Rückerstattungsanspruch war in diesem Zeitpunkt – selbst bei fehlendem Defraudati-
onswillen des Beschwerdeführers – bereits verwirkt.
c) Selbst wenn noch ein Verschulden vorauszusetzen wäre, um Rückforde-
rungsansprüche der Verrechnungssteuer untergehen zu lassen, so wäre die unterlas-
sene Ertragsdeklaration des Beschwerdeführers im Wertschriftenverzeichnis zumin-
dest auf eine einfache Fahrlässigkeit zurückzuführen. Zwar ist dem Beschwerdeführer
beizupflichten, dass bei einer unterjährigen Steuererklärung zufolge eines Todesfalls
die einschlägigen Hilfsmittel für die korrekte Erstellung eines Wertschriftenverzeichnis-
ses wie die Kurslisten der ESTV oder die in den Steuererklärungsprodukten verschie-
dener Softwareanbieter integrierten Kurslisten in der Regel nicht nachgeführt sind. Dies
entbindet indes den Beschwerdeführer – insbesondere als professionellen Steuerver-
treter – nicht davon, das Wertschriftenverzeichnis nach einer automatisierten Erstel-
lung auf dessen Vollständigkeit hin zu überprüfen und allfälligen Lücken in der Ertrags-
erfassung nachzugehen. Dies gilt umso mehr, als es sich bei der C AG um eine grosse
börsenkotierten Gesellschaft handelt, über deren Dividendenpolitik in den lokalen wie
- 8 -
2 VS.2015.7
internationalen (Online-)Medien regelmässig berichtet wird (vgl. die zahlreichen Ergeb-
nisse zur Google-Suche "C Dividende 2014").
d) Schliesslich handelt es sich in der vorliegenden Konstellation auch nicht um
einen blossen Rechen- bzw. Schreibefehler des Beschwerdeführers gemäss Punkt 3.2
des KS Nr. 40. Das Vorliegen eines solchen Fehlers, welcher noch nicht zur Verwir-
kung des Rückerstattungsanspruchs führt, bedingt, dass die entsprechenden Erträge,
wenn auch falsch berechnet oder übertragen, bereits deklariert worden sind. Dies ist
vorliegend gerade nicht der Fall.
4. Gestützt auf diese Erwägungen ist die Beschwerde abzuweisen. Aus-
gangsgemäss sind die Kosten des Verfahrens dem Beschwerdeführer aufzuerlegen
(§ 151 Abs. 1 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 i.V.m § 13 der Verordnung über
die Rückerstattung der Verrechnungssteuer vom 17. Dezember 1997). | Public | Tax | de | 2,015 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
aa4d3e28-ad95-42ec-8471-912642f2d359 | hat sich ergeben:
A. In der Steuererklärung 2007 deklarierte A (nachfolgend der Pflichtige) einen
Verlust aus selbstständiger Erwerbstätigkeit in Höhe von Fr. 29'065.- entsprechend der
eingereichten Abrechnung. Als Lohn bezog er von seiner Arbeitgeberin (Telekommuni-
kationunternehmen) 2007 einen Nettobetrag von Fr. 164'872.-. Mit Auflage vom
29. Mai 2009 forderte der Steuerkommissär den Pflichtigen auf, hinsichtlich dieser Er-
werbstätigkeit und der damit zusammenhängenden Ausgaben weitere Unterlagen und
Belege einzureichen. Insbesondere forderte er eine detaillierte Aufstellung über die
Zusammensetzung der deklarierten Einnahmen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit,
detaillierte und chronologisch geordnete Belege hinsichtlich der Reise- und Repräsen-
tationsspesen und des übrigen Betriebsaufwands sowie den Nachweis, dass die Tätig-
keit pro 2007 fortdauernd, planmässig und nach aussen hin sichtbar ausgeübt wurde.
Darauf reagierte der Pflichtige mit Schreiben vom 22. Juni 2009, mit dem er einige lose
Dokumente wie Geheimhaltungsvereinbarungen, Bescheinigungen über Leistungen
seines Arbeitgebers und Rechnungen für die Registrierung bzw. Betreibung von Do-
main-Namen einreichte. Des Weiteren reichte er einen Ordner mit der Aufschrift "Tax
Receipts 2007" ein mit etlichen (nicht chronologisch geordneten) Zahlungsbelegen des
Jahres 2007, einschliesslich einer Aufstellung über die geschäftliche oder private Natur
der jeweiligen Ausgaben. Sodann reichte er auf Mahnung vom 26. Juni 2009 hin eine
Arbeitsbestätigung des Telekommunikationsunternehmens ein.
Mit Einschätzungsentscheid bzw. Hinweis vom 21. August 2009 (Zweitzustel-
lung) schätzte das kantonale Steueramt den Pflichtigen für die Staats- und Gemeinde-
steuern 2007 mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 143'900.- und einem Vermö-
gen von Fr. 0.- ein und sah für die direkte Bundessteuer 2007 ein steuerbares
Einkommen von Fr. 144'600.- vor. Dabei liess der Steuerkommissär den Verlust aus
selbstständiger Erwerbstätigkeit in der Höhe von Fr. 29'065.- nicht zum Abzug von den
übrigen Einkünften zu mit der Begründung, dass die Tätigkeit des Pflichtigen mangels
Gewinnerzielungsabsicht als Liebhaberei einzustufen sei und es sich somit bei den
geltend gemachten Kosten um gewöhnliche Lebenshaltungskosten handle. Die Bun-
dessteuerveranlagung wurde dem Pflichtigen am 28. August 2009 formell eröffnet.
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2 ST.2010.23 2 DB.2010.18
B. Mit Eingabe vom 18. September 2009 erhob der Pflichtige Einsprache ge-
gen den Einschätzungsentscheid und die Veranlagung und beantragte, die Aufwen-
dungen in der Höhe von Fr. 29'065.- seien als Verlust aus selbstständiger Nebener-
werbstätigkeit mit dem übrigen Einkommen zu verrechnen. Zur Begründung brachte er
vor, er übe seine Tätigkeit als Selbstständigerwerbender auf eigene Rechnung in frei
bestimmter Selbstorganisation planmässig, anhaltend und nach aussen hin sichtbar
aus. Es handle sich dabei um projektbezogene Beratungstätigkeiten, insbesondere im
Zusammenhang mit Firmengründungen, für die er – im Erfolgsfall – durch Gewinnbe-
teiligungen entschädigt werde. Mit Eingabe vom 18. Oktober 2009 reichte der Pflichtige
aufgrund einer telefonischen Aufforderung durch den zuständigen Teamleiter des
Steueramts weitere Unterlagen zum Nachweis der selbstständigen Erwerbstätigkeit
ein. Es handelte sich dabei um Arbeitsbestätigungen von drei Unternehmen, für die der
Pflichtige als Berater tätig war.
Mit Einspracheentscheiden vom 14. Dezember 2009 hielt das kantonale Steu-
eramt an seiner Position fest, dass es sich bei den deklarierten Kosten in der Höhe von
Fr. 29'065.- um private Lebenshaltungskosten und nicht um einen Verlust aus selbst-
ständiger Nebenerwerbstätigkeit handle. Aufgrund der – vorliegend nicht mehr streiti-
gen – Gewährung der deklarierten Mehrkosten des auswärtigen Wochenaufenthalts in
der Höhe von Fr. 9'600.- wurde der Pflichtige neu für die Staats- und Gemeindesteuern
2007 mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 139'100 und einem steuerbaren Ver-
mögen von Fr. 0.- eingeschätzt und für die direkte Bundessteuer 2007 mit einem steu-
erbaren Einkommen von Fr. 139'800.- veranlagt.
C. Mit Eingabe vom 13. Januar 2010 erhob der Pflichtige Einspruch (recte:
Rekurs bzw. Beschwerde) gegen die Einspracheentscheide vom 14. Dezember 2009
mit dem Antrag, die Kosten in der Höhe von Fr. 29'065.- als Verlust aus selbstständiger
Nebenerwerbstätigkeit zu qualifizieren und mit dem übrigen Einkommen zu verrech-
nen. Zur Begründung bringt er im Wesentlichen das Gleiche vor wie in der Einsprache,
wobei er noch detaillierter darauf eingeht, inwiefern seine Tätigkeit die Merkmale einer
selbstständigen Erwerbstätigkeit – insbesondere hinsichtlich der Gewinnstrebigkeit –
erfülle.
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2 ST.2010.23 2 DB.2010.18
Mit Rekurs-/Beschwerdeantwort vom 9. Februar 2010 beantragte das kanto-
nale Steueramt die kostenfällige Abweisung der Rechtsmittel. Zur Begründung wird im
Wesentlichen auf die Einspracheentscheide vom 14. Dezember 2009 verwiesen.
Auf das Ergebnis der Tatsachenerhebungen im Veranlagungsverfahren und
die weiteren Vorbringen der Parteien ist – soweit erforderlich – in den nachfolgenden
Erwägungen einzugehen. | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. a) Nach Art. 18 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer
vom 14. Dezember 1990 (DBG) bzw. § 18 Abs. 1 des Steuergesetzes vom 8. Juni
1997 (StG) sind steuerbar alle Einkünfte aus einem Handels-, Industrie-, Gewerbe-,
Land- und Forstwirtschaftsbetrieb, aus einem freien Beruf sowie aus jeder anderen
selbstständigen Erwerbstätigkeit. Bei selbstständiger Erwerbstätigkeit werden von die-
sen Einkünften gemäss Art. 27 Abs. 1 DBG bzw. § 27 Abs. 1 StG die geschäfts- oder
berufsmässig begründeten Kosten abgezogen. Verluste aus einer solchen Tätigkeit
können mit übrigen Einkünften verrechnet werden (vgl. zum sog. Nettoprinzip: Markus
Reich, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/2a, 2. A., 2008,
Art. 25 N 5 DBG).
Abzugsfähig ist der gesamte Aufwand, der für die selbstständige Erwerbstä-
tigkeit notwendig ist. Die Beschränkung der Abzugsfähigkeit auf die notwendigen Aus-
gaben soll lediglich bewirken, dass der Abzug nur für jene Auslagen gestattet wird, die
einen geschäftlichen Grund haben, und dass alle Aufwendungen unberücksichtigt blei-
ben, die vorwiegend mit der allgemeinen Lebenshaltung eines Selbstständigerwerben-
den zusammenhängen. In der Einschätzungspraxis wird weniger auf die Zumutung der
Vermeidung abgestellt, sondern vielmehr darauf, ob der Aufwand geschäftsmässig
begründet ist (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum harmonisierten Zürcher
Steuergesetz, 2 A., 2006, § 27 N 3).
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2 ST.2010.23 2 DB.2010.18
In jedem Fall erfordert der Abzug, dass die Tätigkeit, welcher der betreffende
Aufwand zuzurechnen ist, überhaupt eine selbstständige Erwerbstätigkeit im Sinn von
§ 18 StG darstellt (RK, 18. März 1993 = ZStP 1993, 108).
b) Der steuerrechtliche Begriff der selbstständigen Erwerbstätigkeit ist auf-
grund der vielfältigen Sachverhalte, die damit abgedeckt werden, nicht scharf definiert
(BGE 125 II 113, E. 5 S. 120 ff.). Allgemein wird darunter jede Tätigkeit verstanden, bei
der ein Unternehmer auf eigenes Risiko, unter Einsatz von Arbeit und Kapital, in einer
frei gewählten Organisation und mit der Absicht der Gewinnerzielung am Wirtschafts-
verkehr teilnimmt (vgl. BGE 121 I 259, E. 3c 263; Blumenstein/Locher, System des
Steuerrechts, 6. A., 2002, S. 176; Cagianut/Höhn, Unternehmenssteuerrecht, 3. A.,
1993, § 1 N 17 ff. und 34 ff.; Höhn/Waldburger, Steuerrecht, 9. A., 2001, § 14 N 36;
Ernst Höhn, Interkantonales Steuerrecht, 4. A., 2000, § 13 N 5 ff., S.194 f.; Reich,
Art. 18 N 14 DBG mit weiteren Hinweisen).
Eine selbstständige Erwerbstätigkeit kann haupt- oder nebenberuflich, dau-
ernd oder temporär ausgeübt werden. Ob eine solche Tätigkeit vorliegt, ist stets nach
den gesamten Umständen des Einzelfalles zu beurteilen (vgl. BGE 112 Ib 79, E. 2a
S. 81; 122 II 446, E. 3b S. 449); die einzelnen Merkmale des Begriffs der selbstständi-
gen Erwerbstätigkeit dürfen nicht isoliert betrachtet werden und können auch in unter-
schiedlicher Intensität auftreten (Reich, Art. 18 N 15 DBG). Auch wenn der Begriff im
Normalfall die oben genannten Elemente umfasst, so bedeutet dies nicht, dass eine
Tätigkeit, bei der einzelne dieser Elemente fehlen, automatisch nicht mehr selbststän-
dig wäre. Umgekehrt kann eine Tätigkeit unter Umständen selbst bei Vorliegen mehre-
rer dieser Faktoren nicht als Erwerbstätigkeit gelten. Dies ist etwa dann der Fall, wenn
eine Tätigkeit im Sinn einer Liebhaberei bzw. eines Hobbys ausgeübt wird (BGr,
11. Juli 2001, NStP 2001, 76 - 83, E. 4h/cc, auch zum Folgenden). Die steuerrechtliche
Qualifikation einer Tätigkeit als selbstständiger Erwerb im erwähnten Sinn oder als
Liebhaberei hängt grundsätzlich davon ab, ob sie ausschliesslich oder vorwiegend im
Hinblick auf die Erzielung eines Erwerbseinkommens ausgeübt wird (BGr, 2. Oktober
1992, NStP 1993, 7, E. 2b; Raoul Oberson, Les pertes commerciales fiscalement dé-
ductibles, ASA 48, 113). Unterscheidungskriterium ist also der Beweggrund für die
Ausübung der Tätigkeit. Es handelt sich dabei um eine subjektive Voraussetzung, auf
deren Vorhandensein nur durch Indizien (nämlich erkennbare Umstände) geschlossen
werden kann. Eine zusätzliche Erschwernis liegt darin, dass es Grenzfälle gibt, bei
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2 ST.2010.23 2 DB.2010.18
denen sich Liebhaberei und Erwerbstätigkeit verbinden, wobei das Schwergewicht auf
der einen oder anderen Seite liegen kann.
Zur Erwerbs- oder Geschäftstätigkeit gehört, dass tatsächlich ein Einkommen
erzielt wird: Wer eine Tätigkeit ausübt, welche auf die Dauer nichts einbringt oder dau-
ernd einen finanziellen Aufwandüberschuss erfordert, betreibt diese nicht als Erwerbs-
tätigkeit, sondern als Liebhaberei oder aus einem andern nicht kommerziellen Grund.
Denn wer eine unrentable Aktivität wirklich als Erwerbstätigkeit ausübt, wird sich in der
Regel durch das andauernde Fehlen eines finanziellen Erfolgs von der Zwecklosigkeit
seines Unterfangens überzeugen lassen und die betreffende Tätigkeit aufgeben (Ro-
man Blöchliger, Steuerliche Probleme des Abzuges geschäftlicher Verluste, StR 1981,
236). Allerdings muss nicht jedes einzelne mit einem Verlust abgeschlossene Jahr
oder selbst die Tatsache, dass während mehrerer Jahre Verlust erzielt worden ist, zum
Schluss zwingen, es handle sich um eine Liebhaberei (Höhn/Waldburger, § 14 Rz 45).
Ob sich nämlich eine Tätigkeit lohnt, lässt sich methodisch richtig nur nach Betrachtung
des Gewinns aus der gesamten Betriebstätigkeit von deren Aufnahme bis zu ihrer Be-
endigung beurteilen (sog. Totalgewinn, vgl. Theisen, Die Liebhaberei – ein Problem
des Steuerrechts und der betriebswirtschaftlichen Steuerlehre, Steuer und Wirtschaft
[StuW], 1999, 259; StRK II, 17. Februar 2000, 2 ST.1999.419, E. 6a). Der Entscheid
über den steuerlichen Charakter einer Tätigkeit hängt deshalb von einer Prognose über
den zu erwartenden Totalgewinn ab. Ergibt die Prognose ein positives Gesamtergeb-
nis, ist dies ein gewichtiges Indiz für die Gewinnstrebigkeit. Anderseits liegt bei negati-
ver Prognose die Schlussfolgerung nahe, dass ein Steuerpflichtiger, dem es tatsächlich
um die Erzielung eines Erwerbseinkommens gegangen wäre, sich wegen des in Aus-
sicht stehenden finanziellen Misserfolgs von der Weiterführung des Betriebs abbringen
lassen würde. Die steuerrechtliche Qualifikation der Tätigkeit ist eine Frage, die grund-
sätzlich für jede Veranlagungsperiode neu überprüft werden kann, wobei unter Um-
ständen die Verhältnisse in den Vorjahren bzw. in den auf das Steuerjahr folgenden
Jahren gewisse Anhaltspunkte liefern können (BGr, 31. August 2005, 2A.46/2005,
E. 2.2.2, www.bger.ch, mit Hinweisen zum Ganzen).
Qualifiziert sich die Aktivität des Steuerpflichtigen in der unter den erwähnten
Kriterien vorzunehmenden Prüfung als Liebhaberei oder produziert sie reine Lebens-
haltungskosten (vgl. § 33 lit. a StG, Art. 34 lit. a DBG), können die entstandenen Ver-
luste nicht mit übrigen Einkünften verrechnet werden.
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2 ST.2010.23 2 DB.2010.18
c) Nach Art. 123 DBG bzw. § 132 Abs. 1 StG stellen die Steuerbehörden zu-
sammen mit dem Steuerpflichtigen die für eine vollständige und richtige Besteuerung
massgebenden tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse fest. Dabei gilt die allgemei-
ne Regel der Beweislastverteilung, dass die Steuerbehörde die steuerbegründenden
oder -erhöhenden Tatsachen nachzuweisen hat, der Steuerpflichtige dagegen jene
Umstände, welche die Steuerschuld mindern oder aufheben (Blumenstein/Locher,
S. 416 [mit Verweisungen] und 454). Dementsprechend obliegt der Nachweis, dass
eine selbstständige Erwerbstätigkeit vorliegt, grundsätzlich der Steuerbehörde. Ist da-
gegen streitig, ob eine bestimmte verlustbringende Betätigung (überhaupt) eine selbst-
ständige Erwerbstätigkeit darstellt (oder ob nicht z.B. eine Liebhaberei vorliegt), ist
hierfür der Steuerpflichtige beweispflichtig (vgl. StRK I, 18. März 1993, StE 1995 B 23.1
Nr. 30). Denn er leitet hieraus die steuermindernde Verrechnung dieses Verlusts mit
übrigen Einkünften ab. Zur Beweisleistung gehört in erster Linie und in jedem Fall,
dass eine substanziierte Sachdarstellung gegeben wird, die ohne weitere Untersu-
chung, aber unter dem Vorbehalt der Beweiserhebung, die Beurteilung der massge-
benden Qualifikationsfrage ermöglicht. Für die von ihm verfochtene, hinreichend sub-
stanziierte Sachdarstellung hat der Steuerpflichtige beweiskräftige Unterlagen
einzureichen oder zumindest unter genauer Bezeichnung Beweise anzubieten.
2. a) Gemäss Handelsregisterauszügen ist der Pflichtige seit ... 1998 unter
der Firma B als Einzelunternehmer in den Handelsregistern der Kantone Basel-Stadt
bzw. Zürich (seit ... 2006) eingetragen. Laut Handelregistereintrag und entsprechend
seinen eigenen Angaben ist er als Berater in den Bereichen ... tätig. Als Nachweis für
seine Tätigkeit im Jahr 2007 reichte der Pflichtige drei Arbeitsbestätigungen der "C“,
der "D" sowie der "E“ ein. Laut diesen Bestätigungen war er für jede der drei Firmen im
Jahr 2007 als selbstständiger Mitarbeiter mit beratenden und organisatorischen Funkti-
onen tätig. Er führt im Rahmen seiner Tätigkeit eine ordentliche Buchhaltung und be-
wahrt sämtliche Belege auf, wobei er –zumindest für das betroffene Jahr 2007 – in
einer Übersicht festhält, welche Ausgaben privater und welche geschäftlicher Natur
sind. Obschon weder genauere Angaben zu den konkreten Arbeitsleistungen des
Pflichtigen noch detaillierte Ausführungen zur Begründetheit der getätigten Aufwen-
dungen vorliegen, ist unter diesen Umständen davon auszugehen, dass der Pflichtige
gewisse Tätigkeiten im Bereich der Beratung und des Projektmanagements auf eige-
- 8 -
2 ST.2010.23 2 DB.2010.18
nes Risiko und unter Einsatz von Arbeit und Kapital ausübt und dies
– wenn auch in bescheidenem Rahmen – auch planmässig und fortdauernd tut.
Doch stellt sich die Frage, ob auch die Sichtbarkeit der Tätigkeit nach aussen
als weiteres wesentliches Merkmal einer selbstständigen Erwerbstätigkeit gegeben ist.
Nach Ansicht des Pflichtigen sei dies der Fall, weil Dutzende von Personen und ver-
schiedene Firmen in die Aktivitäten involviert seien. Dieses Argument ist jedoch unbe-
achtlich. Zum einen versäumt es der Pflichtige, seine Aussage durch entsprechende
Nachweise zu belegen, und zum anderen sagt die Zahl der involvierten Personen über
die Sichtbarkeit der Tätigkeit gegen aussen nichts aus. Entscheidend ist vielmehr, dass
der Pflichtige durch Massnahmen wie zum Beispiel die Publikation von Inseraten als
Anbieter gewisser Dienstleistungen öffentlich in Erscheinung tritt mit dem Ziel, neue
potentielle Auftraggeber auf sich aufmerksam zu machen. Ein derartiges Auftreten ge-
genüber Dritten hat er jedoch weder behauptet noch nachgewiesen. Mithin liegt die
Vermutung nahe, dass er gegenüber Dritten nicht sichtbar als Selbstständigerwerben-
der auftritt, sondern seine Tätigkeiten eher im Rahmen bereits bestehender Kontakte
ausübt, womit das Merkmal der Sichtbarkeit gegen aussen wohl nicht ohne Weiteres
erfüllt wäre. Wie es sich damit verhält, mag indes aus folgendem Grund offenbleiben:
b) Vorliegend ist für die Qualifikation der Tätigkeit das Erfordernis der Ge-
winnstrebigkeit als entscheidendes Abgrenzungsmerkmal zwischen selbstständiger
Erwerbstätigkeit und Liebhaberei von zentraler Bedeutung. Darauf stützt sich denn
auch der Entscheid des kantonalen Steueramts, nach dessen Ansicht der Pflichtige
seine Tätigkeit eben gerade nicht mit der Absicht der Gewinnerzielung ausübt.
aa) Den Erfolgsrechnungen des Pflichtigen sind seit dem Jahr 2002 folgende
Verluste aus selbstständiger Nebenerwerbstätigkeit zu entnehmen:
2002 Fr. 45’675.- 2005 Fr. 60'820.-
2003 Fr. 15'170.- 2006 Fr. 58'176.-
2004 Fr. 60'204.- 2007 Fr. 29'065.-
Aus diesen Abschlüssen geht weiter hervor, dass der Pflichtige auf der Er-
tragsseite lediglich in den Jahren 2002 und 2003 einen (im Jahr 2002 zudem sehr be-
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2 ST.2010.23 2 DB.2010.18
scheidenen) Ertrag aus seiner Beratungstätigkeit verbuchen konnte. In den darauffol-
genden Jahren hingegen brachten ihm seine Beratungstätigkeiten keinerlei Erträge ein.
Dies widerspiegelt letztlich die Tatsache, dass der Pflichtige nach eigenen Angaben
sowie gemäss den eingereichten Arbeitsbestätigungen von seinen Auftraggebern nie
ein Honorar bezieht, sondern ausschliesslich durch Gewinnbeteiligungen entschädigt
wird, wobei entsprechende Gewinne bis anhin ausgeblieben sind. Eine etwas sonder-
bare Ausnahme soll darin bestanden haben, dass die "C" ihn in Form einer "exklusi-
ven" Mitgliedschaft und kostenlosen Eintritten zu Events samt Nebenleistungen ent-
schädigt haben will. Entsprechende Zuflüsse finden sich in den Erfolgsrechnungen
allerdings nicht. Derartige Vereinbarungen über zukünftige Gewinnbeteiligungen sind
an sich nichts Aussergewöhnliches und im Geschäftsalltag durchaus gängig, indes
bilden sie in aller Regel nur einen Bestandteil einer Gesamtentschädigung mit der Idee,
nicht nur die geleistete Arbeit an sich zu entlöhnen, sondern im Erfolgsfall alle Mitver-
antwortlichen in gewissem Mass profitieren zu lassen. Der Pflichtige hingegen hat im
Rahmen seiner Tätigkeit über Jahre hinweg Leistungen erbracht, ohne dabei auch nur
für seine – nicht unerheblichen – Auslagen entschädigt zu werden; vielmehr wurde er
lediglich mit der vagen Aussicht auf mögliche zukünftige Einnahmen aus Gewinnbetei-
ligungen abgefunden. Dies noch dazu im Bezug auf Projekte, bei denen die Er-
folgsaussichten offensichtlich sehr ungewiss waren und sind, was die Tatsache belegt,
dass bis heute keines der Projekte Gewinne abgeworfen hat. Bei dieser Sachlage liegt
die Vermutung nahe, dass der Pflichtige seine Tätigkeit nicht ausschliesslich oder vor-
wiegend im Hinblick auf die Erzielung eines Erwerbseinkommens ausübt, sondern
dass es ihm vielmehr darum geht, sich aus persönlichen Interessen nebenberuflich für
gewisse Projekte zu engagieren. Der finanzielle Erfolg scheint dabei zweitrangig zu
sein, da der Pflichtige sonst kaum über so viele Jahre hinweg Leistungen erbringen
und Zeit und Kosten aufwenden würde, ohne zu wissen, ob er dafür überhaupt je fi-
nanziell entschädigt wird. Mithin lassen schon diese Überlegungen darauf schliessen,
dass das Erfordernis der Gewinnstrebigkeit vorliegend nicht erfüllt ist.
bb) Des Weiteren stellt man bei Betrachtung der obigen Zahlen fest, dass die
Verluste aus der Tätigkeit des Pflichtigen seit dem Jahr 2002 nicht kontinuierlich zu-
rückgegangen sind. Zwar hat sich der Verlust im Jahr 2007 im Vergleich zum Vorjahr
um gut 50% reduziert, aber eine Gesamtbetrachtung aller Jahre lässt nicht ohne Weite-
res den Schluss zu, dass diese Entwicklung in den nächsten Jahren anhalten wird. Im
Übrigen finden sich in den Akten auch keine anderen Anhaltspunkte dafür, dass der
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2 ST.2010.23 2 DB.2010.18
Pflichtige mit seiner Tätigkeit in naher Zukunft Gewinne erzielen wird. Auch seine Aus-
sage in der Einsprache gegen die Einschätzung 2006 vom 12. September 2008, dass
bereits im Jahr 2008 erste Einkünfte verzeichnet werden konnten und für das Jahr
2009 eine weitere Steigerung erwartet werde (S. 2), genügt nicht für eine positive Zu-
kunftsprognose. Zum einen wurde eine solche Entwicklung – die im Übrigen im vorlie-
genden Verfahren nicht mehr geltend gemacht wurde – nie in irgendeiner Form belegt
und zum andern ist aufgrund der Vorjahreszahlen davon auszugehen, dass der Pflich-
tige selbst bei Erzielung gewisser Einkünfte insgesamt nach wie vor Verluste verzeich-
nen wird.
Überdies würde eine positive Zukunftsprognose auch voraussetzen, dass das
Auftragsvolumen über die Jahre zunimmt und womöglich neue Auftraggeber gefunden
werden. Dass die Auftragslage derjenigen eines hauptberuflich Selbstständigerwer-
benden entspricht, wird dabei – entgegen der Annahme des Pflichtigen – nicht ver-
langt. Die Auftragslage des Pflichtigen sollte sich aber dahingehend entwickeln, dass
er seine Tätigkeit in Zukunft gewinnbringend ausüben kann. Solche Entwicklungen sind
jedoch vorliegend aus den Akten nicht ersichtlich. Der Pflichtige behauptet zwar in sei-
ner Rekursschrift, es würden laufend neue Projekte akquiriert, ohne dies jedoch in ir-
gendeiner Form zu belegen. Wie bereits erwähnt, hat er auch nicht dargetan, dass und
wie er in der Öffentlichkeit in Erscheinung tritt, um neue potentielle Auftraggeber auf
sich und seine Tätigkeit aufmerksam zu machen. Unter diesen Umständen liegt die
Vermutung nahe, dass der Pflichtige nicht aktiv um die Akquisition neuer Aufträge be-
müht ist und entsprechend das Auftragsvolumen über die Jahre nicht zugenommen
hat. Zumindest fehlt es am entsprechenden Nachweis.
Unter diesen Umständen ist im Sinn einer Prognose nicht davon auszugehen,
dass die Tätigkeit des Pflichtigen über all die Jahre gesamthaft einen Gewinn abwerfen
wird; sie kann mithin nicht als gewinnbringend betrachtet werden. Vielmehr ist damit zu
rechnen, dass der Pflichtige auch in Zukunft primär Verluste erwirtschaften wird, zu-
mindest, wenn er seine Strategie insbesondere hinsichtlich der Entlöhnung und der
Akquisition von neuen Aufträgen nicht grundlegend überdenkt. Übt der Pflichtige die
Tätigkeit trotz der jährlichen Verluste und der negativen Prognose gleichwohl weiterhin
in dieser Art aus, so tut er dies offensichtlich nicht mit der Absicht, ein Erwerbsein-
kommen zu erzielen, sondern vielmehr aus Liebhaberei oder anderen nicht kommer-
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2 ST.2010.23 2 DB.2010.18
ziellen Gründen. In diesem Sinne fehlt es dem Pflichtigen vorliegend an der erforderli-
chen Gewinnstrebigkeit.
c) Als weiteres Indiz gegen das Vorliegen einer selbstständigen Erwerbstätig-
keit beim Pflichtigen sei schliesslich auch die Behandlung der jeweils geltend gemach-
ten Verluste durch die Steuerbehörden erwähnt. Zu Beginn fanden die Verluste praxis-
gemäss Beachtung, wenn auch nicht immer vollumfänglich. Nur in den Jahren 2003
und 2006 wurden diese vollständig zur Verrechnung mit dem übrigen Einkommen zu-
gelassen. Hingegen wurde im Kanton Basel-Stadt im Jahr 2002 nur ein Verlust in der
Höhe von Fr. 3'314.- angerechnet und in den Jahren 2004 und 2005 wurde der Verlust
jeweils auf Fr. 25'000.- (2005 indes irrelevant) festgesetzt. Im Kanton Zürich wurden
die Verluste sowohl für das Jahr 2005 als auch für das Jahr 2006 in der Einschätzung
überhaupt nicht berücksichtigt mit der Begründung, dass mangels Einkünften aus
selbstständiger Nebenerwerbstätigkeit auch keine Gewinnungskosten geltend gemacht
werden können. Der Verlust des Jahres 2006 wurde immerhin im Einspracheverfahren
anerkannt. Daraus wird deutlich, dass im Bezug auf das Vorliegen einer selbstständi-
gen Erwerbstätigkeit sowie auf die Höhe der begründeten Gewinnungskosten von Be-
ginn weg Zweifel bestanden, die der Pflichtigen nie durch entsprechende Unterlagen
und Belege zu beseitigen vermochte. Dies bestärkt letztendlich die Annahme, dass
tatsächlich keine selbstständige Erwerbstätigkeit im Sinn des Steuerrechts vorliegt.
d) Nach dem Gesagten ist es dem Pflichtigen nicht gelungen, den ihm oblie-
genden Nachweis zu erbringen, dass seine verlustbringende Tätigkeit eine selbststän-
dige Erwerbstätigkeit im Sinn des Steuerrechts darstellt. Dies ergibt sich aufgrund einer
Gesamtbetrachtung aller Umstände, wobei es beim Pflichtigen insbesondere an der
erforderlichen Gewinnstrebigkeit fehlt. Mithin übt er seine Tätigkeit aus Liebhaberei
oder aus einem anderen nicht kommerziellen Grund aus; die damit zusammenhängen-
den "Gewinnungskosten" gehören folglich zu seinen allgemeinen Lebenshaltungskos-
ten. Solche jedoch sind steuerlich nicht abzugsfähig, sodass der Verlust aus der Tätig-
keit nicht mit dem übrigen Erwerbseinkommen verrechnet werden kann.
3. Diese Erwägungen führen zur Abweisung der Beschwerde und des Rekur-
ses.
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Ausgangsgemäss sind die Kosten dem Pflichtigen aufzuerlegen (Art. 144
Abs. 1 DBG bzw. § 151 Abs. 1 StG). | Public | Tax | de | 2,010 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
aa90ca08-cd72-4de3-892d-ec6979c23ffa | hat sich ergeben:
A. Aus der Berechnung, welche A und B (nachfolgend die Pflichtigen) der
Steuererklärung 2009 beigelegt hatten, sowie aus dem Begleitschreiben ihrer damali-
gen Vertreterin, C AG, ging hervor, dass sie einen getrennten Wohnsitz (Ehemann:
Gemeinde D/ZH, Ehefrau: Gemeinde E/GR bei intakter Ehe geltend machten. In der
Beweisauflage vom 14. April 2011 ersuchte der Steuerkommissär die Pflichtigen um
diverse Beweisleistungen. Dabei verlangte er unter anderem den Nachweis über den
Kauf und Verkauf der Liegenschaften in der Gemeinde E und über die geltend ge-
machten beruflichen Fahrkosten. Im Übrigen sprach er das Problem des getrennten
Wohnsitzes nicht an. Die C AG, reichte am 6. Mai 2011 verschiedene Unterlagen ein.
In der Veranlagungsverfügung für die direkte Bundessteuer 2009 vom 17. Mai 2011
setzte der Steuerkommissär das steuerbare Einkommen auf Fr. 206'900.- fest. Gleich-
zeitig erliess er den Einschätzungsentscheid für die Staats- und Gemeindesteuern
2009 mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 216'900.- und einem steuerbaren
Vermögen von Fr. 29'000.- (satzbestimmend: Fr. 95'000.-). In beiden Entscheiden ging
der Steuerkommissär davon aus, dass sich der Wohnsitz beider Pflichtigen im Jahr
2009 im Kanton Zürich befand.
B. Mit Eingabe vom 10. Juni 2011 erhob die C AG namens der Pflichtigen
Einsprache gegen diese Entscheide und machte einen getrennten Wohnsitz (bei intak-
ter Ehe) für die Monate Mai bis Dezember 2009, berufsbedingte Fahrkosten der Pflich-
tigen für die Strecke Gemeinde E - Zürich und die Kosten eines berufsbedingten Ar-
beitszimmers der Pflichtigen in der Gemeinde E geltend. Am 15. Juli 2011 schlug das
kantonale Steueramt den Pflichtigen den Rückzug der Rechtsmittel vor und ersuchte
sie gleichzeitig für den Fall einer Ablehnung dieses Vorschlags um diverse Beweisleis-
tungen. Nachdem dieser Vorschlag (offenbar) unbeantwortet geblieben war, erliess
das kantonale Steueramt am 17. Januar 2012 eine weitere Beweisauflage, welche es
nach ungenutztem Ablauf der Frist am 12. März 2012 mahnte. Die C AG reichte
schliesslich am 26. März 2012 weitere Unterlagen ein. Am 12. April 2012 hiess das
kantonale Steueramt die Einsprachen teilweise gut und setzte das steuerbare Ein-
kommen neu auf Fr. 205'300.- (direkte Bundessteuer) und Fr. 215'300.- (Staats- und
Gemeindesteuern) fest. Die Faktoren des steuerbaren und satzbestimmenden Vermö-
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2 DB.2012.116 2 ST.2012.132
gens liess es gegenüber dem Einschätzungsentscheid unverändert. In beiden Einspra-
cheentscheiden liess das kantonale Steueramt neu zusätzlich zu den bereits ange-
rechneten Fahrkosten des öffentlichen Verkehrs berufsbedingte Autofahrkosten der
Pflichtigen in Höhe von Fr. 1'613.- für die Strecke Gemeinde D – Stadt Zürich zu. Im
Übrigen bestätigte das kantonale Steueramt die angefochtenen Entscheide.
C. Am 12./14. Mai 2012 erhob die STW Consult AG namens der Pflichtigen
Beschwerde und Rekurs gegen diese Einspracheentscheide und beantragte, der steu-
errechtliche Wohnsitz der Pflichtigen im Kanton Graubünden sei anzuerkennen. Sofern
diesem Antrag nicht entsprochen werde, werde ein gemeinsamer steuerrechtlicher
Wohnsitz der Pflichtigen im Kanton Graubünden beantragt. Die Pflichtigen würden in
ungetrennter Ehe leben und seien beide erwerbstätig. Per 1. April 2009 habe die
Pflichtige den Wohnsitz primär aus gesundheitlichen Gründen (schweres Asthma) in
die Gemeinde E verlegt. Sie arbeite bei einer Anstalt des Kantons Zürich im Aussen-
dienst und halte sich die ganze Woche und an den Wochenenden in Gemeinde E auf.
Alle zwei Wochen arbeite sie beim Arbeitgeber, wo ihr kein eigener Arbeitsplatz zur
Verfügung stehe. Sie nutze den Arbeitsplatz, der gerade frei sei. Der Pflichtige, der in
Zürich in der Gesundheitsbranche arbeite, halte sich unter der Woche in der 2 1⁄2-
Zimmerwohnung in der Gemeinde D auf. Die Wochenenden würden beide Pflichtigen
mit wenigen Ausnahmen in ihrer Wohnung in dem von ihnen geplanten und gebauten
Mehrfamilienhaus in der Gemeinde E verbringen. Dieses Haus bilde den Familienmit-
tel- und -treffpunkt. Eine Wohnung sei von ihren vier Kindern, eine weitere von einem
Verwandten übernommen worden. Die Wochenenden würden die Pflichtigen fast aus-
schliesslich in Gemeinde E verbringen, wo der Vater des Pflichtigen aufgewachsen sei.
Die Pflichtige erledige ihre Arbeit grundsätzlich von zu Hause aus. Die Arbeiten vor Ort
würden an einem Tag erledigt. Telefonische Abklärungen seien häufig möglich, so
dass keine Reisetätigkeit anfalle. Im Hinblick auf die Erstellung des Dreifamilienhauses
in der Gemeinde E sei die Wohnung in der Gemeinde D durch eine kleinere 2 1⁄2-
Zimmerwohnung ersetzt worden. Die Pflichtigen nähmen weder in der Gemeinde D
noch in der Gemeinde E am Vereinsleben teil. Hingegen würden sie persönliche Kon-
takte zu Verwandten und Bewohnern in der Gemeinde E pflegen.
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In der Beschwerde- und Rekursantwort vom 30. Mai 2012 beantragte das kan-
tonale Steueramt die Abweisung der Rechtsmittel und verzichtete im Übrigen auf eine
Stellungnahme zur Sache. | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. a) Gemäss Art. 3 Abs. 1 StHG sowie § 3 Abs. 1 des Steuergesetztes vom
8. Juni 1997 (StG) sind natürliche Personen im Kanton Zürich aufgrund persönlicher
Zugehörigkeit steuerpflichtig, wenn sie ihren steuerrechtlichen Wohnsitz oder Aufent-
halt im Kanton haben. Sodann bestimmt Art. 216 des Bundesgesetzes über die direkte
Bundessteuer vom 14. Dezember 1990 (DBG), dass die kantonalen Behörden die di-
rekte Bundessteuer von den natürlichen Personen erheben, die am Ende der Steuer-
periode ihren steuerrechtlichen Wohnsitz im Kanton haben. Der steuerrechtliche
Wohnsitz befindet sich laut Art. 3 Abs. 2 StHG und § 3 Abs. 2 StG dort, wo die Person
sich mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält. Diesfalls ist die Steuerpflicht kraft
§ 5 Abs. 1 StG unbeschränkt, mit anderen Worten erstreckt sie sich grundsätzlich auf
das gesamte Einkommen und Vermögen des Steuerpflichtigen. Art. 3 StHG enthält
demnach eine Regel zur Vermeidung eines interkantonalen Doppelbesteuerungskon-
flikts. In diesem Sinn liegt mithin eine bundesrechtliche Kollisionsnorm zum interkanto-
nalen Steuerrecht vor. Somit bilden Art. 3 Abs. 1 und 2 StHG die Grundlage für die
Abgrenzung der unbeschränkten Steuerhoheit. Die langjährige bundesgerichtliche
Rechtsprechung, welche sich gestützt auf Art. 46 Abs. 2 der Bundesverfassung vom
29. Mai 1874 (aBV) sowie später Art. 127 Abs. 3 der Bundesverfassung vom
18. April 1999 (BV) entwickelt hat, dient weiterhin als massgebliche Auslegungshilfe.
b) Laut dieser Rechtsprechung des Bundesgerichts steht die Besteuerung des
Einkommens und beweglichen Vermögens unselbstständig erwerbender Personen
dem Kanton zu, in welchem sie ihren Wohnsitz haben. Unter Wohnsitz ist dabei in der
Regel der zivilrechtliche Wohnsitz zu verstehen, d.h. der Ort, an welchem sich die Per-
son in der Absicht dauernden Verbleibens aufhält (Art. 23 Abs. 1 ZGB), wo sich der
Mittelpunkt der Lebensinteressen befindet (BGr, 9. Oktober 2006, 2P.86/2006, E. 2.2.1;
25. Januar 2006, 2P.171/2005, E. 2.2; 17. Juni 2005, 2P.180/2003, E. 2.1; 7. Januar
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2004, 2P.2/2003, E. 2.2; BGE 123 I 289, E. 2a, 293; StR 1994, 580 ff.; ASA 63, 836).
Dem polizeilichen Domizil, wo die Schriften hinterlegt sind und die politischen Rechte
ausgeübt werden, kommt dagegen keine entscheidende Bedeutung zu. Beides sind
bloss äussere Merkmale, die ein Indiz für den steuerrechtlichen Wohnsitz bilden kön-
nen, wenn auch das übrige Verhalten der Person dafür spricht (BGE 125 I 54 E. 2; StE
1998 A 24.21 Nr. 11 E. 2a, mit Hinweisen).
c) Hält sich eine Person abwechslungsweise an zwei oder mehreren Orten
auf, ist für die Bestimmung des Steuerwohnsitzes darauf abzustellen, zu welchem Ort
die Person die stärkeren Beziehungen unterhält (BGE 125 I 54, E. 2). Der Lebensmit-
telpunkt bestimmt sich dabei nach den äusseren Umständen, aus denen sich die Le-
bensinteressen erkennen lassen, und nicht bloss nach den erklärten Wünschen der
steuerpflichtigen Person (BGE 125 I 54, E. 2; 123 I 289, E. 2b). Auf die gefühlsmässige
Bevorzugung eines Ortes kommt es nicht an; der steuerliche Wohnsitz ist nicht unge-
achtet der tatsächlichen Verhältnisse frei wählbar (BGE 123 I 289, E. 2b; 113 Ia 465,
E. 3). Die Frage, zu welchem Aufenthaltsort der Steuerpflichtige die stärkeren Bezie-
hungen unterhält, ist jeweils aufgrund der Gesamtheit der Umstände des Einzelfalls zu
beurteilen (BGr, 7. Januar 2004, 2P.2/2003, E. 2.2; StE 1998 A 24.21 Nr. 11 E. 2b, mit
Hinweisen). Bei der Bestimmung des Steuerdomizils kann neben den Verhältnissen in
der Bemessungsperiode auf die weiteren, bis zum letztinstanzlichen Entscheid über-
blickbaren Umstände abgestellt werden (BGr, 1. Oktober 1996, 2P.242/1994, E. 1b).
d) Jeder Ehegatte kann einen eigenen steuerrechtlichen Wohnsitz haben,
ohne dass die Ehe deshalb als tatsächlich getrennt zu betrachten wäre. Voraussetzung
dafür ist der Fortbestand der ehelichen Gemeinschaft und die gemeinsame Verwen-
dung der Mittel (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 3 N 23 StG).
e) Es obliegt der Steuerbehörde, jene Umstände darzutun und zu beweisen,
aus denen folgt, dass sich der Wohnsitz einer natürlichen Person im Kanton befindet.
Denn gemäss dem generellen Grundsatz über die Beweislastverteilung (Art. 8 ZGB)
haben im Allgemeinen die Steuerbehörden die steuerbegründenden Tatsachen zu be-
weisen, mithin auch jene, welche die Steuerhoheit begründen. Erscheint der vom
Steueramt angenommene Wohnsitz im Kanton als sehr wahrscheinlich, genügt dies
regelmässig als Hauptbeweis und liegt es alsdann an der betreffenden Person, den
Gegenbeweis für den von ihr verfochtenen anderen Lebensmittelpunkt zu erbringen
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2 DB.2012.116 2 ST.2012.132
(StE 1992 B 11.1 Nr. 11). Der strikte Beweis ist somit nicht erforderlich. All das gilt
auch dann, wenn sich der steuerliche Wohnsitz bis anhin im Kanton Zürich befunden
hat und - wie hier - streitig ist, ob er sich an einen ausserkantonalen Ort verschoben
hat (vgl. RB 1984 Nr. 28 = StE 1984 B 11.1 Nrn. 2 und 3).
f) Laut § 132 Abs. 1 StG stellen die Steuerbehörden zusammen mit dem
Pflichtigen die für eine vollständige und richtige Besteuerung massgebenden tatsächli-
chen und rechtlichen Verhältnisse fest (Kooperationsmaxime; Richner/Frei/Kauf-
mann/Meuter, § 132 N 1 ff. StG mit Hinweisen, auch zum Folgen-den). Die Verfahrens-
instruktion liegt bei der zuständigen Behörde (Prozessmaxime des Amtsbetriebs); die-
se besorgt ausschliesslich die Verfahrensleitung (Alfred Kölz, Prozessmaximen im
schweizerischen Verwaltungsprozess, 1974, S. 9). Die Steuerpflichtigen sind daher,
abgesehen von der Pflicht zur Einreichung der Steuererklärung, nicht gehalten, aus
eigener Initiative tätig zu werden.
g) Leitet die Veranlagungsbehörde im Einschätzungsverfahren, das grund-
sätzlich von der Untersuchungsmaxime beherrscht ist, ein Beweisverfahren zur Abklä-
rung von steuerbegründenden oder steuererhöhenden Tatsachen ein, so hält sie den
Steuerpflichtigen zur Mitwirkung an. Als Ausfluss aus dem Grundsatz des rechtlichen
Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV) sind die Steuer-pflichtigen indessen nicht nur zur Mitwir-
kung verpflichtet (§ 135 Abs. 1 StG), sondern auch berechtigt, Beweisanträge zu stel-
len, an der Beweiserhebung mitzuwirken und sich zum Ergebnis des Beweisverfahrens
zu äussern (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 123 N 19 DBG). Die Beweisauflage
muss daher so formuliert sein, dass sie dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit einräumt,
diese Rechte auch auszuüben. Erst nach Abschluss des Beweisverfahrens ist unter
Würdigung sämtlicher Beweismittel zu prüfen, ob der Beweis erbracht wurde (Grund-
satz der freien Beweiswürdigung). Eine so genannte antizipierte Beweiswürdigung, bei
der die Behörde befugt ist, auf gewisse Beweiserhebungen zu verzichten, ist nur zu-
lässig, falls die entsprechenden Beweismittel nach den Erkenntnissen der Lebenser-
fahrung nicht zur Klärung des Sachverhalts beitragen (Martin Zweifel, Die Sachver-
haltsermittlung im Steuerveranlagungsverfahren, 1989, S. 24).
h) Das Steuerrekursgericht hat gemäss § 149 Abs. 2 StG die Steuerfaktoren
grundsätzlich nach seinen eigenen Erhebungen festzustellen (RB ORK 1958 Nr. 44).
Ausnahmsweise kann es zwecks Wahrung des gesetzlichen Instanzenzugs die Sache
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2 DB.2012.116 2 ST.2012.132
mit verbindlichen Weisungen an die Vorinstanz zurückweisen, namentlich, wenn zu
Unrecht noch kein materieller Entscheid getroffen wurde oder wenn dieser an einem
schwerwiegenden Verfahrensmangel leidet (§ 149 Abs. 3 StG). Bedeutsame Verfah-
rensmängel kann das Gericht nicht heilen, da der gesetzlich vorgeschriebene Instan-
zenzug unzulässigerweise verkürzt und die untere Einschätzungs- bzw. Rechtsmittel-
behörde praktisch von der Einhaltung eines korrekten Verfahrens dispensiert würde
(Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 149 N 31 f. StG, auch zum Folgenden). Von einem
bedeutsamen Verfahrensmangel ist gemäss Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts
insbesondere dann auszugehen, wenn über ein wesentliches Element des Sachver-
halts keine Untersuchung geführt wurde (RB 2001 Nr. 93, RB 2000 Nr. 130 = StE 2002
B 93.5 Nr. 23 = ZStP 2001, 39; ZStP 2000, 291).
i) Im Einschätzungs- und Einspracheverfahren führte der Steuerkommissär
zwar ein Beweisverfahren zur Abklärung diverser Punkte durch. Die von den Pflichti-
gen in diesem Zusammenhang eingereichten Unterlagen können teilweise auch zur
Beurteilung eines allfälligen getrennten Wohnsitzes verwendet werden. Indessen unter-
liess es der Steuerkommissär, die Frage des getrennten Wohnsitzes explizit im Be-
weisverfahren anzusprechen. Das Vorbringen der Pflichtigen in der Rekursschrift mag
angesichts der allgemeinen Lebenserfahrung als wenig glaubwürdig erscheinen.
Gleichwohl geht es nicht an, im Sinn einer antizipierten Beweiswürdigung auf ein Be-
weisverfahren gänzlich zu verzichten. Ein solches ist nicht zuletzt zur Wahrung des
rechtlichen Gehörs notwendig.
Auf Grund der vorliegenden Aktenlage sind wesentliche Aspekte des Sach-
verhalts nicht genügend substanziiert und/oder nicht nachgewiesen. So sind der Auf-
enthaltsort der Pflichtigen unter der Woche, die mit dem Auto zurückgelegten Strecken,
die berufsbedingten Abklärungen vor Ort und die persönlichen Beziehungen der Pflich-
tigen unter der Woche weder substanziiert noch nachgewiesen. Unklar ist auch, ob und
wann sich die Pflichtige am Wohnsitz des Ehegatten in der Gemeinde D aufhielt und
ob sie dort persönliche Beziehungen zu Drittpersonen pflegte. Auffallend ist in diesem
Zusammenhang, dass der Autoservice am 23. Oktober 2009 von einer Garage in der
Gemeinde D durchgeführt wurde. Zudem liegt keine Erklärung vor, weshalb die Pflich-
tige am 28. Oktober 2009 einen hälftigen Miteigentumsanteil an der 3 1⁄2-Zimmer-
Eigentumswohnung an der ......strasse in der Gemeinde D erwarb, wenn sie diese
nicht zu nutzen gedachte. Schliesslich behauptete der Vertreter in der Rekursschrift
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2 DB.2012.116 2 ST.2012.132
eine Reduktion des Arbeitspensums der Pflichtigen auf 80% (per wann?), was der Bes-
tätigung des Arbeitsgebers vom 9. November 2010 zu widersprechen scheint, wo von
einem vollen Pensum die Rede ist.
Nach dem Gesagten erscheint das unterlassene Beweisverfahren im Ein-
schätzungsverfahren als bedeutsamer Verfahrensmangel, der nicht vom Steuerrekurs-
gericht geheilt werden kann. Die Sache ist daher in teilweiser Gutheissung von Be-
schwerde und Rekurs an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das kantonale Steueramt ist
im zweiten Rechtsgang gehalten, den rechtserheblichen Sachverhalt umfassend abzu-
klären, damit eine Beurteilung des steuerrechtlichen Wohnsitzes der Pflichtigen mög-
lich ist.
2. Da die Abzugsfähigkeit der geltend gemachten Fahrkosten bzw. der Kosten
für das private Arbeitszimmer letztlich von den Steuerbehörden desjenigen Kantons
beurteilt werden muss, welchem die Steuerhoheit über die Pflichtigen zukommt, ist auf
die diesbezüglichen Anträge der Pflichtigen vorliegend in Anbetracht des Verfah-
rensausgangs nicht weiter einzugehen.
3. Da das kantonale Steueramt das Verfahren verursacht hat, sind die Kosten
der Beschwerdegegnerin/dem Rekursgegner aufzuerlegen (Art. 144 Abs. 1 DBG und
§ 151 StG). Parteientschädigungen sind nicht zuzusprechen (Art. 144 Abs. 4 DBG
i.V.m. Art. 64 Abs. 1-3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 1968;
§ 152 StG i.V.m. § 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai
1959/22. März 2010). | Public | Tax | de | 2,012 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
abb255da-33a7-45ab-b3b9-d8c8c33fe288 | hat sich ergeben:
A. Mit Einschätzungsentscheid vom 31. März 2010 wurde A für die Staats-und
Gemeindesteuern 2008 mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 74'900.- und einem
steuerbaren Vermögen von Fr. 5'000.- eingeschätzt. In Abweichung zu seiner Selbst-
deklaration wurden ihm – soweit hier noch interessierend – als Unterhaltsbeiträgen an
seine getrennt lebende Ehefrau und seine minderjährigen Kinder statt Fr. 31'359.- nur
Fr. 1'240.- betreffend Ehefrau und Fr. 3'400.- betreffend minderjährige Kinder zum Ab-
zug zugelassen.
B. Hiergegen erhob zunächst das Steueramt der Gemeinde C Einsprache mit
dem Antrag, es sei anstelle des Verheiratetentarifs der Grundtarif zur Anwendung zu
bringen. Der Pflichtige erhob sodann ebenfalls Einsprache und machte u.a. geltend,
dass er seit März 2008 nicht mehr mit seiner Exfrau zusammenlebe. Im nachfolgenden
Auflageverfahren untersuchte der Steuerkommissär die Unterhaltszahlungen des
Pflichtigen. Mit Entscheid vom 22. Februar 2011 hiess das kantonale Steueramt die
Einsprache des Pflichtigen teilweise gut, beliess es in Bezug auf die Unterhaltsbeiträge
jedoch im Wesentlichen beim Entscheid gemäss Einschätzung (Abzug von zusätzli-
chen Fr. 1'540.-). Den Tarif passte es entsprechend dem Antrag der Gemeinde C an.
C. Gegen den Einspracheentscheid liess der Pflichtige am 1. April 2011 Re-
kurs erheben und eine Einschätzung mit einem steuerbaren Einkommen von
Fr. 46'100.- beantragen. Mit Rekursantwort vom 2. Mai 2011 schloss das kantonale
Steueramt auf kostenfällige Abweisung des Rechtsmittels. | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. a) Nach § 31 Abs. 1 lit. c des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) wer-
den von den steuerbaren Einkünften die Unterhaltsbeiträge an den geschiedenen, ge-
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richtlich oder tatsächlich getrennt lebenden Ehegatten sowie Unterhaltsbeiträge an
einen Elternteil für die unter dessen elterlicher Sorge oder Obhut stehenden Kinder
abgezogen, während Leistungen in Erfüllung anderer familienrechtlicher Unterhalts-
oder Unterstützungspflichten nicht abgezogen werden können. Abzugsfähige Unter-
haltsbeiträge sind regelmässig oder unregelmässig wiederkehrende Leistungen, die
der Deckung des laufenden Lebensbedarfs des Empfängers dienen, ohne diesem ei-
nen Vermögenszuwachs zu verschaffen. Nicht vorausgesetzt wird das Bestehen einer
richterlichen Anordnung oder eines entsprechenden Vertrags zwischen den Ehegatten,
hingegen müssen die Leistungen unmittelbar familienrechtlich geschuldet sein, d.h. in
Erfüllung einer Rechtspflicht erbracht werden, wohingegen freiwillig geleistete Beiträge
nicht zum Abzug berechtigen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum har-
monisierten Zürcher Steuergesetz, 2. A., 2006, § 31 N 48 ff.).
Ebenfalls ist als Unterhaltszahlung zu qualifizieren, wenn der Unterhaltsver-
pflichtete, statt ganz oder teilweise die vereinbarten Alimente dem andern Ehegatten
zu überweisen, für diesen direkt Zahlungen an Dritte leistet und damit dessen Verbind-
lichkeiten tilgt (StE 2008 B 27.2 Nr. 28; StRK I, 29. September 2006, 1 ST.2006.195).
Voraussetzung in diesem Fall bildet aber ebenfalls, dass mit diesen Zahlungen der
laufende Lebensbedarf des Empfängers gedeckt wird.
b) Eine rechtlich bestehende Ehe ist dann "tatsächlich getrennt", wenn die
Grundlagen fehlen, welche die Gemeinschaft der Ehegatten als wirtschaftliche Einheit
im Sinn einer "Erwerbs- und Verbrauchsgemeinschaft" erscheinen lassen. Das ist dann
der Fall, wenn die Eheleute den gemeinsamen Haushalt aufgehoben haben (räumliche
Trennung) und die Mittel für Wohnung und Unterhalt nicht mehr gemeinschaftlich ver-
wenden (getrennte Mittelverwendung; RB 1991 Nr. 18; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter,
§ 7 N 11). Eine getrennte Mittelverwendung liegt nicht nur vor, wenn der einzelne Ehe-
gatte für seine Lebenshaltungskosten vollständig aus eigenen Mitteln aufkommt. Von
einer getrennten Mittelverwendung ist auch zu sprechen, wenn der eine Ehegatte
durch den andern unterstützt wird, sofern die Unterstützung nur noch in ziffernmässig
bestimmten Beträgen erfolgt (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 7 N 15).
c) Sowohl die tatsächliche Trennung als auch die Unterhaltsleistungen sind
als steuermindernde Umstände entsprechend der allgemeinen Regel über die Beweis-
lastverteilung im Steuerrecht vom Steuerpflichtigen darzutun und nachzuweisen (RB
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1 ST.2011.83
1987 Nr. 35 mit Hinweisen, auch zum Folgenden; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 7
N 16). Dazu hat er spätestens im Rekursverfahren eine substanziierte Sachdarstellung
vorzubringen und von sich aus beweiskräftige Unterlagen einzureichen oder zumindest
entsprechende Beweismittel anzubieten.
2. a) Die Ehe des Pflichtigen wurde mit Scheidungsurteil vom 12. Januar 2009
geschieden. Der Pflichtige leitet die Abzugsfähigkeit der von ihm geltend gemachten
Unterhaltszahlungen aus einer bereits in der Steuerperiode 2008 bestehenden tatsäch-
lichen Trennung ab.
b) Was die räumliche Trennung betrifft, so bringt der Pflichtige vor, seit März
2008 nicht mehr an der Familienadresse gewohnt zu haben. Später erwähnt er das
Datum des 29. Februar 2008 als Trennungsdatum.
Das Scheidungsurteil enthält als Adresse des Pflichtigen ebenso wie der Ex-
Ehefrau des Pflichtigen "...". Es ist indessen unwahrscheinlich, dass die geschiedenen
Eheleute per Scheidungsdatum noch zusammenwohnten. Dies behauptet nicht einmal
die Ex-Ehefrau des Pflichtigen. Dieser "Fehler" basiert vermutungsweise auf dem am
13. Mai 2008 unterzeichneten gemeinsamen Scheidungsbegehren, auf welchem beide
Ehegatten als Wohnadresse "..." angaben. Ob die Eheleute, wie diesem Papier ent-
nommen werden muss, per 13. Mai 2008 tatsächlich noch zusammenlebten, ist unklar.
Aufgrund der Korrespondenz mit der Bank, welche ab dem 31. Mai 2008 über die Ad-
resse "..." lief, ist jedenfalls von einer Trennung spätestens per Ende Mai 2008 auszu-
gehen. Die Bank bestätigt, eine entsprechende Adressänderung per 28. Mai 2008 vor-
genommen zu haben. Für eine Trennung in der Zeit von April/Mai 2008 spricht, dass
der Pflichtige seiner Ehefrau erstmals am 28. April 2008 eine Direktzahlung zukommen
liess. Sodann bestätigt Frau D, dass erste Unterhaltsberechnungen am 6. Mai 2008
angestellt worden seien und die Eheleute "offenbar" bereits seit April 2008 faktisch
getrennt gelebt hätten. Auch wenn weder mit der Direktzahlung noch mit der Bestäti-
gung der Ehe- und Familienberatung ein direkter Nachweis des räumlichen Getrennt-
lebens erbracht werden kann, so ist jedenfalls aufgrund der Adressänderungsmitteilung
an die Bank und die darauffolgende Korrespondenz an die neue Adresse nicht ernst-
haft daran zu zweifeln, dass eine tatsächliche räumliche Trennung spätestens ab Ende
Mai 2008 vorgelegen hat. Für eine noch frühere Trennung bereits per 1. März 2008
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spricht sodann grundsätzlich die Bestätigung der Eltern des Pflichtigen, wonach dieser
vom 1. März 2008 bis 31. Dezember 2008 in ihrer Wohnung an der ... gewohnt habe.
Der Beweiswert dieser Bestätigung kann allerdings aufgrund der nahen verwandt-
schaftlichen und persönlichen Beziehung nicht als hoch eingestuft werden. Zudem
vermöchte der Pflichtige aus einem früheren Auszug aus der Familienwohnung auch
nichts zu seinen Gunsten abzuleiten, wie nachfolgend zu zeigen ist.
c) Was nämlich die getrennte Mittelverwendung betrifft, so ist eine Vereinba-
rung der Eheleute über Unterhaltsbeiträge in der Zeit der Trennung nicht aktenkundig.
Eine Regelung der Unterhaltsbeiträge wurde soweit ersichtlich erst in der Scheidungs-
konvention vom 29. Oktober 2008 getroffen. Die Zahlungen vom 10. Dezember und
30. Dezember 2008 decken sich mit den in der Konvention festgelegten monatlichen
Unterhaltsbeiträgen an die Ehefrau und die Kinder von total Fr. 2'230.-. Zwar ist für die
Abzugsfähigkeit von Alimentenzahlungen nicht erforderlich, dass die Unterhaltsleistun-
gen in einer richterlichen Anordnung festgesetzt oder von den Ehegatten mittels Ver-
trag geregelt wurden. An einer getrennten Mittelverwendung fehlt es aber, solange die
Unterstützung nicht nur in ziffernmässig bestimmten Beträgen besteht. Vielmehr ist
dann noch von einer gemeinsamen Mittelverwendung und von nicht abzugsfähigen
Aufwendungen für den Unterhalt des Steuerpflichtigen und seiner Familie im Sinn von
§ 33 lit. a StG auszugehen.
Eine betragsmässige Definition der vom Pflichtigen zu übernehmenden Kos-
ten ist bis zur Direktzahlung vom 28. Oktober 2008 nicht auszumachen und wird von
diesem auch nicht nachgewiesen. Die getrennte Mittelverwendung lässt sich insbeson-
dere auch nicht aus den reduzierten Schulgeldzahlungen des Pflichtigen ab September
2008 ableiten, ganz abgesehen davon, dass der Pflichtige die diesbezüglich in Aus-
sicht gestellte Bestätigung der Schulleitung nicht eingereicht hat. Die erste Direktzah-
lung vom 28. April 2008 beträgt nur Fr. 1'000.- und entspricht damit den später verein-
barten Monatszahlungen von Fr. 2'230.- bei Weitem nicht. Zudem unterstützte der
Pflichtige seine Familie noch mit anderweitigen, spezifischen Zahlungen. Damit sind in
Übereinstimmung mit dem kantonalen Steueramt lediglich die Zahlungen vom 28. Ok-
tober 2008, 10. Dezember 2008 und 30. Dezember 2008 als abziehbare Unterhalts-
zahlungen zu berücksichtigen. Das Total ist entsprechend den Überweisungsbeträgen
gemäss den Bankbelegen auf Fr. 6'180.- festzusetzen.
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1 ST.2011.83
3. Diese Erwägungen führen zur Abweisung des Rekurses. Ausgangsgemäss
sind die Kosten des vorliegenden Verfahrens dem Pflichtigen aufzuerlegen (§ 151
Abs. 1 StG). Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen (§ 152 StG i.V.m. § 17
Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegegesetztes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997). | Public | Tax | de | 2,011 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
adeda5ae-3a92-45d4-84a5-8595415bf148 | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend der Pflichtige) ist als Informatiker bei der B angestellt. Im
Kalenderjahr 2006 erzielte er dabei einen Nettolohn von Fr. 84'699.-; dies gemäss
Lohnausweis der B, in welchem als Arbeitsort C vermerkt war. In der Steuererklärung
2006 schied er ohne weitere Begründung einen Viertel dieses Jahressalärs (3 von 12
Monaten) der Republik Singapur zu.
Mit Einschätzungsentscheid bzw. Hinweis vom 15. Februar 2008 verweigerte
die Steuerkommissärin die Ausscheidung von Erwerbseinkünften nach Singapur und
setzte die Steuerfaktoren der Steuerperiode 2006 wie folgt fest:
Staats- und Gemeindesteuern Direkte Bundessteuer
(Fr.) (Fr.)
Steuerbares Einkommen 76'700.- 93'000.-
Satzbestimmendes Einkommen 92'300.-
Steuerbares Vermögen 55'000.-
Satzbestimmendes Vermögen 500'000.-.
Zur Begründung verwies sie auf das Fehlen von Unterlagen, welche eine sol-
che internationale Ausscheidung rechtfertigten.
Die Bundessteuerveranlagung wurde mit der Schlussrechnung vom 27. März
2008 formell eröffnet.
B. Mit Einsprachen vom 11. März bzw. 8. April 2008 liess der Pflichtige bean-
tragen, gemäss seiner Einkommensdeklaration einen Lohnanteil von Fr. 17'205.- nach
Singapur auszuscheiden. Zur Begründung wurde auf Art. 14 Abs. 2 des Abkommens
vom 25. November 1975 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der
Republik Singapur zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steu-
ern vom Einkommen und vom Vermögen (ZStB III B, Nr. 98/91; nachfolgend DBA-
Singapur) verwiesen und geltend gemacht, der Pflichtige habe sich vom 1. Oktober bis
31. Dezember 2006 auf einem "Short Term Assignment" in Singapur befunden, wes-
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halb er pro 2006 dort steuerpflichtig geworden sei. Letzteres wurde mit einer Steuerab-
rechnung aus Singapur untermauert.
Im Einspracheverfahren unterzog die Steuerkommissärin den Sachverhalt
bezüglich der Steuerausscheidungsfrage einer näheren Untersuchung; dies im Rah-
men eines Auflageverfahrens und anschliessender Einschätzungsvorschläge, in wel-
chen sie die Ausscheidung von Erwerbseinkünften nach Singapur ablehnte. Von Seiten
des Pflichtigen gingen dabei verschiedene Unterlagen ein (Steuererklärung von Singa-
pur, Dokumente der B betreffend die Lohnzusammensetzung und die konzerninterne
Kostentragung).
Mit Entscheiden vom 19. November 2008 wies das kantonale Steueramt die
Einsprachen ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, gemäss Art 14 Abs. 2 DBA-
Singapur stehe der Schweiz das Besteuerungsrecht betreffend die vom Pflichtigen
zwischen dem 1. Oktober und dem 31. Dezember 2006 in Singapur erzielten Erwerbs-
einkünfte zu. Dieser sei hier ansässig gewesen. Er habe sich erst am 31. Dezember
2006 ins Ausland abgemeldet und sich pro 2006 mehr als 183 Tage in der Schweiz
aufgehalten. Sodann seien die Lohnkosten für die fraglichen drei Monate gemäss den
eingereichten Bankunterlagen von der Schweizer Betriebsstätte getragen worden.
C. Hiergegen liess der Pflichtige am 17. Dezember 2008 Rekurs bzw. Be-
schwerde und seine Ausscheidungsanträge wiederholen. Erneut wurde geltend ge-
macht, dass das streitbetroffene Erwerbseinkommen bereits in Singapur besteuert
worden sei. Die IRAS (Inland Revenue Authority of Singapore) halte sich bei Ausschei-
dungsfragen eng an die Auslegung von Art. 15 des Musterabkommens der OECD vom
15. Juli 2005 (nachfolgend OECD-MA 2005), welchem gemäss Einkommen grundsätz-
lich am Ort der Erwerbstätigkeit besteuert werde. Art. 14 Abs. 2 DBA-Singapur finde
deshalb keine Anwendung.
Das kantonale Steueramt schloss in seiner Vernehmlassung vom 19. Januar
2009 auf Abweisung der Rechtsmittel. Die Eidgenössische Steuerverwaltung liess sich
nicht vernehmen.
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1 ST.2008.408 1 DB.2008.255 | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. a) Gemäss Art. 3 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom
14. Dezember 1990 (DBG) und § 3 des zürcherischen Steuergesetzes vom 8. Juni
1997 (StG) ist eine natürliche Person aufgrund persönlicher Zugehörigkeit in der
Schweiz (bzw. im Kanton Zürich) steuerpflichtig, wenn sie hier ihren steuerrechtlichen
Wohnsitz oder Aufenthalt hat.
b) Der Pflichtige lässt rekurs- und beschwerdeweise ausführen, er sei wäh-
rend seines berufsbedingten Aufenthalts in Singapur vom 1. Oktober bis zum
31. Dezember 2006 weiterhin in seiner Wohngemeinde Zürich angemeldet geblieben.
Damit ist ohne weiteres davon auszugehen, dass er in dieser Zeit auch den steuer-
rechtlichen Wohnsitz in Zürich beibehalten hat. Letzteres ist auch deshalb naheliegend,
weil die B bescheinigt, den Pflichtigen zunächst lediglich für die Zeit vom 1. Oktober bis
31. Dezember 2006 nach Singapur entsandt zu haben (vgl. deren Schreiben vom
4. Juli 2008), denn für einen dreimonatigen Auslandeinsatz im Rahmen einer festen
hiesigen Anstellung verlagert in der Regel niemand seinen Lebensmittelpunkt ins Aus-
land. Von der hiesigen Ansässigkeit des Pflichtigen pro 2006 ist damit auszugehen und
diese wurde denn auch nie bestritten. Dass die Entsendung nach Singapur gemäss
Bestätigung der B nachträglich verlängert worden ist und sich damit die Wohnsitzfrage
womöglich in einem späteren Zeitpunkt stellen könnte, ist für das hier betroffene Ka-
lenderjahr 2006 unerheblich.
2. a) Zu prüfen bleibt, ob gestützt auf internationales Doppelbesteuerungs-
recht Teile des steuerbaren Einkommens von der Besteuerung in der Schweiz auszu-
nehmen sind. Massgebend sind dabei konkrete Staatsverträge bzw. Doppelbesteue-
rungsabkommen (hier: DBA-Singapur) und nicht die einschlägigen Musterabkommen
der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung), welche
bezwecken, OECD-Mitgliedstaaten bei der Abfassung von DBA-Abkommen zu unter-
stützen (wobei Singapur der OECD ohnehin nicht angehört). Nun entspricht aber die
für den vorliegenden Fall massgebliche Bestimmung von Art. 14 DBA-Singapur beina-
he wörtlich derjenigen von Art. 15 OECD-MA 2005, weshalb nichts dagegen einzu-
wenden ist, wenn bei Fragen rund um Art. 14 DBA-Singapur auch der Auslegung von
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Art. 15 OECD-MA Rechnung getragen wird; unerfindlich ist indes, wieso der Pflichtige
in diesem Zusammenhang Abs. 2 der DBA-Bestimmung (= sog. "Monteurklausel", vgl.
nachfolgend) für nicht anwendbar hält, zumal die OECD-Regelung auch diesbezüglich
identisch ist.
b) Gemäss Art. 14 Abs. 1 DBA-Singapur werden Einkünfte aus (unselbstän-
diger oder selbständiger) Erwerbstätigkeit zwar grundsätzlich am Wohnsitz des Steu-
erpflichtigen besteuert; anders verhält es sich jedoch für Einkünfte aus Arbeiten, Diens-
ten oder Tätigkeiten, die im anderen Vertragsstaat geleistet werden.
Der Pflichtige leitet daraus ab, dass das Einkommen, welches er während
dem dreimonatigen Auslandeinsatz erzielt hat, ungeachtet seines primären hiesigen
Steuerdomizils in Singapur zu versteuern sei. Ob dieser Standpunkt zutreffend ist,
hängt indes von der Ausnahmeregelung gemäss Art. 14 Abs. 2 DBA-Singapur ab, wel-
che wie folgt lautet:
"Ungeachtet des Absatzes 1 können Vergütungen oder Einkünfte, die eine in einem Vertragstaat ansässige Person für in dem anderen Vertragsstaat ausgeübte oder geleistete unselbständige Arbeit, Dienste oder Tätigkeiten bezieht, nur in dem erstgenannten besteuert werden, wenn
a) der Empfänger sich in dem anderen Vertragsstaat insgesamt nicht länger als 183 Tage während des betreffenden Kalenderjahres aufhält,
b) die Vergütungen oder Einkünfte von einer oder für eine Person gezahlt werden, die nicht in dem anderen Vertragstaat ansässig ist, und
c) die Vergütungen oder Einkünfte nicht von einer Betriebsstätte getragen werden, die diese Person in dem anderen Vertragsstaat hat."
Sind diese drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt, so fällt dem Wohnsitzstaat
auch das im anderen Vertragsstaat erzielte Einkommen zur Besteuerung zu.
c) Der Pflichtige hielt sich im Kalenderjahr 2006 drei Monate und damit nicht
länger als 183 Tage in Singapur auf; damit ist die erste Voraussetzung für die hiesige
Besteuerung von Auslandeinkommen erfüllt (Monteurklausel lit. a).
Im Schreiben vom 27. August 2008, welches die B der Steuerkommissärin im
Einspracheverfahren hat zukommen lassen, wird bestätigt, dass während der dreimo-
natigen Entsendung des Pflichtigen nach Singapur dessen Salär von Fr. 22'000.05
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(3 Monatslöhne à Fr. 7'333.35) sowie Sozialversicherungsbeiträge von Fr. 1'537.75
von der B Schweiz übernommen worden seien; derweil habe die Betriebsstätte der B in
Singapur Beträge von Fr. 5'368.70 (Per Diems = Tagespauschalen), Fr. 1'039.50 (In-
ternational Health Plan) und Fr. 8'723.30 (Housing) übernommen (vgl. die erwähnte
Bestätigung sowie die bankinterne Lohnaufschlüsselung). Dies erklärt denn auch,
weshalb die B den Lohnausweis 2006 für die Zeit vom 1.1.-31.12.2006 ausgestellt und
dergestalt die auf die Zeit in Singapur entfallenden Monatslöhne mit erfasst hat.
Damit steht fest, dass das Salär der drei fraglichen Monate einerseits "für"
eine nicht in Singapur ansässige Person bezahlt worden ist (d.h. für den in Zürich
wohnhaften Pflichtigen) und dass es andrerseits "von" einer nicht in Singapur ansässi-
gen Person bezahlt worden ist (d.h. von der B, Schweiz) bzw. nicht von einer Betriebs-
stätte der B in Singapur übernommen worden ist. Die B-Niederlassung in Singapur ist
lediglich für berufsbedingte zusätzliche Lebenshaltungskosten aufgekommen, welche
dem Pflichtigen aufgrund seines Auslandeinsatzes entstanden sind (Per Diems = Ta-
gespauschalen, Kosten für die internationale Gesundheitsvorsorge sowie Wohnkosten)
und dergestalt eher Spesencharakter haben. Mithin sind – jedenfalls was die normale
Salarierung des Pflichtigen gemäss hiesigem Lohnausweis 2006 anbelangt – auch die
in lit. b und lit. c genannten Voraussetzungen der Monteurklausel für die hiesige Be-
steuerung erfüllt.
d) Zusammenfassend ergibt sich, dass gestützt auf den Vorbehalt von Art. 14
Abs. 2 DBA-Singapur die Lohneinkünfte, welche dem Pflichtigen während seiner Ent-
sendung nach Singapur weiterhin vom hiesigen Stammhaus der B ausbezahlt worden
sind, entgegen der Regel von Abs. 1 der vorgenannten Bestimmung nicht am Arbeits-
ort, sondern am Ort des Wohnsitzes steuerbar sind. Damit hat das kantonale Steuer-
amt die nachgesuchte Ausscheidung von Lohneinkünften nach Singapur zu Recht ab-
gelehnt.
e) Der Umstand, dass gemäss Abrechnung der IRAS das fragliche Salär von
Fr. 22'000.05 (=S$ 27'774.-) offensichtlich auch in Singapur besteuert worden ist (vgl.
Notice of Assessment vom 28. Januar 2008 sowie die diesbezügliche ausländische
Steuerdeklaration) vermag an diesem Resultat nichts zu ändern. Steht der Schweiz
gemäss einem Doppelbesteuerungsabkommen mit einem anderen Staat das Besteue-
rungsrecht zu, hat sie darauf nicht zu verzichten, nur weil der andere Staat seinerseits
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bereits ein Besteuerungsrecht in Anspruch genommen hat. Für solche Fälle verbleibt
dem betroffenen Steuerpflichtigen indes die Möglichkeit, dass sich die konkurrenzie-
renden Steuerhoheiten im Rahmen eines sog. Verständigungsverfahrens noch einigen
(vgl. Art. 24 DBA-Singapur).
3. a) Nach alledem sind der Rekurs und die Beschwerde abzuweisen.
b) Ausgangsgemäss sind die Kosten des Verfahrens den Pflichtigen aufzuer-
legen (§ 151 Abs. 1 StG und Art. 144 Abs. 1 DBG). | Public | Tax | de | 2,009 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
adfe8144-bcd5-4547-b771-842881473245 | hat sich ergeben:
A. 1. Die C war Eigentümerin der D als Betreiberin eines Handelsunterneh-
mens sowie der E und der C als Immobiliengesellschaften. Ihr Aktionariat setzte sich
aus mehreren Dutzend Familienmitgliedern bzw. drei Familienstämmen – dem Stamm
A und den zwei Stämmen F – zusammen. Der Familie A gehörten 17% der C-Aktien.
Im Frühjahr 2001 wurden Verhandlungen über den Verkauf der C sowohl mit der G als
auch mit H geführt. Den Zuschlag erhielt aufgrund des höheren Angebots die G, wel-
che die C mit Kaufvertrag vom 28. Mai/12. Juni 2001 zum Preis von Fr., rückwirkend
per 1. Februar 2001, übernahm. Weil die G nur am Immobilienteil der C interessiert
war, nicht jedoch an der D, veräusserte die C am 23. Juli 2001 die D an die Familie A,
und zwar zum Preis von Fr. 100'000.- sowie ebenfalls rückwirkend per 1. Februar
2001. Diese Veräusserung bzw. die entsprechende Absicht der G war im Kaufvertrag
über die C zwischen der G und den bisherigen Aktionären der C bereits erwähnt gewe-
sen. Gleichzeitig mit dem Verkauf der D erwarb I für Fr. 1.- eine nachrangige Darle-
hensforderung der G gegenüber der D im Betrag von Fr. Die G hatte dieses Darlehen
der D im Rahmen des Erwerbs der C gewährt, um den Weiterbestand und die strategi-
sche Neuausrichtung der D als Handelsunternehmen zu ermöglichen.
Am 15. August 2001 erklärte sich das kantonale Steueramt mit der Schluss-
folgerung von J als Vertreterin der G einverstanden, dass der Kauf der C-Aktien samt
anschliessendem Verkauf der D an die Familie A nicht die Annahme einer indirekten
Teilliquidation der C rechtfertige.
Mit Vertrag vom 27. März 2002 verkaufte die Familie A 40% des Aktienkapi-
tals der D an H für Fr. und gewährte Letzterer eine Option für den Erwerb der restli-
chen 60% des Aktienkapitals. Im Jahr 2004 übte H diese Option für Fr. aus, sodass sie
ab dann im Besitz von 100% des Aktienkapitals der D war und dafür insgesamt Fr.
bezahlt hatte.
Die Steuerverwaltung des Kantons K, wo alle Mitglieder der Familie A ausser
A ihren Wohnsitz haben, kam ihm Rahmen der Veranlagung dieser Mitglieder zum
Schluss, dass in der Bezahlung des Kaufpreises von Fr. 100'000.- für die D durch die
Familie A keine verdeckte Gewinnausschüttung der C begründet liege. Hingegen er-
achtete sie den Erwerb des Darlehens der G an die D von Fr. für Fr. 1.- durch I als
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geldwerte Leistung und erfasste bei Letzterer den Betrag von Fr. als steuerbares Ein-
kommen.
2. A (nachfolgend der Pflichtige bzw. zusammen mit seiner Ehefrau die Pflich-
tigen) hat seinen Wohnsitz in der Stadt L. Der für ihn zuständige Steuerkommissär kam
nach Durchführung einer entsprechenden Untersuchung zum Schluss, dieser habe in
der Steuerperiode 2001 beim Erwerb der D im Umfang seiner Beteiligung an der C
(8%) von einer verdeckten Gewinnausschüttung der C profitiert. Die Ausschüttung er-
mittelte er dabei als Differenz zwischen dem für die D-Aktien erlegten Kaufpreis von
Fr. 100'000.- und dem später anlässlich des Weiterverkaufs von H bezahlten Entgelt
von Fr. sowie dem Aktionärsdarlehen von Fr. (= total Fr.). Dergestalt ergab sich beim
steuerbaren Einkommen 2001 des Pflichtigen eine Aufrechnung von Fr.. Auf dieser
Grundlage unterbreitete er am 7. April 2006 entsprechende Einschätzungsvorschläge
für die Steuerperiode 2001, welche von den Pflichtigen jedoch abgelehnt wurden. Am
15. April 2008 veranlagte er sie gemäss den Vorschlägen mit einem steuerbaren Ein-
kommen von Fr. (Staats- und Gemeindesteuern) bzw. Fr. (direkte Bundessteuer) sowie
einem steuerbaren Vermögen von Fr. (Staats- und Gemeindesteuern). Er fügte an,
(weitere) umfangreiche Untersuchungen und Abklärungen hätten ergeben, dass der
Verkehrswert der D weit höher gewesen sei als der bezahlte Kaufpreis von
Fr. 100'000.-. Da im Zusammenhang mit der Entscheidfindung auch Steuerakten von
andern Steuerpflichtigen betroffen seien, könnten detaillierte Begründungen wegen des
Steuergeheimnisses frühestens im Rekurs-/Beschwerdeverfahren geliefert werden.
Der Verkaufspreis an H betrage total Fr. Mio. (Fr. + Fr. Darlehen) und der Verkauf sei
nur rund acht Monate nach dem Erwerb von der C erfolgt. Damit liege ein zeitnah er-
zielter Verkaufspreis vor. Der Verkehrswert entspreche mindestens diesem Preis, zu-
mal noch weitere Bewertungen der D mit einem höheren Wert vorlägen.
Die Veranlagung der direkten Bundessteuer wurde mit Steuerrechnung vom
9. Mai 2008 formell eröffnet.
B. Hiergegen liessen die Pflichtigen am 15./22. Mai 2008 Einsprache erheben
mit dem Antrag, die Aufrechnung einer geldwerten Leistung beim steuerbaren Ein-
kommen im Zusammenhang mit dem Erwerb der D fallen zu lassen. Das steuerbare
Vermögen blieb unbestritten. Zur Begründung liessen sie im Wesentlichen vorbringen,
die D habe im Zeitpunkt des Verkaufs an die Familie A einen Non-Valeur dargestellt.
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Dies zeige sich schon daran, dass H als Kenner von Handelsunternehmen damals
nicht bereit gewesen sei, auch nur Fr. 1.- für die D zu bezahlen. Ausschlaggebend sei
dabei u.a. eine Due Diligence-Prüfung von M gewesen, welche H in Auftrag gegeben
und fundamentale Probleme der D in mehreren Bereichen aufgezeigt habe. Eine ana-
loge Prüfung sei bei der G durch J erfolgt, welche ebenfalls einen negativen Unter-
nehmenswert der D ergeben habe. Die übrigen, eine Mehrheit bildenden Aktionäre der
C hätten der Familie A mit nur 17%-igem Aktienanteil zudem nichts geschenkt, weil sie
mit einer Bevorteilung dieses Stamms nie einverstanden gewesen wären. Dergestalt
sei es zur Bezahlung eines nur symbolischen Kaufpreises für die D gekommen und
handle es sich dabei um einen Marktpreis. Nach dem Kauf habe die Familie A sofort
begonnen, die Probleme bei der D abzubauen und den Handelsbetrieb unter neuer
Führung strategisch neu auszurichten. Es habe sich dabei ein hoher Investitionsbedarf
bis Fr. abgezeichnet, der innerhalb der Familie A zu langwierigen Diskussionen geführt
habe. Auch seien die allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse nach dem
11. September 2001 unsicher geworden und habe in der zweiten Hälfte 2001 eine Kon-
junkturabkühlung eingesetzt. Deshalb hätten sich die Familienmitglieder entschlossen,
die Option des Zusammengehens mit einem kapitalkräftigen Partner ins Auge zu fas-
sen. In der Folge sei H mit einen Kaufangebot an sie herangetreten, nachdem eine
zweite Due Diligence-Prüfung aufgrund der eingeleiteten Sanierungsmassnahmen und
strategischen Neuausrichtung eine signifikant bessere Beurteilung der Situation der D
ergeben habe. Diese Beurteilung sowie die bei H bezüglich ihrer eigenen Handelsspar-
te (H) geänderte Ausrichtung hätten zur Kaufpreisbildung von H geführt. Im Übrigen
habe das kantonale Steueramt L bestätigt, dass der nach Veräusserung der C vorge-
sehene Verkauf der D nicht zu einer Entreicherung der C geführt habe.
Das kantonale Steueramt wies die Einsprachen am 3. September 2008 ab. Es
erwog, eine Bestätigung über die nicht erfolgte Entreicherung der C habe das kantona-
le Steueramt nicht abgegeben. H habe bereits vor dem Verkauf an die G grosses Inte-
resse an der D bekundet, weshalb kein Non-Valeur vorgelegen sei. Andernfalls hätte
bei der D auf Liquidationswerte umgestellt werden müssen, was aber nicht geschehen
sei. Zudem hätte der Liquidationswert der D den Preis von Fr. 100'000.- bei Weitem
überschritten. Der Liquidationswert entspreche ungefähr dem Substanzwert. Unter-
nehmensbewertungen durch Beratungs- und Revisionsgesellschaften könnten – je
nach Vorgabe durch den Auftraggeber – durchaus negativ ausfallen, wobei ein mög-
lichst tiefer Unternehmenswert ursprünglich im Interesse von H gewesen sei. Dem kan-
tonalen Steueramt lägen diverse Bewertungen der C-Gruppe sowie weitere Gründe
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und Tatsachen vor, welche auf eine weit höhere Bewertung der D als die bezahlten
Fr. 100'000.- schliessen liessen. Aus Gründen des Steuergeheimnisses würden weite-
re Einzelheiten hierzu erst im Rekurs-/Beschwerdeverfahren vorgetragen. Das Interes-
se eines Käufers der D habe in der Weiterführung des Handelsbetriebs bestanden,
sodass es als sachgerecht erscheine, den zeitnah erzielten Verkaufspreis von H
gleichzeitig als massgeblichen Wert bei der Entnahme aus der C zu betrachten, zumal
kein deutlich tieferer Liquidationswert bewiesen sei. Die verdeckte Gewinnausschüt-
tung sei nach dem Modell der Direktbegünstigung bei der Familie A zu besteuern, da
der Kapitalgewinn aus der Weiterveräusserung der D allein dieser Familie zugeflossen
sei, während die übrigen Aktionäre der O davon nicht hätten profitieren können.
C. Mit Rekurs bzw. Beschwerde vom 2. Oktober 2008 liessen die Pflichtigen
die Einspracheanträge wiederholen, eventualiter sei die Sache zur Offenlegung der
dem kantonalen Steueramt vorliegenden Bewertungen der C-Gruppe und zum Neu-
entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen, alles unter Kosten- und Entschädigungs-
folgen zulasten der Gegenparteien.
Das kantonale Steueramt schloss am 28. Oktober 2008 auf Abweisung der
Rechtsmittel. Die Eidgenössische Steuerverwaltung liess sich nicht vernehmen.
Auf Anordnung eines zweiten Schriftenwechsels hin hielten die Pflichtigen mit
Replik vom 30. Januar 2009 und das kantonale Steueramt mit Duplik vom 20. Februar
2009 an ihren Anträgen fest.
Auf die Ausführungen der Parteien in diesen Rechtsschriften wird – soweit
erforderlich – in den nachfolgenden Erwägungen eingegangen. | Die Rekurskommission zieht in Erwägung:
1. a) Die Pflichtigen sehen ihr rechtliches Gehör dadurch verletzt, dass es die
Vorinstanz in den Einspracheentscheiden unterlassen habe, sich zu ihrem Einwand zu
äussern, die Familie A habe mit 17% nur eine Minderheitsbeteiligung an der C beses-
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sen, weshalb sie die behauptete verdeckte Gewinnausschüttung gar nicht habe herbei-
führen können. Indessen trifft dieser Vorwurf nicht zu, führte das kantonale Steueramt
in den Einspracheentscheiden hierzu doch zumindest aus, die verdeckte Gewinnaus-
schüttung sei nach dem Modell der Direktbegünstigung zu beurteilen, weil in den Fol-
gejahren der steuerfreie Kapitalgewinn allein der Familie A zugeflossen sei und die
übrigen Aktionäre aus dem Verkauf an H nicht hätten profitieren können. Damit hat es
durchblicken lassen, dass es auf den Umstand der Minderheitsbeteiligung der Familie
A nicht ankomme, sodass die Einspracheentscheide diesbezüglich eine hinreichende
Begründung aufweisen. Ob sie auch zutrifft, wird nachfolgend zu prüfen sein.
b) Die Pflichtigen erblicken sodann eine weitere Verletzung des rechtlichen
Gehörs darin, dass die Vorinstanz die ihr angeblich vorliegenden Bewertungen sowie
weitere Gründe und Tatsachen, die auf einen weit über Fr. 100'000.- liegenden Wert
der D schliessen liessen, im Einspracheverfahren nicht offen gelegt habe, obwohl sie
sich in den Einspracheentscheiden massgeblich darauf abstütze.
Das rechtliche Gehör des Steuerpflichtigen macht es erforderlich, dass Be-
weismittel, auf die sich die Einschätzungs- oder Rechtsmittelbehörde im Veranlagungs-
oder Rechtsmittelverfahren für ihren Entscheid stützt, zu benennen und offen zu legen
sind. Wird die Einsichtnahme in ein als Beweismittel dienendes Aktenstück verweigert,
darf darauf zum Nachteil des Steuerpflichtigen nur abgestellt werden, wenn ihm die
Behörde von dem für die Sache wesentlichen Inhalt mündlich oder schriftlich Kenntnis
und ausserdem Gelegenheit gibt, sich hierzu zu äussern und Gegenbeweismittel zu
bezeichnen (§ 124 Abs. 3 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997, StG, sowie Art. 114
Abs. 3 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990,
DBG). Die Verweigerung der Einsichtnahme ist gerechtfertigt, wenn öffentliche oder
private Interessen die Geheimhaltung erfordern (BGE 119 Ib 12 = Pra 82 Nr. 159 =
ASA 63, 644 = StE 1994 B 101.8 Nr. 14). Hierzu zählt die Wahrung des Amts- bzw.
Steuergeheimnisses nach § 120 StG bzw. Art. 110 DBG.
Das kantonale Steueramt hat sowohl in den Einschätzungs- als auch in den
Einspracheentscheiden für seine Feststellung, der Wert der D liege weit höher als die
von der Familie A bezahlten Fr. 100'000.-, u.a. auf diverse Bewertungen der C-Gruppe
sowie weitere Gründe und Tatsachen bzw. weitere umfangreiche Untersuchungen und
Abklärungen verwiesen, ohne diese Beweismittel in irgendeiner Weise offen zu legen
oder auch nur schon näher zu bezeichnen. Damit hat es das rechtliche Gehör der
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Pflichtigen verletzt, auch wenn es galt, das Steuergeheimnis bezüglich anderer Steu-
erpflichtiger – Gesellschaften der C-Gruppe etc. – zu wahren. Zumindest hätte es den
Pflichtigen nach dem Gesagten vom wesentlichen Inhalt dieser Beweismittel Kenntnis
geben müssen, damit sie in den Einsprachen und im Rekurs bzw. in der Beschwerde
dazu Stellung nehmen und Gegenbeweismittel hätten bezeichnen können. Der Hin-
weis, die entsprechenden Einzelheiten würden im Rekurs-/Beschwerdeverfahren vor-
getragen, war unzulässig, da den Pflichtigen dadurch der Rechtsmittelweg verkürzt
wurde.
Liegt demnach eine Verletzung des rechtlichen Gehörs vor, ist zu prüfen, ob
die Sache deswegen an das kantonale Steueramt zurückzuweisen ist.
c) aa) Eine Rückweisung der Sache an die Vorinstanz rechtfertigt sich nur,
wenn ein schwerwiegender Verfahrensmangel vorliegt (§ 149 Abs. 3 StG). Verletzun-
gen des rechtlichen Gehörs können einen solchen Mangel darstellen, sofern die Ver-
letzung nicht untergeordneter Natur ist, sondern schwer wiegt. Diesfalls ist eine Hei-
lung des Mangels nicht möglich, da der gesetzlich vorgeschriebene Instanzenzug
dadurch unzulässigerweise verkürzt und die untere Einschätzungs- bzw. Rechtsmittel-
behörde von der Einhaltung eines korrekten Verfahrens praktisch dispensiert würde
(Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuerge-
setz, 2. A., 2006, § 149 N 31 sowie Richner/Frei/Kaufmann, Handkommentar zum
DBG, 2003, Art. 143 N 26).
Eine schwerwiegende Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt u.a. vor, wenn
das kantonale Steueramt eine verlangte mündliche Anhörung unterlassen hat oder aus
dem vorinstanzlichen Entscheid überhaupt nicht ersichtlich ist, warum er so und nicht
anders ausgefallen ist, er also überhaupt keine Begründung enthält. In Grenzfällen gilt
es abzuwägen, ob eine Rückweisung der Sache bloss zu einem formalistischen Leer-
lauf führen würde oder ob sie sich z.B. zwecks Wahrung des Rechts auf zwei mit um-
fassender Untersuchungs- und Überprüfungsbefugnis urteilende Instanzen aufdrängt
(Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 149 N 31 f.).
bb) Vorliegend hat das kantonale Steueramt zwar die Beweismittel, auf die es
sich in den Einschätzungs- und Einspracheentscheiden zum Nachweis des verfochte-
nen Verkehrswerts der D im Zeitpunkt des Verkaufs an die Familie A bezogen hat, den
Pflichtigen zu Unrecht nicht offen gelegt, jedoch führte es zumindest in den Einspra-
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cheentscheiden eine Reihe von andern Tatsachen und Indizien an, aufgrund welcher
es diesen Nachweis schon allein deswegen als erwiesen erachtete. Dementsprechend
erwähnte es die zurückgehaltenen Beweismittel erst in zweiter Linie. Mithin stellt sich
die fragliche Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht als derart gravierend dar, dass
die Sache deswegen an die Vorinstanz zurückzuweisen wäre. Eine Heilung des Man-
gels im Rekurs-/Beschwerdeverfahren ist grundsätzlich möglich, da die Steuerrekurs-
kommissionen eine uneingeschränkte Überprüfungsbefugnis besitzen (§ 147 Abs. 3
StG und Art. 140 Abs. 3 DBG) und davon auch Gebrauch machen (vgl. RB 1987 Nr. 49
und Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 124 N 12).
Das kantonale Steueramt hat in der Rekurs-/Beschwerdeantwort vom
28. Oktober 2008 ausführlich eine Reihe von bisher nicht genannten Tatsachen und
Indizien angeführt, die seiner Meinung nach den Beweis für die fragliche Bewertung
der D erbringen. Auch hat es die entsprechenden Bewertungsunterlagen, auf die es
sich dabei bezieht und die bisher zum Teil noch nicht vorlagen – Einschätzungsakten
der C und eines früheren Mitaktionärs –, bezeichnet und mit der Rekurs-/Beschwerde-
antwort eingereicht. Auf andere, bisher ungenannte Beweismittel hat es sich nicht mehr
bezogen. Die Steuerrekurskommission I hat den Pflichtigen durch Anordnung eines
zweiten Schriftenwechsels am 11. November 2008 Gelegenheit gegeben, sich zu die-
sen Vorbringen zu äussern und die Pflichtigen haben davon Gebrauch gemacht (Replik
vom 30. Januar 2009). Damit gilt die festgestellte Verletzung des rechtlichen Gehörs
als geheilt.
2. a) Zu den nach § 20 Abs. 1 lit. c StG bzw. Art. 20 Abs. 1 lit. c DBG steuer-
baren geldwerten Vorteilen aus Beteiligungen gehören insbesondere die verdeckten
Gewinnausschüttungen von juristischen Personen im Sinn von § 64 Abs. 1 Ziff. 2 lit. e
StG bzw. Art. 58 Abs. 1 lit. b DBG. Auf eine solche Gewinnausschüttung ist zu schlies-
sen, wenn eine juristische Person, sich entreichernd, ihren Gesellschaftern oder ihr
sonst nahestehenden Personen, diese bereichernd, bewusst geldwerte Vorteile zu-
wendet, die sie unbeteiligten Dritten nicht einräumen würde (RB 1985 Nr. 42 =
StE 1985 B 72.13.22 Nr. 4; Reimann/Zuppinger/Schärrer, Kommentar zum Zürcher
Steuergesetz, 3. Band, 1969, § 45 N 68 ff.).
Nach ihrer buchmässigen Erscheinung lassen sich zwei Hauptformen ver-
deckter Gewinnausschüttungen unterscheiden: Die verdeckte Gewinnausschüttung im
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engern Sinn kennzeichnet sich dadurch, dass die Gesellschaft übersetzte Gewin-
nungs- oder Anschaffungskosten aufwendet, was zu einer überhöhten Belastung eines
Erfolgs- oder eines Bestandeskontos führt. Bei der Gewinnvorwegnahme liegt die Vor-
teilszuwendung darin, dass die Gesellschaft auf Gewinn, d.h. auf ein marktmässiges
Entgelt für die von ihr erbrachten Leistungen oder veräusserten Aktiven, verzichtet
(Markus Reich, Verdeckte Vorteilszuwendungen zwischen verbundenen Unternehmen,
in: ASA 54, 613 ff.).
Der Grund solcher Vorteilszuwendungen liegt nicht in der Geschäftstätigkeit
der Gesellschaft, sondern im Beteiligungsverhältnis. Mit der Ausrichtung von geldwer-
ten Vorteilen kommt die Gesellschaft nicht geschäftlichen Verpflichtungen nach, son-
dern verwendet Gewinn im Interesse ihrer Gesellschafter (Art. 660 OR; Reich, in: ASA
54, 621 f.). Ob eine Leistung der Gesellschaft an den Inhaber von Beteiligungsrechten
gerade wegen dieser Eigenschaft erfolgt ist und einem Dritten nicht erbracht worden
wäre, sodass sie als eine für jenen steuerbare Zuwendung gelten muss, bestimmt sich
danach, ob die Leistung ungewöhnlich ist und sich mit einem sachgemässen Ge-
schäftsgebaren nicht vereinbaren lässt, also als geschäftsmässig nicht begründet
erscheint (BGE 113 Ib 23 E. 2c). Anzustellen ist dazu ein Drittvergleich. Beim Drittver-
gleich sind in jedem Einzelfall alle konkreten Umstände des zwischen der Gesellschaft
und dem Anteilseigner abgeschlossenen Geschäfts zu berücksichtigen, und es muss
davon ausgehend bestimmt werden, ob das Geschäft in gleicher Weise mit einem
der Gesellschaft nicht Verbundenen auch abgeschlossen worden wäre (BGr,
10. November 2000 = StE 2001 B 24.4 Nr. 58 sowie ASA 66, 554 und 559).
Rechtsgeschäfte zwischen Gesellschafter und Gesellschaft führen in der Re-
gel nur dann zu einer verdeckten Gewinnausschüttung, wenn zwischen Leistung und
Gegenleistung ein offenkundiges Missverhältnis zugunsten des Gesellschafters und
zulasten der Gesellschaft besteht. Bloss ungeschickte Dispositionen, denen das
Merkmal der bewussten Vorteilszuwendung fehlt, können zwar für die Unternehmung
nachteilig sein, ja eine Entreicherung derselben darstellen. Sie sind indessen steuerlich
nicht zu erfassen, denn die Gesellschaft darf nur für wirklich erzielte Gewinne und nicht
für geschäftliche Ungeschicktheiten ihrer Leitung besteuert werden (Reimann/Zup-
pinger/Schärrer, § 45 N 75). Die Gegenleistung muss der Leistung der Gesellschaft in
einem solchen Ausmass nicht entsprechen, dass die Gesellschaft von unbeteiligten
Dritten in jedem Fall eine höhere Gegenleistung verlangen würde und dies nach den
Marktverhältnissen auch tun könnte (Brühlisauer/Poltera, in: Kommentar zum Schwei-
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1 ST.2008.326 1 DB.2008.196
zerischen Steuerrecht, Band I/2a, 2. A., 2008, Art. 58 N 99 DBG mit Hinweis auf BGr,
26. November 1981 = ASA 51, 538 = StR 1983, 285).
b) Empfangen alle Gesellschafter eine Leistung, deren geschäftsmassige Be-
gründetheit in Frage gestellt wird, spricht eine starke Vermutung für das Vorliegen ei-
ner verdeckten Gewinnausschüttung. Erhält dagegen nur ein Teil der Gesellschafter
oder nur einer, welcher nicht selbst Hauptaktionär ist, eine solche Leistung, erscheint
eine verdeckte Gewinnausschüttung eher als fraglich. Diesfalls muss zusätzlich die
Beherrschungsmöglichkeit der bzw. des Begünstigten gegenüber der leistenden Ge-
sellschaft geprüft werden. Sowohl die herrschende Lehre als auch das Bundesgericht
vertreten die Meinung, dass zusätzlich zur Gesellschafterstellung eine massgebliche
Beherrschung des Gesellschafters auf das Unternehmen vorliegen muss, damit der
Tatbestand einer verdeckten Gewinnausschüttung erfüllt ist (Brülisauer/Poltera, Art. 58
N 109 DBG mit Hinweis u.a. auf Markus Reich, Die Realisation stiller Reserven im
Bilanzsteuerrecht, 1983, S. 113; Reimann/Zuppinger/Schärrer, § 45 N 73; BGr,
28. Oktober 1977 = ASA 48, 64 ff. und 4. November 1987 = StE 1988 B 72.13.22
Nr. 10; a.M. Peter Locher, Kommentar zum DBG, II. Teil, 2004, Art. 58 N 107 mit Ver-
weis auf Entscheid des Bundesgerichts vom 30. April 2002 [StR 2002, 558], gemäss
welchem die Tatsache, dass der Empfänger blosser Minderheitsaktionär war, die ge-
schäftsmässige Begründetheit der Leistung nicht zu rechtfertigen vermochte).
Die massgebliche Beherrschung ist dabei von der massgeblichen Beteiligung
zu unterscheiden. Das Bundesgericht hat entschieden, dass auch Minderheitsbeteiligte
oder gar Nichtgesellschafter mit Organstellung einen entscheidenden Einfluss auf das
Unternehmen haben können, wenn besondere Umstände vorliegen (vgl. ASA 24, 330
ff., wo das oberste Gericht feststellte, dass eine verdeckte Gewinnausschüttung auch
dann gegeben sein kann, wenn der Leistungsempfänger nicht Allein- oder Mehrheits-
aktionär ist [im konkreten Fall besass er 40% des Aktienkapitals], aber in der Gesell-
schaft eine beherrschende Stellung einnimmt). Solche Situationen liegen vor, wenn
sich Minderheitsaktionäre, z.B. durch Abschluss eines Aktionärbindungsvertrags, zu-
sammenschliessen (vgl. ASA 24, 331) und dadurch einen massgeblichen Einfluss auf
die Aktiengesellschaft ausüben können (vgl. ASA 19, 297 ff.), oder wenn der Minder-
heitsaktionär eine Schlüsselstellung im Verwaltungsrat einnimmt. Im Entscheid vom
30. Oktober 1988 (ASA 57, 514) hatte das Bundesgericht einen Sachverhalt zu beurtei-
len, bei welchem sich die einzelzeichnungsberechtigte Geschäftsführerin und ihr
Freund durch deliktische Machenschaften und ohne Wissen des Verwaltungsrats und
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1 ST.2008.326 1 DB.2008.196
der Alleinaktionärin verdeckte Gewinnausschüttungen zukommen liessen. Das Bun-
desgericht bezeichnete die Geschäftsführerin als faktisches Organ, was als enge wirt-
schaftliche und persönliche Beziehung zur steuerpflichtigen Gesellschaft zu qualifizie-
ren sei, sodass diese steuerlich wie eine massgebende Gesellschafterin qualifiziert
werden müsse.
Das Bundesgericht spricht ebenfalls von einer massgebenden Beherrschung,
wenn die leistende Gesellschaft mittelbar durch eine zwischengeschaltete Gesellschaft
beherrscht wird. Das heisst, der Leistungsempfänger beherrscht die leistende Gesell-
schaft indirekt über die unmittelbar gehaltene Muttergesellschaft, und wird steuerlich so
betrachtet, als ob er die leistende Tochtergesellschaft selbst beherrschen würde (BGE
113 la 26 f.). Das Tatbestandsmerkmal der Gesellschaftereigenschaft wird somit durch
das Kriterium der massgeblichen Beherrschung ergänzt, wobei diese Beherrschung
mehr qualitativer als quantitativer Natur ist. Die kapitalmässige Beherrschung allein ist
gemäss Bundesgericht grundsätzlich unerheblich, stellt aber immerhin ein gewichtiges
Indiz dar, dass das Gesellschaftsverhältnis das Motiv einer verdeckten Gewinnaus-
schüttung ist.
c) Als nahestehende Dritte, welcher Begriff weder das StG noch das DBG
näher umschreiben, sind natürliche oder juristische Personen zu bezeichnen, die zum
beherrschenden Gesellschafter wirtschaftliche oder persönliche enge Verbindungen
besitzen. Dabei begründet der Umstand, dass der Dritte eine aussergewöhnliche Leis-
tung empfängt, allein noch keine derartige Verbindung zum Gesellschafter. Vielmehr ist
eine zusätzliche, objektiv feststellbare Beziehung zu diesem wie Freundschaft, Ver-
wandtschaft, geschäftliche Beziehung etc. erforderlich (Brülisauer/Poltera, Art. 58
N 120 ff., welche sich mit der abweichenden Auffassung des Bundesgerichts im Recht
der direkten Bundessteuer auseinandersetzen und diese verwerfen).
Fliesst der geldwerte Vorteil einer verdeckten Gewinnausschüttung dem na-
hestehenden Dritten zu, erfolgt die Besteuerung dieses Vorteils gleichwohl beim (be-
herrschenden) Aktionär, da nur er kraft seines Beherrschungsverhältnisses die Aus-
schüttung der Gesellschaft herbeiführen kann. Es kommt die so genannte Dreiecks-
theorie zur Anwendung, bei der von einem Fluss der verdeckten Gewinnausschüttung
von der Gesellschaft über den beherrschenden Aktionär zum nahestehenden Dritten
ausgegangen wird (VGr, 3. Oktober 1989 = StE 1991 B 24.4 Nr. 27 sowie
Kuhn/Brühlisauer in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/1, 2. A.,
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2002, Art. 24 N 85 ff. StHG). Der nahestehende Dritte kann mangels Anteilseigner-
schaft keinen Beteiligungsertrag erzielen, sodass der Zufluss bei ihm (als natürliche
Person) nur der Schenkungssteuer unterliegt bzw. – im Fall, dass es sich bei der
Empfängerin um eine Schwestergesellschaft der leistenden Gesellschaft handelt – als
steuerfreie Kapitaleinlage gilt.
d) Das Zufliessen von Vermögensertrag im Sinn von § 20 Abs. 1 lit. c StG
bzw. Art. 20 Abs. 1 lit. c DBG ist eine steuerbegründende Tatsache, welche die Steu-
erbehörden nachzuweisen haben (RB 1990 Nr. 36 = StE 1990 B 92.51 Nr. 3). Demge-
genüber trägt der Steuerpflichtige die Beweislast für die steuermindernden bzw.
-aufhebenden Tatsachen (RB 1987 Nr. 35).
Die Steuerbehörden sind bei der Ermittlung der steuerbegründenden Tatsa-
chen aus allgemein bekannten Gründen in hohem Mass auf die Mitwirkung des Steu-
erpflichtigen angewiesen. Diese Feststellung gilt insbesondere für die im Massenver-
waltungsverfahren durchgeführte Festsetzung der direkten Steuern von Einkommen
bzw. Ertrag und Vermögen bzw. Kapital. Es ist daher folgerichtig, an die rechtsgenü-
gende Darlegung derartiger Tatsachen durch die Behörden keine allzu hohen Anforde-
rungen zu stellen (RB 1990 Nr. 36 = StE 1990 B 92.51 Nr. 3).
3. a) Die D war ursprünglich eine Tochtergesellschaft der C. Soll bei ihrer Ver-
äusserung von der C durch unterpreisigen Verkauf verdeckt Gewinn ausgeschüttet
worden sein, kann die Ausschüttung nur an die Aktionäre der C oder die ihnen nahe-
stehenden Personen geflossen sein. Die C verkaufte die D mit Vertrag vom 23. Juli
2001 an die Familie A. In jenem Zeitpunkt war aber bereits die G Eigentümerin der C,
da diese die C schon mit Vertrag vom 28. Mai/12. Juni 2001 erworben hatte. Die Mit-
glieder der Familie A waren zusammen mit den andern beiden Besitzerfamilien als
Aktionäre der C schon ausgeschieden, sodass sie in dieser Eigenschaft als Empfänger
einer verdeckten Gewinnausschüttung nicht mehr in Frage kamen.
Anhaltspunkte dafür, dass die Mitglieder der Familie A als nahestehende Per-
sonen der G, der neuen Alleinaktionärin der C, betrachtet werden könnten – was nach
dem Gesagten persönliche oder wirtschaftliche Beziehungen zu dieser voraussetzte –,
sind nicht ersichtlich und werden vom kantonalen Steueramt denn auch zu Recht nicht
geltend gemacht. Die geschäftlichen Beziehungen, die sich aus dem Erwerb der D zur
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1 ST.2008.326 1 DB.2008.196
G ergaben und zum Abschluss diesbezüglicher Verträge und Abmachungen führten,
reichen nach dem Gesagten nicht aus, um die Familienmitglieder schon als der G na-
hestehend erscheinen zu lassen. Vielmehr müssten darüber hinaus noch andere ge-
schäftliche Verbindungen zu diesem Unternehmen bestanden haben. Aktenkundig sind
jedoch nur Abmachungen im Zusammenhang mit dem Erwerb der D.
Mithin geht es nicht an, bei den Mitgliedern der Familie A eine verdeckte Ge-
winnausschüttung im Zusammenhang mit der Veräusserung der D zu erfassen, weil
sie bei Abschluss des fraglichen Rechtsgeschäfts weder Anteilseigner der C noch die-
sen nahestehend waren. Ein entsprechender Zufluss wäre – wenn überhaupt – nur bei
der neuen (Allein-)Aktionärin der C, der G, möglich, da nur sie (allein) die Geschicke
bei der C bestimmen und zu einem unterpreisigen Verkauf der D an die Familie A
Hand bieten konnte.
b) Zählte man die Mitglieder der Familie A im Zeitpunkt des – möglicherweise
unterpreisigen – Erwerbs der D am 23. Juli 2001 gleichwohl zum Aktionariat der C,
kämen sie als Empfänger einer verdeckten Gewinnausschüttung aufgrund ihrer Anteil-
seignerschaft zwar grundsätzlich in Frage. Indessen machte ihr Anteil an der C nur
gerade 17% aus und galten sie damit bloss als Minderheitsaktionäre. Als solche waren
sie nicht in der Lage, eine Gewinnausschüttung der C zu ihren Gunsten zu erwirken.
Damit der Tatbestand einer verdeckten Gewinnausschüttung dennoch erfüllt ist, müss-
ten sie in der C nach dem Gesagten über eine beherrschende Stellung – z.B. mittels
Schlüsselstellung im Verwaltungsrat, Stimmrechtsaktien, statutarischen Bestimmun-
gen, Aktionärsbindungsvertrags, anderer Abmachungen etc. – verfügt haben. Für das
Vorliegen einer solcherart beherrschenden Stellung ist das kantonale Steueramt be-
weisbelastet.
aa) Die Familie A war im siebenköpfigen Verwaltungsrat der C unstreitig in der
Person von I lediglich mit einem Mitglied vertreten. Diese verfügte zudem nicht einmal
über eine Zeichnungsberechtigung. Sodann waren Stimmrechtsaktien nicht vorhanden,
indem die Stimmkraft dem Aktienanteil entsprach. Ein Aktionärsbindungsvertrag exis-
tierte zwar, jedoch macht das kantonale Steueramt zu Recht nicht geltend, der Familie
A sei gestützt darauf eine beherrschende Stellung in der C zugekommen.
bb) Das kantonale Steueramt beruft sich in der Rekurs-/Beschwerdeantwort
für das Vorliegen eines Beherrschungsverhältnisses der Familie A vielmehr auf die von
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dieser Familie mit der Familie W.O. F, N, geschlossene Vereinbarung vom 27. Mai
2001. Indessen verfügte letztere Familie unstreitig nur gerade über knapp 11% der C-
Aktien, sodass beide Familien zusammen auf einen Anteil an der C von lediglich rund
28% kamen und damit auch zusammen immer noch eine Minderheit im Aktionariat der
C bildeten (vgl. auch die Erwähnung des Anteils der andern Aktionäre mit 13/18
[= 72%] in der Präambel der fraglichen Vereinbarung). Von einer Beherrschung der C
kann daher auch unter Einbezug der Aktien dieser Familie keine Rede sein.
cc) Das kantonale Steueramt scheint sodann im Zusammenhang mit der Fra-
ge der Beherrschung der C durch die Familie A als massgebend zu erachten, dass das
von der G der D als Liquiditätszuschuss gewährte Darlehen von Fr. zuerst für Fr. 1.- an
I (= Mutter des Pflichtigen) abgetreten, von Letzterer anschliessend der Familie W.O. F
weiter zediert sowie von ihr namens der D als Schuldnerin an die Familie W.O. F zu-
rückbezahlt worden ist (vgl. die entsprechenden Ausführungen in der Rekurs-
/Beschwerdeantwort S. 4 f.). Indessen ging es dabei – wie auch das kantonale Steuer-
amt in der Duplik letztlich bestätigt – lediglich darum, das Einverständnis der Familie
W.O. F zur Veräusserung der D durch die G an die Familie A zu erkaufen, sodass dar-
aus jedenfalls kein Beherrschungsverhältnis der Familie A über die C und demnach
auch keine verdeckte Gewinnausschüttung im Zusammenhang mit dem Kauf der D
abgeleitet werden kann.
Die steuerlichen Folgen, welche sich aus den Abtretungen des genannten
Darlehens bzw. dessen Rückzahlung an die Familie W.O. F ergeben, bilden im Übri-
gen vorliegend nicht Prozessgegenstand. Anzumerken ist aber immerhin, dass die
Darlehensabtretung an E. A für Fr. 1.- bei Letzterer jedenfalls zu einer Besteuerung als
Einkommen geführt hat (vgl. diesbezügliches Schreiben der kantonalen Steuerverwal-
tung K vom 5. November 2003). Die Rückzahlung des Darlehens an die Familie W.O.
F wirkte sich zudem – wenn überhaupt – nur bei dieser Familie aus (vgl. hierzu das
diesbezüglich interne Schreiben des kantonalen Steueramts vom 13. April 2007) und
hat bei den Mitgliedern der Familie A keine steuerlichen Folgen.
dd) Im Kaufvertrag über die C mit G ist der Weiterverkauf der D an die Familie
A bzw. an eine von dieser beherrschte Gesellschaft bereits ausdrücklich erwähnt
bzw. vorgesehen (Ziff. 5.2.2). Demgemäss waren die damaligen übrigen (Familien-
)Aktionäre der C mit diesem Weiterverkauf einverstanden und wussten laut den Aus-
führungen der Pflichtigen in der Replik zudem auch, dass der Kaufpreis ein symboli-
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1 ST.2008.326 1 DB.2008.196
scher sein werde). Darin könnte ein Zusammenwirken aller Aktionäre der C zugunsten
der Familie A begründet liegen und die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüt-
tung beim Verkauf der D an diese Familie rechtfertigen.
Mehrheitsaktionäre schenken der Minderheit bei der Veräusserung von Ge-
sellschaftsaktiven in der Regel jedoch nichts, es sei denn, sie profitierten dabei zumin-
dest im gleichen Umfang wie diese. Weder ergeben sich Anhaltspunkte aus den Akten
noch vermag das kantonale Steueramt solche zu nennen, dass die Mehrheit der C-
Aktionäre (ohne Familien A und W.O. F) bei der Veräusserung ihrer Gesellschaft an
die G als Gegenleistung für einen unterpreisigen Verkauf der D an die Familie A für
sich irgendwelche Vorteile beansprucht hätte. Folgte man der Ansicht des kantonalen
Steueramts, wonach die verdeckte Gewinnausschüttung Fr. Mio. ausgemacht haben
soll, hätten diese Vorteile zumindest einen ebensolchen Umfang aufweisen müssen.
Motive, der Familie A eine verdeckte Gewinnausschüttung in derartigem Umfang ohne
die Erlangung eigener gleichwertiger Vorteile zukommen zu lassen, sind nicht ersicht-
lich, um so weniger, als die drei Familienstämme der C nach den glaubwürdigen Aus-
sagen der Pflichtigen zerstritten waren und sich demnach auch von daher nichts zu
schenken brauchten.
In diesem Licht betrachtet erscheint sodann die Vermutung des kantonalen
Steueramts über eine Verschleierung der wirklichen Absichten der "Beteiligten" bei der
ganzen Transaktion betreffend des Verkaufs der C, Herauslösung der D und des Wei-
terverkaufs an H als widersprüchlich (vgl. dessen Ausführungen in der Rekurs-
/Beschwerdeantwort S. 6 f.). Denn "Beteiligte" waren eben nicht nur die Familien A und
W.O. F, sondern auch die übrigen, eine Mehrheit des Aktionariats der O bildenden an-
dern Familienstämme bzw. -mitglieder, welche bei dieser Verschleierung ebenfalls mit-
gewirkt haben müssten, um von einer konzertierten Aktion ausgehen zu können. Dass
ein solches Zusammenwirken aller bzw. eine Mehrheit bildenden Aktionäre stattgefun-
den hat, behauptet das kantonale Steueramt selber nicht.
c) Das kantonale Steueramt versuchte im Einspracheentscheid den Umstand,
dass die Familie A im Zeitpunkt des Erwerbs der D nicht mehr Anteilseignerin der C
war und auch nicht als der neuen Aktionärin G nahestehend galt, durch Anwendung
der Theorie der so genannten Direktbegünstigung zu überbrücken. Im Rekurs-
/Beschwerdeverfahren nimmt sie dann allerdings keine Zuflucht mehr zu dieser Theo-
rie.
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1 ST.2008.326 1 DB.2008.196
Die Direktbegünstigungstheorie kommt dann zum Zug, wenn die verdeckte
Gewinnausschüttung nicht dem Aktionär, sondern dem nahestehenden Dritten zu-
fliesst. Diesfalls wird die verdeckte Gewinnausschüttung nicht – wie dies der Anwen-
dung der erwähnten Dreieckstheorie entspräche – beim Aktionär aufgerechnet, son-
dern beim nahestehenden Dritten. Die Direktbegünstigungstheorie findet indessen in
der Praxis nur im Bereich der Verrechnungssteuer und der Emissionsabgabe Anwen-
dung und nicht bei den direkten Steuern. Allerdings hat sie das Bundesgericht auch
schon unter Geltung des Beschlusses über die direkte Bundessteuer vom 9. Dezember
1940 (BdBSt) angewandt, jedoch ohne diese Abkehr von der sonst üblichen Dreiecks-
theorie näher zu begründen (vgl. hierzu Behnisch/Heuberger, Die Rechtsprechung des
Bundesgerichts zur Dreieckstheorie im Zickzackkurs in: Jusletter 8. Mai 2000 sowie
Kuhn/Brühlisauer, Art. 24 N 90 StHG). Der Direktbegünstigungstheorie ist nicht zu fol-
gen: Die Zurechnung einer verdeckten Gewinnausschüttung als Vermögensertrag beim
Empfänger setzt voraus, dass dieser über das den Gewinn abwerfende Vermögen ver-
fügt. Der nahestehende Dritte – wiewohl Direktbegünstigter – ist an der den Gewinn
ausschüttenden Gesellschaft nicht beteiligt und kann daher auch keinen diesbezügli-
chen Vermögensertrag erzielen. Kommt im vorliegenden Fall dazu, dass die Pflichtigen
nach dem Gesagten nicht als nahestehende Dritte der die C beherrschenden G gelten,
weshalb die Direktbegünstigungstheorie bei ihnen auch bei grundsätzlicher Anwend-
barkeit nicht greifen kann.
d) Nach alledem bleibt bei den Pflichtigen im Zusammenhang mit der Veräus-
serung der D schon deshalb kein Raum für die Annahme einer verdeckten Gewinnaus-
schüttung bzw. einer geldwerten Leistung, weil sie im Zeitpunkt des Verkaufs gar nicht
mehr Anteilseigner der C waren und auch nicht als nahestehende Dritte der neunen
Aktionärin der C, der G, galten sowie als Minderheitsaktionäre die verdeckte Gewinn-
ausschüttung ohnehin gar nicht hätten herbeiführen können.
e) Dies führt zur Gutheissung der Rechtsmittel.
4. Sofern die Familie A als Empfängerin einer verdeckten Gewinnausschüt-
tung in Frage käme, gälte Folgendes:
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a) Die Familie erwarb die D am 23. Juli 2001 zum Preis von Fr. 100'000.-. An-
gesichts des Umstands, dass H für das Unternehmen nur rund acht Monate später am
27. März 2002 einen Betrag von (auf 100% umgerechnet) Fr. erlegt hatte, drängt sich
zwangsläufig die Frage nach dem Vorliegen eines allfälligen Vorzugspreises für die
Familie A bzw. eines offensichtlichen Missverhältnisses zwischen dem von ihr entrich-
teten Preis und dem von einem andern (unabhängigen) Dritten erhältlichen Betrag auf.
Für die Existenz eines solchen Missverhältnisses ist nach dem Gesagten das
kantonale Steueramt beweisbelastet.
b) Letzteres Amt führt für die Richtigkeit seines Standpunkts eine Reihe von
Indizien an, die für die Preisbestimmung der D im Zeitpunkt der Veräusserung an die
Familie A nicht einfach als unmassgeblich erachtet werden können. So ist es zutref-
fend, dass die C die Beteiligung D sowohl in ihrer Zwischenbilanz per Ende Januar
2001 als auch in derjenigen per Ende Mai 2001 noch mit Fr. aufgeführt hatte und so-
wohl die C als auch H von einem längeren, für sie aussichtsreichen Weiterbestand der
D nach einem Verkauf ausgegangen sein mussten (Ausführungen in der Rekurs-
/Beschwerdeantwort S. 3 ff.). Dies legt eine gewisse Werthaltigkeit der D bei der Ver-
äusserung im Juli 2001 nahe.
Indessen vermögen die Pflichtigen diesen Indizien Tatsachen und Argumente
entgegen zu setzen, die ebenso wenig als unmassgeblich abgetan werden können
(Replik S. 4 ff.). Vor allem aber präsentieren sie eine Due Diligence-Prüfung von
M, die von H vor dem ersten Übernahmeversuch der D – d.h. in einem unverdächtigen
Zeitpunkt – in Auftrag gegeben wurde, und einen negativen Wert der D aufzeigt. Zum
gleichen Ergebnis soll nach den Pflichtigen eine weitere Due Diligence-Prüfung aus
jener Zeit gekommen sein, welche die J im Auftrag der G erstellt hat und deren Exis-
tenz das kantonale Steueramt – obwohl nicht aktenkundig – nicht in Abrede stellt.
Schliesslich existiert ein Schreiben von H vom 28. April 2003, worin dieses Unterneh-
men eine signifikante Verbesserung bei der D aufgrund der eingeleiteten Massnah-
men, der strategischen Neuausrichtung und der veränderten eigenen Beurteilung des
spezifischen Handelssektors im Jahr 2002 attestiert.
Unter diesen Umständen, bei denen beachtliche Argumente und Tatsachen
sowohl für die eine wie für die andere Partei sprechen, wäre es zwingend erforderlich
gewesen, die für das Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung wesentliche
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Frage nach dem Marktwert der D im Zeitpunkt der Veräusserung an die Familie A mit-
tels einer Unternehmensbewertung eines ausgewiesenen Gutachters zu beantworten.
Denn immerhin handelt(e) es sich bei den zwei genannten Firmen, welche die Due
Diligence-Prüfungen erstellt haben, um international anerkannte Unternehmen der Be-
ratungs- und Revisionsbranche, sodass es nicht – wie noch in den Einspracheent-
scheiden geschehen – angeht, diese Prüfungen als nicht aussagekräftig hinzustellen
und durch eigene Überlegungen bzw. Bewertungen zu ersetzen.
c) Das kantonale Steueramt ist beweisbelastet und hat es bisher unterlassen,
den Sachverhalt im zentralen Punkt der Bewertung der D bei Veräusserung an die
Familie A mittels eines erforderlichen Gutachtens zu untersuchen und nachzuweisen.
Darin läge ein schwerer Verfahrensmangel, der von der Steuerrekurskommission nicht
geheilt werden könnte, weil sonst der Rechtsmittelweg der Pflichtigen unzulässigerwei-
se verkürzt würde.
Als Folge davon müsste die Sache an das kantonale Steueramt ins Einschät-
zungsverfahren zurückgewiesen werden – wären die Rechtsmittel nicht aus einem an-
deren Grund gutzuheissen –, damit das kantonale Steueramt die notwendigen weiteren
Untersuchungen träfe.
5. Als Folge der Gutheissung der Rechtsmittel sind die Kosten des Verfahrens
dem Rekursgegner bzw. der Beschwerdegegnerin aufzuerlegen (§ 151 Abs. 1 StG,
Art. 144 Abs. 1 DBG) und steht den Pflichtigen eine Parteientschädigung zu (§ 152 StG
i.V.m. § 17 Abs. 2 VRG, Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des Bundesgeset-
zes über das Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember 1968). | Public | Tax | de | 2,009 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
afcb9f76-42dd-4264-b87c-e90a0df92b84 | hat sich ergeben:
A. Am 24. September 2004 schlossen A (nachfolgend der Pflichtige) und drei
weitere Personen mit der Politischen Gemeinde B einen öffentlich beurkundeten Kauf-
vertrag ab über den Erwerb eines Grundstücks zu Miteigentum. Der grundbuchliche
Vollzug des Vertrags stand u.a. unter dem Vorbehalt, dass eine rechtskräftige Baube-
willigung für ein auf dem Grundstück vorgesehenes Projekt vorlag. In der Folge wurden
zwei Projekte ausgearbeitet; zu einer rechtskräftigen Baubewilligung kam es indessen
nicht, sodass der Vertrag nie vollzogen wurde. Am 27. April 2007 kamen der Pflichtige
und seine Miterwerber mit einer Investorengruppe überein, dass diese das Projekt
übernimmt und in sämtliche Rechte und Pflichten des Vertrags mit der Gemeinde ein-
tritt. Die Abtretenden sollten pauschal mit Fr. 750'000.- entschädigt werden. Am
21. Mai 2007 wurde mit der Gemeinde ein entsprechender öffentlich beurkundeter Ver-
trag über den Eintritt der Investorengruppe abgeschlossen.
In der Steuererklärung 2007 deklarierte der Pflichtige einen Gewinn von
Fr. 159'567.-, welchen er als privaten Kapitalgewinn Projekt B bezeichnete. Am 4. und
5. November 2009 wurde in Bezug auf die Steuerperioden 2006 und 2007 eine steuer-
amtliche Bücherrevision durchgeführt. In ihrem Bericht vom 8. Februar 2010 kam die
Revisorin zum Schluss, dass es sich beim Anteil des Pflichtigen an der Entschädigung
(Ablösesumme) von Fr. 187'000.-, abzüglich einer Anzahlung von Fr. 13'500.-, somit
netto Fr. 173'500.-, um eine steuerbare Einkunft handelt. Der Steuerkommissär über-
nahm diese Beurteilung und schätzte den Pflichtigen am 8. Juni 2010 für die Staats-
und Gemeindesteuern 2007 mit einem steuerbaren bzw. satzbestimmenden Einkom-
men von Fr. 530'100.- und einem steuerbaren Vermögen von Fr. 3'996'000.- (satzbe-
stimmend Fr. 4'078'000.-) ein. Gleichentags erging der entsprechende Hinweis direkte
Bundessteuer 2007 mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 530'800.-. Die Schluss-
rechnung/Veranlagungsverfügung direkte Bundessteuer wurde am 5. Juli 2010 ver-
sandt.
B. Das kantonale Steueramt wies die hiergegen erhobenen Einsprachen am
18. November 2010 ab.
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1 DB.2010.277 1 ST.2010.382
C. Hiergegen erhob der Pflichtige am 20. Dezember 2010 Beschwerde bzw.
Rekurs mit dem Antrag, ihn mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 356'600.-
(Staats- und Gemeindesteuern) bzw. von Fr. 357'300.- (direkte Bundessteuer) einzu-
schätzen, unter Kosten- und Entschädigungsfolge. Beim Verkaufserlös handle es sich
um einen steuerfreien Kapitalgewinn, indem die Rechte und Pflichten aus dem ur-
sprünglichen Vertrag auf die eintretende Investorengruppe übertragen worden seien.
Das kantonale Steueramt schloss am 7. Februar 2010 auf Abweisung der Rechtsmittel.
Die Eidgenössische Steuerverwaltung liess sich nicht vernehmen.
Mit Verfügung vom 25. März 2011 wurde der Pflichtige aufgefordert, im Ver-
trag vom 27. April 2007 vorgesehene Detailabrechnungen über die Zusammensetzung
der geleisteten Entschädigung einzureichen. Dieser teilte am 26. Mai 2011 mit, solche
Detailabrechnungen seien nie erstellt worden.
Mit weiterer Verfügung vom 31. Mai 2011 stellte der Referent des Steuerre-
kursgerichts fest, dass das Projekt von einem Baukonsortium getragen wurde, an wel-
chem der Pflichtige gleichberechtigter Teilhaber war. Nach der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung habe er deshalb seinen Gewinnanteil als Einkunft aus selbstständiger
Erwerbstätigkeit zu versteuern. Der Pflichtige wurde aufgefordert, zu diesem neuen
rechtlichen Standpunkt Stellung zu nehmen. Mit Eingabe vom 11. Juli 2011 stellte er
sich auf den Standpunkt, dass es sich nicht um eine Einkunft aus selbstständiger Er-
werbstätigkeit handle. Das kantonale Steueramt verzichtete am 27. Juli 2011 auf Stel-
lungnahme. | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. a) Der direkten Bundessteuer unterliegen gemäss Art. 16 Abs. 1 des Ge-
setzes über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990 (DBG) alle wiederkeh-
renden und einmaligen Einkünfte; Kapitalgewinne aus der Veräusserung von Privat-
vermögen sind hingegen nach Art. 16 Abs. 3 DBG steuerfrei. Art. 18 DBG umschreibt
die steuerbaren Einkünfte aus selbstständiger Erwerbstätigkeit. Dazu gehören gemäss
Abs. 1 alle Einkünfte aus einem Handels-, Industrie-, Gewerbe-, Land- und Forstwirt-
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1 DB.2010.277 1 ST.2010.382
schaftsbetrieb, aus einem freien Beruf sowie aus jeder anderen selbstständigen Er-
werbstätigkeit.
b) Im Entscheid vom 8. Januar 1999 (BGE 125 II 113 = StE 1999 B 23.1
Nr. 41 = ASA 67, 644 = ZStP 1999, 70) hat das Bundesgericht festgestellt, die von ihm
unter der Herrschaft des Beschlusses über die direkte Bundessteuer vom 9. Dezem-
ber 1940 (BdBSt) entwickelte Praxis zur Besteuerung von Einkünften insbesondere
aus Liegenschaftenhandel gelte auch nach Inkrafttreten des DBG. Zur Begründung
verwies das Gericht im Wesentlichen auf Art. 18 Abs. 1 DBG, wonach zu den steuerba-
ren Einkünften u.a. auch alle Einkünfte "aus jeder anderen selbständigen Erwerbstätig-
keit" gehören. Dabei sei der Begriff der selbstständigen Erwerbstätigkeit umfassender
zu verstehen als jener der Unternehmung, des Geschäfts oder Gewerbes, die eine
organisierte Einheit von Arbeit und Kapital erforderten. Aus der Entstehungsgeschichte
des DBG ergebe sich nicht, dass der Gesetzgeber die Besteuerung der Einkünfte aus
Liegenschaftenhandel im Vergleich zum früheren Recht habe einschränken wollen.
Vielmehr nehme der Gesetzgeber an, dass auch Gewinne aus einer Tätigkeit, die über
die schlichte Verwaltung von Privatvermögen hinausgehe, steuerbares Einkommen
aus selbstständiger Erwerbstätigkeit darstellten. Die für eine solche Tätigkeit verwen-
deten Vermögenswerte bildeten Geschäftsvermögen, selbst wenn keine in einem ei-
gentlichen Geschäftsunternehmen organisierte Tätigkeit vorliege. Die unter dem alten
Recht entwickelte Praxis sei somit beizubehalten und Veräusserungsgewinne seien
steuerbar, wenn sie in einer über die schlichte Vermögensverwaltung hinausgehenden
Tätigkeit erzielt worden seien.
c) Nach dieser somit weiterhin massgebenden Praxis des Bundesgerichts
bilden Gewinne aus der Veräusserung von Vermögensgegenständen – namentlich
Liegenschaften, Wertpapieren, Edelmetallen und Devisen – Erwerbseinkommen, wenn
die Tätigkeit über die schlichte Verwaltung des Privatvermögens hinausgeht bzw. der
Gewinn nicht nur in Ausnützung einer zufällig sich bietenden Gelegenheit erlangt wird,
sondern die Tätigkeit in ihrer Gesamtheit auf Erwerb (Verdienst) gerichtet ist (BGr,
29. Juli 2011, 2C_766/2010; BGE 112 Ib 79; 122 II 446, auch zum Folgenden). Zur
Abgrenzung zwischen privater Vermögensverwaltung und (selbstständiger) Erwerbs-
tätigkeit haben Lehre und Rechtsprechung verschiedene Kriterien entwickelt. Ob eine
Erwerbstätigkeit vorliegt, ist dabei immer nach der Gesamtheit der Umstände zu beur-
teilen. Als Indiz fällt etwa die systematische oder planmässige Art und Weise des Vor-
gehens in Betracht, namentlich dass die steuerpflichtige Person aktiv wertvermehrend
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1 DB.2010.277 1 ST.2010.382
tätig wird (bei Liegenschaften z.B. durch Parzellierung, Überbauung, Werbung etc.),
dass sie ein Vermögensobjekt nicht bloss zum Zweck der privaten Vermögensanlage
oder in Ausnützung einer zufällig sich bietenden Gelegenheit, sondern in der offenkun-
digen Absicht erwirbt, es möglichst rasch mit Gewinn weiterzuveräussern, oder dass
sie sich bemüht, wie eine haupt- oder nebenberuflich selbstständig erwerbstätige Per-
son die Entwicklung eines Markts zur Gewinnerzielung auszunützen. Für eine Erwerbs-
tätigkeit spricht auch der enge Zusammenhang eines Geschäfts mit der beruflichen
Tätigkeit der steuerpflichtigen Person, die Häufung von Geschäften, die kurze Besitz-
dauer, der Einsatz spezieller Fachkenntnisse oder erheblicher fremder Mittel zur Fi-
nanzierung und die Wiederanlage des Gewinns in gleichartige Vermögensgegenstän-
de. Jedes dieser Indizien kann zusammen mit anderen, im Einzelfall jedoch auch
bereits allein zur Annahme einer Erwerbstätigkeit ausreichen.
Nach der Rechtsprechung zum gewerbsmässigen Liegenschaftenhandel kann
eine solche Erwerbstätigkeit überdies im Rahmen einer einfachen Gesellschaft, bei-
spielsweise einem Baukonsortium, ausgeübt werden (BGE 96 I 655 ff., 122 II 446,
auch zum Folgenden). Erscheint eine Tätigkeit auf der Stufe der einfachen Gesell-
schaft als Liegenschaftenhandel, so wird diese Qualifikation jedem einzelnen Gesell-
schafter zuteil, unbekümmert um das Mass seiner persönlichen Mitwirkung oder die Art
seiner Einlage. Im Ergebnis muss sich daher unter solchen Umständen jeder Gesell-
schafter die Handlungen und Eigenschaften der andern Beteiligten als eigene Vorkeh-
ren anrechnen lassen (Peter Locher, Kommentar zum DBG, 1. Teil, 2001, Art. 18 N 37;
Markus Reich, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/2a, 2. A.,
2008, Art. 18 N 16b DBG; StRK II, 8. Juni 2000, 4 DB.1999.48). Eine auf Erwerb ge-
richtete Tätigkeit ist zu vermuten, wenn wenigstens ein Teilhaber sich in Ausübung
eines Berufs an der Gesellschaft beteiligt und die Geschäftsführung besorgt (ASA 47,
485; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009, Art. 18 N
15 DBG).
d) Gemäss der "Vereinbarung zum Eintritt in den Kaufvertrag für das
[...]grundstück" vom 27. April 2007 beabsichtigten der Pflichtige und drei weitere Part-
ner ursprünglich, von der Politischen Gemeinde B ein Grundstück zu erwerben und
darauf eine Überbauung zu erstellen. Nach der Beurkundung des Kaufvertrags arbeite-
ten sie zwei komplette Bauprojekte aus und reichten im März 2007 das zweite bewilli-
gungsfähige Baugesuch für eine Gewerbenutzung mit der C AG ein. Die später eintre-
tende Investorengruppe hatte auf dem angrenzenden Areal eine Wohnüberbauung im
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1 DB.2010.277 1 ST.2010.382
Luxussegment erstellt und störte sich an der vorgesehenen Nutzung des Nachbar-
grundstücks durch [...]. Die Parteien einigten sich deshalb darauf, dass die Investoren-
gruppe in den Kaufvertrag mit der Politischen Gemeinde eintrete, unter Vergütung der
bereits erbrachten Kaution von Fr. 50'000.-. Weiter wurden die Abtreter "für die mit der
Projektentwicklung, Planung, Budgetierung, Erstellung von zwei eingabereifen Projek-
ten, für sämtliche Rechte an allen geplanten Bauvorhaben, vollständige Planungsunter-
lagen, Bauvorbereitungen, Baugrubenunterhalt, Pumparbeiten und die umfangreichen
Verhandlungen mit den Bewilligungsbehörden, der D und den potentiellen Nutzern
pauschal mit Fr. 750'000.- entschädigt." Sämtliche Planunterlagen waren der eintre-
tenden Investorengruppe auszuhändigen.
Am ursprünglichen Projekt waren – wie erwähnt – eine Gruppe von insgesamt
vier Personen beteiligt, nämlich der Pflichtige, E, F sowie G. E und G sind beide Bau-
ingenieure ETH und führen zusammen die beiden Kollektivgesellschaften H, dipl. Bau-
ingenieure ETH/SIA, und H, Umbau & Sanierung. Gemäss Webauftritt bieten sie ins-
besondere die "schlüsselfertige Realisierung von Hochbauten als Generalunternehmer
(...)" an. F ist bei ihnen als Architekt ETH angestellt; zudem ist er zeichnungsberechtig-
ter Gesellschafter der Kollektivgesellschaft I (vormals J), welche sich gemäss Handels-
registereintrag mit der Entwicklung und Realisierung von Immobilienprojekten befasst.
Weiter sind E und G zeichnungsberechtigte Organe der K AG, welche gemäss Han-
delsregister u.a. die Entwicklung, Projektierung und Erstellung von Bauten bezweckt.
Es ist offenkundig, dass das ursprüngliche Projekt einen engen Zusammen-
hang mit den beruflichen Tätigkeiten der drei andern Projektbeteiligten aufweist. Weiter
liegt die Annahme nahe, dass im Rahmen der Projektierung des Bauvorhabens in B
und der nachfolgenden Realisation Aufträge für ihre eigenen Kollektivgesellschaften
und die K AG angefallen wären, wenn die Kollektivgesellschaften nicht sogar selbst am
Projekt beteiligt waren. Aus dem Konto-Auszug [..]areal B geht denn auch hervor, dass
z.B. die K AG Rechnung über Architekturarbeiten gestellt hat, ebenso die J. Es kann
kein Zweifel bestehen, dass die übrigen Projektbeteiligten – sofern sie in eigenem
Namen Liegenschaftsprojekte verfolgen – den Ertrag daraus als selbstständiges Er-
werbseinkommen zu versteuern haben. Anzufügen ist, dass sie ohne Weiteres als
selbstständigerwerbende Liegenschaftenhändler im Sinn der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung zu betrachten sind.
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1 DB.2010.277 1 ST.2010.382
Zudem ist die Verbindung der vier Partner als eine einfache Gesellschaft zu
würdigen. Eine einfache Gesellschaft ist die vertragsmässige Verbindung von zwei
oder mehreren Personen zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks mit gemeinsa-
men Kräften und Mitteln (Art. 530 Abs. 1 OR). Ein Zusammenschluss zwecks Realisie-
rung eines Bauprojekts bildet ohne Weiteres eine einfache Gesellschaft (Konsortium,
vgl. Fellmann/J, in: Berner Kommentar, 2006, Art. 530 N 244 OR), sofern nicht eine
andere, noch engere Gesellschaftsform zur Anwendung gelangt. Ein solcher Zusam-
menschluss zu einer einfachen Gesellschaft liegt hier bei den vier Partnern vor, geht
doch die Absicht der gemeinsamen Realisierung einer Überbauung aus den vorhande-
nen Unterlagen klar hervor. Der Pflichtige trat als gleichberechtigter Partner in Erschei-
nung, da er in allen Verträgen zusammen mit den drei andern Partnern erwähnt wird.
Er deklarierte entsprechend der Partneranzahl einen vollen Anteil von einem Viertel der
streitigen Entschädigung (1/4 von Fr. 638'271.- = Fr. 159'567.-). In den Akten finden
sich zudem mehrere Rechnungen an die "Eigentümergemeinschaft Y-strasse A, E, F,
G". Wer genau die Projektführerschaft hatte, lässt sich dabei nicht feststellen; da aber
drei der vier Partner im Baufach tätig sind, ist von einem massgebenden Einfluss der-
selben auszugehen. Wäre das Bauprojekt zur Ausführung gelangt und die überbaute
Liegenschaft verkauft worden, hätte der Pflichtige deshalb nach der angeführten
massgeblichen Rechtsprechung des Bundesgerichts (ASA 47, 485) als Mitglied eines
Baukonsortiums seinen Anteil als Einkunft aus selbstständiger Erwerbstätigkeit als
Liegenschaftenhändler versteuern müssen.
Die Kriterien der zum Liegenschaften- und Wertschriftenhandel entwickelten
Rechtsprechung können sinngemäss auch auf andere Bereiche angewendet werden
(BGr, 29. Juli 2011, 2C_766/2010, E. 2.5 mit Hinweisen). Zu berücksichtigen sind frei-
lich die damit verbundenen Besonderheiten. Auch wenn im vorliegenden Fall kein
Grundstück verkauft wurde, liegt es nahe, die Rechtsprechung zum selbstständigen
Liegenschaftenhandel im Rahmen eines Baukonsortiums auf den vorliegenden Fall
anzuwenden, liegt doch der zu beurteilende Sachverhalt, nämlich der Verkauf eines
Bauprojekts, sehr nahe beim Verkauf eines Grundstücks mit fertig erstellter Baute.
Dies führt dazu, dass der Pflichtige seinen Anteil am Ertrag als Einkunft aus selbst-
ständiger Erwerbstätigkeit zu versteuern hat.
e) Was der Pflichtige in seiner Stellungnahme vom 11. Juli 2011 dagegen vor-
bringt, verfängt nicht:
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1 DB.2010.277 1 ST.2010.382
Sein Einwand, es handle sich um eine blosse Miteigentümergemeinschaft,
welche nicht als einfache Gesellschaft zu betrachten sei, trifft nicht zu. Nach überwie-
gender Lehre stellen zwar Zusammenschlüsse, welche bloss auf das gemeinschaftli-
che Haben und Verwalten ausgerichtet sind, noch keine einfache Gesellschaften dar
(Fellmann/J, Art. 530 N 112 OR mit abweichenden Meinungen). Da hier die Absicht der
Partner klar auf die Realisierung eines Bauprojekts hinauslief, ging der Zweck der Ge-
meinschaft über das Haben und Verwalten hinaus. Aus demselben Grund hilft ihm
nicht weiter, dass kein Gesamthandverhältnis begründet wurde.
Nach der zitierten, in diesem Punkt eindeutigen Rechtsprechung des Bundes-
gerichts reicht es zudem aus, dass eine Tätigkeit auf der Stufe der einfachen Gesell-
schaft als Liegenschaftenhandel zu qualifizieren ist, unbekümmert um das Mass der
persönlichen Mitwirkung. Dieser Grundsatz gilt auch hier. Es hilft dem Pflichtigen des-
halb nicht weiter, dass er seinen Anteil an den Investitionen aus seinem Privatvermö-
gen finanziert hat und selbst nicht im Immobilienbereich tätig war.
Der Pflichtige beruft sich ferner darauf, dass ein aussergewöhnlicher Fall vor-
liege, bei welchem von dieser Zurechnung kraft einfacher Gesellschaft abzusehen sei.
Er beruft sich damit auf BGE 96 I 663 = ASA 40, 385. Dort erkannte das Bundesgericht
die besonderen Verhältnisse darin, dass der nicht im Baubereich tätige Gesellschafter
seinen Anteil am verkauften Grundstück durch Erbgang erworben hatte, und deshalb
anzunehmen war, dass der beim Verkauf erzielte Gewinn im Rahmen gewöhnlicher
Vermögensverwaltung oder in Ausnützung einer zufälligen Gelegenheit, ohne eigentli-
che Erwerbstätigkeit, erlangt wurde. Zudem wurde der Beschwerdeführer dort nur da-
durch zum Teilhaber, weil sein Bruder seinen Anteil am ererbten Grundstück an einen
Architekten verkauft hatte. Solche Verhältnisse liegen hier aber nicht vor; vielmehr hat
der Pflichtige aktiv zusammen mit seinen Partnern auf einem fremden Grundstück ein
Bauprojekt verfolgt. Ein aussergewöhnlicher Fall ist nicht gegeben.
f) Nach dem in Art. 27 Abs. 1 DBG festgehaltenen Grundsatz ist der gesamte
Aufwand abzugsfähig, der für die selbstständige Erwerbstätigkeit notwendig ist; Art. 27
Abs. 2 DBG zählt beispielhaft einige typische Positionen auf.
Das kantonale Steueramt ging vorliegend beim Pflichtigen von einer Entschä-
digung von Fr. 187'000.- aus, wovon es den Anteil der Anzahlung von Fr. 13'500.- ab-
zog, was einen Betrag von Fr. 173'500.- ergab. Nach Abrechnung des Pflichtigen re-
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1 DB.2010.277 1 ST.2010.382
sultierte demgegenüber ein Bruttoertrag von Fr. 803'910.-, wovon ein Aufwand von
Fr. 165'639.- abgezogen wurde, sodass sich der Anteil des Pflichtigen auf Fr. 159'568.-
belief. Das kantonale Steueramt hat sich zu dieser Aufstellung nicht geäussert. Im Re-
visionsbericht wird einzig festgehalten, dass allfällige Baukosten nicht zum Abzug ge-
bracht werden könnten, da eine Übernahme des erarbeiteten Projekts durch die Eintre-
tenden nicht vorgesehen gewesen sei. Dieser Einwand ist indessen hier, wo es um die
Frage der Gewinnungskosten geht, nicht nachvollziehbar. Es ist deshalb auf das Er-
gebnis gemäss Aufstellung des Pflichtigen abzustellen und die Veranlagung entspre-
chend zu korrigieren. Dies führt zu folgendem steuerbarem Einkommen der direkten
Bundessteuer:
steuerbares Einkommen 2007 Fr. Fr.
gemäss Veranlagung 530'883.-
Korrektur Entschädigung - 173'500.-
159'568.-
Differenz - 13'932.-
Total 516'951.-
gerundet 516'900.-.
e) Bei diesem Ergebnis erübrigt es sich abzuklären, ob es sich bei der streiti-
gen Zahlung um eine Entschädigung für die Nichtausübung eines Rechts nach Art. 23
lit. d DBG handelt.
2. Der Begriff der selbstständigen Erwerbstätigkeit in Art. 18 Abs. 1 und 2
DBG lautet gleich wie in § 18 Abs. 1 und 2 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997
(StG). Er entspricht zudem dem in den Art. 7/8 des Bundesgesetzes über die Harmoni-
sierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden vom 14. Dezember 1990
(StHG) verwendeten Begriff. Für seine Auslegung im StHG stellt die Auslegung im
DBG ein beachtliches Element dar (BGr, 13. Oktober 2004 = StR 2004, 346 E. 6). Da-
mit kann er im kantonalen Recht aber nicht anders ausgelegt werden als im Bereich
des DBG, würde doch sonst dem Anliegen der vertikalen Steuerharmonisierung nicht
Rechnung getragen und die mit dem Erlass des StHG angestrebte Vereinfachung der
Rechtsanwendung vereitelt (vgl. BGE 128 II 66 sowie BGr, 2. Februar 2005 = StE 2005
A 23.1 Nr. 10; a.M. Markus Reich in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht,
Band I/1, 2. A., 2002, Art. 8 N 9 ff. StHG). Daher ist die Rechtsprechung des Bundes-
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gerichts im DBG auch auf das StG zu übertragen (BGr, 29. Juli 2011, 2C_766/2010)
und gelten die vorstehenden Erwägungen auch für das kantonale Recht. Die Einschät-
zung ist entsprechend zu korrigieren:
Steuerbares Einkommen 2007 Fr.
gemäss Einschätzung 530'183.-
Korrektur Entschädigung - 13'932.-
Total 516'251.-
gerundet 516'200.-.
3. Gestützt auf diese Erwägungen sind Beschwerde und Rekurs teilweise gut-
zuheissen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten den Parteien anteils-
mässig aufzuerlegen (Art. 144 Abs. 1 DBG; § 151 Abs. 1 StG). Aufgrund des nahezu
vollständigen Unterliegens des Pflichtigen kommt die Zusprechung der beantragten
Parteientschädigung nicht in Betracht (Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des
Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember 1968; § 152 StG
i. V. m. § 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Ju-
ni 1997). | Public | Tax | de | 2,011 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
b1c9c49e-d470-4cb7-9fdd-36a11213a9ea | hat sich ergeben:
A. Mit öffentlich beurkundetem Vertrag vom ... März 2010 übertrug die A AG
(nachfolgend Abtreterin) der C AG gleichentags die Personaldienstbarkeit "aus-
schliessliches Benützungsrecht am Bootsplatz Nr. ..., vererblich und übertragbar mit
Unterhaltsregelung" zulasten des Grundstücks Kat.Nr. ..., ...strasse 227, B, gegen ein
Entgelt von Fr. 1'500'000.-.
Aus Anlass dieser Dienstbarkeitsübertragung auferlegte die Kommission für
Grundsteuern der Gemeinde B der Abtreterin eine Grundstückgewinnsteuer von
Fr. 581'100.-.
B. Eine von der Abtreterin hiergegen erhobene Einsprache, womit diese eine
steuerbare Handänderung bestritten hatte, wies die Kommission für Grundsteuern am
12. September 2012 ab.
C. Mit Rekurs vom 20. September 2012 liess die Abtreterin dem Steuerre-
kursgericht beantragen, die Grundstückgewinnsteuer aufzuheben; eventuell sei die
Sache zur Neubeurteilung an die Rekursgegnerin zurückzuweisen. Ausserdem ver-
langte sie eine Parteientschädigung.
In ihrer Rekursantwort vom 6. November 2012 beantragte die Kommission für
Grundsteuern Abweisung des Rechtsmittels.
Auf die Erwägungen des Einspracheentscheids und die Parteivorbringen ist,
soweit wesentlich, in den nachfolgenden Urteilsgründen zurückzukommen.
- 3 -
2 GR.2012.56 | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. a) Der Grundstückgewinnsteuer unterliegen nach Art. 12 Abs. 1 des Steu-
erharmonisierungsgesetzes vom 14. Dezember 1990 (StHG) Gewinne, die sich bei
Veräusserung eines Grundstücks des Privatvermögens oder eines land- oder forstwirt-
schaftlichen Grundstücks sowie von Anteilen daran ergeben, soweit der Erlös die An-
lagekosten (Erwerbspreis oder Ersatzwert zuzüglich Aufwendungen) übersteigt. Die
Steuerpflicht wird nach Abs. 2 von Art. 12 StHG durch jede Veräusserung eines
Grundstücks begründet. Den Veräusserungen sind gleichgestellt: die Belastung eines
Grundstücks mit privatrechtlichen Dienstbarkeiten oder öffentlichrechtlichen Eigen-
tumsbeschränkungen, wenn diese die unbeschränkte Bewirtschaftung oder den Ver-
äusserungswert des Grundstücks dauernd und wesentlich beeinträchtigen und dafür
ein Entgelt entrichtet wird (lit. c).
b) Laut § 216 Abs. 1 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) wird von den
Gewinnen, die sich bei Handänderungen an Grundstücken oder Anteilen von solchen
ergeben, eine Grundstückgewinnsteuer erhoben. Einer Handänderung gleichgestellt
sind nach Abs. 2 der nämlichen Bestimmung Rechtsgeschäfte, die in Bezug auf die
Verfügungsgewalt über ein Grundstück wirtschaftlich wie eine Handänderung wirken
(lit. a); ferner die Belastung eines Grundstücks mit einer privatrechtlichen Dienstbarkeit,
wenn diese die unbeschränkte Bewirtschaftung oder den Veräusserungswert des
Grundstücks dauernd und wesentlich beeinträchtigt und dafür ein Entgelt entrichtet
wird (lit. b). Als zivilrechtliche Handänderung i.S.v. § 216 Abs. 1 StG gilt der Übergang
von zivilrechtlichem (sachenrechtlichem) Eigentum an einem Grundstück oder Grund-
stückanteil vom bisherigen Rechtsträger auf einen anderen (Richner/Frei/Kauf-
mann/Meuter, Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, 3. A., 2013, § 216 N 12). Eine
wirtschaftliche Handänderung i.S.v. § 216 Abs. 2 lit. a StG liegt dann vor, wenn we-
sentliche Teile der wirtschaftlichen Verfügungsgewalt über ein Grundstück vom bishe-
rigen Verfügungsberechtigten (wirtschaftlichen Eigentümer) auf einen Dritten überge-
hen, ohne dass dabei die zivilrechtlichen Eigentumsverhältnisse eine Änderung
erfahren (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 216 N 60). Das kantonale Steueramt hat
am 29. April 2013 ein Merkblatt über die steuerliche Behandlung von Nutzniessungen,
Wohnrechten, Dienstbarkeiten, Grundlasten und vorgemerkten persönlichen Rechten
(nachfolgend Merkblatt) erlassen und darin die Praxis der Besteuerung bei verschiede-
nen Steuerarten, so auch bei der Grundstückgewinnsteuer, dargestellt.
- 4 -
2 GR.2012.56
2. a) Die am ... März 2010 abgetretene Dienstbarkeit hat folgenden Wortlaut:
"Der jeweilige Eigentümer des belasteten Grundstückes räumt dem Berechtigten das ausschliessliche Benützungsrecht am Bootsplatz Nr. ... mit den entsprechenden über die gemeinschaftlichen Teile der belasteten Liegenschaft ein. Die Lage und der Umfang des Bootsplatzes ist im Vertragsplan bei den Akten des eingezeichnet.
Der Berechtigte trägt zu gleichen Teilen die Kosten der bootsspezifischen der Bootsplätze.
Dieses Recht des Berechtigten ist an beliebige Dritte übertragbar und vererblich ohne jegliche Mitwirkung des jeweiligen Eigentümers des belasteten Grundstückes."
b) Bei der genannten Dienstbarkeit handelt es sich um eine (irreguläre) Per-
sonaldienstbarkeit i.S.v. Art. 781 ZGB. Nach dieser Bestimmung können Dienstbarkei-
ten anderen Inhalts – neben den spezifizierten persönlichen Dienstbarkeiten Nutznies-
sung, Wohnrecht, Baurecht und Quellenrecht – zugunsten einer beliebigen Person
oder Gemeinschaft an Grundstücken bestellt werden, so oft diese in bestimmter Hin-
sicht jemandem zum Gebrauch dienen können, wie für die Abhaltung von Schiess-
übungen oder für Weg und Steg (Abs. 1). Sie sind nach Abs. 2 der gleichen Norm
grundsätzlich unübertragbar; indessen ist die Unübertragbarkeit und Unvererblichkeit
dispositiver Natur (Etienne Petitpierre, in: Basler Kommentar, 2011, Art. 781 N 3 ZGB).
Die Servitut kann nicht nur einer natürlichen, sondern auch einer juristischen Person
eingeräumt werden (Petitpierre, Art. 781 N 14 ZGB). Während eine Grunddienstbarkeit
dem herrschenden Grundstück einen Vorteil bieten soll, muss die "andere Dienstbar-
keit" dem Berechtigten dienen (Petitpierre, Art. 781 N 16 ZGB). Der Inhalt der Servitut
nach Art. 781 ZGB entspricht jenem der Grunddienstbarkeit nach Art. 737 ff. ZGB (Pe-
titpierre, Art. 781 N 7 ZGB).
3. a) Im Einspracheentscheid stellt sich die Kommission für Grundsteuern auf
den Standpunkt, dass das Benützungsrecht am Bootsplatz Nr. ... als vererblich, über-
tragbar und auf unbestimmte Zeit begründet worden sei. Somit handle es sich um ein
Grundstück im Sinn von Art. 655 ZGB, dessen Übertragung eine Grundstückge-
winnsteuer auslöse. Für die Bootsplätze hätte ein eigenes Grundbuchblatt mit einem
Wertquotenanteil am ganzen Stockwerkeigentum eröffnet werden können, worauf die
Parteien indessen verzichtet hätten. Die enge Beziehung zu den Wohnungen der
Überbauung D ergebe sich auch aus Ziffer 7 der weiteren Vertragsbestimmungen, wo-
- 5 -
2 GR.2012.56
nach sich die Erwerberin durch Abrede einer Konventionalstrafe verpflichtet habe, den
Bootsplatz nicht an Dritte zu vermieten oder zu veräussern, sondern nur an einen der
jeweiligen Wohnungseigentümer. Die Übertragung des Nutzungsrechts sei daher als
wirtschaftliche Handänderung zu würdigen.
An dieser Würdigung hält die Kommission in der Rekursantwort fest. Die
Dienstbarkeit sei auf lange Zeit und selbstständig ausgestaltet. Eine wirtschaftliche
Handänderung liege auch dann vor, wenn für die Servitut (noch) kein eigenes Grund-
buchblatt eröffnet worden sei. Jedenfalls wären hierfür alle Voraussetzungen erfüllt.
Wenn die Belastung eines Grundstücks mit einer Dienstbarkeit eine Grundstückge-
winnsteuer auslöse, gelte dies auch für die spätere entgeltliche Übertragung. Die steu-
erliche Beurteilung der Übertragung einer Dienstbarkeit könne nicht vom Willen des
Begünstigten abhängen, ein eigenes Grundbuchblatt anzulegen oder nicht. Vielmehr
sei der wirtschaftliche Gehalt des Rechtsgeschäfts massgebend. Für den "Grundstück-
charakter" spreche auch der hohe Erlös. Der Vergleich mit einem im Grundbuch vor-
gemerkten Mietvertrag sei nicht schlüssig, weil mit einem solchen kein dingliches
Recht übertragen werde. Solange eine selbstständige und dauernde private Dienstbar-
keit im Grundbuch eingetragen, aber nicht als eigenes Grundstück aufgenommen wor-
den sei, fehle es zwar an einer zivilrechtlichen Handänderung; indessen liege eine
steuerpflichtige wirtschaftliche Handänderung vor.
b) Die Rekurrentin macht zur Rekursbegründung geltend, dass das streitbe-
troffene Benützungsrecht nicht in das Grundbuch aufgenommen worden sei. Solange
eine Dienstbarkeit nicht mit einem eigenen Grundbuchblatt bestehe, handle es sich bei
ihr nicht um ein Grundstück im Sinn von § 207 Abs. 1 StG bzw. Art. 655 Abs. 2 ZGB.
Die selbstständigen und dauernden Rechte seien zunächst nichts anderes als be-
schränkte dingliche Rechte, die einer Person eine bestimmte Nutzung des belasteten
Grundstücks erlaubten. Sie könnten aber auf schriftliches Begehren des Berechtigten
als Grundstücke in das Grundbuch aufgenommen werden. Dies setze voraus, dass die
entsprechende Personaldienstbarkeit in das Grundbuch auf dem Blatt des belasteten
Grundstücks eingetragen, die Dienstbarkeit als selbstständig und dauernd ausgestaltet
sei und das schriftliche Begehren der zurzeit aus der Dienstbarkeit berechtigten Person
gestellt werde, wonach diese Dienstbarkeit als Grundstück in das Grundbuch aufzu-
nehmen sei. Alsdann werde das Grundstück durch Eröffnung eines Blattes im Haupt-
buch und durch eine Grundstückbeschreibung aufgenommen. Der Unterschied zwi-
schen bloss eingetragenen und in das Grundbuch aufgenommenen Rechten zeige sich
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2 GR.2012.56
auch in der ungleichen Behandlung im Rechtsverkehr, was etwa bei der Baurechts-
dienstbarkeit ersichtlich sei. Vorliegend sei das fragliche Benützungsrecht nicht als
Grundbuchblatt in das Grundbuch aufgenommen worden, sondern nur als Dienstbar-
keit lit. k auf dem Grundbuchblatt ... (Liegenschaft Kat.Nr. ..., ...strasse 227, Plan
Nr. ..., ... m2) eingetragen. Die Dienstbarkeit habe somit nie Grundstückscharakter
erreicht. Weil eine wirtschaftliche Handänderung nur an einem Grundstück stattfinden
könne, fehle es hier schon deswegen an einer solchen.
4. a) Kraft des in Art. 5 Abs. 1 der Bundesverfassung vom 18. April 1999 (BV)
verankerten Grundsatzes der Gesetzmässigkeit bildet das Recht Grundlage und
Schranke staatlichen Handelns. Art. 127 BV nennt zentrale Grundsätze der Besteue-
rung. Die Ausgestaltung der Steuern, namentlich der Kreis der Steuerpflichtigen, der
Gegenstand der Steuer und deren Bemessung, ist in den Grundzügen im Gesetz
selbst zu regeln (Abs. 1). Soweit es die Art der Steuer zulässt, sind dabei insbesondere
die Grundsätze der Allgemeinheit und der Gleichmässigkeit der Besteuerung sowie der
Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu beachten
(Abs. 2). Auch wenn Art. 127 Abs. 1 BV im Zusammenhang mit den Bestimmungen
über die Finanzordnung des Bundes steht, gilt diese Norm auch für kantonale und
kommunale Steuern (Markus Reich, Steuerrecht, 2. A., 2012, § 4 N 87; Häfe-
lin/Haller/Keller, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 8. A., 2012, N 870). Das Gesetz
im formellen Sinn hat zumindest die wesentlichen Angaben über Steuersubjekt, Steu-
erobjekt, Steuerbemessungsgrundlage und Steuermass zu enthalten. Die wesentlichen
Elemente einer Steuer müssen durch die Legislative festgelegt werden; eine Ausdeh-
nung des Steueranspruchs auf dem Verordnungsweg verletzt das Gesetzmässigkeits-
prinzip (Reich, § 4 N 88).
b) Der streitbetroffene "Vertrag auf Übertragung eines Benützungsrechts" vom
... März 2010 hat kein Grundstück zum Gegenstand. Aus dem Wortlaut des Vertrags
geht nicht klar hervor, ob mit dem Benützungsrecht die Personaldienstbarkeit selbst,
mithin das Stammrecht, oder lediglich das Recht auf Ausübung der Dienstbarkeit, mit-
hin die Früchte aus dem Stammrecht, gemeint ist. Bei einer irregulären Personal-
dienstbarkeit, zu denen die Benützung eines Bootsplatzes zählt, können die Vertrags-
parteien gemäss Art. 781 Abs. 2 ZGB die Übertragbarkeit der Servitut vereinbaren;
demgegenüber fiele bei der Nutzniessung – die nach Art. 745 ZGB auch auf einen be-
stimmten Teil eines Grundstücks beschränkt werden kann – nur die Übertragung der
- 7 -
2 GR.2012.56
Ausübung, nicht aber der Dienstbarkeit selbst in Betracht (Art. 758 Abs. 1 ZGB;
BGE 133 III 311, E. 3.2; Roland M. Müller, in: Basler Kommentar, 2011, Art. 758 N 1
ZGB).
c) Laut Art. 943 Abs. 2 ZGB können u.a. selbstständige und dauernde Rechte
nach Massgabe der Verordnung betreffend das Grundbuch vom 22. Februar 1910
(aGBV; in Kraft bis 31. Dezember 2011) in das Grundbuch aufgenommen werden.
Gemäss Art. 7 Abs. 1 aGBV erfolgt die Aufnahme auf schriftliches Begehren des Be-
rechtigten, und zwar nach Art. 9 Abs. 1 aGBV durch Anlegung eines Blattes im Haupt-
buch und durch Herstellung einer Beschreibung des Rechts. Eine solche Aufnahme ist
hier unterblieben.
d) Unter diesen Umständen ist der Rekurrentin beizupflichten, dass keine zivil-
rechtliche Handänderung im Sinn von § 216 Abs. 1 StG an einem Grundstück oder an
einem Grundstückteil vorgenommen worden ist (vgl. Merkblatt, S. 14 Fn. 7; Rich-
ner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 216 N 132 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung). Eine
analoge Anwendung von § 216 Abs. 1 StG auf das einer Handänderung ähnliche
Rechtsgeschäft fällt nach dem erwähnten Grundsatz der Gesetzmässigkeit ausser Be-
tracht. Immerhin gibt es neben diesem ausschlaggebenden formellen Grund auch ma-
terielle Argumente dafür, dass die Verwaltungspraxis und die Lehre nur dann eine
steuerbare Handänderung annehmen, wenn die Berechtigung als eigenes Grundstück
in das Grundbuch aufgenommen worden ist: Zum einen wird die Berechtigung erst mit
der Aufnahme ins Grundbuch "verdinglicht" und aufgrund der beschränkten Öffentlich-
keit des Grundbuchs (Art. 970 ZGB) gegenüber Dritten kundgetan; zum anderen
schafft diese Unterscheidung Rechtssicherheit mit Bezug auf die Steuerfolgen. Denn
eine Grundstückgewinnsteuer müsste nach dem Gesagten jedenfalls dann entfallen,
wenn nicht die Dienstbarkeit, sondern – bei einer Nutzniessung – nur deren Ausübung
übertragen würde; daran vermöchte selbst eine allfällige Eintragung im Grundbuch
nichts zu ändern.
e) Fehlt es nach dem Gesagten an einem Grundstück oder Grundstücksanteil,
von dem Rechte übertragen worden wären, so fällt nach § 216 Abs. 2 lit. a StG eine
wirtschaftliche Handänderung ebenfalls ausser Betracht (so auch StRK III, 1. Febru-
ar 2000, ZStP 2000, 297). Wie in E. 1b zuvor ausgeführt, bezieht sich auch die wirt-
schaftliche Handänderung stets auf ein Grundstück und nicht auf eine anderweitige
Berechtigung. Sodann entfällt auch § 216 Abs. 2 lit. b StG als Besteuerungsgrundlage,
- 8 -
2 GR.2012.56
da nur die Belastung eines Grundstücks mit privatrechtlichen Dienstbarkeiten, nicht
jedoch deren Weiterveräusserung der Grundstücksgewinnsteuer unterliegt (Rich-
ner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 216 N 115 und 132).
5. Diese Erwägungen führen zur Gutheissung des Rekurses und zur Aufhe-
bung des Einspracheentscheids der Kommission für Grundsteuern vom 12. Septem-
ber 2012. Bei diesem Prozessausgang sind die Gerichtskosten der Rekursgegnerin
aufzuerlegen (§ 151 Abs. 1 StG). Ferner ist der Rekurrentin für das Rekursverfahren
eine Parteientschädigung zuzusprechen (§ 152 StG i.V.m. § 17 Abs. 2 des Verwal-
tungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997). Unter Berücksichtigung
der nicht einfachen Rechtsfragen sowie eines Streitwerts von insgesamt rund
Fr. 581'100.- rechtfertigt sich eine Vergütung von Fr. 5'000.- (einschliesslich Mehr-
wertsteuer). | Public | Tax | de | 2,013 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
b1e7f3c4-527e-4dee-97e2-1f401cecff9b | hat sich ergeben:
A. 1. Die B AG (ab 13. Mai 2013 A AG, nachfolgend die Pflichtige) war bis zu
ihrer Umfirmierung und Zweckänderung in der Vermögensverwaltung, Finanzberatung
und Finanzanalyse tätig. Konkret betrieb sie das Fondsgeschäft und bewirtschaftete in
der streitbetroffenen Steuerperiode 2006/07 verschiedene kollektive Anlagefonds liech-
tensteinischen Rechts mit einem Anlagevolumen von rund Fr. 2 Mrd. Diese Fonds ver-
folgten eine in der konventionellen Vermögensverwaltung verbreitete Anlagestrategie.
Die Pflichtige war als Portfolio-Managerin der Fonds tätig, d.h. sie legte das Fondsver-
mögen an, überwachte es und nahm Anpassungen vor. Diese Tätigkeit übte sie im
Auftragsverhältnis aus, wobei Auftraggeberin die in Vaduz/FL domizilierte C AG war.
Letzteres Unternehmen nahm die Funktion der Fondsleitung wahr und ist gleichzeitig
die Schwestergesellschaft der Pflichtigen. Gemeinsame 100%ige Aktionärin der Pflich-
tigen und der C AG ist die D AG mit Sitz im Kanton Zug bzw. ab Frühjahr 2007 im
Kanton Schwyz. Die Aktionäre der Letzteren wiederum sind E, F und G. Die Pflichtige
hatte ihren Sitz ursprünglich in Zürich, ab Herbst 2008 bzw. Frühling 2009 nacheinan-
der in zwei Schwyzer Gemeinden.
Die Pflichtige erhielt von der C AG für ihre Tätigkeit als Portfolio-Managerin
der drei Anlagefonds eine Entschädigung, die sich in Abhängigkeit der jeweiligen
Fondsvermögen bemass. Auf dieser Grundlage erzielte sie im Geschäftsjahr 1.10.2006
- 30.9.2007 einen Dienstleistungsertrag von Fr. 15'530'445.30. Den steuerbaren Rein-
gewinn gab sie in der Steuererklärung 2007 mit Fr. 5'719'900.- und das (steuerbare)
Eigenkapital mit Fr. 383'000.- an.
2. Nachdem vorgängig durchgeführte umfangreiche Verhandlungen über ein
Ruling hinsichtlich der ausgerichteten Vergütung für die Tätigkeit als Portfolio-
Managerin gescheitert waren, führte das kantonale Steueramt im Veranlagungs-/
Einschätzungsverfahren der Steuerperiode 1.10.2006 - 30.9.2007 eine diesbezügliche
Untersuchung durch. Es verlangte mit Auflage und Mahnung vom 8. Mai bzw. 30. Ju-
ni 2009 detaillierte Angaben zu den Tätigkeiten der Pflichtigen und der C AG bei der
Fondsverwaltung/-leitung, eine Darlegung der Kriterien und Grundlagen zur Festlegung
der ausgerichteten Vergütung sowie eine Begründung zur vorgenommenen Gewinn-
aufteilung zwischen den beiden Gesellschaften. Die Pflichtige antwortete am
3. Juni und 31. Juli 2009. Weil das kantonale Steueramt der Auffassung war, die Pflich-
1 DB.2011.50 1 ST.2011.77
- 3 -
tige sei damit Auflage und Mahnung nicht hinreichend nachgekommen, nahm es ge-
winnseitig eine "Transferpreis-Korrektur" vor und schätzte diese nach pflichtgemässem
Ermessen auf Fr. 9'620'427.-. Gestützt darauf setzte es den steuerbaren Reingewinn
mit Hinweis bzw. Einschätzungsentscheid vom 11. Oktober 2010 sowohl für die direkte
Bundessteuer als auch für die Staats- und Gemeindesteuern auf Fr. 15'340'300.-
fest und übernahm das (steuerbare) Eigenkapital gemäss Steuererklärung mit
Fr. 383'000.-. Die Veranlagung der direkten Bundessteuer wurde mit Steuerrechnung
vom 1. November 2011 formell eröffnet.
B. Hiergegen liess die Pflichtige am 11. November 2010 Einsprache erheben
und beantragen, sie unter ersatzloser Aufhebung der Ermessensschätzung gemäss
Steuererklärung zu veranlagen bzw. einzuschätzen. Das kantonale Steueramt wies die
Einsprache am 25. Februar 2011 ab, wobei es an der Aufrechnung der "Transferpreis-
Korrektur" im Umfang von Fr. 9'620'427.- zwar festhielt, diese jedoch nicht mehr nach
pflichtgemässem Ermessen festsetzte, da sie die Voraussetzungen für eine solche
Schätzung nun nicht mehr als erfüllt betrachtete.
C. Mit Beschwerde bzw. Rekurs vom 29. März 2011 liess die Pflichtige den
Einspracheantrag wiederholen und die Zusprechung einer Parteientschädigung verlan-
gen. Das kantonale Steueramt schloss am 20. April 2011 auf Abweisung der Rechts-
mittel. Zudem sei der Pflichtigen keine Parteienschädigung zuzusprechen.
Am 17. Mai 2011 ordnete das Steuerrekursgericht die Einholung eines Gut-
achtens über die Verrechnungspreise der Pflichtigen gegenüber der C AG an und
schlug den Parteien gleichzeitig einen Gutachter vor. Gegen Letzteren erhob das kan-
tonale Steueramt am 10. Juni 2011 Einwendungen. Gleichzeitig beantragte es, auf ein
Gutachten zu verzichten, da nur eine Rechtsfrage streitig sei. Mit Verfügung vom 29.
Juni 2011 hielt das Steuerrekursgericht an der Gutachtenseinholung fest und erklärte
die Einwendungen gegen den vorgeschlagenen Gutachter als unbegründet. In der Fol-
ge gelangte das kantonale Steueramt dagegen mit Beschwerde an das Verwaltungs-
gericht. Dieses trat darauf am 2. November 2011 vorerst nicht ein, hob dann aber –
nach vorgängiger Rückweisung der Sache durch das Bundesgericht am 18. Juli 2012
zur materiellen Beurteilung – die Bestellung des vorgeschlagenen Gutachters wegen
Befangenheit am 14. August 2013 auf. Am 28. Januar 2014 schlug das Steuerrekurs-
1 DB.2011.50 1 ST.2011.77
- 4 -
gericht einen neuen Gutachter vor. Weil die Parteien gegen diesen keine Einwendun-
gen erhoben, wurde er mit Verfügung vom 25. Februar 2014 definitiv ernannt (unter
gleichzeitiger Zusendung sämtlicher Einschätzungsakten und der Akten des vorliegen-
den Verfahrens). Am 12. Mai 2014 wurden für die Erstellung des Gutachtens notwen-
dige Unterlagen einverlangt und von der Pflichtigen am 2. Juni 2014 eingereicht. Das
kantonale Steueramt nahm dazu am 27. Juni 2014 Stellung.
Der Gutachter lieferte die Expertise am 30. März/8. April 2015 ab. Die Pflichti-
ge nahm dazu am 29. April 2015 fristgerecht und das kantonale Steueramt nach Ablauf
der bis 20. Mai 2015 erstreckten Frist am 22. Mai 2015 (Eingang beim Steuerrekursge-
richt) Stellung. Das kantonale Steueramt beantragte dabei die Beantwortung von zu-
sätzlichen Fragen durch den Gutachter und die Akteneinsicht in die gesamte "Steuer-
akte" durch diesen. Die Pflichtige wehrte sich am 5. Juni 2015 gegen dieses Ansinnen. | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. a) Die Frist für eine Stellungnahme zum Gutachten wurde den Parteien bis
30. April 2015 angesetzt, dem kantonalen Steueramt jedoch auf Gesuch hin bis
20. Mai 2015 erstreckt (R-act. 61 und 62). Mithin ist fraglich, ob die Stellungnahme des
Letzteren rechtzeitig erfolgte, da seine Eingabe dem Steuerrekursgericht vom Weibel-
dienst der Staatskanzlei mit interner Post erst am 22. Mai 2015 nach Ablauf der Frist
überbracht wurde (Eingangsstempel auf R-act. 64).
b) Eine Frist gilt als eingehalten, wenn die Handlung innerhalb derselben vor-
genommen wird (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A.,
2009, Art. 133 N 9 DBG sowie § 12 Abs. 3 der Verordnung zum Steuergesetz vom
1. April 1998 [VO StG], beide auch zum Folgenden). Schriftliche Eingaben müssen
spätestens am letzten Tag der Frist an die Behörde gelangt oder der Post übergeben
sein. Als Post im Sinn dieser Vorschrift gilt ausnahmslos nur die schweizerische Post.
Die strikte Beachtung dieses Erfordernisses gilt nicht als überspitzter Formalismus
(vgl. BGE 104 Ia 4).
1 DB.2011.50 1 ST.2011.77
- 5 -
Die Übergabe an die schweizerische Post ist vollzogen, wenn die Sendung
von der Postverwaltung zur Beförderung entgegengenommen worden ist (ZBl 48, 356).
Werden für die Einreichung private Zustelldienste in Anspruch genommen, so gilt erst
das Datum der Übergabe durch den privaten Dienst an das Gericht als Datum der vor-
genommenen Handlung. Der vom kantonalen Steueramt für die Einreichung seiner
Stellungnahme benutzte kantonale Weibeldienst kann nicht der schweizerischen Post
gleichgestellt werden. Mithin gilt bei Benützung dieses Dienstes eine Sendung an das
Steuerrekursgericht erst mit deren Übergabe durch den Dienst als zugestellt (VGr,
23. Mai 2012, SB.2011.00056, auch zum Folgenden). Daran ändert nichts, dass das
Steuerrekursgericht für die Spedition seiner eigenen Sendungen diesen Weibeldienst
ebenfalls benutzt, gehört es als von der Verwaltung vollständig unabhängige Justizbe-
hörde doch nicht zum Verfügungsbereich des kantonalen Steueramts.
Mithin erweist sich die Stellungnahme des kantonalen Steueramts als verspä-
tet, da sie dem Steuerrekursgericht vom Weibeldienst erst am 22. Mai 2015 überbracht
wurde.
Selbst wenn aber der Weibeldienst der schweizerischen Post gleichgestellt
würde und die Stellungnahme dem Steuerrekursgericht schon bei deren Übergabe an
diesen als erfolgt gälte, läge Verspätung vor. So ergab eine Anfrage der Kanzlei des
Steuerrekursgerichts beim Steuerkommissär, dass die Stellungnahme aufgrund von
"gewissen Verzögerungen" in der zentralen Aktenkanzlei des kantonalen Steueramts
erst am 21. Mai 2015, und damit einen Tag zu spät, "weitergeleitet", d.h. dem Weibel-
dienst übergeben wurde (E-Mail des Steuerkommissärs vom 22. Mai 2015, R-act. 66).
c) Erfolgte die Stellungnahme verspätet, ist androhungsgemäss Verzicht auf
dieselbe anzunehmen. Die darin erhobenen Einwände und gestellten Anträge des kan-
tonalen Steueramts gelten daher als nicht erfolgt, sodass darauf nicht einzugehen ist.
Zwecks Vermeidung von Missverständnissen sei aber zumindest erwähnt, dass dem
Gutachter sämtliche Einschätzungsakten und die Akten des vorliegenden Verfahrens
zur Verfügung gestellt wurden (vgl. Begleitbrief an diesen, R-act. 41).
2. Mit den Einspracheentscheiden vom 25. Februar 2011 (T-act. 43 und 47)
sind der Veranlagungs- sowie der Einschätzungsentscheid vom 11. Oktober bzw.
1. November 2010 (T-act. 34 und 45) aufgehoben bzw. ersetzt worden. Mithin ist der
1 DB.2011.50 1 ST.2011.77
- 6 -
Frage, ob die Voraussetzungen für eine ermessensweise Schätzung der streitbetroffe-
nen "Transferpreis-Korrektur" erfüllt waren, wie im Veranlagungs-/Einschätzungs-
entscheid noch angenommen, nicht mehr nachzugehen, ist diese Schätzung von der
Vorinstanz in den Einspracheentscheiden (S. 4) doch ausdrücklich aufgehoben wor-
den. Demnach ist nurmehr die Gesetzmässigkeit der Aufrechnung selber zu prüfen, da
diese weiterhin umstritten ist.
3. a) Die Pflichtige erhielt von der C AG den Auftrag für die Ausübung des
Portfolio-Managements von drei Anlagefonds (vgl. Verwaltungsvertrag vom 27. No-
vember 1997, R-act. 56). Die dafür von der C AG ausgerichtete Entschädigung be-
mass sich in so genannten Basispunkten (BP) des jeweiligen Fondsvermögens und
betrug je 60 BP für den "H Fund" und "I Fund" sowie 80 BP für den "J Fund". Bei der C
AG handelt es sich um die Schwestergesellschaft der Pflichtigen, sodass sich mit Blick
auf den so genannten Drittmannsvergleich ertragssteuerlich die Frage nach dem Ver-
hältnis der gegenseitig erbrachten Leistungen, insbesondere der von der Pflichtigen
vereinnahmten Entschädigung, und der sich daraus allenfalls ergebenden Korrektur bei
dieser Entschädigung (Aufrechnung) stellt:
b) aa) Der steuerbare Reingewinn einer Kapitalgesellschaft berechnet sich
nach Art. 58 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom 14. De-
zember 1990 (DBG) bzw. § 64 Abs. 1 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) auf-
grund des Saldos der Erfolgsrechnung, erhöht um die der Rechnung belasteten, ge-
schäftsmässig nicht begründeten Aufwendungen, wie u.a. offene und verdeckte
Gewinnausschüttungen sowie geschäftsmässig nicht begründete Zuwendungen an
Dritte.
Geschäftsmässig unbegründeter Aufwand liegt vor, wenn dieser keine Grund-
lage in der geschäftlichen Aktivität findet, d.h. wenn ein sachlicher Zusammenhang
zwischen Aufwendung und Geschäftsbetrieb fehlt (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter,
Art. 58 N 74 DBG und Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, 3. A., 2013, § 64 N 161
StG). Verdeckte Gewinnausschüttungen im Besonderen sind in Erfolgsrechnung und
Bilanz nicht als Gewinn ausgewiesene Leistungen einer Gesellschaft, mit denen sie
ihren Aktionären oder diesen nahestehenden Personen bewusst geldwerte Vorteile
zuwendet, die sie unbeteiligten Dritten nicht einräumen würde (RB 1982 Nr. 72 mit
Hinweisen; Markus Reich, Verdeckte Vorteilszuwendungen zwischen verbundenen
1 DB.2011.50 1 ST.2011.77
- 7 -
Unternehmen, ASA 54, 621 f.). Die Einräumung geldwerter Leistungen kann nicht nur
in Form physischer Vermögenszuwendungen an die Aktionäre erfolgen. Vielmehr bildet
jede Leistung der Gesellschaft ohne entsprechende Gegenleistung, die nicht im ge-
schäftlichen Interesse, sondern im Interesse der Aktionäre erbracht wird, eine Gewinn-
ausschüttung (Reich, ASA, 54, 635 und 639, auch zum Folgenden). Als Empfänger
einer verdeckten Gewinnausschüttung kommen nicht nur die Anteilsinhaber, sondern
auch diesen nahestehende Personen in Betracht (VGr, 27. Januar 1987, SB 51/1986,
mit Hinweis auf BGr, 17. September 1976, ASA 45, 595). Eine Hauptform verdeckter
Gewinnausschüttungen besteht darin, dass die Gesellschaft übersetzte Gewinnungs-
und Anschaffungskosten aufwendet und so eine überhöhte Belastung eines Erfolgs-
oder Bestandskontos bewirkt (Reich, ASA 54, 613 ff.). Möglich ist jedoch auch die Aus-
richtung einer verdeckten Gewinnausschüttung durch Verzicht auf eine im Drittver-
gleich erbrachte Leistung. Diesfalls liegt eine Gewinnvorwegnahme vor (BGr, 19. No-
vember 2003 = StE 2004 B 72.13.22 Nr. 42).
Vorliegend ist eine Gewinnvorwegnahme streitig, behauptet das kantonale
Steueramt doch, die Pflichtige habe bei der Ausübung ihres Portfolio-Auftrags gegen-
über der Schwestergesellschaft C AG auf ein marktmässiges Entgelt verzichtet und
sich dadurch entreichert.
bb) Vorteilszuwendungen an Schwestergesellschaften, d.h. zwischen Gesell-
schaften, die von denselben Aktionären beherrscht werden, sind (nach der so genann-
ten Dreieckstheorie) einerseits als verdeckte Gewinnausschüttung der leistenden Ge-
sellschaft an die Aktionäre und andrerseits als verdeckte Kapitaleinlage der Aktionäre
in die empfangende Gesellschaft zu würdigen (VGr, 3. Oktober 1989 = StE 1991
B 24.4 Nr. 27; VGr, 19. Dezember 1996, SB.96.00040). Ob eine Vorteilszuwendung
geschäftsmässig begründet war, ist ausschliesslich vom Standpunkt der steuerpflichti-
gen juristischen Person aus zu beurteilen, nicht vom Standpunkt des Konzerns aus,
dem sie angehört. Massgebend ist nach anerkannter schweizerischer Auffassung das
so genannte "at arm's length"-Prinzip (RB 1985 Nr. 42 mit Verweisungen). Zu prüfen ist
dabei, wie gegenüber einem unbeteiligten Dritten gehandelt worden wäre, d.h. es gilt
der Drittvergleich.
cc) Ist streitig, ob einer Leistung der steuerpflichtigen Gesellschaft eine Ge-
genleistung des Aktionärs bzw. der Schwestergesellschaft gegenübersteht, trägt die
Gesellschaft die Beweislast für das Vorhandensein einer solchen Gegenleistung
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(VGr, 14. Juli 1999 = StE 1999 B 72.14.2 Nr. 23; Martin Zweifel, Die Sachverhaltser-
mittlung im Steuerveranlagungsverfahren, 1989, S. 111 f., auch zum Folgenden). Ist
umstritten, ob zwischen den gegenseitigen Leistungen ein offensichtliches Missver-
hältnis bestehe und ob deshalb auf eine verdeckte Gewinnausschüttung geschlossen
werden dürfe, hat die Steuerbehörde durch ihre Untersuchungen den steuerbegründ-
enden Umstand des offensichtlichen Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegen-
leistung aufzuzeigen, mithin darzutun, dass eine Leistung der Gesellschaft ganz oder
teilweise nicht geschäftsmässig begründet sein kann (vgl. StE 1990 B 24.4. Nr. 25).
Darauf obliegt dem Steuerpflichtigen wiederum der Nachweis, dass trotz Missverhältnis
zwischen Leistung und Gegenleistung keine verdeckte Gewinnausschüttung anzu-
nehmen ist (vgl. StRK II, 26. Mai 1999, 2 ST.1999.194).
c) aa) Bei multinationalen Konzernen mit grenzüberschreitenden Transaktio-
nen hat sich zur Überprüfung von gegenseitigen Leistungen bzw. von Verrechnungs-
preisen innerhalb des Konzerns in der Praxis die Anwendung des Drittvergleichsgrund-
satzes gemäss den Richtlinien der OECD aus dem Jahr 1995 – in diesen
Fremdvergleichsgrundsatz genannt – etabliert (Peter Eisenring, in: Kommentar zum
Schweizerischen Steuerrecht, Internationales Steuerrecht, 2015, Art. 9 N 7 ff. OECD-
MA sowie Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 64 N 193 StG). Dieser Grundsatz gilt nicht
nur für die Schweiz, die seit Gründung der OECD 1961 ihr Mitglied ist, sondern auch
für Nichtmitgliedstaaten der OECD wie z.B. Liechtenstein.
Bei diesen Richtlinien der OECD handelt es sich allerdings weder um Staats-
vertragsrecht noch um gesetzesvertretende Normen, sondern lediglich um eine Ausle-
gungshilfe zu Art. 9 des OECD-Musterabkommens (OECD-MA). Letztere Bestimmung
regelt die Zuordnung von Gewinnen verbundener Unternehmen nach dem Grundsatz
des Dealing at arm's length bzw. des Fremdvergleichsgrundsatzes. Mit Hilfe der Richt-
linien sollen die gegenseitigen Leistungen überprüft und die Grundlage geliefert wer-
den können, ob eine Korrektur der Verrechnungspreise angezeigt ist und entsprechen-
de, in Art. 9 OECD-MA grundsätzlich vorgesehene Gewinnaufrechnungen durch die
Steuerbehörden im Einzelfall zuzulassen sind. Das OECD-MA stellt dabei bloss eine
Empfehlung für ein Vertragsmuster eines Doppelbesteuerungsabkommens dar (Matte-
otti/Horn, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Internationales Steuer-
recht, 2015, Einleitung N 4).
1 DB.2011.50 1 ST.2011.77
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Grundlage für die steuerliche Korrektur von Verrechnungspreisen in der
Schweiz bilden damit nach wie vor allein die entsprechenden Vorschriften in Art. 58
DBG und § 64 StG über die Aufrechnung von verdeckten Gewinnausschüttungen
(Eisenring, Art. 9 N 56 ff. OECD-MA). Da sich jedoch die Anwendung der OECD-
Richtlinien – wie erwähnt – international etabliert hat, ist es naheliegend und sachge-
recht, diese bei Überprüfung von Verrechnungspreisen multinationaler Unternehmen
und damit allfällig verbundener verdeckter Gewinnausschüttungen von einer Konzern-
gesellschaft zur andern im Rahmen der Korrekturvorschriften von DBG und StG zum
Tragen zu bringen. Entsprechenden Sukkurs leistet auch die Eidgenössische Steuer-
verwaltung (ESTV) in ihrem Kreisschreiben Nr. 4 vom 19. März 2004 betreffend Be-
steuerung von Dienstleistungsgesellschaften, indem sie darin in Erinnerung ruft, dass
die Verrechnungspreisgrundsätze der OECD für multinationale Unternehmen und
Steuerverwaltungen zu berücksichtigen seien.
Von der Anwendung der OECD-Richtlinien gehen vorliegend übereinstim-
mend denn auch die Parteien aus, sodass ihnen auch das Steuerrekursgericht folgt.
bb) Beim Fremdvergleichsgrundsatz der OECD-Richtlinien wird auf die Preise
abgestellt, welche zwischen unabhängigen Unternehmen gelten. Zur Ermittlung dieser
Preise kommen verschiedene Methoden zur Anwendung.
In der ursprünglichen Fassung der OECD-Richtlinien, die bis 2010 Geltung
hatte und daher auf den vorliegend streitigen Sachverhalt des Geschäftsjahres
1.10.2006 – 30.9.2007 der Pflichtigen anzuwenden ist, wird zwischen "Geschäftsfall-
bezogenen Standardmethoden" und "Geschäftsfallbezogenen Gewinnmethoden" un-
terschieden (Kapitel II und III OECD-Richtlinien). Dabei geniesst die erstere Kategorie
Vorrang (OECD-Richtlinien, Randziffer [Rz] 2.5, 2.49 und 3.49). Innerhalb dieser Kate-
gorie der Standardmethoden ist die Preisvergleichsmethode vor den andern Methoden
anzuwenden. Voraussetzung ist allerdings, dass ausreichende Fremddaten vorliegen
und diese verlässlich angewendet werden können. Diese Methode vergleicht den zwi-
schen verbundenen Unternehmen vereinbarten Preis unmittelbar mit solchen Preisen,
welche unabhängige Unternehmen bei vergleichbaren Verhältnissen vereinbaren
(OECD-Richtlinien, Rz 2.5, 2.6, 2.49 und 3.49). Die weiteren Methoden dieser Katego-
rie sind die Wiederverkaufspreismethode und die Kostenaufschlagsmethode (OECD-
Richtlinien, Rz 2.14 und 2.27). Zur zweiten Kategorie der "Geschäftsfallbezogenen
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Gewinnmethoden", die erst in zweiter Linie heranzuziehen ist, zählt die Profit-Split Me-
thode und die Nettomargenmethode (OECD-Richtlinien, Rz 3.9, 3.16, 3.19, 3.26).
cc) Vorliegend dreht sich der Streit zwischen den Parteien um die Frage, wel-
che der erwähnten Methoden für die Überprüfung der von der C AG an die Pflichtige
ausgerichteten Entschädigung anzuwenden ist. Während Letztere für die Preisver-
gleichsmethode plädiert, verficht das kantonale Steueramt die Anwendung der Profit-
Split Methode, allerdings ohne den grundsätzlichen Vorrang der Preisvergleichsmetho-
de vor den andern Methoden in Frage zu stellen.
3. a) aa) Voraussetzung für die Anwendung der Preisvergleichsmethode bildet
nach dem Gesagten, dass ausreichende Fremddaten vorliegen und diese verlässlich
angewendet werden können.
bb) Das kantonale Steueramt bringt in den Einspracheentscheiden diesbezüg-
lich vor, für die Pflichtige existierten keine solche Daten, da sie ein personenbezogenes
Fondsmanagement ohne adäquate Vertriebsorganisation wie z.B. Geschäftsbanken
betreibe, sodass ein Preisvergleich mit veröffentlichten Kennzahlen der Anlagefonds-
branche mit vorwiegend grossen und institutionellen Fondsanbietern nicht in Frage
komme. Zudem stünden die einzelnen Fondsgesellschaften regelmässig unter einheit-
licher Leitung, weshalb ein Vergleich mit Preisen solcher Gesellschaften – weil nicht im
freien Markt gebildet – nicht zulässig sei (T-act. 43 und 47, je S. 7).
Demgegenüber führt die Pflichtige in Beschwerde und Rekurs aus, der Markt
für Vermögensverwaltungsmandate sei transparent und wettbewerbsintensiv, sodass
sich die Bandbreite für marktgerechte Entschädigungen ohne weiteres feststellen las-
se. Ihre Tätigkeit bestehe in der Anlage in kotierte Aktien und Obligationen im Rahmen
von bestimmten Anlagerichtlinien und stelle eine Standarddienstleistung dar. Für diese
bestünden in der Finanzbranche statistisch breit abgestützte Marktdaten. Auch gebe es
in der Schweiz mehrere Fonds, deren Anlagen von rechtlich unabhängigen Vermö-
gensverwaltern bewirtschaftet würden, darunter zehn Fonds, die den gleichen Anlage-
stil wie der C AG verfolgten. Sie beantrage die Einholung eines Amtsberichts, worin
Auskunft zu geben sei über die steuerliche massgebenden Konditionen, zu welchen
diese unabhängigen Vermögensverwalter für die Fondsleitungen tätig seien und in
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welcher Bandbreite sich die dafür ausgerichteten Entschädigungen bewegten
(R-act. 2 und 5, je S. 13).
b) Die Frage, ob und inwiefern in der Finanzdienstleistungsbranche im freien
Markt gebildete Preise für die Ausübung des Portfolio-Managements bei Anlagefonds
existieren, ist eine solche tatsächlicher Natur und – entgegen der Auffassung des kan-
tonalen Steueramts – keine Rechtsfrage. Gleiches gilt für die weitere Frage, ob diese
Preise, soweit sie denn auch existieren, mit den der Pflichtigen zugeflossenen Vergü-
tungen vergleichbar sind, was nur der Fall ist, wenn die Pflichtige ihr Fondsgeschäft auf
vergleichbare Weise wie die zum Vergleich herangezogenen Fonds betreibt. Das
Steuerrekursgericht verfügt nicht über die erforderlichen Branchenkenntnisse, um die-
se Fragen kompetent und sicher zu beantworten. Demnach kann es auch nicht darüber
entscheiden, ob die gemäss den OECD-Richtlinien unstreitig primär anzuwendende
Preisvergleichsmethode zur Überprüfung der fraglichen Entschädigung an die Pflichti-
ge heranzuziehen ist oder nicht.
Verfügt die urteilende Steuerjustizbehörde nicht über die für die Beurteilung
erforderliche Sachkenntnis, kann bzw. muss sie zur Beurteilung der tatsächlichen Ver-
hältnisse einen Experten beiziehen (Art. 142 Abs. 4 i.V.m. Art. 123 Abs. 2 DBG und
§ 148 Abs. 3 i.V.m. § 132 Abs. 2 StG; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 123 N 31
DBG und § 132 N 30 StG). Demnach hat das Steuerrekursgericht vorliegend am
17. Mai 2011 zu Recht die Einholung eines Gutachtens angeordnet (R-act. 13). Ein
Amtsbericht würde vom kantonalen Steueramt verfasst und vermöchte zudem nur über
die im Kanton Zürich ansässigen Anlagefonds Auskunft zu geben, sodass auf einen
solchen zu verzichten ist.
Die dem Gutachter gestellte Frage wurde derart formuliert, dass dieser die
fremdvergleichskonformen Verrechnungspreise für die Dienstleistungen der Pflichtigen
an die C AG im betroffenen Geschäftsjahr 1.10.2006 - 30.9.2007 losgelöst von einer
bestimmten Methode darzulegen hat. Dies hat seinen Grund darin, dass bei Fehlen
von Fremddaten die Preisvergleichsmethode nicht zum Zug kommen kann und daher
auf eine andere Methode abzustellen ist. Die Wahl und Durchführung dieser andern
Methode muss dem fachkundigen Gutachter überlassen sein, da hierfür allenfalls wei-
tere branchenspezifische Kenntnisse erforderlich sind, so insbesondere bei der Wie-
derverkaufspreismethode, die sich an Drittpreisen beim Absatz der Produkte oder Leis-
tungen orientiert, und bei der Kostenaufschlagsmethode, welcher Drittpreise von
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- 12 -
Lohnkosten, Materialkosten etc. bei der Beschaffung zugrunde gelegt werden (Eisen-
ring, Art. 9 N 33 OECD-MA). Über diese Kenntnisse verfügt das Steuerrekursgericht
wiederum nicht. Damit wurde die Frage an den Gutachter mit gutem Grund allgemein
formuliert und nicht nur darauf eingeschränkt, ob genügend Daten für die Anwendung
der Preisvergleichsmethode existieren.
Zusätzlich zur Frage nach den fremdenvergleichskonformen Verrechnungs-
preisen wurden dem Gutachter die vom kantonalen Steueramt in seiner Eingabe vom
10. Juni 2011 (R-act. 18) eventualiter vorgeschlagenen Ergänzungsfragen zur Beant-
wortung übergeben (Verfügung vom 29. Juni 2011, R-act. 20 bzw. 38). Diese Zusatz-
fragen beschlagen einerseits die vom Gutachter ohnehin vorab durchzuführende Funk-
tions- (und Risiko-)analyse bei der Pflichtigen und der C AG, die von diesem zu
erörternden Grundsätze bei Anwendung der Preisvergleichsmethode, sowie andrer-
seits die vom kantonalen Steueramt verfochtene Profit-Split Methode. Ebenfalls zuge-
lassen wurde die Ergänzungsfrage der Pflichtigen in der Eingabe vom 6. Juni 2011 (R-
act. 15) nach der Bandbreite der marktkonformen Entschädigungen, die für die von ihr
erbrachten Dienstleistungen in der Anlagefondsindustrie üblicherweise bezahlt werden.
Damit wurde das rechtliche Gehör der Parteien zur Formulierung der Gutachterfrage
gewahrt.
c) Das Gutachten wurde – nach Bestellung eines neuen Experten anstelle des
abgelehnten – am 30. März/8. April 2015 abgeliefert (R-act. 60). Der Experte kommt
darin zum Schluss, dass die von der C AG der Pflichtigen ausgerichtete Entschädigung
fremdvergleichskonform ist.
4. a) Gutachten unterliegen der freien Beweiswürdigung. Dabei kann sich die
Prüfung der Rechtsmittelbehörde jedoch darauf beschränken, ob das Gutachten auf
zutreffender Rechtsgrundlage beruhe, vollständig, klar, gehörig begründet und wider-
spruchsfrei sei und ob der Gutachter hinreichende Sachkenntnis sowie die nötige Un-
befangenheit bewiesen habe (RB 2004 Nr. 99, 1997 Nr. 9, 1985 Nr. 47). Richtig be-
trachtet darf sich die Prüfung der Rechtsmittelbehörde in der entscheidenden Frage
nicht nur auf die genannten Punkte beschränken, sondern muss sie dies auch: Vor-
aussetzung der Einholung eines Gutachtens ist die fehlende Sachkenntnis der Behör-
de. Es ist Letzterer somit gar nicht möglich, die Ausführungen des Sachverständigen
materiell zu überprüfen, weshalb sich die Überprüfung auf die genannten Punkte be-
1 DB.2011.50 1 ST.2011.77
- 13 -
schränken muss (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 123 N 39 DBG und § 132 N 42
StG). Widrigenfalls würde sich die Rechtsmittelbehörde selber als Gutachterin betäti-
gen, obwohl sie nicht die erforderliche Sachkenntnis besitzt, was nicht zulässig ist
(BGr, 21. Juli 2009, 2C_823/2008, www.bger.ch).
b) Der vom Steuerrekursgericht beauftragte Gutachter Achim Roeder ist Steu-
erberater und Partner im Bereich Global Transfer Pricing Services der KPMG AG in
Frankfurt a.M./Deutschland. Er hat über zehn Jahre Berufs- und Projekterfahrung in
der internationalen Steuer- sowie Verrechnungspreisberatung und ist Lehrbeauftragter
an der Ruhr-Universität Bochum (Internetausdrucke vom 7. Januar 2014, R-act. 72). Er
ist daher ohne Zweifel befähigt, die gestellten Fragen nach der Fremdvergleichskon-
formität der von der C AG an die Pflichtige entrichteten Entschädigung fachkundig zu
beantworten. Dies wird denn auch weder vom kantonalen Steueramt noch von der
Pflichtigen in Frage gestellt. Anhaltspunkte, wonach der Gutachter befangen sein könn-
te, sind – anders als beim zuerst vorgeschlagenen Gutachter – nicht ersichtlich, ist
dieser doch bisher nicht in der Vertretung von Steuerpflichtigen vor dem kantonalen
Steueramt tätig gewesen, sodass kein Vertretungsverhältnis zur Gegenpartei einer der
Prozessparteien besteht (vgl. die diesbezüglichen Bedenken des Verwaltungsgerichts
in seinem den ersten Gutachter betreffenden Entscheid vom 14. August 2013, R-act.
37). Zudem hat er bisher nicht einschlägig, d.h. die Verrechnungspreise von Anlage-
fonds betreffend publiziert und steht der Anlagefondsbranche nach Kenntnis des Steu-
errekursgerichts nicht nahe. Daher gilt er nicht als befangen. Damit übereinstimmend
machen denn auch die Parteien gegenüber ihm keinerlei Vorbehalte geltend.
c) aa) Im 37 Seiten umfassenden Gutachten führt der Experte sachgerecht
vorerst eine detaillierte Funktions- und Risikoanalyse bei der Pflichtigen und der C AG
durch (Ziff. 3, S. 5 - 15). Gemäss seinen Feststellungen wird dabei die Anlagestrategie,
das Marketing, der Vertrieb sowie die Mandantenbetreuung von der C AG bestimmt
und das operative Portfolio-Management von der Pflichtigen ausgeübt. Beiden Tätig-
keiten misst er eine wichtige strategische Bedeutung zu, ohne jedoch einer Tätigkeit
die grössere Bedeutung zuzuerkennen als der andern. Das Risiko gegenüber den An-
legern, d.h. das eigentliche Geschäftsrisiko, ordnet er jedoch hauptsächlich der C AG
zu, ebenso anteilig das Investitions- und Marktrisiko. Zum andern Teil wird letzteres
Risiko von der Pflichtigen getragen. Dieses somit auf die Seite der C AG neigende Ri-
sikoprofil sieht er nachvollziehbar im bilanzierten Eigenkapital der C AG von Fr.
1'374'000.- und der Pflichtigen von Fr. 383'000.- abgebildet.
1 DB.2011.50 1 ST.2011.77
http://www.bger.ch/
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bb) Bei Auswahl der anzuwendenden Verrechnungspreismethode (Gutachten
S. 16 - 23) räumt er der Preisvergleichsmethode sowohl grundsätzlich als auch konkret
den Vorrang ein. Dies deshalb, weil er die Dienstleistungen der Pflichtigen anhand der
entsprechenden Kriterien der OECD-Richtlinien entgegen der Auffassung des kantona-
len Steueramts in jeder Hinsicht als vergleichbar bzw. ähnlich mit den nämlichen
Dienstleistungen unabhängiger Vermögensverwalter qualifiziert und keine erheblichen
Unterschiede zu diesen feststellt (Gutachten, Tabelle auf S. 22). Einschränkungen bei
einzelnen Vergleichskriterien will er allenfalls mit Anpassungsrechnungen oder einer
Ermittlung einer Bandbreite aus eingeschränkt vergleichbaren Werten begegnen. Der
vom kantonalen Steueramt vertretenen Profit-Split Methode erteilt er eine Absage, weil
er bei den beteiligten Parteien – Pflichtige und C AG – keine einzigartigen (wertvollen)
Beiträge zur Leistungserbringung ortet.
Hinsichtlich der zentralen Frage nach den für einen Vergleich zwingend erfor-
derlichen Fremddaten führt der Gutachter eine mehrgliedrige Analyse potentiell ver-
gleichbarer und verfügbarer Vergütungsdaten für Portfolio-Manager über mehrere Da-
tenbanken durch. Er kommt überzeugend zum Schluss, dass diese Daten sowohl von
der Menge als auch der Qualität her für einen Fremdvergleich ausreichen. Gestützt
darauf ermittelt er zwei fremdübliche, keine Einschränkung aufweisende Bandbreiten
von Vergütungen für die Tätigkeit eines Portfolio-Managers. Diese Bandbreiten führt er
alsdann in eine einzige über und kommt dergestalt auf eine Bandbreite fremdüblicher
Vergütungen von 13 BP - 70 BP.
Die bezüglich dem "H Fund" und dem "I Fund" ausgerichteten Entschädigun-
gen von je 60 BP liegen damit innerhalb dieser Bandbreite und die hinsichtlich des "J
Fund" bezahlte Entschädigung von 80 BP gar darüber. Der zusammengerechnete Be-
trag aller Entschädigungen ergibt gewichtet zum gesamten Vermögen aller drei Fonds
ein in der Bandbreite liegender Wert von 61 BP (Gutachten S. 24 - 31).
cc) Dieses Ergebnis verprobt der Gutachter noch mit der vom kantonalen
Steueramt favorisierten Profit-Split Methode. Die der Pflichtigen ausgerichtete (ange-
passte) Vergütung liegt danach etwa 15% höher, als es die durch Wertschöpfungsbei-
tragsanalyse durchgeführte Gewinnaufteilungsmethode nahelegen würde. Der Experte
erachtet damit das Ergebnis der Preisvergleichsmethode als bestätigt und die streitige
Vergütung insgesamt als fremdvergleichskonform (Gutachten S. 32 - 37).
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- 15 -
dd) Insgesamt erweist sich das eingeholte Gutachten damit aber in jeder Be-
ziehung als vollständig, nachvollziehbar bzw. widerspruchsfrei und ist gehörig begrün-
det. Insbesondere wurden damit auch die von den Parteien gestellten Zusatzfragen
direkt oder indirekt beantwortet. Eine weitergehende, d.h. materielle Überprüfung des
Gutachtens ist nach dem Gesagten nicht zulässig. Festzuhalten ist daher lediglich,
dass das vom Gutachter gefundene Resultat einer Überprüfung durch Anwendung der
vom kantonalen Steueramt favorisierten Profit-Split Methode standhält und daher inso-
fern als verlässlich erscheint. Die Pflichtige schliesst sich den Überlegungen des Gut-
achters – naheliegenderweise – an (R-act. 63). Das kantonale Steueramt hat sich dazu
zwar geäussert, jedoch ist auf seine Stellungnahme vom 20. Mai 2015 (R-act. 64) –
wie erwähnt – wegen Verspätung nicht einzugehen bzw. Verzicht auf Stellungnahme
anzunehmen. Demnach ist auf das Gutachten als Beweismittel abzustellen.
5. Das vom Steuerrekursgericht durchgeführte Beweisverfahren hat damit
ergeben, dass die der Pflichtigen von der C AG ausgerichtete Entschädigung im Dritt-
oder Fremdvergleich insofern nicht zu beanstanden ist, als sie sich jedenfalls nicht als
zu tief erweist. Eine Gewinnvorwegnahme im Sinn eines Einnahmeverzichts der Pflich-
tigen zugunsten der Schwestergesellschaft bzw. der gemeinsamen Holdinggesellschaft
bzw. der diese beherrschenden drei natürlichen Personen als Folge einer zu tiefen
Entschädigung für die Tätigkeit der Pflichtigen als Portfolio-Managerin liegt nicht vor.
6. Diese Erwägungen führen zur Gutheissung von Beschwerde und Rekurs.
Ausgangsgemäss sind die Kosten des Verfahrens (inkl. Gutachterkosten) dem
kantonalen Steueramt aufzuerlegen (Art. 144 Abs. 1 DBG, § 151 Abs. 1 StG).
Der Pflichtigen ist sodann eine angemessene Parteientschädigung zuzuspre-
chen (Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Verwal-
tungsverfahren vom 20. Dezember 1968; § 152 StG i.V.m. § 17 Abs. 2 des Verwal-
tungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997). Warum von einer
Parteientschädigung abgesehen werden soll, legt das kantonale Steueramt trotz ent-
sprechendem Antrag nicht dar.
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- 16 - | Public | Tax | de | 2,015 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
b231eec0-46e8-4dd6-ad14-b85ed5d7ad3e | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend die Pflichtige) machte in ihrer Steuererklärung 2006, einge-
reicht am 31. Oktober 2007, unter anderem einen Vermögensabzug in der Höhe von
Fr. ....- geltend. Diesen begründete sie damit, dass die Vermögenssteuer auf dem de-
klarierten Wert der von ihr gehaltenen Aktien der C (kurz: C Aktien) konfiskatorisch sei,
was durch den geltend gemachten Vermögensabzug korrigiert werde. Noch bevor die
Einschätzung für die Staats- und Gemeindesteuer bzw. die Veranlagung für die direkte
Bundessteuer 2006 ergangen waren, reichte die Pflichtige am 18. August 2008 ihre
Steuererklärung 2007 ein. Darin machte sie erneut einen Vermögensabzug, diesmal in
der Höhe von Fr. ... geltend, mit der gleichen Begründung wie im Vorjahr.
Mit Entscheiden vom 27. August 2009 schätzte das kantonale Steueramt die
Pflichtige für die Staats- und Gemeindesteuern 2006 mit einem steuerbaren Einkom-
men von Fr. 533'600.- und einem steuerbaren Vermögen von Fr. ... (satzbestimmend
Fr. ... ) ein. Ebenso wurde die Pflichtige am 27. August 2009 für die Staats- und Ge-
meindesteuern 2007 mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 650'500.- (satzbe-
stimmend Fr. 656'600.-) und einem steuerbaren Vermögen von Fr. ... (satzbestimmend
Fr. ...) eingeschätzt. Die geltend gemachten Vermögensabzüge berücksichtigte das
kantonale Steueramt nicht.
B. Hiergegen liess die Pflichtige mit Eingabe vom 8. September 2009 Einspra-
che erheben und beantragen, auf den Börsenkursen der C Aktien pro 2006 bzw. 2007
seien für die Vermögenssteuer entsprechend den Anträgen in den Steuererklärungen
substanzielle Einschläge zu gewähren. Begründet wurde der Antrag im Wesentlichen
damit, dass aufgrund der hohen Vermögenssteuer die gesamte Steuerbelastung bei
88.6% (2006) bzw. 99.2% (2007) des Einkommens liege, sodass die Lebenshaltung
nicht mehr vom Einkommen bestritten werden könne. Eine solche Besteuerung sei
konfiskatorisch. Mit Bezug auf die Steuerperiode 2007 liess die Pflichtige eventualiter
beantragen, die C Aktien seien mit einem "realistischen" Wert von Fr. 60.- bis Fr. 75.-
(statt Fr. ...) zu bewerten mit der Begründung, dass der Kurs der Aktien im Jahr 2007
durch spekulative Börsengeschäfte in die Höhe getrieben und verzerrt worden sei und
somit nicht den massgebenden Verkehrswert der Aktien darstellen könne.
- 3 -
2 ST.2010.122 + 123
Mit Entscheiden vom 18. März 2010 wies das kantonale Steueramt die Ein-
sprachen mit der Begründung ab, die Besteuerung der Pflichtigen könne in Anwendung
der bundesgerichtlichen Rechtsprechung nicht als konfiskatorisch bezeichnet werden.
C. Mit Eingabe vom 20. April 2010 liess die Pflichtige hiergegen Rekurs erhe-
ben mit dem Antrag, die steuerbaren Vermögen für die Staats- und Gemeindesteuern
2006 bzw. 2007 seien mit Einschlägen gemäss Steuererklärung auf Fr. ... bzw. Fr. ...
festzusetzen. Eventualiter seien die C Aktien für die Steuerperiode 2007 mit einem
Verkehrswert zwischen Fr. 60.- und Fr. 75.-, beispielsweise mit dem Mittelwert von
Fr. 67.50, zu bewerten. Die Begründungen der Anträge deckten sich inhaltlich mit je-
nen in der Einsprache, auf die im Übrigen auch verwiesen wurde. Zudem beantragte
die Pflichtige mit dem Rekurs eine Parteientschädigung.
Das kantonale Steueramt schloss in seiner Rekursantwort vom 20. Mai 2010
auf kostenfällige Abweisung des Rekurses, wobei es zur Begründung vollständig auf
die Einspracheentscheide verwies.
Auf das Ergebnis der Tatsachenerhebungen im Einschätzungsverfahren und
die weiteren Vorbringen der Parteien wird – soweit rechtserheblich – in den nachfol-
genden Erwägungen eingegangen. | Die Rekurskommission zieht in Erwägung:
1. a) Das steuerbare Vermögen bemisst sich nach dem Stand am Ende der
Steuerperiode oder der Steuerpflicht (§ 51 Abs. 1 des Steuergesetzes vom 8. Juni
1997, StG). Gemäss § 39 Abs. 1 StG wird das Vermögen zum Verkehrswert bewertet.
Letzterer ist der objektive Wert, der einem Vermögensobjekt am jeweiligen Stichtag
zukommt, d.h. der Preis, der am Bewertungsstichtag für das zu bewertende Vermö-
gensrecht im gewöhnlichen Geschäftsverkehr mutmasslich zu erzielen gewesen wäre
(für das bisherige, gleichlautende Recht: RB ORK 1978 Nr. 39 = ZBl 1979, 232 = ZR
1981 Nr. 43; Reimann/Zuppinger/Schärrer, Kommentar zum Zürcher Steuergesetz,
3. Band, 1969, § 34 N 5). Massgeblich für die Bestimmung des Verkehrswerts ist folg-
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2 ST.2010.122 + 123
lich eine "technisch-" bzw. "rechtlich-objektive" und nicht eine "subjektiv-wirtschaftliche
Betrachtungsweise" (RB 1989 Nr. 26). Bei kotierten Wertpapieren gilt als Verkehrswert
der Börsenkurs des Bewertungsstichtags (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar
zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 2. A. 2006, § 39 N 19, auch zum Folgen-
den). Sind sie an einer inländischen Börse kotiert und ist die Bewertung auf Ende des
Kalenderjahrs vorzunehmen, gilt als Verkehrswert der in der Kursliste der Eidgenössi-
schen Steuerverwaltung (EStV) enthaltene Kurs (welcher dem Schlusskurs des letzten
Börsenhandelstags im Dezember entspricht).
b) Die Besteuerung des Vermögens richtet sich nach § 47 StG, der für nicht
verheiratete Personen folgende Vermögenssteuertarife vorsieht (Grundtarif):
0‰ für die ersten Fr. 71'000.-
1/2‰ für die weiteren Fr. 213'000.-
1‰ für die weiteren Fr. 356'000.-
1 1/2‰ für die weiteren Fr. 567'000.-
2‰ für die weiteren Fr. 853'000.-
2 1/2‰ für die weiteren Fr. 851'000.-
3‰ für Vermögensteile über Fr. 2'911'000.-.
2. a) Die Pflichtige ist der Ansicht, die zürcherische Vermögenssteuer sei an
sich konfiskatorisch, da die Steuertarife trotz stark gesunkener Sparzinsen und anderer
Kapitalerträge gleich geblieben seien, was zu einer Verletzung der Eigentumsgarantie
führen könne. Es handle sich dabei um einen nachhaltigen Systemfehler, der bei der
Steuereinschätzung durch die Gewährung geeigneter Einschläge zu korrigieren sei.
Konkret macht sie geltend, dass die in den Steuerperioden 2006 und 2007 auf die von
ihr gehaltenen C Aktien entfallenden Vermögenssteuern zusammen mit den Einkom-
menssteuern auf dem entsprechenden Dividendenertrag diesen erheblich übersteigen,
sodass gesamthaft fast ihr ganzes (hauptsächlich aus Vermögenserträgen bestehen-
des) steuerbares Einkommen wegbesteuert werde. Eine solche Besteuerung sei kon-
fiskatorisch, weshalb ihr auf den steuerbaren Vermögen pro 2006 und 2007 jeweils ein
substanzieller Abzug zu gewähren sei.
b) Laut bundesgerichtlicher Rechtsprechung schliesst die Eigentumsgarantie
gemäss Art. 26 der Schweizerischen Bundesverfassung vom 18. April 1999 (BV) die
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2 ST.2010.122 + 123
Erhebung von Abgaben zwar nicht aus, jedoch setzt sie dieser gewisse verfassungs-
rechtliche Schranken (BGE 105 Ia 134 E. 3a, BGE 106 Ia 342 E. 6a und BGE 128 II
112 E. 10b/bb, alle auch zum Folgenden). Die Eigentumsgarantie als Institutsgarantie
verpflichtet mithin das Gemeinwesen, die bestehenden Vermögen in ihrer Substanz zu
bewahren und die Möglichkeit der Neubildung von Vermögen in dem Sinn zu erhalten,
dass das Einkommen nicht dauernd und vollständig wegbesteuert werden darf. Dabei
lässt sich die Frage, wo die Grenzen zwischen einer zulässigen steuerlichen Belastung
und einem konfiskatorischen Eingriff zu ziehen sind, nicht in allgemeingültiger Weise
beantworten. Insbesondere kann nicht von einem ziffernmässig bestimmbaren Steuer-
satz allein abhängen, ob die Vermögenssubstanz ausgehöhlt oder die Neubildung von
Vermögen verunmöglicht wird. Zu berücksichtigen sind insbesondere Steuersatz und
Steuerfuss, Bemessungsgrundlage, Dauer der Massnahme, relative Tiefe des fiskali-
schen Eingriffs, Kumulation mit andern Abgaben sowie die Möglichkeit der Überwäl-
zung der Steuer.
c) aa) Die Zürcher Vermögenssteuer kann nicht generell als konfiskatorisch
bezeichnet werden. Denn auch unter Berücksichtigung der Gemeindesteuern und mit
Bezug auf besonders grosse Vermögen führen die Steuertarife gemäss § 47 StG nicht
grundsätzlich zu einer Aushöhlung der Vermögenssubstanz oder verunmöglichen die
Neubildung von Vermögen. Dies gilt im Allgemeinen auch, wenn man die Vermögens-
steuer nicht für sich alleine betrachtet, sondern in Kombination mit der auf dem Vermö-
gensertrag anfallenden Einkommenssteuer. So entschied denn das Bundesgericht im
Jahr 1980 auch, dass die damalige aargauische Steuergesetzgebung, die höhere
Vermögens- und Einkommenssteuertarife vorsah als das geltende Zürcher Steuerge-
setz und nach der die gesamte Einkommens- und Vermögenssteuerbelastung ca. 5%
über dem schweizerischen Durchschnitt lag, unter normalen Umständen nicht zu einer
konfiskatorischen Besteuerung grosser Vermögen führe (BGE 106 Ia 342 E. 6b). Indes
ist durchaus denkbar, dass die Zürcher Steuergesetzgebung in besonderen Einzelfäl-
len zu einer konfiskatorischen Besteuerung des Vermögens führen kann, insbesondere
dann, wenn das Vermögen über längere Zeit keinen oder einen sehr geringen Ertrag
abwirft, sodass die gesamte Steuerbelastung den Vermögensertrag übersteigt. In ei-
nem solchen Fall könnte nämlich die Vermögenssteuer nicht mehr vollständig aus dem
Vermögensertrag bezahlt werden, was zu einem Verzehr der Vermögenssubstanz und
langfristig im Endeffekt zu einem partiellen Vermögensentzug führen würde. Mithin
bleibt zu prüfen, ob bei der Pflichtigen eine konfiskatorische Besteuerung in diesem
Sinne vorliegt.
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2 ST.2010.122 + 123
bb) Die Pflichtige wurde für die Staats- und Gemeindesteuern 2006 mit einem
steuerbaren Einkommen von Fr. 533'600.-, wovon Fr. 415'372.- Wertschriftenertrag,
und einem steuerbaren Vermögen von Fr. ... (satzbestimmend Fr. ...) eingeschätzt.
Die Veranlagung der direkten Bundessteuer 2006 wurde mit einem steuerbaren Ein-
kommen von Fr. 534'400.- vorgesehen. Daraus ergibt sich für das Jahr 2006 eine Ge-
samtsteuerbelastung durch den Kanton Zürich und den Bund von rund Fr. 465'500.-.
Für die Steuerperiode 2007 wurde die Pflichtige bei den Staats- und Gemeindesteuern
mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 650'500.- (satzbestimmend Fr. 656'600.-),
wovon Fr. 609'996.- Wertschriftenertrag, und einem steuerbaren Vermögen von Fr. ...
(satzbestimmend Fr. ...) eingeschätzt und für die direkte Bundessteuer mit einem
steuerbaren Einkommen von Fr. 657'600.- veranlagt. Die Gesamtsteuerbelastung
durch den Kanton Zürich und den Bund für das Jahr 2007 beläuft sich somit auf rund
Fr. 636'400.-. Hinzu kommt in beiden Jahren ein nicht genau bekannter, vergleichswei-
se geringer Betrag an ausserkantonalen Steuern (D und E), sodass von einer Ge-
samtsteuerbelastung von rund Fr. 470'000.- für das Jahr 2006 und von rund
Fr. 640'000.- für das Jahr 2007 auszugehen ist. Dies ergibt eine Steuerbelastung in der
Höhe von rund 88,1% des steuerbaren Einkommens für das Jahr 2006 und von rund
97.5% des steuerbaren Einkommens (gemäss kantonaler Einschätzung) für das Jahr
2007.
cc) Es ist unbestritten, dass ein Steuerbetrag in der Höhe von fast 90% bzw.
beinahe 100% des steuerbaren Einkommens für die steuerpflichtige Person eine
enorm hohe Belastung darstellt, die sie letztlich dazu zwingt, zur Bestreitung ihres Le-
bensunterhalts ihr Vermögen anzuzehren. Genau dies macht denn die Pflichtige für die
betroffenen Jahre auch geltend, was ihrer Ansicht nach ausreicht, um die Besteuerung
als konfiskatorisch zu qualifizieren. Wie bereits erwähnt, liegt jedoch eine konfiskatori-
sche Besteuerung laut Bundesgericht erst dann vor, wenn das Einkommen der steuer-
pflichtigen Person dauernd und vollständig wegbesteuert wird. Mithin liegt noch keine
konfiskatorische Besteuerung vor, wenn aufgrund aussergewöhnlicher Umstände in
einer bestimmten Steuerperiode das steuerbare Einkommen (fast) vollständig wegbe-
steuert wird. So hat das Bundesgericht in seinem bereits zitierten Urteil aus dem Jahre
1980 festgehalten: "Es bleibt zwar stossend, dass der Beschwerdeführer ausser dem
Ertrag seines Vermögens in der Steuerperiode 1973/74 sein gesamtes Einkommen der
Bemessungsjahre 1971/72 aufwenden muss, um die Steuern zu bezahlen, und daher
genötigt ist, die Substanz seines Vermögens vorübergehend anzugreifen. Es kann in-
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2 ST.2010.122 + 123
dessen nicht gesagt werden, der Beschwerdeführer müsse wegen der einmaligen star-
ken Steuerbelastung die Substanz des Steuerobjektes, d.h. vor allem sein Wertschrif-
tenvermögen, weitgehend aufzehren [...] Eine konfiskatorische Besteuerung ergäbe
sich danach allenfalls nur dann, wenn die hohe Steuerbelastung zum Dauerzustand
würde, was vorliegend nicht der Fall ist" (BGE 106 Ia 342 E. 6c S. 354 f.).
Vorliegend stieg der Börsenkurs der C Aktie in den Jahren 2006 und 2007 –
aus welchen Gründen auch immer – stark an, sodass ihr Steuerwert in diesen Jahren
aussergewöhnlich hoch war (siehe Kurslisten EStV). Im Vergleich dazu fiel die Rendite
auf den Aktien sowohl im Jahr 2006 als auch im Jahr 2007 sehr bescheiden aus, be-
trug sie doch in beiden Jahren weniger als 1% (siehe Kurslisten EStV). Da die C Aktien
in den betroffenen Jahren den Grossteil des Vermögens der Pflichtigen ausmachten
(über 80%), hatten diese Entwicklungen eine erhebliche Zunahme ihres steuerbaren
Vermögens und damit auch der Vermögenssteuer zur Folge und führten letztlich zu der
bereits erwähnten, im Vergleich zum (hauptsächlich aus Vermögenserträgen beste-
henden) Einkommen ausserordentlich hohen Steuerbelastung. Indes hat sich gezeigt,
dass die Entwicklungen der Jahre 2006 und 2007 nicht dauerhaft waren. So hat sich
der Steuerwert der C Aktie in den Jahren 2008 und 2009 wieder auf einem "normalen",
wesentlich tieferen Wert eingependelt (Fr. 42.- bzw. 50.- pro Aktie im Vergleich zu
Fr. ... im Jahr 2007), während die Rendite bei ca. 3% lag (siehe Kurslisten EStV). Auch
für das Jahr 2010 scheint sich ein ähnliches Bild abzuzeichnen (der aktuelle Börsen-
kurs liegt bei rund Fr. ...; die ausbezahlte Dividende betrug Fr. ... pro Aktie). Damit
steht fest, dass vorliegend nicht von einer dauerhaften und vollständigen Wegbesteue-
rung des Einkommens der Pflichtigen die Rede sein kann, aufgrund derer sie genötigt
wäre, die Substanz des Steuerobjekts vollständig aufzuzehren. Vielmehr haben aus-
sergewöhnliche Umstände in den Steuerperioden 2006 und 2007 für die Pflichtige zu
einer enorm hohen Steuerbelastung geführt, ohne dass diese jedoch zum Dauerzu-
stand geworden wäre. Mithin fehlt es an der erforderlichen Nachhaltigkeit der überhöh-
ten Steuerbelastung, weshalb die Voraussetzungen für das Vorliegen einer konfiskato-
rischen Besteuerung gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung klarerweise
nicht gegeben sind.
dd) Es sei an dieser Stelle noch darauf hingewiesen, dass vorliegend eine
konfiskatorische Besteuerung selbst dann nicht ohne weiteres gegeben wäre, wenn
man die Nachhaltigkeit der überhöhten Steuerbelastung bejahen würde. Das Bundes-
gericht hat nämlich auch festgehalten, dass eine konfiskatorische Besteuerung nicht
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2 ST.2010.122 + 123
vorliege, wenn der Steuerpflichtige freiwillig auf einen genügenden Vermögensertrag
verzichte, etwa mit Rücksicht auf familiäre Beziehungen oder in der Hoffnung auf einen
den Vermögensertrag übersteigenden Kapitalgewinn bei späterer Veräusserung des
Vermögensobjekts (BGE 106 Ia 342 E. 6c, auch zum Folgenden). Es gilt somit immer
auch zu prüfen, ob es dem Steuerpflichtigen zumutbar wäre, Vermögenswerte ohne
oder mit sehr geringem Ertrag in ertragreichere Vermögenswerte umzuwandeln. Ist
dies der Fall, kann nicht von einer konfiskatorischen Besteuerung die Rede sein. Vor-
liegend macht die Pflichtige geltend, als Verwandte des Firmengründers halte sie ihre
geerbte Beteiligung aus ungeschriebener familiärer Verpflichtung und Tradition verant-
wortungsvoll und auch zum Vorteil des Unternehmens und seiner Mitarbeiter, was eine
Umschichtung des Vermögens aus rein pekuniären Gründen verbiete. Ob aufgrund
dieser Umstände ein Verkauf der C Aktien der Pflichtigen tatsächlich nicht zumutbar
gewesen wäre, kann vorliegend offenbleiben, da mangels Nachhaltigkeit ohnehin keine
konfiskatorische Besteuerung vorliegt. Indes ist nach dem Gesagten jedenfalls nicht
auszuschliessen, dass im Falle der Pflichtigen selbst dann keine konfiskatorische Be-
steuerung gegeben wäre, wenn die überhöhte Steuerbelastung zum Dauerzustand
würde.
d) Aus den all diesen Erwägungen ergibt sich, dass das kantonale Steueramt
der Pflichtigen die geltend gemachten Vermögensabzüge für die Jahre 2006 und 2007
zu Recht nicht gewährt hat.
3. Mit Bezug auf die Steuerperiode 2007 liess die Pflichtige eventualiter bean-
tragen, es sei bei der Bewertung der C Aktien nicht vom Börsenkurs von Fr. ... per
Ende 2007, sondern von einem "realistischen" Wert zwischen Fr. 60.- und Fr. 75.- aus-
zugehen. Dies deshalb, weil der überhöhte Börsenkurs per Ende 2007 nur durch spe-
kulative Geschäfte unter Verletzung von börsengesetzlichen Regelungen zustande
gekommen sei und deshalb nicht als Verkehrswert berücksichtigt werden dürfe. Für
eine derartige Abweichung vom Börsenkurs als Verkehrswert besteht indes kein An-
lass. Wie bereits erwähnt wird für die steuerrechtliche Bewertung des Vermögens auf
den Verkehrswert abgestellt, d.h. auf den Preis, der am Bewertungsstichtag für das zu
bewertende Vermögensrecht im gewöhnlichen Geschäftsverkehr mutmasslich zu erzie-
len gewesen wäre (objektiver Wert). Bei kotierten Wertpapieren ist dieser Preis – also
der Verkehrswert – im Börsenkurs eindeutig wiedergegeben. Das Urteil des Zürcher
Verwaltungsgerichts vom 14. Mai 2008 (SB.2007.00097), auf das sich die Pflichtige
- 9 -
2 ST.2010.122 + 123
beruft, ist vorliegend nicht relevant, da es die Bewertung von nicht kotierten Wertpapie-
ren betrifft, deren tatsächlicher Marktwert (Verkehrswert) mangels bekannter Kursnotie-
rungen auf andere Weise ermittelt werden muss. Dies ist bei kotierten Wertpapieren
eben gerade nicht der Fall. Vorliegend war der Börsenkurs der C Aktien per Ende 2007
zwar aussergewöhnlich hoch, aber nichtsdestoweniger stellte dieser Kurs den Preis
dar, der in diesem Zeitpunkt für die Aktien auf dem Markt bezahlt wurde und den auch
die Pflichtige erzielt hätte, wenn sie ihre Aktien in diesem Moment verkauft hätte. Ob-
jektiv betrachtet handelte es sich somit auch bei diesem hohen Kurs per Ende 2007 um
den Verkehrswert der Aktie. Der Grund für die aussergewöhnliche Veränderung des
Börsenkurses ist dabei nicht relevant – ebenso wenig wie er es im Übrigen im Falle
einer (für den Steuerpflichtigen steuerlich vorteilhaften) ausserordentlichen Wertver-
minderung per Bewertungsstichtag wäre. Mithin kann auch dem Eventualantrag der
Pflichtigen nicht entsprochen werden.
4. Nach dem Gesagten ist der Rekurs abzuweisen. Bei diesem Ausgang des
Verfahrens sind die Kosten der Pflichtigen aufzuerlegen (§ 151 Abs. 1 StG) und ist
keine Parteientschädigung zuzusprechen (§ 152 StG i.V.m. § 17 Abs. 2 des Verwal-
tungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1954/6. September 1987). | Public | Tax | de | 2,010 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
b3feaa43-cba3-4458-9fd4-9248e4a85989 | hat sich ergeben:
A. Die A AG (nachfolgend die Pflichtige) reichte trotz jeweiligen Mahnungen
keine Steuererklärungen für die Steuerperioden 1.1. - 31.12.2007 bis 1.1. - 31.12.2009
ein. Sie wurde daher androhungsgemäss je nach pflichtgemässem Ermessen wie folgt
veranlagt bzw. eingeschätzt:
Steuerperiode steuerbarer Reingewinn steuerbares Eigenkapital
Fr. Fr.
1.1. - 31.12.2007 250'000.- 50'000.-
1.1. - 31.12.2008 500'000.- 300'000.-
1.1. - 31.12.2009 750'000.- 500'000.-
Die Entscheide ergingen am 2. Juli 2009, 13. Mai 2010 und 22. Juni 2011.
Gegen die Veranlagungsverfügung betreffend direkte Bundessteuer
1.1. - 31.12.2009 erhob die Pflichtige am 11. August 2011 Einsprache und am 12. Au-
gust 2011 gegen den Einschätzungsentscheid betreffend Staats- und Gemeindesteu-
ern 1.1. - 31.12.2009. Am 29. Februar 2012 reichte sie die Steuererklärungen samt
Jahresabschlüssen der Steuerperioden 1.1. - 31.12.2007 bis 1.1. - 31.12.2009 ein. Mit
Entscheiden vom 26. September 2012 trat das kantonale Steueramt auf die Einspra-
chen betreffend Steuerperiode 1.1. - 31.12.2009 zufolge Verspätung nicht ein.
B. Nach Korrespondenz mit dem kantonalen Ombudsmann liess die Pflichtige
am 24. September 2013 ein Revisionsgesuch u.a. betreffend die Steuerperioden
1.1. - 31.12.2007 bis 1.1. - 31.12.2009 einreichen. Sie liess geltend machen, aufgrund
geschäftlicher Handlungsunfähigkeit sowie gesundheitlicher und privater Probleme des
Verwaltungsratspräsidenten hätte keine Einsprache erhoben werden können. Bei den
Veranlagungs- bzw. Einschätzungsentscheiden liege Ermessenswillkür vor. Dass eine
Revision möglich sei, sei ihnen (erst) nach dem Schreiben des Ombudsmanns vom
24. Juni 2013 bekannt geworden. Das kantonale Steueramt wies das Revisionsbegeh-
ren mit Entscheid vom 7. November 2013 ab.
1 DB.2014.119 1 ST.2014.143
- 3 -
C. Hiergegen liess die Pflichtige am 11. Dezember 2013 Einsprache erheben.
Sie brachte erneut vor, die Veranlagungen und Einschätzungen 1.1. - 31.12.2007 bis
1.1. - 31.12.2009 verstiessen gegen das Willkürverbot. Die Pflichtige habe seit 1999
vorwiegend Verluste oder dann Gewinne bloss im vierstelligen Bereich erwirtschaftet.
Einzig 2002 habe sie einen atypisch hohen Gewinn ausgewiesen, was aber mit einer
einmaligen Vermittlungsprovision im Rahmen eines Liegenschaftsverkaufs zu tun ge-
habt habe. Ihr Kerngeschäft sei aber Liegenschaftensanierungen und nicht Liegen-
schaftenhandel. Mit Entscheid vom 8. Mai 2014 wies das kantonale Steueramt die Ein-
sprache ab.
D. Mit Beschwerde bzw. Rekurs vom 10. Juni 2014 liess die Pflichtige wieder-
um beantragen, den Einspracheentscheid aufzuheben und die Veranlagungen bzw.
Einschätzungen 1.1. - 31.12.2007 bis 1.1. - 31.12.2009 entsprechend den Geschäfts-
abschlüssen 2007 - 2009 vorzunehmen. Das kantonale Steueramt schloss mit Be-
schwerde- bzw. Rekursantwort vom 1. Juli 2014 auf kostenfällige Abweisung der
Rechtsmittel. Die mit Verfügung vom 6. August 2014 eingeforderten Kostenvorschüsse
leistete die Pflichtige nach erstreckter Frist. Die Eidgenössische Steuerverwaltung liess
sich nicht vernehmen. | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. a) Ein rechtskräftiger Entscheid kann gemäss Art. 147 Abs. 1 des Bundes-
gesetzes über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990 (DBG) bzw. § 155
Abs. 1 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) auf Antrag oder von Amts wegen
zugunsten des Steuerpflichtigen revidiert werden, wenn erhebliche Tatsachen oder
entscheidende Beweismittel entdeckt werden (je lit. a), die erkennende Behörde erheb-
liche Tatsachen oder entscheidende Beweismittel, die ihr bekannt waren oder bekannt
sein mussten, ausser acht gelassen oder in anderer Weise wesentliche Verfahrens-
grundsätze verletzt hat (je lit. b) oder wenn ein Verbrechen oder ein Vergehen den
Entscheid beeinflusst hat (je lit. c). Die Revision ist indes ausgeschlossen, wenn der
Antragsteller als Revisionsgrund vorbringt, was er bei der ihm zumutbaren Sorgfalt
schon im ordentlichen Verfahren hätte geltend machen können (je Abs. 2).
1 DB.2014.119 1 ST.2014.143
- 4 -
Kraft Art. 148 DBG bzw. § 156 StG muss das Revisionsbegehren innert 90 Tagen nach
Entdeckung des Revisionsgrundes, spätestens aber innert zehn Jahren nach Mitteilung
des Entscheids gestellt werden. Das Revisionsbegehren ist nach § 157 StG schriftlich
der Behörde einzureichen, die den Entscheid getroffen hat (Abs. 1). Es muss die ge-
naue Bezeichnung der einzelnen Revisionsgründe sowie einen Antrag enthalten, in
welchem Umfang der frühere Entscheid aufzuheben und wie neu zu entscheiden sei
(Abs. 2). Die Beweismittel für die Revisionsgründe sowie für die Behauptung, dass seit
Entdeckung der Revisionsgründe noch nicht 90 Tage verflossen sind, sollen dem Revi-
sionsbegehren beigelegt oder, sofern dies nicht möglich ist, genau bezeichnet werden
(Abs. 3). Betreffend direkte Bundessteuer regelt Art. 149 DBG das Verfahren.
b) Als "neue Tatsachen" – bzw. in dieser Hinsicht gleich zu behandelnde "neue
Beweismittel" – gelten grundsätzlich nur solche, die zur Zeit der Fällung des zu revidie-
renden Entscheids bereits vorhanden waren, aber erst nachträglich entdeckt wurden.
Ausser Betracht fallen deshalb Tatsachen, die nach der fraglichen Einschätzung bzw.
nach der Fällung des zu revidierenden Entscheids eintraten. Solche sind nur – aber
immerhin – dann zu berücksichtigen, wenn und soweit sie auf den Bemessungszeit-
punkt zurückwirken, mithin im ordentlichen Einschätzungsverfahren, hätten sie damals
schon bestanden, hätten beachtet werden müssen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter,
Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009, Art. 147 N 18 DBG und Kommentar zum Zür-
cher Steuergesetz, 3. A., 2013, § 155 N 24 StG, je mit Hinweisen). Gemeint sind mit
Letzteren insbesondere Tatsachen, welche unmittelbar am Bemessungsobjekt anknüp-
fen, wie z.B. die nachträgliche Verwirklichung des Ersatzbeschaffungstatbestands bei
einer Handänderung von Grundstücken nach bereits rechtskräftiger Veranlagung der
Grundstückgewinnsteuer (vgl. RB 1992 Nr. 42 = StE 1992 B 42.38 Nr. 11). Inhaltliche
Fehler begründen für sich allein die Abänderbarkeit eines Entscheids nicht. Nach ab-
geschlossenem Veranlagungsverfahren bildet die grundsätzlich unanfechtbar gewor-
dene Veranlagungsverfügung und nicht mehr das Gesetz den Massstab für die Rich-
tigkeit der Steuerforderung (Klaus A. Vallender, in: Kommentar zum Schweizerischen
Steuerrecht, Band I/1, 2. A., 2002, Vorbemerkungen zu Art. 51 - 53 N 6 StHG, mit Hin-
weisen). Eine neue Rechtsprechung oder Praxis erfolgt erst nachträglich und stellt da-
mit keine neue erhebliche Tatsache im Sinn eines Revisionsgrunds dar (StRK II,
26. Februar 2010, WE.2010.1-11). Ebensowenig liegt eine erhebliche neue Tatsache
vor, wenn die Behörde eine falsche Auskunft zu einer von ihr vertretenen Rechtsauf-
fassung kundtut: der Steuerpflichtige ist gehalten, Zweifelsfragen und Rechtsirrtümer
vor Eintritt der Rechtskraft zu klären und kann eine Revision nicht gestützt auf den Ver-
1 DB.2014.119 1 ST.2014.143
- 5 -
trauensgrundsatz verlangen (Richner/Frei/Kaufman/Meuter, Art. 147 N 22 DBG und
§ 155 N 28 StG, je mit weiteren Hinweisen).
c) Wie erwähnt ist die Revision ausgeschlossen, wenn der Antragsteller das
nunmehr als Revisionsgrund Vorgebrachte bei der ihm zumutbaren Sorgfalt schon im
ordentlichen Verfahren hätte geltend machen können. Die Revision dient nicht dem
Zweck, vermeidbare Unterlassungen während des ordentlichen Verfahrens im Rahmen
des Revisionsverfahrens nachholen zu können (Vallender/Looser, in: Kommentar zum
Schweizerischen Steuerrecht, Band I/2b, 2. A., 2008, Art. 147 N 24 DBG). Deshalb
dürfen nach der Rechtsprechung an den Steuerpflichtigen hohe Anforderungen an das
Mass der Sorgfalt bei der Wahrung seiner Rechte im Veranlagungsverfahren gestellt
werden. Der Pflichtige darf nicht erwarten, dass eigene Unsorgfalt durch Fehler der
Steuerbehörde (z.B. mangelhafte Sachverhaltsabklärung) kompensiert wird (Richner/
Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 147 N 37 DBG und § 155 N 45 StG). Das zumutbare Mass
der anzulegenden Sorgfalt hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab. Als
Richtschnur bieten sich dabei die gleichen Kriterien an, welche die Gerichtspraxis von
den Steuerbehörden hinsichtlich der Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Besteue-
rung im Nachsteuerverfahren verlangt (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 147 N 38
DBG und § 155 N 46 StG). Auch hier können Veranlagungsfehler als Folge unterblie-
bener Untersuchungshandlungen oder rechtlicher Abklärungen, die nach den Umstän-
den des Einzelfalls geboten gewesen wären, nicht nach Belieben im Nachsteuerverfah-
ren korrigiert werden (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 151 N 30 DBG und § 160
N 32 StG).
d) Im von der Pflichtigen und vom kantonalen Steueramt angeführten Verwal-
tungsgerichtsentscheid (VGr, 6. Juni 2007, SB.2006.00071) kam das Verwaltungsge-
richt zum Schluss, dass der Kanton über die gesetzlichen Revisionsgründe hinaus zur
Abänderung eines rechtskräftigen Steuerentscheids zu Gunsten des Pflichtigen von
Bundesrechts wegen verpflichtet sei, wenn dies verfassungsrechtlich geboten sei. All-
gemein könne davon ausgegangen werden, dass aufgrund der Anforderungen des
Rechtsgleichheitsgebots nach Art. 8 der Bundesverfassung vom 18. April 1999 (BV)
sowie des Willkürverbots gemäss Art. 9 BV eine Generalklausel bestehe, wonach über
die gesetzlichen Revisionsgründe hinaus eine Revision auch ohne ausdrückliche ge-
setzliche Grundlage dann zulässig sei, wenn deren Verweigerung unter dem Aspekt
der Gerechtigkeit zu stossenden, schockierenden und unhaltbaren Ergebnissen führen
würde. Die Aufhebung eines rechtskräftigen Entscheids setze eine Abwägung zwi-
1 DB.2014.119 1 ST.2014.143
- 6 -
schen dem Interesse der Rechtssicherheit und demjenigen der Gerechtigkeit, insbe-
sondere der gesetzmässigen, rechtsgleichen Besteuerung nach der wirtschaftlichen
Leistungsfähigkeit, voraus. Die Annahme eines über- bzw. aussergesetzlichen Revisi-
onsgrunds rechtfertige sich unter Umständen selbst dann, wenn der Steuerpflichtige
den Irrtum bei der ihm zumutbaren Sorgfalt mit einem ordentlichen Rechtsmittel hätte
rügen können.
Im konkreten Fall ging es um ein Ehepaar mit drei Kindern, welches seit mehre-
ren Jahren keine Steuererklärung mehr eingereicht hatte. Es wurde angeführt, dass
der Ehemann, welcher einen bescheidenen Milchladen führte, aus psychischen Grün-
den völlig überfordert gewesen sei und sich unter anderem nicht um die Steuerangele-
genheiten habe kümmern können. Die letzte eingereichte Steuererklärung lautete auf
ein steuerbares Einkommen von Fr. 19'400.-. In der streitbetroffenen Steuerperiode
(5 Jahre später), wurden die Pflichtigen alsdann mit einem steuerbaren Einkommen
von Fr. 300'000.- veranlagt. Das Verwaltungsgericht kam zum Schluss, dass in diesem
Fall die Schätzung nach der allgemeinen Lebenserfahrung weltfremd und unrealistisch
hoch ausgefallen sei. Eine solche unverhältnismässige Schätzung habe pönalen Cha-
rakter und stehe mit der tatsächlichen Situation derart in Widerspruch, dass sie unhalt-
bar und mit dem Gerechtigkeitsgedanken nicht vereinbar sei.
e) Festzuhalten ist, dass einem übergesetzlichen Revisionsgrund, der sich an
der Ungerechtigkeit des Ergebnisses orientiert, nur sehr restriktive, gleichsam "nur in
äussersten Extremfällen" zum Durchbruch verholfen werden darf (vgl. Vallen-
der/Looser, Art. 147 N 23 DBG). Der Korrektur des dem Gerechtigkeitsgefühl zuwider-
laufenden Urteils steht nämlich die Rechtssicherheit entgegen, welche nur im Ausnah-
mefall durchbrochen werden darf. Das Bundesgericht hat es für das Recht der direkten
Bundessteuer nach ständiger Rechtsprechung im Interesse der Rechtssicherheit bis-
her stets abgelehnt, aus andern als den in Art. 147 Abs. 1 DBG genannten Gründen
rechtskräftige Veranlagungen zu korrigieren bzw. zu revidieren (vgl. BGr, 23. Mai 2007,
2A. 710/2006 mit Hinweisen, auch zum Folgenden). Diese Rechtsprechung hat das
oberste Gericht auch für Art. 51 des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der
direkten Steuern der Kantone und Gemeinden vom 14. Dezember 1990 (StHG) als
annehmbar erklärt, in welcher Bestimmung die Revision geregelt ist.
Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, wonach die Revision auch dann
möglich wäre, wenn der Antragssteller als Revisionsgrund vorbringt, was er bei der ihm
1 DB.2014.119 1 ST.2014.143
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zumutbaren Sorgfalt bereits im ordentlichen Verfahren hätte geltend machen können,
ist nach der hier vertretenen Ansicht abzulehnen. Vielmehr ist der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung zum DBG und StHG zu folgen: Danach darf "an die Sorgfalt des
Steuerpflichtigen bei der Wahrung seiner Rechte im Veranlagungsverfahren einige
Anforderungen gestellt werden. Es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass er seine
eigenen finanziellen Verhältnisse kennt und dass er nach Erhalt der Veranlagungsver-
fügung diese überprüft und allfällige Mängel rechtzeitig rügt" (Hinweis in Vallen-
der/Looser, Art. 147 N 24 DBG). Noch weiter geht das Bundesgericht sogar bei den
Anforderungen an die nötige Sorgfaltspflicht im Zusammenhang mit Ermessensveran-
lagungen (Vallender/Looser, Art. 147 N 26 DBG).
2. a) Unstreitig hat die Pflichtige für die Steuerperioden 1.1. - 31.12.2007 bis
1.1. - 31.12.2009 innert Frist keine Steuererklärungen eingereicht, weshalb zu Recht
Ermessensveranlagungen- bzw. einschätzungen ergingen. Ebenfalls ist erstellt, dass
die Einsprachefristen jeweils unbenutzt verstrichen; die (einzigen) Einsprachen gegen
die Veranlagung bzw. Einschätzung 1.1. - 31.12.2009 erfolgten verspätet. Mit Be-
schwerde bzw. Rekurs gegen den Einspracheentscheid im Revisionsverfahren bringt
die Pflichtige vor, sie habe keine Einsprache erhoben, weil eine Mitarbeiterin des Kon-
kursamts C die Aussage gemacht habe, dass die Pflichtige nach Durchführung des
Konkurses liquidiert werden würde. Ein Fristwiederherstellungsgrund im Sinn von
Art. 133 Abs. 3 DBG bzw § 15 Abs. 1 der Verordnung zum Steuergesetz vom
1. April 1998 ist darin nicht zu erblicken. Eine beschränkte Verfügungsmacht des einzi-
gen Verwaltungsrats sowie gesundheitliche und private Probleme desselben werden –
anders als noch im Revisionsgesuch bzw. in der nachfolgenden Einsprache - im vorlie-
genden Verfahren nicht mehr behauptet und schon gar nicht belegt. Somit liegen
rechtskräftige Veranlagungs- bzw. Einschätzungsentscheide vor, die als solche grund-
sätzlich der Revision zugänglich sind.
b) Anlass für die nachträgliche (unkommentierte) Einreichung der Steuererklä-
rungen und Geschäftsabschlüsse 2007 - 2009 am 29. Februar 2012 war offenbar der
(zu erwartende) Widerruf des Konkurses per ... 2012. Weder betreffend Konkurseröff-
nung noch betreffend Widerruf des Konkurses legte die Pflichtige indessen Unterlagen
vor. Dem Auszug aus dem Handelsregister sind keine entsprechenden Einträge zu
entnehmen. In den (ursprünglichen) Einsprachen gegen die Veranlagung/Einschätzung
1.1. - 31.12.2009 sprach die Pflichtige sodann von einem Privatkonkurs des einzigen
1 DB.2014.119 1 ST.2014.143
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Verwaltungsrats D. Es ist somit unklar und muss von vornherein unberücksichtigt blei-
ben, ob überhaupt eine Konkurseröffnung und ein entsprechender Widerruf gegenüber
der Pflichtigen stattgefunden hatte.
3. a) Im Revisionsgesuch vom 24. September 2013 liess die Pflichtige vorbrin-
gen, die Ermessenseinschätzungen seien willkürlich, da sie exorbitant hoch seien und
sich einzig auf die Deklaration 2002 stützten; die übrigen Deklarationen 1999 - 2002
seien völlig ausser Acht gelassen worden. Sodann hätte das kantonale Steueramt
nach Einreichung der Jahresabschlüsse 2007 - 2009 die Entscheide korrigieren bzw.
von sich aus revidieren müssen. Es hätte der Behörde auch bekannt sein müssen,
dass sie aufgrund einer Konkurseröffnung am ... 2007 nicht in der Lage gewesen sei,
Steuererklärungen einzureichen oder die Veranlagungen bzw. Einschätzungen anzu-
fechten. Die 90-tägige Revisionsfrist sei sodann gewahrt, da die Pflichtige erst mit Er-
halt des Schreibens des Ombudsmanns vom 24. Juni 2013 gewahr geworden sei, dass
sie Revision erheben könne.
In der Einsprache vom 11. Dezember 2013 gegen den Revisionsentscheid liess
die Pflichtige geltend machen, dass D, ihr einziger Verwaltungsrat, aufgrund einer Äus-
serung einer Mitarbeiterin des Konkursamts im Glauben gewesen sei, dass sie liqui-
diert würde, weshalb keine Einsprachen erhoben worden seien. Anfang 2012 habe sich
dann der Widerruf des Konkurses abgezeichnet und sie habe am 29. Februar 2012 die
Steuererklärungen samt Jahresabschlüssen 2007 - 2009 nachträglich eingereicht. Das
Revisionsgesuch sei schliesslich im Anschluss an die Abklärungen beim kantonalen
Ombudsmann eingereicht worden. Gegenüber den geschätzten steuerbaren Reinge-
winnen von Fr. 250’000.- (1.1. - 31.12.2007), Fr. 500’000.- (1.1. - 31.12.2008) und
Fr. 750’000.- (1.1. - 31.12.2009) hätten die effektiven Gewinne Fr. 5’215.-, Fr. 2’674.-
und Fr. 3’022.- betragen. Seit 1999 habe die Pflichtige vorwiegend Verluste erwirt-
schaftet. Einzig im Jahr 2002 habe sie einen einmalig hohen Gewinn ausgewiesen,
welcher jedoch völlig atypisch gewesen sei. Im Zuge des Konkursverfahrens gegen die
E habe deren Pensionskasse Liegenschaften verkaufen müssen. Kerngeschäft der
Pflichten sei in der damaligen Zeit die Sanierung von E-Liegenschaften gewesen. Dank
der Vermittlung von D habe eine Liegenschaft in F verkauft werden können, was der
Pflichten eine Vermittlungsprovision von Fr. ....- eingebracht habe. Dies erkläre den
ausserordentlich hohen Gewinn 2002. Am 7. November 2012 sei überdies eine AHV-
Arbeitgeberkontrolle erfolgt, anlässlich welcher die Buchhaltungsunterlagen der Pflich-
1 DB.2014.119 1 ST.2014.143
- 9 -
ten vollumfänglich akzeptiert worden seien. Es führe daher zu einer beträchtlichen
Rechtsunsicherheit, wenn die Steuerbehörden nicht auf die eingereichten Unterlagen
abstelle.
Beschwerde-/Rekursweise macht die Pflichtige wiederum geltend, die Ge-
winnschätzungen von Fr. 250'000.-, Fr. 500'000.- und Fr. 750'000.- seien willkürlich
und unverhältnismässig. Seit 1999 seien vorwiegend Verluste erzielt worden. Der ein-
malig hohe Gewinn im Jahr 2002 habe sich mehr oder weniger zufällig ergeben. Die
anlässlich eines unverhofften Liegenschaftenverkaufs erzielte Vermittlungsprovision
von Fr. ....- habe den Gewinn der Pflichtigen in jenem Jahr ausserordentlich hoch aus-
sehen lassen.
b) Das kantonale Steueramt begründete die Abweisung des Revisionsgesuchs
im Wesentlichen damit, dass keine neuen Tatsachen vorlägen. Die Pflichtige hätte bei
zumutbarer Sorgfalt ihren Standpunkt schon im ordentlichen Verfahren vorbringen
können, weshalb die Revision ausgeschlossen sei. Von der Konkurseröffnung und vom
schlechten Gesundheitszustand des Verwaltungsrats habe das kantonale Steueramt
sodann keine Kenntnis gehabt. Der von der Pflichtigen zitierte Entscheid des Verwal-
tungsgerichts könne nicht auf den vorliegenden Fall übertragen werden. Eine willkürli-
che Schätzung liege nicht vor. Der geschätzte steuerbare Reingewinn der Steuer-
periode 1.1. - 31.12.2007 sei unter demjenigen des Geschäftsjahres 2002. Die nach-
folgenden Schätzungen schienen zwar hoch, seien aber für eine im Baugewerbe tätige
Gesellschaft nicht unmöglich. Ein Fristwiederherstellungsgesuch sei in der Eingabe der
Pflichtigen alsdann nicht zu sehen.
Im Einspracheentscheid vom 8. Mai 2014 hielt das kantonale Steueramt an
seiner im Revisionsentscheid vertretenen Auffassung fest, ebenso in der Beschwerde-/
Rekursantwort vom 1. Juli 2014.
4. a) Insgesamt ist augenscheinlich, dass die Pflichtige in der vorliegenden
Angelegenheit mehrmals die "Strategie" geändert hat. So hat sie in der Einsprache
gegen die Veranlagung 1.1. - 31.12.2009 zur (abgelaufenen) Frist gar keine Stellung
bezogen, wohl deshalb, weil diese (fälschlicherweise) ab Zustellung der Bundessteuer-
rechnung berechnet wurde. In der Einspache gegen die Einschätzung
1.1. - 31.12.2009 brachte sie vor, die Verspätung gründe auf einem Lesefehler (Rein-
1 DB.2014.119 1 ST.2014.143
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gewinn von Fr. 750.- statt Fr. 750'000.-). Im Revisionsgesuch machte sie dann diesbe-
züglich geltend, Grund für die nicht (rechtzeitig) erfolgten Einsprachen seien ihre Hand-
lungsunfähigkeit, der schlechte Gesundheitszustand ihres (einzigen) Verwaltungsrats
sowie dessen private Probleme gewesen. Mit Beschwerde/Rekurs (gegen den Ein-
spracheentscheid im Revisionsverfahren) wandte sie darauf neu ein, es seien keine
Einsprachen gegen die Veranlagungen/ Einschätzungen 1.1. - 31.12.2007 bis 1.1 -
31.12.2009 erhoben worden, weil eine Mitarbeiterin des Konkursamts die Aussage
gemacht habe, nach Durchführung des Konkursverfahrens würde sie liquidiert werden.
Tatsache ist, dass die Pflichtige die Nichteintretensentscheide zufolge Verspä-
tung (betreffend Steuerperiode 1.1. - 31.12.2009) in der Folge nicht weiterzog, sei es,
weil sie erkannte, dass die Frist (sogar) betreffend Steuerperiode 1.1. - 31.12.2009 bei
Erhebung der Einsprache bereits abgelaufen war, sei es, weil sie sich eingestehen
musste, dass sie den allfälligen Lesefehler selber zu verantworten hatte und die priva-
ten Probleme des Verwaltungsrats sowie die Aussage der Mitarbeiterin des Konkurs-
amts keinen Fristwiederherstellungsgrund darstellen konnten. Wieso sie dabei gleich-
zeitig mit der Einsprache betreffend Steuerperiode 1.1. - 31.12.2009 nicht auch
Einsprache hinsichtlich den Steuerperioden 1.1. - 31.12.2007 und 1.1. - 31.12.2008
erhob, ist nicht erklärlich.
In der Korrespondenz mit dem Ombudsmann schien die Frage der Rechtzei-
tigkeit der Einsprache keine Rolle mehr zu spielen. Nachdem das kantonale Steueramt
auf die Anfrage des Ombudsmanns seine Ansicht dargetan hatte, dass keine Revisi-
onsgründe gegeben seien, klärte jener die Pflichtige über die (letzte) Möglichkeit der
gerichtlichen Überprüfung dieser Frage auf. Das vorliegende Revisionsverfahren prä-
sentiert sich damit mehr als "Verzweiflungsakt" gegenüber den verpassten Einsprache-
fristen denn als ein sich auf einen konkreten Revisionsgrund stützendes Verfahren.
b) Ein gesetzlicher Revisionsgrund wird weder geltend gemacht, noch ist ein
solcher ersichtlich. Die Pflichtige verficht denn auch nur einen über- bzw. ausserge-
setzlichen Revisionsgrund, sinngemäss ein schockierendes, unhaltbares Ergebnis, und
stützt sich auf den Entscheid des Verwaltungsgerichts vom 6. Juni 2007
(SB.2006.00071), dies auch hinsichtlich der Frage der Sorgfaltspflicht. Wie gesehen ist
die Revision indessen nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung auf die gesetzli-
chen Revisionsgründe zu beschränken und dürfen an die Sorgfalt des Pflichtigen im
Veranlagungs-/Einschätzungsverfahren einige Anforderungen gestellt werden. Aus
1 DB.2014.119 1 ST.2014.143
- 11 -
dem zitierten Entscheid des Verwaltungsgerichts kann die Pflichtige bereits aus diesem
Grund nichts zu ihren Gunsten ableiten, ganz abgesehen davon, dass der zitierte Fall
inhaltlich deutliche Unterschiede zum vorliegenden aufweist:
So ist zwar der Pflichtigen beizupflichten, dass entsprechend den nachge-
reichten Unterlagen vor und nach dem ausserordentlichen Reingewinn im Jahr 2002
von Fr. 253'000.- offenbar keine Gewinne im sechsstelligen Bereich mehr erzielt wur-
den und die Schätzungen damit weit über den tatsächlich erwirtschafteten Gewinnen
zu liegen scheinen. Indessen ist nicht einzusehen, weshalb im Rahmen der Ermes-
senseinschätzungen, d.h. vor dem Hintergrund, dass eben gerade keine Unterlagen
vorhanden waren und die Pflichtige ihre Mitwirkung gänzlich unterliess, nicht durchaus
davon ausgegangen werden durfte, dass sich eine derartige Gelegenheit möglicher-
weise erneut geboten hatte. Wenn auch das Kerngeschäft der Pflichtigen damals of-
fenbar die Sanierung und nicht der Verkauf von Liegeschaften war, so lag es dennoch
jederzeit im Bereich des Möglichen, dass sich die im Baugewerbe tätige Pflichtige wie-
derum als Vermittlerin betätigte. Da die Gewinnmöglichkeiten in der Immobilienbranche
gegen oben offen sind, könnte demnach von vornherein nicht gesagt werden, die für
die Steuerperioden 1.1. - 31.12.2007 bis 1.1. - 31.12.2009 geschätzten steuerbaren
Reingewinne von Fr. 250'000.-, Fr. 500'000.- und Fr. 750'000.- seien gänzlich unrealis-
tisch und unbegründbar.
5. Nach dem Gesagten ist deshalb dem Revisionsbegehren der Pflichtigen
kein Erfolg beschieden, weshalb Beschwerde und Rekurs abzuweisen sind. Aus-
gangsgemäss sind die Kosten des vorliegenden Verfahrens der Pflichtigen aufzuerle-
gen (Art. 144 Abs. 1 DBG; § 151 Abs. 1 StG). Parteientschädigungen sind nicht zuzu-
sprechen (Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 - 3 des Bundesgesetzes über das
Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember 1968 sowie § 152 StG i.V.m. § 17 Abs. 2 des
Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997).
1 DB.2014.119 1 ST.2014.143
- 12 - | Public | Tax | de | 2,014 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
b55bf4aa-c38c-4445-923d-ce19c36bff56 | hat sich ergeben:
A. Mit Vorentscheid vom 26. Februar 2013 wurde A (nachfolgend die Pflichti-
ge) die Inanspruchnahme der Steuerhoheit ab dem 1. Januar 2012 durch den Kanton
Zürich eröffnet.
B. Die dagegen erhobene Einsprache wies das kantonale Steueramt mit Ent-
scheid vom 16. August 2013 ab.
C. Die Pflichtige liess am 30. September 2013 durch einen beigezogenen
Rechtsanwalt Rekurs erheben. Dabei wurde u.a. vorgebracht, die Rekursfrist sei ge-
wahrt, da der Pflichtigen der Einspracheentscheid infolge Ferienabwesenheit erst am
2. September 2013 zugestellt worden sei.
Mit Verfügung vom 7. Oktober 2013 wurde der Pflichtigen – unter Beilage ei-
ner Kopie des Sendungsverfolgungsauszugs der Schweizerischen Post – Frist ange-
setzt, um zur Verspätung des Rekurses schriftlich Stellung zu nehmen.
Die Pflichtige hielt in ihrer Stellungnahme vom 21. Oktober 2013 an der recht-
zeitigen Rekurserhebung fest.
Das Steuerrekursgericht zog die Einschätzungsakten bei. | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. a) Der Steuerpflichtige kann gemäss § 147 Abs. 1 des Steuergesetzes vom
8. Juni 1997 (StG) innert 30 Tagen nach Zustellung des Einspracheentscheids schrift-
lich Rekurs beim Steuerrekursgericht erheben. Die Einhaltung der Frist ist Gültigkeits-
voraussetzung des Rechtsmittels. Auf einen verspäteten Rekurs darf, vorbehältlich
einer Fristwiederherstellung, nicht eingetreten werden.
1 ST.2013.235
- 3 -
b) Die Zustellung von Verfügungen und Entscheiden gilt als vollzogen, wenn
sie an den Adressaten selbst oder ein zu seiner Haushaltung gehörendes erwachse-
nes Familienmitglied oder an eine Person mit Postvollmacht erfolgt und von diesen
Personen für den Adressaten entgegengenommen wird (§ 9 Abs. 1 der Verordnung
zum Steuergesetz vom 1. April 1998 [VO StG]). Wird die Zustellung einer eingeschrie-
ben Sendung vom Adressaten schuldhaft verhindert, gilt sie als am letzten Tag der von
der Post angesetzten Abholfrist erfolgt (§ 9 Abs. 2 VO StG).
Nach § 71 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959 (VRG, in
der ab 1. Januar 2011 gültigen Fassung) finden die Vorschriften der ZPO (Schweizeri-
sche Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008, SR 272) betreffend die Prozesslei-
tung, das prozessuale Handeln und die Fristen (1. Teil, 9. Titel) sowie die für den
Zivilprozess geltenden Verfahrensbestimmungen des GOG ([Gesetz über die Ge-
richtsorganisation im Zivil- und Strafprozess vom 10. Mai 2010, LS 211.1]; 6. Teil,
1. und 2. Abschnitt) ergänzend Anwendung. Diese Bestimmungen werden im Verwal-
tungs- und Verwaltungsrekursverfahren analog angewandt (VGr, 10. Februar 2012,
VB.2011.00803, E. 2.2.1 ff., www.vgr.zh.ch; RB 1998 Nr. 2).
c) aa) Nach der zürcherischen Praxis liegt generell eine schuldhafte Verhinde-
rung der Zustellung vor, wenn der Adressat die erforderlichen Vorkehren für die Zu-
stellbarkeit von behördlichen Postsendungen unterlässt, obwohl er aufgrund des Be-
stehens eines Prozessrechtsverhältnisses nach Treu und Glauben die Zustellung eines
behördlichen Aktes im konkreten Einzelfall mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit er-
warten muss (BGr, 11. April 2013, 2C_565/2012, E. 3.3.3, www.bger.ch; Richner/Frei/
Kaufmann/Meuter, Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, 3. A., 2013, § 126 N 38,
auch zum Folgenden). Ein Prozessrechts- oder Verfahrensverhältnis, das diese Emp-
fangspflicht begründet, entsteht gegenüber einem Steuerpflichtigen mit der förmlich
bekannt gegebenen Einleitung eines Verfahrens durch die Steuerbehörde oder mit
einer verfahrenseinleitenden Handlung des Steuerpflichtigen selbst (z.B. Einreichen
eines Rechtsmittels). Die einmal begründete Empfangspflicht dauert selbst dann fort,
wenn über mehrere Monate keine Verfahrenshandlungen erfolgen, allerdings lediglich
noch in abgeschwächter Form, sofern seit dem letzten verfahrensbezogenen Kontakt
mehr als ein Jahr verstrichen ist ("gelockerte" Empfangspflicht).
Als Ausfluss des Prozessrechtsverhältnisses bzw. der Empfangspflicht muss
ein Steuerpflichtiger nach Treu und Glauben während eines hängigen Verfahrens
1 ST.2013.235
- 4 -
grundsätzlich mit einer Zustellung rechnen und dafür besorgt sein, dass ihm behördli-
che Sendungen zugestellt werden können; mithin kann von ihm verlangt werden, dass
er seine Post regelmässig, spätestens jeweils nach sieben Tagen, kontrolliert (BGr,
9. Februar 2012, 4A_660/2011, E. 2.4.1, www.bger.ch; BGr, 23. März 2006,
2P.120/2005, E. 3 und 4.2, www.bger.ch). Bei längerer Ortsabwesenheit hat er geeig-
nete Massnahmen zu treffen, um eine ordnungsgemässe Zustellung zu gewährleisten,
z.B. durch einen Nachsendeauftrag, die Bekanntgabe der Abwesenheit oder Adress-
änderung an die Behörde oder durch die Bestellung eines Zustellungsbevollmächtigen.
Wer Vorkehren dieser Art unterlässt, verhindert schuldhaft die Zustellung (Rich-
ner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 126 N 40; RB 1992 Nr. 2). In der Folge hat ein Steuer-
pflichtiger eine am bisherigen Ort versuchte Zustellung als erfolgt gelten zu lassen,
wenn er sich während eines hängigen Verfahrens, in dem die Zustellung eines behörd-
lichen Aktes mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, für längere Zeit von
dem den Behörden bekanntgegebenen Adressort entfernt, ohne für die Nachsendung
der an die bisherige Adresse gelangenden Korrespondenz zu sorgen und ohne der
Behörde zu melden, wo er nunmehr zu erreichen ist bzw. ohne einen Vertreter zu be-
auftragen, nötigenfalls während seiner Abwesenheit für ihn zu handeln (VGr,
24. Januar 2013, VB.2012.00754, E. 2.2, www.vgr.zh.ch; BGE 119 V 89, E. 4b/aa).
bb) Hat ein Adressat während eines hängigen Verfahrens mit der Zustellung
von behördlichen Postsendungen zu rechnen, stellt ein vorgängig, für die Zeit der Ab-
wesenheit des Adressaten erteilter Postzurückbehaltungsauftrag sowohl nach verwal-
tungsgerichtlicher wie bundesgerichtlicher Rechtsprechung keine geeignete Massnah-
me dar, um eine ordnungsgemässe Zustellung zu gewährleisten (VGr, 4. November
2013, VB.2013.00314, E. 2, www.vgr.zh.ch; VGr, 23. Oktober 2013, VB.2012.00690,
E. 3.2.1, www.vgr.zh.ch; VGr, 24. Januar 2013, VB.2012.00754, E. 2.2 ff., www.vgr.zh.
ch; BGr, 30. Januar 2013, 9C_68/2013, www.bger.ch; BGr, 19. Dezember 2012,
9C_1005/2012, E. 3, www.bger.ch; BGr, 15. August 2012, 4A_422/2012, www.bger.ch;
BGr, 9. Februar 2012, 4A_660/2011, E. 2.4, www.bger.ch; BGr, 3. März 2011,
2C_740/2010, E. 2, www.bger.ch; BGr, 28. Dezember 2001, H 2/01, E. 5b,
www.bger.ch; BGr, 12. Juni 2001, C 422/00, www.bger.ch).
d) aa) Nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung zu § 9 Abs. 2
VO StG gilt der letzte Tag einer siebentägigen Abholfrist als fingiertes Zustelldatum,
sofern der Adressat die Zustellung schuldhaft verhindert hat (VGr, 24. August 2011,
SB.2011.00031, E. 2.2, www.vgr.zh.ch). Die fingierte Zustellung nach sieben Tagen
1 ST.2013.235
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(sogenannte Zustell- bzw. Zustellungsfiktion) entspricht der vom Bundesgericht für ein-
geschriebene Sendungen entwickelten Praxis, die mittlerweile in Gesetzesrecht über-
führt worden ist (Art. 138 Abs. 3 lit. a ZPO, Art. 20 Abs. 2bis des Bundesgesetzes
über das Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember 1968/17. Juni 2005 [VwVG;
SR 172.021], Art. 44 Abs. 2 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht [BGG;
SR 173.110], Art. 38 Abs. 2bis des Bundesgesetzes über den allgemeinen Teil des
Sozialversicherungsrechts vom 6. Oktober 2000/17. Juni 2005 [ATSG; SR 830.1]).
bb) Die von der Praxis festgelegte Zustellfiktion betrifft Fälle, in denen eine
Sendung innerhalb der siebentägigen Abholfrist nicht abgeholt wurde (immer voraus-
gesetzt, dass der Adressat mit der fraglichen Zustellung hat rechnen müssen). Die Frist
bis zum Eintreten der Zustellfiktion wird dabei nicht verlängert, wenn ein Abholen nach
den anwendbaren Bestimmungen der Post auch noch länger möglich ist, etwa in Folge
eines Zurückbehaltungsauftrags. Auch andere Abmachungen mit der Post können den
Eintritt der Zustellfiktion nicht hinausschieben. Es ist nicht überspitzt formalistisch, die
Zustellfiktion – unabhängig von der konkreten durch die Post gewährten Abholfrist –
immer sieben Tage nach dem erfolglosen Zustellversuch eintreten zu lassen
(VGr, 24. Januar 2013, VB.2012.00754, E. 2.3, www.vgr.zh.ch; BGE 127 I 31, E. 2b,
auch zu Folgendem). Die Rechtsicherheit und der Grundsatz rechtsgleicher Behand-
lung verlangen für die Festlegung des Zeitpunkts der Zustellfiktion eine klare, einfache
und vor allem einheitliche Regelung, nach der sich die verfügenden Behörden, allfällige
Gegenparteien und Rechtsmittelbehörden richten können und die ungerechtfertigte
prozessuale Privilegien verhindert (VGr, 24. August 2011, SB.2011.00031, E. 2.2,
www.vgr.zh.ch; VGr, 25. Februar 2009, VB.2009.00027, E. 4.4, www.vgr.zh.ch; BGr,
24. Juli 2000, 1P.369/2000, E. 1b, www.bger.ch; BGE 123 III 492, E. 1; BGE 100 III 3,
E. 3).
Aus diesen Gründen kommt die Zustellfiktion auch dann zum Tragen, wenn
ein Steuerpflichtiger die in der Abholungseinladung angesetzte Abholfrist verlängern
lässt und die zurückbehaltene Sendung anschliessend tatsächlich innert verlängerter
Frist abholt (VGr, 2. Oktober 2013, SB.2012.00156, E. 3.3; VGr, 12. Dezember 2012,
SB.2012.00097, E. 2.1; VGr, 23. Mai 2012, SB.2011.00180, E. 3.4; BGr, 2C_565/2012,
E. 2 und 3.3.4, www.bger.ch). Die Schweizerische Post hält denn auch in ihren Allge-
meinen Geschäftsbedingungen ausdrücklich fest, dass sich die rechtlichen Wirkungen
einer Zustellung unabhängig vom postalischen Angebot nach den einschlägigen recht-
1 ST.2013.235
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lichen Vorgaben beurteilen (www.post.ch, Ziffer 2.3.7 lit. b AGB "Postdienstleistungen",
Ausgabe Juni 2013).
cc) Nach dem Wortlaut der genannten gesetzlichen Bestimmungen sind von
der Zustellfiktion indes nur Fälle mit einem tatsächlich unternommenen erfolglosen
(Briefkasten- oder Postfach-)Zustellungsversuch mit entsprechender Abholungseinla-
dung erfasst, nicht jedoch jene Fälle, wo die Post aufgrund eines Auftrags des Adres-
saten gar nicht erst versucht eine Sendung zuzustellen und daher auch keine Abho-
lungseinladung hinterlegt, wie z.B. bei postlagernd adressierten Briefsendungen oder
einem Postzurückbehaltungsauftrag.
Mit der Dienstleistung "Postlagersendung" der Schweizerischen Post können
Personen, die über keine feste Adresse verfügen oder reisebedingt abwesend sind,
Briefe postlagernd an eine Poststelle ihrer Wahl senden lassen und diese dort während
der einmonatigen Aufbewahrungsfrist abholen. Erteilt der Kunde der Post den "Auftrag
Post zurückbehalten", so behält die Post an den Kunden adressierte Postsendungen
für die gemäss Auftrag bestimmte Dauer zurück. Sendungen mit Zustellnachweis kön-
nen maximal zwei Monaten lang zurückbehalten werden. Der Kunde hat eine Woche
nach Ablauf des Auftrags die zurückbehaltenen Sendungen entweder auf der angege-
benen Poststelle abzuholen oder an seine Domiziladresse zustellen zu lassen
(www.post.ch, AGB "Postdienstleistungen", AGB "Auftrag Post zurückbehalten" und
Factsheet "Nachsendeauftrag", Ausgabe Juni 2013).
Aus den in Erwägung E. 1d/bb genannten Gründen ist nach verwaltungs- wie
bundesgerichtlicher Rechtsprechung die bei Briefkasten- und Postfachzustellungen
geltende Zustellfiktion bei postlagernd adressierten Briefsendungen und Postzurück-
behaltungsaufträgen jedoch analog anzuwenden. In der Folge gilt bei postlagernd
adressierten Briefsendungen die Sendung als am letzten Tag einer Frist von sieben
Tagen ab Eingang bei der Bestimmungspoststelle als zugestellt. Dass keine Abho-
lungseinladung im Briefkasten bzw. Postfach hinterlegt wird, spielt keine Rolle, ist der
Erhalt einer solchen sowieso entweder unmöglich (mangels fester Adresse) oder aber
unerwünscht (VGr, 24. August 2011, SB.2011.00031, E. 2.2, www.vgr.zh.ch; VGr,
25. Februar 2009, VB.2009.00027, E. 4.4, www.vgr.zh.ch; BGr, 20. Januar 2006,
5P.425/2005, E. 3.2 f., www.bger.ch; BGr, 24. Juli 2000, 1P.369/2000, E. 1b,
www.bger.ch; Maitre/Thalmann/[Plüss], in: Praxiskommentar zum Bundesgesetz über
das Verwaltungsverfahren, Zürich, 2009, Art. 20 N 40 f.).
1 ST.2013.235
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Nicht anders verhält es sich bei einem Postzurückbehaltungsauftrag, wo wäh-
rend der Dauer des Auftrags auf die Zustellung jeglicher Sendungen im Briefkasten
bzw. Postfach verzichtet wird, also auch auf den Erhalt von Abholungseinladungen. In
der Folge gilt bei einem Postzurückbehaltungsauftrag eine eingeschriebene Sendung
spätestens am letzten Tag einer Frist von sieben Tagen ab Eingang bei der Poststelle
am Ort des Empfängers als zugestellt. Daran vermag auch eine – nach Ablauf des
Auftrags – hinterlegte Abholungseinladung der Post nichts zu ändern (VGr,
4. November 2013, VB.2013.00314, E. 2.2, www.vgr.zh.ch; VGr, 24. Januar 2013,
VB.2012.00754, E. 2.3 f., www.vgr.zh.ch; BGr, 26. August 2013, 5D_142/2013, E. 4,
www.bger.ch; BGr, 30. Januar 2013, 9C_68/2013, www.bger.ch; BGr, 19. Dezem-
ber 2012, 9C_1005/2012, E. 3, www.bger.ch; BGr, 15. August 2012, 4A_422/2012,
www.bger.ch; BGr, 9. Februar 2012, 4A_660/2011, E. 2.2 und 2.4, www.bger.ch; BGr,
3. März 2011, 2C_740/2010, E. 2, www.bger.ch; BGE 134 V 49, E. 4; BGr, 26. März
2007, 1P.81/2007, E. 3.2, www.bger.ch; BGr, 28. Dezember 2001 H 2/01, E. 5b,
www.bger.ch; BGE 123 III 492, E. 1; Maitre/Thalmann/[Plüss], Art. 20 N 39).
2. a) Gemäss Sendungsverfolgung bzw. "Track and Trace Business" der Post
wurde der an die Adresse der Pflichtigen eingeschrieben versandte Einspracheent-
scheid vom 16. August 2013 gleichentags der Post übergeben und kam am Samstag,
17. August 2013 bei der zuständigen Poststelle an, wo die Sendung aufgrund eines
von der Pflichtigen am 26. Juli 2013 für den Zeitraum vom 2. August bis am 24. August
2013 erteilten Auftrags zurückbehalten wurde. Dabei wurde vereinbart, dass zurückbe-
haltene Sendungen nicht auf der Poststelle abgeholt, sondern der Pflichtigen am
26. August 2013 zugestellt werden (siehe auch den aufgedruckten Vermerk der Post
auf dem Originalkuvert des Einspracheentscheids. Am Montag, 26. August 2013 konn-
te der Einspracheentscheid jedoch nicht zugestellt werden, so dass eine Abholungsein-
ladung hinterlegt wurde, welche der Pflichtigen Frist zur Abholung der Sendung bis am
Montag, 2. September 2013 einräumte. Die Pflichtige holte den Einspracheentscheid
am letzten Tag der Frist ab. Der neu hinzugezogene Vertreter erhob sodann am
30. September 2013 Rekurs.
b) aa) Die Pflichtige erachtet die Rekurserhebung am 30. September 2013 als
rechtzeitig erfolgt, da ihr der Einspracheentscheid erst am 2. September 2013 zuge-
stellt worden sei. Daran vermöge der erteilte Postzurückbehaltungsauftrag für die Zeit
1 ST.2013.235
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ihrer Ferienabwesenheit nichts zu ändern. Die Zustellfiktion gelange nicht zur Anwen-
dung.
bb) Die Pflichtige, selber ausgebildete Juristin, hatte Ende März 2013 Ein-
sprache erhoben und musste daher aufgrund des hängigen Verfahrens mit einer ge-
wissen Wahrscheinlichkeit mit der Zustellung eines behördlichen Aktes rechnen. Ob es
sich dabei um eine Zwischenverfügung oder den verfahrensabschliessenden Entscheid
handelt, ist unerheblich; mithin hilft es der Pflichtigen nicht weiter, wenn sie vorbringt,
nach ihrem auf die Mahnung des Steueramts hin erfolgten Schreiben vom 11. Juli 2013
noch nicht den Einspracheentscheid erwartet zu haben. Da sodann seit dem letzten
verfahrensbezogenen Kontakt nur etwas mehr als ein Monat verstrichen war, hätte die
Pflichtige für die Zeit ihrer ferienbedingten längeren Abwesenheit von über drei Wo-
chen geeignete Vorkehrungen (vgl. E. 1c/aa) für die ordnungsgemässe Zustellung von
behördlichen Sendungen treffen müssen. Der erteilte Postzurückbehaltungsauftrag
stellt jedoch wie erwähnt keine solche dar. Des Weiteren lässt sich aus dem Schreiben
vom 11. Juli 2013 an das kantonale Steueramt auch keine Bekanntgabe der Abwesen-
heit herleiten. Entgegen der Ansicht der Pflichtigen war jenes nicht gehalten, wegen
der darin erfolgten Nennung der (Abfassungs-)Orte "C und D" auf eine ferienbedingte
Ortsabwesenheit von D bzw. Anwesenheit in C zu schliessen; im Übrigen enthielten
sämtliche Einspracheeingaben der Pflichtigen – die auch im Briefkopf stets ihre beiden
Wohnungsadressen aufführte – diese doppelten Ortsangaben und war überdies auf
den dazugehörenden jeweiligen Kuverts stets die Adresse der Wohnung in Zürich als
Absenderadresse aufgeführt, an die das kantonale Steueramt während des Verfahrens
denn auch sämtliche Schreiben gesandt hat, was von der Pflichtigen bislang nie bean-
standet wurde.
Nach dem Gesagten liegt mithin eine schuldhafte Verhinderung der Zustellung
vor. Dabei wäre es vorliegend gerade für die Pflichtige, welche gemäss eigenem Be-
kunden ihren Lebensmittelpunkt/ihre Heimat in C hat, wo sie seit Juli 2012 eine
3.5-Zimmer-Eigentumswohnung bewohnt und sich an den Wochenenden und während
den Ferien aufhält, ein Leichtes gewesen, für die Zeit ihrer Ferienabwesenheit – in C –
die Zustellbarkeit von (behördlichen) Sendungen etwa mittels eines befristeten Nach-
sendeauftrags an ihre dortige (Wohn-)Adresse sicherzustellen
(vgl. Einschätzung/Veranlagung 2011 [R-act. 13]).
1 ST.2013.235
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Im Übrigen sei noch angefügt, dass nach verwaltungsgerichtlicher Rechtspre-
chung die Parteien eines Verwaltungsverfahrens auch bei gehörig bekanntgegebener
Abwesenheit grundsätzlich keinen Anspruch darauf haben, dass ihnen Sendungen
– bei bestehendem Prozessrechtsverhältnis – nicht zugestellt werden, könnte andern-
falls ein Verfahren doch mutwillig für längere Zeit verzögert werden, was dem Be-
schleunigungsgebot widerspräche. Vielmehr zählt es zu den Pflichten einer Verfah-
renspartei, bei eigener Abwesenheit sicherzustellen, dass fristauslösende Sendungen
trotzdem entgegengenommen und allfällige Rechtsmittel – allenfalls durch einen Ver-
treter – rechtzeitig erhoben werden können (VGr, 4. November 2013, VB.2013.00314,
E. 2.3, www.vgr.zh.ch). Doch immerhin erlangt die Behörde bei entsprechender Mittei-
lung der Partei wenigstens Kenntnis von deren Abwesenheit, so dass sie bei Rechtzei-
tigkeit der Mitteilung allenfalls noch darauf reagieren bzw. die Partei kontaktieren könn-
te (zur Frage, ob eine Partei aufgrund einer ausbleibenden Antwort der Behörde aus
deren Schweigen schliessen darf, ihr würden während der mitgeteilten Abwesenheit
keine fristauslösenden Sendungen zugestellt: vgl. BGr, 9. Februar 2012, 4A_660/2011,
E. 2.4; BVGer, 20. Juli 2012, D-3512/2012, E. 3.6). Begnügt sich demgegenüber eine
Partei – wie vorliegend – damit, für die Zeit ihrer Abwesenheit bloss einen Postzurück-
behaltungsauftrag zu erteilen, ohne zugleich die Behörde gehörig über die Abwesen-
heit zu informieren, hätte dessen unbesehene Berücksichtigung zur Folge, dass die
Zustellung in solchen Fällen einzig und allein vom Willen des Empfängers abhängt,
was der rechtsgleichen Behandlung aller Zustellungsempfänger eingeschrieben ver-
sandter Sendungen zuwiderläuft (vgl. RB 1992 Nr. 28) und Missbrauchsmöglichkeiten
Tür und Tor öffnet.
cc) Wie vorstehend dargelegt (vgl. E. 1d/cc), ist sodann die bei Briefkasten-
und Postfachzustellungen geltende Zustellfiktion bei Postzurückbehaltungsaufträgen
wie demjenigen der Pflichtigen analog anzuwenden. Dabei ist unerheblich, dass mit
der Pflichtigen davon auszugehen ist, es sei während des erteilten Postzurückbehal-
tungsauftrags nie ein (erfolgloser) Zustellungsversuch unternommen bzw. sei ihr keine
Abholungseinladung hinterlegt worden. Denn eine eingeschriebene Sendung gilt in
solchen Fällen spätestens am letzten Tag einer Frist von sieben Tagen ab Eingang bei
der Poststelle am Ort des Empfängers als zugestellt. Diese klare, einfache und einheit-
liche Regelung – sämtliche Abteilungen des Bundesgerichts haben ihr zugestimmt
(BGE 134 V 49, E. 4) – erweist sich sowohl für die involvierten Behörden wie auch den
Adressaten als gleichermassen praktikabel, insbesondere heutzutage, wo es – wie die
Pflichtige selber anführt – mit den entsprechenden Codes und der Service-Leistung
1 ST.2013.235
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von Track and Trace Business für alle Beteiligten ein Leichtes ist, die einzelnen Verar-
beitungsschritte der Post durch Abruf des Sendungsverfolgungsauszugs in Erfahrung
zu bringen, mithin auch den Zeitpunkt des Eingangs einer eingeschriebenen Sendung
bei der zuständigen Poststelle während eines laufenden Postzurückbehaltungsauf-
trags.
Vorliegend ging der Einspracheentscheid am Samstag, 17. August 2013, bei
der zuständigen Distributionspoststelle in D ein, wo er auftragsgemäss für die erst am
Montag, 26. August 2013 zu erfolgende Zustellung zurückbehalten wurde. Entspre-
chend dem Gesagten gilt der Einspracheentscheid nach einer Frist von sieben Tagen
ab 17. August 2013, mithin am 24. August 2013, als zugestellt; dies ungeachtet der
davon abweichenden Abholungseinladung der Post vom 26. August 2013, welcher die
Pflichtige erst am siebten Tag, am 2. September 2013, folgte (zum Ganzen exempla-
risch: BGr, 19. Dezember 2012, 9C_1005/2012, E. 3.3, www.bger.ch). Demnach be-
gann die Rekursfrist am 25. August 2013 zu laufen und endete am Montag,
23. September 2013 (nicht erst, wie ursprünglich angeführt, am 26. September 2013.
Der erst am 30. September 2013 der Schweizerischen Post übergebene Rekurs er-
weist sich daher als verspätet.
Schafft somit die Pflichtige durch den erteilten Postzurückbehaltungsauftrag
selber eine Situation wie die Vorliegende, darf sie nicht einfach davon ausgehen, dass
erst der tatsächliche Empfang der Sendung fristauslösend sei, zumal die von ihr bei
Auftragserteilung akzeptierten allgemeinen Geschäftsbedingungen der Schweizeri-
schen Post ausdrücklich festhalten, dass sich die rechtlichen Wirkungen einer Zustel-
lung unabhängig vom postalischen Angebot nach den einschlägigen rechtlichen Vor-
gaben beurteilen. Jene können in solchen Fällen ohne Weiteres bei einer juristisch
gebildeten Person oder etwa bei der Vor-/Rechtsmittelinstanz in Erfahrung gebracht
werden (vgl. VGr, 4. November 2013, VB.2013.00314, E. 2.4, www.vgr.zh.ch). Dass
der beigezogene Rechtsanwalt, in Kenntnis des Postzurückbehaltungsauftrags, die
Frist gleichwohl versäumt hat, muss sich die Pflichtige, wie alle Handlungen von Ver-
tretern, zurechnen lassen; ein Fristwiederherstellungsgesuch wurde in diesem Zu-
sammenhang sodann zu Recht nicht gestellt, hätte dieses doch schon deshalb nicht
gutgeheissen werden können, weil eine rechtsirrtümliche Annahme über den Fristen-
lauf keinen Fristwiederherstellungsgrund darstellt. Zudem standen der Pflichtigen nach
Empfang des Einspracheentscheids noch 21 Tage zur Abfassung des Rekurses zur
1 ST.2013.235
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Verfügung, so dass sie durch die Zustellung des Entscheids während ihrer Abwesen-
heit nur einen geringfügigen Nachteil erlitten hat.
dd) Der am 30. September 2013 erhobene Rekurs der Pflichtigen würde sich im
Übrigen auch dann als verspätet erweisen, wenn die vom Verwaltungsgericht kürzlich,
als Ausnahme zur ansonsten weiterhin geltenden Regel geäusserte Auffassung zur
Anwendung gelänge, wonach bei Sendungen, welche während eines Postzurückbehal-
tungsauftrags an einem "Samstag" bei der zuständigen Poststelle eingehen, die sie-
bentägige Frist für das Eintreten der Zustellfiktion erst ab dem darauffolgenden nächs-
ten Werktag zu laufen beginnt (VGr, 23. Oktober 2013, VB.2012.00690, E. 3.2,
www.vgr.zh.ch [Entscheid nicht rechtskräftig, derzeit Beschwerde am Bundesgericht
hängig]). So betrachtet, würde vorliegend der am Samstag, 17. August 2013 bei der
Poststelle eingegangene Einspracheentscheid nach einer Frist von sieben Tagen –
berechnet ab Montag, 19. August 2013 – als am Montag, 26. August 2013 zugestellt
gelten, so dass die Rekursfrist schliesslich am Mittwoch, 25. September 2013 – 5 Tage
vor Rekurserhebung – geendet hätte.
Das Bundesgericht hat diesbezüglich hingegen bereits im Entscheid vom
19. Dezember 2012 (9C_1005/2012, E. 3.3) ausdrücklich festgehalten, dass auch bei
einer an einem Samstag bei der Poststelle eintreffenden Sendung die Zustellfiktion
nach sieben Tagen eintrete.
Wie es sich damit letztlich verhält, kann hier offen bleiben, da der Rekurs der
Pflichtigen in jedem Fall verspätet ist (zumal es dem verwaltungsgerichtlichen Ent-
scheid ohnehin an Rechtskraft gebricht).
3. Nach dem Gesagten ist auf den Rekurs zufolge Verspätung nicht einzutre-
ten. Ausgangsgemäss sind die Kosten des Verfahrens der Pflichtigen aufzuerlegen
(§ 151 Abs. 1 StG) und ist ihr keine Parteientschädigung zuzusprechen (§ 152 StG
i.V.m. § 17 Abs. 2 VRG).
1 ST.2013.235
- 12 - | Public | Tax | de | 2,014 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
b6136b8c-80a1-4fb0-ba5c-2a5cc5bc9c18 | hat sich ergeben:
A. A (der Pflichtige) und seine Ehefrau D (die Pflichtige) sind in B wohnhaft.
Per 17. April 2007 erbte der Pflichtige den hälftigen Anteil einer Liegenschaft in der
Gemeinde C. In der Steuererklärung 2007 wurde in Ziff. 60 angemerkt: "Vorbehalt der
interkantonalen Doppelbesteuerung, Antrag auf interkommunale Ausscheidung mit C
(ZH)".
Das kantonale Steueramt, Division Nord, schätzte die Pflichtigen mit Ent-
scheid vom 12. Oktober 2009 für die Staats- und Gemeindesteuern 2007 ein.
Mit Entscheid vom 31. März 2010 wies das kantonale Steueramt, Team Ge-
meindesteuerausscheidungen, den Antrag des Pflichtigen auf Steuerausscheidung ab
dem Steuerjahr 2007 ab.
B. Mit Einsprache vom 30. April 2010 stellte der Pflichtige folgende Anträge:
" 1. Der Entscheid vom 31.3.2010 sei aufzuheben. 2. Die E Liegenschaftserträge seien – wie in der Steuererklärung 2007 beantragt – ab Zugang der Liegenschaft bzw. deren Erträge, d.h. ab 17.4.2007 interkommunal der Belegenheitsgemeinde C und nicht der Sitzgemeinde B zuzuteilen (und nicht erst wie mündlich zugesichert auf Bemessungsjahr = Steuerjahr 2008). 3. Es sei entsprechend die hierfür notwendige interkommunale Steuerausschei- dung 2007 vorzunehmen und die Gemeinde B zu verpflichten auf den E Anteilen an Einkommen und Vermögen den E Steuerfuss anzuwenden und die Differenz den Steuerpflichtigen zurückzubezahlen. 4. Verfahrensantrag Die Einsprache sei nicht von der Abteilung für Gemeindesteuerausscheidungen zu behandeln, die offensichtlich einfach nach Massgabe der Arbeitsvermeidung entscheiden, sondern von einer Abteilung, die ausreichende Kenntnisse der verfassungsmässigen Rechte der Steuerpflichtigen hat."
Das kantonale Steueramt, Dienstabteilung Inventarkontrolle/Erbschafts-
steuer/Gemeindesteuerausscheidungen, wies die Einsprache mit Entscheid vom
8. Juni 2010 ab.
- 3 -
1 GS.2010.1
C. Der Pflichtige erhob dagegen am 24. Juni 2010 Rekurs und wiederholte im
Wesentlichen die im Einspracheverfahren gestellten Anträge 1 bis 3. Der Rekurs-
antrag 3 lautete nun: " Es sei festzustellen, dass Einsprachen von Steuerpflichtigen
betr. Steuerhoheiten / verfassungswidriger Besteuerung künftig von einer Abteilung
des Steueramtes zu behandeln seien, welche über die notwendigen Grundkenntnisse
der Anforderungen an eine verfassungsmässige gesetzliche Besteuerung verfügt".
Weiter beantragte er eine Prozessentschädigung.
Das Steueramt der Stadt B verzichtete mit Eingabe vom 23./24. August 2010
auf Rekursantwort. Die Gemeinde C liess sich nicht vernehmen. | Die Rekurskommission zieht in Erwägung:
1. Im Zusammenhang mit Rekursantrag 3 beantragt der Pflichtige sinngemäss
– wie sich aus der Rekursbegründung ergibt – die Aufhebung des Einsprache-
entscheids wegen Verweigerung des rechtlichen Gehörs, da sein "Verfahrensantrag
auf Ausstand" im Einspracheverfahren unkorrekt behandelt worden sei. Auf diese for-
melle Rüge ist vorweg einzugehen.
2. a) Das rechtliche Gehör gemäss Art. 29 Abs. 2 der Bundesverfassung vom
18. April 1999 (BV) dient einerseits der Sachaufklärung, andererseits stellt es ein per-
sönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht beim Erlass eines Entscheids dar, welcher in
die Rechtsstellung des Einzelnen eingreift. Dazu gehört insbesondere das Recht des
Betroffenen, sich vor Erlass eines solchen Entscheids zur Sache zu äussern, erhebli-
che Beweise beizubringen, Einsicht in die Akten zu nehmen, mit erheblichen Beweis-
anträgen gehört zu werden und an der Erhebung wesentlicher Beweise entweder mit-
zuwirken oder sich zumindest zum Beweisergebnis zu äussern, wenn dieses geeignet
ist, den Entscheid zu beeinflussen. Der Anspruch auf rechtliches Gehör umfasst als
Mitwirkungsrecht somit alle Befugnisse, die einer Partei einzuräumen sind, damit sie in
einem Verfahren ihren Standpunkt wirksam zur Geltung bringen kann (BGE 135 II 286
E. 5.1, mit Hinweisen).
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1 GS.2010.1
Aus dem Gehörsanspruch ist zudem abzuleiten, dass die Behörde die Vor-
bringen des vom Entscheid in seiner Rechtsstellung Betroffenen auch tatsächlich hört,
prüft und in der Entscheidfindung berücksichtigt. Daraus folgt die Verpflichtung der
Behörde, ihren Entscheid zu begründen. Dabei ist es nicht erforderlich, dass sie sich
mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbrin-
gen ausdrücklich widerlegt. Vielmehr kann sie sich auf die für den Entscheid wesentli-
chen Punkte beschränken. Die Begründung muss so abgefasst sein, dass sich der
Betroffene über die Tragweite des Entscheids Rechenschaft geben und ihn in voller
Kenntnis der Sache an die höhere Instanz weiterziehen kann. In diesem Sinn müssen
wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde hat
leiten lassen und auf die sich ihr Entscheid stützt (BGE 134 I 83, E. 4.1, mit Hinwei-
sen).
b) Der Pflichtige erklärt, nachdem er aufgrund von Telefongesprächen habe
feststellen müssen, dass der Abteilung für Gemeindesteuerausscheidungen offensicht-
lich die Kenntnis fehle, dass auch Steuerpflichtigen gewisse verfassungsmässige
Rechte zukämen, habe er in der Einsprache den (eingangs erwähnten) Verfahrens-
antrag gestellt. Anstatt den "Verfahrensantrag auf Ausstand" von einer unabhängigen
Stelle behandeln zu lassen, habe sie (die Abteilung) darüber gleich in eigener "(Un-)
Kompetenz" entschieden. In der unkorrekten Behandlung des Ausstandbegehrens
sieht der Pflichtige eine Verweigerung des rechtlichen Gehörs.
c) In ihrem Einspracheentscheid vom 8. Juni 2010 hat die Vorinstanz den
"Verfahrensantrag" behandelt, wenn auch nicht ausführlich. Sie ist damit ihrer Begrün-
dungspflicht grundsätzlich nachgekommen. Weitere Aspekte, die auf eine Verletzung
des Gehörsanspruchs hindeuten würden, sind – im Licht der vorstehend wieder-
gegebenen Rechtsprechung zu Art. 29 Abs. 2 BV – weder ersichtlich noch werden sol-
che im Einzelnen geltend gemacht. Allerdings fragt sich, ob die Dienstabteilung Ge-
meindesteuerausscheidungen zur Behandlung des erwähnten Verfahrensantrags
zuständig war.
3. In der Rekursschrift bezeichnet der Pflichtige den von ihm im Einsprache-
verfahren gestellten "Verfahrensantrag" als Ausstandsbegehren.
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1 GS.2010.1
a) aa) Wer bei Vollzug des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) in einer
Sache zu entscheiden oder an einer Verfügung oder Entscheidung in massgeblicher
Stellung mitzuwirken hat, ist verpflichtet, in den Ausstand zu treten, wenn er an der
Sache ein persönliches Interesse hat (§ 119 Abs. 1 lit. a StG); mit einer Partei in gera-
der Linie oder in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder verschwägert oder
durch Ehe, Verlobung oder Kindesannahme verbunden ist (lit. b); Vertreter einer Partei
ist oder für eine Partei in der gleichen Sache tätig war (lit. c) oder aus andern Gründen
in der Sache befangen sein könnte (lit. d). Die Nichtbeachtung der Ausstandspflicht
stellt regelmässig eine schwerwiegende Verletzung von Verfahrensvorschriften dar und
hat ungeachtet der materiellen Interessenlage die Kassation des unter Mitwirkung des
ausstandspflichtigen Behördenmitglieds gefassten Entscheids zur Folge (Kölz/Boss-
hart/Röhl, Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, 2. A.,
1999, § 5a N 7).
bb) Ist ein Ausstandsgrund streitig, entscheidet die vorgesetzte Behörde, bei
Mitgliedern von Kollegialbehörden die Kollegialbehörde (§ 119 Abs. 3 StG). Dies gilt
allerdings nur, wenn überhaupt ein gültiges Ausstandsbegehren gestellt wurde. Ein
Ausstandsbegehren, das sich gegen eine Behörde als solche richtet, ist von Vornher-
ein ungültig, da die Ausstandspflicht immer nur Einzelpersonen und nicht die ganze
Behörde trifft (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum harmonisierten Zürcher
Steuergesetz, 2. A., 2006, § 119 N 7, mit Hinweisen). Bei einem ungültigen Aus-
standsbegehren fehlt die Voraussetzung zur Durchführung eines Ausstandsverfahrens
und ist auf das Begehren nicht einzutreten. Das Ausstandsverfahren darf namentlich
nicht missbraucht werden und zur Ausschaltung der Rechtspflegeinstanz und damit zur
Lahmlegung der Justiz führen. Die Eignung der geltend gemachten Ausstandsgründe
ist deshalb vorab nach dem Zweck des Ablehnungsverfahrens zu beurteilen. Dieser
besteht darin, eine objektive Rechtsprechung durch unabhängige Richter zu gewähr-
leisten (vgl. BGE 105 Ib 301 E. 1b). Diese Grundsätze lassen sich auch auf das ver-
waltungsinterne Verfahren anwenden.
b) Vorab unterliess es der – offenbar rechtskundige – Pflichtige, in seiner Ein-
sprache auch nur anzudeuten, dass es ihm mit seinem Verfahrensantrag um Aus-
stands- bzw. Ablehnungsgründe gehe. Sodann hätte er im Einzelnen substanziiert dar-
legen müssen, weswegen und welche der Mitglieder der mit seiner Angelegenheit
befassten Dienstabteilung in den Ausstand hätten treten sollen (vgl. VGr, 10. Septem-
ber 2003, SB.2003.00029, E. 1a Abs. 3). Stattdessen begnügte er sich damit, die Be-
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1 GS.2010.1
handlung der Einsprache von einer anderen Abteilung als derjenigen für Gemeinde-
steuerausscheidungen zu beantragen, da diese nach seiner Auffassung "nach Mass-
gabe der Arbeitsvermeidung entscheiden" würde bzw. ihr die erforderlichen Kenntnisse
fehlten. Damit brachte er aber nicht im entferntesten Ausstandsgründe vor. Vielmehr
betrafen seine Vorwürfe implizit einerseits die fehlende Zuständigkeit der betreffenden
Dienstabteilung, andererseits die aus seiner Sicht mangelhafte Arbeitsführung.
Zur in Frage stehenden Zuständigkeit ist Folgendes auszuführen: Nach § 194
Abs. 1 StG ermittelt das Steueramt der Einschätzungsgemeinde oder, auf sein Verlan-
gen, das kantonale Steueramt die Ausscheidungsgrundlagen gestützt auf die Ein-
schätzung für die Staatssteuer und allfällige weitere Erhebungen. Alle Zürcher Ge-
meinden haben die Ermittlung der Steuerausscheidungsgrundlagen an das kantonale
Steueramt delegiert (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 194 N 4). Gemäss Kreisschrei-
ben des kantonalen Steueramts an die Gemeindesteuerämter über die Durchführung
der Steuerausscheidungen für Gemeindesteuern vom 5. Oktober 1998 (ZStB I Nr.
35/400) wurde die Gruppe für Gemeindesteuerausscheidungen des kantonalen Steu-
eramts mit den entsprechenden Arbeiten beauftragt. Damit ist Zuständigkeit der
Dienstabteilung Inventarkontrolle/Erbschaftssteuer/Gemeindesteuerausscheidungen zu
bejahen.
Was den Vorwurf der mangelhaften Arbeitsführung anbelangt, so ist einzig
darauf hinzuweisen, dass dem Pflichtigen der Weg über die Aufsichtsbeschwerde im
Sinn von § 111 StG offen stünde.
c) Nach dem vorstehend Gesagten kann es der Vorinstanz nicht zum Vorwurf
gereichen, wenn sie den "Verfahrensantrag" nicht als Ausstandsbegehren erkannte.
Da zudem kein gültiges Ausstandsbegehren vorlag, ist die Vorinstanz zu Recht sinn-
gemäss nicht darauf eingetreten. Sie war zudem befugt, über diesen Punkt selbst zu
entscheiden. Damit ist auf den im Rekursverfahren gestellten Antrag 3 nicht weiter ein-
zugehen.
4. Materiell geht es vorliegend insbesondere um die Frage, ob die Liegen-
schaftserträge der vom Pflichtigen im April 2007 geerbten Liegenschaft für die Steuer-
periode 2007 durch die Wohnsitzgemeinde B oder die Belegenheitsgemeinde C zu
besteuern sind (interkommunale Steuerausscheidung).
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1 GS.2010.1
a) aa) Die Vorinstanz führt aus, grundsätzlich müssten die Gemeinden ge-
mäss § 193 StHG (recte: StG) ihren Ausscheidungsanspruch rechtzeitig anmelden. Die
Frist zur Anmeldung sei eine Verwirkungsfrist. Gegenüber dem Steuerpflichtigen träten
aber bei unterlassener Anmeldung keine Verwirkungsfolgen ein, da er einen gesetz-
lichen Anspruch auf die korrekte interkommunale Steuerausscheidung und die Anwen-
dung der massgeblichen Steuerfüsse habe. Der Pflichtige habe sinngemäss Antrag auf
Steuerausscheidung gestellt, welcher durch die Einschätzungsgemeinde zu behandeln
sei. Dieser "Vorgabe" stehe nichts im Weg, da sich das Gemeindesteueramt B nach
telefonischer Rückfrage einverstanden erklärt habe, die Steuerfussdifferenz für das
Steuerjahr 2008 zu übernehmen. Der Antrag auf eine Ausscheidung des Steuerjahres
2007 sei jedoch abzulehnen. Letzteres begründet die Vorinstanz im Wesentlichen da-
mit, dass § 190 StG analog auf die Begründung, Verlegung oder Aufgabe eines spe-
ziellen Steuerdomizils anwendbar sei.
bb) Der Pflichtige bringt dagegen zusammengefasst vor, § 190 StG sei nicht
anzuwenden, da diese Bestimmung einen Wohnsitzwechsel voraussetze, eine Liegen-
schaft aber ihren steuerlichen Wohnsitz nicht wechseln könne, sondern immer am glei-
chen Belegenheitsort steuerbar sei. Die Besteuerung des ganzen Bemessungsjahres
sei verfassungswidrig (Verletzung von Art. 8, 9 und 127 BV) und verletze auch Art. 68
Abs. 2 des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kanto-
ne und Gemeinden vom 14. Dezember 1990 (StHG).
b) aa) Vorab ist festzuhalten, dass die Vorinstanz zu Recht (implizit) auf den
Antrag des Pflichtigen auf kommunale Steuerausscheidung auch betreffend die Steu-
erperiode 2007 eingetreten ist, da er diesen Anspruch unabhängig von einer allfälligen
von der Einschätzungsgemeinde zu verantwortenden Verwirkung eigenständig durch-
setzen kann (vgl. StRK II, 29. April 2002, E. 2b/bb = StE 2003 B 11.4 Nr. 2).
bb) Die Bestimmungen über die Steuerpflicht für die Staatssteuern gelten
nach § 189 StG auch für die Gemeindesteuern; vorbehalten bleiben anderslautende
Spezialvorschriften. Demnach ist eine natürliche Person qua Verweisung aufgrund
persönlicher Zugehörigkeit unbeschränkt steuerpflichtig, wenn sie ihren steuerrechtli-
chen Wohnsitz in der Gemeinde hat (§ 3 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 5 Abs. 1 StG;
Hauptsteuerdomizil). In anderen Gemeinden ist sie beschränkt steuerpflichtig, falls sie
dort (u.a.) an Grundstücken Eigentum, dingliche Rechte oder diesen wirtschaftlich
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1 GS.2010.1
gleichkommende persönliche Nutzungsrechte hat (§ 4 Abs. 1 lit. b i.V.m. § 5 Abs. 2
StG; Spezialsteuerdomizil). Ist eine Person in zwei oder mehreren Gemeinden steuer-
pflichtig, so ist eine Steuerausscheidung vorzunehmen (§ 191 Abs. 1 StG); aus Prakti-
kabilitätsgründen ist indes auf eine Ausscheidung – insofern – zu verzichten, als der
auf die Gemeinde(n) mit beschränkter Steuerhoheit entfallende Anteil an der einfachen
Staatssteuer weniger als Fr. 2'000.- beträgt.
cc) Der steuerrechtliche Wohnsitz des Pflichtigen befand sich in der hier rele-
vanten Steuerperiode 2007 (und danach) unbestrittenermassen in B. Folglich bestand
aufgrund persönlicher Zugehörigkeit eine unbeschränkte Steuerpflicht am Hauptsteu-
erdomizil. Am 16. April 2007 verstarb der Vater des Pflichtigen und hinterliess diesem
(und soweit ersichtlich dessen Bruder) unter anderem eine Liegenschaft in C. Der
Pflichtige wurde daher an sich im Jahr 2007 aufgrund wirtschaftlicher Zugehörigkeit in
C beschränkt steuerpflichtig. Bereits ab der Steuerperiode 2007 war der Pflichtige folg-
lich sowohl an seinem Wohnsitz als auch am Belegenheitsort der geerbten Liegen-
schaft und damit in zwei Zürcher Gemeinden steuerpflichtig, weshalb eine Gemeinde-
steuerausscheidung Platz greift.
c) aa) Die Steuerausscheidung im interkommunalen Verhältnis richtet sich
unter Vorbehalt besonderer Bestimmungen nach den Regeln über die interkantonale
Ausscheidung. Dies ergibt sich aufgrund der Verweisung in § 189 Abs. 1 StG (VGr,
10. September 2003, SB.2003.00021, E. 2, mit Hinweis). Nach § 10 Abs. 3 StG werden
die Folgen des Beginns, der Änderung und des Endes der Steuerpflicht aufgrund per-
sönlicher und wirtschaftlicher Zugehörigkeit im interkantonalen Verhältnis durch das
Steuerharmonisierungsgesetz bestimmt.
bb) Mit dem Bundesgesetz zur Koordination und Vereinfachung der Veranla-
gungsverfahren für die direkten Steuern im interkantonalen Verhältnis vom
15. Dezember 2000 (Vereinfachungsgesetz; in Kraft seit dem 1. Januar 2001) wurden
verschiedene Änderungen beim Steuerharmonisierungsgesetz vorgenommen.
Primär ist mit dem Vereinfachungsgesetz eine Abstimmung der Zuständigkeit
der Veranlagung der direkten Bundessteuer und der kantonalen und kommunalen
Steuern angestrebt worden (Ivo Baumgartner, Koordination und Vereinfachung der
Veranlagungsverfahren, FStr 2001 S. 137 ff., S. 143). Eine der Leitlinien der Revision
des Steuerharmonisierungsgesetzes bildete die Einheit der Steuerperiode. Der Bun-
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1 GS.2010.1
desrat führte in der Botschaft dazu aus, der grossmehrheitliche Wechsel zum Post-
numerandosystem für juristische und natürliche Personen und die angestrebte Verein-
fachung des interkantonalen Verhältnisses rechtfertigten es, die bisherigen Regeln der
Rechtsprechung – nämlich die Pro-rata-temporis-Besteuerung bei einer Veränderung
der Steuerpflicht – zu Gunsten der Einheit der Steuerperiode aufzugeben. Nach die-
sem neuen Grundsatz führe ein Wechsel des Steuerdomizils (durch Verlegung des
Sitzes oder des Wohnsitze, durch Begründung oder Aufgabe eines Spezialsteuerdomi-
zils) nicht mehr zu einer Aufsplittung der Steuerperiode. Die Ausscheidung unter den
beteiligten Kantonen beziehe sich also auf die Elemente der ganzen Steuerperiode
(Botschaft zur Koordination und Vereinfachung der Veranlagungsverfahren für die di-
rekten Steuern im interkantonalen Verhältnis vom 24. Mai 2000, BBl 3898 ff.,
S. 3902 f.; vgl. auch Baumgartner, S. 142). Die Schweizerische Steuerkonferenz (SSK)
führt in ihren einschlägigen Kreisschreiben aus, der Grundsatz der Einheit der Steuer-
periode habe zur Folge, dass bei einer Änderung der Besteuerungsorte die Steuerperi-
ode nicht in Zeitabschnitte zerlegt werde. Das Besteuerungsrecht der Kantone erstre-
cke sich vielmehr auf die ganze Steuerperiode. Art. 68 Abs. 2 StHG regle die Folgen
einer Änderung der Steuerpflicht im Lauf einer Steuerperiode bezüglich einer wirt-
schaftlichen Zugehörigkeit ausserhalb des Wohnsitzkantons. Diese (revidierte) Be-
stimmung untersage eine zeitliche Aufteilung der Steuerperiode in Fällen der Begrün-
dung, der Änderung oder der Aufhebung eines Spezial- oder Nebensteuerdomizils.
Habe die wirtschaftliche Zugehörigkeit während der Steuerperiode bestanden, gelte die
beschränkte Steuerpflicht für die ganze Periode. Sei die Dauer einer wirtschaftlichen
Zugehörigkeit in einem anderen Kanton kürzer als eine ganze Steuerperiode, werde
der Grundsatz nach Art. 66 Abs. 4 StHG (Besteuerung des Vermögens im Verhältnis
zur Dauer der Zugehörigkeit) nicht durch eine Herabsetzung des Steuerbetrages um-
gesetzt, sondern durch eine betragsmässige Herabsetzung der dem Nebensteuerdo-
mizil zugewiesenen Vermögensteile (vgl. SSK, Kreisschreiben Nr. 15 vom 31. August
2001 über die Koordination und Vereinfachung der Veranlagungsverfahren für die di-
rekten Steuern im interkantonalen Verhältnis und Kreisschreiben Nr. 18 vom 27. No-
vember 2001 über die interkantonale Ausscheidung bei Änderungen der Steuerpflicht
während der Steuerperiode im System der einjährigen Postnumerandobesteuerung mit
Gegenwartsbemessung [Natürliche Personen], dort insbesondere Beispiel 12 zur Lie-
genschaftsabtretung durch Erbschaft, [beide Kreisschreiben unter www.steuer-
konferenz.ch]).
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1 GS.2010.1
cc) Der Grundsatz der Einheit der Steuerperiode hat zur Wirkung, dass auch
die Bemessungsperiode einheitlich ist und damit keine Aufteilung mehr erfährt. Soweit
verschiedene Kantone ein Besteuerungsrecht für die gleiche Steuerperiode geltend
machen, hat eine Aufteilung der Faktoren und nicht mehr der Bemessungsperiode zu
erfolgen (Baumgartner, S. 143). Soweit kein anderes Vorgehen sinnvoller ist, hat eine
Pro rata-Faktoren-Aufteilung stattzufinden (vgl. Botschaft, S. 3908 f., Baumgartner,
S. 223 ff, S. 228).
dd) Obschon das Steuerharmonisierungsgesetz nicht auf interkommunale
Sachverhalte wie Wechsel des Wohnsitzes bzw. Sitzes Anwendung findet, können die
durch das Vereinfachungsgesetz eingeführten Änderungen unter Umständen auch auf
dieser Ebene Auswirkungen haben. Dies insoweit, als im kantonalen Recht bestimmt
wird, dass im interkommunalen Verhältnis die Regeln des Bundesrechts für interkanto-
nale Verhältnisse zur Anwendung kommen (Baumgartner, S. 141). Letzteres trifft wie
gesehen auf das zürcherische Recht zu (§ 189 Abs. 1 StG).
d) Nach den vorstehenden Ausführungen spricht daher vieles dafür, dass im
vorliegenden Fall schon für die Steuerperiode 2007 eine Steuerausscheidung zwischen
der Wohnsitzgemeinde und der Liegenschaftengemeinde unter Vornahme einer Pro
rata-Faktoren-Aufteilung stattzufinden hat.
5. a) Die Vorinstanz wendet sich gegen diesen Schluss unter Berufung auf
eine analoge Anwendung von § 190 StG. Gemäss dieser Bestimmung dauert die
Steuerhoheit der Wegzugsgemeinde für die laufende Steuerperiode unverändert fort,
wenn der Steuerpflichtige seinen steuerrechtlichen Wohnsitz in eine andere zürcheri-
sche Gemeinde verlegt. Sie stützt ihre Auffassung auf den Kommentar von Rich-
ner/Frei/Kaufmann/Meuter, worin festgehalten wird, § 190 StG sei analog auch auf die
Begründung, Verlegung oder Aufgabe eines speziellen Steuerdomizils (Betriebsstätte
oder Liegenschaft) anwendbar. Solche Verlegungen eines Spezialdomizils würden erst
auf Beginn der nächsten Steuerperiode wirksam (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter,
§ 190 N 4). Zur Begründung dieser Auffassung verweist der Kommentar auf einen älte-
ren Entscheid des Verwaltungsgerichts sowie einen Entscheid der Finanzdirektion.
aa) Im erwähnten Entscheid des Verwaltungsgerichts vom 20. Mai 1970 ging
es um den Inhaber einer Einzelfirma, der diese am Wohnort und als Zweignieder-
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lassung in einer anderen Gemeinde betrieb. Im Dezember 1966 verlegte er die Einzel-
firma in eine dritte Gemeinde und hob die Zweigniederlassung auf. Das Verwaltungs-
gericht hielt fest, § 138 des Gesetzes über die direkten Steuern vom 8. Juli 1951
(aStG) normiere seinem Wortlaut nach einzig Beginn und Ende der Gemeindesteuer-
pflicht bei Verlegung des steuerlichen Wohnsitzes oder Sitzes. Diese Vorschrift sei
analog auch auf die Begründung, Verlegung oder Aufgabe eines speziellen Steuerdo-
mizils (Betriebsstätte oder Liegenschaft) anwendbar. Hier verwies das Verwaltungsge-
richt auf Reimann/Zuppinger/Schärrer (Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, 4.
Band, 1966, § 138 N 4; bzw. den dort zitierten Handkommentar von Pestalozzi, 1952).
§ 138 aStG wolle als Sonderbestimmung für das interkommunale Verhältnis von der
interkantonal wirksamen Regelung für die Staatssteuerpflicht bewusst abweichen, so
dass hier § 13 aStG über die Dauer der Steuerpflicht nicht zur Anwendung komme. Die
erstgenannten Kommentatoren halten fest, die Praxis, wonach § 138 aStG auch auf
sekundäre Steuerdomizile Anwendung finde, sei begründet. Wenn aus Gründen der
Vereinfachung für den Entscheid über die primäre Steuerpflicht auf die Verhältnisse zu
Beginn des Jahres abgestellt werde, so sei dies umso eher beim Entscheid über die
sekundäre Steuerpflicht am Platz.
Letztere Auffassung von Reimann/Zuppinger/Schärer, welche dem Ausle-
gungsgrundsatz von "in maiore minus" entspricht, ist nicht zu teilen. So geht es bei der
Neubegründung eines Nebensteuerdomizils unter Beibehaltung des Hauptsteuerdomi-
zils nicht um einen Unterfall der Verlegung des Hauptsteuerdomizils, sondern um einen
davon zu unterscheidenden andern Sachverhalt. Dementsprechend ist denn auch bei
Verlegung des Hauptsteuerdomizils keine Steuerausscheidung vorzunehmen, bei
Neubegründung eines Nebensteuerdomizils dagegen sehr wohl. Damit überzeugt der
genannte verwaltungsgerichtliche Entscheid bzw. die darauf basierende Meinung von
Richner/Frei/Kaufmann/Meuter für eine analoge Anwendung von § 190 StG bei Neu-
begründung eines Nebensteuerdomizils nicht.
bb) Auch mit dem von Richner/Frei/Kaufmann/Meuter ebenfalls zitierten Ent-
scheid der Finanzdirektion vom 6. Juli 1959 lässt sich die von diesen Kommentatoren
vertretene Auffassung nicht untermauern: Dort ging es um die Steuerausscheidung
zwischen Wohnsitz- und Liegenschaftengemeinde bei Veränderung des Liegenschaf-
tenbestands im Lauf des Bemessungsjahres. Die Finanzdirektion stellte fest, nach dem
klaren Wortlaut von § 138 aStG bewirke einzig die Verlegung des Wohnsitzes oder
Sitzes zwischen zürcherischen Gemeinden eine frühere Verlegung der Gemeindesteu-
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1 GS.2010.1
erpflicht – und dies auch erst nach Ablauf des betreffenden Steuerjahres. Eine analoge
Anwendung von § 138 aStG auf die Begründung, Verlegung oder Aufgabe eines se-
kundären Steuerdomizils (Liegenschaften, Betriebsstätten) sei abzulehnen (ZBl [1960],
S. 277).
b) Nach dem klaren Wortlaut von § 190 StG regelt diese Bestimmung allein
die Verlegung des Wohnsitzes oder Sitzes des Steuerpflichtigen. So lautet auch die
Marginalie. Änderungen bei Nebensteuerdomizilen werden nicht erwähnt. Die Geset-
zessystematik ist wie folgt aufgebaut: Zweiter Teil/Gemeindesteuern, Erster Ab-
schnitt/Allgemeine Gemeindesteuern, Ziffer I. Steuerpflicht: 1. Steuerarten (§ 187), 2.
Steuerfuss (§ 188), 3. Bestand und Umfang der Steuerpflicht, a) Im Allgemeinen (§
189) b) Bei Verlegung des Wohnsitzes oder Sitzes (§ 190) und c) Bei Steuerpflicht in
mehreren Gemeinden (§ 191). Aus der Systematik ergibt sich damit ebenso wenig wie
aus dem Wortlaut, dass sich § 190 StG auch auf die Änderung der Verhältnisse hin-
sichtlich der Spezialsteuerdomizile bezieht. Liegt eine Änderung der Verhältnisse bei
Spezialsteuerdomizilen vor, sind nach Wortlaut und Systematik vielmehr nur §§ 189
und 191 StG anwendbar, nicht aber § 190 StG.
c) Eine Betrachtung der Materialien führt zu keinem anderen Ergebnis. Es war
– soweit ersichtlich – nie die Absicht, unter (dem heutigen) § 190 StG Änderungen von
Nebensteuerdomizilen zu subsumieren bzw. diese Vorschrift auf solche Änderungen
analog anzuwenden, wie im Folgenden aufzuzeigen ist:
aa) Gemäss Weisung vom 23. Juni 1949 zum Gesetz über die direkten Steu-
ern bestimmte sich Inhalt und Umfang der Steuerpflicht (betr. Allgemeine Gemeinde-
steuern) sinngemäss nach den Vorschriften über die Staatssteuer. Bei Verlegung des
Wohnsitzes oder Sitzes in eine andere zürcherische Gemeinde und bei Steuerpflicht in
mehreren zürcherischen Gemeinden seien besondere Bestimmungen massgebend:
Die Wohnsitz- oder Sitzverlegung in eine andere zürcherische Gemeinde sei für die
Steuerpflicht des laufenden Jahres ohne Einfluss. Die Ausscheidung werde nach den
nämlichen Regeln erfolgen, wie sie das Steuergesetz von 1917 aufgestellt habe (ABl
1949, S. 774; Letzteres bezog sich insbesondere auf die Höhe des minimalen Steuer-
betrages, der erforderlich war, damit überhaupt eine Steuerausscheidung zwischen
den Gemeinden an Hand genommen würde, siehe dazu nachstehend). Zur Begrün-
dung oder Änderung eines Spezialsteuerdomizils äusserte sich der Regierungsrat in
der Weisung damit nicht (ebenso wenig später im Beleuchtenden Bericht, ABl 1951,
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S. 648 ff., S. 716). An der Kantonsratssitzung vom 20. November 1950 wurde zum
damaligen § 134 erläutert, wenn während eines Steuerjahres von einem Steuerpflichti-
gen sein Domizil innerhalb des Kantons verlegt werde, trete keine Verlegung der Steu-
erhoheit ein. Die Steuern würden für das ganze Jahr von der veranlagenden Gemeinde
erhoben, während bisher bei Wohnsitzwechsel vor dem 1. Juli die Steuern für das
zweite Halbjahr von der neuen Wohnsitzgemeinde bezogen worden sei. Die Anwen-
dung der Steuerausscheidung (damaliger § 135) erfuhr insofern eine Änderung zum
früheren Recht, dass eine Ausscheidung nur vorgenommen werden sollte, wenn der
auf eine Gemeinde entfallende Teil der einfachen Staatssteuer mindestens Fr. 50.-
betrage. Die beiden Bestimmungen wurden vom Rat so beschlossen und in der Sit-
zung vom 19. März 1951 diskussionslos genehmigt (KR-Prot. S. 2822 und S. 3209).
bb) Im Zusammenhang mit der Totalrevision des Steuergesetzes von 1997
und dem damit einhergehenden Wechsel von der Vergangenheits- zur Gegenwarts-
bemessung führte der Regierungsrat in der Weisung vom 13. Juli 1994 zum damaligen
§ 186 (Wechsel in eine andere zürcherische Gemeinde während der Steuerperiode)
aus, die Gegenwartsbemessung habe zwangsläufig zur Folge, dass das Steuererklä-
rungsverfahren erst nach Ablauf der Steuerperiode durchgeführt werden könne, da erst
dann die Bemessungsgrundlage feststehe. Von daher läge es nahe, bei einem Wech-
sel in eine andere zürcherische Gemeinde die Steuerhoheit für die ganze laufende
Steuerperiode der Zuzugsgemeinde zuzuweisen. Es dürfe jedoch nicht übersehen
werden, dass schon in der Steuerperiode selber eine Akontozahlung zu erheben sei.
Sei eine solche Zahlung vor dem Wegzug in eine andere zürcherische Gemeinde er-
folgt, der für die ganze Steuerperiode das Besteuerungsrecht zukäme, so müsste die
Wegzugsgemeinde die erhaltene Akontozahlung an die Zuzugsgemeinde überweisen,
was mit entsprechendem Verwaltungsaufwand verbunden wäre. Insbesondere der
Verband der Gemeindesteuerämter habe daher im Vernehmlassungsverfahren ver-
langt, trotz der Einführung der Gegenwartsbemessung die bisherige Regelung beizu-
behalten, wonach der Wechsel in eine andere zürcherische Gemeinde die Steuerho-
heit der Wegzugsgemeinde für die laufende Steuerperiode unverändert fortdauere.
Diesem begründeten Begehren trage § 186 V nunmehr Rechnung (unter Hinweis auf
Art. 22 und 68 StHG). Zum damaligen § 187 (Steuerpflicht in mehreren Gemeinden)
erklärte der Regierungsrat, es verhalte sich grundsätzlich nicht anders als im interkan-
tonalen Verhältnis, auch wenn die vom Bundesgericht zum Verbot der Doppelbesteue-
rung gemäss Art. 46 Abs. 2 BV entwickelten Regeln im interkommunalen Verhältnis an
sich nicht direkt verbindlich seien. Bezüglich der sekundären Gemeindesteuerpflicht
- 14 -
1 GS.2010.1
äusserte sich die Weisung nur zur Anmeldefrist betreffend Ausscheidungsanspruch
(ABl 1994 S. 1528 f.).
In der Kantonsratskommission wurde zum damaligen § 186 ausgeführt, diese
Bestimmung regle den Fall, wenn jemand innerhalb der Steuerperiode von einer Ge-
meinde in die andere ziehe. Entscheidend sei, wo der Steuerpflichtige zu Beginn der
Steuerperiode ansässig sei. Die Steuerhoheit liege bei der Wegzugsgemeinde. Das
entspreche auch der (damaligen) interkantonalen Regelung gemäss StHG. Die Be-
stimmung trage dem Umstand Rechnung, dass in der Steuerperiode bereits ein provi-
sorischer Bezug erfolge. Ein Kommissionsmitglied erkundigte sich nach der Praktikabi-
lität dieser Lösung. Da die Steuererklärung für das laufende Jahr erst im folgenden
Jahr auszufüllen sei, würden sich die Steuerpflichtigen fragen, weshalb die Wegzugs-
gemeinde zuständig sei. Der damalige Rechtskonsulent und Stellvertreter des Chefs
des Kantonalen Steueramts erläuterte, dass diese Frage berechtigt sei. Im Vernehm-
lassungsentwurf habe man vorgesehen, dass die Ansässigkeit der Steuerpflichtigen
am Ende der Steuerperiode massgebend sei. Man habe diese Variante verlassen und
sich für den Beginn der Steuerperiode entschieden (Protokoll der 15./16. Sitzung der
Kantonsratskommission vom 30. März 1995, S.192). Betreffend die Gemeindesteuern
war in weiteren Sitzungen insbesondere die Anhebung des Minimalbetrages bei der
Gemeindesteuerausscheidung von Fr. 2‘000.- Thema (Kommissionssitzungen vom
8. Dezember 1995, S. 370 und vom 31. Januar 1996, S. 385 f.). Schliesslich wurden
keine massgebenden Änderungen der Bestimmungen betreffend die Gemeindesteuern
bzw. der Gemeindesteuerausscheidung vorgenommen (vgl. 69. Sitzung vom
16. September 1996, KR-Prot. S. 4909 f.).
cc) Im Wesentlichen und zusammenfassend kann den Materialien zu § 190
StG demnach entnommen werden, dass die Beibehaltung der Steuerhoheit der Weg-
zugsgemeinde auch nach Umstellung auf das Postnumerandosystem insbesondere
administrative Gründe hatte und vornehmlich der Vermeidung umständlicher Akonto-
Rückzahlungen dienen sollte. Eine analoge Anwendung dieser für (Wohn-)Sitzwechsel
geltenden Grundsätze auf die Änderung der Verhältnisse bei Nebensteuerdomizilen
war nicht beabsichtigt. Dies zu Recht, da hier das Hauptsteuerdomizil weiterbesteht
und dieses damit ohnehin einen Steuerbezug durchführen muss, sodass die uner-
wünschte Folge bei Wegzug – Auseinanderfallen von Bezugs- und Veranlagungsge-
meinde – eben gerade nicht eintritt.
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1 GS.2010.1
d) Zu berücksichtigen ist sodann – wie der Pflichtige zu Recht vorbringt – die
Revision von Art. 68 StHG.
aa) In der bis Ende 2000 geltenden Fassung sah Art. 68 StHG vor, dass bei
Wechsel des steuerrechtlichen Wohnsitzes innerhalb der Schweiz die Steuerpflicht
hinsichtlich der Einkommens- und Vermögenssteuer für das laufende Steuerjahr am
bisherigen Steuerort unverändert bleibe (Wegzugskanton; vgl. zu dieser "verunglück-
ten" Fassung Dieter Weber in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band
I/1, 2. A., 2002, Art. 68 N 1 f. StHG). In der revidierten Fassung, die seit dem 1. Januar
2001 in Kraft ist (AS 2001, 1052), ist nun in Angleichung an Art. 216 DBG bei Wohn-
sitzwechsel der Zuzugskanton massgeblich. Nach dem neuen Abs. 2 der Bestimmung
besteht die beschränkte Steuerpflicht in einem anderen als dem Wohnsitzkanton für
die ganze Steuerperiode. Für die Steuerausscheidung wird auf die pro rata-Faktoren-
aufteilung abgestellt (Weber, Art. 68 N 15 ff. StHG; vgl. auch Richner/Frei/Kauf-
mann/Meuter, § 10 N 47 und oben E. 4c/cc).
bb) Nach der Revision von Art. 68 StHG wurde in § 10 und § 59 StG mit Ge-
setz (Steuergesetz/Änderung) vom 11. September 2000 ein Abs. 3 bzw. Abs. 4 einge-
fügt (in Kraft seit dem 1. Januar 2001), der für die Änderung und das Ende der Steuer-
pflicht aufgrund persönlicher und wirtschaftlicher Zugehörigkeit im interkantonalen
Verhältnis auf das Steuerharmonisierungsgesetz verweist. § 190 StG blieb nach der
StHG-Revision allerdings unverändert.
e) Zusammenfassend ist § 190 StG auf den vorliegenden Fall nicht anwend-
bar und der Pflichtige damit für die Steuerperiode 2007 sowohl in der Wohnsitz- als
auch in der Liegenschaftengemeinde steuerpflichtig, weshalb eine Steuerausscheidung
zwischen den Gemeinden B und C stattzufinden hat (pro rata-Aufteilung der Steuerfak-
toren bezüglich des Nebensteuerdomizils). Folglich ist die Angelegenheit zur Vornah-
me der Gemeindesteuerausscheidung und gegebenenfalls weiterer Ermittlung des
Sachverhalts an die Vorinstanz ins erstinstanzliche Verfahren zurückzuweisen.
6. Diese Erwägungen führen zur teilweisen Gutheissung des Rekurses. Die
Kosten des Verfahrens werden der unterliegenden Partei auferlegt; wird der Rekurs
teilweise gutgeheissen, werden sie anteilsmässig auferlegt (§ 151 Abs. 1 StG). Nach-
dem der Pflichtige zu einem grossen Teil obsiegt (mit Ausnahme des "Verfahrensan-
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1 GS.2010.1
trags"), rechtfertigt es sich, die Verfahrenskosten zu 9/10 der Rekursgegnerin und zu
1/10 dem Pflichtigen aufzuerlegen. Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen,
da der Pflichtige nicht vertreten ist, die Abfassung der Rekurs-/Beschwerdeschrift kei-
nen besonderen Aufwand erforderte und der Einspracheentscheid auch nicht offen-
sichtlich unbegründet ist, d.h. nicht willkürlich oder fahrlässig getroffen wurde (§ 152
StG i.V.m. § 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1954/8. Juni
1997). | Public | Tax | de | 2,010 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
b67891a0-7ac3-436f-b134-f12cee5daa73 | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend der Pflichtige) ist geschieden und Vater der am ... 1988
geborenen B. Gemäss Scheidungsurteil wurde die Tochter unter die elterliche Sorge
von C, ihrer Mutter und geschiedenen Ehefrau des Pflichtigen, gestellt. Darin wurde
dieser verpflichtet, an den Unterhalt der Tochter ab Oktober 2006 bis zum ordentlichen
Abschluss einer angemessenen Ausbildung monatlich Fr. 200.- zu zahlen, zuzüglich
allfälliger gesetzlicher oder vertraglicher Kinderzulagen (welche die Ehefrau mit seiner
Zustimmung direkt bezog), "auch über die Mündigkeit hinaus". Sodann hat er die Kran-
kenkassenbeiträge seiner Tochter bis zum Abschluss der Ausbildung zu übernehmen.
Stattdessen hat er zusätzliche Unterhaltszahlungen von Fr. 100.- zu leisten, falls die
Tochter aus seiner Kollektivversicherung ausscheidet. Gestützt hierauf hat der Pflichti-
ge für 2007 Unterhaltszahlungen von (12 x Fr. 300.- =) Fr. 3'600.- erbracht. In der
Steuererklärung 2007 deklarierte der Pflichtige ein steuerbares Einkommen von
Fr. 45'800.- (Staats- und Gemeindesteuern) bzw. von Fr. 46'500.- (direkte Bundes-
steuer). Dabei zog er die erwähnten Zahlungen für seine Tochter von den steuerbaren
Einkünften ab.
Mit Einschätzungsentscheid für die Staats- und Gemeindesteuern 2007 vom
15. Juni 2009 verweigerte das kantonale Steueramt diesen Abzug und setzte das
steuerbare Einkommen auf Fr. 49'400.- fest. Mit Veranlagungsverfügung vom 10. Juli
2009, welche sich auf den Hinweis vom 15. Juni 2009 bezog, erhöhte es sodann das
steuerbare Einkommen für die Bundessteuerperiode 2007 auf Fr. 50'100.-. Zur Be-
gründung machte das Amt geltend, laut Scheidungsurteil müsse der Pflichtige seiner
Ehefrau keine Unterhaltszahlungen leisten.
B. Mit Eingaben vom 22. Juni 2009 (Poststempel: 21. Juni 2009) beharrte der
Pflichtige auf den erwähnten Abzügen, unter Hinweis darauf, dass die infrage stehen-
den Zahlungen nicht für die geschiedene Ehegattin, sondern für die Ausbildung seiner
Tochter bestimmt gewesen waren. Hierauf bestätigte das kantonale Steueramt dem
Pflichtigen am 24. August 2009 den Eingang dieser Einsprachen gegen die Einschät-
zung 2007 (Staats- und Gemeindesteuern) und die Veranlagung 2007 (direkte
Bundessteuer). Am 25. August 2009 wandte sich der Pflichtige nochmals gegen die
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2 ST.2009.276 2 DB.2009.164
beiden Taxationen und verwies dabei wiederum auf seine 2007 erbrachten Zahlungen.
Das kantonale Steueramt wies am 1. Oktober 2009 beide Einsprachen mit getrennten
Entscheiden ab. Nun trug es zur Begründung vor, die Tochter sei 2007 bereits volljäh-
rig gewesen, weshalb ein Alimentenabzug ausscheide.
C. 1. Mit Eingabe vom 4. Oktober 2009 wandte sich der Pflichtige erneut an
das kantonale Steueramt. Darin führte er aus, er nehme zur Kenntnis, dass er die Ali-
mente wegen der Volljährigkeit der Tochter nicht mehr abziehen könne; indes könne
den Kinderabzug beanspruchen, wer – offenbar wie er selber – Unterhaltszahlungen
für ein volljähriges Kind leiste, das in der beruflichen Erstausbildung stehe und für des-
sen Unterhalt zur Hauptsache aufkomme. Daher stehe ihm ein Abzug Fr. 6'800.- statt
von lediglich Fr. 3'600.- zu. Gleichentags liess er eine Kopie dieser Eingabe den "Bun-
desteuer-Rekurskommissionen" zukommen.
2. Mit Verfügung vom 22. Oktober 2009 lud die Steuerrekurskommission II
den Pflichtigen ein, bekannt zu geben, ob die soeben erwähnten Eingaben als Rekurs
bzw. Beschwerde gegen die Einspracheentscheide zu werten seien. Binnen Frist gab
dieser daraufhin am 25. Oktober 2009 zu verstehen, die steueramtliche Beurteilung der
Rechts- und Sachlage sei falsch; darum – so sinngemäss – bestehe er auf einer ge-
richtlichen Prüfung.
3. Am 17. November 2009 gelangte der Pflichtige an das kantonale Steuer-
amt. Darin machte er klar, er beharre auf der Gewährung der ursprünglich verlangten
Abzüge von Fr. 3'600.-, sowohl bei der direkten Bundessteuer als auch bei den Staats-
und Gemeindesteuern. Mit einer Kopie dieser Eingabe bediente er u.a. die Steuerre-
kurskommission II.
4. Mit Rekurs-/Beschwerdeantwort vom 25. November 2009 schloss das kan-
tonale Steueramt auf Gutheissung des Rekurses; hingegen sei die Beschwerde abzu-
weisen. Die Eidg. Steuerverwaltung verzichtete übungsgemäss auf eine Vernehmlas-
sung.
- 4 -
2 ST.2009.276 2 DB.2009.164 | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. Fest steht vorab, dass der Pflichtige gegen die beiden Einspracheentschei-
de vom 1. Oktober 2009 Rekurs bzw. Beschwerde erheben will. Sodann ist nun
– gestützt auf seine Eingabe vom 17. November 2009 – klar, dass er im Grunde ge-
nommen – entgegen seinem möglicherweise missverständlichen ursprünglichen
Antrag – nach wie vor einzig die Herabsetzung der steuerbaren Einkommen um die pro
2007 für seine volljährige Tochter entrichteten Alimente verlangt.
2. Alimentenzahlungen für Kinder sind nach § 31 Abs. 1 lit. c des Steuerge-
setzes vom 8. Juni 1997 (StG; in der Fassung vom 11. September 2000) und Art. 33
Abs. 1 lit. c des Bundesgesetzes über die direkte Bundssteuer vom 14. Dezember
1990 (DBG) von den steuerbaren Einkünften absetzbar, allerdings nur dann, wenn sie
für Minderjährige bestimmt sind. Diesfalls ist ein entsprechender Sozialabzug beim
Leistenden gemäss § 34 Abs. 1 StG und Art. 213 Abs. 1 DBG ausgeschlossen. Hinge-
gen kann dieser nach § 34 Abs. 1 lit. a StG und Art. 213 Abs. 1 lit. a DBG für volljährige
Kinder, welche in der beruflichen Ausbildung stehen und deren Unterhalt er bestreitet,
einen Kinderabzug geltend machen, nach kantonalem Recht allerdings ausdrücklich
nur dann, wenn er für den Unterhalt des Kindes zur Hauptsache aufkommt und dieses
das 25. Altersjahr noch nicht erreicht hat (§ 34 Abs. 1 lit. a StG, in der Fassung vom
25. April 2005). Hierfür können nach kantonalem Recht Fr. 6'800.- (StG, in der Fas-
sung vom 25. April 2005) und nach Bundesrecht Fr. 6'100.- (DBG, in der Fassung ge-
mäss Verordnung über den Ausgleich der Folgen der kalten Progression für die natürli-
chen Personen bei der direkten Bundessteuer vom 4. März 1996/27. April 2005
[VO KP]) abgezogen werden. Kommt ein solcher Abzug nicht in Betracht, kann allen-
falls ein Unterstützungsabzug beansprucht werden. Ein solcher kommt namentlich in-
frage, falls der Steuerpflichtige zum Unterhalt eines volljährigen Kinds, das erwerbsun-
fähig oder beschränkt erwerbsfähig ist, mindestens im Umfang des Abzugs von
Fr. 2'500.- bei den Staats- und Gemeindesteuern (§ 34 Abs. 1 lit. b StG, in der Fas-
sung vom 25. April 2005) und von Fr. 6'100.- bei der direkten Bundessteuer (Art. 213
Abs. 1 lit. b DBG; in der Fassung gemäss VO KP) beiträgt. Während die beiden Abzü-
ge (Kinder- und Unterstützungsabzug) bei der Bundessteuer mithin nicht differieren,
unterscheiden sie sich nach kantonalem Recht quantitativ erheblich. Als erwerbsunfä-
hig bzw. beschränkt erwerbsunfähig gilt namentlich eine junge Erwachsene (bzw. ein
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2 ST.2009.276 2 DB.2009.164
junger Erwachsener), welche(r) sich in der Erstausbildung befindet und daher auf die
Unterstützung Dritter angewiesen ist. Schliesslich kann der Steuerpflichtige für jede
Person, für welche ihm ein Kinder- oder Unterstützungsabzug zusteht, als Abzug zu-
sätzlich maximal Fr. 1'200.- (§ 31 Abs. 1 lit. g StG, in der Fassung vom 25. August
2003) bzw. Fr. 700.- (Art. 212 Abs. 1 Lemma 2 DBG, in der Fassung gemäss VO KP)
für Versicherungsprämien und Sparkapitalzinsen beanspruchen.
3. Der geschiedene Pflichtige ist Vater der am ... 1988 geborenen B, welche
bei ihrer Mutter lebt. Seine Tochter absolvierte 2007 eine reguläre Lehre bei der D in E.
An ihren Unterhalt im Jahr 2007 bezahlte der Pflichtige in Beachtung des Scheidungs-
urteils Fr. 3'600.-. Diese Zahlungen will er vollumfänglich zum Abzug bringen.
a) Die Tochter ist volljährig, weshalb ein Abzug der Alimente nach dem Ge-
sagten ausser Betracht fällt. Sie stand 2007 in ihrer Erstausbildung und hatte damals
das 25. Altersjahr noch nicht vollendet. Mithin kann sich fragen, ob der Pflichtige den
Kinderabzug beanspruchen könnte. Doch hat er mit seiner Leistung offenkundig nicht
zur Hauptsache den Unterhalt seiner Tochter bestritten; er machte das Gegenteil auch
gar nicht geltend. Somit scheidet ein solcher Abzug bei den Staats- und Gemeinde-
steuern aus. Die gesetzliche Regelung bei der direkten Bundessteuer kennt diese Vor-
aussetzung nicht. Indes kann der Steuerpflichtige hier den Abzug nur dann beanspru-
chen, wenn er Leistungen erbringt, welche mindestens dem Umfang des Kinderabzugs
entsprechen (StE 2003 B 29.3 Nr. 20; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar
zum DBG, 2.A., 2009, Art. 213 N 40). Mit Fr. 3'600.- erreichen die Leistungen des
Pflichtigen den massgeblichen Schwellenwert von Fr. 6'100.- nicht annähernd, weshalb
der Kinderabzug auch hier ausscheidet.
b) Bei solcher Lage der Dinge bleibt zu prüfen, ob der Pflichtige allenfalls An-
spruch auf einen Unterstützungsabzug besitzt. Dies ist bei den Staats- und Gemeinde-
steuern mit dem Steueramt zu bejahen. Denn die Tochter ist unter den gegebenen
Umständen unbestrittenermassen unterstützungsbedürftig; sodann überschritten die
ausgewiesenen Unterhaltszahlungen den gesetzlich geforderten Minimalbetrag von
Fr. 2'500.-. Hingegen ist bei der direkten Bundessteuer der entsprechende Wert von
Fr. 6'100.- nicht erreicht. Der Abzug kann auch hier nur dann gewährt werden, wenn
der Steuerpflichtige an den Unterhalt der erwerbsunfähigen oder (nur) beschränkt er-
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2 ST.2009.276 2 DB.2009.164
werbsfähigen Person mindestens in der Höhe eben dieses Abzugs beiträgt. Demnach
muss der Bundessteuer-Unterstützungsabzug dem Pflichtigen versagt bleiben.
c) Ist diesem wenigstens bei den Staats- und Gemeindesteuern der Unterstüt-
zungsabzug zuzugestehen, so kann er dort den um Fr. 1'200.- höheren Versiche-
rungsprämienabzug beanspruchen. Zwar hat er diese Erhöhung nicht geltend ge-
macht. Doch kann mit dem Steueramt ohne Weiteres davon ausgegangen werden,
dass beim Pflichtigen im genannten Umfang entsprechender Mehraufwand angefallen
ist. Insofern drängt sich eine Korrektur zugunsten des Pflichtigen auf.
4. a) All das führt dazu, dass der Rekurs gutzuheissen und die Beschwerde
abzuweisen ist. Für die Staats- und Gemeindesteuerperiode 2007 gilt neu:
Fr.
Steuerbares Einkommen laut Einspracheentscheid 49'400.-
./. - Unterstützungsabzug 2'500.-
- zusätzliche Versicherungsprämien 1'200.-
steuerbares Einkommen 45'700.-.
Weil die Steuerrekurskommission das Recht von Amtes wegen anzuwenden
hat (§ 149 Abs. 2 StG), führt dies zu einer reformatio in melius; d.h. der Pflichtige ist im
Vergleich zu seinem Antrag (von Fr. 45'800.-) tiefer einzuschätzen.
b) Bei diesem Ausgang sind die Kosten des Rekursverfahrens von vornherein
dem Steueramt aufzuerlegen (§ 151 Abs. 1 StG). Bezüglich der Bundessteuerveranla-
gung unterliegt der Pflichtige zwar vollumfänglich. Gleichwohl hat das Steueramt die
Kosten auch insofern zu tragen (vgl. Art. 144 Abs. 3 DBG). Denn das Amt hat es ver-
säumt, sich im Einspracheentscheid mit der Argumentation des Pflichtigen auseinan-
derzusetzen. Obgleich dieser in seinen Eingaben vom 22. Juni und 25. August 2009
unmissverständlich dafür gehalten hat, die Alimente seien für seine in Ausbildung be-
griffene Tochter bestimmt, blieb dieser Hinweis völlig unbeachtet. Das Steueramt hat in
seinen Erwägungen einzig ausgeführt, B habe das 18. Altersjahr vor 2007 beendet.
Mithin sei sie volljährig gewesen, weshalb kein Anspruch auf den Kinderabzug
bestehe. Der Umstand der Volljährigkeit war aber letztlich – wie dargetan – gar nicht
entscheidend. Mit der entscheidwesentlichen Begründung hat sich das kantonale
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2 ST.2009.276 2 DB.2009.164
Steueramt – nach der gegebenenfalls gebotenen Untersuchung – nicht befasst. In die-
sem Licht hat sich das Steueramt einer Gehörsverweigerung schuldig gemacht. | Public | Tax | de | 2,009 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
b7e1dae0-c079-4899-8ac5-e0ea258f9ec9 | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend der Pflichtige) ist seit einem im Jahre 1985 erlittenen Unfall
querschnittgelähmt. Nach Rehabilitationen und Umschulungen war er ab dem Jahr
1991 wieder teilweise erwerbstätig, bezog aber gleichzeitig von der SUVA zunächst
eine Viertelrente, welche später sukzessive auf eine Vollrente erhöht wurde. Insbeson-
dere wurde sie per 1. Juli 2000 von Fr. 1'241.- auf Fr. 2'481.- pro Monat verdoppelt,
und im Jahr 2006 betrug sie Fr. 2'613.- pro Monat bzw. Fr. 31'356.- pro Jahr. Der
Pflichtige deklarierte die Rente in der Steuererklärung 2006 lediglich mit Fr. 25'084.-
bzw. zu 80%. Im Einschätzungsentscheid für die Staats- und Gemeindesteuern 2006
vom 21. April 2008 erfasste die Steuerkommissärin die Rente zu 100%.
B. Hiergegen liess der Pflichtige am 19. Mai 2008 Einsprache erheben und
u.a. beantragen, die SUVA-Rente zu 60% zu besteuern. Zur Begründung verwies er
auf § 271 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG). Mit Auflage vom 6. Juni 2008
ersuchte die Steuerkommissärin um den Nachweis, dass die SUVA-Rente zu mindes-
tens 20% aus eigenen Mitteln erworben worden sei. Darauf reichte der Pflichtige ein
E-Mail seiner Arbeitgeberin ein, wonach NBU-Prämien vom Arbeitnehmer bezahlt wor-
den seien. Mit Auflage vom 11. Juli 2008 verlangte das kantonale Steueramt erneut
entsprechende Nachweise sowie Angabe des Unfallzeitpunkts. Mit Eingabe vom
16. Juli 2008 verwies der Pflichtige auf die bereits eingereichten Unterlagen und be-
zeichnete die Auflage als schikanös und überflüssig. Das kantonale Steueramt hielt mit
Schreiben vom 25. August 2008 mit Begründung an seiner Auflage fest, worauf der
Pflichtige am 17. September 2008 eine weitere Bestätigung vorlegte.
Am 13. März 2009 wies das kantonale Steueramt die Einsprache ab. Der
Nachweis für die Bezahlung der NBU-Prämien durch den Pflichtigen sei nicht erbracht
worden.
C. Mit Rekurs vom 9. April 2009 beantragte der Pflichtige, die SUVA-Rente
lediglich zu 60% zu besteuern, unter Zusprechung einer Parteientschädigung. Darin
rügte er eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, da erst im Einspracheentscheid die
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1 ST.2009.93
Gründe dafür genannt worden seien, weshalb die vorgelegte Bestätigung des Arbeit-
gebers nicht genügt habe. Zudem sei mit Lohnabrechnungen aus dem Zeitraum vor
dem Unfall im Jahre 1985 Unmögliches verlangt worden. Der Finanzierungsnachweis
der NBU-Prämien werde durch die beiliegende Bestätigung der damaligen Arbeitgebe-
rin erbracht.
Das kantonale Steueramt schloss in seiner Rekursantwort vom 5. Mai 2009
auf teilweise Gutheissung. Die Rente sei zu 80% zu besteuern. | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. a) Der Pflichtige rügt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs durch die
Steuerkommissärin, da sie die Rente vollständig besteuert habe, ohne vorgängig dar-
über eine Untersuchung geführt zu haben.
Der Anspruch auf rechtliches Gehör verlangt, dass eine Steuerbehörde einem
Steuerpflichtigen vor Erlass einer Verfügung, die in seine Rechtstellung eingreift, Gele-
genheit gibt, sich hierzu zu äussern (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum
harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 2. A., 2006, § 124 N 1). Er verleiht ihm insbe-
sondere das Recht, eine Sachdarstellung zu geben unter Angabe der aus seiner Sicht
für die Einschätzung rechtserheblichen Tatsachen, erhebliche Beweise beizubringen,
Einsicht in die Akten zu nehmen, mit erheblichen Beweisanträgen gehört zu werden
und an der Erhebung wesentlicher Beweise entweder mitzuwirken oder sich zumindest
zum Beweisergebnis zu äussern.
Im Einschätzungsentscheid hat die Vorinstanz die SUVA-Rente in Abwei-
chung zur Selbstdeklaration voll besteuert, ohne dem Pflichtigen zuvor Gelegenheit
zum Nachweis der Umstände gegeben zu haben, welche die von ihm verlangte Herab-
setzung rechtfertigen. Damit hat sie seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.
Indessen kann ein solcher Mangel im Verfahren vor der nachfolgenden Rechtsmit-
telinstanz geheilt werden, wenn diese uneingeschränkte Überprüfungsbefugnis besitzt
und hiervon tatsächlich Gebrauch macht (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 124 N 12).
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1 ST.2009.93
Dies ist hier der Fall, hat die Vorinstanz doch im Einspracheverfahren eine Untersu-
chung durchgeführt und konnte sich der Pflichtige dazu äussern. Die Verletzung des
rechtlichen Gehörs ist damit geheilt worden.
b) Weiter wirft der Pflichtige der Vorinstanz vor, er habe die Auflage vom
6. Juni 2008 mit Eingabe vom 16. Juni 2008 erfüllt, weshalb für ihn nicht ersichtlich
gewesen sei, weshalb erneut eine Auflage erlassen und was damit verlangt worden
sei.
Die Steuerbehörde hat die vom Steuerpflichtigen vorzunehmende Mitwir-
kungshandlung klar und unmissverständlich zu bezeichnen; andernfalls ist dem Steu-
erpflichtigen die Erfüllung der Auflage nicht zumutbar. Die Auflage hat zudem geeignet
zu sein, um den rechtserheblichen Sachverhalt abzuklären, und muss hierzu auch
notwendig sein (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 135 N 32 ff.).
Die Vorinstanz verlangte am 6. Juni 2008 den Nachweis, dass die SUVA-
Rente ausschliesslich bzw. zu mindestens 20% aus eigenen Mitteln erworben worden
war. Diese Auflage erfüllt die genannten Anforderungen. Unklar ist sie nur insofern, als
dass darin nicht auf den massgebenden Zeitraum vor dem Unfall Bezug genommen
wird; indessen war dem Pflichtigen gemäss der Einsprache § 271 StG bekannt. Nach-
dem der Pflichtige ein E-Mail des "Payroll Managers" der C einreichen liess, fasste die
Steuerkommissärin am 11. Juli 2008 nach und verlangte erneut die Einreichung eines
belegmässigen Nachweises (Zahlungsnachweis, Bescheinigung des Arbeitgebers
etc.). Auch damit hat die Steuerkommissärin vom Pflichtigen nichts Unzumutbares ver-
langt. Dieser verkennt, dass die Wiederholung der Auflage sogar ein Entgegenkommen
darstellt, da ihm damit die Möglichkeit zur Verbesserung eröffnet wurde; die Vorinstanz
hätte nämlich auch darauf verzichten und gleich zum Entscheid schreiten können. Die
zweite Auflage kann überdies gar nicht anders verstanden werden, als das E-Mail der
C ihr offensichtlich nicht als Beweis genügte. Diesem Schluss kann ohne Weiteres zu-
gestimmt werden, weist diese Bestätigung doch keinerlei Beweiswert auf, da sie weder
individualisiert ist noch auf die massgebenden Verhältnisse vor 1985 Bezug nimmt.
Dass diese Bestätigung völlig wertlos ist, räumt letztlich auch der Pflichtige ein, da er –
wie sich aus dem Rekurs ergibt – vor 1985 nicht einmal bei der C angestellt war. Im
Übrigen erschien es im Zeitpunkt des Erlasses der Auflage nicht von vornherein als
ausgeschlossen, dass der Pflichtige noch über frühere Unterlagen über die Bezahlung
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1 ST.2009.93
von NBU-Prämien verfügt hat oder von der damaligen Arbeitgeberin hätte beziehen
können (wie es im Rekurs dann auch geschah); die Wiederholung der Auflage erweist
sich damit auch nicht als von vornherein sinnlos.
c) Schliesslich hält der Pflichtige der Vorinstanz vor, dass sie das eingereichte
Beweismittel nicht beachtet habe. Dies trifft indessen nicht zu, hat sie doch dieses zu
den Akten genommen und im Einspracheentscheid gewürdigt. Damit ist dem Gehörs-
anspruch genüge getan. Der Pflichtige verkennt, dass die negative Beurteilung eines
Beweismittels keine Verletzung des rechtlichen Gehörs darstellt, sondern eine Folge
der freien Beweiswürdigung durch die Steuerbehörden ist (vgl. hierzu Richner/Frei/
Kaufmann/Meuter, § 132 N 84). Dass diese willkürlich vorgenommen worden wäre,
kann in Anbetracht des bereits erwähnten Umstands des falschen Arbeitgebers nicht
ernsthaft behauptet werden.
2. a) Renten, die einem Steuerpflichtigen als Folge eines Betriebs- oder
Nichtbetriebsunfalls aus obligatorischer Unfallversicherung ausgerichtet werden, sind
nach § 23 lit. a bzw. b StG steuerbar. Auf dem Bundesgesetz über die Unfallversiche-
rung beruhende Renten für Nichtberufsunfälle, die vor dem 1. Januar 1986 eintraten,
werden zu drei Fünfteln besteuert, wenn die Rente ausschliesslich aus eigenen Mitteln
erworben worden ist; ist sie teilweise, mindestens aber zu 20% aus eigenen Mitteln
erworben worden, wird sie zu vier Fünfteln besteuert (§ 271 StG). Diese Bestimmung
stellt eine Ausnahme von der Grundregel dar, wonach die Einschätzungen ab der
Steuerperiode 1999 vollumfänglich nach dem neuen Recht vorzunehmen sind, und ist
historisch begründet (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 271 N 1 ff., auch zum Folgen-
den). Bis Ende 1986 wurden nämlich u.a. Renten aus obligatorischer Versicherung
gemäss UVG in Abhängigkeit davon, durch wen die Finanzierung erfolgte, zu drei
Fünfteln, vier Fünfteln oder zum vollen Betrag als Einkommen besteuert, während die
Prämien des Arbeitnehmers nur im Rahmen des allgemeinen kombinierten Versiche-
rungsprämien- und Sparkapitalzinsenabzugs und damit nur sehr eingeschränkt be-
rücksichtigt wurden. Eine volle Besteuerung von Renten aus einem Nichtberufsunfall,
der vor dem 1. Januar 1986 stattgefunden hat, hätte deshalb zu einer Benachteiligung
des betreffenden Steuerpflichtigen geführt.
Das Zufliessen einer Rente nach § 23 lit. a bzw. b StG ist eine steuerbegrün-
dende Tatsache, welche die Steuerbehörden nachzuweisen haben (RB 1990 Nr. 36 =
- 6 -
1 ST.2009.93
StE 1990 B 92.51 Nr. 3). Demgegenüber trägt der Steuerpflichtige die Beweislast für
die steuermindernden bzw. -aufhebenden Tatsachen (RB 1987 Nr. 35).
b) Es ist nicht streitig, dass der Pflichtige 2006 eine SUVA-Rente in der Höhe
von Fr. 31'356.- erhalten hat. Damit sind die Umstände, welche eine nur teilweise Be-
steuerung rechtfertigen, steuermindernd und vom Pflichtigen substanziiert darzutun
und nachzuweisen.
aa) Unklar war zunächst der Unfallzeitpunkt. Der Pflichtige reichte hierzu die
Fotokopie eines maschinengeschriebenen Arztzeugnisses vom 1. Oktober 1996 ein,
wonach beim Pflichtigen seit "19[unleserlich]5" eine unfallbedingt hohe Querschnitt-
lähmung bestehe. Nachdem ausgerechnet die für die Anwendung von § 271 StG wich-
tigste Information, nämlich das Unfalldatum, offenbar handschriftlich korrigiert und des-
halb unleserlich geworden ist, war eine vorsichtige Beurteilung des Beweiswerts des
Schreibens angebracht. Mit dem Rekurs ist nun ein weiteres Arztzeugnis vorgelegt
worden, welche 1985 als Unfalldatum bestätigt. Mit dem kantonalen Steueramt ist des-
halb diese Voraussetzung als erfüllt zu betrachten.
bb) In Bezug auf die Frage der Finanzierung der Prämien liegen keine Unter-
lagen aus der Zeit vor dem Unfall mehr vor. Aufgrund der nur zehnjährigen Aufbewah-
rungspflicht können von der Arbeitgeberin auch keine solchen mehr erwartet werden
(Art. 962 Abs. 1 OR). Kommt hinzu, dass nicht einzusehen ist, weshalb das kantonale
Steueramt die Frage erst jetzt aufwirft, obschon – wie anzunehmen ist – eine entspre-
chende Rente schon seit rund zwanzig Jahren ausbezahlt wird. Damit hat es den Be-
weisnotstand zum Teil selber zu verantworten, denn es kann nicht angehen, mit der
Vorlage von beweiskräftigen Unterlagen auf einen Zeitpunkt zu warten, bei dem diese
wegen Ablaufs der Aufbewahrungspflicht nicht mehr geliefert werden können. Dies
führt dazu, dass auch ein geringeres Beweismass anzuwenden ist. Damit muss das
Schreiben der damaligen Arbeitgeberin vom 3. April 2009, worin die Bezahlung der
Prämien durch den Arbeitnehmer während seiner Lehre 1981 bis 1985 bestätigt wird,
als Beweis genügen, und ist von einer ausschliesslichen Selbstfinanzierung vor Eintritt
des Unfalls auszugehen.
cc) Der Pflichtige war indessen nach dem Unfall zunächst nur teilweise ar-
beitsfähig und erhielt deshalb eine Teilrente. Dementsprechend war er auch nach dem
- 7 -
1 ST.2009.93
Stichtag 1. Januar 1986 berufstätig und hat auf seinem Erwerbseinkommen weiterhin
Prämien für die Nichtberufsunfallversicherung geleistet (vgl. Lohnausweise der Jahre
1997 bis 2000). Gemäss den bei den früheren Steuererklärungen befindlichen SUVA-
Ausweisen ist die SUVA Rente zudem per 1. Juli 2000 verdoppelt worden. Damit stellt
sich aber die Frage, ob die Voraussetzung, dass die Rente ausschliesslich vor dem
1. Januar 1986 aus eigenen Mitteln erworben worden sein muss, noch erfüllt ist.
Grundsätzlich kann es nicht dem Sinn der Regelung entsprechen, dass bei
einer Teilrente wegen teilweiser Arbeitsunfähigkeit aufgrund eines Unfalls vor dem
1. Januar 1986 die privilegierte Besteuerung deshalb wieder wegfällt, weil ein Steuer-
pflichtiger – soweit er noch arbeitsfähig ist – auch nach dem Stichtag weiter erwerbstä-
tig bleibt und Prämien zahlt. Insofern ist in Bezug auf die einmal erworbene Rente von
einem (steuerrechtlichen) Bestandesschutz auszugehen, d.h. gilt der Erwerbsvorgang
als abgeschlossen. Diesbezüglich greift § 271 StG und wäre auch im vorliegenden Fall
an sich eine Besteuerung von 60% gerechtfertigt.
Anders liegen die Verhältnisse indessen dann, wenn sich der Grad der Invali-
dität in der Folge erhöht und daraus eine höhere Rente resultiert. War der Steuerpflich-
tige auch nach dem Stichtag 1. Januar 1986 weiterhin erwerbstätig, so konnte er seine
Prämien nun neu nach § 31 Abs. 1 lit. f StG von der Einkommenssteuer abziehen. Wird
in der Folge die Rente wegen Verminderung der Arbeitsfähigkeit erhöht, so ist diese
teilweise auch mit diesen neuen Beiträgen erworben worden. Dies auch dann, wenn
die Erhöhung des Grads der Arbeitsunfähigkeit auf den ursprünglichen Unfall zurück-
zuführen ist. Im vorliegenden Fall kann deshalb in Bezug auf die höhere Rente ab dem
Jahr 2000 aufgrund der Prämienzahlung nach dem Stichtag 1. Januar 1986 demnach
nicht mehr gesagt werden, diese sei ausschliesslich durch die Prämien vor dem
1. Januar 1986 bzw. dem Unfall erworben worden.
Damit ist sie aber entsprechend § 271 StG zu 80% zu besteuern.
3. Gestützt auf diese Erwägungen ist der Rekurs teilweise gutzuheissen. Die
Verfahrenskosten sind den Parteien anteilsmässig aufzuerlegen (§ 151 Abs. 1 StG).
Dabei ist von einem überwiegenden Obsiegen des Rekursgegners auszugehen, da
den verfahrensrechtlichen Rügen des Pflichtigen nicht zu folgen ist. Bei diesem Aus-
- 8 -
1 ST.2009.93
gang sind die Voraussetzungen für die beantragte Parteientschädigung nicht erfüllt
(§ 152 StG in Verbindung mit § 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom
24. Mai 1959/8. Juni 1997). | Public | Tax | de | 2,009 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
b95b3246-7878-4e6d-9f76-d9899e0e076a | hat sich ergeben:
A. 1. A (nachfolgend der Pflichtige) ist von Beruf Rechtsanwalt mit eigener
Praxis in D. Daneben ist er als Verwaltungsrat in verschiedenen, zum Teil ausländi-
schen Gesellschaften tätig. Zusammen mit seiner ersten Ehefrau war er zudem an drei
1991 gegründeten und in Frankreich domizilierten Personengesellschaften beteiligt.
Die eine dieser Gesellschaften (E) führte einen Landwirtschaftsbetrieb samt Weinbau
und Pferdezucht, die andere (F) ein Restaurant mit Bar und Gästezimmern (Auberge)
und die dritte (G) hielt die Betriebsliegenschaften der ersten beiden. Die drei Betriebe
bildeten wirtschaftlich eine Einheit. Der Pflichtige erlitt mit ihnen von Anfang an Verlus-
te. Die F stellte deswegen im Jahr 1995 den Betrieb der Auberge ein und wurde da-
nach vom Pflichtigen liquidiert. Ab 1996 wurde die Auberge an eine Drittperson ver-
pachtet, wobei der Pachtzins die G vereinnahmte.
Aufgrund eines bezüglich der direkten Bundessteuer 1993/94 durchgeführten
Rechtsmittelverfahrens vor Bundessteuer-Rekurskommission und Bundesgericht wur-
den diese Verluste vom kantonalen Steueramt bis und mit Steuerperiode 2007 jeweils
zum Abzug zugelassen, allerdings nur beim satzbestimmenden Einkommen.
2. In den Steuererklärungen 2008 und 2009 gab der Pflichtige die entspre-
chenden Verluste aus dem Engagement in Frankreich mit Fr. 221'732.- bzw.
Fr. 158'983.- an. Nach Durchführung einer steueramtlichen Buchprüfung der Ge-
schäftsjahre 2008 und 2009 sowie anschliessendem Auflageverfahren veranlagte die
Steuerkommissärin den Pflichtigen und dessen (zweite) Ehefrau B (nachfolgend die
Pflichtigen) am 8. November 2012 für die Steuerperioden 2008 und 2009. Dabei liess
sie die genannten Verluste nicht zum Abzug zu mit der Begründung, dass aus der Tä-
tigkeit in Frankreich von Anfang an nur Verluste resultiert hätten und es demnach an
Gewinnstrebigkeit sowie an einer selbstständigen Erwerbstätigkeit fehle. Daneben
rechnete sie einen Teil der Autokosten des Anwaltsbüros auf.
B. Hiergegen liessen die Pflichtigen am 10. Dezember 2012 Einsprache erhe-
ben mit dem Antrag, die Verluste sowie die Autokosten des Anwaltsbüros vollumfäng-
lich zum Abzug zuzulassen.
1 DB.2013.246 1 ST.2013.291
- 3 -
Die Steuerkommissärin führte hinsichtlich der streitigen zwei Positionen im
Einspracheverfahren eine ergänzende Untersuchung sowie mit dem Pflichtigen und
dessen Vertreter eine Besprechung durch. Bezüglich der Tätigkeit in Frankreich wirk-
ten die Pflichtigen dabei an der Untersuchung nicht mit und reagierten auch nicht auf
entsprechende Veranlagungs-/Einschätzungsvorschläge. Am 11. November 2013 wies
das kantonale Steueramt die Einsprache ab und erhöhte gleichzeitig das Einkommen
um weitere, geschäftsmässig nicht begründete Autokosten. Die Faktoren lauteten wie
folgt:
Direkte Bundessteuer Staats-/Gemeindesteuern
Einkommen Einkommen Vermögen
Fr. Fr. Fr.
2008 steuerbares 132'500.- 128'200.- 0.- satzbestimmendes 266'300.- 264'900.- 0.-
2009 steuerbares 149'600.- 144'000.- 0.- satzbestimmendes 283'100.- 281'700.- 0.-.
C. Mit Beschwerde bzw. Rekurs vom 12. Dezember 2013 liessen die Pflichti-
gen für die direkte Bundessteuer ein steuerbares und satzbestimmendes Einkommen
von Fr. 15'700.- (Steuerperiode 2008) bzw. Fr. 72'300.- (Steuerperiode 2009) sowie für
die Staats- und Gemeindesteuern ein solches von Fr. 14'300.- bzw. Fr. 71'500.- ver-
fechten, unter Zusprechung einer Parteientschädigung. Das steuerbare Vermögen
blieb unbestritten. In der Begründung wandten sie sich allein gegen die Aufrechnung
der fraglichen Verluste aus der Tätigkeit in Frankreich.
Das kantonale Steueramt schloss am 14. Januar 2014 auf Abweisung der
Rechtsmittel. Die Eidgenössische Steuerverwaltung liess sich nicht vernehmen.
1 DB.2013.246 1 ST.2013.291
- 4 - | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. In der Beschwerde-/Rekursschrift vom 12. Dezember 2013 legen die Pflich-
tigen zwar nicht dar, wie sich die verfochtenen Faktoren des steuerbaren bzw. satzbe-
stimmenden Einkommens ergeben. In der Begründung wenden sie sich jedoch nur
gegen die Nichtanerkennung der Verluste aus der Tätigkeit in Frankreich und erklären
die Veranlagungen/Einschätzungen ausdrücklich nur insofern als streitig. Mithin ist
davon auszugehen, sie beschwerten sich bezüglich der Aufrechnung eines Teils der
Autokosten des Anwaltsbüros nicht mehr. Die Aufrechnung dieser Kosten erweist sich
zudem als gesetzmässig (vgl. § 149 Abs. 2 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997
[StG]), sodass es bei deren Aufrechnung zu bleiben hat.
2. a) Nach Art. 18 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer
vom 14. Dezember 1990 (DBG) bzw. § 18 Abs. 1 StG sind alle Einkünfte aus einem
Handels-, Industrie-, Gewerbe-, Land- und Forstwirtschaftsbetrieb, aus einem freien
Beruf sowie aus jeder anderen selbstständigen Erwerbstätigkeit steuerbar. Bei selbst-
ständiger Erwerbstätigkeit werden von diesen Einkünften gemäss Art. 27 Abs. 1 DBG
bzw. § 27 Abs. 1 StG die geschäfts- oder berufsmässig begründeten Kosten abgezo-
gen. Verluste aus einer solchen Tätigkeit können mit übrigen Einkünften verrechnet
werden (vgl. zum so genannten Nettoprinzip: Markus Reich, in: Kommentar zum
Schweizerischen Steuerrecht, Band I/2a, 2. A., 2008, Art. 25 N 5 DBG).
Abzugsfähig ist der gesamte Aufwand, der für die selbstständige Erwerbstä-
tigkeit notwendig ist. Die Beschränkung der Abzugsfähigkeit auf die notwendigen Aus-
gaben soll lediglich bewirken, dass der Abzug nur für jene Auslagen gestattet wird, die
einen geschäftlichen Grund haben, und dass alle Aufwendungen unberücksichtigt blei-
ben, die vorwiegend mit der allgemeinen Lebenshaltung eines Selbstständigerwerben-
den zusammenhängen. In der Einschätzungspraxis wird weniger auf die Zumutung der
Vermeidung abgestellt, sondern vielmehr darauf, ob der Aufwand geschäftsmässig
begründet ist (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009,
Art. 27 N 4 DBG und Kommentar zum Steuergesetz, 3. A., 2013, § 27 N 3 StG).
1 DB.2013.246 1 ST.2013.291
- 5 -
In jedem Fall erfordert der Abzug, dass die Tätigkeit, welcher der betreffende
Aufwand zuzurechnen ist, überhaupt eine selbstständige Erwerbstätigkeit im Sinn von
Art. 18 DBG bzw. § 18 StG darstellt (RK, 18. März 1993 = ZStP 1993, 108).
b) Die Rechtsprechung umschreibt die selbstständige Erwerbstätigkeit zu-
sammenfassend wie folgt: aa) Die Tätigkeit des Steuerpflichtigen hat auf eigenes Risi-
ko zu erfolgen; bb) Der Steuerpflichtige hat in seiner Tätigkeit Arbeitskraft und Kapital
einzusetzen; cc) Die Tätigkeit des Steuerpflichtigen hat in einer von ihm selber frei be-
stimmten Organisation zu erfolgen; dd) Jedes Streben im wirtschaftlichen Bereich zielt
auf die Erzielung eines Gewinns und auf die Vermeidung eines Verlusts ab (Merkmal
der Gewinnerzielungsabsicht); ee) Eine selbstständige Erwerbstätigkeit liegt schliess-
lich nur vor, wenn der Steuerpflichtige in einer qualifizierten, d .h. planmässigen und
anhaltenden (nachhaltigen) Weise am wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt.
Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist selbstständige Erwerbstätig-
keit unter Umständen bereits aufgrund eines einzigen Kriteriums zu bejahen
(BGr, 29. Juli 2011, 2C_766 + 767/2010; BGE 125 II 113; anderer Meinung bislang das
Verwaltungsgericht: VGr, 25. August 2010, SB.2010.00056, E. 2.4 f., www.vgr.zh.ch,
und VGr, 20. Januar 2010, StE 2010 B 23.1 Nr. 67).
c) Abzugrenzen ist die selbstständige Erwerbstätigkeit insbesondere von der
Liebhaberei bzw. vom Hobby. Die steuerrechtliche Qualifikation einer Tätigkeit als
selbstständiger Erwerb im dargelegten Sinn oder als Liebhaberei hängt grundsätzlich
davon ab, ob sie ausschliesslich oder vorwiegend im Hinblick auf die Erzielung eines
Erwerbseinkommens ausgeübt wird (BGr, 2. Oktober 1992, NStP 1993, 7, E. 2b;
Raoul Oberson, Les pertes commerciales fiscalement déductibles, ASA 48, 113). Un-
terscheidungskriterium ist also der Beweggrund für die Ausübung der Tätigkeit. Es
handelt sich dabei um ein subjektives Kriterium, auf dessen Vorhandensein nur durch
Indizien (nämlich erkennbare Umstände) geschlossen werden kann (StRK IV, 8. Ap-
ril 1998, StE 1999 B 23.1 Nr. 42). Eine zusätzliche Erschwernis liegt darin, dass es
Grenzfälle gibt, bei denen sich Liebhaberei und Erwerbstätigkeit verbinden, wobei das
Schwergewicht auf der einen oder anderen Seite liegen kann.
Indiz für die Qualifikation als Liebhaberei kann eine fehlende Gewinnstrebig-
keit sein. Diese kann sich zum einen aus der betreffenden Tätigkeit als solcher erge-
ben, weil diese als Basis für eine rentable Erwerbsquelle ungeeignet erscheint, zum
1 DB.2013.246 1 ST.2013.291
- 6 -
anderen kann sie aus der Art des Vorgehens abgeleitet werden, indem dieses nicht auf
kommerzieller Methode beruht (VGr, 31. Mai 2005, StE 2006 B 23.1 Nr. 61).
Wer eine Tätigkeit ausübt, welche auf Dauer nichts einbringt oder dauernd
einen finanziellen Aufwandüberschuss erfordert, betreibt diese nicht als Erwerbstätig-
keit, sondern als Liebhaberei oder aus einem andern nicht kommerziellen Grund. Denn
wer eine unrentable Aktivität wirklich als Erwerbstätigkeit ausübt, wird sich in der Regel
durch das andauernde Ausbleiben eines finanziellen Erfolgs von der Zwecklosigkeit
seines Unterfangens überzeugen lassen und die betreffende Tätigkeit aufgeben
(Roman Blöchliger, Steuerliche Probleme des Abzuges geschäftlicher Verluste,
StR 1981, 236). Allerdings muss nicht jedes einzelne mit einem Verlust abgeschlosse-
ne Jahr oder selbst die Tatsache, dass während mehrerer Jahre Verlust erzielt worden
ist, zum Schluss zwingen, es handle sich um eine Liebhaberei (Höhn/Waldburger,
Steuerrecht, Band I, 9. A., 2001, § 14 Rz 45; vgl. BGr, 4. Juni 2004, 2A.68/2004,
E. 1.3; Peter Locher, Kommentar zum DBG, I. Teil, 2001, Art. 18 N 22). Ob sich näm-
lich eine Tätigkeit lohnt, lässt sich methodisch richtig nur nach Betrachtung des Ge-
winns aus der gesamten Betriebstätigkeit von deren Aufnahme bis zu ihrer Beendigung
beurteilen (so genannter Totalgewinn, vgl. Manuel René Theisen, Die Liebhaberei, ein
Problem des Steuerrechts und der betriebswirtschaftlichen Steuerlehre, Steuer und
Wirtschaft, 1999, 259; StRK II, 17. Februar 2000, 2 ST.1999.419, E. 6a). Der Entscheid
über den steuerlichen Charakter einer Tätigkeit hängt deshalb von einer Prognose über
den zu erwartenden Totalgewinn ab (vgl. auch Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 18
N 48 DBG und § 18 N 38 StG). Ergibt die Prognose ein positives Gesamtergebnis, ist
dies ein gewichtiges Indiz für die Gewinnstrebigkeit. Anderseits liegt bei negativer
Prognose die Schlussfolgerung nahe, dass ein Steuerpflichtiger, dem es tatsächlich um
die Erzielung eines Erwerbseinkommens gegangen wäre, sich wegen des in Aussicht
stehenden finanziellen Misserfolgs von der Weiterführung des Betriebs abbringen las-
sen würde. Stehen dem Steuerpflichtigen anderweitige hohe positive Einkünfte zur
Verfügung, die ihn in die Lage versetzen, eine selbstständige Erwerbstätigkeit trotz
anhaltend hoher Verluste über einen längeren Zeitraum zu führen, stellt dieser Um-
stand auch ein gewichtiges Indiz dafür dar, dass die verlustbringende Tätigkeit eine
vom wirtschaftlichen Erfolg unabhängige persönliche Passion zum Ausdruck bringt
(BGr, 19. September 2007, StR 2008, 36).
Die steuerrechtliche Qualifikation der Tätigkeit ist eine Frage, die grundsätz-
lich für jede Veranlagungsperiode neu überprüft werden kann, wobei unter Umständen
1 DB.2013.246 1 ST.2013.291
- 7 -
die Verhältnisse in den Vorjahren bzw. in den auf das Steuerjahr folgenden Jahren
gewisse Anhaltspunkte liefern können (BGr, 31. August 2005, 2A.46/2005, E. 2.2.2, mit
Hinweisen zum Ganzen). Wie lange die wirtschaftliche Betätigung verlustreich sein
darf, bis eine natürliche Vermutung dafür spricht, dass der finanzielle Erfolg auf Dauer
ausbleiben wird, kann nicht allgemein gesagt werden. Im Sinn einer Faustregel wird in
der Literatur die Auffassung vertreten, der Umstand, dass innerhalb von fünf bis zehn
Jahren kein nennenswerter Gewinn erzielt werde, bilde ein gewichtiges Indiz für das
Fehlen der Gewinnstrebigkeit. Dem Steuerpflichtigen steht aber der Gegenbeweis of-
fen, dass auch in diesem Fall eine Gewinnstrebigkeit vorliegt (Richner/Frei/Kauf-
mann/Meuter, Art. 18 N 48 DBG und § 18 N 38 StG). Im Einzelfall kommt es nament-
lich auf die Art der Tätigkeit und die konkreten Verhältnisse an (RB 2000 Nr. 118).
Qualifiziert die Aktivität des Steuerpflichtigen in der unter den erwähnten Krite-
rien vorzunehmenden Prüfung als Liebhaberei oder produziert sie reine Lebenshal-
tungskosten (vgl. Art. 34 lit. a DBG und § 33 lit. a StG), können die entstandenen Ver-
luste nicht mit übrigen Einkünften verrechnet werden.
d) Nach Art. 123 Abs. 1 DBG bzw. § 132 Abs. 1 StG stellen die Steuerbehör-
den zusammen mit dem Steuerpflichtigen die für eine vollständige und richtige Besteu-
erung massgebenden tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse fest. Dabei gilt die
allgemeine Regel der Beweislastverteilung, dass die Steuerbehörde die steuerbegrün-
denden oder -erhöhenden Tatsachen nachzuweisen hat, der Steuerpflichtige dagegen
jene Umstände, welche die Steuerschuld mindern oder aufheben (Blumenstein/Locher,
System des Steuerrechts, 6. A., 2002, S. 416 [mit Verweisungen] und 454). Dement-
sprechend obliegt der Nachweis, dass eine selbstständige Erwerbstätigkeit vorliegt,
grundsätzlich der Steuerbehörde. Ist dagegen streitig, ob eine bestimmte verlustbrin-
gende Betätigung (überhaupt) eine selbstständige Erwerbstätigkeit darstellt (oder ob
nicht z.B. eine Liebhaberei vorliegt), ist hierfür der Steuerpflichtige beweispflichtig
(vgl. StRK I, 18. März 1993, StE 1995 B 23.1 Nr. 30). Denn er leitet hieraus die steu-
ermindernde Verrechnung dieses Verlusts mit übrigen Einkünften ab. Zur Beweisleis-
tung gehört in erster Linie und in jedem Fall, dass eine substanziierte Sachdarstellung
gegeben wird, die ohne weitere Untersuchung, aber unter dem Vorbehalt der Beweis-
erhebung, die Beurteilung der massgebenden Qualifikationsfrage ermöglicht. Für die
von ihm verfochtene, hinreichend substanziierte Sachdarstellung hat der Steuerpflichti-
ge beweiskräftige Unterlagen einzureichen oder zumindest unter genauer Bezeichnung
Beweise anzubieten.
1 DB.2013.246 1 ST.2013.291
- 8 -
3. a) Strittig ist vorliegend, ob die vom Pflichtigen in den Jahren 2008 und 2009
neben seiner Tätigkeit als Anwalt und Verwaltungsrat in mehreren Gesellschaften eine
weitere selbstständige Erwerbstätigkeit in Frankreich ausgeübt hat und damit die in
diesem Zusammenhang angefallenen Verluste mit seinen übrigen Einkünften verrech-
nen kann. Das kantonale Steueramt spricht seinen diesbezüglichen Unternehmungen
den Charakter einer selbstständigen Erwerbstätigkeit im Sinn des Steuerrechts ab, da
die Gewinnerzielungsabsicht fehle. Da das kantonale Steueramt von ideell motivierten
freiberuflichen Aktivitäten ausgeht, ist nach dem Gesagten der Pflichtige für das Vorlie-
gen einer selbstständigen Erwerbstätigkeit beweispflichtig.
b) Die Pflichtigen begründen die fragliche Tätigkeit in Beschwerde und Rekurs
wie folgt: 1990 sei der Pflichtige mit dem Bürgermeister der Gemeinde H im Departe-
ment I/Frankreich in Kontakt gekommen. Dieser habe ihn als Unternehmer und für In-
vestitionen in seiner Gemeinde begeistern können. 1991 habe er drei Personengesell-
schaften gegründet. Bei der E handle es sich um einen Landwirtschaftsbetrieb mit
einer Fläche von ... Hektaren, die im Wesentlichen aus Grasflächen, Wald und ... Hek-
taren Rebland bestünden. Das Rebland sei 2008 und 2009 verpachtet worden. Zusätz-
lich sei ein Pferdegestüt mit rund ... Tieren vorhanden. Der Betrieb beschäftige zwei
voll angestellte Mitarbeiter und einen Lehrling. Die Grasflächen würden zur Produktion
von Heu und als Weideland für die Tiere verwendet. Die Aufrechterhaltung des Land-
wirtschaftsbetriebs samt Pferdegestüt sei für die Werterhaltung des Landguts unab-
dingbar, da eine Verwilderung der landwirtschaftlichen Flächen den Gesamtwert des
Guts massiv reduzierte und die Suche nach einem Käufer für dieses verunmöglichte.
Die G besitze als Hauptaktivum die Auberge in einer Altliegenschaft des Dorfes H. Die
Verluste in den ersten drei Jahren seien derart ruinös gewesen, dass der Betrieb habe
eingestellt und die F als Betreiberin liquidiert werden müssen. Ab 1996 bis 2008 sei die
Auberge an eine unabhängige Drittperson verpachtet und der Pachtzins von monatlich
EUR 1'524.- von der G vereinnahmt worden. Nach Pensionierung dieser Person habe
trotz intensiver Bemühungen kein neuer Pächter für die Auberge gefunden werden
können, da in Frankreich auf dem Land die Wirtschaft allgemein nicht blühe. Ein an-
schliessender Versuch mit der Anstellung eines Gerantenehepaars mit fixer Besoldung
über eine neu gegründete Tochtergesellschaft habe nach rund einem Jahr wieder ab-
gebrochen werden müssen, da erneut massive Verluste entstanden seien. Danach sei
der Betrieb vorübergehend geschlossen gewesen und erst gegen Ende 2009 ein ande-
res junges Gerantenehepaar gefunden worden. Im Januar 2011 sei auch dieses Paar
wieder gegangen und stehe die Auberge seither leer.
1 DB.2013.246 1 ST.2013.291
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Seit dem Jahr 2000 habe ein Bekannter des Pflichtigen, J, die Betriebe mit
Darlehen unterstützt, allerdings mit der Vorgabe, dass ein Käufer gesucht werde. Nach
eingehender Prüfung sei dieser bis vor Kurzem der Überzeugung gewesen, dass es
eine reine Zeitfrage darstelle, einen potenten Käufer zu finden. Dementsprechend habe
er auch zugesichert, die gewährten Darlehen erst beim Verkauf des Guts zurück zu
verlangen. Eine weitere Bedingung für die Finanzierung sei gewesen, alle Elemente
des Betriebs funktionstüchtig zu erhalten, um einen möglichst guten Preis für die Ge-
samtheit zu erzielen. Um die Betriebskosten so tief wie möglich zu halten, sei der
Landwirtschaftsbetrieb auf ein Minimum reduziert und ein beschränkter Zuchtbetrieb
mit einem Bestand von ca. ... Pferden geführt worden. Das Gleiche gelte für die Au-
berge, deren Fortbestand ebenfalls wesentlich für die Werterhaltung des Guts als Ge-
samtheit sei. Nur wenn diese (wenn möglich ohne laufenden Verlust) geöffnet sei, kön-
ne mit der Findung eines Käufers für Alles gerechnet werden. Mit Blick auf diese
Bedingungen von J für die Darlehensgewährung sei er, der Pflichtige, längst nicht mehr
frei, über seinen Betrieb nach Belieben zu verfügen. Einerseits müsse er den Betrieb
zwecks Vermeidung der Verwahrlosung weiterführen und dabei weitere finanzielle Ver-
luste in Kauf nehmen. Anderseits komme zwar als einzige Alternative der Verkauf des
Guts in Frage, jedoch scheide eine Veräusserung notfalls mit Verlust aus. Derart sei er
in seinen französischen Betrieben regelrecht gefangen. Selbst wenn er frei wäre,
müsste ein Veräusserungsverlust während sieben Jahren mit den übrigen Einkünften
verrechnet werden. In der Zwischenzeit habe J aber sein ihm zustehendes Options-
recht ausgeübt und das Gut Ende 2012 gekauft.
Bei alledem sei es richtig, dass er, der Pflichtige, sich von Beginn seiner Tä-
tigkeit an in der Verlustzone bewegt und auch per Ende 2008 kaum Hoffnung bestan-
den habe, Gewinn zu erwirtschaften. Das sei zu jenem Zeitpunkt aber auch gar nicht
mehr das Ziel gewesen, sondern nur noch, sich ohne weitere Verluste aus dem Enga-
gement zu lösen. Dies sei ihm durch die Übernahme der Betriebe durch J Ende 2012
nun gelungen.
c) Das kantonale Steueramt hielt dem in den Einspracheentscheiden entge-
gen, der Pflichtige habe stets nur Verluste realisiert und gehe aus den Steuererklärun-
gen 2010 - 2011 hervor, dass sich dies auch in den nachfolgenden Jahren nicht geän-
dert habe. In Anbetracht der akkumulierten Verluste von über Fr. 4 Mio. erscheine die
Erzielung eines Totalgewinns als ausgeschlossen, was auch der Pflichtige eingestehe.
Mit dem Bundesgericht dränge sich bei einem Landwirtschaftsbetrieb nach sechsjähri-
1 DB.2013.246 1 ST.2013.291
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ger Verlustperiode seit der Gründung die Vermutung auf, dass der Betrieb gar nicht
gewinnbringend bewirtschaftet werden könne und keine selbstständige Erwerbstätig-
keit vorliege. Die Verlustperiode beim Pflichtigen betrage mit 17 Jahren weit mehr, und
dies obwohl der Betrieb aufgrund seiner Grösse von ... Hektaren objektiv betrachtet
durchaus geeignet sei, eine rentable Geldquelle darzustellen. Für eine gewinnbringen-
de Pferdezucht brauche es einen gewissen minimalen Tierbestand in unterschiedlicher
Alterszusammensetzung. Da der Pflichtige eine entsprechende Auflage und Mahnung
bezüglich seines Pferdegestüts nicht beantwortet habe, könne über dessen Er-
folgsaussichten keine Aussage gemacht werden und verbiete sich die Annahme einer
selbstständigen Erwerbstätigkeit.
4. a) Während die übrigen Merkmale einer selbstständigen Erwerbstätigkeit
nicht zur Diskussion stehen, geht es vorliegend zur Hauptsache um die Frage des Vor-
liegens der Gewinnstrebigkeit.
b) Der Pflichtige ist promovierter Jurist mit Anwaltspatent und eigener Praxis
sowie als Verwaltungsrat in verschiedenen Gesellschaften tätig. Mit diesen Tätigkeiten
erzielte er 2008 und 2009 Nettoeinkünfte von rund Fr. 340'000.- pro Jahr. Er behauptet
nicht, er oder eine seiner beiden Ehefrauen habe über eine Ausbildung zur Führung
eines Landwirtschaftsbetriebs samt Rebland und Pferdezucht sowie einer Auberge
(Restaurant mit Gästezimmern) bzw. über entsprechende Erfahrungen verfügt. In der
Besprechung mit der Steuerkommissärin vom 6. August 2013 brachte er zwar noch
vor, um das Pferdegestüt habe sich am Anfang noch seine Exfrau gekümmert, weil sie
das nötige Fachwissen besitze. In Beschwerde und Rekurs äusserte er sich hierzu
jedoch nicht mehr. Abgesehen davon legte er in der genannten Besprechung für das
angebliche Fachwissen seiner Exfrau keinerlei Beweise vor und führte zudem aus,
dass das Pferdegestüt seit der Scheidung von seiner Exfrau im Jahr 2000 "etwas ver-
nachlässigt" worden sei und ihm selber das nötige Know-How fehle.
Demnach ging er mit dem Kauf des streitbetroffenen landwirtschaftlichen Guts
in Frankreich 1989/90 aber schon allein wegen fehlender Ausbildung bzw. Erfahrung
zur Führung seiner vielfältigen Betriebe nicht nur ein erhebliches Risiko ein, sondern
liess damit auch von allem Anfang an eine damit verbundene Gewinnabsicht als frag-
würdig erscheinen.
1 DB.2013.246 1 ST.2013.291
- 11 -
c) Dieses Risiko bzw. diese Sicht hat sich denn auch in den nachfolgenden
Jahren insofern konkretisiert, als der Pflichtige mit den Betrieben von Beginn an un-
streitig nur Verluste erwirtschaftete (Aufstellung in den Einspracheentscheiden):
Jahr E G
Fr. Fr.
1991 - 123'538.- - 17'853.- 1992 - 243'556.- - 41'906.- 1993 - 146'228.- - 10'131.- 1994 - 121'584.- - 27'190.- 1995 - 111'294.- - 23'773.- 1996 - 153'534.- - 41'146.- 1997 - 303'778.- - 31'317.- 1998 - 269'875.- - 42'877.- 1999 - 289'970.- - 41'697.- 2000 - 357'150.- - 35'779.- 2001 - 227'963.- - 22'687.- 2002 - 338'272.- - 17'113.- 2003 - 233'021.- - 12'294.- 2004 - 255'825.- - 13'814.- 2005 - 208'052.- - 41'578.- 2006 - 178'270.- - 21'472.- 2007 - 160'474.- - 22'752.- 2008 - 169'130.- - 52'602.- 2009 - 128'184.- - 30'799.- Total - 4'019'698.- - 548'780.- = - 4'568'478.-
Die Verluste aller Betriebe zusammen bewegten sich somit jährlich stets im
sechsstelligen Bereich und lagen zwischen minimal Fr. 135'067.- (1995) und maximal
Fr. 392'929.- (2000). Auch ist nicht eine Tendenz in dem Sinn erkennbar, dass die Ver-
luste mit der Zeit abnahmen. So waren diese nach dem Kauf noch vergleichsweise
moderat, stiegen dann aber ab 1997 markant auf zum Teil weit über Fr. 300'000.- an,
bevor sie ab 2003 wieder unter diese Marke sanken, sich aber bis zum Schluss immer
noch über dem Anfangswert von Fr. 141'391.- befanden. Demnach trat über den Zeit-
raum von 19 Jahren nie eine Trendwende zur Abnahme der Verluste ein, geschweige
denn eine Bewegung zu einem Gewinnausweis. Ein Gewinn konnte sodann unstreitig
auch nicht in den Jahren 2010 und 2011 erzielt werden und behauptet der Pflichtige
nicht, dass sich dies bis zum Verkauf des Guts Ende 2012 noch geändert hat. Damit
übereinstimmend widerspricht der Pflichtige der Feststellung in den Einspracheent-
scheiden nicht, dass er anlässlich der Besprechung vom 6. August 2013 selber einge-
standen habe, mit dem Gut nie einen Totalgewinn, d.h. einen Gewinn über die gesam-
te Betriebsdauer, erzielen zu können.
1 DB.2013.246 1 ST.2013.291
- 12 -
d) Daraus ist Folgendes zu schliessen: Zwar handelt es sich sowohl beim
Landwirtschaftsbetrieb als auch bei der Auberge grundsätzlich, d.h. objektiv betrachtet,
um Betriebe, die für eine Gewinnerzielung geeignet sind und regelmässig nicht nur der
schlichten Verwaltung des Privatvermögens dienen (BSt-RK, 26. Februar 1998,
V 84/1997, auch zum Folgenden). Allerdings stellt sich beim Pferdezuchtbetrieb als
Teil des Landwirtschaftsbetriebs schon eher die Frage, ob damit eine selbstständige
Erwerbstätigkeit ausgeübt wurde, kommt es in diesem Bereich doch häufig zu blossen
Hobbytätigkeiten. Aber auch beim Landwirtschaftsbetrieb selber hätte nach ein paar
wenigen Jahren die Gewinnschwelle erreicht sein müssen, hat das Bundesgericht doch
bei einem neu gegründeten Landwirtschaftsbetrieb, der diese Schwelle nach sechs
Jahren noch immer nicht überschritten hatte, angenommen, es liege keine selbststän-
dige Erwerbstätigkeit vor (BGr, 4. Juni 2004, StE 2004 B 23.1 Nr. 57). Bei Übernahme
eines schon bestehenden Landwirtschaftsbetriebs muss die Verlustperiode demzufolge
noch weniger lang als sechs Jahre sein. Der Pflichtige hat mit seinen Betrieben in den
rund zwanzig Jahren seit Erwerb bis zum Verkauf Ende 2012 nie ein einziges Mal Ge-
winn, sondern ausnahmslos nur Verluste erwirtschaftet. Es ist nicht ersichtlich, wie er
mit der vorhandenen Betriebsstruktur und dem allfällig existierenden Betriebskonzept
je in die Gewinnzone kommen wollte, unterlässt er es doch gänzlich, diesbezügliche
Ausführungen zu machen. Er hat insbesondere die im Einspracheverfahren verlangten
Businesspläne für die E und die G trotz Auflage vom 8. August 2013 nicht eingereicht,
ebenso eine Aufstellung sämtlicher Pferde, der Nachweis der pro 2009 geborenen
Fohlen, der Besamungen und Decktaxen, der Teilnahme an Dressur-/Springprüfungen
oder Pferderennen und der Versicherung der Pferde.
Das kantonale Steueramt hat unter diesen vom Pflichtigen zu verantworten-
den Umständen zu Recht die Gewinnstrebigkeit für die Steuerperioden 2008 und 2009
verneint. Denn nach einer derart langen Verlustperiode mit hohen Verlustausweisen
seit Beginn der fraglichen Tätigkeit im Jahr 1991 ohne Aussicht auf eine Trendwende
kann nicht ernsthaft von einer selbstständigen Erwerbstätigkeit ausgegangen werden.
Der Pflichtige gesteht denn auch selber ein, dass es in den Jahren 2008 und 2009
nicht mehr um die Erreichung der Gewinnzone gegangen sei, sondern nur noch darum,
einen geeigneten Käufer für das Gesamtgut zu finden. Diese Erkenntnis hätte bei ihm
jedoch schon viel früher Platz greifen müssen mit der Folge, dass die streitigen Verlus-
te 2008 und 2009 jedenfalls nicht mehr von ihm zu tragen gewesen wären. Ab wel-
chem Zeitpunkt er mit der Suche nach einem Käufer begann, führt er nicht aus. Damit
musste das kantonale Steueramt aber annehmen, dies sei viel zu spät erfolgt. Die Wei-
1 DB.2013.246 1 ST.2013.291
- 13 -
terführung der Betriebe in den Jahren 2008 und 2009 trotz schon lang anhaltenden
hohen Verlustausweises konnte es daher nicht als selbstständige Erwerbstätigkeit gel-
ten lassen.
Im vorliegenden Beschwerde-/Rekursverfahren stellt sich die Sach- und
Rechtslage unverändert dar, wiederholt der Pflichtige in den Rechtsschriften im We-
sentlichen doch nur seine Ausführungen bei den Vorinstanzen. Demnach muss auch
vorliegend schon allein vor dem Hintergrund der überlangen Verlustperiode mit den
hohen Verlustausweisen und ohne Aussicht auf eine Trendwende das Vorliegen einer
selbstständigen Erwerbstätigkeit ausgeschlossen werden.
e) aa) Ein weiteres gewichtiges Indiz für die Verneinung einer selbstständigen
Erwerbstätigkeit liegt nach dem Gesagten darin, dass der Pflichtige mit seinen Tätig-
keiten als Anwalt und Verwaltungsrat zumindest in den aktenkundigen Jahren
2007 - 2009 stets derart hohe Einkünfte erzielte, dass diese die Verluste aus dem
Gutsbetrieb in Frankreich bei Weitem überstiegen und er dergestalt für die Bestreitung
seines Lebensaufwands auf einen entsprechenden Gewinn gar nicht angewiesen war.
Hätte der Gutsbetrieb dagegen seine einzige Einnahmequelle gebildet, wäre er ange-
sichts der hohen Verluste schon viel früher gezwungen gewesen, entweder erfolgver-
sprechende Umstrukturierungsmassnahmen zu treffen oder den Betrieb möglichst
schnell und nötigenfalls zu ungünstigen Konditionen zu veräussern.
bb) Der Pflichtige wendet dagegen zur Hauptsache ein, im Gutsbetrieb regel-
recht gefangen gewesen zu sein, da er darüber nicht frei habe verfügen können. Zum
einen habe er den Betrieb zwecks Vermeidung der Verwahrlosung weiterführen sowie
dabei weitere finanzielle Verluste in Kauf nehmen müssen. Zum andern sei die als ein-
zige Alternative in Frage kommende Veräusserung des Guts als "Notverkauf" ausge-
schieden und ein Verkauf "möglichst ohne Verlust" nicht möglich gewesen.
Der Pflichtige legt nicht näher dar, was er unter einem Verkauf "möglichst oh-
ne Verlust" versteht und führt – wie erwähnt – auch nicht konkret aus, ab welchem
Zeitpunkt er mit der Käufersuche begonnen hat. Keine Aufschlüsse hierzu vermag je-
denfalls der offenbar Ende 2012 erfolgte Verkauf an J zu liefern, hat es der Pflichtige
doch trotz Auflage im Einspracheverfahren unterlassen, den diesbezüglichen Veräus-
serungsvertrag einzureichen. Demnach kann aber nicht beurteilt werden, ob es sich
beim Verkauf an J um eine seinen Erwartungen entsprechende Veräusserung handelt
1 DB.2013.246 1 ST.2013.291
- 14 -
und damit auch nicht, ob der Pflichtige bis zu diesem Zeitpunkt zur verlustbringenden
Weiterführung aus wirtschaftlichen Überlegungen gezwungen war. Sofern seine Erwar-
tungen darin bestanden haben sollten, mit dem Verkaufspreis neben den Gestehungs-
kosten auch die mit dem Betrieb in Frankreich zusammenhängenden Schulden ge-
deckt erhalten zu bekommen, erscheint dies im Übrigen eher als unwahrscheinlich. So
deklarierte er diese Schulden per Ende 2009 mit über Fr. 6 Mio. und machte der 1989
entrichtete Erwerbspreis für das Gesamtgut gemäss seinen Angaben in der Bespre-
chung vom 6. August 2013 die Höhe "eine(r) 2 Zimmer Wohnung in Zürich" aus. Mithin
hätte J einen Kaufpreis von deutlich über Fr. 6 Mio. entrichten und das Landgut um
Fr. 6 Mio., d.h. um das Mehrfache des Erwerbspreises, an Wert gewinnen müssen. Bei
einer nach den Angaben des Pflichtigen in Frankreich auf dem Land nicht blühenden
Wirtschaft dürfte Letzteres ohne weiteres auszuschliessen sein.
Angesichts der sich stets weiter häufenden Verluste hätte sich bei wirtschaftli-
cher Betrachtung aber auch längst ein "Notverkauf" aufgedrängt, war eine Verbesse-
rung der Ertragssituation nach den Angaben des Pflichtigen doch schon lang nicht
mehr möglich und waren die jährlichen Verluste stets erheblich.
f) Nach alledem lassen die vorhandenen Indizien nicht auf das Vorliegen einer
selbstständigen Erwerbstätigkeit schliessen. Vielmehr müssen für die Führung der Be-
triebe in Frankreich mit ausschliesslich negativen Abschlüssen während der ganzen
zwanzigjährigen Besitzesdauer andere, nicht kommerzielle Gründe ausschlaggebend
gewesen sein, denen jedoch vorliegend nicht nachgegangen zu werden braucht.
g) Anzufügen ist, dass die Verluste selbst bei Annahme einer selbstständigen
Erwerbstätigkeit zumindest bei der direkten Bundessteuer nur beim satzbestimmenden
Einkommen berücksichtigt werden könnten. Zu diesem Schluss kam schon die Bun-
dessteuerrekurskommission bezüglich der Steuerperioden 1993/94 des Pflichtigen
unter Geltung des inzwischen aufgehobenen Beschlusses über die direkte Bundes-
steuer vom 9. Dezember 1940, BdBSt (Entscheid vom 26. Februar 1998, V 84/1997).
Das daraufhin angerufene Bundesgericht bestätigte diesen Entscheid und erklärte dar-
über hinaus, dass sich das nämliche Ergebnis auch bei Anwendung von Art. 6 Abs. 3
Satz 3 DBG einstellen würde (BGr, 15. November 1999, 2A.253/1998).
Im Übrigen lässt sich aus diesen früheren Entscheiden nicht ableiten, die vor-
liegend streitigen Verluste der Jahre 2008 und 2009 seien gleich wie die damals beur-
1 DB.2013.246 1 ST.2013.291
- 15 -
teilten negativen Betreffnisse der Jahre 1991 und 1992 abzugsfähig, da das Vorliegen
einer selbstständigen Erwerbstätigkeit damals bejaht worden sei. 1991 und 1992 stand
der Pflichtige erst am Beginn seines Engagements in Frankreich und konnte noch nicht
mit Sicherheit gesagt werden, ob dieses auch längerfristig gewinnstrebig sei. Für die
damaligen Jahre war dies noch positiv zu beantworten, weil der Pflichtige den Nach-
weis für eine günstige Prognose – anders als vorliegend – erbringen konnte bzw. die
Verlustperiode noch viel zu kurz war, um auf das Gegenteil zu schliessen.
h) Damit hat das kantonale Steueramt die Verrechnung der streitigen Verluste
von Fr. 221'732.- (2008) bzw. Fr. 158'983.- (2009) mit den übrigen Einkünften rechtens
abgelehnt.
5. Diese Erwägungen führen zur Abweisung der Rechtsmittel. Ausgangsge-
mäss sind die Kosten des vorliegenden Verfahrens den Pflichtigen aufzuerlegen
(Art. 144 Abs. 1 DBG und § 151 Abs. 1 StG) und ist ihnen keine Parteientschädigung
zuzusprechen (Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 - 3 des Bundesgesetzes über
das Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember 1968 sowie § 152 StG i.V.m. § 17 Abs. 2
des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997). | Public | Tax | de | 2,014 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
b95f47cc-93f4-4036-8d4e-4a3dc5d99dde | hat sich ergeben:
A (nachfolgend der Pflichtige) ist Architekt und Lehrer. Während der Steuerpe-
riode 2006 war er als Berufsschullehrer an der B (Haupterwerb) und an der C (Neben-
erwerb) tätig. Zudem wurde ihm 2006 eine Arbeitslosenentschädigung ausgerichtet. In
der Steuererklärung 2006 deklarierte der Pflichtige ein steuerbares Einkommen von
Fr. 34'727.- und ein steuerbares Vermögen von Fr. 292'196.-. Mit Entscheid vom 5. Mai
2009 schätzte ihn der Steuerkommissär mit einem steuerbaren Einkommen von
Fr. 58'600.- und einem steuerbaren Vermögen von Fr. 292'000.- (Staats- und Gemein-
desteuern 2006) ein. Gemäss Hinweis gleichen Datums war die Veranlagung für die
direkten Bundessteuern 2006 mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 59'300.- vor-
gesehen. Mit Verfügung vom 29. Mai 2009 wurde dem Pflichtigen die Veranlagung für
die direkte Bundessteuer formell eröffnet.
Mit Eingabe vom 12./15. Juni 2009 und vom 2./3. Juli 2009 erhob der Pflichti-
ge Einsprachen gegen den Einschätzungsentscheid und die Veranlagungsverfügung.
Vorab verlangte er die Weiterleitung an eine "unabhängige, neutrale und unvoreinge-
nommene Stelle zur Bearbeitung". Das kantonale Steueramt trat mit Entscheid vom
23. September 2009 auf die Einsprache betreffend Staats- und Gemeindesteuer we-
gen Verspätung nicht ein. Mit Entscheid vom selben Tag wies es die Einsprache
betreffend die direkte Bundessteuer ab.
Am 25./30. Oktober 2009 sandte der Pflichtige ein mit "Zusendung an die ef-
fektiv zuständige neutrale Instanz" betiteltes Schreiben an die Steuerrekurskommissio-
nen und legte ein 13-seitiges weiteres Schreiben bei, das an die "Zuständige Instanz,
die die verfassungsmässigen Anforderungen nach Unabhängigkeit, Unvoreingenom-
menheit sowie Neutralität erfüllt; sowie selber nicht in die vorliegende Justiz-Korruption
involviert ist – Presse" adressiert und überschrieben ist mit "Öffentliche Strafanzeige
(Offizialdelikte)" und "Beschwerde gegen die unzutreffenden 'Einspracheentscheide'
der kt. Steuerverwaltung". In diesen Schreiben bestreitet der Pflichtige die Zuständig-
keit der Vorinstanz und der Steuerrekurskommissionen; zudem rügt er unter anderem
Befangenheit beider Instanzen.
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2 ST.2009.302 2 DB.2009.179
Mit Präsidialverfügung vom 13. November 2009 wurde dem Pflichtigen Frist
angesetzt, um die Kosten des Rekurs- und Beschwerdeverfahrens mit je einem Vor-
schuss sicherzustellen. Die Kostenvorschüsse gingen fristgerecht ein.
In seiner Rekurs- und Beschwerdeantwort vom 15. Dezember 2009 schloss
das kantonale Steueramt auf kostenfällige Abweisung der Rechtsmittel. Diese Eingabe
wurde dem Pflichtigen zur Kenntnisnahme zugestellt, er holte jedoch auch die 2. ein-
geschriebene Sendung nicht ab. | Die Einzelrichterin zieht in Erwägung:
1. Das kantonale Steueramt nimmt die Einschätzung bzw. Veranlagung vor
(§ 107 Abs. 1 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 [StG] und Art. 104 sowie Art. 131
Abs. 1 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990
[DBG]). Gegen den Einschätzungsentscheid kann der Steuerpflichtige beim kantonalen
Steueramt Einsprache erheben (vgl. § 140 Abs. 1 StG; Art. 132 Abs. 1 DBG). Dem
Steuerpflichtigen steht gegen den Einspracheentscheid des kantonalen Steueramts der
Rekurs (hinsichtlich Staats- und Gemeindesteuern) bzw. die Beschwerde (hinsichtlich
der direkten Bundessteuer) bei der Rekurskommission offen (vgl. § 147 Abs. 1 StG und
Art. 140 Abs. 1 DBG). Mit Rekurs bzw. Beschwerde können alle Mängel des angefoch-
tenen Entscheids und des vorangegangenen Verfahrens gerügt werden (§ 147 Abs. 3
StG, Art. 140 Abs. 3 DBG).
Die Zuständigkeiten der Vorinstanz und der Steuerrekurskommissionen in der
vorliegenden Angelegenheit unterliegen nach der erwähnten gesetzlichen Regelung
keinem Zweifel. Die beantragte Weiterleitung an eine andere Instanz erübrigt sich da-
her. Bei den Steuerrekurskommissionen handelt es sich entgegen der Ansicht des
Pflichtigen um ein unabhängiges Gericht im Sinn von Art. 6 Ziff. 1 der Europäischen
Menschenrechtskonvention vom 4. November 1950 (vgl. dazu schon den Nichteintre-
tensentscheid der damaligen Europäischen Menschenrechtskommission vom
31. August 1995 in Sachen H.W.K. gegen die Schweiz, Nr. 23399/94,
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2 ST.2009.302 2 DB.2009.179
www.echr.coe.int, sowie VPB 59.126; Kölz/Bosshart/Röhl, Kommentar zum Verwal-
tungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, 2. A., 1999, § 19 N 86).
2. a) Nach Art. 30 Abs. 1 der Bundesverfassung vom 18. April 1999 (BV) hat
jede Person Anspruch darauf, dass ihre Sache von einem unbefangenen, unvoreinge-
nommenen und unparteiischen Richter beurteilt wird. Es soll garantiert werden, dass
keine sachfremden Umstände, welche ausserhalb des Prozesses liegen, in sachwidri-
ger Weise zugunsten oder zulasten einer Partei auf das gerichtliche Urteil einwirken.
Art. 30 Abs. 1 BV soll zu der für einen korrekten und fairen Prozess erforderlichen Of-
fenheit des Verfahrens im Einzelfall beitragen und damit ein gerechtes Urteil ermögli-
chen. Die Garantie des verfassungsmässigen Richters wird verletzt, wenn bei objekti-
ver Betrachtung Gegebenheiten vorliegen, die den Anschein der Befangenheit oder die
Gefahr der Voreingenommenheit zu begründen vermögen (BGE 134 I 238 E. 2.1
S. 240 mit Hinweisen; ferner BGE 135 I 14 E. 2 S. 15). Voreingenommenheit und Be-
fangenheit in diesem Sinne werden nach der Rechtsprechung angenommen, wenn im
Einzelfall Umstände vorliegen, die geeignet sind, Misstrauen in die Unparteilichkeit des
Richters zu erwecken. Bei dessen Beurteilung ist nicht auf das subjektive Empfinden
einer Partei abzustellen. Das Misstrauen in die Unvoreingenommenheit muss vielmehr
in objektiver Weise begründet erscheinen. Es genügt, wenn Umstände vorliegen, die
bei objektiver Betrachtung den Anschein der Befangenheit und Voreingenommenheit
erwecken. Für die Ablehnung wird nicht verlangt, dass der Richter tatsächlich befangen
ist (zum Ganzen BGr, 28. August 2009, 2D_20/2009, E. 2.1, www.bger.ch, mit Hinwei-
sen).
Gemäss § 119 StG (bzw. Art. 109 DBG) ist zudem verpflichtet, in den Aus-
stand zu treten, wer beim Vollzug des Steuergesetzes in einer Sache zu entscheiden
oder an einer Verfügung oder Entscheidung in massgeblicher Stellung mitzuwirken hat,
wenn er ein persönliches Interesse hat (lit. a); bei Konstellationen der Verwandtschaft
bzw. Schwägerschaft (vgl. lit. b); wer Vertreter einer Partei ist oder für eine Partei in der
gleichen Sache tätig war (lit. c) oder aus anderen Gründen in der Sache befangen sein
könnte (lit. d).
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2 ST.2009.302 2 DB.2009.179
b) Der Pflichtige bringt vor, die Steuerrekurskommission sei "mehrfach akten-
kundig mit Falschbeurkundungen, Amtsmissbrauch, Unterschlagungen, formelle
Rechtsverweigerung, Irreführung der Rechtspflege sowie Begünstigung von Juristen-
Berufskollegen und Ämter (Korruption) in die vorliegende Justiz-Korruption aktiv invol-
viert. [Sie sei] selber aktiv rechtsmissbräuchlich involviert und daher befangen"
– Die Ausstandspflicht trifft immer nur Einzelpersonen, nie ganze Behörden, weshalb
diese Rüge von Vornherein ins Leere stösst (vgl. Richner/Frei/Kaufmann/Meuter,
Kommentar zum harmonisierten Steuergesetz, 2. A., Zürich 2006, § 119 N 7).
In Bezug auf die vom Pflichtigen namentlich genannten (zahlreichen) Perso-
nen, die befangen sein sollen, ist nicht ansatzweise erkennbar, worin die angebliche
Befangenheit im oben beschriebenen (rechtlichen) Sinn liegen sollte. Der Pflichtige
nennt auch keine konkreten Umstände, welche in Bezug auf die genannten Personen
im Einzelfall den Anschein von Befangenheit erwecken würde. Jedenfalls ist keine Be-
fangenheit gegeben, wenn ein Angehöriger einer Steuerbehörde schon in einer ande-
ren Sache zuungunsten einer Partei entschieden hat (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter,
§ 119 N 19). Wird der Ausstand einzig wegen der Mitwirkung der betreffenden Behör-
demitglieder an einem abgeschlossenen Verfahren mit gleicher Problematik vor der-
selben Behörde verlangt, fehlt es zudem bereits an einem gültigen Ausstandsbegehren
(RB 2001 Nr. 2). Auf diese Rüge ist somit nicht weiter einzugehen.
c) Nicht zu behandeln sind zudem die Ausführungen des Pflichtigen betreffend
angeblich strafrechtlich relevante Sachverhalte, betreffend das Bezirksgericht Meilen
und das Obergericht sowie betreffend bereits abgeschlossene Verfahren vor den Steu-
errekurskommissionen und weiteren Instanzen. Die pauschale und unsubstanziierte
Rüge der Verweigerung der Akteneinsicht und des rechtlichen Gehörs "durch das Be-
zirksgericht Meilen, durch die Steuerrekurskommission, durch das Obergericht (wie
auch durch weitere Gerichtsinstanzen)" ist ebenso wenig an die Hand zu nehmen (vgl.
zudem BGr, 12. Dezember 2008, 2C_681+682/2008, E. 2.3, www.bger.ch zum Replik-
recht bzw. zur Zulässigkeit der Zustellung von Aktenstücken "zur Kenntnisnahme").
d) Bei Einspracheentscheiden muss aus der Begründung ersichtlich sein, ge-
stützt auf welche tatsächlichen Feststellungen und aus welchen rechtlichen Erwägun-
gen die Behörde ihren Entscheid getroffen hat. Die Begründung muss aber nur die für
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2 ST.2009.302 2 DB.2009.179
den Verfahrensausgang wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Entscheidgründe
enthalten. Nicht notwendig ist, dass die Begründung eine Auseinandersetzung mit allen
Parteierörterungen enthält; es genügt, wenn sich aus den Erwägungen die Unerheb-
lichkeit oder Unrichtigkeit des Vorbringens mittelbar ergibt (indem z.B. gewisse geltend
gemachte Abzüge nicht zugelassen werden) und die Begründung sich auf die für den
Entscheid wesentlichen Gesichtspunkte beschränkt (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter,
§ 142 N 10 und dies., Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009, Art. 135 N 9, jeweils mit
Hinweisen).
Diese Voraussetzungen sind bei den angefochtenen Entscheiden erfüllt; beide
Entscheide sind mit einer nachvollziehbaren Begründung versehen. Naturgemäss ist
die Begründung des Einspracheentscheids betreffend die Staats- und Gemeindesteu-
ern eher kurz ausgefallen, da lediglich die Frage der Fristwahrung zu behandeln war.
Dem Pflichtigen war es offensichtlich möglich, die Tragweite der betreffenden Ent-
scheide zu erkennen und sie entsprechend anzufechten (vgl. BGr, 12. Dezember 2008,
2C_681+682/2008, E. 2.5, www.bger.ch). Die – ohnehin nur pauschal vorgebrachte –
Rüge der mangelhaften Begründung erweist sich als nicht stichhaltig.
3. Es ist zu prüfen, ob das kantonale Steueramt zu Recht nicht auf die Ein-
sprache betreffend Staats- und Gemeindesteuern eingetreten ist.
a) Gegen den Einschätzungsentscheid können laut § 140 Abs. 1 StG der Steu-
erpflichtige und die Gemeinde innert 30 Tagen nach Zustellung beim kantonalen Steu-
eramt schriftlich Einsprache erheben. Die Einsprachefrist beginnt am Tag nach der Zu-
stellung des Entscheids zu laufen (§ 12 Abs. 1 der Verordnung zum Steuergesetz vom
1. April 1998, VO StG) und ist – wie die Rekurs- und Beschwerdefrist – eine Verwir-
kungsfrist (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 140 N 48 mit Hinweisen, auch zum Folgen-
den). Eine nach Ablauf der Einsprachefrist erhobene Einsprache ist unwirksam und
vermag keine materielle Überprüfung der angefochtenen Einschätzung herbeizuführen,
selbst dann, wenn diese formell oder materiell fehlerhaft sein sollte. Auf eine verspätete
Einsprache darf die Einsprachebehörde – Fristwiederherstellung vorbehalten – deshalb
nicht eintreten.
b) Der Einschätzungsentscheid datiert vom 5. Mai 2009 und wurde den Pflichti-
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2 ST.2009.302 2 DB.2009.179
gen anerkanntermassen am 13. Mai 2009 zugestellt. Die 30-tägige Einsprachefrist be-
gann demnach am 14. Mai 2009 zu laufen und endigte am Freitag, 12. Juni 2009. Es
ist unerfindlich, weshalb die Frist – so der Pflichtige – erst am Sonntag, 14. Juni abge-
laufen sein soll. Jedenfalls ist ab dem 14. Mai 2009 jeder Tag einzeln zu zählen und
der 30. Tag ist Freitag, der 12. Juni 2009. Die Einsprache trägt zwar das Datum vom
12. Juni 2009, wurde jedoch erst am 15. Juni 2009 um 14.53 Uhr mit eingeschriebener
Sendung abgeschickt und erweist sich damit eindeutig als verspätet. Fristwiederher-
stellungsgründe sind keine geltend gemacht worden; auch aus den Akten sind keinerlei
Gründe ersichtlich, welche den Pflichtigen schuldlos davon abgehalten hätten, fristge-
recht Einsprache zu erheben. Mithin ist das kantonale Steueramt zu Recht auf die Ein-
sprache gegen die Einschätzung der Staats- und Gemeindesteuern 2006 nicht einge-
treten. Der dagegen erhobene Rekurs ist folglich abzuweisen, soweit darauf
einzutreten ist. Somit ist im Folgenden nur die rechtzeitig erhobene Beschwerde zu
behandeln.
4. a) Zur Ermittlung des Reineinkommens werden von den gesamten steuer-
baren Einkünften die zu ihrer Erzielung notwendigen Aufwendungen und die allgemei-
nen Abzüge abgezogen (Art. 25 DBG). Bei den mit der Einkommenserzielung zusam-
menhängenden Aufwendungen handelt es sich um die sogenannten Gewinnungs-
kosten (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 25 N 4). Gewinnungskosten setzen in aller
Regel damit zusammenhängende steuerbare Einkünfte voraus. Auch wenn die Gewin-
nungskosten vom gesamten Einkommen absetzbar sind, ist der Gewinnungskosten-
charakter stets für einen bestimmten Einkommensbestandteil (ein damit zusammen-
hängendes Einkommen) zu beantworten; zwischen Aufwendung und einer bestimmten
Einkunft muss ein (qualifiziert enger) Konnex bestehen (dies., Art. 25 N 7 f., auch zum
Folgenden). Zudem ist zu beachten, dass Gewinnungskosten nur dann abzugsfähig
sind, wenn ihnen in derselben Steuerperiode ein damit zusammenhängendes Ein-
kommen der steuerpflichtigen Person gegenübersteht (zeitlicher Zusammenhang).
b) Gemäss Art. 26 Abs. 1 DBG können Unselbständigerwerbende als Berufs-
kosten insbesondere die notwendigen Auslagen für den Arbeitsweg (lit. a), die notwen-
digen Mehrkosten auswärtiger Verpflegung (lit. b), die übrigen für die Ausübung des
Berufs erforderlichen Aufwendungen (lit. c) sowie die mit dem Beruf zusammenhän-
genden Weiterbildungs- und Umschulungskosten (lit. d) vom Reineinkommen abzie-
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hen. Laut Art. 26 Abs. 2 DBG legt die Finanzdirektion für die Berufskosten gemäss lit. a
- c Pauschalansätze fest; im Fall von lit. a und c steht dem Steuerpflichtigen der Nach-
weis höherer Kosten offen.
Unter dem Titel Berufskosten können nur die "notwendigen" Aufwendungen
einkommensmindernd berücksichtigt werden. Notwendig bzw. abzugsfähig sind dieje-
nigen Aufwendungen, die ihren Grund in der beruflichen Tätigkeit haben bzw. die durch
die Einkommenserzielung verursacht werden, sei es, dass sie zum Zweck der Ein-
kommenserzielung aufgewendet werden oder Folge der einkommenserzielenden Tä-
tigkeit bilden (Markus Reich, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, I/1,
2.A., 2002, Art. 9 N 8 f. StHG). Als (berufsnotwendige) Gewinnungskosten gelten indes
nicht sämtliche Aufwendungen, die irgendeinen Zusammenhang zur ausgeübten Tätig-
keit aufweisen bzw. im weiteren Sinn ihren Grund im Arbeitsverhältnis haben. Nach der
Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts erscheinen als berufsnotwendig vielmehr nur
solche Kosten, welche in einem qualifiziert engen, d.h. rechtlich erheblichen (wesentli-
chen) Zusammenhang zur ausgeübten Tätigkeit stehen. Erforderlich ist mit anderen
Worten ein wesentlicher Zusammenhang zwischen Art, Grund und Zweck der Ausgabe
einerseits und der Natur der beruflichen Tätigkeit andererseits, während Aufwendun-
gen, die vorwiegend mit der allgemeinen Lebenshaltung zusammenhängen, sogenann-
te Lebenshaltungskosten, vom Abzug ausgeschlossen sind (RB 1990 Nr. 32 =
StE 1991 B 22.3 Nr. 38; RB 1991 Nr. 21 [Leitsatz]; StE 2000 B 22.3 Nr. 71). Berufskos-
ten sind zudem nur abzugsfähig, wenn ihnen in derselben Steuerperiode ein entspre-
chendes unselbständiges Erwerbseinkommen der steuerpflichtigen Person oder zu-
mindest Erwerbsersatzeinkommen gegenübersteht (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter,
Art. 26 N 11).
5. Der Pflichtige beantragt, Mietkosten für einen Archivraum abziehen zu dür-
fen. Gemäss seinen Ausführungen werden in diesem Raum Berufsunterlagen aus frü-
herer selbstständiger Erwerbstätigkeit gelagert, die er aufgrund gesetzlicher Verpflich-
tung während zehn Jahren aufzubewahren habe.
Die vom Pflichtigen errechneten Mietkosten für den Archivraum von Fr. 552.-
können nicht anerkannt werden. Es handelt sich dabei nämlich um Aufwendungen, die
in keinem Zusammenhang stehen zur in der Steuerperiode 2006 ausgeübten Haupt-
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oder Nebenerwerbstätigkeit als Berufsschullehrer. Da es bereits an diesem Konnex
fehlt, ist diesbezüglich ein Abzug ausgeschlossen und der Entscheid des Steueramts
insoweit nicht zu beanstanden.
6. Weiter möchte der Pflichtige Fr. 450.- für "Berufskleider" abziehen. Wie
schon im Einschätzungs- und Einspracheverfahren hat der Pflichtige weder dargelegt
noch nachgewiesen, inwiefern ihm Auslagen für Berufskleidung entstanden sein sollen.
Gründe dafür sind weder aufgrund der beruflichen Tätigkeit (Berufsschullehrer) noch
aus den Akten ersichtlich. Der Pflichtige führt lediglich aus, es sei unzutreffend, dass
Kleider, die auch im Alltag getragen werden könnten, nicht als Berufskleider gelten
würden. Dies ist unzutreffend: Berufskleider sind ausschliesslich zu Berufszwecken
dienende Kleider, wie Berufsmäntel, Berufsschürzen etc. Einzig die dafür getätigten
Aufwendungen der steuerpflichtigen Person sind abzugsfähig. Die besonders gepflegte
und kostspielige Kleidung dagegen, welche die steuerpflichtige Person u.a. in Rück-
sicht auf ihre berufliche Stellung anschafft, und die auch im privaten Bereich verwend-
bar ist, fällt demgegenüber nicht unter diesen Begriff. Die steuerpflichtige Person kann
dafür keinen Abzug geltend machen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 26 N 37, mit
Hinweisen).
Die Beschwerde ist auch in diesem Punkt abzuweisen.
7.a) Schliesslich hält der Pflichtige "Kosten und Aufwendungen zur Abwehr
der vorliegenden Verwaltungs-Korruption" für abzugsfähig. Gemäss einer Auflistung
des "Aufwandes betr. AHV-, Verwaltungs-, Juristen- + Justiz-Skandal" verfasste der
Pflichtige im Jahr 2006 77 Briefe an Behörden im Umfang von 295.5 Seiten, wofür (Ak-
tenstudium, Briefe, Strafanzeigen etc.) er 125.25 Stunden aufgewendet haben will, was
bei einem Stundenansatz von Fr. 160.- zu einem Betrag von Fr. 20'040.- führt. Der
Pflichtige zählt sodann Portokosten und weitere Auslagen hinzu und macht einen Ge-
samtbetrag von Fr. 20'602.50 geltend.
b) Nach dem allgemeinen Grundsatz, dass der Steuerpflichtige steuermin-
dernde Umstände darzutun und nachzuweisen hat (RB 1975 Nr. 64, auch zum Folgen-
den), obliegen ihm Behauptung und Beweis der Tatsachen, die einen Abzug von den
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Einkünften begründen. Die dem Steuerpflichtigen obliegende Beweisleistung setzt in
erster Linie und in jedem Fall eine spätestens vor Rekurskommission zu erbringende
substantiierte Sachdarstellung voraus, wobei die fehlende Substantiierung nicht in ei-
nem Beweisverfahren nachgeholt werden kann (RB 1980 Nr. 69). Substantiiert ist eine
Sachdarstellung dann, wenn aus ihr im Einzelnen Art, Motiv und Rechtsgrund der gel-
tend gemachten Aufwendungen in der Weise hervorgehen, dass bereits gestützt dar-
auf – aber unter Vorbehalt der Beweiserhebung – die rechtliche Beurteilung der Ab-
zugsfähigkeit solcher Aufwendungen möglich ist. Fehlt es an einer in diesem Sinn
genügenden Substantiierung, hat die Rekurskommission von sich aus keine Untersu-
chung zu führen, um sich die erforderlichen Grundlagen zu beschaffen (RB 1975
Nr. 64), und hat eine Beweisabnahme zu unterbleiben mit der Wirkung, dass es bei der
Nichtanerkennung des geltend gemachten Abzugs sein Bewenden haben muss
(RB 1987 Nr. 35, auch zum Folgenden). Für die von ihm verfochtene, hinreichend sub-
stanziierte Sachdarstellung hat der Steuerpflichtige sodann von sich aus beweiskräftige
Unterlagen einzureichen oder die Beweismittel wenigstens unter genauer Bezeichnung
anzubieten (vgl. RB 1975 Nr. 55).
c) Vorliegend fehlt es bereits an einer substantiierten Sachdarstellung. Die
Aufstellung der Kosten enthält Positionen wie "Brief von GL KR, Aktenstudium: 120.00
Fr.", "24 Infobriefe an Prof. Dr. iur.: 1'080.00 Fr.", "6 Brief an Verwaltungsgericht
1'160.00 Fr." oder "Strafanzeige, Staatsanwaltschaft: 3'000.00 Fr.". Aus dieser Auflis-
tung ist nicht im Entferntesten erkennbar, inwiefern es sich um abzugsfähige Kosten
handeln soll. Die Zulässigkeit eines Abzugs ergibt sich aus den gesetzlichen Bestim-
mungen zur Ermittlung des Reineinkommens (Art. 25 ff. DBG). Andere Abzüge sind für
die Festlegung des Reineinkommens (Nettoeinkommen) nicht zulässig (Art. 9 Abs. 4
des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und
Gemeinden vom 14. Dezember 1990, StHG). Mit dem Hinweis, "unvermeidbare Ge-
bühren und Kosten (wie vorliegend in der Abwehr der amtlichen Schikanierereien und
der Attacken sowie der aktenkundigen Korruption) [seien] abzugsberechtigt", ist der
Pflichtige seiner Substantiierungspflicht in keiner Weise nachgekommen. Die Vorin-
stanz hat im Übrigen die Zulässigkeit des Abzugs von Kosten aus Rechtsstreitigkeiten
zutreffend dargelegt, weshalb diesbezüglich umfassend auf ihre Ausführungen verwie-
sen werden kann (§ 19 Abs. 2 der Verordnung über die Organisation und das Verfah-
ren der Steuerrekurskommissionen vom 29. April 1998). Auch in diesem Punkt dringt
die Beschwerde nicht durch.
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8. Somit unterliegt der Pflichtige mit seinen Anliegen vollumfänglich. Aus-
gangsgemäss sind ihm die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen und eine Parteient-
schädigung steht ihm nicht zu (§ 151 Abs. 1 StG und Art. 144 Abs. 1 DBG; § 152 StG
i.V.m. § 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni
1997, Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Verwal-
tungsverfahren vom 20. Dezember 1968). | Public | Tax | de | 2,010 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
b95ff15b-bfa2-40ba-88b4-bb14d0f6784a | hat sich ergeben:
A. Der 1941 geborene A (nachfolgend der Pflichtige bzw. zusammen mit sei-
ner Ehefrau, B, die Pflichtigen) war bei der SBB beschäftigt und liess sich per 1. April
1999 zu 40% vorzeitig teilpensionieren. Nach diesem Datum war er mit einem Arbeits-
pensum von 60% weiterhin erwerbstätig, bis er am 1. Dezember 2001 vollständig, aber
immer noch vorzeitig, pensioniert wurde.
Gemäss den Rentenausweisen der Pensionskasse SBB erhält der Pflichtige
zwei Renten, eine so genannte "Vorzeitige Alterspension" und eine "Pension zu Lasten
Arbeitgeber". Im Jahr 2007 beliefen sich diese Renten auf Fr. 23'987.40 und
Fr. 17'104.20 und wurde das Total von Fr. 41'091.60 um die Rückzahlung einer Über-
brückungsrente von Fr. 2'152.80 auf Fr. 38'938.80 gekürzt. In der Steuererklärung
2007 setzte der Pflichtige letzteren Betrag nur zu 80%, entsprechend Fr. 31'150.-, als
steuerbare Einkunft ein.
Mit Einschätzungsentscheid bzw. Hinweis vom 9. Januar 2009 für die Steuer-
periode 2007 besteuerte der Steuerkommissär die "Pension zu Lasten Arbeitgeber"
von Fr. 17'104.20 abweichend von der Deklaration zu 100% und berücksichtigte auch
die Rückzahlung der Überbrückungsrente von Fr. 2'152.80 zu 100%. Die "Vorzeitige
Alterspension" von Fr. 23'987.40 beliess er dagegen auf 80%. Dies ergab für die
Staats- und Gemeindesteuern ein steuerbares Einkommen von Fr. 68'800.- (satzbe-
stimmend Fr. 73'300.-) und für die direkte Bundessteuer ein solches von Fr. 75'500.-.
Die Veranlagung der direkten Bundessteuer wurde mit Steuerrechnung vom
30. Januar 2009 formell eröffnet.
B. Hiergegen erhoben die Pflichtigen am 19. Januar bzw. 7. Februar 2009
Einsprache mit dem Antrag, die ganze erhaltene Nettorentenleistung zu 80% zu be-
steuern. Zur Begründung brachten sie vor, bis zur Teilpensionierung habe er stets 50%
der gesamten Pensionskassenbeiträge aufgebracht und müssten für eine privilegierte
Besteuerung der Rente mindestens 20% der gesamten Beiträge von ihm stammen.
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Diese 20% würden gemäss Auskunft bzw. Bestätigung der Pensionskasse SBB
erreicht.
Das kantonale Steueramt wies die Einsprachen am 8. April 2009 ab. Es er-
wog, die einzelnen Rentenbestandteile seien separat zu betrachten. Die "Pension zu
Lasten Arbeitgeber" sei als Zusatzrente zu verstehen und vollständig vom Arbeitgeber
finanziert worden, sodass sie zu 100% zu besteuern sei.
C. Mit Rekurs bzw. Beschwerde vom 5./6. Mai 2009 liessen die Pflichtigen
den Einspracheantrag wiederholen. Zum Nachweis der Eigenfinanzierung der "Pension
zu Lasten Arbeitgeber" im Umfang von mindestens 20% legten sie eine modifizierte
Bestätigung der Pensionskasse SBB bei.
Das kantonale Steueramt schloss am 27. Mai 2009 auf Abweisung der
Rechtsmittel.
Mit Auflage vom 22. Juni 2009 verlangte der Einzelrichter die Pensionskas-
senreglemente und ergänzende Angaben der Pensionskasse SBB zur Eigenfinanzie-
rung der "Pension zu Lasten Arbeitgeber". Die Pflichtigen reichten am 8./9. Juli 2009
entsprechende Unterlagen ein. Das kantonale Steueramt liess sich hierzu am 27. Juli
2009 vernehmen. | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. Es ist nicht streitig und entspricht zudem den ausgestellten Rentenausweisen
2006 und 2007, dass der Pflichtige zwei Renten ausbezahlt erhält, einerseits die "Vor-
zeitige Alterspension" und andrerseits die "Pension zu Lasten Arbeitgeber". Streitig ist
allein, ob die dem Pflichtigen seit April 1999 von der Vorsorgeeinrichtung der
SBB ausbezahlte "Pension zu Lasten Arbeitgeber" vollumfänglich oder lediglich zu
80% zu besteuern sei. Demgegenüber sind sich die Parteien einig, dass die daneben
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ausgerichtete "Vorzeitige Alterspension" nur im reduzierten Umfang von 80% zu be-
steuern ist.
2. a) Gemäss Art. 22 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) und Art. 22
des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990 (DBG)
sind u.a. alle Einkünfte aus Einrichtungen der beruflichen Vorsorge als Einkommen
steuerbar (je Abs. 1). Zu den Einkünften aus der beruflichen Vorsorge gehören na-
mentlich Leistungen aus Vorsorgekassen, aus Spar- und Gruppenversicherungen so-
wie aus Freizügigkeitspolicen (Abs. 2). Im Sinn einer Ausnahme- bzw. Übergangsrege-
lung werden nach § 270 Abs. 1 StG und Art. 204 Abs. 1 lit. b DBG Renten aus
beruflicher Vorsorge, die vor dem 1. Januar 2002 zu laufen beginnen und auf einem
Vorsorgeverhältnis beruhen, das am 31. Dezember 1985 bereits bestanden hat, (bloss)
zu 80% besteuert, falls die Leistungen, auf denen der Anspruch des Steuerpflichtigen
beruht, teilweise, mindestens aber zu 20% aus eigenen Mitteln erworben worden sind.
Diese Bestimmung schafft den Ausgleich dafür, dass die Vorsorgenehmer ihre Beiträ-
ge an Vorsorgeeinrichtungen bis zum Steuerjahr 1986 nur in beschränktem Umfang
hatten abziehen können (vgl. Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum harmo-
nisierten Zürcher Steuergesetz, 2. A., 2006, § 270 N 4 sowie Richner/Frei/Kaufmann,
Handkommentar zum DBG, 2003, Art. 204 N 3).
Dass die streitige Rente in zeitlicher Hinsicht die Voraussetzungen erfüllt, wel-
che § 270 Abs. 1 StG und Art. 204 Abs. 1 DBG aufstellen, um eine privilegierte Be-
steuerung greifen zu lassen – Rentenbeginn vor dem 1. Januar 2002 sowie vor dem
31. Dezember 1985 bestandenes Vorsorgeverhältnis –, ist unbestritten. Auseinander
gehen die Meinungen der Parteien demgegenüber mit Bezug auf die Frage, ob die
weitere Bedingung der 20%igen Eigenfinanzierung der Rente erfüllt ist.
b) Die Privilegierung der Rentenbesteuerung im Sinn von § 270 Abs. 1 StG und
Art. 204 Abs. 1 DBG ist steuermindernder Natur, so dass das Vorliegen der entspre-
chenden Voraussetzungen vom Steuerpflichtigen darzutun und nachzuweisen ist
(RB 1975 Nr. 64). Dies trifft mithin grundsätzlich auch auf die Voraussetzung der
20%igen Eigenfinanzierung zu. In der Praxis gewähren jedoch die Steuerbehörden
sowohl im Bereich der Staatssteuern wie auch im Bereich der direkten Bundessteuer
insoweit eine Beweiserleichterung, als sie aus Gründen der Veranlagungsökonomie bei
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der Frage, ob die Rentenbesteuerung zu 80% oder 100% zu erfolgen habe, allein auf
die Verhältnisse von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträgen während der letzten fünf
Jahre vor Beginn des Rentenflusses abstellen; betragen die Beiträge des Arbeitneh-
mers während dieser Zeit mindestens 20%, sind die Renten ungeachtet ihrer tatsächli-
chen Finanzierung – und also auch ungeachtet einer entsprechenden Untersuchung
über den gesamten Rentenaufbau – nur zu 80% der Einkommenssteuer unterworfen
(vgl. Entscheid der Bundessteuer-Rekurskommission vom 10. September 1998 =
StE 2000 B.26.12 Nr. 4).
3. a) Die im Einspracheverfahren auf den Einschätzungsvorschlag des Steu-
erkommissärs hin eingereichte Bestätigung der Pensionskasse SBB vom 12. März
2009 hält zwar fest, dass der Pflichtige rund 60% der "vorzeitigen Pension" selber fi-
nanziert hat, jedoch wurde dabei nicht berücksichtigt, dass der Pflichtige zwei Renten
bezieht und die Frage der hinreichenden Eigenfinanzierung daher für jede Rente sepa-
rat zu beantworten ist. Denn bei der Formulierung "vorzeitige Pension" musste davon
ausgegangen werden, sie umfasse die insgesamt ausgerichteten Rentenzahlungen,
sodass damit nicht belegt war, ob die 20%ige Eigenfinanzierung auch bei der allein
interessierenden "Pension zu Lasten Arbeitgeber" erfüllt ist. Demnach hat die Vorin-
stanz damit den entsprechenden Nachweis zu Recht als nicht erbracht qualifiziert.
b) Mit dem Rekurs bzw. der Beschwerde legte der Pflichtige sodann eine wei-
tere Bestätigung der Pensionskasse SBB vom 29. April 2009 vor, welche zuerst erneut
nur die Finanzierung der beiden Renten zusammen anspricht und festhält, die Finan-
zierung durch den Pflichtigen liege deutlich über 20% "des für die vorzeitige Pensionie-
rung nötigen Deckungskapitals" (Abs. 3). Im folgenden Absatz wird dann zwar auf die
"Pension zu Lasten Arbeitgeber" eingegangen, jedoch lediglich erwähnt, ihre Bezeich-
nung bedeute nicht, dass sie vollständig vom Arbeitgeber finanziert worden sei. Viel-
mehr liege der Eigenfinanzierungsgrad durch den Pflichtigen, "wie oben erwähnt", auch
hier deutlich über 20% der "Pension". Diese erneute Bezugnahme auf die Finanzierung
der gesamten Rentenleistungen liess die Aussage der hinreichenden Eigenfinanzie-
rung bei der "Pension zu Lasten Arbeitgeber" wieder als fraglich bzw. unklar erschei-
nen, weshalb es einer Klarstellung bedurfte.
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Der Einzelrichter verlangte daher mit Auflage vom 22. Juni 2009 eine die strei-
tige "Pension zu Lasten Arbeitgeber" allein betreffende substanziierte Bestätigung der
Pensionskasse über den genauen Grad der Eigenfinanzierung durch den Pflichtigen.
c) aa) In der eingereichten Stellungnahme vom 6. Juli 2009 beziffert die Pen-
sionskasse SBB den Selbstfinanzierungsgrad der "Pension zu Lasten Arbeitgeber"
durch den Pflichtigen auf (aufgerundet) 22%, indem sie die entsprechende Berechnung
darlegt. Sie geht dabei von den vom Pflichtigen und der Arbeitgeberin bis Ende März
1999, d.h. dem Zeitpunkt der 40%-igen Teilpensionierung, insgesamt erbrachten pari-
tätischen Beiträge für die berufliche Vorsorge von je 50%, entsprechend je
Fr. 110'689.50, aus, und bezeichnet davon je 40%, d.h. je Fr. 44'276.- als vom Pflichti-
gen und der Arbeitgeberin für die "Pension zu Lasten Arbeitgeber" geleisteten Beiträ-
ge. Alsdann gibt sie das fehlende Deckungskapital bei dieser Rente mit Fr. 116'005.-
an und bestätigt, dass dieses Kapital von der Arbeitgeberin eingeschossen worden ist.
Zusammen mit den ordentlichen Beiträgen von Fr. 44'276.- kommt sie so auf ein von
der Arbeitgeberin für diese Rente geäufnetes Alterskapital von Fr. 160'281.- sowie auf
ein von beiden Parteien insgesamt aufgebrachtes solches Kapital von Fr. 204'557.- (=
Fr. 160'281.- + Fr. 44'276.- ordentliche Beiträge des Pflichtigen). Letztere Beiträge des
Pflichtigen machen 21,64% des Kapitals für die "Pension zu Lasten Arbeitgeber" und
damit mehr als 20% desselben aus.
Diese Berechnung ist nachvollziehbar und leuchtet ohne weiteres ein.
bb) Das kantonale Steueramt widerspricht dem in seiner Stellungnahme vom
27. Juli 2009, indem es ausführt, es sei nicht plausibel, dass der Pflichtige im Zeitraum
der Teilpensionierung vom April 1999 bis Dezember 2001 Versicherungsbeiträge von
Fr. 44'276.-, d.h. monatlich Fr. 1'383.60, einbezahlt habe. Indessen kann der Berech-
nung der Pensionskasse gar nicht entnommen werden, dass der Pflichtige den ge-
nannten Betrag im Zeitraum nach der Teilpensionierung geleistet hat, stellt dieser Be-
trag gemäss Berechnung doch Teil (von 40%) der bis zu diesem Zeitpunkt – und nicht
danach – vom Pflichtigen einbezahlten ordentlichen Beiträge von Fr. 110'689.80 dar.
Das kantonale Steueramt hält der Berechnung weiter entgegen, für eine
Überprüfung der Finanzierung der "Pension zu Lasten Arbeitgeber" hätte es einer Auf-
stellung der Beiträge sowohl für diese Rente als auch die Rente aus der "vorzeitigen
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Alterspension" bedurft. Damit bezweifelt das Amt erstmals – wenn auch nur indirekt –,
dass der Pflichtige auch letztere Rente zu mindestens 20% selber finanziert habe. Je-
doch ist es bisher von der Richtigkeit dieses Sachverhalts ausgegangen und hat die
entsprechende Rente nur zu 80% besteuert. Die Steuerrekurskommission hat keinen
Anlass, diesen bisher unbestrittenen Sachverhalt in Frage zu stellen, weil sie die Zwei-
fel des kantonalen Steueramts aufgrund der eingereichten Berechnung der Pensions-
kasse nicht teilt. Denn es ergeben sich daraus keine Anhaltspunkte für eine weniger
als 20%ige Beteiligung des Pflichtigen an der Finanzierung dieser Rente ("Vorzeitige
Alterspension") und vermag auch das kantonale Steueramt keine solchen Anhalts-
punkte zu nennen.
d) Im Übrigen liegt für die Finanzierung der "Pension zu Lasten Arbeitgeber"
durch den Arbeitgeber über das paritätische Mass hinaus eine genügende statutari-
sche Grundlage vor. So sehen Art. 43 Abs. 3 der im vorliegenden Verfahren einge-
reichten Statuten der Pensions- und Hilfskasse der Schweizerischen Bundesbahnen
vom 18. August 1994 und Art. 43 Abs. 3 des ab 1. Januar 1999 gültigen Reglements
der Pensionskasse SBB vor, dass die SBB der Pensionskasse u.a. in den Fällen un-
verschuldeter Auflösung des Dienstverhältnisses das fehlende Deckungskapital erset-
zen. Gemäss den unbestrittenen und von der Pensionskasse SBB bestätigten Anga-
ben wurde der Pflichtige auf Wunsch der Arbeitgeberin per 1. Januar 1999 vorzeitig
teilpensioniert.
e) Demnach sind die Voraussetzungen für eine 80%ige Besteuerung der strei-
tigen Rente von Fr. 17'104.20 vollumfänglich erfüllt, da das gesetzliche Minimum der
Eigenfinanzierung von 20% mit den bescheinigten 22% (aufgerundet) bzw. 21,64%
(genau) erreicht ist. Weil damit die gesamten Rentenleistungen nur zu 80% erfasst
werden, ist konsequenterweise auch die Rückzahlung der Überbrückungsrente von
Fr. 2'152.80 deklarationsgemäss nur in diesem Umfang zu berücksichtigen. Das satz-
bestimmende Einkommen bei den Staats- und Gemeindesteuern sowie das steuerbare
Einkommen bei der direkten Bundessteuer ist daher um Fr. 2'990.- (= 20% von
[Fr. 17'104.20 – Fr. 2'152.80 =] Fr. 14'951.40) auf die deklarierten (abgerundeten)
Fr. 70'300.- bzw. Fr. 72'500.- zu reduzieren. Das steuerbare Einkommen bei den
Staats- und Gemeindesteuern ist unter Anpassung der kantonalen Steuerausschei-
dung auf Fr. 65'800.- herabzusetzen.
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4. Diese Erwägungen führen zur Gutheissung der Rechtsmittel. Ausgangsge-
mäss sind die Verfahrenskosten dem Rekursgegner bzw. der Beschwerdegegnerin
aufzuerlegen (§ 151 Abs. 1 StG und Art. 144 Abs. 1 DBG).
Eine Parteientschädigung wurde nicht verlangt, sodass den Pflichtigen bezüg-
lich der Staats- und Gemeindesteuern auch keine solche zuzusprechen ist (§ 152 StG
i.V.m. § 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni
1997 und VGr, 1. März 2006, SB.2005.00077). Hinsichtlich der direkten Bundessteuer
hat die obsiegende Partei dagegen auch ohne entsprechendes Begehren, d.h. von
Amts wegen Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m.
Art. 64 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember
1968). Den Pflichtigen ist daher eine diesbezügliche Entschädigung zuzusprechen. | Public | Tax | de | 2,009 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
ba3e3d85-0ef4-4602-beb0-ab5b916a459e | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend der Pflichtige) wohnte zusammen mit seiner Partnerin B im
Jahr 2011 in einem gemeinsamen Haushalt. Während der Pflichtige ab April 2011 einer
unselbstständigen Erwerbstätigkeit als Risk Manager bei der C AG nachging, studierte
B. Im Einschätzungsentscheid für die Staats- und Gemeindesteuern und im Hinweis
direkte Bundessteuer für die Steuerperiode 2011 vom 6. Februar 2014 liess das kanto-
nale Steueramt Zürich unter anderem den vom Pflichtigen in der Steuererklärung 2011
geltend gemachten Unterstützungsabzug für seine Konkubinatspartnerin in Höhe von
Fr. 6'400.- (direkte Bundessteuer) bzw. Fr. 2'500.- (Staats- und Gemeindesteuern) und
die in diesem Zusammenhang geltend gemachten Versicherungsprämienabzüge in
Höhe von Fr. 700.- (direkte Bundessteuer) bzw. Fr. 1'200.- (Staats- und Gemeinde-
steuer) nicht zu.
B. Die gegen diese Entscheide erhobene Einsprache vom 3. März 2014 wies
das kantonale Steueramt mit Einspracheentscheiden vom 16. Mai 2014 ab.
C. Mit Beschwerde und Rekurs vom 14. Juni 2014 wiederholte der Pflichtige
seine Anträge betreffend die Unterstützungs- sowie Versicherungsbeitragsabzüge für
seine Konkubinatspartnerin.
Das kantonale Steueramt schloss am 7. Juli 2014 auf Abweisung der Be-
schwerde und des Rekurses. Die eidgenössische Steuerverwaltung liess sich nicht
vernehmen.
Auf die weiteren Parteivorbringen wird – soweit rechtserheblich – in den nach-
folgenden Erwägungen eingegangen.
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2 DB.2014.122 2 ST.2014.146 | Die Einzelrichterin zieht in Erwägung:
1. a) Gemäss Art. 213 Abs. 1 lit. b des Bundesgesetzes über die direkte Bun-
dessteuer vom 14. Dezember 1990 (DBG) und § 34 Abs. 1 lit. b des Steuergesetzes
vom 8. Juni 1997 (StG) kann der Steuerpflichtige für erwerbsunfähige oder beschränkt
erwerbsfähige Personen einen Unterstützungsabzug geltend machen. Eine Unterstüt-
zungsbedürftigkeit ist immer dann gegeben, wenn die unterstützte Person aus objekti-
ven Gründen, unabhängig von ihrem Willen, längerfristig nicht in der Lage ist, ganz
oder teilweise für ihren Lebensunterhalt aufzukommen und deshalb auf Hilfe von Dritt-
personen angewiesen ist (objektive Bedürftigkeit). Unterstützungsbedürftigkeit beru-
hend auf subjektiven Gründen ist jedoch restriktiv auszulegen. Verzichtet die unterstüt-
ze Person nämlich freiwillig und ohne zwingenden Grund auf die Erzielung eines
(genügenden) Einkommens, liegt keine Unterstützungsbedürftigkeit i. S. von Art. 213
Abs. 1 lit. b DBG bzw. § 34 Abs. 1 lit. b StG vor. Darunter fällt z.B. eine Person, die
freiwillig ein Zweitstudium unternimmt. Entscheidend ist immer, dass es der unterstütz-
ten Person aus bestimmten, nicht durch sie beeinflussbaren Gründen unmöglich ist,
einer Arbeitstätigkeit nachzugehen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar
zum DBG, 2. A., 2009, Art. 213 N 64 ff. und Kommentar zum Zürcher Steuergesetz,
3. A., 2013, § 34 N 56 ff. je mit weiteren Hinweisen). Zwar kann auch die Arbeitslosig-
keit eines ausgesteuerten Konkubinatspartners dazu führen, dass dieser als unterstüt-
zungsbedürftig anzusehen ist, jedoch gilt auch dies nur dann, wenn die Erwerbsunfä-
higkeit aus objektiven Gründen vorliegt (vgl. StE 1998 B 29.3 Nr. 14).
Es liegt jedoch keine (objektive) Erwerbsunfähigkeit oder Unterstützungsbe-
dürftigkeit vor, wenn eine grundsätzlich erwerbsfähige Person, welche mit dem Steuer-
pflichtigen zusammenlebt, für diesen den Haushalt führt (Steuergericht des Kantons
Basel-Landschaft, 2. Dezember 2011, BStPra 2/2012 S. 47, www.baselland.ch; Ver-
waltungsgericht des Kantons St. Gallen, 20. September 2011, www.gerichte.sg.ch;
Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 34 N 65 m.w.H; Bosshard/Bosshard/Lüdin, Sozialab-
züge und Steuertarife im schweizerischen Steuerrecht, 2000, S. 195).
b) Die Umstände, die den Unterstützungsabzug als berechtigt erscheinen las-
sen, sind steuermindernder Natur und daher vom Steuerpflichtigen darzutun und nach-
zuweisen (RB 1987 Nr. 35), wobei er den Nachweis spätestens mit der Beschwerde-
http://www.baselland.ch/
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bzw. Rekursschrift durch eine substanziierte Sachdarstellung anzutreten und überdies
die zum Beweis für seine Darstellung erforderlichen Beweismittel einzureichen oder
unter genauer Bezeichnung zumindest anzubieten hat (RB 1975 Nr. 55, 1986 Nr. 49).
Bei Fehlen einer hinreichenden Sachdarstellung oder Beweismittelofferte trifft das
Steuerrekursgericht keine weitere Untersuchungspflicht (RB 1975 Nr. 64, 1981 Nr. 90)
und hat eine Beweisabnahme zu unterbleiben mit der Wirkung, dass der Nachweis der
fraglichen Aufwendungen zu Ungunsten des hierfür beweisbelasteten Steuerpflichtigen
als gescheitert zu betrachten ist.
2. a) Der Pflichtige begründet die Erforderlichkeit des für seine Konkubinats-
partnerin beantragten Unterstützungsabzugs einzig damit, dass sie keine finanziellen
Mittel gehabt habe und daher habe er ihren Lebensunterhalt finanzieren müssen. Wie
viele Stunden pro Woche seine Freundin für das Studium aufwenden musste, erwähnt
er nirgendwo. Auch wurden zum behaupteten Studium weder Beweismittel angeboten
noch eingereicht. Insofern ist es dem Gericht auch nicht möglich, zu beurteilen, inwie-
fern B neben dem Studium tatsächlich objektiv erwerbsunfähig bzw. überhaupt unter-
stützungsbedürftig war. Indessen ist aus nachfolgenden Überlegungen eine Untersu-
chung diesbezüglich nicht erforderlich.
Der Beschwerde-/Rekurseingabe des Pflichtigen lässt sich entnehmen, seine
Partnerin habe täglich eine Stunde in den Haushalt investiert. Der vom Pflichtigen in
der Beschwerde- und Rekursschrift gewählte Ansatz, das Entgelt für die Haushaltsfüh-
rung festzulegen, erweist sich gemäss Rechtsprechung nicht als praktikabel (Verwal-
tungsgericht des Kantons St. Gallen, 20. September 2011, E. 4.3, www.gerichte.sg.ch).
Ein Unterstützungsabzug kommt nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung nicht in
Frage für Angehörige und Familienmitglieder, die im Haushalt des Steuerpflichtigen
arbeiten oder regelmässig zu Dienstleistungen herangezogen werden, soweit es sich
dabei nicht um ganz geringfügige Dienste handelt (BGE 81 I 72, auch zum Folgenden).
Familienangehörige, die unter solchen Bedingungen ihren Unterhalt in der Familien-
gemeinschaft finden, sind nicht unterstützungsbedürftig. Die Aufwendungen, die der
Steuerpflichtige für ihren Unterhalt macht, sind nicht Unterstützungen, sondern eine Art
Gegenleistung für die Arbeit, die sie im Interesse der Gemeinschaft verrichten. Darauf,
ob das Familienmitglied ausserhalb der Familiengemeinschaft seinen Unterhalt selbst
verdienen könnte oder sonst die Mittel fände, sich durchzubringen, kann es nicht an-
http://www.gerichte.sg.ch/
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2 DB.2014.122 2 ST.2014.146
kommen. Anders verhält es sich in Fällen, wo ein Familienmitglied dem Haushalt zur
Last fällt, also bei Arbeitsunfähigkeit, dauernder Krankheit oder ähnlicher dauernder
Behinderung am Dienst für die Familiengemeinschaft.
Bei einem Zeitaufwand von 7 Stunden wöchentlich für einen Zwei-Personen-
Haushalt kann sicherlich nicht von ganz geringfügigen Diensten die Rede sein. Es ist
im Gegenteil davon auszugehen, dass die Partnerin des Pflichtigen einen wesentlichen
Anteil der anfallenden Haushaltsarbeiten erledigt. Dass die – im Übrigen weder sub-
stanziierte noch hinreichend belegte – Unterstützung der Partnerin mehr kostet, als der
geschätzte Wert ihrer Haushaltsarbeit, kann nicht das massgebende Kriterium sein,
unterliegt doch die Bewertung von Leistung und Gegenleistung innerhalb der Rollen-
verteilung zwischen dem Pflichtigen und dessen Partnerin dem freien Willen der Par-
teien, selbst wenn die ausgetauschten Leistungen objektiv wirtschaftlich in einem
Missverhältnis zueinander stehen.
Gemäss den Angaben des Bundesamts für Statistik der Schweizerischen Eid-
genossenschaft betrug der zeitliche Aufwand für Haus- und Familienarbeit in einem
Zweipersonenhaushalt für das Jahr 2013 im Durchschnitt 22.6 Stunden/Woche für
Frauen und 15.4 Stunden für Männer http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/
themen/03/06/blank/key/haus-und-familienarbeit/Zeitaufwand.html). Ausgehend von
diesen Zahlen, die 2011 kaum merklich anders gewesen sein dürften, hätte die Freun-
din des Pflichtigen, selbst wenn Letzterer durchschnittlich viel im Haushalt erledigen
würde, immer noch etwa die Hälfte der von ihm geleisteten Haushaltsarbeit erbracht.
b) Dies berechtigt den Pflichtigen damit nicht, einem Unterstützungsabzug
gemäss Art. 213 Abs. 1 lit. b DBG und § 34 Abs. 1 lit. b StG steuermindernd geltend zu
machen.
3. a) Der Pflichtige beantragt zudem sinngemäss, ihm den Unterstützungsab-
zug nach Treu und Glauben zu gewähren, da ihm seitens des Steueramts D telefo-
nisch bestätigt worden sei, die Voraussetzungen für einen Steuerabzug seien erfüllt.
b) Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (Art. 9 BV) hat der Bürger un-
ter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf Schutz seines berechtigten Vertrauens
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in die Richtigkeit und Vollständigkeit behördlicher Auskünfte und Zusicherungen. Ge-
mäss der Rechtsprechung des Bundesgerichts (BGE 121 II 479, 118 Ia 254, 117 Ia
285, 115 Ia 12 E. 4a, je mit weiteren Hinweisen) ist eine unrichtige Auskunft bindend,
1. wenn die Behörde in einer konkreten Situation mit Bezug auf bestimmte Personen gehandelt hat;
2. wenn sie für die Erteilung der betreffenden Auskunft zuständig war oder wenn der Bürger die Behörde aus zureichenden Gründen als zuständig betrachten durfte;
3. wenn der Bürger die Unrichtigkeit der Auskunft nicht ohne erkennen konnte;
4. wenn die Auskunft vorbehaltlos erteilt wurde;
5. wenn er im Vertrauen auf die Richtigkeit der Auskunft getroffen hat, die nicht ohne Nachteil rückgängig gemacht werden können;
6. wenn die gesetzliche Ordnung seit der Auskunftserteilung keine Änderung erfahren hat.
Diese Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen, damit sie eine Vertrau-
ensgrundlage bilden, auf die sich der Bürger berufen kann (Häfelin/Müller, Allgemeines
Verwaltungsrecht, 5. A., 2006, N 668 ff.).
c) Der Pflichtige führt aus, dass er die Auskunft des Steueramts D im Okto-
ber 2012 eingeholt habe. Schon allein damit fehlt es an der oben aufgeführten Voraus-
setzung Ziff. 5, denn die Zahlungen an seine Konkubinatspartnerin hatte er bereits im
Jahr 2011 vorgenommen, also vorher. Da kein Kausalzusammenhang zwischen be-
haupteter Auskunft und Unterstützung besteht, kann nicht die Rede davon sein, dass
der Pflichtigen im Vertrauen auf die Richtigkeit der Auskunft Dispositionen getroffen
habe. Des Weiteren hat er auch nicht substanziiert dargelegt, welche Person des
Steueramts D ihm die Auskunft erteilt hat und welche Fragen genau von ihm gestellt
bzw. wie diese beantwortet worden sind.
Damit ist ihm auch aus dem Grundsatz von Treu und Glauben kein Unterstüt-
zungsabzug zu berücksichtigen.
4. Diese Erwägungen führen zur Abweisung von Beschwerde und Rekurs.
Ausgangsgemäss sind die Verfahrenskosten dem Pflichtigen aufzuerlegen (Art. 144
Abs. 1 DBG und § 151 Abs. 1 StG) und ist ihm keine Parteientschädigung zuzuspre-
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chen (Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 – 3 des Bundesgesetzes über das
Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember 1968). | Public | Tax | de | 2,014 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
ba501174-7745-4b4c-9394-bc914c1ace2a | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend der Pflichtige) war bis Ende Januar 2003 in leitender Positi-
on unselbstständig erwerbstätig. Anschliessend bezog er bis Mitte August 2003 Tag-
gelder der Arbeitslosenversicherung. Per 28. August 2003 trug er im Handelsregister
die Einzelfirma "C" mit Sitz in D ein. Damit erzielte er im Jahr 2004 einen Reingewinn
gemäss Abschluss 2004 bzw. gemäss Hilfsblatt A von Fr. 174'379.-.
Im Juni/Juli 2008 wurden die Geschäftsjahre 2004 und 2005 der Einzelfirma
einer steueramtlichen Buchprüfung unterzogen. Dabei stellte die Revisorin u.a. fest,
dass der Pflichtige im Jahr 2004 die Honorare vollumfänglich und 2005 teilweise von
der E vereinnahmt hatte. Für letztere Gesellschaft war der Pflichtige als Delegierter des
Verwaltungsrats tätig und hielt an ihr seit Juli 2003 eine Minderheitsbeteiligung. Am
5. Mai 2004 veräusserte er die Beteiligung. Die Revisorin vertrat die Auffassung, der
bei diesem Verkauf erzielte Gewinn stelle Einkommen aus der selbstständigen Er-
werbstätigkeit des Pflichtigen dar.
Mit Entscheid bzw. Hinweis vom 28. Oktober 2009 schätzte der Steuerkom-
missär den Pflichtigen und seine Ehefrau (nachfolgend zusammen die Pflichtigen) für
die Steuerperiode 2004 mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. .- (Staats- und
Gemeindesteuern) bzw. Fr. .- (direkte Bundessteuer) ein. Dabei erfasste er den Ge-
winn aus der Veräusserung der Beteiligung an der E als Einkunft aus der selbstständi-
gen Erwerbstätigkeit des Pflichtigen und bezifferte diesen Gewinn auf Fr. 3'027'958.-.
Das steuerbare Vermögen für die Staats- und Gemeindesteuern setzte er auf
Fr. 4'093'000.- fest.
Die Veranlagung der direkten Bundessteuer wurde mit Steuerrechnung vom
6. November 2009 formell eröffnet.
B. Hiergegen liessen die Pflichtigen am 26./27. November 2009 Einsprache
erheben und beantragen, von der Besteuerung des erwähnten Veräusserungsgewinns
abzusehen. Eventualiter sei der Gewinn um die darauf geschuldeten Sozialabgaben zu
verringern und müsse das steuerbare Vermögen um die durch die Gewinnbesteuerung
verursachten AHV- und Steuerschulden gekürzt werden. Zur Begründung liess er zur
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Hauptsache vortragen, er sei nicht selbstständig erwerbstätig gewesen, weil die ver-
einnahmten Honorare der E bloss das Entgelt für seine Tätigkeit als Delegierter deren
Verwaltungsrats darstellten und er bei dieser Tätigkeit kein unternehmerisches Risiko
getragen sowie stets weisungsgebunden gehandelt habe. Zudem habe er seine ge-
samte Arbeitszeit der E bzw. deren Tochtergesellschaft zur Verfügung stellen müssen
und sei hierfür mit einem monatlichen fixen Betrag von Fr. 20'000.- entschädigt wor-
den. Dergestalt habe er zwar formell, d.h. zivilrechtlich, als Selbstständigerwerbender
gearbeitet und abgerechnet, gelte aber steuerlich nicht als solcher. Die Aktien der E
bildeten auch nicht Geschäftsvermögen, habe er sie doch anlässlich der Gründung der
E im Juli 2003 erworben, als seine Einzelfirma noch nicht existierte, und sie später nie
ins Geschäftsvermögen überführt. Für seine Beratertätigkeit als Delegierter des Ver-
waltungsrats sei ihr Erwerb auch weder technisch noch wirtschaftlich erforderlich ge-
wesen.
Das kantonale Steueramt wies die Einsprachen am 21. Juni 2010 hinsichtlich
des steuerbaren Einkommens ab und hiess sie hinsichtlich des steuerbaren Vermö-
gens bei den Staats- und Gemeindesteuern teilweise gut, indem es dieses um ge-
schätzte Steuerschulden von Fr. 1,2 Mio. auf Fr. 2'893'000.- reduzierte. Es erwog, der
Pflichtige habe mit Gründung der Einzelfirma Ende August 2003 seinen Willen zum
Ausdruck gebracht, als selbstständigerwerbender Unternehmensberater tätig zu sein.
Zu diesem Zweck habe er namens der Einzelfirma Büroräumlichkeiten gemietet sowie
sich bei der AHV-Ausgleichskasse und bei der Mehrwertsteuerbehörde als Selbststän-
digerwerbender angemeldet. Erst angesichts der drohenden Besteuerung des streiti-
gen Kapitalgewinns wolle er sich im Nachhinein als Unselbstständigerwerbender be-
trachtet wissen. Auch habe die veräusserte Beteiligung Geschäftsvermögen gebildet,
weil sie dem Pflichtigen 2004 sämtliche Honorare der Einzelfirma eingetragen habe.
Die auf dem Geschäftsgewinn geschuldeten AHV-Beiträge könne er auch noch später
bei deren Bezahlung abziehen, sodass ein Abzug in der Steuerperiode 2004 entfalle.
C. Mit Rekurs bzw. Beschwerde vom 22./23. Juli 2010 liessen die Pflichtigen
am Hauptantrag der Einsprachen festhalten. Eventualiter sei bei Berechnung des Ver-
äusserungsgewinns zu berücksichtigen, dass eine Überführung der Aktien der E in
sein Geschäftsvermögen frühestens per 1. Januar 2004 erfolgt sei, zu welchem Zeit-
punkt der Wert der Aktien dem Verkaufspreis vom Mai 2004 entsprochen habe. Auch
seien die AHV-Beiträge vom Verkaufsgewinn abzuziehen.
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Das kantonale Steueramt schloss am 6. September 2010 auf Abweisung der
Rechtsmittel hinsichtlich des Hauptantrags und auf deren Gutheissung bezüglich der
AHV-Beiträge. Die Eidgenössische Steuerverwaltung liess sich nicht vernehmen.
Auf die Ausführungen der Parteien in diesen Rechtsschriften ist – soweit er-
forderlich – in den nachfolgenden Erwägungen einzugehen. | Die Rekurskommission zieht in Erwägung:
1. Nicht streitig ist, dass dem Pflichtigen im Zusammenhang mit der Abtretung
von 270 Aktien der E an die F am 5. Mai 2004 ein Erlös von Fr. 3'297'958.- zugeflos-
sen ist (Revisionsbericht S. 9). Dieser Erlös setzte sich aus einer Barabfindung von
Fr. 893'000.- und dem Wert von 60'885 Aktien der F von Fr. 2'404'958.- zusammen,
welche Titel dem Pflichtigen von letzterer Gesellschaft als Folge der Quasifusion mit
der E abgegeben wurden.
Der Steuerkommissär hat diesen Erlös um den Nominalwert der Aktien der E
von Fr. 270'000.- gekürzt und das Ergebnis von Fr. 3'027'958.- als Einkunft aus selbst-
ständiger Erwerbstätigkeit erfasst. Demgegenüber bestreitet der Pflichtige das Vorlie-
gen von steuerbarem Einkommen, indem er eine selbstständige Erwerbstätigkeit im
Rahmen seiner Einzelfirma und die Zugehörigkeit der veräusserten Aktien zu deren
Geschäftsvermögen in Abrede stellt.
2. a) Nach der Generalklausel von Art. 16 Abs. 1 des Bundesgesetzes über
die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990 (DBG) und § 16 Abs. 1 des Steuer-
gesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) unterliegen der Einkommenssteuer alle wiederkeh-
renden und einmaligen Einkünfte. Gemäss Art. 18 DBG und § 18 StG sind insbesonde-
re alle Einkünfte aus einem Handels-, Industrie-, Gewerbe-, Land- und Forst-
wirtschaftsbetrieb, aus einem freien Beruf sowie aus jeder anderen selbstständigen
Erwerbstätigkeit steuerbar (Abs. 1); zu den Einkünften aus selbstständiger Erwerbstä-
tigkeit zählen sodann auch alle Kapitalgewinne aus Veräusserung, Verwertung oder
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1 ST.2010.219 1 DB.2010.162
buchmässiger Aufwertung von Geschäftsvermögen (Abs. 2). Steuerfrei sind nach
Art. 16 Abs. 3 DBG und § 16 Abs. 3 StG – bei der Staats- und Gemeindesteuer vorbe-
hältlich der Grundstückgewinnsteuer – demgegenüber Kapitalgewinne aus der Veräus-
serung von Privatvermögen.
Es stellt sich mithin die Frage, was als selbstständige Erwerbstätigkeit zu gel-
ten hat bzw. welche Gewinnrealisationen als steuerfreie Kapitalgewinne einzustufen
sind.
b) aa) Der harmonisierungsrechtliche Begriff der selbstständigen Erwerbstätig-
keit entspricht grundsätzlich der bisherigen Zürcher Praxis (Richner/Frei/Kaufmann/
Meuter, Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 2. A., 2006, § 18 N 7
StG). Unter selbstständiger Erwerbstätigkeit wird demnach jede Tätigkeit verstanden,
bei der eine Person durch Einsatz von Arbeitsleistung und Kapital in einer frei gewähl-
ten Organisation auf eigenes Risiko anhaltend, planmässig und nach aussen sichtbar
mit der Absicht auf Gewinnerzielung am Wirtschaftverkehr teilnimmt (Blumen-
stein/Locher, System des Steuerrechts, 6. A., 2002, S. 176; Cagianut/Höhn, Unter-
nehmungssteuerrecht, 3. A., 1993, § 1 N 17 ff. und 34 ff.; Höhn/Waldburger, Steuer-
recht, Band I, 9. A., 2001, § 14 N 37 ff.; Markus Reich, in: Kommentar zum
Schweizerischen Steuerrecht, Band I/1, 2. A., 2002, Art. 8 N 13 StHG [zit.: Harmonisie-
rung]; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 18 N 8 StG und Handkommentar zum
DGB, 2. A., 2009, Art. 18 N 6 DBG; Markus Reich, Der Begriff der selbständigen Er-
werbstätigkeit im Bundesgesetz über die Direkte Bundessteuer, in: Blaise Knapp u.a.
(Hrsg.), Problèmes actuels de droit fiscal, Mélanges en l'honneur du Professeur Raoul
Oberson, 1995, S. 121; StE 1999 B 23.1 Nr. 41, auch zum Folgenden). Eine selbst-
ständige Erwerbstätigkeit kann haupt- oder nebenberuflich, dauernd oder temporär
ausgeübt werden. Ob eine solche Erwerbstätigkeit vorliegt, ist stets nach den gesam-
ten Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. Die einzelnen Merkmale des Begriffs dür-
fen nicht isoliert betrachtet werden und können auch in unterschiedlicher Intensität auf-
treten (Reich, Harmonisierung, Art. 8 N 13 ff. StHG). Auch wenn der Begriff im
Normalfall die genannten Elemente umfasst, bedeutet dies nicht, dass eine Tätigkeit,
bei der einzelne dieser Elemente fehlen, automatisch nicht mehr selbstständig er-
werbstätig wäre. Der Begriff der selbstständigen Erwerbstätigkeit nach Art. 18 DBG
und § 18 StG ist umfassender als jener der Unternehmung, des Geschäfts, Betriebs
oder Gewerbes, die eine organisierte Einheit von Arbeit und Kapital erfordern. Das
zeigt sich darin, dass Art. 18 Abs. 1 DBG und § 18 Abs. 1 StG nebst den Einkünften
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aus einem Betrieb (aus Handel, Industrie, Gewerbe, Land- oder Forstwirtschaft) und
aus freien Berufen auch alle Einkünfte "aus jeder anderen selbständigen Erwerbstätig-
keit" für steuerbar erklären.
bb) Wesentliche Unterscheidungskriterien der selbstständigen zur unselbst-
ständigen Erwerbstätigkeit sind die Eigenständigkeit in der Gestaltung der betrieblichen
Abläufe, das Fehlen von Weisungsbefugnissen Dritter und das Geschäfts- bzw. Ver-
lustrisiko (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 18 N 7 DBG und § 18 N 9 StG, auch
zum Folgenden). Der selbstständig Erwerbstätige handelt auf eigene Rechnung und
auf eigene Gefahr. Das Entgelt für seine Tätigkeit wird nicht im Rahmen eines Unter-
ordnungsverhältnisses ausgerichtet. Es kann aber nicht gesagt werden, dass ein Er-
werbseinkommen, welches nicht Entgelt für eine unselbstständige Tätigkeit darstellt,
grundsätzlich als solches aus selbstständiger Erwerbstätigkeit anzusehen sei. Als Indi-
zien für eine selbstständige Erwerbstätigkeit (in Abgrenzung zu einer unselbständigen
Erwerbstätigkeit) gelten:
- Vornahme erheblicher Investitionen;
- eigene Geschäftsräumlichkeiten;
- Beschäftigung von eigenem Personal;
- Unternehmerrisiko;
- Tragung voller Verantwortung nach aussen;
- je nach konkreter Auftragslage verschiedene und wechselnde Auftraggeber.
cc) Die Tätigkeit als Verwaltungsrat gilt - selbst wenn sie von einem Anwalt
ausgeübt wird - als unselbstständige Erwerbstätigkeit (BGE 121 I 259 = ASA 65, 421,
BGE 95 121 = Pra 58 Nr. 68 = ASA 39, 323; VGr, 19. Dezember 1996 = StE 1997 B
22.3 Nr. 60 = StR 1997, 542 = ZStP 1997, 204; RB 1979 Nr. 28 = ZBI 81, 85 = ZR 78
Nr. 101, RB 1960 Nr. 73). Rückstellungen für Verluste im Zusammenhang mit Verant-
wortlichkeitsklagen sind deshalb nicht möglich (VGr, 19. Dezember 1996 = StE 1997 B
22.3 Nr. 60 = StR 1997, 542 = ZStP 1997, 204; vgl. hierzu kritisch Walter Frei, Die
Verantwortung des Verwaltungsrates im Steuerrecht, ZStP 1998, 263). Einzig das Ein-
kommen aus Tantiemen wird bisweilen Art. 18 DBG bzw. § 18 StG zugeordnet.
Bei Beratungsverträgen stellt der Berater seine Kenntnisse auf einem Fach-
gebiet einem oder mehreren Unternehmen in einem selbstständigen Arbeitsverhältnis
auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Verfügung. Die gegenseitigen Möglichkeiten
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der sofortigen Vertragsauflösung weisen auf den selbstständigen Charakter eines sol-
chen Beratungsauftrags hin, ebenso die fehlende Eingliederung in die Administration,
das mangelnde spezielle Weisungsrecht der auftraggebenden Unternehmensleitung
und das Nichtvorhandensein der arbeitsorganisatorischen Abhängigkeit. Der Beizug
eigener Angestellter oder die durch Einsatz von Hilfsmitteln bedingten Investitionen
sind lediglich als zusätzliche Bestandteile des Unternehmerrisikos zu betrachten
(BGE 110 V 72 = Pra 74 Nr. 23).
c) Nach Art. 123 Abs. 1 DBG bzw. § 132 Abs. 1 StG haben die Steuerbehör-
den zusammen mit dem Steuerpflichtigen die für die vollständige und gerechte Be-
steuerung massgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse festzustellen.
Dabei gilt als allgemeine Regel der (objektiven) Beweislastverteilung, dass die Steuer-
behörde die steuerbegründenden Tatsachen nachzuweisen hat, der Steuerpflichtige
dagegen diejenigen Umstände, welche die Steuerschuld mindern oder aufheben
(RB 1990 Nr. 36 = StE 1990 B 92.51 Nr. 3).
Geht es um die Frage, ob der bei einer Veräusserung eines Gegenstands
bzw. Rechts erzielte Kapitalgewinn steuerfrei sei, ist hierfür grundsätzlich der Steuer-
pflichtige beweisbelastet. Denn nach der Generalklausel von Art. 16 Abs. 1 DBG bzw.
§ 16 Abs. 1 StG sind alle Einkünfte steuerbar und stellt die Steuerfreiheit von Kapital-
gewinnen auf beweglichem Privatvermögen gemäss Art. 16 Abs. 3 DBG bzw. § 16
Abs. 3 StG eine Ausnahme davon dar, welche die Steuerschuld mindert. Behauptet
jedoch die Steuerbehörde in diesem Zusammenhang, ein Kapitalgewinn sei nicht steu-
erfrei, weil der Steuerpflichtige eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausübe und der
Kapitalgewinn auf einem zu dessen Geschäftsvermögen gehörenden Aktivum erzielt
worden sei, so ist für das Vorliegen der selbstständigen Erwerbstätigkeit und die Zuge-
hörigkeit des fraglichen Aktivums zum Geschäftsvermögen die Steuerbehörde beweis-
belastet. Denn dem Steuerpflichtigen kann für die negative Tatsache, dass keine sol-
che Tätigkeit vorliegt und das Aktivum, mit dem der Kapitalgewinn erzielt worden ist,
nicht dem Geschäftsvermögen angehört, nicht der (Haupt-)Beweis auferlegt werden.
Indessen obliegt dem Steuerpflichtigen der Gegenbeweis dafür, dass er (ausschliess-
lich) unselbstständig bzw. überhaupt nicht erwerbstätig und das Aktivum somit dem
Privatvermögen zuzuordnen ist.
Von der (objektiven) Beweislastverteilung zu unterscheiden ist der Untersu-
chungs- und Mitwirkungsgrundsatz. Danach ist es die Pflicht (und das Recht) der
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Steuerbehörde, den für den Einschätzungsentscheid rechtserheblichen Sachverhalt
von Amts wegen abzuklären und ihm nur solche Tatsachen zugrunde zu legen, von
deren Vorhandensein sie sich selber überzeugt hat (RB 1987 Nr. 35, BGE 92 I 253 und
Martin Zweifel, Die Sachverhaltsermittlung im Steuerveranlagungsverfahren, 1989,
S. 11). Damit die Steuerbehörde ihrer Untersuchungspflicht nachkommen kann, ist der
Steuerpflichtige kraft der ihm obliegenden Verfahrenspflichten allerdings gehalten (und
berechtigt), an der Untersuchung mitzuwirken (BGr, 20. Dezember 1991 = StE 1993
B 93.3 Nr. 4).
3. a) Der Pflichtige war bis Ende Januar 2003 in leitender Stellung als Un-
selbstständigerwerbender tätig und bezog anschliessend bis Mitte August 2003 Tag-
gelder der Arbeitslosenversicherung. Im Juli 2003 erwarb er 270 Namenaktien der E.
Per 28. August 2003 liess der Pflichtige sodann die Einzelfirma "C" mit Sitz in
D im Handelsregister eintragen und als Zweck die Management- und Unternehmens-
beratung angeben. Mit dieser Eintragung trat er – unabhängig von sonstigen Bemü-
hungen für Kundenaquisition etc. – unzweifelhaft als Selbstständigerwerbender nach
aussen in Erscheinung. Konsequent meldete er sich bei der Sozialversicherungsanstalt
des Kantons D am 21. November 2003 durch Ausfüllen des entsprechenden Fragebo-
gens als Selbstständigerwerbender an und deklarierte in den Steuererklärungen 2003
und 2004 diesbezügliche Einkünfte von netto Fr. 71'824.- bzw. Fr. 174'379.-. Die Natur
der Einkünfte als solche aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit untermauerte er mit
einem nach kaufmännischen Grundsätzen erstellten Abschluss und dem ausgefüllten
Hilfsblatt A für Steuerpflichtige mit selbstständigem Erwerb. Damit übereinstimmend
rechnete er die Einkünfte gegenüber der Mehrwertsteuerbehörden ab (vgl. Fakturen
2003).
Bereits am 15. August 2003 hatte er sodann mit der G einen Mietvertrag für
ein Büro an der strasse 61 in D mit einer Monatsmiete von Fr. 800.- abgeschlossen,
und zwar auf die Einzelfirma "C". In der Buchhaltung figurieren sodann an dieser Ad-
resse auch Anschaffungen von diversen Einrichtungsgegenständen (Büromaschinen
und EDV-Geräte) mit einem Anschaffungswert von Fr. 5'766.30. Demnach deuten
auch diese Umstände auf das Vorliegen einer selbstständigen Erwerbstätigkeit hin.
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Gleiches gilt weiter für die Tatsache, dass der Pflichtige für die Einzelfirma ab
September 2004 seinen Sohn als Angestellten engagiert und ihn Arbeiten in den Be-
reichen Administration, Sekretariat, Buchhaltung und Informatik verrichten lassen hat.
Bei einem Pensum des Sohnes von 15 - 39 Stunden pro Monat fielen so in der Einzel-
firma Lohnkosten von Fr. 6'933.- (2004) und Fr. 19'018.- (2005) an (Revisionsbericht
S. 4).
Mithin sprechen sowohl der Aussenauftritt mit dem Eintrag der Einzelfirma im
Handelsregister, das Mieten eigener Büroräumlichkeiten sowie die Anschaffung von
eigenem Büromaterial und die Anstellung seines Sohnes im Administrativbereich der
Unternehmung für das Vorliegen einer selbstständigen Erwerbstätigkeit des Pflichtigen.
b) Nicht gegen eine selbstständige Erwerbstätigkeit verwenden lässt sich die
Situation bei den Kunden der Einzelfirma. Die Honorareinnahmen stammen zwar im
Jahr 2004 ausnahmslos von der E, nicht jedoch im Jahr davor (2003) und danach
(2005), in denen der Pflichtige noch Einkünfte von anderen Unternehmen erzielte. In
den Jahren 2006 und 2007 steuerte die E zudem überhaupt keine Einnahmen mehr
bei. In all diesen Jahren – ausser 2004 – generiete der Pflichtige so abwechslungswei-
se noch von sechs weiteren Unternehmen Honorare, nämlich: G (Hauptkunde 2007), I,
J, K, L (Hauptkunde 2006) und M (Fakturen pro 2003 und Revisionsbericht S. 6). Mit-
hin kann nicht gesagt werden, der Pflichtige habe stets nur einen Auftraggeber, die E,
gehabt und gelte daher als unselbstständigerwerbend.
c) Was die Arbeiten des Pflichtigen für die E anbelangt, verhält es sich aller-
dings wie folgt anders:
aa) Bei dieser Gesellschaft war der Pflichtige als Delegierter des Verwaltungs-
rats tätig. Laut entsprechender Vereinbarung vom 20. August 2003 mit dem Titel
"Übernahme von Führungsfunktionen bei E und I" hatte er in dieser Funktion die Auf-
gaben gemäss Organisationsreglement wahrzunehmen und "handel(te) dabei als
selbstständiger Wirtschafts- und Unternehmensberater im Rahmen des Auftragsrechts"
(Ziff. 1 Abs. 1). In einer ersten Phase hatte er sich auf das Kerngeschäft der I zu kon-
zentrieren und dort u.a. die Koordination und Weiterentwicklung der Geschäftsleitung
sowie die Verantwortung für die operativen Belange zu übernehmen (Ziff. 1 Abs. 2). Als
Entschädigung wurde ein festes Honorar von Fr. 20'000.- pro Monat zuzüglich Spesen
abgemacht (Ziff. 2 Abs. 1). Auf dieser Basis ergaben sich im Jahr 2004 die gesamten
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1 ST.2010.219 1 DB.2010.162
deklarierten Honorareinkünfte gemäss Abschluss 2004 der Einzelfirma von
Fr. 258'879.-.
Am 9. September 2003 stellte der Pflichtige mit dem Verwaltungsrat der E
eine Geschäftsordnung für die E und die I auf. In Ziff. 1 dieser Ordnung wurde be-
stimmt, dass der Pflichtige als Delegierter des Verwaltungsrats die Geschäfte gewinn-
orientiert zu leiten habe, im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen, den Statu-
ten sowie nach der Geschäftsordnung, den Beschlüssen der Generalversammlung und
den Weisungen des Verwaltungsrats. Für eine Reihe von namentlich aufgeführten Ge-
schäften wurde ausserdem die vorgängige Zustimmung des Verwaltungsrats stipuliert
(Ziff. 4). In Ziff. 6 verpflichtete sich der Pflichtige sodann, seine gesamte Arbeitskraft
der E und der I zur Verfügung zu stellen. Aufnahme und Fortsetzung von Nebentätig-
keiten sowie Organfunktionen in andern Gesellschaften bedürften ebenfalls der Zu-
stimmung des Verwaltungsrats.
bb) Die stets gleichbleibenden und darüber hinaus runden Beträge der Ar-
beitsentschädigung von monatlich Fr. 20'000.- sowie der Umstand, dass die Entschä-
digung dem Pflichtigen ganz offenkundig auch in den Ferien ausbezahlt worden ist,
deutet schon für sich allein auf das Vorliegen einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit
hin. Denn diese Art der Arbeitsabgeltung ist bei einer selbstständigen Erwerbstätigkeit
nicht üblich, sondern entspricht der Salarierung eines Angestellten. Erst recht nicht in
Einklang mit einer selbstständigen Erwerbstätigkeit bringen lassen sich sodann die
erwähnten Bestimmungen in Ziff. 1 und 4 der Geschäftsordnung der E und der I, wo-
nach die Geschäftsführung nach den Weisungen des Verwaltungsrats zu leiten ist und
in gewissen Fällen der vorgängigen Zustimmung desselben bedarf. Ein Selbstständig-
erwerbender kennt keine derartigen Weisungen seitens der Auftraggeber, sondern ist
frei, wie er die Auftragsabwicklung durchführen will. Auch ist es einem Selbstständig-
erwerbenden nicht verboten, andere Aufträge anzunehmen oder gleichzeitig weitere
Tätigkeiten auszuführen, wogegen der Pflichtige ein solches Verbot gemäss Ziff. 6 der
Geschäftsordnung zu respektieren hatte bzw. nur auf Zustimmung des Verwaltungsrats
hin anderweitig tätig sein durfte. Schliesslich ist nicht ersichtlich, dass der Pflichtige bei
seiner Tätigkeit als Delegierter des Verwaltungsrats ein irgendwie geartetes unterneh-
merisches Risiko zu tragen hatte und welcher Natur dieses war.
Demnach liegen hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, dass der Pflichtige
seine Tätigkeit als Delegierter des Verwaltungsrats der E als Unselbstständigerwer-
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1 ST.2010.219 1 DB.2010.162
bender verrichtet hat. Dieser Schluss steht auch in Übereinstimmung mit der gefestig-
ten Rechtsprechung des Bundesgerichts, wonach die Tätigkeit eines Verwaltungsrats
derjenigen eines unselbstständig Erwerbenden gleichkommt, muss doch Gleiches um-
so mehr für einen Delegierten des Verwaltungsrats gelten. Mithin qualifizieren sich die
vom Pflichtigen pro 2004 vereinnahmten Fr. 258'879.- als Einkünfte aus unselbststän-
diger Erwerbstätigkeit.
cc) Nichts daran zu ändern vermag der Umstand, dass seitens des Arbeitge-
bers auf diesen Einkünften keine Sozialversicherungsbeiträge abgerechnet wurden,
sondern der Pflichtige diese selber abgeliefert hat. Auch spielt keine Rolle, dass er die
Einkünfte als Honorarerträge seiner Einzelfirma deklarierte und darauf die Mehr-
wertsteuer entrichtete. Zwar ergibt sich daraus sein Wille, (auch) diese Einkünfte als
solche seiner selbstständigen Erwerbstätigkeit erscheinen zu lassen, jedoch stellen sie
bei objektiver Betrachtung keine solchen dar und können demnach auch steuerlich
nicht entsprechend behandelt werden.
Dass in der Vereinbarung vom 20. August 2003 festgehalten wurde, der
Pflichtige handle bei seiner Tätigkeit für die E "als selbstständiger Wirtschafts- und Un-
ternehmensberater im Rahmen des Auftragsrechts", widerspricht dem in der Ge-
schäftsordnung stipulierten Weisungs- und Zustimmungsrecht des Verwaltungsrats
diametral. Zu vermuten ist daher, diese Feststellung sei rein deklaratorisch zum Zweck
getroffen worden, dass die E den Pflichtigen nicht anstellen und auf dem ausgerichte-
ten Salär keine Sozialversicherungsbeiträge entrichten müsse sowie dass der Pflichti-
ge den Status als selbstständiger Unternehmensberater führen könne. Jedenfalls wird
die Tätigkeit des Pflichtigen durch diese Feststellung nicht zu einer solchen eines
Selbstständigerwerbenden.
d) Als Zwischenresultat ist damit festzuhalten, dass der Pflichtige wohl hin-
sichtlich seiner Tätigkeit für andere Unternehmen selbstständig Erwerbend gewesen
sein mag, nicht aber bezüglich seiner Arbeit als Delegierter des Verwaltungsrats der E.
Die im Rahmen dieser Beschäftigung vereinnahmten Gelder stellen vielmehr Einkünfte
aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit dar.
Trotz alledem ist grundsätzlich nicht ausgeschlossen, dass die dem Pflichtigen
gehörenden Aktien der E dem Geschäftsvermögen der Einzelfirma zuzuordnen sind
mit der Folge, dass der bei ihrer Veräusserung erzielte Gewinn als Einkunft der selbst-
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1 ST.2010.219 1 DB.2010.162
ständigen Erwerbstätigkeit der Einkommensbesteuerung unterliegt. Wie es sich dies-
bezüglich verhält, ist nachfolgend zu prüfen.
4. a) Bei Wertschriften bzw. Aktien handelt es sich um Alternativgüter, die so-
wohl dem Geschäft wie auch privaten Zwecken dienen können. Nach ständiger Recht-
sprechung ist die Zuteilung eines alternativen Wirtschaftguts nach objektiven Gesichts-
punkten unter Würdigung der Gesamtheit der Umstände und der tatsächlichen
Verhältnisse des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei kommt der Mittelherkunft für die An-
schaffung und der buchmässigen Behandlung des betreffenden Aktivums geringeres
Gewicht zu als seiner Zweckbestimmung im Betrieb, d.h. der technisch-wirtschaftlichen
Funktion (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 18 N 97 DBG und § 18 N 80 StG je mit
Hinweisen). Gemäss Bundesgericht gehören Aktien dann zum Geschäftsvermögen
des Steuerpflichtigen, wenn eine enge wirtschaftliche Beziehung zwischen der Beteili-
gung an der Aktiengesellschaft und dem Geschäft des Steuerpflichtigen besteht. Letz-
teres ist dann anzunehmen, wenn der Geschäftsinhaber eine massgebliche Beteiligung
an der Aktiengesellschaft besitzt, die dem gleichen Erwerbszweig angehört wie sein
eigenes Unternehmen und auch die Gesellschaft unter seiner persönlichen Führung
betrieben wird. Insbesondere massgebend ist auch, ob die Personenunternehmung als
Hauptbetrieb zu qualifizieren ist und die Kapitalgesellschaft somit von dieser wirtschaft-
lich abhängt. Führt hingegen die Kapitalgesellschaft den Hauptbetrieb, während der
Personenunternehmung lediglich eine untergeordnete Bedeutung zukommt, gelten die
Anteile der Kapitalgesellschaft als Privatvermögen (vgl. Fabian Amschwand, Ge-
schäftsvermögen oder Privatvermögen? Eine Übersicht, StR 2000, S. 487, mit Verwei-
sen auf BGr, 3. September 1999 = NStP 1999, 145 und BGr, 24. November 1978 =
ASA 49, 72).
Gemäss neuerem Urteil des Bundesgerichts vom 22. April 2005 ist das Vor-
liegen einer Mehrheitsbeteiligung für die Zuteilung zum Geschäftsvermögen nicht mehr
erforderlich, sondern kann auch eine Minderheitsbeteiligung zu diesem Vermögen zäh-
len (so auch VGr, 19. November 2008, SB.2007.00089, www.vgrzh.ch). Die für die
Annahme von Geschäftsvermögen erforderliche enge wirtschaftliche Beziehung zwi-
schen der Beteiligung an der Kapitalgesellschaft und dem Steuerpflichtigen ist zudem
schon ganz allgemein gegeben, wenn der Steuerpflichtige die Beteiligung konkret dazu
einsetzt, um das Geschäftsergebnis seines eigenen Unternehmens bzw. dessen Ge-
winnchancen zu verbessern (StE 2006 B 23.2 Nr. 31).
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1 ST.2010.219 1 DB.2010.162
b) Der Pflichtige hat die Minderheitsbeteiligung an der E nicht dazu einsetzen
können, das Geschäftsergebnis seiner Einzelfirma zu verbessern, da er die von der E
vereinnahmten Gelder als Delegierter des Verwaltungsrats erzielt hat und diese Gelder
daher nach dem Gesagten keine Einkünfte aus selbstständiger Erwerbstätigkeit bzw.
seiner Einzelfirma darstellen. Auch hat er den Erwerb der 270 Aktien der E im Juli 2003
zwingend mit privaten Geldern finanzieren müssen, hat die Einzelfirma in diesem Zeit-
punkt doch noch gar nicht existiert. Die Beteiligung bildete zudem auch nie ein Aktivum
der Bilanz der Einzelfirma.
Damit handelt es sich bei der Beteiligung an der E nicht um Geschäftsvermö-
gen, sodass der bei ihrer Veräusserung erzielte Gewinn auch insofern nicht der Ein-
kommenssteuer zu unterwerfen ist.
5. a) Damit ist das steuerbare Einkommen sowohl bei der direkten Bundes-
steuer als auch bei den Staats- und Gemeindesteuern um den aufgerechneten Ver-
äusserungsgewinn von Fr. .- zu reduzieren. Bei den Staats- und Gemeindesteuern ist
aber im Gegenzug das steuerbare Vermögen um den im Einspracheverfahren gewähr-
ten Abzug für die Schulden, die dem Pflichtigen bei Besteuerung des Veräusserungs-
gewinns anfielen, wieder auf die ursprünglich eingeschätzten Fr. 4'093'000.- zu erhö-
hen.
b) Diese Erwägungen führen zur Gutheissung der Beschwerde und zur teil-
weisen Gutheissung des Rekurses.
Ausgangsgemäss sind die Kosten des Beschwerdeverfahrens der Beschwer-
degegnerin aufzuerlegen (Art. 144 Abs. 1 DBG). Die Kosten des Rekursverfahrens
sind ebenfalls vollständig dem Rekursgegner aufzuerlegen, da dieser nur unwesentlich
obsiegt (vgl. § 151 Abs. 1 StG).
Bezüglich den Staats- und Gemeindesteuern ist den Pflichtigen keine Partei-
entschädigung zuzusprechen, weil sie keine beantragt haben (vgl. § 152 StG i.V.m.
§ 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997).
Hinsichtlich der direkten Bundessteuer haben sie jedoch auch ohne entsprechenden
Antrag Anspruch auf eine angemessene Parteientschädigung, sodass ihnen eine sol-
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1 ST.2010.219 1 DB.2010.162
che zusprechen ist (Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des Bundesgesetzes
über das Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember 1968). | Public | Tax | de | 2,010 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
bb04bf65-291c-468f-a1c5-0872e6b6cb34 | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend der Pflichtige) begründete am ... ... 2012 zugunsten der
Genossenschaft C D (im Folgenden C) ein Kaufsrecht am Grundstück (neu) Kat.Nr. ...
(Industriegebäude Vers.Nr. ... mit 8'450 m2 Gebäudegrundfläche und Umschwung).
Laut Ziffer II.1 der Vertragsbestimmungen war das Kaufsrecht bis zum ... ... 2013 aus-
zuüben. Für dieses Recht zahlte die Erwerberin ein Entgelt von Fr. 110'000.-, das im
Fall von dessen Ausübung nicht an den Kaufpreis angerechnet werden sollte
(Ziffer II.3), der auf Fr. 3'371'550.- (entsprechend Fr. 399.-/m2) festgesetzt wurde (Ziffer
III). In den "Weitere(n) Bestimmungen" (Ziffer IV) vereinbarten die Parteien in Ziffer 15
unter dem Titel "Ausnützungsübertragung von der Parzelle des Käufers auf die Rest-
parzelle des Verkäufers" Folgendes:
"Der Käufer beabsichtigt nach Ausübung des Kaufsrechtes, auf der Parzelle einen C E mit einer zusätzlichen Fläche für einen Drittnutzer zu erstellen ... Das Gesamtobjekt benötigt eine Grundfläche von rund 3'500 m2 bei einer Gebäudehöhe von maximal 6 m. Die aktuelle verfügt über eine Baumassenziffer von 6.00. Der Käufer erklärt sich bereit, die sich aus diesem Projekt ergebende von 30'000 m
3 , innert 30 Tagen nach Erhalt der Bau-
bewilligung, auf das Grundstück des Verkäufers zu übertragen. Kann das Grundstück vom Käufer nicht mit der vorgehend definierten ... überbaut werden (z.B. infolge Nichterhalten einer ) oder wird das Grundstück im Rahmen einer Gesamt- oder der Bau- und Zonenordnung einer anderen Nutzung zugeteilt, entfällt diese Regelung entschädigungslos.
Entsteht bei einer Teilrevision, Zonenordnung oder Richtplan eine Mischzone, so hat der Verkäufer den entstandenen Wohnanteil auf die Restparzelle Kat.Nr. ... zu übernehmen.
Der Verkäufer verpflichtet sich, allfällige grundbuchamtliche wie zum Beispiel Dienstbarkeiten oder Anmerkungen, welche von der Baubehörde B gefordert werden, einzutragen.
Dieses Recht der Ausnützungsübertragung ist seitens des vererblich und frei abtretbar.
Die Einräumung dieses Rechtes erfolgt unentgeltlich."
Nachdem die C das Kaufsrecht ausgeübt hatte, fand am ... ... 2013 die
Handänderung zum vereinbarten Preis statt.
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2 GR.2014.46
Aus Anlass dieser Handänderung auferlegte der Gemeinderat B dem Pflichti-
gen am 15. September 2014 eine Grundstückgewinnsteuer von Fr. 894'040.-.
B. Eine hiergegen erhobene Einsprache des Pflichtigen wies der Gemeinderat
B am 10. November 2014 ab.
C. Mit Rekurs vom 17. Dezember 2014 beantragte der Pflichtige dem Steuer-
rekursgericht sinngemäss, die seitens der Käuferin ihm unentgeltlich übertragene Aus-
nützungsreserve von 30'000 m 3 sei bei der Ermittlung des massgebenden Erlöses
nicht zu berücksichtigen und der steuerbare Gewinn entsprechend von Fr. 2'261'600.-
auf Fr. 1'644'249.- zu vermindern.
Die Rekursantwort des Gemeinderats B vom 5. Februar 2015 (Poststempel)
lautet auf Abweisung des Rekurses.
D. Mit Präsidialverfügung vom 17. März 2015 holte das Steuerrekursgericht
von der Rekursgegnerin verschiedene Unterlagen ein, die am 24. März 2015 eingin-
gen.
Auf die Erwägungen des Einspracheentscheids und die Parteivorbringen wird,
soweit wesentlich, in den nachfolgenden Urteilsgründen zurückgekommen. | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. Die Grundstückgewinnsteuer wird laut § 216 Abs. 1 des Steuergesetzes
vom 8. Juni 1997 (StG) erhoben von den Gewinnen, die sich bei Handänderungen an
Grundstücken oder Anteilen von solchen ergeben. Grundstückgewinn ist laut § 219
Abs. 1 StG der Betrag, um welchen der Erlös die Anlagekosten (Erwerbspreis und
Aufwendungen) übersteigt.
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2 GR.2014.46
2. Als Erwerbspreis gilt nach § 220 Abs. 1 StG der Kaufpreis mit Einschluss
aller weiteren Leistungen des Erwerbers. Um die Besteuerung des Grundstückgewinns
als "unverdienten" Wertzuwachs zu gewährleisten, verlangt der von Lehre und Recht-
sprechung entwickelte Grundsatz der vergleichbaren Verhältnisse, dass sich Erlös und
Anlagewert auf das umfänglich und inhaltlich gleiche Grundstück beziehen. Hat sich
dessen tatsächliche oder rechtliche Beschaffenheit während der massgebenden Besit-
zesdauer wesentlich geändert, so sind durch Zu- oder Abrechnungen am Erwerbspreis
vergleichbare Verhältnisse herzustellen (RB 1999 Nr. 156 = StE 2000 B 44.1 Nr. 7 =
ZStP 1999, 342; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum Zürcher Steuerge-
setz, 3. A., 2013, § 219 N 8 ff.).
3. a) Hinsichtlich der im Rekursverfahren allein noch streitigen Berücksichti-
gung der Ausnützungsübertragung erwog der Gemeinderat im Einspracheentscheid,
dass die C zwar ein Grundstück im Halte von 8'450 m2 gekauft habe, von diesem je-
doch eine Ausnützungsreserve von 30'000 m 3 auf das Grundstück des Pflichtigen
übertragen worden sei. Der Erlös von Fr. 3'481'550.- habe sich somit auf eine vermin-
dert nutzbare Parzelle bezogen. Beim Erwerb am ... ... 2009 habe der Pflichtige für
eine Fläche von 23'878 m2 einen Preis von Fr. 4'560'000.-, also Fr. 190.97/m2, bezahlt.
Dies ergebe für das veräusserte Grundstück einen Erwerbspreis von (8'450 m2 x
Fr. 190.97/m2 =) Fr. 1'613'700.-, wobei sich dieser auf die uneingeschränkte Ausnüt-
zung bezogen habe. Weil der Erlös wie gesagt die vermindert nutzbare Parzelle abgel-
te, seien durch einen entsprechenden Einschlag beim Erwerbspreis vergleichbare Ver-
hältnisse geschaffen werden. Erfahrungsgemäss mache die bauliche Nutzung rund 2/3
des Werts eines Grundstücks aus. Der Restwert des nicht mehr ausnützbaren Landes
sei daher (aufgerundet) auf Fr. 67.50/m2 zu veranschlagen. Die übertragene Ausnüt-
zungsreserve von 30'000 m 3 entspreche bei einer Baumassenziffer von 6 einer Fläche
von 5'000 m2. Zur Ermittlung des dem Grundsatz der vergleichbaren Verhältnisse ent-
sprechenden Erwerbspreises seien daher 3'450 m2 zum Preis für voll nutzbares Land
und 5'000 m2 zum Ansatz für nicht mehr ausnützbares Land anzurechnen. Daraus er-
gebe sich ein Erwerbspreis von (3'450 m2 x Fr. 190.97/m2 =) Fr. 658'846.- + (5'000 m2 x
Fr. 67.50/m2 =) Fr. 337'500.-, insgesamt also Fr. 996'346.-.
b) Zur Begründung seines Rekurses bringt der Pflichtige vor, dass die ihm
verbleibende Restparzelle Kat.Nr. ... (= alt Kat.Nr. ...) nach der Veräusserung von
8'450 m2 (Kat.Nr. ...) noch 15'428 m2 messe. Angesichts der Baumassenziffer von 6
- 5 -
2 GR.2014.46
wäre ein Gebäudevolumen von maximal 92'568 m 3 realisierbar. Zusammen mit der
Übertragung von 30'000 m 3 des "C-Grundstücks" führe dies zu einer Gesamtausnüt-
zung von 122'568 m 3 . Nach Abzug von 10'420 m
3 für das bestehende Gebäude
verblieben 112'148 m 3 . Wie sich aus der beigelegten Planskizze ergebe, könnte unter
Berücksichtigung der Baulinien, Gebäude- und Grenzabstände theoretisch eine Ge-
bäudefläche von 6'410 m2 realisiert werden. Multipliziert mit der maximalen Gebäude-
höhe von 13.5 m ergebe sich eine höchstzulässige Kubatur von 86'535 m 3 . Das restli-
che Volumen von 112'148 m 3 vermindert um die theoretisch verbaubare Masse von
86'535 m 3 ergebe eine nicht realisierbare Kubatur von 25'613 m
3 . Daraus folge, dass
die übertragene Masse von 30'000 m2 bis auf einen theoretischen Rest von 4'387 m 3
gar nicht realisiert werden könne. Weil sich die übertragene Kubatur somit baulich nicht
nutzen lasse, stelle sie auch keinen Mehrwert dar. Die Auffassung der Rekursgegnerin,
wonach die Ausnützung frei abgetreten werden könne, sei deswegen nicht schlüssig,
weil gar keine "Empfangsparzellen" vorhanden seien. Falls das Steuerrekursgericht
diese Auffassung nicht teile, sei die Rückabwicklung des Ausnützungstransfers vorzu-
nehmen.
c) Dem hält der Gemeinderat in seiner Rekursantwort entgegen, dass der
Pflichtige selbst einräume, einen Teil der zurückbehaltenen Ausnützung nutzen zu
können. Ebenso wenig treffe es zu, dass das empfangende Grundstück die gesamte
zurückbehaltene Ausnützung nicht verwenden könne. Eine Ausnützungsübertragung
sei zwar nur innerhalb der gesetzlichen Schranken zulässig; mit Bezug auf das veräus-
serte Grundstück Kat.Nr. ... sei ein solcher Nutzungstransfer aber möglich.
4. a) Im Zeitpunkt der Handänderung am ... ... 2013 lag das veräusserte
Grundstück Kat.Nr. ... gemäss Bau- und Zonenordnung der Gemeinde B vom ... ...
2003 (BZO) in der Industriezone C. Ziffer 7.1 Abs. 1 BZO bestimmt dort folgende
Grundmasse: Gebäudehöhe 13.5 m; Firsthöhe 4 m; Gebäudelänge bzw. Gesamtlänge
60 m; Baumassenziffer 6; Grundabstand 5 m. Zur gleichen Zone gehört das vom
Pflichtigen zurückbehaltene Grundstück Kat.Nr. ..., zu dessen Gunsten die Ausnüt-
zungsübertragung von 30'000 m 3 vorgenommen worden ist. Irgendwelche Einschrän-
kungen der baulichen Nutzung ausser den seitens des Pflichtigen erwähnten Baulinien
sind weder von den Parteien behauptet worden noch aus den Akten ersichtlich. Eben-
so wenig bestehen Sondernutzungspläne, wie z.B. ein Gestaltungsplan im Sinn von
§§ 83 ff. des Planungs- und Baugesetzes vom 7. September 1975 (PBG), welcher die
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2 GR.2014.46
bauliche Nutzung gegenüber der Bau- und Zonenordnung als Rahmennutzungsplan
erweitern würde.
b) aa) Die Erwerberin bot anscheinend deswegen Hand für die Ausnützungs-
übertragung, weil sie die betreffenden 30'000 m 3
für das von ihr beabsichtigte Vorha-
ben, nämlich den Abbruch des bestehenden Gebäudes und den Neubau eines Ver-
kaufsgeschäfts, nicht benötigte. Dieses Projekt wurde vom Gemeinderat am ... ...
2013 bewilligt; nachdem die Bewilligung unangefochten in Rechtskraft erwachsen war,
nahm die C die Bauarbeiten im ... 2014 in Angriff; die Bauvollendung ist für den ...
2015 vorgesehen. Der Pflichtige leitet aus diesem Umstand zu Unrecht ab, dass die
Ausnützungsreserve für die Erwerberin keinen Wert verkörpert habe. Vielmehr verhält
es sich so, dass die C aufgrund des von ihr angestrebten Projekts an der zonenge-
mäss realisierbaren Ausnützung gar nicht interessiert war. Für den Fall, dass sich die
C oder ein Rechtsnachfolger später zu einer Neuüberbauung von Kat.Nr. ... ent-
schliessen sollte, kommen der realisierbaren Baumasse sehr wohl erhebliche Bedeu-
tung und ein wirtschaftlicher Wert zu. Denn die zonenkonforme Ausnützung könnte
diesfalls nur in der Weise ausgeschöpft werden, dass die Ausnützungsübertragung –
soweit dannzumal möglich – wieder rückgängig gemacht würde. Aus diesem Grund ist
der Rekursgegnerin beizupflichten, dass mit Kat.Nr. ... eine geeignete "Empfangspar-
zelle" zur Verfügung steht. Ob es weitere solche gibt, kann unter diesen Umständen
offenbleiben.
bb) Sodann ist die Berechnung der Nutzungsmöglichkeiten auf dem zurück-
behaltenen Grundstück Kat.Nr. ... durch den Pflichtigen in verschiedener Hinsicht nicht
schlüssig. Wie gesagt geht er von der Regelbauweise aus, ohne ein zusätzliches Bau-
volumen gestützt auf Sonderbauvorschriften oder einen Gestaltungsplan in Betracht zu
ziehen. Mit Bezug auf die horizontale Ausdehnung von Baukörpern ist zumindest frag-
lich, ob ein doppelter Grundabstand als Gebäudeabstand respektiert werden muss
oder vielmehr ein Näherbaurecht in Betracht fällt. Weil der Baukörper ... gemäss Skiz-
ze des Pflichtigen offensichtlich keinen Sinn macht, stellt sich die Frage, ob aufgrund
der Grundstücksform nicht eine Ausnahmebewilligung für eine 60 m übersteigende
Gebäudelänge in Frage kommt. Mit Bezug auf die vertikale Ausdehnung berücksichtigt
der Pflichtige wohl die Gebäudehöhe von 13.5 m, lässt jedoch die Firsthöhe von 4 m
ausser Acht. Denn nach der Legaldefinition von § 258 Abs. 1 PBG sind bei der Bau-
massenziffer – im Unterschied zur Ausnützungsziffer – auch Dachgeschosse anre-
chenbar (vgl. Fritzsche/Bösch/Wipf, Zürcher Planungs- und Baurecht, Band 2: Bau-
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2 GR.2014.46
und Umweltrecht, 5. A., 2011, S. 762 f.). Insgesamt ist somit von einer – deutlich – hö-
heren Baumasse auszugehen, als sie der Pflichtige ermittelt hat.
c) Die Rekursgegnerin hat das mit der Ausnützungsübertragung belastete
Land mit Fr. 67.50/m2 bewertet, was rund einem Drittel des Baulandwerts entspricht.
Der Pflichtige hat dies in der Rekursschrift nicht ausdrücklich beanstandet. In seiner
Rechtsprechung zur formellen und materiellen Enteignung hat sich das Verwaltungsge-
richt wiederholt mit der Bewertung von sog. Vorgartenland auseinandergesetzt,
d.h. von Land, das aufgrund seiner Lage innerhalb eines Baulinien- oder Abstandsbe-
reichs nicht oder nur beschränkt überbaut werden kann (zuletzt VGr, 7. Februar 2013,
VR.2012.00003, E. 3.3, mit Verweisungen auf die Rechtsprechung). Auch wenn den
Umständen des Einzelfalls Beachtung zu schenken ist, so hat sich – im Sinn einer
Faustregel – für nicht überbaubares Land in einer Bauzone ein Einschlag auf einen
Drittel des Baulandwerts etabliert. Dies erscheint deswegen als sachgerecht, weil der
Nutzen von Bauland bestimmungsgemäss in der Überbauung liegt und bei dessen
Verlust im Wesentlichen nur noch die Funktion einer Arrondierungsfläche hat. Vorlie-
gend sind keine Umstände ersichtlich, die für eine andere Bewertung sprechen.
d) Wie sich aus § 216 Abs. 1 StG ergibt, wird der Steuertatbestand der
Grundstückgewinnsteuer mit der Handänderung erfüllt. Der Pflichtige macht nicht gel-
tend, dass der Kaufrechtsvertrag vom ... ... 2012 oder die Ausübung des Kaufrechts
und die dadurch bewirkte Handänderung ungültig seien. Dies gilt auch für die in
Ziffer 15 der Weiteren Vertragsbestimmungen vereinbarte Ausnützungsübertragung.
Eine "Rückabwicklung", d.h. eine nachträgliche Aufhebung dieses Transfers würde
somit an den Steuerfolgen nichts ändern. Anzumerken bleibt, dass ein Irrtum der Par-
teien über die Steuerfolgen keinen Grundlagenirrtum im Sinn von Art. 24 Abs. 1 Ziffer 4
OR darstellt (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 216 N 18).
Diese Erwägungen führen zur Abweisung des Rekurses.
5. Ausgangsgemäss sind die Kosten des Rekursverfahrens dem Pflichtigen
aufzuerlegen (§ 151 Abs. 1 StG).
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2 GR.2014.46 | Public | Tax | de | 2,015 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
bc0400e9-ab86-46c6-bed8-362c1124adec | hat sich ergeben:
A. Die Ehegatten A und B (nachfolgend der/die Pflichtige bzw. zusammen die
Pflichtigen) hatten bis und mit Steuerperiode 2007 ihren Wohnsitz in C. Dort bewohn-
ten sie zusammen mit ihren zwei erwachsenen Kindern ein in ihrem Eigentum stehen-
de Einfamilienhaus. Der 1949 geborene Pflichtige war bei der Bank D AG unselbst-
ständig erwerbstätig und liess sich auf Ende 2007 vorzeitig pensionieren. In der
Steuererklärung 2008 gab das Ehepaar an, per 22. Februar 2008 ins Ausland wegge-
zogen zu sein.
Im Veranlagungs-/Einschätzungsverfahren für die Steuerperiode 2008 unter-
suchte die Steuerkommissärin die näheren Umstände des Wegzugs der Pflichtigen
und die Ausrichtung von Kapitalleistungen aus der beruflichen Vorsorge des Pflichtigen
bei der Bank D AG. Zwei solche Leistungen im Gesamtbetrag von Fr. 1'661'500.- wa-
ren dem Pflichtigen am 5. März 2008 von der Vorsorgeeinrichtung der Bank ausbezahlt
worden, weil er sich vorzeitig hatte pensionieren lassen. Die Auszahlung wurde mit der
Quellensteuer erfasst.
In der Folge ging die Steuerkommissärin davon aus, die Pflichtigen hätten
ihren Wohnsitz in C in der Steuerperiode 2008 beibehalten und seien hier daher nach
wie vor unbeschränkt steuerpflichtig. Auf dieser Grundlage schätzte sie die Pflichtigen
am 7. April 2011 für die Steuerperiode 2008 sowohl für die direkte Bundessteuer als
auch die Staats- und Gemeindesteuern mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 0.-
ein und setzte das steuerbare Vermögen für letztere Steuer auf Fr. 1'865'000.- (satz-
bestimmend Fr. 2'296'000.-) fest. Zudem erfasste sie die aus der beruflichen Vorsorge
ausgerichteten Kapitalleistungen in der Steuerperiode 2008 separat vom übrigen Ein-
kommen mit einer Jahressteuer gemäss Art. 38 des Bundesgesetzes über die direkte
Bundessteuer vom 14. Dezember 1990 (DBG) bzw. § 37 des Steuergesetzes vom 8.
Juni 1997 (StG).
B. Hiergegen liessen die Pflichtigen am 9. Mai 2011 Einsprache erheben und
beantragen, sie in der Steuerperiode 2008 nur bezüglich der hiesigen Liegenschaften
zu besteuern und das steuerbare Vermögen demensprechend auf Fr. 811'000.- (satz-
bestimmend Fr. 2'296'000.-) festzusetzen. Das steuerbare Einkommen blieb unbestrit-
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1 DB.2011.247 1 ST.2011.327
ten. Zudem sei von der Erfassung der Kapitalleistungen mit der Einkommenssteuer
abzusehen. Dabei vertraten sie den Standpunkt, sie seien noch vor Auszahlung der
Kapitalleistungen nach E, dem Heimatland der Pflichtigen, weggezogen und müssten
diese daher hier nicht mehr mit einer Jahressteuer versteuern. Der Quellensteuerab-
zug auf der Auszahlung müsse genügen. Zudem seien sie hier mit Blick auf das übrige
Einkommen nur noch beschränkt, d.h. bezüglich der Liegenschaften, steuerpflichtig.
Das kantonale Steueramt wies die Einsprachen am 11. Oktober 2011 ab.
C. Mit Beschwerde bzw. Rekurs vom 10. November 2011 erneuerten die
Pflichtigen den Einspracheantrag.
Das kantonale Steueramt schloss am 28. November 2011 auf Abweisung der
Rechtsmittel. Die Eidgenössische Steuerverwaltung liess sich nicht vernehmen.
Am 16. Dezember 2011 liessen die Pflichtigen Unterlagen nachreichen. | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. a) Nach Art. 3 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der
direkten Steuern der Kantone und Gemeinden vom 14. Dezember 1990 (StHG) und
den damit übereinstimmenden Art. 3 Abs. 1 DBG bzw. § 3 Abs. 1 StG sind natürliche
Personen aufgrund persönlicher Zugehörigkeit steuerpflichtig, wenn sie ihren Wohnsitz
oder Aufenthalt in der Schweiz bzw. im Kanton haben. Die Steuerpflicht ist unbe-
schränkt, erstreckt sich jedoch nicht auf Geschäftsbetriebe, Betriebsstätten und
Grundstücke im Ausland bzw. ausserhalb des Kantons (Art. 6 Abs. DBG, § 5 Abs. 1
StG).
Der steuerrechtliche Wohnsitz einer nicht selbstständig erwerbenden Person
liegt nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung dort, wo sie sich mit der Absicht
dauernden Verbleibens aufhält bzw. wo sich der Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen
befindet (BGE 123 I 289 E. 2 S. 293 f. mit Hinweisen, auch zum Folgenden). Dies be-
urteilt sich nach der Gesamtheit der objektiven, äusseren Umstände, die diese Interes-
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1 DB.2011.247 1 ST.2011.327
sen erkennen lassen, und nicht nach den bloss erklärten Wünschen der steuerpflichti-
gen Person; die formellen Kriterien der Anmeldung und Abmeldung, Niederlassungs-
bewilligung, Hinterlegung der Schriften oder der Ausübung der politischen Rechte bil-
den nur dann Indizien für den steuerrechtlichen Wohnsitz, wenn auch das übrige
Verhalten der Person dafür spricht.
Die Absicht, am fraglichen Domizil zu verbleiben, muss in konkreten, nach
aussen sichtbaren Vorkehrungen erkennbar sein. Dabei lassen etwa der Kauf eines
Hauses, die Anschaffung von Möbeln für eine Mietwohnung, die Aufgabe der Bezie-
hungen zum bisherigen Wohnort usw. Rückschlüsse auf den entsprechenden inneren
Willen zu (RB 1984 Nr. 27 f. = StE 1984 B 11.1 Nr. 3).
Bei gleichzeitigen Beziehungen zu mehreren Orten ist zu prüfen, welche stär-
ker sind. Dabei fallen namentlich die persönlichen Verhältnisse, der Zweck des betref-
fenden Aufenthalts und die Wohnverhältnisse an den fraglichen Orten ins Gewicht.
Wohnort ist letztlich der Ort, zu dem gesamthaft die engsten Beziehungen gegeben
sind; die übrigen Orte sind Aufenthaltsorte, die unter Umständen eine sekundäre Steu-
erpflicht zu begründen vermögen (vgl. Reimann/Zuppinger/Schärrer, Kommentar zum
Zürcher Steuergesetz, 1. Band, 1961, § 3 N 7).
b) Nach § 132 Abs. 1 StG haben die Steuerbehörden mit dem Steuerpflichti-
gen die für die vollständige und gerechte Besteuerung massgeblichen tatsächlichen
und rechtlichen Verhältnisse festzustellen. Dabei haben die Steuerbehörden die steu-
erbegründenden oder -erhöhenden Tatsachen nachzuweisen, der Steuerpflichtige hin-
gegen jene Umstände, welche die Steuerschuld mindern oder aufheben (RB 1987
Nr. 35). Zu den vom Fiskus nachzuweisenden Tatsachen gehören namentlich diejeni-
gen, welche die Steuerpflicht als solche begründen. Mithin obliegt es ihm, den Wohn-
sitz einer Person darzutun und nachzuweisen. Dies gilt auch dann, wenn sich der
steuerrechtliche Wohnsitz – wie vorliegend – bis anhin im Kanton Zürich befand und
streitig ist, ob er aufgegeben worden ist bzw. sich an einen ausserkantonalen Ort ver-
lagert habe (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum harmonisierten Zürcher
Steuergesetz, 2. A., 2006, § 3 N 84 mit Hinweisen). Erscheint der von der Behörde
angenommene Wohnsitz als sehr wahrscheinlich, genügt dies aber in der Regel als
Hauptbeweis und ist es alsdann Sache dieser Person, den Gegenbeweis für den von
ihr behaupteten Lebensmittelpunkt in einer anderen Gemeinde bzw. in einem andern
Staat zu erbringen. Die Steuerbehörde darf zudem voraussetzen, der Steuerpflichtige
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1 DB.2011.247 1 ST.2011.327
bringe ihn steuerlich entlastende Umstände von sich aus vor. Nach bundesgerichtlicher
Rechtsprechung hat angesichts der in § 135 StG verankerten Mitwirkungspflicht des
Steuerpflichtigen diejenige Partei die in Betracht fallenden Beweismittel zu nennen, der
dies am ehesten möglich ist. Dabei können keine abstrakten Beweisregeln aufgestellt
werden; vielmehr ist auf den Einzelfall abzustellen. In diesem Sinn hat derjenige, wel-
cher die Aufgabe seines zürcherischen Wohnsitzes behauptet, von sich aus darzutun
und nachzuweisen, dass und in welcher Art sich sein Lebensmittelpunkt vom Kanton
Zürich wegverschoben hat (StRK IV, 21. Oktober 1987, R 648-650/1987).
2. a) Die Pflichtigen haben in der Vergangenheit in C in ihrem Einfamilienhaus
gewohnt, einem freistehenden Objekt mit 8 1⁄2 Zimmern (T-act. 11/4, 11/5 und 32/1).
Daneben sind sie auch noch Eigentümer von zwei Ferienhäusern in den schweizeri-
schen Gemeinden F und G. Sie behaupten, nach der vorzeitigen Pensionierung des
Pflichtigen per 21. Februar 2008 nach E, dem Heimatland der Pflichtigen, weggezogen
zu sein. Sie blieben jedoch gleichwohl Eigentümer ihrer Liegenschaften. Sie wenden
diesbezüglich ein, ihre beiden erwachsenen Kinder nutzten nun das Einfamilienhaus in
C (allein), ebenso wie die zwei Ferienhäuser in F und G. Indessen haben sie sich mit
der vollumfänglichen Beibehaltung ihres hiesigen, aus drei Objekten bestehenden Lie-
genschaftenbestands die jederzeitige, problemlose und schnelle Rückkehr in die
Schweiz offen gehalten. Dies gilt umso mehr, als sie gemäss ihren Angaben keinerlei
Mobiliar nach E zügelten und somit in der Schweiz über weiterhin mit ihren Möbeln voll
ausgestattete Liegenschaften verfügten (T-act. 27/2 S. 2). Ein Umzug in Form einer
"eigentlichen Verschiebung" von Wohnungseinrichtung und Hausrat stellte aber auf-
grund des Alters der Pflichtigen gemäss Rechtsprechung ein wesentliches Indiz für die
Wohnsitzverlegung dar (vgl. VGr, 14. Dezember 2011, SB.2011.00064). Zudem be-
nutzten die Pflichtigen ihre Liegenschaften im Jahr 2008 auch weiterhin selber, indem
sich der Pflichtige hier wegen diverser ärztlicher Nachkontrollen aufgehalten hat (R-act.
2 S. 1).
Nach ihrem eigenen Bekunden wickelten sie sodann praktisch den gesamten
Bank- und Postverkehr nach wie vor über die Schweiz ab (T-act. 37/5). Ihre Kinder
waren zudem zwar bereits erwachsen, wohnten jedoch weiterhin in den hiesigen Lie-
genschaften der Pflichtigen, sodass Letzteren hier ein wesentlicher familiärer Anknüp-
fungspunkt erhalten blieb.
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1 DB.2011.247 1 ST.2011.327
b) Damit liegen aber genügend Indizien vor, um die Annahme zu rechtfertigen,
die Pflichtigen hätten ihren Wohnsitz auch im Jahr 2008 weiterhin in C gehabt. Der von
der Steuerbehörde zu erbringende Hauptbeweis für die Existenz des hiesigen Wohn-
sitzes gilt demnach als erbracht. Es liegt in der Folge an den Pflichtigen, den Gegen-
beweis für die behauptete Wohnsitzverlegung nach E zu leisten.
3. a) In E verfügen die Pflichtigen nicht über ein eigenes Wohnobjekt, sondern
halten sich im Haus der Mutter der Pflichtigen auf (T-act. 27/30 und 27/35). Wie sich
ihre dortigen Wohnverhältnisse im Einzelnen gestalten, liegt mangels diesbezüglicher
Sachverhaltsdarstellung ihrerseits im Dunklen. Auch ist nicht einmal erstellt, ob sie
eigene Möbel angeschafft haben, wie sie noch im Einschätzungsverfahren behaupte-
ten, aber nicht ansatzweise – z.B. mit Einkaufsquittungen – nachwiesen (T-act. 27/2).
Weiter lässt sich aus den nach Beschwerde-/Rekurserhebung eingereichten Gas- und
Telefonrechnungen aus dem Jahr 2008 (R-act. 13/2 und 13/3) nichts zu ihren Gunsten
ableiten, da die Rechnungen auf die Mutter der Pflichtigen lauten und daher über allfäl-
lig von ihnen selber verursachte Kosten nichts auszusagen vermögen. Unter diesen
Umständen steht in keiner Art und Weise fest, ob und wie sie sich in E zu Wohnzwe-
cken tatsächlich eingerichtet haben.
b) Fraglich ist sodann, ob sich die Pflichtigen im Jahr 2008 mehr als nur kurz
in E aufgehalten haben. Ihre Kreditkartenauszüge für dieses Jahr (T-act. 27/3 - 27/29)
weisen nämlich bei einer Vielzahl von Belastungen für den Pflichtigen keine einzige in
E getätigte Zahlung und bei der Pflichtigen nur solche Zahlungen aus der Zeit vom 14.
Juli bis 18. August 2008 aus. Bei den andern, über das ganze Jahr verteilten Belastun-
gen sind Zahlungsorte in der Schweiz (u.a. auch in C und Umgebung sowie in Zürich),
in mehreren europäischen Ländern, Israel und den USA aufgeführt. Die in Aussicht
gestellten Bankauszüge eines Kontos in E (vgl. R-act. 2 S. 2) haben die Pflichtigen
demgegenüber bis heute nicht eingereicht. Auch haben sie ihre Behauptung in Be-
schwerde und Rekurs, die Kinder hätten die Kreditkarten mitbenützt, nicht nachgewie-
sen. Bei einer dergestalt nur für einen Monat dokumentierten Aufenthaltsdauer in E,
welche zudem nur die Pflichtige allein betrifft, und aufgrund der anzunehmenden viel-
fältigen Reisetätigkeit in die angeführten Länder verbietet sich die Annahme, der Le-
bensmittelpunkt der Ehegatten habe sich im Jahr 2008 in E befunden.
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1 DB.2011.247 1 ST.2011.327
c) Die Pflichtigen wollen im Jahr 2008 verschiedene Male nach E und zurück
in die Schweiz geflogen sein. Für den Kauf der entsprechenden Tickets verweisen sie
auf die genannten Kreditkartenauszüge. Darin sind jedoch nur Belastungen für nicht
näher spezifizierte Rechnungen von Reisebüros, Fluggesellschaften und Buchungen
übers Internet (Ebookers.com) angegeben, ohne dass der jeweilige Flug selber bzw.
der Zielort vermerkt ist. Dies trifft insbesondere auch auf die von den Pflichtigen her-
vorgehobenen 29 Buchungen im Juni 2008 bei der Continental Airlines zu, abgesehen
davon, dass bei diesen Buchungen als Zahlungsort stets Huston/USA aufgeführt ist (T-
act. 27/9 - 27/11). Die mit Beschwerde/Rekurs eingereichte Bestätigung von H vom 9.
November 2011, welche bei der Continental Airlines arbeiten soll (R-act. 3/3), hilft nicht
weiter, da in dieser Bestätigung die von der Pflichtigen gewählten Reisen und Reiseda-
ten ebenfalls nicht aufgeführt sind. Demnach haben die Pflichtigen damit höchstens
eine im Jahr 2008 erfolgte rege Reisetätigkeit offen gelegt, nicht jedoch, dass diese
auch E umfasste. In der Besprechung mit der Steuerkommissärin am 28. September
2011 haben sie hierzu übereinstimmend vorgebracht, ihre Ferien 2008 in Isra-
el/Jordanien und den USA (Miami) verbracht zu haben (T-act. 42/1).
d) In der Einsprache legten die Pflichtigen das Schwergewicht der Begrün-
dung für die Wohnsitznahme in E noch darauf, dass sie 2008 dort ein schweizerisches
Kultur und Ausbildungszentrum gegründet und mit erheblichen finanziellen Mitteln auf-
gebaut hätten (T-act. 37/4 - 37/5). Indessen datieren die diesbezüglich vorgelegten,
grösstenteils in spanischer Sprache gehaltenen Unterlagen allesamt aus dem Jahr
2009 oder später und dokumentieren überwiegend nur Vorgänge aus dieser Zeit (T-
act. 37/11 – 37/50). Hinsichtlich von bereits im vorliegend streitbetroffenen Jahr 2008
verrichteten (Vor-)Arbeiten führten sie bloss aus, dass das Institut bzw. die Schule im
August 2009 eröffnet worden sei und sie davor während rund einem Jahr intensive
Verhandlungen mit den zuständigen Behörden geführt hätten (T-act. 37/4). Als ent-
sprechendes Beweismittel lässt sich zwar ein Schreiben der Schule vom 4. Mai 2011
(T-act. 37/50) heranziehen, jedoch ist daraus nicht ersichtlich, wie sich die Gründungs-
aktivitäten im Einzelnen gestalteten, welchen zeitlichen Umfang sie aufwiesen und –
vor allem – wie oft die Pflichtigen dabei im Jahr 2008 "vor Ort" zu sein hatten. Die Be-
hauptung, wonach die Schule bereits 2008 gegründet worden sei, findet in den Akten
keine Stütze. Bei der nur auszugsweise eingereichten Abschrift der Gründungsurkunde
fehlt insbesondere das Deckblatt mit dem Datum. Die definitive Bewilligung zur Errich-
tung der Schule stammt vom 13. August 2009 (vgl. T-act. 37/30 unten sowie 37/31)
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1 DB.2011.247 1 ST.2011.327
Abgesehen davon vermögen die Pflichtigen für 2008 – wie erwähnt – nur eine
einmonatige Aufenthaltsdauer in E zu dokumentieren, die zudem nur die Pflichtige al-
lein betrifft. Eine Wohnsitznahme in E im Jahr 2008 lässt sich damit nicht begründen.
e) Ein Nachweis für eine Wohnsitzbegründung in E schon im Jahr 2008 kann
weiter auch nicht in der Rechnung des Touring Clubs der Schweiz vom 1. Dezember
2008 für "ETI Europa" (T-act. 27/36) erblickt werden – diese Rechnung konnte nach
Angaben der Pflichtigen wegen Auslandwohnsitz nicht bezahlt werden – , handelt es
sich dabei doch um die Rechnung für das Jahr 2009. Gleiches gilt auch bezüglich einer
Krankenversicherung der Pflichtigen in E, da die diesbezüglichen Versicherungsaus-
weise vom 6. November 2009 datieren (T-act. 37/52).
f) Der Pflichtige war sodann gemäss entsprechender Bestätigung vom
5. Mai 2011 ständiger und unentgeltlicher Berater der I S.A., und zwar seit März 2008
(T-act. 37/51). Die Pflichtigen hielten in der Einsprache dafür, dieses Engagement sei
mit erheblichem Zeitaufwand verbunden und könne bei einem Schweizer Wohnsitz
nicht ausgeübt werden. Die Gründe für letztere Behauptung gaben sie jedoch nicht an.
Zudem haben sie einen Aufenthalt des Pflichtigen im Jahr 2008 ohnehin nicht nachge-
wiesen. Die Beratertätigkeit im Jahr 2008 liefert daher keinen Anhaltspunkt für die zeit-
gleiche Wohnsitznahme in E. Nur am Rande ist anzumerken, dass die Bestätigung
vom 5. Mai 2011 wohl aus reiner Gefälligkeit ausgestellt wurde, zumal der unterzeich-
nende Verwaltungsrat denselben Familiennamen trägt wie der Pflichtige.
g) Nicht weiter hilft den Pflichtigen unter diesen Umständen demnach die Ab-
meldung in C per 21. Februar 2008, die Staatsangehörigkeits-/Immatrikula-
tionsbestätigung der Schweizerischen Botschaft in E vom 24. März 2010, wonach der
Pflichtige seit 3. März 2008 an der Adresse der Schwiegermutter in E wohnhaft ist (T-
act. 13/2), und die Bewilligung der Immigrationsbehörde von E vom 16. Dezember
2009 über den Aufenthalt des Pflichtigen in E als Rentner (T-act. 27/32 – 27/34). Wie
bereits erwähnt stellen An-/Abmeldung, Niederlassungsbewilligung etc. nur dann Indi-
zien für den steuerrechtlichen Wohnsitz dar, wenn auch das übrige Verhalten der Per-
son dafür spricht. Diese Voraussetzungen sind bei den Pflichtigen nach dem bisher
Ausgeführten für das Jahr 2008 nicht erfüllt. Im Übrigen wurde die Aufenthaltsbewilli-
gung für den Pflichtigen als Rentner ohnehin erst am 16. Januar 2009 ausgestellt. Der
in diesem Zusammenhang angebrachte Hinweis der Pflichtigen in der Einsprache, die
Mühlen der privaten und staatlichen Institutionen in E – wenn überhaupt – erfahrungs-
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gemäss nur langsam, erweist sich als zu pauschal und zudem als wenig stichhaltig,
kann eine Aufenthaltsbewilligung doch auch rückwirkend ausgestellt werden.
h) Zusammenfassend ergibt sich damit, dass den Pflichtigen der Gegenbe-
weis nicht gelungen ist, ihr Lebensmittelpunkt habe sich ab Februar/März 2008 in E
befunden. Zwar verfügten sie in diesem Land ohne Zweifel über mehrere Kontakte und
Anknüpfungspunkte und ist E das Heimatland der Pflichtigen, wo überdies ihre Mutter
wohnt. Jedoch lässt dies allein den Schluss, ihr Lebensmittelpunkt habe sich im hier
streitbetroffenen Jahr 2008 in dieses Land verschoben, mangels Nachweises der dorti-
gen Aufenthalte (Pflichtiger) bzw. eines längeren Aufenthalts (Pflichtige) und der Exis-
tenz einer eigenen Wohnstätte samt eigener Einrichtung nicht zu. Vielmehr überwiegen
noch immer die Bezugspunkte zu C bzw. zur Schweiz, wo sie weiterhin Eigentümer
ihrer voll eingerichteten Liegenschaften sind, die sie sich uneingeschränkt zu Wohn-
zwecken zur Verfügung hielten und in denen sie bei den hiesigen Aufenthalten auch
tatsächlich wohnten. Zudem bildeten die Liegenschaften auch die Wohnstätte ihrer
Kinder, sodass sie hier den engeren familiären Anknüpfungspunkt als in E hatten.
Demnach bleiben die Pflichtigen in der Steuerperiode 2008 in C aufgrund ih-
res hiesigen Wohnsitzes kraft Art. 3 Abs. 1 DBG bzw. § 3 Abs. 1 StG weiterhin unbe-
schränkt steuerpflichtig.
4. a) Zu prüfen bleibt, ob diesem Ergebnis allenfalls die Bestimmungen des
Abkommens zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung des Staa-
tes E zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Ein-
kommen (DBA-E) entgegenstehen.
b) Vorab ist festzuhalten, dass das Abkommen nur für die Einkommenssteuer
gilt (Art. 2 DBA-E), sodass eine allfällige Doppelbesteuerung beim Vermögen von den
Pflichtigen hinzunehmen wäre.
Das Abkommen ist sodann (hinsichtlich der Einkommenssteuer) auf Personen
anwendbar, die in einem Vertragsstaat ansässig sind (Art. 1 DBA-E). Darunter sind
Personen zu verstehen, die nach dem Recht dieses Staats dort aufgrund ihres Wohn-
sitzes, ihres ständigen Aufenthalts, des Orts der Geschäftsleitung oder eines anderen
ähnlichen Merkmals steuerpflichtig sind (Art. 4 Abs. 1 DBA-E). Mit andern Worten be-
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1 DB.2011.247 1 ST.2011.327
stimmt sich die Steuerpflicht einer Person in einem Vertragsstaat nach dessen eige-
nem Recht.
Ist damit aber vorliegend die unbeschränkte Steuerpflicht der Pflichtigen nach
dem innerstaatlichen Recht (StHG/DBG bzw. StG) – wie dargelegt – gegeben, ist sie
es auch nach dem DBA-E.
c) Demnach bleibt es auch unter Berücksichtigung des DBA-E bei der Fest-
stellung, dass die Pflichtigen in der Steuerperiode 2008 in C weiterhin unbeschränkt
steuerpflichtig waren.
5. a) aa) Dem Pflichtigen wurden von den Vorsorgeeinrichtungen der Bank D
AG am 5. März 2008 zwei Kapitalleistungen von Fr. 1'449'393.- und Fr. 201'477.60
ausgerichtet, wobei die Auszahlung um eine Zinskomponente von Fr. 9'360.65 bzw. Fr.
1'301.20 erhöht und um einen auf dem Gesamtbetrag vorgenommenen Quellensteuer-
abzug von Fr. 121'014.- bzw. Fr. 15'047.- gekürzt wurde (T-act. 17/2). Daraus resultier-
ten die ausbezahlten Beträge von Fr. 1'337'739.65 und Fr. 187'731.80 (T-act. 15/2).
Die Vorinstanz unterwarf die Kapitalleistungen zusammen mit dem Zins, d.h.
im Umfang von Fr. 1'458'753.65 und Fr. 202'778.80, total (abgerundet) Fr. 1'661'500.-,
der Einkommenssteuer, gesondert vom übrigen Einkommen und mit einer vollen Jah-
ressteuer.
bb) Nach dem Gesagten sind die Pflichtigen in der Steuerperiode 2008 in C
unbeschränkt steuerpflichtig. Als Folge davon haben sie diese Kapitalleistungen in der
Steuerperiode 2008 als Einkommen zu versteuern (Art. 22 Abs. 1 DBG und § 22 Abs. 1
StG). Die Besteuerung erfolgt dabei gesondert vom übrigen Einkommen und mit einer
vollen Jahressteuer (Art. 38 Abs. 1 DBG und § 37 Abs. 1 StG). Diesen Anforderungen
entsprechen die angefochtenen Einspracheentscheide (T-act. 43/1 und 44/1) grund-
sätzlich.
cc) In betraglicher Hinsicht hat die Vorinstanz die bei der Auszahlung von den
Vorsorgeeinrichtungen abgezogene Quellensteuer von Fr. 121'014.- bzw. Fr. 15'047.-
zu Recht nicht von der Besteuerung ausgenommen, da die Quellensteuer erst vom
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1 DB.2011.247 1 ST.2011.327
Steuerbetrag in Abzug zu bringen ist, der sich aufgrund der vorliegend streitigen, sepa-
raten (ordentlichen) Jahressteuer ergibt.
dd) Nicht zu folgen ist der Vorinstanz dagegen bei der Besteuerung des Zin-
ses auf der Kapitalleistung von Fr. 9'360.65 bzw. Fr. 1'301.20, da es sich beim Zins um
Vermögensertrag und nicht um einen Teil der gesondert zu versteuernden Kapitalleis-
tungen handelt. Die Besteuerung nach Art. 38 Abs. 1 DBG bzw. § 37 Abs. 1 StG ist
daher auf die effektiven Kapitalleistungen von Fr. 1'449'393.- bzw. Fr. 201'477.60. total
Fr. 1'650'870.60 bzw. abgerundet Fr. 1'650'800.- zu beschränken (zur Frage des Zeit-
punkts des Zufliessens der Kapitalleistungen in der Steuerperiode 2008 vgl. nachste-
hend E. 6.b – c).
b) Als weitere Folge des 2008 fortbestehenden hiesigen Wohnsitzes bleiben
die Pflichtigen in C für die ganze Steuerperiode 2008 auch für das übrige Einkommen
und das Vermögen unbeschränkt steuerpflichtig. Die entsprechenden Steuerfaktoren
mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 0.- und einem steuerbaren Vermögen von
Fr. 1'865'000.- (satzbestimmend Fr. 2'296'000.-) sind zwar nicht streitig, beim steuerba-
ren Einkommen ist jedoch der bei der separaten Besteuerung der Kapitalleistungen
nicht einzubeziehende Zinsertrag von zusammen Fr. 10'661.85 zu berücksichtigen.
Dies führt bei der direkten Bundessteuer zu einem steuerbaren Einkommen von Fr.
10'690.- (T-act. 33/4) bzw. abgerundet Fr. 10'600.- und bei den Staats- und Gemeinde-
steuern zu einem solchen von Fr. 4'200.- (satzbestimmend Fr. 9'700.-,
R-act. 15). Daraus resultieren allerdings aufgrund der anzuwendenden Tarifstruktur
(vgl. Art. 214 Abs. 2 DBG und § 35 Abs. 2 StG) keine höheren Steuerbeträge. Das
steuerbare Vermögen bleibt unverändert.
6. a) Selbst wenn – ungeachtet der obigen Erwägungen – von einer Wohn-
sitzverlegung der Pflichtigen in der Steuerperiode 2008 nach E ausgegangen würde,
änderte sich aus folgenden Gründen nichts:
aa) Die Pflichtigen haben sich in C per 21. Februar 2008 abgemeldet. Damit
wären sie zumindest bis zu diesem Zeitpunkt hier ohnehin noch unbeschränkt steuer-
pflichtig (Art. 8 Abs. 2 DBG, § 10 Abs. 2 StG).
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1 DB.2011.247 1 ST.2011.327
bb) Die Steuerpflicht umfasste diesfalls aber auch die separat zu besteuern-
den Kapitalleistungen, sofern Letztere noch bis zum Wegzug als zugeflossen gelten.
Vorsorgeleistungen, die an Personen ohne steuerrechtlichen Wohnsitz oder Aufenthalt
in der Schweiz ausgerichtet werden, unterliegen dagegen nach Art. 95 f. DBG bzw.
§ 98 f. StG nur der Besteuerung an der Quelle. Für die Pflichtigen bliebe es daher bei
der Quellenbesteuerung der Kapitalleistungen, wenn ihnen diese erst nach dem Weg-
zug nach E zugeflossen wären.
Gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichts fliessen dem Arbeitnehmer Ka-
pitalleistungen aus der beruflichen Vorsorge im (vorliegend zu beurteilenden) Fall eines
vorzeitigen Altersrücktritts mit der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu,
da der Anspruch auf die Altersleistungen in diesem Zeitpunkt entsteht und fällig wird.
Eine allenfalls vorzeitige Auszahlung der Kapitalleistung ändert daran nichts (BGr,
14. Dezember 2007 = StE 2008 B 21.2 Nr. 25), ebenso wenig eine nachträgliche Aus-
zahlung.
cc) Der folgende, in den Einspracheentscheiden dargelegte Sachverhalt ist
nicht streitig: Der Pflichtige liess sich von der Arbeitgeberin, der Bank D AG, per 31.
Dezember 2007 vorzeitig pensionieren und stellte bei der Vorsorgeeinrichtung im Sep-
tember 2007 ein Begehren um Auszahlung der Altersleistungen in Form einer Kapital-
zahlung. Im November 2007 erlitt er auf seiner letzten Geschäftsreise einen Unfall,
welcher eine anschliessende Rehabilitation mit sich brachte. Während dieser Zeit war
die Auszahlung des Pensionskassenguthabens blockiert, da seitens der Vorsorgeein-
richtung die Pensionierungsfähigkeit des Pflichtigen aufgrund der bestehenden Ar-
beitsunfähigkeit abgeklärt werden musste. Im Februar 2008 wurden diese Abklärungen
abgeschlossen mit dem Resultat, dass der Pflichtige ab 1. Januar 2008 vollumfänglich
arbeitsfähig war. Der vorzeitigen Pensionierung per 31. Dezember 2007 stand daher
nichts mehr im Weg. Mit Valuta vom 5. März 2008 erfolgte dann die Auszahlung der
Pensionskassenguthaben.
Daraus ergibt sich ohne weiteres, dass das Arbeitsverhältnis des Pflichtigen
bei der Bank D AG rechtlich betrachtet per 31. Dezember 2007 beendet wurde, ent-
sprechend dem Eintritt des Vorsorgefalls der vorzeitigen Pensionierung auf dieses Da-
tum hin. Zwar stand die Arbeits-/Pensionierungsfähigkeit erst nach Verstreichen des in
Aussicht genommenen Termins der vorzeitigen Pensionierung fest, Letztere wurde von
den Arbeitsvertragsparteien jedoch gleichwohl auf den 31. Dezember 2007 hin festge-
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setzt. Dementsprechend bezeichnete die Vorsorgeeinrichtung der Bank D AG in ihrem
Schreiben an den Pflichtigen vom 28. Februar 2008 als Zeitpunkt der vorzeitigen Pen-
sionierung den 31. Dezember 2007, nahm die Auszahlung mit Wirkung auf dieses Da-
tum vor ("Kapitalbezug per 31.12.2007") und schrieb dem Pflichtigen vom 3. Januar
2008 bis zur Auszahlung am 5. März 2008 auf den Kapitalleistungen einen Zins gut (T-
act. 17/2). Ein Zins ab 3. Januar 2008 wäre bei späterer Fälligkeit nicht geschuldet ge-
wesen.
Damit flossen dem Pflichtigen die zur Hauptsache streitigen Kapitalzahlungen
aber noch vor der Abmeldung in C vom 21. Februar 2008 zu, weil das Arbeitsverhältnis
in diesem Zeitpunkt bereits beendet war. Die spätere Auszahlung am 5. März 2008
ändert daran nichts. Deren (separate) Besteuerung gemäss Art. 37 Abs. 1 DBG bzw. §
38 Abs. 1 StG erwiese sich demnach selbst dann als rechtmässig, wenn die Pflichtigen
ihren Wohnsitz per 21. Februar 2008 nach E verlegt hätten.
b) Zu prüfen bleibt der genaue Zeitpunkt des Zufliessens der Kapitalleistun-
gen.
Werden Kapitalleistungen aus der beruflichen Vorsorge zufolge Erreichens
des (ordentlichen oder vorzeitigen) Pensionierungsalters ausgerichtet, tritt deren Fäl-
ligkeit gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung – wie erwähnt – mit der recht-
lichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein und ist auf dieses Datum hin ihre Be-
steuerung vorzunehmen. Der genaue Besteuerungszeitpunkt steht dabei jedoch noch
nicht fest, kommen doch zwei Termine in Frage, nämlich derjenige des letzten Ar-
beitstages oder der darauf folgende Tag. Vorliegend hätte dies zur Folge, dass die
Besteuerung in unterschiedliche Steuerperioden fiele, entweder in die Steuerperiode
2007 mit dem letzten Arbeitstag (31. Dezember 2007) oder in die streitbetroffene Fol-
geperiode mit dem nächsten Tag (1. Januar 2008).
Das Bundesgericht hat diese in Lehre und Rechtsprechung kontroverse Frage
so entschieden, dass es die Fälligkeit auf den dem letzten Arbeitstag folgenden Tag
festsetzt (Urteil vom 3. März 2000 = StE 2001 A 24.35 Nr. 2 = StR 2000, 505, bestätigt
mit Urteilen vom 14. Dezember 2007, 2C_179/2007, www.bger.ch, und 20. Oktober
2009 = StE 2010 B 21.2 Nr. 26). Gleichzeitig hat es erkannt, dass an dieser Fälligkeit
auch eine reglementarische Bestimmung der Vorsorgeeinrichtung, wonach der An-
spruch auf Altersleistungen "mit der Beendigung der Erwerbstätigkeit entstehe", nichts
zu ändern vermöge. Dem steht allerdings die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts
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des Kantons Zürich und anderer Kantone (z.B. Aargau) entgegen, welche die Fälligkeit
am letzten Arbeitstag annehmen (VGr ZH, 19. April 2000 = StE 2001 B 21.2 Nr. 13).
Das Steuerrekursgericht schliesst sich aus Gründen der Steuerharmonisierung der
Meinung des obersten Gerichts an.
Der Pflichtige wurde auf den 31. Dezember 2007 vorzeitig pensioniert. Dies
war gleichzeitig auch sein letzter Arbeitstag. Die fraglichen Kapitalleistungen sind ihm
daher am nächsten Tag, 1. Januar 2008, zugeflossen, und zwar unabhängig davon,
dass der Kapitalbezug von der Vorsorgeeinrichtung als "per 31. Dezember 2007" er-
folgt betrachtet wurde. Mithin hat das kantonale Steueramt die Leistungen zu Recht in
der Steuerperiode 2008 besteuert.
7. Diese Erwägungen führen hinsichtlich der Veranlagung/Einschätzung zur
Abweisung der Rechtsmittel (Höhereinschätzung) und hinsichtlich der Kapitalleistung
zu deren teilweisen Gutheissung.
Trotz diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten vollständig den Pflich-
tigen aufzuerlegen, da sie nur unwesentlich obsiegen (Art. 144 Abs. 1 DBG, § 151
Abs. 1 StG). | Public | Tax | de | 2,012 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
bc1db80f-3490-4c14-964d-d05ad1daed75 | hat sich ergeben:
A. Am ... ... 2010 verkaufte A (nachfolgend der Pflichtige) die an der
...strasse 3, C, gelegene Eigentumswohnung GBBL ... (117/1000 an GBBL ... /
Kat.Nr. ... mit Sonderrecht an der Stockwerkeinheit Nr. ...) mit den 2 UN-
Garagenplätzen GBBL ... und ... (je 1/14 Miteigentum an GBBL ... [70/1000 Miteigen-
tum an GBBL ... / Kat.Nr. ... mit Sonderrecht an der UN-Garage]) zum Preis von
Fr. 1'160'000.- an D und E.
In der Folge verlegte der Pflichtige seinen Wohnsitz in die Liegenschaft
...strasse 21, F (GBBL ..., Kat.Nr. ..., Einfamilienhaus mit Garage), welche er im
Jahr 2010 für Fr. 701'266.40 umgebaut und renoviert hatte. Die Liegenschaft war dem
Pflichtigen im Erbteilungsverfahren am ... ... 1994 zum Übernahmepreis von
Fr. 235'000.- und gegen Einräumung einer lebenslänglichen Nutzniessung zu Gunsten
seiner Mutter und einzigen Miterbin, G, zu Alleineigentum zugewiesen worden. Ge-
mäss einer undatierten Vereinbarung verzichtete G rückwirkend per ... ... 2010 auf ihr
Nutzniessungsrecht und gewährte dem Pflichtigen ein unverzinsliches Darlehen in Hö-
he von Fr. 697'653.-, was dem geschätzten Barwert des Nutzniessungsrechts ent-
sprach.
Zufolge der Handänderung an der Eigentumswohnung in C auferlegte der
Grundsteuerausschuss C dem Pflichtigen am 17. November 2011 eine Grundstückge-
winnsteuer von Fr. 100'961.20. Im Entscheid anerkannte der Ausschuss grundsätzlich
den Tatbestand einer Ersatzbeschaffung von selbstgenutztem Wohneigentum im Sinn
von § 216 Abs. 3 lit. i des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG). Bei der Berechnung
des aufgeschobenen Grundstückgewinns liess er indessen nur die Baukosten von
Fr. 701'266.40 und nicht den Barwert der abgelösten Nutzniessung als Investitionen in
das Ersatzobjekt in F zu. Da diese Investitionen unter den Anlagekosten des ersetzten
Objekts in C lagen, verweigerte der Ausschuss die Gewährung eines Steueraufschubs
gänzlich.
B. In der Einsprache vom 15. Dezember 2011 liess der Pflichtige beantragen,
es sei der Barwert der Nutzniessung in Höhe von Fr. 697'653.- bei der Berechnung des
Steueraufschubs zu berücksichtigen. Entsprechend sei auf die Erhebung einer Grund-
- 3 -
2 GR.2012.43
stückgewinnsteuer zu verzichten. Am 31. Mai 2012 wies der Grundsteuerausschuss
der Gemeinde C die Einsprache ab.
C. Am 3. Juli 2012 liess der Pflichtige Rekurs gegen den Einspracheentscheid
erheben und Rückweisung der Sache an die Rekursgegnerin beantragen. Eventualiter
sei der Barwert der Nutzniessung in Höhe von Fr. 697'653.- bei der Berechnung des
Steueraufschubs zu berücksichtigen. Auch beantragte er eine Prozessentschädigung.
In der Rekursantwort vom 17. Juli 2012 beantragte der Grundsteuerausschuss
der Gemeinde C Abweisung des Rekurses.
In der Beweisauflage vom 25. September 2013 räumte der Referent des
Steuerrekursgerichts den Parteien Gelegenheit ein, sich zur Frage auszusprechen, ob
es sich bei der Vereinbarung betreffend Nutzniessungsverzicht um ein entgeltliches
oder um ein unentgeltliches Rechtsgeschäft handle. Gleichzeitig wurde der Pflichtige
ersucht, verschiedene Beweise zu leisten. In der Eingabe vom 24. Oktober 2013 nahm
der Pflichtige zur Rechtsfrage Stellung und reichte verschiedene Unterlagen ein. Die
Rekursgegnerin verzichtete in der Folge auf eine Stellungnahme zum Beweisergebnis. | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. a) Im Hauptantrag rügt der Pflichtige eine ungenügende Begründung des
angefochtenen Einspracheentscheids und damit eine Verletzung des rechtlichen Ge-
hörs. Im Einspracheentscheid finde sich keine Auseinandersetzung mit den Argumen-
ten, welche in der Einspracheschrift vorgebracht worden seien. Die Ausführungen der
Rekursgegnerin gingen am Kern vorbei und zielten ins Leere. Die Sache sei deshalb
an die Rekursgegnerin zurückzuweisen.
b) Im Rahmen des in Art. 29 Abs. 2 der Bundesverfassung vom 18. April 1999
garantierten Anspruchs auf rechtliches Gehör bedürfen Rechtsmittelentscheide einer
hinreichenden Begründung (vgl. auch § 126 Abs. 1 StG). Die wesentlichen tatsächli-
chen und rechtlichen Entscheidgründe müssen darin enthalten sein (Richner/
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2 GR.2012.43
Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, 3. A. 2013, § 139
N 31 ff. mit Hinweisen). Indessen dürfen die Anforderungen nicht überspannt werden.
Der Begründungspflicht ist Genüge getan, wenn der Verfügungsadressat durch die
Begründung in die Lage versetzt wird, die Tragweite der Entscheidung zu beurteilen
und diese in voller Kenntnis der Umstände an eine höhere Instanz weiterzuziehen
(Martin Zweifel, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/1, 2. A.,
2002, Art. 41 N 17 StHG). Nicht notwendig ist, dass die Begründung eine Auseinan-
dersetzung mit sämtlichen Parteierörterungen enthält (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter,
§ 142 N 10).
Das Steuerrekursgericht hat gemäss § 148 Abs. 3 StG und § 149 Abs. 2 StG
die Steuerfaktoren grundsätzlich nach seinen eigenen Erhebungen festzustellen. Aus-
nahmsweise kann es zwecks Wahrung des gesetzlichen Instanzenzugs die Sache mit
verbindlichen Weisungen an die Vorinstanz zurückweisen, namentlich wenn zu Un-
recht noch kein materieller Entscheid getroffen wurde oder wenn dieser an einem
schwerwiegenden Verfahrensmangel leidet (§ 149 Abs. 3 StG). Bedeutsame Verfah-
rensmängel kann das Gericht nicht heilen, da der gesetzlich vorgeschriebene Instan-
zenzug unzulässigerweise verkürzt und die untere Einschätzungs- bzw. Rechtsmittel-
behörde praktisch von der Einhaltung eines korrekten Verfahrens dispensiert würde
(Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 149 N 30, auch zum Folgenden). Eine Rückweisung
mangels Begründung kommt nur in Frage, wenn aus dem vorinstanzlichen Entscheid
überhaupt nicht ersichtlich ist, warum er so und nicht anders ausgefallen ist, er also
überhaupt keine Begründung erhält (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 142 N 10). So-
fern die Vorinstanz die bisher fehlende Begründung in der Rekursantwort nachschiebt,
darf die Steuerrekurskommission diesen Fehler allenfalls auch durch die Anordnung
eines zweiten Schriftenwechsels selbst beheben (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter,
§ 142 N 12).
c) Die Begründung des Einspracheentscheids erscheint zwar als eher knapp,
ist aber sachbezogen. Es kann indessen offenbleiben, ob die Begründung rechtsgenü-
gend war. Denn das Steuerrekursgericht räumte den Parteien wie dargelegt Gelegen-
heit ein, sich zur vorliegend massgeblichen Rechtsfrage auszusprechen, ob es sich bei
der Vereinbarung betreffend Nutzniessungsverzicht um ein entgeltliches oder um ein
unentgeltliches Rechtsgeschäft handle. Zudem hatte der Pflichtige die Möglichkeit, sich
zur Rekursantwort zu äussern. Dadurch wurde eine allfällige Verletzung des rechtli-
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2 GR.2012.43
chen Gehörs des Pflichtigen auf jeden Fall geheilt. Von einer Rückweisung der Sache
ist daher abzusehen.
2. a) Im Eventualstandpunkt beantragt der Pflichtige, es sei der Barwert der
Nutzniessung in Höhe von Fr. 697'653.- bei der Berechnung des Steueraufschubs zu
berücksichtigen. Zur Begründung macht er geltend, die Nutzniessungseinräumung
stelle eine weitere Kaufpreisleistung dar, weshalb sie entgeltlich sei. Umgekehrt müsse
auch ein Nutzniessungsverzicht als entgeltlich betrachtet werden. Es spiele keine Rol-
le, ob die Aufgabe der Nutzniessung entgeltlich durch Bezahlung einer Entschädi-
gungssumme, durch Gewährung eines Darlehens oder unentgeltlich mittels Erbvorbe-
zug erfolge. Der vorzeitigen rechtsgeschäftlichen Beendigung der Nutzniessung
komme ein Kapitalwert unabhängig davon zu, ob dieser entschädigt oder schenkungs-
halber erlassen werde. Unerheblich sei auch, dass der Verzichtende bei der rechtsge-
schäftlich erfolgten entgeltlichen Beendigung der Nutzniessung von der Einkommens-
und Grundstückgewinnsteuer befreit sei.
b) Die Grundstückgewinnsteuer wird erhoben von den Gewinnen, welche sich
bei Handänderungen an Grundstücken oder Anteilen von solchen ergeben (zivil-
rechtliche Handänderungen, § 216 Abs. 1 StG).
Nach Art. 12 Abs. 3 lit. e des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der
direkten Steuern der Kantone und Gemeinden vom 14. Dezember 1990 (StHG) und
den analogen §§ 216 Abs. 3 lit. i und 226a Abs. 1 StG wird die Besteuerung aufge-
schoben bei Veräusserung einer dauernd und ausschliesslich selbstgenutzten Wohn-
liegenschaft (Einfamilienhaus oder Eigentumswohnung), soweit der dabei erzielte Erlös
innert angemessener Frist zum Erwerb oder zum Bau einer gleichgenutzten Ersatzlie-
genschaft im Kanton Zürich oder in der übrigen Schweiz verwendet wird.
Der Tatbestand der steuerprivilegierten Ersatzbeschaffung setzt voraus, dass
der Erlös aus der Veräusserung des ersetzten Objekts für den Erwerb oder Bau eines
Ersatzobjekts verwendet wird. Der Rechtsbegriff der Erlösverwendung ist nicht wört-
lich, sondern in einem funktionalen Sinn zu verstehen. Alle Mittel müssen zur Erlös-
verwendung gerechnet werden, welche für die Ersatzliegenschaft im Zusammenhang
mit der Handänderung an der ersetzten Liegenschaft aufgewendet wurden (Richner/
Frei/Kaufmann/Meuter, § 216 N 270; Felix Richner, Ersatzbeschaffung von selbstge-
- 6 -
2 GR.2012.43
nutztem Wohneigentum [Teil I], ZStP 2010, 189; Bastien Verrey, L'imposition différée
du gain immobilier: harmonisation fédérale et droit cantonal comparé, 2011, S. 203).
Der Rechtsbegriff der Erlösverwendung setzt somit ein entgeltliches Rechtsgeschäft
voraus. Erwirbt ein Steuerpflichtiger ein Ersatzgrundstück unentgeltlich durch Erbgang
oder Schenkung, kann nicht von einer Erlösverwendung gesprochen werden
(vgl. Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 216 N 334). Analog gilt dies auch, wenn ein
Ersatzgrundstück durch die unentgeltliche Ablösung einer das Grundstück belastenden
Dienstbarkeit eine rechtliche Verbesserung erfährt.
c) Wird im Zusammenhang mit der Veräusserung eines Grundstücks die Er-
richtung eines Nutzungsrechts, insbesondere einer Nutzniessung oder eines Wohn-
rechts, vereinbart, so bildet der Barwert des Nutzungsrechts einen Erwerbspreisbe-
standteil und damit auch einen Erlösbestandteil (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 220
N 40). Daraus kann der Pflichtige jedoch nichts zu seinen Gunsten ableiten. Festzuhal-
ten ist, dass wie dargelegt die Erlösverwendung ein entgeltliches Rechtsgeschäft vor-
aussetzt.
d) Vorliegend macht der Pflichtige selber zwar nicht geltend, dass die Ablö-
sung der Nutzniessung auf einem entgeltlichen Rechtsgeschäft beruhe. Auf Grund der
vorliegenden Akten ist indessen dennoch zu prüfen, ob von einem entgeltlichen oder
unentgeltlichen Rechtsgeschäft auszugehen ist.
Gemäss der undatierten Vereinbarung verzichtete G rückwirkend auf den
... ... 2010 auf ihr Nutzniessungsrecht und gewährte dem Pflichtigen ein unverzinsli-
ches Darlehen in Höhe von Fr. 697'653.-, welcher Betrag dem geschätzten Barwert
des Nutzniessungsrechts entsprechen sollte. Die Darlehensgeberin erliess in der Folge
dem Pflichtigen die Darlehensschuld, was sich aus der Schenkungserklärung vom
... ... 2011 ergibt.
Die Beendigung der Nutzniessung gegen Begründung einer Darlehensforde-
rung stellt grundsätzlich ein entgeltliches Rechtsgeschäft dar, da der Nutzniessungsbe-
rechtigte als Gegenleistung für die Aufgabe seines Rechts eine Darlehensforderung
erwirbt. Es stellt sich indessen die Frage, ob diese Entgeltlichkeit auch vorliegend zu
bejahen ist und, falls ja, ob der spätere schenkungsweise Verzicht auf die Erfüllung der
Darlehensforderung an der Entgeltlichkeit etwas ändert.
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2 GR.2012.43
e) Für die Anerkennung der Entgeltlichkeit des Darlehens ist insbesondere
von Bedeutung, ob das Darlehensgeschäft dem übereinstimmenden wirklichen Willen
der Beteiligten entsprach und nicht bloss als Scheingeschäft (Simulation) vorgetäuscht
wurde. Denn Grundlage jedes gültigen Rechtsgeschäfts ist gemäss Art. 18 Abs. 1 OR
der Parteiwille und nicht die nach aussen dargebotene Rechtsgestaltung. So können
simulierte Geschäfte zum Einen dazu dienen, das Vorhandensein eines Vertragsver-
hältnisses vorzutäuschen, obwohl zwischen den Parteien überhaupt kein solches ent-
stehen soll; zum Anderen kann durch den Abschluss des Scheingeschäfts von den
Parteien das Verdecken eines wirklich beabsichtigten Vertragsverhältnisses angestrebt
sein, wobei diesfalls nicht nur ein simulierter Vertrag, sondern auch ein dissimuliertes
(verdecktes) Geschäft vorhanden ist. Das Scheingeschäft kann auch in einer Teilsimu-
lation bestehen, bei der nur eine oder einzelne Vertragsbestimmungen, z.B. falsche
Angaben über die Verzinsung, vorgetäuscht sind (BGE 117 II 382 E. 2a). Die Simulati-
onsabrede bedarf keiner besonderen Form und kann sich auch aus dem konkludenten
Verhalten der Beteiligten ergeben (BGE 112 II 337 E. 4). Die zivilrechtliche Rechtsfol-
ge, dass das simulierte Rechtsgeschäft als ungültig, das verdeckte Rechtsgeschäft
hingegen (unter Vorbehalt der Einhaltung allfälliger Formerfordernisse) als verbindlich
zu würdigen ist (vgl. dazu Wolfgang Wiegand, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht
I, 5. A., Basel 2011, Art. 18 N 50 ff.), muss auch für das Steuerrecht gelten (vgl. VGr,
7. Juni 2006, SB.2006.00014, E. 2.4, www.vgrzh.ch).
f) Auf der Grundlage der vorliegenden Unterlagen lässt sich die Frage der
Simulation nicht endgültig beantworten. Da jedoch im Licht der folgenden Erwägung
der Erlös aus der Veräusserung des ersetzten Objekts dauerhaft in das Ersatzobjekt
investiert werden muss, kann die Frage offen gelassen werden.
Wird das Ersatzgrundstück innert fünf Jahren seit der Handänderung am ur-
sprünglichen Grundstück definitiv zweckentfremdet oder entgeltlich veräussert, ohne
dass erneut eine Ersatzbeschaffung stattfindet, kommt die Wegzugsgemeinde auf ih-
ren Entscheid über den Steueraufschub zurück und veranlagt die anlässlich der Er-
satzbeschaffung nicht erhobene Grundstückgewinnsteuer im Nachsteuerverfahren,
samt Zins ab dem 91. Tage nach der Handänderung am ursprünglichen Grundstück
(Ziff. 20 des Rundschreibens der Finanzdirektion an die Gemeinden über den Auf-
schub der Grundstückgewinnsteuer und die Befreiung des Veräusserers von der
Handänderungssteuer bei Ersatzbeschaffung einer dauernd und ausschliesslich
selbstgenutzten Wohnliegenschaft vom 19. November 2001 [ZStB I Nr. 37/460]; Felix
http://www.vgrzh.ch/
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2 GR.2012.43
Richner, Ersatzbeschaffung von selbstgenutztem Wohneigentum [Teil III], ZStP 2011,
1 ff.; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 216 N 9, 290 und 296).
Das Element der Dauerhaftigkeit ist nicht auf die Wohnnutzung des Ersatzob-
jekts beschränkt, sondern kommt auch bei der Investition des Erlöses in das Ersatzob-
jekt zum Tragen (VGr, 16. Mai 2007, SB.2007.00002, www.vgrzh.ch). Wird der Erlös
bzw. ein Erlösbestandteil zwar in ein Ersatzobjekt investiert, bleibt er aber nicht dauer-
haft darin gebunden, so kann nicht von einer dauerhaften Erlösverwendung gespro-
chen werden.
Der schenkungsweise Erlass der Darlehensschuld durch die Mutter des Pflich-
tigen vor Ablauf der 5-Jahresfrist führte dazu, dass der Pflichtige über den Erlösbe-
standteil von Fr. 697'653.- frei verfügen konnte. Der Betrag war mit dem Erlass der
Schuld nicht mehr im Ersatzobjekt gebunden und darf deshalb bei der Berechnung des
Steueraufschubs nicht berücksichtigt werden.
3. Diese Erwägungen führen zur Abweisung des Rekurses. Bei diesem Ver-
fahrensausgang sind die Gerichtskosten dem Pflichtigen aufzuerlegen (§ 151 Abs. 1
StG). Dem unterliegenden Rekurrenten steht keine Parteientschädigung zu (§ 152 StG
i.V.m. § 17 Abs. 2 lit. a des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959). | Public | Tax | de | 2,014 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
bc27654d-ea24-4a0a-855d-d77a22113f26 | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend der Pflichtige bzw. zusammen mit seiner Ehefrau B die
Pflichtigen) arbeitet bei der C in D. In seiner dortigen Funktion hat er basierend auf
dem “E Plan“ (nachfolgend E) Anrecht, in einem bestimmten Zeitpunkt und unter be-
stimmten Bedingungen unentgeltlich Aktien am börsenkotierten amerikanischen Mut-
terhaus zu beziehen. Der Erwerb dieser Aktien erfolgt zweistufig. In einer ersten Phase
erhält der Angestellte quasi als Anwartschaft eine bestimmte Anzahl Stock Units zuge-
teilt, über die er während einer bestimmten Vestingperiode von zwei resp. drei Jahren
ab dem Zuteilungsdatum noch nicht verfügen kann. In einem zweiten Schritt werden
die versprochenen Stock Units zu einem im Voraus festgelegten Zeitpunkt (sog. "sche-
duled conversion date") – welcher jedoch vorliegend nicht mit dem Ablauf der eigentli-
chen Vestingperiode zusammenfällt – in Aktien umgewandelt und an den Mitarbeiter
übertragen. Nach der Umwandlung kann der begünstigte Mitarbeiter grundsätzlich frei
über die Aktien verfügen.
Nach diesem Schema wurden am 8. September 2008 insgesamt 44‘225 in
früheren Jahren zugeteilte Stock Units in eine gleich grosse Anzahl von C Aktien um-
gewandelt und auf den Pflichtigen übertragen. Diese Mitarbeiteraktien wurden im
Lohnausweis 2008 unter Hinweis auf ein Ruling vom 9. Januar 2004 zwischen C und
dem kantonalen Steueramt Zürich zum Börsenwert von Fr. ... per 8. September 2008
als Einkommen ausgewiesen. Gleichzeitig erwähnte der Arbeitgeber auf einem Beiblatt
zum Lohnausweis, dass im Hinblick auf die am 16. September 2008 erfolgte Veröffent-
lichung der Quartalszahlen per Ende August 2008 zur Verhinderung von Insiderge-
schäften allen Mitarbeitern der Handel mit C Wertpapieren vom 8. bis und mit 17. Sep-
tember 2008 (sog. "closed window period") verboten war. Demzufolge konnte der
Pflichtige erst am darauf folgenden Werktag, nämlich am 18. September 2008 unein-
geschränkt über die erhaltenen Mitarbeiteraktien verfügen. Am 18. September 2008
betrug der Aktienkurs nach einem Kurseinbruch noch $ 20.20 pro Aktie. Aufgrund des-
sen deklarierte der Pflichtige in der Steuererklärung 2008 eine Einkommensminderung
in Höhe von Fr. 1‘179‘745.-, die der Differenz der Börsenkurse vom 8. September 2008
und 18. September 2008 entsprach.
Im Einschätzungsentscheid vom 12. Juli 2010 betreffend die Staats- und Ge-
meindesteuern, Steuerperiode 2008, und im gleichzeitig erfolgten Hinweis über die
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2 DB.2010.274 2 ST.2010.374
Veranlagung der direkten Bundessteuer 2008, die formell am 2. August 2010 eröffnet
wurde, liess das kantonale Steueramt die geltend gemachte Einkommensminderung
nicht zu, weil es das Einkommen bereits am 8. September 2008, d.h. am Umwand-
lungstag ("scheduled conversion date"), als zugeflossen betrachtete, und veranlagte
die Pflichtigen für die Staats- und Gemeindesteuern, Steuerperiode 2008, mit einem
steuerbaren Einkommen von Fr. ... (zum Satz von Fr. ...) und einem steuerbaren Ver-
mögen von Fr. ... (zum Satz von Fr. ...). Für die direkte Bundessteuer, Steuerperiode
2008, wurde das steuerbare Einkommen auf Fr. ... (zum Satz von Fr. ...) festgesetzt.
B. Dagegen erhobene Einsprachen, womit der Zufluss des Einkommens aus
Mitarbeiteraktien per 18. September 2008 verfochten wurde, hiess das kantonale
Steueramt am 16. November 2010 teilweise gut, indem es die 10-tägige Verfügungs-
beschränkung während der "closed window period" vom 8. bis und mit 17. September
2008 bei der Bewertung des Einkommenszuflusses berücksichtigte und einen Diskont
von Fr. 3‘489.- (Fr. 0.0789 je Aktie, berechnet vom Aktienkurs per 8. September 2008
von Fr. 48.7566) berücksichtigte. Infolgedessen reduzierte es das steuerbare Einkom-
men betreffend Staats- und Gemeindesteuern 2008 auf Fr. ... (zum Satz von Fr. ...)
und betreffend direkte Bundessteuer 2008 auf Fr. ... (zum Satz von Fr. ...).
C. Mit Beschwerde und Rekurs vom 16. Dezember 2010 liessen die Pflichti-
gen der Steuerrekurskommission (heute Steuerrekursgericht) beantragen, das steuer-
bare Einkommen für die Staats- und Gemeindesteuern 2008 gemäss Steuererklärung
auf Fr. ... (zum Satz von Fr. ...) und für die direkte Bundessteuer 2008 auf Fr. ... (zum
Satz von Fr. ...) festzusetzen.
In der Beschwerde- und Rekursantwort vom 20. Januar 2011 schloss das kan-
tonale Steueramt auf Abweisung der Rechtsmittel.
Auf die Parteivorbringen wird, soweit rechtserheblich, in den nachfolgenden
Erwägungen eingegangen.
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2 DB.2010.274 2 ST.2010.374 | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. Zu den steuerbaren Einkünften aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit
gehören gemäss Art. 17 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer
vom 14. Dezember 1990 (DBG) und § 17 Abs. 1 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997
(StG) alle Einkünfte aus privatrechtlichem oder öffentlich-rechtlichem Arbeitsverhältnis
mit Einschluss der Nebeneinkünfte wie Entschädigungen für Sonderleistungen, Provi-
sionen, Zulagen, Dienstalters- und Jubiläumsgeschenke, Gratifikationen, Trinkgelder,
Tantiemen und andere geldwerte Vorteile. Zu den Letzteren gehört u.a. die Zuteilung
von Mitarbeiteraktien, sofern und soweit diese Beteiligungsrechte unentgeltlich oder
zu einem Vorzugspreis erworben werden (RB 1995 Nr. 34; BGr, 21. Mai 2003,
2A.517/2002 bzw. 2A.573/2002, www.bger.ch, beide auch zum Folgenden). Besteuert
wird die Differenz zwischen dem Verkehrswert und einem allfälligen (günstigeren) Be-
zugspreis.
2. Vorliegend ist unbestritten, dass die 44‘225 C Aktien, welche dem Pflichti-
gen am 8. September 2008 durch Umwandlung der Stock Units zugeteilt und am
15. September 2008 in das Wertschriftendepot der Pflichtigen eingebucht wurden,
steuerbares Einkommen bilden. Einigkeit besteht auch darüber, dass die Bemessung
dieses Einkommens zum Verkehrswert, d.h. zum Börsenkurs (Tagesdurchschnittskurs)
erfolgt. Streitig ist einzig der Zeitpunkt des Zuflusses dieses Einkommens. Während
das kantonale Steueramt den Zufluss des Einkommens bereits mit der unwiderrufli-
chen Zuteilung der Aktien per 8. September 2008 für gegeben hält, vertritt der
Pflichtige die Auffassung, dass der Zufluss des Einkommens erst am 18. September
stattgefunden habe. Denn während der "closed window period" vom 8. bis und mit
17. September 2008 habe er über die erhaltenen Aktien noch nicht verfügen können.
a) Einkünfte fliessen dem Steuerpflichtigen grundsätzlich zu dem Zeitpunkt zu,
in dem der Rechtserwerb vollendet ist. Dann hat er einen festen Rechtsanspruch auf
das Vermögensrecht erworben (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 210 N 22, 24 DBG
und § 50 N 23 StG, mit Rechtsprechungsnachweisen, auch zum Folgenden). Voraus-
setzung des Zuflusses ist somit ein abgeschlossener Rechtserwerb, der Forderungs-
oder Eigentumserwerb sein kann, wobei der Forderungserwerb in der Regel die Vor-
stufe des Eigentumserwerbs darstellt. Die Fälligkeit des Rechtsanspruchs ist für die
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2 DB.2010.274 2 ST.2010.374
Bestimmung des Zeitpunkts des steuerlich massgeblichen Zuflusses – von hier nicht
relevanten Ausnahmen (Kapitalzinsen, Mietzinsen) abgesehen – in der Regel nicht
erforderlich (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 210 N 32 DBG und § 50 N 27 StG). In
Literatur und Rechtsprechung findet der dargelegte Grundsatz der Einkommensrealisa-
tion mit dem Forderungserwerb indessen dann eine Einschränkung, wenn die Erfüllung
der Forderung besonders unsicher ist (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 210 N 33
DBG und § 50 N 24 StG). In diesen Fällen wird auf den Zeitpunkt der Erfüllung des
Anspruchs abgestellt. Bei der Übertragung von Mitarbeiteraktien, die zeitlich be-
schränkt mit einer Verfügungssperre und/oder einer Rückgabeverpflichtung belastet
sind, hat das Bundesgericht im Entscheid vom 6. November 1995 (StE 1996 B 22.2
Nr. 12 = ASA 65, 773) ausdrücklich festgehalten, dass diese Lasten den Zeitpunkt des
Einkommenszuflusses nicht beeinflussen. Jedoch ist dieser Beeinträchtigung bei der
Bewertung Rechnung zu tragen.
b) Vorliegend hat der Pflichtige den unwiderruflichen Anspruch auf den Eigen-
tumserwerb der Mitarbeiteraktien am 8. September 2008 ("scheduled conversion date“)
erworben. Dieser Zeitpunkt wurde auch im Ruling vom 9. Januar 2004 zwischen C und
dem kantonalen Steueramt als massgebender Zuflusszeitpunkt festgelegt. Im Übrigen
entspricht der vereinbarte Zuflusszeitpunkt auch der Regelung im Rundschreiben der
Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 6. Mai 2003 über die Besteuerung von Mitar-
beiteroptionen mit Vesting-Klauseln (ZStB II Nr. 62/201, Ziffer 5 [Rundschreiben]) und
dem Merkblatt des kantonalen Steueramts vom 1. September 2003 über die Besteue-
rung von Mitarbeiteroptionen zum Zwecke der Staats- und Gemeindesteuern und der
direkten Bundessteuer (ZStB I Nr. 13/300, Ziffer 2.1.1 [Merkblatt 2003]). Auch das spä-
ter erlassene Merkblatt des kantonalen Steueramts vom 21. Oktober 2009 über die
Besteuerung von Mitarbeiterbeteiligungen zum Zwecke der Zürcher Staats- und Ge-
meindesteuern und der direkten Bundessteuer (ZStB I Nr. 13/301, Ziffer 3.1 [Merkblatt
2009]) bestimmt, dass die Besteuerung von Mitarbeiteraktien nach Ablauf einer allfälli-
gen Vestingperiode im Zeitpunkt der Zuteilung der Aktien zu erfolgen habe. Was den
Zuflusszeitpunkt anbelangt, bestehen zwischen unwiderruflich zugeteilten Optionen
und Mitarbeiteraktien keine Unterschiede.
c) Dass der Pflichtige vom Tag der Zuteilung an während 10 Tagen ("closed
window period") nicht mit Wertpapieren von C handeln durfte, hindert den am 8. Sep-
tember 2008 unwiderruflich eingetretenen Rechtserwerb nicht. Diese Verfügungssperre
bis und mit 17. September 2008 stellt keine weitere Verlängerung der Vestingperiode
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2 DB.2010.274 2 ST.2010.374
dar, worunter allgemein der Zeitraum zu verstehen ist, während welchem der Mitarbei-
ter die Optionen resp. Mitarbeiteraktien verdienen muss (Rundschreiben, Ziffer 2).
Werden während der Vestingperiode bestimmte Leistungsziele nicht erreicht oder ver-
lässt der Mitarbeiter die Unternehmung, kann er die Option auf Zuteilung von Aktien
unter Umständen verlieren. Ist die bis am 8. September 2008 hier quasi "verlängerte"
Vestingperiode (aufgrund der Verlustmöglichkeit der Stock Units auch nach dem Ende
der eigentlichen Vestingperiode) dagegen – wie vorliegend – abgelaufen, hat ein allfäl-
liger Austritt aus dem Unternehmen nach der Umwandlung der Stock Units bzw. der
Zuteilung der Aktien keinen Einfluss mehr auf den abgeschlossenen Rechtserwerb.
Dies gilt auch für die hier zufälligerweise nahtlos an die "verlängerte" Vestingperiode
folgende Verfügungssperre vom 8. bis und mit 17. September 2008. Diese bezweckte
allein, Insidergeschäfte während einer gewissen Zeit vor und unmittelbar nach der Be-
kanntgabe der Quartalsergebnisse zu verhindern. Davon waren nicht nur der Pflichtige,
sondern weltweit alle Mitarbeiter von C betroffen. Somit kann nicht gesagt werden,
dass dem Pflichtigen am 8. September noch kein Einkommen aus Mitarbeiteraktien
zugeflossen ist. Aus dem Ruling vom 9. Januar 2004 ergeben sich diesbezüglich keine
anderen Schlussfolgerungen. Darin wurde vor dem Hintergrund der damals herrschen-
den Rechtsunsicherheit einzig festgelegt, dass von den in Frage kommenden zwei
Tatbeständen für den Einkommenszufluss nicht das Datum des Vestings ("scheduled
vesting date"), sondern das Datum der Umwandlung ("scheduled conversion date")
massgebend sein soll.
d) Entgegen der Auffassung des Pflichtigen kann die Erfüllung der Forderung
auf Eigentumserwerb während der kurzen Verfügungssperre vom 8. bis und mit
17. September 2008 nicht als besonders unsicher eingestuft werden. Aus dem
Kurseinbruch der C Aktie am 18. September 2008, der – zeitgleich mit der Insolvenz-
beantragung der Investmentbank Lehman Brothers Inc. nach Chapter 11 – bereits am
15. September 2008 einsetzte, lässt sich diese Schlussfolgerung nicht ziehen. Denn es
ist für Aktien charakteristisch, dass solche wie auch andere, teilweise nicht vorherseh-
bare Ereignisse auf der ganzen Welt den Wert einer Aktie laufend beeinflussen. Bereits
am 19. September 2008 konnte die Aktie einen Teil ihres Wertverlusts wieder wettma-
chen. Sie wurde zu Beginn des Handelstags zu einem Kurswert von über $ 33.- ge-
handelt (www.zkb.is-teledata.ch, besucht am 6. Dezember 2011). Der pauschale Hin-
weis auf den Beinahe-Kollaps des Finanzsystems vermag die besondere Unsicherheit
auf Erfüllung des erworbenen Rechtsanspruchs ebenfalls nicht zu begründen. Denn C
befand sich nicht in gleich grossen Schwierigkeiten wie andere Banken. In seinem Be-
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2 DB.2010.274 2 ST.2010.374
richt vom 16. September 2008 zum zweiten Quartal 2008, der zur Beruhigung der
weltweit verunsicherten Finanzmärkte nach dem Insolvenzantrag von Lehman Brothers
Inc. einen Tag früher als ursprünglich geplant veröffentlicht wurde, konnte C alle Ge-
winnerwartungen übertreffen und einen überraschend hohen Quartalsgewinn bekannt-
geben.
e) Da es bei der Festlegung des Zuflusszeitpunkts auf das Datum des
Rechtserwerbs und nicht auf das Datum des Eigentumserwerbs ankommt und nach
dem Gesagten keine besondere Unsicherheit auf Erfüllung des erworbenen Rechtsan-
spruchs vorlag, spielt der Zeitpunkt, an welchem die zugeteilten Aktien in das Wert-
schriftendepot der Pflichtigen eingebucht worden sind, keine Rolle.
f) In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung und dem/den erwähnten
Rundschreiben/Merkblättern ist der 10-tägigen Verfügungssperre lediglich mit einem
Einschlag bei der Bewertung des Einkommenszuflusses Rechnung zu tragen. Gegen
dessen Berechnung sind keine Einwendungen erhoben werden, so dass Beschwerde
und Rekurs abzuweisen sind.
3. Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten den Pflichtigen
aufzuerlegen (Art. 144 Abs. 1 DBG und § 151 Abs. 1 StG). | Public | Tax | de | 2,011 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
bcb042c7-254a-428c-bed3-97d27afcc0f7 | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend der Pflichtige bzw. zusammen mit seiner Ehefrau die Pflich-
tigen) ist der Sohn des 1917 geborenen C. Letzterer verstarb am 3. Oktober 1999 in D
und hinterliess als (testamentarische) Erben die überlebende Ehefrau (Erbanteil
62,5%) sowie den Pflichtigen (37,5%).
Im Einschätzungsverfahren der Pflichtigen für die Steuerperioden 1999 und
2000 verlangte die Steuerkommissärin am 18. März 2002 erstmals eine detaillierte
Aufstellung über sämtliche Aktiven und Passiven der noch unverteilten Erbschaft per
Ende 1999 bzw. 2000. Die Pflichtigen reichten am 23. März 2002 u.a. das öffentliche
Erbschaftsinventar mit einem Nettonachlassvermögen von Fr. 4'030'878.52 sowie eine
Aufstellung über den auf den Pflichtigen entfallenden, in der Steuererklärung 1999
B mit Fr. 1'512'579.- deklarierten Erbanteil ein. In dieser Deklaration hatten sie darauf
hingewiesen, dass der vom Erblasser eingesetzte Willenvollstrecker die Erbteilung
hinauszögere und spärlich bis gar nicht informiere. Im Ausland bestünden möglicher-
weise weitere Nachlasswerte, welche auf dem Prozessweg einzufordern seien. Am
30. Juli 2002 teilten sie zudem mit, dass der Pflichtige aus einem vom Erblasser zu
Lebzeiten errichteten Trust auf E seit Juli 2001 eine monatliche Rente von Fr. 10'000.-
ausbezahlt erhalte, die jedoch ihrer Meinung nach einkommenssteuerfrei sei. Mit Auf-
lagen vom 20. August 2002 und 19. September 2003 ging die Steuerkommissärin dem
diesbezüglichen Sachverhalt nach.
In den folgenden Jahren erkundigte sich die Steuerkommissärin sodann tele-
fonisch und schriftlich immer wieder nach dem Fortgang des Erbteilungsverfahrens und
verlangte mit Auflage und Mahnung vom 21. März bzw. 25. April 2006 die Einreichung
der Steuererklärungen 1999 - 2003 mit den effektiven Nachlasswerten samt Erträgen.
Die Pflichtigen teilten jeweils den Stand der Dinge – u.a. die Einsetzung eines neuen
Willensvollstreckers – mit und ersuchten um Wiederherstellung der Auflagefrist wegen
eines erlittenen Unfalls. Darauf folgten weitere Briefwechsel, wurde zu einer Bespre-
chung vorgeladen und ergingen Einschätzungsvorschläge, welche von den Pflichtigen
abgelehnt wurden.
Am 28. Juli bzw. 15. September 2008 ergingen für die Steuerperioden 1999 -
2006 folgende Einschätzungsentscheide:
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1 ST.2008.345 - 349, 404 + 405 1 DB.2008.205 - 209, 252 + 253
Steuerperiode 1999 Staats-/Gemeindesteuer Direkte Bundessteuer Fr. Fr.
steuerbares Einkommen 182'900.- 182'200.-
steuerbares Vermögen
(bis 3.10.) 1'448'000.-
(bis 31.12.) 2'554'000.-
Steuerperiode 2000
steuerbares Einkommen 211'700.- 211'100.-
steuerbares Vermögen 2'533'000.-
Steuerperiode 2001
steuerbares Einkommen 359'400.- 359'100.-
steuerbares Vermögen 2'579'000.-
Steuerperiode 2002
steuerbares Einkommen 226'200.- 225'900.-
steuerbares Vermögen 3'031'000.-
Steuerperiode 2003
steuerbares Einkommen 340'600.- 339'100.-
steuerbares Vermögen 3'787'000.-
Steuerperiode 2004
steuerbares Einkommen 263'500.- 265'700.-
steuerbares Vermögen 3'936'000.-
Steuerperiode 2005
steuerbares Einkommen 150'800.- 153'100.-
steuerbares Vermögen 4'138'000.-
Steuerperiode 2006
steuerbares Einkommen 257'100.- 259'600.-
steuerbares Vermögen 4'135'000.-.
Dabei ermittelte die Steuerkommissärin die auf den Pflichtigen entfallende
Quote am Nachlass des Verstorbenen sowie den Ertrag daraus aufgrund der vom ers-
ten Willensvollstrecker erstellten Bilanzen und Erfolgsrechnungen, korrigiert um gewis-
se Positionen. Ab der Steuerperiode 2001 rechnete sie beim steuerbaren Einkommen
zudem die an den Pflichtigen geflossene Zahlung von jährlich Fr. 120'000.- bzw. mo-
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1 ST.2008.345 - 349, 404 + 405 1 DB.2008.205 - 209, 252 + 253
natlich Fr. 10'000.- auf, welche aus dem von Erblasser lebzeitig errichteten Trust auf E
stammten.
Die Veranlagungen der direkten Bundessteuer wurden mit Steuerrechnungen
vom 8./13. August bzw. 12./19. September 2008 formell eröffnet.
B. 1. Gegen die Einschätzungsentscheide 1999 - 2004 bzw. die darauf basie-
renden Schlussrechnungen erhoben die Pflichtigen mit Eingaben vom 22. und
27./29. August sowie mit Nachtrag vom 4. September 2008 Einsprache mit dem An-
trag, sie für die Steuerperioden 1999, 2000 und 2002 - 2004 gemäss Steuererklärung
sowie für die Steuerperiode 2001 mit gegenüber der Einschätzung reduzierten Fakto-
ren einzuschätzen. Zudem sei ihnen eine angemessene Nachfrist für die Nachlieferung
einer weiteren Begründung anzusetzen. Sie wandten sich bezüglich des Nachlasser-
trags gegen das Abstellen auf die Buchhaltungen der Willensvollstrecker, weil diese
nicht ordnungsgemäss seien. An deren Stelle erachteten sie für die Steuerperiode
2001 den vom Pflichtigen selber erstellten Abschluss als massgeblich. Bei den monat-
lichen Zahlungen von Fr. 10'000.- eines Trusts auf E handle es sich um die ratenweise
Auszahlung eines Teils seiner Erbschaft, weshalb darin kein Einkommen zu erblicken
sei. Den Einspracheschreiben legten sie die Abschlüsse und Buchhaltungen des zwei-
ten Willensvollstreckers sowie Unterlagen über den die monatlichen Zahlungen von
Fr. 10'000.- ausrichtenden Trust bei.
Gegen die Einschätzungen 2005 und 2006 bzw. die entsprechenden Schluss-
rechnungen erhoben die Pflichtigen am 7./21. Oktober 2008 ebenfalls Einsprache mit
dem Begehren, von der Besteuerung der Zahlungen des Trusts auf E abzusehen.
2. Das kantonale Steueramt wies die Einsprachen am 23. September 2008
hinsichtlich der Steuerperioden 1999 und 2000 ab und hiess sie bezüglich der Steuer-
perioden 2001 - 2004 wie folgt teilweise gut:
Steuerperiode 2001 Staats-/Gemeindesteuer Direkte Bundessteuer Fr. Fr.
steuerbares Einkommen 254'000.- 253'600.-
steuerbares Vermögen 2'579'000.-
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1 ST.2008.345 - 349, 404 + 405 1 DB.2008.205 - 209, 252 + 253
Steuerperiode 2002
steuerbares Einkommen 223'500.- 223'200.-
steuerbares Vermögen 3'031'000.-
Steuerperiode 2003
steuerbares Einkommen 318'000.- 316'400.-
steuerbares Vermögen 3'182'000.-
Steuerperiode 2004
steuerbares Einkommen 257'900.- 260'100.-
steuerbares Vermögen 3'936'000.-.
Die Korrekturen zu Gunsten der Pflichtigen ergaben sich aufgrund der Ab-
schlüsse und Buchhaltungen des zweiten Willensvollstreckers. Dem Begehren um An-
setzung einer Nachfrist zur Ergänzung der Einsprachebegründung wurde nicht stattge-
geben.
Die Einsprachen gegen die Einschätzungen 2005 und 2006 wies das kantona-
le Steueramt mit späteren Entscheiden vom 5. November 2008 ebenfalls ab.
C. Mit Rekurs bzw. Beschwerde vom 30. Oktober 2008 wandten sich die
Pflichtigen gegen die Einspracheentscheide der Steuerperioden 1999 und 2001 - 2004,
indem sie eine Reduktion des steuerbaren Einkommens aller Steuerperioden sowie
des steuerbaren Vermögens der Steuerperiode 2001 verfochten. Das steuerbare Ver-
mögen der übrigen Steuerperioden sowie die Einspracheentscheide der Steuerperiode
2000 blieben unangefochten.
Am 12. Dezember 2008 erhoben die Pflichtigen auch noch Rekurs bzw. Be-
schwerde gegen die Einspracheentscheide der Steuerperioden 2005 und 2006, indem
sie die einkommenssteuerliche Natur der Zahlungen des Trusts auf E auch diesbezüg-
lich bestritten. Das steuerbare Vermögen blieb wiederum unangefochten.
Das kantonale Steueramt schloss am 20. November 2008 und 23. Januar
2009 auf Abweisung der Rechtsmittel. Die Eidgenössische Steuerverwaltung liess sich
nicht vernehmen.
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1 ST.2008.345 - 349, 404 + 405 1 DB.2008.205 - 209, 252 + 253
Auf die Ausführungen der Parteien in diesen Rechtsschriften sowie auf die
Begründung der Einspracheentscheide wird – soweit erforderlich – in den nachfolgen-
den Erwägungen eingegangen. | Die Rekurskommission zieht in Erwägung:
I. Zuflüsse aus einem Trust
1. Dem Pflichtigen sind ab 1. Juli 2001 monatliche Zahlungen von Fr. 10'000.-
zugeflossen. Die Zahlungen stammen aus dem F Trust auf E, welcher am 1. Septem-
ber 1994 vom verstorbenen Vater des Pflichtigen errichtet worden war.
Die Steuerkommissärin erfasste diese Zahlungen in den Steuerperioden 2001
- 2006 als steuerbares Einkommen, indem sie die Auffassung vertrat, es handle sich
hierbei um Einkünfte aus dem erwähnten Trust, welche beim Pflichtigen als Begünstig-
ten (Beneficiary) im Zeitpunkt der Auszahlung steuerbares Einkommen bildeten. Dem-
gegenüber halten die Pflichtigen im Rekurs bzw. in der Beschwerde hinsichtlich der
Steuerperioden 2005 und 2006 nunmehr dafür, es liege eine testamentarisch vermach-
te Rente vor, sodass diese der Erbschaftssteuer und nicht der Einkommenssteuer un-
terliege. Dies gelte auch bezüglich den in der Steuerperioden 2001 - 2004 zugeflosse-
nen Rentenbetreffnissen.
2. a) Bund und Kantone erfassen dem Grundsatz nach das gesamte Einkom-
men der Steuerpflichtigen mit der Einkommenssteuer (Grundsatz der Gesamtreinein-
kommenssteuer; Markus Reich, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht,
Band I/1, 2. A., 2002, Art. 7 N 22 StHG, auch zum Folgenden). Es werden sämtliche
geldwerten Vorteile, die dem Steuerpflichtigen während des Jahres netto zufliessen, in
einer einheitlichen Bemessungsgrundlage berücksichtigt.
b) Sowohl das Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezem-
ber 1990 (DBG) als auch das Zürcher Steuergesetz vom 8. Juni 1997 (StG) verwirklicht
den Grundsatz der Gesamtreineinkommenssteuer mit der Einkommensgeneralklausel
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1 ST.2008.345 - 349, 404 + 405 1 DB.2008.205 - 209, 252 + 253
und einem exemplifikativen Einkünftekatalog. Gemäss Art. 16 Abs. 1 DBG und § 16
Abs. 1 StG unterliegen so alle wiederkehrenden und einmaligen Einkünfte der Ein-
kommenssteuer. Sämtliche Einkünfte sind grundsätzlich ohne Rücksicht auf ihre Quel-
len steuerbar. Unter Einkünften sind dabei alle von aussen zufliessenden Vermögens-
rechte zu verstehen (Richner/Frei/Kaufmann, Handkommentar zum DBG, 2003, Art. 16
N 5 und Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum harmonisierten Zürcher
Steuergesetz, 2. A., 2006, § 16 N 9). Hiervon kann nur dann abgewichen werden,
wenn das Gesetz bestimmte Einkünfte ausdrücklich von der Besteuerung ausnimmt –
so sind z.B. laut Art. 16 Abs. 3 DBG bzw. § 16 Abs. 3 StG Kapitalgewinne aus der
Veräusserung von Privatvermögen steuerfrei – oder einer anderen Besteuerungsord-
nung (z.B. der Grundstückgewinnsteuer oder der Erbschafts- und Schenkungssteuer)
unterwirft (RB 1997 Nr. 32 = ZStP 1997, 197 = StE 1997 B 24.4 Nr. 45). Die in den
Art. 17 - 23 DBG bzw. §§ 17 - 23 StG beispielhaft aufgezählten Wertzuflüsse – so u.a.
gemäss Art. 22 Abs. 3 DBG bzw. § 22 Abs. 3 StG Leibrenten – konkretisieren zwar den
Grundsatz der Einkommensgeneralklausel, stellen aber keine abschliessende Aufzäh-
lung der steuerbaren Einkünfte dar; vielmehr bilden Art. 16 Abs. 1 DBG und § 16
Abs. 1 StG einen Auffangtatbestand, unter den alle Einkünfte fallen, die nicht von den
Art. 17 - 23 DBG bzw. §§ 17 - 23 StG erfasst werden, aber auch nicht zu den aus-
drücklichen Ausnahmen von der Besteuerung im Rahmen der Einkommenssteuer zäh-
len, wie etwa die namentlich in Art. 24 DBG bzw. § 24 StG genannten Wertzuflüsse
aus Erbschaft, Schenkung etc.
c) Gemäss Art. 24 lit. a DBG bzw. § 24 lit. a StG sind der Einkommenssteuer
nicht unterworfen der Vermögensanfall infolge Erbschaft, Vermächtnis, Schenkung
oder güterrechtlicher Auseinandersetzung. Diesen Vermögensanfällen ist eigen, dass
sie unentgeltlich erfolgen und ihren Rechtsgrund im Erb-, Schenkungs- oder Güterrecht
haben. Der Erwerber darf also keine Gegenleistung erbracht haben und ist das Vorlie-
gen eines andern Rechtsgrunds ausgeschlossen (Zigerlig/Jud, in: Kommentar zum
Schweizerischen Steuerrecht, Band I/2a, 2. A., 2008, Art. 24 N 6 DBG).
Als Erbschaften gelten Vermögensübergänge an gesetzliche oder eingesetzte
Erben von Todes wegen, sei es aufgrund gesetzlicher Erbfolge (nach Art. 457 ff. ZGB)
oder aufgrund von letztwilligen Verfügungen und Erbverträgen. Die Leistungen stam-
men dabei in aller Regel aus dem Vermögen des Erblassers, jedoch ist auch ein ande-
rer Zufluss kraft Erbrechts denkbar, z.B. aus einer Versicherung, deren Leistungen erst
nach dem Tod des Erblassers in dessen Erbmasse fallen und daher begrifflich nie
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1 ST.2008.345 - 349, 404 + 405 1 DB.2008.205 - 209, 252 + 253
Vermögen des Erblassers bilden können (Zigerlig/Jud, Art. 24 N 6a DBG). Demzufolge
kann die Einkommenssteuerfreiheit von Vermögensübergängen infolge Erbschaft nicht
davon abhängig gemacht werden, ob die Leistungen aus dem Vermögen des Erblas-
sers stammen. Vielmehr kommt es einzig darauf an, ob sie ihren Rechtgrund im
Erbrecht haben und unentgeltlich erfolgen (Richner/Frei/Kaufmann, Art. 24 N 9 und
Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 24 N 12).
Das Bundesgericht hat sich verschiedentlich mit der steuerlichen Behandlung
von unentgeltlich eingeräumten Leibrenten befasst, so etwa mit Leibrenten, die in Erfül-
lung eines als Schenkungsversprechen abgeschlossenen Leibrentenvertrags oder als
Vermächtnis ausgerichtet wurden. Renten, die eine steuerpflichtige Person aufgrund
eines Schenkungsvertrags erhält, stellen dabei nach Ansicht des obersten Gerichts
steuerfreie Vermögensanfälle aus Schenkung dar (BGE 100 Ib 287 = Pra 1975 Nr. 14
= ASA 43, 521 = NStP 29, 114; vgl. dazu: Peter Locher, Kommentar zum DBG, I. Teil,
2001, Art. 24 N 11, der die Einkommenssteuerfreiheit lediglich für das Rentenstamm-
recht, nicht aber für die einzelnen Renten gelten lassen will). Bei Leibrenten, die als
Vermächtnis oder sonst erbfolgeweise übergehen, hat das Bundesgericht demgegen-
über erkannt, dass die einzelnen Renten sehr wohl der Einkommenssteuer unterlägen,
weil diese der gesetzlichen Konzeption entsprechend vom Rentenschuldner abgezo-
gen werden könnten (BGE 110 Ib 234 = Pra 1985 Nr. 64 = ASA 55, 48 = StE 1985
B 26.21 Nr. 1). Dieser Rechtsprechung ist in der Literatur – mit der erwähnten Aus-
nahme von P. Locher zu den schenkungshalber ausgerichteten Renten – keine Kritik
erwachsen (vgl. Richner/Frei/Kaufmann, Art. 24 N 12; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter,
§ 24 N 15; Zigerlig/Jud, Art. 24 N 7c DBG sowie Locher, Art. 24 N 11). Ihr schliesst sich
auch die Steuerrekurskommission I an.
d) Die vom Bundesgericht angesprochene Abzugsfähigkeit von ausgerichteten
Leibrenten beim Rentenschuldner ist in Art. 33 Abs. 1 lit. b DBG bzw. § 31 Abs. 1 lit. b
StG statuiert. Der Abzug beträgt ab der Steuerperiode 2001 40% der bezahlten Leib-
renten, was der schematisch geschätzten Ertragskomponente der Leibrente entspricht.
60% der Leibrente stellen die Kapitalrückzahlungsquote dar, welche der Renten-
schuldner nicht abziehen kann. Im Gegenzug ist die Leibrente vom Empfänger als Ein-
kommen zu versteuern, und zwar ebenfalls nur zu 40% (Art. 22 Abs. 3 DBG bzw. § 22
Abs. 3 StG; vgl. hierzu BGr, 23. Juni 2005 = StE 2005 A 24.35 Nr. 4 = StR 2005, 948).
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1 ST.2008.345 - 349, 404 + 405 1 DB.2008.205 - 209, 252 + 253
Bei einer Leibrente im steuerrechtlichen Sinn handelt es sich um eine perio-
disch wiederkehrende, gleich bleibende und auf das Leben einer Person gestellte Leis-
tung, die nicht auf eine Kapitalforderung angerechnet wird (Richner/Frei/Kaufmann,
Art. 22 N 46 i.V.m. N 13 sowie Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 22 N 54 i.V.m N 14, je
mit Hinweisen).
e) Macht der Steuerpflichtige geltend, ein Vermögenszufluss stamme aus
Erbschaft, Vermächtnis oder Schenkung, so ist er hierfür beweisbelastet und hat die
seiner Behauptung zugrunde liegenden steuermindernden Tatsachen von sich aus
durch eine substanziierte Sachdarstellung darzulegen, aus welcher sich ohne weitere
Untersuchung der Schluss auf das Vorliegen einer Erbschaft, Schenkung oder eines
Vermächtnis ziehen lassen muss (VGr, 6. Mai 1997 = StE 1998 B 21.3 Nr. 3; RB 1994
Nr. 33, 1987 Nr. 35, 1975 Nr. 55). Auch hat er für die von ihm gegebene Sachdarstel-
lung von sich aus beweiskräftige Unterlagen einzureichen oder die Beweismittel we-
nigstens unter genauer Bezeichnung anzubieten (vgl. RB 1975 Nr. 55).
Gelingt dem Steuerpflichtigen der Nachweis nicht, dass ein bestimmter Ver-
mögenszugang aus Erbschaft, Vermächtnis, Schenkung oder einem andern bestimm-
ten einkommenssteuerbefreiten Grund vorliegt, ist zu seinen Ungunsten ohne weiteres
anzunehmen, es liege Einkommen im Sinn von Art. 16 Abs. 1 DBG bzw. § 16 Abs. 1
StG vor, da letztere Bestimmungen – wie erwähnt – als Generalklausel alle Wertzu-
flüsse erfasst, sofern sie nicht kraft besonderer gesetzlicher Bestimmung von der Ein-
kommensbesteuerung ausgenommen sind.
3. a) Mit dem Rekurs bzw. der Beschwerde hinsichtlich der Steuerperioden
2005 und 2006 reichten die Pflichtigen eine am 3. September 1999 öffentlich beurkun-
dete letztwillige Verfügung/Testamentsergänzung von C, dem verstorbenen Vater des
Pflichtigen, ein. Darin erklärte er, der Erbanspruch des Pflichtigen bleibe auf den
Pflichtteil begrenzt und die Erbmasse umfasse sämtliche in seiner Steuererklärung
aufgeführten Vermögenswerte mit Ausnahme aller G-Firmenanteile (Ziff. 1). Um das
Überleben der G-Firmengruppe zu gewährleisten, habe er sämtliche Firmenanteile
1990 in den von ihm gegründeten G-Trust auf E eingebracht. Parallel dazu habe er
1994 den F Trust errichtet, dessen Zweck darin bestehe, die G-Familienmitglieder zu
unterstützen, soweit diese Mittel für ihre Ausbildung oder Verhinderung von Notsituati-
onen benötigten. In Ergänzung seines ursprünglichen Testaments vom 10. August
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1991 vermache er aus dem F Trust in seiner Funktion als Trust-Errichter seinem Sohn
H, dem Pflichtigen, eine lebenslängliche Rente von monatlich Fr. 10'000.-, zahlbar
erstmals per Datum des rechtskräftigen Teilungsvertrags (Ziff. 2).
b) Damit ist erstellt, dass die fraglichen Rentenzahlungen an den Pflichtigen
ihren Rechtsgrund in diesem Testamentsnachtrag des verstorbenen Vaters vom
3. September 1999 und dergestalt im Erbrecht haben. Dass die Mittel für ihre Finanzie-
rung offenkundig aus dem F Trust und nicht aus dem Vermögen des Erblassers selber
stammen, ändert daran nichts, kommt es für die Einordnung als Erbschaft auf die Mit-
telherkunft nach dem Gesagten doch nicht an, sondern allein darauf, ob die Leistungen
ihren Rechtsgrund im Erbrecht haben und unentgeltlich erfolgt sind. Als Folge davon ist
auch gänzlich unerheblich, um welche Art von Trust es sich beim F Trust handelt und
ist auf diesbezüglichen Ausführungen der Parteien gar nicht näher einzugehen.
c) aa) Die Rentenzahlungen sind dem Pflichtigen gemäss Testamentsnach-
trag lebenslänglich auszurichten, d.h. auf dessen Leben gestellt. Sie sind zudem nicht
auf eine Kapitalforderung anzurechnen, sondern lediglich periodisch wiederkehrend
und gleichbleibend auszurichten. Mithin liegt eine – auf den Tod des Erblassers be-
gründete – Leibrente im Sinn von Art. 22 Abs. 3 bzw. Art. 33 Abs. 1 lit. b DBG und § 22
Abs. 3 bzw. § 31 Abs. 1 lit. b StG vor, welche somit der Einkommenssteuer untersteht.
bb) Die Pflichtigen wenden ein, der einzige Zweck der Trusterrichtung habe
darin bestanden, die Erben des Errichters – d.h. auch den Pflichtigen – soweit wie
möglich von der Erbfolge auszuschliessen. Dies, indem der Erblasser den weit über-
wiegenden Teil seines Vermögens – bestehend aus den Aktien der G Holding AG in
der mutmasslichen Grössenordnung von rund Fr. Mio. – in den G Trust verschoben
habe, wo er in gleicher Weise wie früher habe schalten und walten können. Demzufol-
ge habe sich der Erblasser seines Vermögens nicht endgültig entäussert, weil die
Schenkung der G-Anteile an den Trust simuliert und deshalb nichtig sei. Der Erblasser
sei daher Eigentümer dieser Anteile geblieben, weshalb sie mit dessen Tod in den
Nachlass gefallen seien. Er, der Pflichtige, habe demnach die Anteile aus diesem
Nachlass mitgeerbt. Wenn er nun gleichsam ratenweise statt der Anteile ein Surrogat
in der Form der streitigen Rentenzahlungen von monatlich Fr. 10'000.- erhalte, so
handle es sich faktisch um die (ratenweise) Auszahlung von Nachlassvermögen. Es
liege kein Einkommen vor.
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Ob diese rechtliche Würdigung zutrifft, kann offen bleiben. Denn der Pflichtige
hätte seine behaupteten Erbansprüche auf das Vermögen der erwähnten beiden
Trusts – des die Rentenzahlungen ausrichtenden F Trusts einerseits und des G–Trusts
mit den Gesellschaften der G-Gruppe andrerseits – doch mittels Erbschaftsklage ge-
mäss Art. 598 ZGB geltend machen und durchsetzen müssen. Diese Klage hat derje-
nige gesetzliche oder eingesetzte Erbe zu erheben, der auf eine Erbschaft oder Teile
davon ein besseres Recht als der Besitzer zu haben glaubt. Der Pflichtige behauptet
nicht, bisher eine solche Klage angestrengt zu haben, hält er im Einsprache- und Re-
kurs-/Beschwerdeverfahren doch lediglich dafür, vor riesigen Schwierigkeiten zu ste-
hen, seine diesbezüglichen Rechte durchzusetzen (vgl. auch die Verjährungsfrist für
die Klage von zehn Jahren, vom Tod des Erblassers oder vom Zeitpunkt der Testa-
mentseröffnung an gerechnet, Art. 600 ZGB). Auch wendet er nicht ein, den die streiti-
ge Rente begründenden und öffentlich beurkundeten Testamentsnachtrag des Erblas-
sers aus dem Jahr 1999 angefochten zu haben (Art. 519 ZGB). Zudem sind die
Trustvermögen im öffentlichen Erbschaftsinventar nicht aufgeführt. Es ist nicht Sache
der Steuerrekurskommission, den Pflichtigen aufzufordern, sich zu den rechtlichen
Schritten, die er in diesem Zusammenhang allenfalls bereits eingeleitet hat oder künftig
noch einzuleiten gedenkt, zu äussern, da er als Beweisbelasteter eine entsprechende
Sachdarstellung nach dem Gesagten von sich aus hätte vortragen und hierfür taugliche
Beweismittel zumindest hätte anbieten müssen.
cc) Damit ist davon auszugehen, dass die sich in den erwähnten zwei Trusts
befindlichen Werte nicht zum Nachlassvermögen gehören, hat der Pflichtige seinen
Erbanspruch darauf doch in keiner Art und Weise nachgewiesen. Mithin kann es sich
bei den monatlichen Zahlungen von Fr. 10'000.- aber auch nicht um die ratenweise
Auszahlung des Nachlassvermögens und damit nicht um Leistungen handeln, die auf
die entsprechende Kapitalforderung angerechnet werden. Vielmehr liegt – wie er-
wähnt – die Ausrichtung einer Leibrente im genannten steuerrechtlichen Sinn vor, wel-
che im Testamentsnachtrag des Erblassers vom 3. September 1999 und damit im
Erbrecht gründet.
c) Bei Leibrenten, die im Erbrecht gründen, lehnt es das oberste Gericht – und
mit ihm die herrschende Lehrmeinung – nach dem Gesagten ausdrücklich ab, diese
von der Einkommenssteuer auszunehmen und sie der Erbschaftssteuer zu unterstel-
len. Leibrenten können allerdings gemäss Art. 22 Abs. 3 DBG bzw. § 22 Abs. 3 StG
nur mit 40% der Rentenleistung, entsprechend der (schematisch) geschätzten Ertrags-
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quote, besteuert werden. Dadurch wird die Kapitalrückzahlungsquote von 60% der
Rente steuerfrei gelassen und nur der der Einkommenssteuer unterliegende Ertrag des
Rentenvermögens von 40% erfasst. Mithin ist auch die Besteuerung der dem Pflichti-
gen ausbezahlten Leibrente auf dieses Mass zu begrenzen. Von den jährlich ausge-
richteten Fr. 120'000.- sind daher nur Fr. 48'000.- als Einkünfte zu besteuern (im
ersten Jahr 2001 der Ausrichtung von den ab 1. Juli ausbezahlten Fr. 60'000.- nur
Fr. 24'000.-). Dies ergibt eine Einkommensreduktion ab der Steuerperiode 2002 von je
Fr. 72'000.- (für die Steuerperiode 2001 eine solche von Fr. 36'000.-).
II. Weitere Zuflüsse aus Erbschaft
4. a) In den Steuerperioden 1999 und 2001 - 2004 ist der Ertrag aus dem
Nachlass (ohne Rentenzahlungen) bzw. der auf den Pflichtigen entfallende Anteil da-
von und in der Steuerperiode 2001 zusätzlich der Anteil am Nachlass selber streitig.
Einig sind sich die Parteien dagegen über die Erbquote des Pflichtigen von 37,5%,
entsprechend dessen Pflichtteil von 3/4 an der Hälfte des Nachlasses. Einig sind sie
sich sodann auch darüber, dass Steuersubjekt trotz der noch unverteilten Erbschaft
nicht die Erbengemeinschaft, sondern die einzelnen Erben sind, weil ihnen Einkommen
und Vermögen der Erbschaft zugerechnet werden kann (vgl. Art. 10 DBG und § 9
Abs. 1 StG).
Der Streit über das Quantitative des Nachlassertrags dreht sich vorab um die
Frage, ob für dessen Ermittlung auf die Buchhaltung der zwei Willensvollstrecker abzu-
stellen ist, wie dies die Steuerkommissärin getan hat, von den Pflichtigen jedoch abge-
lehnt wird.
b) aa) Die Pflichtigen bestreiten die Ordnungsmässigkeit der Buchhaltungen
der Willensvollstrecker und beantragen, sie durch die Steuerrekurskommission einer
steueramtlichen Buchprüfung unterziehen zu lassen. Indessen legen sie die Ord-
nungswidrigkeit der Buchhaltung in Rekurs und Beschwerde nicht näher dar. Der Ver-
weis auf die Einsprache in der Rekurs-/Beschwerdeschrift hinsichtlich der Steuerperio-
den 1999 und 2001 - 2004 genügt nicht, da dieser Verweis nur allgemein gehalten und
es nicht Sache der Steuerrekurskommission ist, die fehlende Begründung in den ver-
wiesenen Rechtsschriften zusammen zu suchen (Richner/Frei/Kaufmann, Art. 140
N 46 und Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 147 N 47). Dies gilt umso mehr, als die
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Pflichtigen der eigentlichen Einsprache gegen die Einschätzungen 1999 - 2004 vom
27. August 2008 zwei Nachträge vom 29. August und 4. September 2008 mit neuen
bzw. ergänzenden Vorbringen und Unterlagen u.a. auch zu den Abschlüssen der Wil-
lensvollstrecker folgen liessen. Mithin wäre auf den unsubstanziierten Einwand der
Pflichtigen an sich nicht weiter einzugehen. Gleichwohl sei hierzu Folgendes ausge-
führt:
bb) Im Einspracheschreiben vom 27. August 2008 beanstandeten die Pflichti-
gen u.a., dass bei gewissen Buchungen als Gegenkonto nur "div" aufgeführt ist, und
zwar in den Buchhaltungen beider Willensvollstrecker. Eine Ordnungswidrigkeit ist dar-
in jedoch nicht zu erblicken, sofern es sich bei den Buchungen um Sammelpositionen
handelt, bei welchen mit einem Zahlungsauftrag mehrere Vergütungen vorgenommen
worden sind. Dass es sich tatsächlich um solche Buchungen handelt, teilte der zweite
Willensvollstrecker dem Pflichtigen am 21. Januar 2008 mit (Es lägen keine "Pseudo-
Konti" vor). Gleichzeitig erklärte er ihm, wie die entsprechenden Aufschlüsselungen
anhand der schon vorgängig zugestellten Buchungsjournalen vorzunehmen sind. Die-
se Erläuterungen sind nachvollziehbar, sodass nicht von fehlerhaften Buchungen aus-
zugehen ist. Selbst wenn indessen die Bezeichnung des Gegenkontos mit "div" unge-
nügend wäre, erwiese sich die Buchhaltung deswegen nicht als ordnungswidrig, sind
davon doch nur relativ wenig Buchungen betroffen und liesse sich das jeweilige Ge-
genkonto jedenfalls ohne grossen Aufwand eruieren.
Die Pflichtigen erblicken eine weitere Ordnungswidrigkeit der Buchhaltung im
Umstand begründet, dass im Abschluss 2001 beider Willensvollstrecker die positiven
Erträge des beweglichen Vermögens mit einem Minuszeichen ausgewiesen werden.
Indessen ist dadurch nur die Darstellung dieser Erträge missverständlich, ihr materiel-
ler Gehalt ist indessen korrekt, weil im Gegenzug die negativen Erträge des bewegli-
chen Vermögens (Verlustüberschuss der Devisengewinne) ohne Vorzeichen aufgeführt
worden, sodass das Resultat von Fr. 44'592.30 Verlust rein rechnerisch stimmt und
für den Gesamtgewinn-/Verlustausweis mit umgekehrtem Vorzeichen berücksichtigt
werden muss. Tut man dies, ergibt sich das mit dem Abschluss 2001 rechnerisch kor-
rekt ausgewiesene Resultat (Abschluss erster Willensvollstrecker: Gewinn von
Fr. 232'293.05, Abschluss zweiter Willensvollstrecker: Verlust von Fr. 40'817.35.
Dass sodann beide Willensvollstrecker verschiedene Aufwandkategorien
(Löhne, sonstiger Betriebsaufwand etc.) zwar aufführen, jedoch keinerlei entsprechen-
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de Buchungen und daher je Fr. 0.- ausweisen, ist ohne Belang, weil sie damit lediglich
zum Ausdruck bringen, dass kein diesbezüglicher Aufwand angefallen ist.
Schliesslich wird zwar der Liegenschaftenertrag 2001 im Abschluss des ersten
Willensvollstreckers mit netto Fr. 293'916.15 ausgewiesen und im Abschluss des zwei-
ten Willensvollstreckers nurmehr mit netto Fr. 27'409.06 (= Fr. 168'462.60 ./.
Fr. 141'053.54), jedoch wurde dies von der Steuerkommissärin nach Einreichen des
letzteren Abschlusses im Einspracheverfahren erkannt und zur Hauptsache auf das
irrtümliche Verbuchen des Liegenschaftsertrags der "Liegenschaften-AG" zurückge-
führt. In der Folge stellte sie diesbezüglich zu Recht auf den zweiten Abschluss ab.
Insgesamt erweisen sich damit die von den Pflichtigen gerügten Mängel der
Buchhaltung entweder nicht als solche oder jedenfalls nicht als derart gravierend, dass
sie die Buchhaltung als Einschätzungsgrundlage untauglich erscheinen liessen. Weite-
re Mängel sind nicht ersichtlich bzw. lassen sich gegebenenfalls gleich wie der in der
Steuerperiode 2001 irrtümlich verbuchte Liegenschaftenertrag korrigieren. Demnach
stellt die Nachlassbuchhaltung eine durchaus taugliche Grundlage dar, um den auf den
Pflichtigen entfallenden Nachlass und dessen Ertrag zu ermitteln. Dabei gilt es aller-
dings zwischen den Buchhaltungen der zwei Willensvollstrecker zu unterscheiden. Zu-
dem sind bei beiden Buchhaltungen steuerrechtlich bedingte Korrekturen vorzunehmen
und z.B. nicht abzugsfähige Aufwandpositionen wie Todesfallkosten, Steuern etc. auf-
zurechnen sowie Penschaft in I, welche als Vermächtnis an die Enkel des Erblassers
ging und zuerst noch von der Mutter sowie danach von den Enkeln versteuert wurde,
nicht zum Nachlass zu zählen. Ab Steuerperiode 2003 steht zudem ohnehin nur die
Buchhaltung des zweiten Willensvollstreckers zur Verfügung, weil diejenige des ersten
Willensvollstreckers nur bis und mit Kalenderjahr 2002 reicht.
c) Nachfolgend ist – gestützt auf die Buchhaltung der Willensvollstrecker – der
auf den Pflichtigen entfallende Nachlass-(ertrag) für jede Steuerperiode einzeln zu
überprüfen.
5. a) Steuerperiode 1999: Differenzen sind hier primär beim Ertrag der Nach-
lassliegenschaften, nicht jedoch beim Ertrag des beweglichen Nachlassvermögens
auszumachen. Zudem ist das Nachlassvermögen selber unangefochten geblieben.
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aa) Liegenschaftenertrag stellen nur die ab Todestag 3. Oktober 1999 zuge-
flossenen Einnahmen (= fällige Mieten) dar. Im Abschluss des zweiten Willensvollstre-
ckers sind jedoch bei allen Liegenschaften auch Mieterträge aus der Zeit Januar - Sep-
tember 1999 verbucht worden, sodass dieser Abschluss als Einschätzungsgrundlage
insofern ausser Betracht fällt. Gleiches gilt für die "Rekonstruktion Erfolgsrechnung
1999" des Pflichtigen, da diese Aufstellung auf dem nämlichen Abschluss basiert. Für
die Einschätzung tauglich erscheint dagegen übereinstimmend mit dem Einschät-
zungs-/Einspracheentscheid der Abschluss des ersten Willensvollstreckers mit einem
Liegenschaftenertrag von Fr. 17'874.- (./. Fr. 8'000.- Einnahmen aus dem Objekt in I),
da darin keine vor dem Todestag fällige Mieten enthalten sind (vgl. Konto 7500 Liegen-
schaftsertrag).
bb) Der Ertrag aus dem beweglichen Nachlassvermögen ist mit Fr. 22'815.-,
abzüglich Fr. 4'443.- und Fr. 2'478.- (= Fr. 15'894.-) zwar nicht bestritten, jedoch
gleichwohl zu korrigieren. Darin enthalten sind nämlich Fr. 21'779.- Devisenkursgewin-
ne (Abschluss 1999, Konto 360), die nicht Vermögensertrag, sondern Kapitalgewinn
darstellen und daher kraft Art. 16 Abs. 3 DBG bzw. § 16 Abs. 3 StG als solche nicht der
Einkommenssteuer unterliegen. Der auf den Pflichtigen entfallende Anteil dieser Ge-
winne beträgt Fr. 8'167.- (= 37,5%), um welchen Betrag der Nachlassertrag 1999 daher
zu reduzieren ist.
Der Pflichtige will sodann die verbuchten Todesfallkosten von Fr. 45'486.90
sowie die verbuchten Kantons- und Gemeindesteuern von Fr. 2'100.25 ertragsmin-
dernd berücksichtigt wissen. Da diese Kosten zwar den Nachlass, nicht jedoch dessen
Ertrag schmälern bzw. nicht abzugsfähige Lebenshaltungskosten darstellen (für die
Steuern ausdrücklich Art. 34 lit. e DBG bzw. § 33 lit. e StG), sind sie von der Steuer-
kommissärin zu Recht nicht zum Abzug gelassen worden.
cc) Das veranlagte Nachlassvermögen per Ende 1999 von Fr. 1'106'104.-
stützt sich auf den Abschluss des ersten Willensvollstreckers. Im Abschluss des zwei-
ten Willensvollstreckers ist im Umlaufvermögen (Konto 1040) zusätzlich ein "Guthaben
Verwaltung 'P' " von Fr. 113'371.75 bilanziert, das gemäss Einspracheentscheid aus
ausstehenden Mieten der Liegenschaft I besteht. Diese Liegenschaft wurde vom Erb-
lasser (als Vermächtnis) an die Söhne des Pflichtigen vererbt und von Anfang an von
diesen bzw. der überlebenden Ehefrau des Erblassers versteuert. Demnach ist das
Nachlassvermögen ohne dieses Guthaben und damit gemäss Abschluss des ersten
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Willensvollstreckers festzusetzen. Die Einschätzung erweist sich diesbezüglich als ge-
setzmässig, ebenso der bestätigende Einspracheentscheid.
b) Steuerperiode 2000: Den Einspracheentscheid haben die Pflichtigen nicht
angefochten, sodass die diesbezüglichen Einschätzungen nicht zu überprüfen sind.
c) Steuerperiode 2001: Strittig sind sowohl der Ertrag aus dem beweglichen
wie auch der Ertrag aus dem unbeweglichen Nachlassvermögen sowie der Umfang
des Nachlassvermögens selber.
aa) Beim Liegenschaftenertrag besteht zwar Einigkeit darüber, dass auf den
Abschluss des zweiten Willensvollstreckers abzustellen ist, weil im Abschluss des ers-
ten Willenvollstreckers nicht den Nachlassertrag betreffende Guthaben von
Fr. 216'533.- enthalten sind (Konto 7500). Gemäss Abschluss des zweiten Willensvoll-
streckers betragen die um diese Guthaben korrigierten Mieteinnahmen Fr. 168'462.-
und der Aufwand Fr. 141'053.-, sodass ein Nettoergebnis von Fr. 27'409.- resultiert.
Davon in Abzug zu bringen ist der auf das Objekt J in I entfallende Anteil von
Fr. 12'844.- (= Fr. 93'600.- ./. Fr. 80'756.-), womit Fr. 14'565.- verbleiben.
In den Mieteinnahmen enthalten sind jedoch weiter auch zwei Zahlungen der
Gemeinde M-L von Fr. 34'830.- und Fr. 19'780.-, welche den Liegenschaften K 12 und
14 in L gutgeschrieben wurden und den Vermerk "Gemeinde M, Quartierplan" tragen
(Abschluss 2001, Konti 7503 und 7504). Im Nachtrag zur Einsprache vom
4. September 2008 machte der Pflichtige geltend, es handle sich dabei um eine Abtre-
tungs-Entschädigung der Gemeinde M-L im Rahmen des Quartierplans N, welche nicht
der Einkommenssteuer unterliege. Mietertrag könne auch deshalb nicht vorliegen, weil
die beiden Objekte leer gestanden seien und daher keinen Ertrag abgeworfen hätten.
Den Sachverhalt könnten die zuständigen Amtspersonen der Gemeinde M-L, Leiter der
Finanzen und Bau + Liegenschaften, bestätigen. Die Steuerkommissärin ist darauf im
Einspracheentscheid nicht eingegangen, obwohl der Nachtrag vom 4. September 2008
zumindest bei den Staats- und Gemeindesteuern noch innerhalb der Einsprachefrist
eingereicht wurde.
Die vom Referenten der Steuerrekurskommission bei der Gemeinde M-L vor-
genommenen Abklärungen und eingeholten Unterlagen haben ergeben, dass die frag-
lichen zwei Zahlungen tatsächlich Entschädigungszahlungen der Gemeinde für die
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Abtretung von Land im Rahmen des erwähnten Quartierplanverfahrens darstellen. Sie
stimmen überein mit der vom Pflichtigen eingereichten Aufstellung der Gemeinde über
die insgesamt geleisteten Entschädigungszahlungen an die am Quartierplan beteiligten
Grundeigentümer. Zudem wurden tatsächlich keine Mieteinnahmen für die zwei fragli-
chen Liegenschaften verbucht. Die Zahlungen unterstehen daher nicht der Einkom-
menssteuer, weil es sich um steuerfreie Kapitalgewinne handelt und bei der direkten
Bundessteuer eine diesbezügliche Besteuerung kraft Art. 16 Abs. 3 DBG ausser Be-
tracht fällt sowie bei den Staats- und Gemeindesteuern nur die Erfassung mit der
Grundstückgewinnsteuer in Frage kommt (§ 16 Abs. 3 i.V.m. § 216 StG). Dem hat sich
das kantonale Steueramt auf entsprechenden Vorhalt am 10. Februar 2009 ange-
schlossen. Mithin ist der verbliebene Liegenschaftenertrag um die beiden Zahlungen
von Fr. 54'610.- zu kürzen. Der auf den Pflichtigen entfallende Anteil von 37,5% der
Zahlungen macht Fr. 20'479.- aus.
bb) Beim Ertrag aus dem beweglichen Nachlassvermögen sind der Wertschrif-
tenertrag von Fr. 21'750.-, der Verwaltungsaufwand von Fr. 12'363.- und der Finanz-
aufwand von Fr. 4'668.- nicht streitig, sodass netto Fr. 4'719.- verbleiben. Dies ent-
spricht der Besteuerung gemäss Einspracheentscheid.
Zusätzlich einkommensmindernd berücksichtigt haben wollen die Pflichtigen
jedoch den buchmässig ausgewiesenen Verlustüberschuss aus Devisentransaktionen
im Umfang von Fr. 66'342.-. Dem ist nicht stattzugeben, da es sich dabei um Kapital-
verluste auf Privatvermögen handelt, welche gleich wie die Kapitalgewinne der Ein-
kommenssteuer nicht unterstehen (Art. 16 Abs. 3 DBG bzw. § 16 Abs. 3 StG). Nicht
abziehen können die Pflichtigen sodann auch die mit Fr. 6'603.31 verbuchten Kantons-
und Gemeindesteuern (Art. 34 lit. e DBG, § 33 lit. e StG).
Damit bleibt es bezüglich des Ertrags aus dem beweglichen Nachlassvermö-
gen bei der Einschätzung gemäss Einspracheentscheid.
cc) Das Nachlassvermögen per Ende 2001 lautet gemäss Einspracheent-
scheid auf Fr. 1'235'982.- bzw. Fr. 1'237'989.- und wird von den Pflichtigen mit
Fr. 1'156'394.- verfochten.
Die hauptsächliche Differenz liegt im Guthaben von Fr. 216'533.- (Konto
1040), welches die Pflichtigen zu Recht ausser Acht lassen, weil es nach dem Gesag-
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ten unstreitig nicht den Nachlass betrifft. Es wurde von der Steuerkommissärin daher
wohl nur irrtümlich vom Nachlass nicht ausgenommen. Der auf den Pflichtigen entfal-
lende Anteil von Fr. 81'200.- ist infolgedessen vom Nachlassvermögen gemäss Ein-
spracheentscheid abzuziehen (die sonstigen Differenzen sind zu vernachlässigen).
d) Steuerperiode 2002: Nur der Nachlassertrag ist streitig, jedoch sowohl beim
beweglichen wie auch beim unbeweglichen Vermögen. Das Nachlassvermögen ist
unangefochten geblieben.
aa) Der Ertrag des beweglichen Nachlassvermögens beträgt unstreitig
Fr. 6'316.-. Davon bringen die Pflichtigen jedoch den verbuchten Devisenverlustüber-
schuss von Fr. 10'404.75, einen sonstigen Kursverlustüberschuss von Fr. 755.80
(= Fr. 592.80 ./. Fr. 1'348.60) sowie Kantons- und Gemeindesteuern von Fr. 5'043.46 in
Abzug. Diese Abzüge sind aus den nämlichen Gründen wie bei den analogen Positio-
nen des Vorjahres nicht zu gewähren. Zu Unrecht wurde daher im Einspracheent-
scheid der Kursverlustüberschuss von Fr. 755.80 (als Teil des Finanzaufwands von
Fr. 1'629.-) einkommensmindernd berücksichtigt, was zu korrigieren ist.
Die übrigen Aufwandpositionen des beweglichen Vermögens werden von den
Pflichtigen in der "Rekonstruktion Erfolgsrechnung 2002" auf insgesamt Fr. 10'082.95
beziffert und entsprechen den Abschlüssen beider Willensvollstrecker. Die Steuer-
kommissärin hat diese Kosten im Einspracheentscheid korrekt zum Abzug zugelassen.
Reduziert man den Ertrag von Fr. 6'316.- um die ausgewiesenen Kosten von
Fr. 10'082.95, ergibt sich ein Verlust des beweglichen Nachlasses von Fr. 3'767.-.
bb) Beim Liegenschaftenertrag ist zu berücksichtigen, dass der Pflichtige im
Lauf der Steuerperiode diverse Objekte zu Alleineigentum übernommen hat, sodass
diese samt Ertrag nicht mehr in den Nachlass fallen, sondern direkt beim Pflichtigen zu
erfassen sind. Einnahmenseitig fällt dergestalt unstreitig nurmehr gerade der Ertrag
des Objekts Q von Fr. 3'135.- (bis zum Eigentumsübergang) in den Nachlass.
Aufwandseitig sind dem Nachlass entgegen der "Rekonstruktion Erfolgsrech-
nung 2002" des Pflichtigen und übereinstimmend mit dem Einspracheentscheid nur die
bis zum Übergang der einzelnen Objekte an den Pflichtigen entstandenen Aufwendun-
gen anzurechnen. Unbestritten sind dabei die Auslagen für das Objekt Q von
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Fr. 4'778.60. Bei den Liegenschaften K 12/14 (Übergang 20. Juni 2002) und O (Über-
gang 5. Juni 2002) sind gemäss Buchhaltung des zweiten Willensvollstreckers diesbe-
zügliche Unterhaltskosten von rund Fr. 1'000.- entstanden (Abschluss 2002, Konti
KST3 - KST5). Letzteren Betrag hat die Steuerkommissärin im Einspracheentscheid
zum Abzug zugelassen. Dem Nachlass zu belasten sind sodann die bis zur Übernah-
me durch den Pflichtigen fälligen und verbuchten Hypothekarzinsen von Fr. 3'656.- (K)
und Fr. 2'143.- (O), wobei letzterer Zins im Einspracheentscheid offenkundig verges-
sen ging.
Der Liegenschaftenertrag von - Fr. 6'300.- gemäss Einspracheentscheid ist
daher um Fr. 2'143.- auf - Fr. 8'443.- zu vermindern.
cc) Insgesamt resultiert pro 2002 demnach ein Nachlassertrag (Verlust) von
- Fr. 12'210.- (= - Fr. 3'767.- + [- Fr. 8'443.-]). Davon entfallen auf den Pflichtigen
37,5%, entsprechend - Fr. 4'579.- (statt Fr. 4'059.-).
e) Steuerperiode 2003: Streitig ist wiederum der Ertrag aus dem beweglichen
und unbeweglichen Nachlassvermögen, nicht jedoch das Nachlassvermögen selber.
aa) Der Ertrag aus dem beweglichen Nachlassvermögen beträgt überein-
stimmend mit dem Einspracheentscheid nur (Fr. 810.77 + Fr. 1'531.20 =) Fr. 2'342.-,
weil die Devisengewinne von Fr. 7'060.- entgegen der "Rekonstruktion Erfolgsrech-
nung 2003" des Pflichtigen als einkommensteuerfreie Kapitalgewinne keinen Ertrag
darstellen. Davon in Abzug zu bringen sind die verbuchten Aufwendungen gemäss
Einschätzungsentscheid von (Fr. 1'692.55 Patentkosten + Fr. 45.32 Bankzinsen +
Fr. 827.20 Bankspesen =) Fr. 2'565.-, nicht jedoch die von den Pflichtigen geltend ge-
machten Kantons- und Gemeindesteuern von Fr. 4'861.-. Dies ergibt einen negativen
Ertrag gemäss Einspracheentscheid von - Fr. 223.- bzw. einen Anteil des Pflichtigen
von - Fr. 84.-.
bb) Liegenschaftenertrag ist unstreitig nicht mehr in den Nachlass geflossen,
weil sämtliche Objekte bereits im Vorjahr auf den Pflichtigen übergegangen sind und
das Objekt in I von Anfang an von den Enkeln des Erblassers bzw, der überlebenden
Ehefrau des Erblassers versteuert worden ist. Dementsprechend ist anders als in der
"Rekonstruktion Erfolgsrechnung 2003" auch kein Liegenschaftsunterhalt mehr zu be-
rücksichtigen.
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f) Steuerperiode 2004: Der Streitgegenstand ist der nämliche wie in der Vor-
periode.
aa) Der Ertrag des beweglichen Nachlassvermögens ist auch hier ohne die
Devisengewinne von Fr. 14'890.- zu ermitteln, sodass er – wie im Einspracheentscheid
korrigiert – lediglich (Fr. 637.- + Fr. 1'436.50 =) Fr. 2'074.- ausmacht. Abzuziehen sind
sodann die verbuchten Aufwendungen von (Fr. 5'128.85 Patentkosten + Fr. 751.20
Bankspesen =) Fr. 5'880.-, nicht indessen die Staats- und Gemeindesteuern von
Fr. 4'860.63. Es resultiert ein negativer Ertrag gemäss Einspracheentscheid von
- Fr. 3'806.- bzw. ein Anteil des Pflichtigen von - Fr. 1'427.-.
bb) Erneut fällt aus den nämlichen Gründen wie in der Vorperiode im Nach-
lass kein Liegenschaftenertrag und -unterhalt mehr an.
cc) Der Nachlassertrag (Verlust) beläuft sich damit übereinstimmend mit dem
Einspracheentscheid auf - Fr. 1'427.-.
g) Steuerperioden 2005 und 2006: Weder Nachlassvermögen noch -ertrag
sind streitig.
III. Übrige Einkünfte und Abzüge
6. Bei den Einschätzungen 1999 sowie 2001 - 2004 liegen neben dem Nach-
lassvermögen und -ertrag weitere Positionen im Streit, die nachfolgend zu klären sind.
Die Differenzen gegenüber den Einschätzungs-/Einspracheentscheiden ergeben sich
dabei aus den von den Pflichtigen mit Einsprache und Rekurs/Beschwerde eingereich-
ten, selber erstellten Steuererklärungen.
a) Steuerperiode 1999
Bei den Einkünften setzten die Pflichtigen in der selber erstellten Deklaration
wohl irrtümlich die Werte der Steuererklärung 1999 A mit dem Bemessungsjahr 1998
ein. Massgebend sind vielmehr die Einkünfte des Kalenderjahres 1999, welche in der
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Steuererklärung 1999 B enthalten sind. Die Steuerkommissärin hat sie unverändert
übernommen, was sich als gesetzmässig erweist.
Bei den Abzügen hat die Steuerkommissärin zu Recht den Abzug für gemein-
nützige Zuwendungen um Fr. 100.- auf die ohne Nachweis zulässigen Fr. 300.- redu-
ziert. Neu deklarieren die Pflichtigen sodann einen Abzug für Vermögensverwaltungs-
kosten von Fr. 300.-, der im Sinn der diesbezüglich geltenden Pauschale zu gewähren
ist. Nicht zuzulassen ist allerdings der ebenfalls neu deklarierte persönliche Abzug für
verheiratete Steuerpflichtige von Fr. 10'800.-, da dieser Abzug im alten Recht gründet
und im StG bzw. DBG nicht mehr vorgesehen ist.
Das steuerbare Einkommen 1999 ist daher um Fr. 300.- zu reduzieren.
b) Steuerperiode 2001
aa) Beim steuerbaren Einkommen ist nur der Kinderabzug von Fr. 10'800.-
(Staats- und Gemeindesteuern) bzw. Fr. 11'200.- (direkte Bundessteuer) für die beiden
1977 und 1979 geborenen Söhne der Pflichtigen streitig.
Gemäss Art. 35 Abs. 1 lit. a DBG bzw. § 34 Abs. 1 lit. a StG kann der Kinder-
abzug für jedes minderjährige oder in der beruflichen Ausbildung stehende Kind gel-
tend gemacht werden, wenn der Steuerpflichtige für dessen Unterhalt sorgt. Die Steu-
erkommissärin rechnete den deklarierten Kinderabzug auf mit dem Hinweis, die beiden
Söhne verfügten ab der Steuerperiode 2001 über genügend Einkommen, um für ihren
Lebensunterhalt selber aufzukommen. Die Pflichtigen widersprechen diesem Hinweis
weder in der Einsprache noch im Rekurs bzw. in der Beschwerde, sodass die Aufrech-
nung des Kinderabzugs zu bestätigen ist.
bb) Beim steuerbaren Vermögen deklarieren die Pflichtigen das Wertschriften-
und Guthabenvermögen in der selber erstellten Steuererklärung 2001 um Fr. 40'000.-
tiefer mit Fr. 548'599.- als in der ursprünglichen Steuererklärung bzw. im Wertschrif-
tenverzeichnis 2001. Dies ist auf die Ausklammerung eines anfänglich deklarierten
Guthabens der Pflichtigen gegenüber dem Pflichtigen von Fr. 40'000.- zurückzuführen.
Forderungen des einen Ehegatten gegenüber dem andern Ehegatten werden
bei gemeinsam zu besteuernden Eheleuten durch entsprechende Schulden des an-
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dern Ehegatten kompensiert. Die Steuerkommissärin hat zwar die der fraglichen For-
derung gegenüberstehende Schuld des Pflichtigen von Fr. 40'000.- aufgerechnet, in-
dem sie die deklarierten Schulden um diesen Betrag reduzierte, nicht jedoch die ent-
sprechende Korrektur bei den deklarierten Forderungen vorgenommen. Dies ist
nachzuholen. Dementsprechend ist das Wertschriften- und Guthabenvermögen an-
tragsgemäss um Fr. 40'000.- zu reduzieren.
c) Steuerperiode 2002
Beim steuerbaren Einkommen bestehen hinsichtlich der Einkünfte keine Diffe-
renzen zwischen den Parteien. Bei den Abzügen rechnete die Steuerkommissärin
demgegenüber erneut den Kinderabzug von Fr. 10'800.- auf, was gleich wie in der
Vorperiode zu bestätigen ist. Das steuerbare Vermögen fochten die Pflichtigen nicht
an.
d) Steuerperiode 2003
Die Steuerkommissärin gewährte höhere Abzüge für Berufsauslagen des
Pflichtigen (Fr. 3'517.- statt Fr. 1'400.- wie deklariert) sowie für Schuldzinsen von
(Fr. 10'969.- statt Fr. 10'938.-). Sodann reduzierte sie den Abzug für gemeinnützige
Zuwendungen um Fr. 100.- auf Fr. 300.- und rechnete wiederum den Kinderabzug von
Fr. 10'800.- auf. Diese Korrekturen erweisen sich als gesetzmässig und sind daher zu
bestätigen. Der mit Rekurs/Beschwerde neu geltend gemachte Sonderabzug bei Er-
werbstätigkeit beider Ehegatten von Fr. 5'200.- ist nicht ausgewiesen, da die Pflichtige
keine Erwerbseinkünfte deklariert. Das steuerbare Vermögen ist unbestritten geblie-
ben.
e) Steuerperiode 2004
Die Steuerkommissärin rechnete beim steuerbaren Einkommen die deklarier-
ten Berufsauslagen des Pflichtigen von Fr. 1'000.- auf, was mangels Erwerbs(er-
satz)einkünften rechtens ist. Das steuerbare Vermögen ist unangefochten geblieben.
f) Steuerperioden 2005 und 2006
Es sind keine weiteren Positionen streitig.
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1 ST.2008.345 - 349, 404 + 405 1 DB.2008.205 - 209, 252 + 253
IV. Ergebnis
7. Nach alledem sind die Einschätzungen in teilweiser Gutheissung von Re-
kurs und Beschwerde wie folgt abzuändern und im Übrigen zu bestätigen:
Steuerperiode 1999 Staats-/Gmdsteuer direkte Bundessteuer Fr. Fr. Steuerbares Einkommen
Einspracheentscheid 182'956.- 182'256.-
./. Kapitalgewinne Nachlass 8'167.- 8'167.-
Vermögensverw.-kosten - 300.- - 300.-
174'489.- 173'789.-
174'400.- 173'700.-
Steuerperiode 2001
- Steuerbares Einkommen
Einspracheentscheid 254'028.- 253'679.-
./. Reduktion Rente - 36'000.- - 36'000.-
Entschädigung Quartierplan - 20'479.- - 20'479.-
197'549.- 197'200.-
197'500.- 197'200.-
- Steuerbares Vermögen
Einspracheentscheid 2'579'414.-
./. Reduktion Nachlassverm. - 81'200.-
Forderung Pflichtige - 40'000.-
2'458'214.-
2'458'000.-
Steuerperiode 2002
Steuerbares Einkommen
Einspracheentscheid 223'567.- 223'234.-
./. Reduktion Rente - 72'000.- - 72'000.-
Differenz Nachlassertrag (- Fr. 4'579.- statt - Fr. 4'059.-) - 520.- - 520.-
151'047.- 150'714.-
151'000.- 150'700.-
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Steuerperiode 2003
Steuerbares Einkommen
Einspracheentscheid 318'000.- 316'400.-
./. Reduktion Rente - 72'000.- - 72'000.-
246'000.- 244'400.-
Steuerperiode 2004
Steuerbares Einkommen
Einspracheentscheid 257'900.- 260'100.-
./. Reduktion Rente - 72'000.- - 72'000.-
185'900.- 188'100.-
Steuerperiode 2005
Steuerbares Einkommen
Einspracheentscheid 150'800.- 153'100.-
./. Reduktion Rente - 72'000.- - 72'000.-
78'800.- 81'100.-
Steuerperiode 2006
Steuerbares Einkommen
Einspracheentscheid 257'100.- 259'600.-
./. Reduktion Rente - 72'000.- - 72'000.-
185'100.- 187'600.- .
V. Kosten- und Entschädigungsfolgen
8. Ausgangsgemäss sind die Kosten des Verfahrens den Parteien anteilsmäs-
sig aufzuerlegen (Art. 144 Abs. 1 DBG, § 151 Abs. 1 StG). Eine Parteientschädigung
ist hinsichtlich der Staats- und Gemeindesteuern nicht zuzusprechen, da die Pflichtigen
keine verlangt haben (§ 152 StG i.V.m. § 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegegeset-
zes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997). Bezüglich der direkten Bundessteuer entfällt eine
Parteientschädigung ebenfalls, weil das Obsiegen der Pflichtigen nicht überwiegend ist
(Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Verwaltungs-
verfahren vom 20. Dezember 1968).
- 25 -
1 ST.2008.345 - 349, 404 + 405 1 DB.2008.205 - 209, 252 + 253 | Public | Tax | de | 2,009 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
bd1b4e49-5f25-4274-8a28-1e97f0a740cf | hat sich ergeben:
A. Die A (nachfolgend die Pflichtige) wurde am ... 2003 mit Sitz in C gegrün-
det. Sie verfügt über ein Aktienkapital von Fr. 200'000.- und bezweckt die Erbringung
von Beratungen und Dienstleistungen in den Bereichen Flugzeughandel, Flugzeug-
charter, Flugzeugmanagement und die dazugehörigen Finanzierungen. Im August
2005 hat sie den Sitz nach D verlegt. E war Alleinaktionär und bis zu seinem Aus-
scheiden am 26. März 2010 einziges Verwaltungsratsmitglied der Pflichtigen. Wichtigs-
tes Aktivum der AG ist die Beteiligung von 45% an der F in G (seit Mai 2009 in H,I).
Diese Gesellschaft befasst sich laut Statuten mit der Erbringung von Dienstleistungen
im Bereich des nationalen und internationalen Lufttransports; sodann bezweckt sie den
Handel mit und die Vermittlung von Flugzeugen und Zubehör auf eigene Rechnung
sowie die Beratung von Gesellschaften im Bereich der Zivilluftfahrt. Ihr Aktienkapital
betrug zunächst Fr. 500'000.-, ab Dezember 2005 Fr. 2 Mio. und ab Mai 2007 Fr. 5
Mio. In den Jahren 2003 bis 2006 wies die Pflichtige laut Abschluss folgende Verluste
bzw. Reingewinne aus:
Geschäftsjahr Gewinn Verlust
Fr. Fr.
2003 (27.3. - 31.12.) 58'395.-
2004 2'754.-
2005 (1.1. - 31.7.) 28'720.-
2005/2006 (1.8.05 - 31.7.06) 524'811.-
2006/2007 (1.8.06 - 31.7.07) 455'353.-.
Soweit erkennbar, ist die Pflichtige für die Steuerperioden bis und mit 2005
(1.1. - 31.7.) aufgrund unbeschränkter Steuerpflicht im Kanton Zürich rechtskräftig ein-
geschätzt. In der Steuererklärung 2006 gab die Pflichtige an, sie habe den Sitz im Au-
gust 2006 nach D verlegt. Gleichwohl bezeichnete sie den im Geschäftsjahr 2005/06
erzielten Geschäftsgewinn von Fr. 524'811.- abzüglich verrechenbarer Vorjahresver-
luste von Fr. 26'921.-, mithin ein Betreffnis von Fr. 497'890.-, als ausschliesslich im
Kanton Zürich steuerbar, ebenso das steuerbare Eigenkapital von Fr. 697'890.-. Unter
Bemerkungen führte sie an, die interkantonale Steuerausscheidung bleibe vorbehalten
und müsse zusammen mit dem Sitzkanton abgesprochen werden.
- 3 -
2 ST.2010.156
Am 24. Juni 2009 nahm der steueramtliche Revisor am Sitz der Vertreterin der
Pflichtigen in G eine Buchprüfung vor. Dabei kam er vorab zum Schluss, die Pflichtige
unterliege weiterhin der hiesigen unbeschränkten Steuerpflicht, und zwar namentlich
deshalb, weil sie in D über keine Infrastruktur verfüge. Gestützt auf dessen Erkenntnis-
se beanspruchte das kantonale Steueramt mit Vorentscheid vom 18. November 2009
für den Kanton Zürich und die Gemeinde C die unbeschränkte Steuerhoheit über die
Pflichtige hinsichtlich der Steuerperiode vom 1. August 2005 bis 31. Juli 2006.
B. Dagegen erhob die Pflichtige am 17. Dezember 2009 Einsprache und ver-
langte, die Besteuerung im Kanton Zürich bis zum Zeitpunkt des Eintrags der Sitzver-
legung im Handelsregister des Kantons K zu beschränken. Mithin bestehe die Steuer-
pflicht bloss am 1. August 2005; im überschiessenden Teil sei der angefochtene
Entscheid aufzuheben.
In der Folge traf das kantonale Steueramt im Einspracheverfahren weitere
Untersuchungen. Da es den geforderten Nachweis, dass die Verwaltung ab dem 2.
August 2005 tatsächlich in D stattgefunden habe, nach wie vor als nicht erbracht er-
achtete, wies es die Einsprache am 29. April 2010 ab.
C. Mit Rekurs vom 28. Mai 2010 liess die Pflichtige den Einspracheantrag er-
neuern, unter Kosten und Entschädigungsfolgen.
Mit Rekursantwort vom 25. Juni 2010 schloss das kantonale Steueramt auf
Abweisung des Rechtsmittels.
Die Steuerrekurskommission II zog die Akten des Alleinaktionärs und Ge-
schäftsführers der Pflichtigen, E, bei.
Am 28. Juli 2010 reichte die Pflichtige weitere Unterlagen ein. Dabei berief sie
sich auf ihre Rekurseingabe. Dort hatte sie "weitere Belege für den Nachweis der tat-
sächlichen Auslandstätigkeit vorbehalten".
- 4 -
2 ST.2010.156
Auf das Ergebnis der Sachverhaltsermittlung, die Begründung im angefochte-
nen Entscheid sowie die Vorbringen der Parteien ist, soweit rechtserheblich, in den
nachfolgenden Erwägungen einzugehen. | Die Rekurskommission zieht in Erwägung:
1. a) Die Pflichtige hatte ihren Sitz bis und mit 1. August 2005 in C. Mit Han-
delsregistereintrag vom folgenden Tag (2. August 2005) hat sie sich formell in D nie-
dergelassen. Gestützt auf die Sitzverlegung in den Kanton K scheint, soweit aus den
Akten erkennbar, die dortige Steuerverwaltung davon auszugehen, dass die Pflichtige
ab dem 2. August 2005 qua Sitz unbeschränkt in K steuerpflichtig sei. Anderseits aner-
kennt das hiesige Steueramt die Beendigung der Steuerhoheit des Kantons Zürich per
1. August 2005 nicht.
b) Umstritten ist die unbeschränkte Steuerpflicht der Pflichtigen in der Steuer-
periode 1.8.2005 bis 31.7.2006, allerdings nicht umfassend, wie das kantonale Steuer-
amt dafür hält, sondern erst ab 2. August 2005. Denn die Pflichtige hat die Steuerpflicht
für den 1. August 2005 ausdrücklich anerkannt.
aa) Laut Art. 20 Abs. 1 Satz 1 des Bundesgesetzes über die Harmonisierung
der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden vom 14. Dezember 1990 (StHG)
sind Kapitalgesellschaften aufgrund persönlicher Zugehörigkeit (unbeschränkt) steuer-
pflichtig, wenn sich ihr Sitz oder ihre tatsächliche Verwaltung im Kanton befindet. Ver-
legt eine juristische Person den Sitz oder die tatsächliche Verwaltung während eines
Geschäftsjahres und damit während einer Steuerperiode von einem Kanton in einen
anderen, so ist sie für diese Periode nach Art. 22 StHG (in der Fassung vom 15. De-
zember 2000) in beiden Kantonen steuerpflichtig (Abs. 1). Die Verlegung bewirkt daher
im Wegzugskanton keine Beendigung der Steuerpflicht (Satz 1). Indes obliegt die Ver-
anlagung diesfalls allein dem Zuzugskanton (Satz 2). Der Gesamtgewinn und das Ka-
pital sind auf die beiden Kantone aufzuteilen (Abs. 3); in der Regel geschieht dies pro
rata temporis (siehe Ziff. 321 des Kreisschreibens Nr. 15 der Schweizerischen Steuer-
konferenz über die Koordination und Vereinfachung der Veranlagungsverfahren für die
- 5 -
2 ST.2010.156
direkten Steuern im interkantonalen Verhältnis vom 31. August 2001; massgeblich ist
in der Praxis das Zeitsäulenmethode).
bb) In diesem Licht ist die unbeschränkte Steuerpflicht in der Steuerperiode
1.8.2005 bis 31.7.2006 (entsprechend dem Geschäftsabschluss) aus Sicht der Pflichti-
gen im Grund nicht umstritten; streitig ist in ihrer Optik einzig die Aufteilung der Fakto-
ren. Das kantonale Steueramt hält dem allerdings entgegen, dass dem neuen Sitzkan-
ton unter den gegebenen Umständen in dieser Zeitspanne überhaupt kein
Besteuerungsrecht zustehe. Nur bei rein formalistischer Betrachtung liesse sich die
Meinung verfechten, da lediglich die Zerlegung der Faktoren betroffen sei, könne in
dieser Periode noch auf eine Auseinandersetzung um die unbeschränkte Steuerpflicht
verzichtet werden. Eine solche Auffassung ist indes, da nicht zielführend, zu verwerfen.
Um diese Problematik zu entschärfen, drängte es sich eigentlich auf, die An-
gelegenheit über das Recht zur direkten Bundessteuer (Bundesgesetz über die direkte
Bundessteuer vom 14. Dezember 1990; DBG) zu klären. Denn dort ist der Veranla-
gungskanton klarerweise während der gesamten Steuerperiode allein zuständig (Art.
105 Abs. 3 DBG).
cc) Ob der Kanton Zürich die Veranlagungshoheit über die Pflichtige bezüglich
der Bundesteuerperiode 2005/06 beansprucht, geht aus den – insofern wohl unvoll-
ständigen – Akten nicht hervor. Sollte dies aber der Fall sein, was konsequent wäre, so
ist in Anbetracht der Raschheit und Effizienz des dortigen Verfahrens (vgl. Art. 108
Abs. 1 DBG) unverständlich, weshalb die Klärung der Verhältnisse nicht vorab auf je-
nem Weg erfolgt. Unter solchen Umständen wäre zwingend die Eidg. Steuerverwaltung
einzuschalten (BGr, 10. März 2007, 2P.22/2007). Die Steuerrekurskommission II hat
die Verwaltung bereits in früheren Verfahren auf die Vorzüge dieses Verfahrens hin-
gewiesen und versucht, beliebt zu machen, im Konfliktfall diese Schiene zu fahren;
offenbar vergeblich, wie mit Erstaunen zur Kenntnis zu nehmen ist.
2. a) Gemäss § 54 Abs. 1 lit. a des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG)
werden als juristische Personen u.a. die Kapitalgesellschaften (Aktiengesellschaften
usw.) besteuert. Juristische Personen sind kraft § 55 StG aufgrund persönlicher Zuge-
hörigkeit steuerpflichtig, wenn sich ihr Sitz oder ihre tatsächliche Verwaltung im Kanton
befindet. Diesfalls ist ihre Steuerpflicht nach § 57 Abs. 1 StG unbeschränkt (Halbsatz
- 6 -
2 ST.2010.156
1); hingegen erstreckt sie sich nicht auf Betriebsstätten und Grundstücke ausserhalb
des Kantons (Halbsatz 2).
aa) Im interkantonalen Verhältnis greift das harmonisierte Steuerrecht. Juristi-
sche Personen wie namentlich Kapitalgesellschaften sind nach Art. 20 Abs. 1 StHG,
wie bereits erwähnt (vorn E. 1b/aa), steuerpflichtig, wenn sich ihr Sitz oder ihre tatsäch-
liche Verwaltung im Kanton befindet. Nur dann darf der Kanton zu einer unbeschränk-
ten Besteuerung schreiten. Sitz der juristischen Person ist der Ort, den die Statuten als
Sitz bezeichnen (vgl. Art. 56 ZGB). Aufgrund von Art. 20 Abs. 1 StHG bzw. dessen
Umsetzung im kantonalen Recht kann es vorkommen, dass sowohl der Sitzkanton als
auch der Kanton der tatsächlichen Verwaltung die Steuerpflicht aufgrund persönlicher
Zugehörigkeit, d.h. das Hauptsteuerdomizil für die nämliche Steuerperiode beanspru-
chen, und zwar überschneidend. In der Folge resultiert eine unerlaubte Doppelbesteu-
erung. Dieser Konflikt ist nach den Regeln zu lösen, welche die Praxis zum interkanto-
nalen Steuerrecht als Kollisionsrecht entwickelt hat (Athanas/Widmer, in: Kommentar
zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/1, 2. A., 2002, Art. 20 N. 37 ff. StHG; Peter
Locher, in: Einführung in das interkantonale Steuerrecht der Schweiz, 3.A., 2009,
S. 47).
bb) Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (zu Art. 46 Abs. 2 aBV
bzw. Art. 127 Abs. 3 BV) befindet sich das Hauptsteuerdomizil einer juristischen Per-
son im interkantonalen Verhältnis grundsätzlich an ihrem durch die Statuten und den
Handelsregistereintrag bestimmten Sitz. Auf diesen zivilrechtlichen Sitz wird jedoch
dann nicht abgestellt, wenn ihm in einem anderen Kanton ein Ort gegenübersteht, an
dem die normalerweise am statutarischen Sitz sich abspielende Geschäftsführung und
Verwaltung, d. h. die leitende Tätigkeit, in Wirklichkeit vor sich geht (StE 2009 A 24.22
Nr. 6 E. 2.2). Dann wird dieser Ort als (Haupt-)Steuerdomizil betrachtet. Ob der Wahl
des statutarischen Sitzes fiskalische oder andere Erwägungen zugrunde liegen, ist
unerheblich; es genügt, dass dieser Sitz den wirklichen Verhältnissen in keiner Weise
entspricht und als künstlich geschaffen erscheint (BGr, 22. Dezember 2009,
2C_259/2009, www.bger.ch). Entscheidend sind die gesamten Umstände des Einzel-
falls (vgl. u. a. ASA 56, 85 E. 3; StE 2002 A 24.22 Nr. 4 E. 2a; StE 1999 A 24.22 Nr. 3
E. 2a; je mit Hinweisen). Als rein künstlich geschaffen gilt ein statutarischer Sitz, wenn
zu ihm keinerlei nähere Beziehung besteht. Dann liegt ein sog. Briefkastendomizil vor
(Höhn/Mäusli, Interkantonales Steuerrecht, 4.A., 2000, § 8 N 3, auch zum Folgenden).
Dieses besteht darin, dass ein Anwalt, Treuhänder oder anderer Beauftragter (infrage
- 7 -
2 ST.2010.156
kommen auch entsprechende juristische Personen) im Wesentlichen lediglich seine
Geschäftsadresse zur Verfügung stellt und er für die Gesellschaft die Post entgegen-
nimmt. Der Ort der wirklichen Leitung ist (nur) dann entscheidend, wenn sich am statu-
tarischen Sitz keine Leitung und keine Geschäftseinrichtungen befinden (in diesem
Sinn wohl Höhn/Mäusli, § 8 N 1). Gemäss Bundesgericht ist mithin primär auf den Ort
des statutarischen Sitzes abzustellen. Der Ort der tatsächlichen Leitung bestimmt ein-
zig dann das Steuerdomizil, wenn dem statutarischen Sitz bloss formelle Bedeutung
zukommt (Locher, S. 48).
Der Begriff der tatsächlichen Verwaltung ist nicht scharf umschrieben; er deckt
sich mit jenem der tatsächlichen Geschäftsleitung (S. 108 der Botschaft zu Bundesge-
setzen über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden
sowie über die direkte Bundessteuer vom 25. Mai 1983; so letztlich auch Peter Mäusli,
Die Ansässigkeit von Gesellschaften im internationalen Steuerrecht, 1993, S. 160; je
auch zum Folgenden). Die Tätigkeit der obersten Gesellschaftsorgane gehört nicht
dazu, falls sie die reine Kontrolle der eigentlichen Geschäftsleitung betrifft und sich auf
gewisse Grundsatzentscheide beschränkt (Widmer/Moser, Schweizer Aussensteuer-
recht, in: ST 2005, 499; auch zum Folgenden). Ebenso wenig ist auf die administrative
Verwaltung bzw. eine untergeordnete Geschäftstätigkeit abzustellen. Entscheidend ist
jener Ort, wo "die Fäden der Geschäftsführung zusammenlaufen (und) die wesentli-
chen Unternehmensentscheide fallen". Abzustellen ist somit auf den Ort der Führung
der laufenden Geschäfte im Sinn der obersten Leitung der operationellen Betriebsfüh-
rung. Findet sie an verschiedenen Orten statt, so kommt es auf das Zentrum, d.h. den
Mittelpunkt dieser Tätigkeit an. Der Ort der wirklichen Leitung kann ausnahmsweise bei
einer Drittperson angesiedelt sein (Mäusli, S. 63).
b) Befindet sich das primäre Steuerdomizil einer juristischen Person ausser-
halb des Kantons, sei es qua Sitz, sei es aufgrund der tatsächlichen Verwaltung, so
besteht im Kanton kraft wirtschaftlicher Zugehörigkeit laut § 56 Abs. 1 lit. b StG (siehe
auch Art. 21 Abs. 1 lit. b StHG) namentlich dann eine beschränkte Steuerpflicht, wenn
sie hier eine Betriebsstätte unterhält. In diesem Fall ist sie im Kanton gemäss § 57 StG
für den Gewinn und das Kapital – nur, aber immerhin – insoweit steuerpflichtig (Abs. 2
StG). Die Steuerausscheidung erfolgt auch dann nach den Grundsätzen des Bundes-
rechts über das Verbot der interkantonalen Doppelbesteuerung (Abs. 3; Art. 22 Abs. 3
StHG).
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2 ST.2010.156
Die Betriebsstätte begründet ein Nebensteuerdomizil im Sinn eines sekundä-
ren Steuerdomizils. Eine solche liegt vor, wenn sich im Kanton ständige Anlagen oder
Einrichtungen befinden, mittels deren sich ein quantitativ und qualitativ wesentlicher
Teil des Betriebs vollzieht (BGE 134 I 303). Dabei ist nicht erforderlich, dass die Anla-
gen und Einrichtungen im Eigentum des Unternehmens stehen; ein blosses Nutzungs-
recht an bestimmten Räumlichkeiten kann genügen (Locher, S. 45).
3. a) In Bezug auf die Beweislast gilt grundsätzlich, dass es der Behörde ob-
liegt, den Wohnsitz bzw. Sitz als steuerbegründende Tatsache darzutun. Dem Steuer-
pflichtigen kann freilich der Gegenbeweis für die von ihm behauptete subjektive Steu-
erpflicht an einem neuen Ort auferlegt werden, wenn die von der Behörde
angenommene bisherige subjektive Steuerpflicht als sehr wahrscheinlich gilt (BGr, 16.
Februar 2010, 2C_625/2009; 14. April 2009, 2C_576/2008, je www.bger.ch; vgl. schon
ASA 39, 284 E. 3c). Das Bundesgericht hat dies bezüglich des steuerrechtlichen
Wohnsitzes, also für natürliche Personen erkannt; doch muss das sinngemäss auch für
juristische Personen gelten. Gelingt es der steuerpflichtigen juristischen Person nicht,
den Sitzwechsel und dessen realen Hintergrund zu belegen, bleibt es bei der bisheri-
gen Domizilzuordnung. Gleich verhält es sich bezüglich des Orts der tatsächlichen
Verwaltung einer juristischen Person. All das gilt jedenfalls dann, wenn der Steuer-
pflichtige seiner Mitwirkungspflicht im Rahmen des Zumutbaren nachgekommen ist
(vgl. zum Ganzen AJP 2008, 1288 E. 2.3; StE 2008 A 24.21 Nr. 18 E. 2.3; Pra 2000
Nr. 7 S. 29 E. 3c; BGr, 4. März 2009, 2C_770/2008 E. 3, www.bger.ch, mit weiteren
Hinweisen).
b) Selbst wenn eine juristische Person ihren statutarischen Sitz verlegt und zu
prüfen ist, ob sie erstmals primär am neuen Sitz unbeschränkt steuerpflichtig ist, ver-
bietet es sich, vorschnell auf eine bloss formelle Gestaltung der Verhältnisse zu
schliessen. Unterhält sie am Ort ihres neuen statutarischen Sitzes eine wesentliche
Büroinfrastruktur (Büroräumlichkeiten, Personal, etc.) für ihren Geschäftsbetrieb, so ist
anzunehmen, dass sich dort auch der effektive Sitz befindet. Es obliegt dann dem Kan-
ton des früheren Sitzes, den Nachweis zu erbringen, dass sich die eigentliche Ge-
schäftsführung und Verwaltung, d. h. die leitende Tätigkeit, in Wirklichkeit weiterhin
unter seiner Steuerhoheit abspielt (StE 2009 A 24.22 Nr. 6 E. 2.3; StE 1984 A 24.22
Nr. 1 E. 2b).
http://www.bger.ch/
- 9 -
2 ST.2010.156
4. a) Bestreitet eine zur Veranlagung herangezogene Person die Steuerhoheit
des Kantons, muss grundsätzlich in einem Vorentscheid rechtskräftig über die subjekti-
ve Steuerpflicht im Kanton entschieden werden, bevor das Veranlagungsverfahren
fortgesetzt werden kann (BGE 131 I 145 E. 2.1, 125 I 54 E. 1a, mit weiteren Hinwei-
sen). Ein solcher Steuerdomizilentscheid ist wegen Verletzung von Art. 127 Abs. 3 BV
auf dem ordentlichen Rechtsmittelweg anfechtbar (siehe BGr, 22. Dezember 2009,
2C_259/2009).
b) Die Pflichtige widersetzt sich der hiesigen Steuerpflicht ab 2. August 2005.
Daher hat das kantonale Steueramt mit Verfügung vom 16. November 2009 mit gutem
Grund zunächst einen Vorentscheid über die unbeschränkte Steuerpflicht gefällt. Dabei
hat es nicht nur die Steuerhoheit für den Kanton Zürich beansprucht, sondern gleich-
zeitig jene der Gemeinde C. Ob das Amt auch dazu legitimiert war, ist fraglich, ist es
doch letztlich Sache der betroffenen Zürcher Gemeinde, sich für ihre Rechte einzuset-
zen. Das konkrete Vorgehen des kantonalen Steueramts ist schon deshalb problema-
tisch, weil nicht sicher ist, ob, falls sich die tatsächliche Verwaltung in der Steuerperio-
de 2005/06 (weiterhin) im Kanton Zürich abgewickelt haben sollte, diese in C oder in
einer anderen Zürcher Gemeinde (so namentlich in G oder H) stattgefunden hat. Allein
aus dem Umstand, dass C bis und mit Steuerperiode 2005 (1.1. - 31.7.) Einschät-
zungsgemeinde war, lässt sich im vorliegenden Zusammenhang nichts ableiten. Doch
mag diese Frage letztlich offenbleiben. Jedenfalls begnügt sich die
Steuerrekurskommission II darauf, zu prüfen, ob die Steuerhoheit in der infrage ste-
henden Steuerperiode (allein) dem Kanton Zürich zusteht oder nicht.
5. a) Die Pflichtige hat den statutarischen Sitz am 2. August 2005 von C nach
D verlegt. Gestützt auf diesen Umstand hat die hiesige unbeschränkte Steuerpflicht
geendet, es sei denn, die Sitzverlegung erweise sich als rein formell, ohne dass auch
die tatsächliche Verwaltung sich vom Kanton Zürich nach K wegverschoben habe.
b) Das kantonale Steueramt hat einlässlich dargetan, dass nicht erstellt sei,
dass sich die tatsächliche Verwaltung der Pflichtigen ab 2. August 2005 in D abgewi-
ckelt habe. Trotz Aufforderung habe es diese versäumt, den entsprechenden Nachweis
zu erbringen. Dem widerspricht die Pflichtige; sie hält dafür, die Sitzverlegung sei nicht
nur rein formell; vielmehr habe diese einen realen Hintergrund, indem am neuen Sitz
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2 ST.2010.156
die steuerlich relevanten geschäftsleitenden Aktivitäten entfaltet werden. Wie es sich
damit verhält, ist im Folgenden zu klären.
c) Die Pflichtige beschäftigte in der Steuerperiode 2005/06 einzig E als Ge-
schäftsführer und seine Ehefrau als administrative Mitarbeiterin. Sie erbringt ihre
Dienstleistungen nach eigener Darstellung in erster Linie für die I. Diese führt Charter-
flüge für wohlhabende Personen und Regierungsmitglieder durch. Aufgabe der Pflichti-
gen ist es, potenzielle Kunden für die I oder potenzielle Käufer für Flugzeuge zu vermit-
teln. Diese Kunden und Interessenten befinden sich vornehmlich im Ausland. Die
Kontakte finden, wenn nicht ausnahmslos, so doch überwiegend jeweils dort statt.
Deshalb hat sich E 2005/06 mehrheitlich im Ausland aufgehalten, so namentlich in
Russland, Indien, im nahen Osten und in den USA. Die Geschäftstätigkeit spielt sich
mithin zur Hauptsache im Ausland ab.
d) Bis zur Sitzverlegung hat die tatsächliche Verwaltung der Pflichtigen im
Kanton Zürich stattgefunden. Anhaltspunkte sprechen dafür, dass sich insofern die
Verhältnisse mit der Sitzverlegung nicht geändert haben. So hat die Pflichtige sowohl
den steuerbaren Reingewinn als auch das steuerbare Kapital in der Steuererklärung
2005/06 als vollumfänglich in Zürich steuerbar deklariert. Sodann gaben ihre beiden
einzigen Mitarbeitenden in der Steuerklärung 2005, 2006 und 2007 weiterhin C als
ihren Arbeitsort an, E daneben allerdings auch noch G und D. Andere Arbeitgeber wie-
sen sie mit Ausnahme der I, in welcher E als Verwaltungsrat fungierte, nicht aus.
6. Unter diesen Umständen hatte das kantonale Steueramt allen Grund, da-
von auszugehen, materiell habe sich auf der Stufe der Verwaltung bezüglich der Ört-
lichkeit mit dem Sitzwechsel nichts oder jedenfalls nichts Wesentliches geändert. Es
hat die Pflichtige darum verständlicherweise und zu Recht angehalten, die konkreten
Verhältnisse in D darzulegen und aufzuzeigen, dass sie die tatsächliche Verwaltung ab
August 2005 dort abgewickelt habe. Als Ergebnis dieser Abklärungen ergibt sich fol-
gendes Bild:
a) In D verfügte die Pflichtige über keine eigenen Büroräumlichkeiten. Sie hat,
soweit erkennbar, mit der L, ... , in D, am 15. Juni 2005 einen Mietvertrag abgeschlos-
sen. Demnach stellte diese der Pflichtigen im Erdgeschoss des Gebäudes ... , in D,
einen Büroraum, ausgestattet mit einem Arbeitstisch samt Bürostuhl, einem Sitzungs-
- 11 -
2 ST.2010.156
tisch mit vier Stühlen, einem Schrank, Beleuchtung, einem Telefon (1 Nummer) sowie
einem Internetanschluss zur Verfügung, daneben anscheinend auch noch einen Park-
platz. Zudem war die Pflichtige berechtigt, das Sitzungszimmer der Vermieterin nach
Absprache mit ihr zu benutzen. Als Mietzins einschliesslich Entgelt für Strom/Wasser,
Büroreinigung, Internetanschluss und Telefonkosten waren laut Vertrag Fr. 1'500.-
(ohne MWSt) pro Monat vereinbart. Eingeschlossen war sodann die Abgeltung der
Gewährleistung des Telefondienstes der Vermieterin für die Pflichtige. Der Beginn des
Mietverhältnisses war im Vertrag nicht ausdrücklich genannt; anscheinend sollte es ab
sofort bestehen, möglicherweise auch erst ab einem späteren Datum. Denkbar ist
nämlich, dass der Mietbeginn auf August 2005 fallen sollte, wie aus dem Umstand zu
schliessen ist, dass die Sitzverlegung auf Anfang August vorgesehen war und eine
frühere Belastung buchhalterisch nicht erfolgt ist. Die fehlende Angabe des Beginns ist
merkwürdig und unüblich, zumal der Vertragsabschluss unter Geschäftsleuten erfolgt
ist. Obgleich der Zins laut Vereinbarung monatlich im Voraus zu bezahlen war, hat die
Pflichtige im Geschäftsjahr 2005/06 überhaupt keine Entschädigung geleistet. Nicht nur
steht diese Tatsache in offensichtlichem Widerspruch zur schriftlichen Abmachung;
auch vermag die Pflichtige dafür keine überzeugende Begründung vorzubringen. Die
naheliegende Erklärung liegt darin, dass der Mietvertrag nur vorgeschoben war. Die
Vermieterin ist ein Treuhandunternehmen mit dem primären Zweck, Beratungen und
Dienstleistungen im treuhänderischen Bereich zu leisten. Sie preist sich als kompeten-
te Partnerin in Steueroptimierungsfragen an und weist auf ihrer Web-Seite auf die
günstigen steuerlichen Rahmenbedingungen im Kanton K hin. Zum Geschäftsmodell
solcher Treuhandfirmen gehört mitunter die Zurverfügungstellung von blossen Brief-
kästen (Scheindomizilen) für anderswo tätige Gesellschaften.
Dass die Pflichtige diese Räumlichkeit im Geschäftsjahr 2005/06 benutzt hat,
ist nicht erstellt. Es fehlt allein schon an detaillierten Angaben. Einzige Aktivität, welche
an der ... konkret abgewickelt worden sein soll und für welche ein Beleg vorliegt, ist die
Generalversammlung vom 15. Dezember 2006. Angesichts dessen, dass nebst dem
Alleinaktionär, Verwaltungsrat und Geschäftsführer E nur M, Mitarbeiter der Revisions-
stelle ... in G, als Protokollführer anwesend war, mag es ohnehin erstaunen, dass die-
ses Ereignis, welches offenkundig nur von kurzer Dauer gewesen sein kann, in D statt-
gefunden haben soll. Wie es sich damit tatsächlich verhalten hat, mag indes
offenbleiben, lag dieser Termin doch ausserhalb des streitbetroffenen Zeitraums und
ist der Umstand darum ohnehin unbeachtlich. Eine andere Benutzung des Büros an
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2 ST.2010.156
der ... durch die Pflichtige, zu welchen Zwecken auch immer, wird nicht einmal sub-
stanziiert behauptet; geschweige denn findet sich ein entsprechender Nachweis.
b) Wie die Pflichtige selber zugesteht, war sie auf die Infrastruktur in D fak-
tisch gar nicht angewiesen. Sie führte in der Einspracheschrift sogar aus, sie habe "am
Sitz in D keine wesentliche Infrastruktur" (S. 6). Im Grund stand diese ihr höchstens zur
Verfügung, wurde indes nicht beansprucht. Denn ihre wesentlichen Geschäftsaktivitä-
ten, somit auch jene Es, würden, so die Pflichtige, im Ausland entfaltet; daher würden
die wichtigen operativen Entscheide dort gefällt. Die Kundentreffen fänden grossmehr-
heitlich im Ausland statt. Zusammenkünfte mit den Kunden – sehr wohlhabenden Per-
sonen und Regierungsmitgliedern – seien ebenfalls in der Schweiz erfolgt, jedoch nicht
in der Privatwohnung des Alleinaktionärs. Abgesehen davon, dass das im Erdgeschoss
der ... in D gemietete Büro auf Grund des Mietvertrags keinen gehobenen Eindruck
macht und wohl kaum der geeignete Ort ist, um die auserlesene Kundschaft zu bedie-
nen, macht die Pflichtige geltend, falls Kundenkontakte ausnahmsweise in der Schweiz
stattgefunden hätten, habe ihr Geschäftsführer mit den Kontaktpersonen "Zürcher
Szenenlokale" aufgesucht. Ein Bezug zu D ist somit nicht vorhanden. Telefonische
Gespräche sind nach Angaben der Pflichtigen ausschliesslich mittels "Mobile" erfolgt;
auch aus dieser Sicht war die Telefonverbindung in D, soweit überhaupt vorhanden,
unnötig und gleichsam tot.
c) Die Pflichtige erbringt, wie erwähnt, vornehmlich Dienstleistungen zuguns-
ten der I und erwirtschaftet "insbesondere den Umsatz" mit ihr. Insofern bestehen bzw.
bestanden – nebst der finanziellen Verwebung (die Pflichtige hält 45% der Aktien der I)
– enge wirtschaftliche Beziehungen zwischen beiden. Sodann waren die Gesellschaf-
ten auch personell verflochten: E war vom 29. Juli 2005 bis 21. Mai 2007 sowie vom
26. Februar 2008 bis 12. März 2009 Verwaltungsratspräsident bzw. Verwaltungsrat der
I mit Einzelunterschriftsberechtigung, danach bis 29. März 2010 deren Verwaltungsrat
mit Kollektivunterschrift (zu zweien). Deren Sitz befand sich bis Mai 2009 in G, wo sie
zunächst an der ..., danach an der ... und schliesslich an der ... und damit an bevor-
zugten Bürolagen in G domizilierte. Unter solchen Umständen lag es nahe, dass die
Geschäfte der Pflichtigen tatsächlich von hier und nicht vom Privatdomizil Es aus gelei-
tet worden sind. Es mag ohne Weiteres zutreffen, dass die Geschäftsaktivitäten der
Pflichtigen sich weitgehend im Ausland und dort verstreut auf diversen Kontinenten
und Lokalitäten abgewickelt haben; dabei handelt es sich gleichsam um das Tagesge-
schäft. Indes braucht sie naturgemäss einen zentralen Platz, wo ihre tatsächliche Ver-
- 13 -
2 ST.2010.156
waltung erfolgt. Dieser befand sich im Geschäftsjahr 2005/06 mit Bestimmtheit weder
im Ausland noch in D. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Fäden auf oberster
Geschäftsebene in G und auf jeden Fall im Kanton zusammengelaufen sind. Der zent-
rale Stützpunkt befand sich eben hier. Die massgeblichen Entscheide zur Ausrichtung
und Führung des Geschäfts müssen hier getroffen worden sein, wenn nicht aus-
schliesslich, so doch mehrheitlich. Mithin befand sich ihr Mittelpunkt hier. Die enge Ver-
flechtung beider Gesellschaften zeigt sich im Übrigen auch darin, dass die gesamten
(Handy-)Telefonkosten der Pflichtigen direkt von der I bezahlt worden sind, ungeachtet
dessen, ob sie im Zusammenhang mit ihr angefallen sind oder nicht. Von einer saube-
ren Trennung der Geschäfte kann keine Rede sein; sonst hätte es auf der Hand gele-
gen, die Kosten insofern – und nur insofern – weiterzubelasten, als sie Aktivitäten be-
troffen haben, welche im Zusammenhang mit der I standen und deren Interessen
berührten.
Die Pflichtige verkennt die Lage, wenn sie meint, massgeblich sei der Kun-
denkontakt. Entscheidend ist vielmehr, wo die wesentlichen Unternehmensentscheide
getroffen werden und wo die operative Betriebsführung stattfindet. Unwesentlich ist der
Ort, wo die administrativen Arbeiten entfaltet werden und wo die jährliche Generalver-
sammlung abgehalten wird. Bei einer Einmanngesellschaft wie hier von Verwaltungs-
ratssitzungen zu sprechen, wäre weltfremd. Verständlicherweise macht die Pflichtige
auch gar nicht geltend, es habe sich bei ihr anders verhalten; im Gegenteil gibt sie an,
solche Sitzungen hätten nicht stattgefunden. Richtig ist, dass es insofern unbeachtlich
ist, wo O ihre Administrativarbeiten und Hilfsfunktionen für die Pflichtige vor- bzw.
wahrgenommen hat. Immerhin sei erwähnt, dass die Mitarbeiterin in ihrer Steuererklä-
rung angeben hat, ihr Arbeitsort habe sich 2005 und 2006 in G befunden; sodann hat
die Pflichtige selber ausgeführt, Frau O habe sie im Mandat der I an deren Sitz in G
unterstützt. In diesem Licht sind die Ausführungen der Pflichtigen wenig glaubhaft, wo-
nach sich deren Arbeitsplatz seit dem Sitzwechsel nicht (mehr) im Kanton Zürich be-
funden habe. Ohnehin ist nicht erstellt, ob und allenfalls in welchem Umfang O tatsäch-
lich für die Pflichtige gearbeitet hat. Doch mag das in diesem Zusammenhang
offenbleiben. Zwar hält die Pflichtige dafür, eigentlich wäre unter den konkreten Um-
ständen auf eine tatsächliche Verwaltung im Ausland zu schliessen; wo genau sich
dieser Ort der Konzentration der geschäftlichen Aktivitäten befunden haben soll, ver-
schweigt sie indes geflissentlich, wohl mit der Gewissheit und in der Überzeugung,
dass unter steuerlichen Aspekten dafür nur ein einziger Ort infrage kommen kann und
ein solcher im Ausland, wo auch immer, nicht ernsthaft auszumachen wäre.
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2 ST.2010.156
d) Keine Bedeutung kommt dem Umstand zu, dass E von der Sitzverlegung
am 7. Oktober 2004 bis zum Ausscheiden am 9. Februar 2010 im Handelsregister ein-
getragener Direktor der P, D, gewesen ist. Diese Gesellschaft ist ebenso wie die Pflich-
tige (und die L) an der ... domiziliert und bezweckt die Erbringung von Dienstleistungen
im Transportbereich und beim Betrieb von Flugzeugen. Gemäss Internet-Eintrag soll
sie über einen Business-Jet verfügt haben, welcher seit Juli 2006 bei der I im Einsatz
stand. Allein schon der Umstand, dass E für seine angebliche Tätigkeit weder 2005
noch 2006 einen Lohn bezogen hat, spricht gegen ein Arbeitsverhältnis. Auch stand
ihm – im Gegensatz zum einzigen Verwaltungsrat Q, – keine Einzelunterschrift zu. Die
Anstellung erscheint in diesem Licht als künstlich und fingiert. Der besagte Q ist vorab
einziges Mitglied der bereits erwähnten L und seit 12. März 2009 Mitglied des Verwal-
tungsrats der I. In diesem Sinn bestehen enge persönliche und berufliche Beziehungen
zwischen beiden Personen. Im Gegensatz zur P hat die I E für die Ausübung des Ver-
waltungsratsmandats entschädigt.
e) Unbeachtlich ist letztlich, über welche Adresse sich der Bankverkehr der
Pflichtigen abgewickelt hat. Denn eine solche bildet lediglich ein schwaches Indiz, weil
insofern erfahrungsgemäss ein grosser Manipulationsspielraum besteht. Darum ist
nicht entscheidend, dass in der Berichtsperiode ein Bankbeleg vom 25. Oktober 2005
auf die Adresse ... , D, lautet; offenbar soll damit dargetan werden, dass seither die
Adresse des statutarischen Sitzes Verwendung gefunden hat. Ohnehin ist darauf hin-
zuweisen, dass im Bankverkehr noch am 1. Oktober 2005 die alte Adresse ... , C, galt.
f) Wenig überzeugend ist das für die Sitzverlegung nach D vorgetragene Ar-
gument, weil O im Juli 2005 ihr erstes Kind geboren habe, sei ein Weiterbetrieb des
Geschäfts der Pflichtigen in deren Privatwohnung nicht mehr möglich gewesen; ein
Wegzug nach D habe darum nahegelegen. Wie gesehen, ist ohnehin zweifelhaft, ob
die Verwaltung und die administrativen Arbeiten bis dahin dort stattgefunden haben,
auch wenn wenigstens E seinen Arbeitsort teilweise dort gesehen haben will. Auf jeden
Fall leuchtet angesichts der engen Zusammenarbeit mit der I in keiner Weise ein, wes-
halb der Sitz in diesem Zusammenhang weg von C nach D verlegt worden sein soll.
Auf der Hand liegt eben, dass die Tätigkeiten in noch stärkerem Mass nach G ver-
schoben worden sind. Kein schlagendes Argument ist der Hinweis auf die (angeblich
gute und rasche) Erreichbarkeit Ds mittels Auto von R aus, dem neuen Wohnort der
Eheleute. Denn entscheidend sind einzig die konkreten tatsächlichen Verhältnisse. Es
ist denn auch kein vernünftiger Grund erkennbar, weshalb E, der wegen überwiegen-
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2 ST.2010.156
der Tätigkeit im fernen Ausland auf die Benutzung des Flugplatzes Kloten angewiesen
war und dessen hiesige berufliche Aktivitäten in G stattgefunden haben, den erhebli-
chen und zeitraubenden Umweg über D hätte in Kauf nehmen sollen.
g) Lange nach Ablauf der Rekursfrist hat die Pflichtige am 28. Juli 2010 weite-
re Belege eingereicht. Zwar hat sie solche, soweit es die Reisetätigkeit von E betrifft, in
der Rekursschrift in Aussicht gestellt. Indes hat sie es unterlassen, den Sachverhalt,
welchen sie mit den nachgereichten Unterlagen beweisen will, in der Rekursschrift hin-
reichend substanziiert darzutun. Die nachgereichte Bestätigung der I ihrerseits wurde
damals nicht einmal angekündigt. Ob die nun vorgelegten Belege unter solchen Um-
ständen überhaupt beachtlich sind, ist zweifelhaft; doch mag dies letztlich offenbleiben.
Denn selbst wenn sie berücksichtigt würden, ergäbe sich kein anderes Bild. Es war
nämlich schon aufgrund der bisherigen – beachtlichen und glaubhaften – Ausführun-
gen klar, dass E sich 2005 sehr oft im Ausland aufgehalten und vor allem dort seiner
beruflichen Tätigkeit nachgegangen ist. Ebenso war das Betätigungsfeld der I bereits
aufgrund der bisherigen Darlegungen sowie des Handelsregisterauszugs hinreichend
bekannt und wurde nie in Zweifel gezogen, dass deren Mitarbeitende im Bereich "Ver-
kauf" sowie der Geschäftsleitung (notwendigerweise) eine rege Reisetätigkeit entfaltet
haben. Zudem geht es vorliegend ohnehin nicht um die I, sondern um die Pflichtige
und deren Beschäftigte. Beigefügt werden darf, dass im Übrigen nicht einsehbar ist,
warum diese Belege erst jetzt (und nicht schon während der Rekursfrist) ins Recht ge-
legt worden sind.
Anzumerken ist sodann, dass sich die Pflichtige in der Eingabe vom 28. Juli
2010 nicht auf die Bekanntgabe der Rekursantwort bezieht, welche die Steuerrekurs-
kommission II ihr mit Post vom 7. Juli 2010 zugestellt hat. Es geht mithin nicht um eine
Stellungnahme dazu, welche unter Umständen beachtlich wäre (vgl. BGE 132 I 47;
BGr, 12. Juli 2005, 1A.276/2004, www.bger.ch).
h) Somit muss es dabei sein Bewenden haben, dass in keiner Weise erstellt
ist, dass 2005/06 der statutarische Sitz in D mehr als nur rein formell war und dass
auch nur irgendeine geschäftsleitende Tätigkeit dort ausgeübt wurde. Insofern ist der
unter den gegebenen Umständen der Pflichtigen obliegende Gegenbeweis der Aus-
übung der tatsächlichen Verwaltung in D klarerweise gescheitert.
- 16 -
2 ST.2010.156
i) Ist die Pflichtige in der Steuerperiode vom 1. August 2005 bis 31. Juli 2006
mithin ohne Unterbruch vollumfänglich im Kanton Zürich unbeschränkt steuerpflichtig,
stellt sich die Frage, ob sie hier allenfalls qua Betriebsstätte beschränkt steuerpflichtig
sei, nicht.
7. Nach alledem ist der Rekurs abzuweisen.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten nach § 151 Abs. 1 StG
der Pflichtigen aufzuerlegen und steht ihr keine Parteientschädigung zu (§ 152. i.V.m.
§ 2 des Verwaltungsrechtspflegegesetze vom 24. Mai 1959/6. September 1987). | Public | Tax | de | 2,010 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
bd2634c0-65c6-45d4-9e52-8ec642e8c32d | hat sich ergeben:
A. A und B, beide mit Jahrgang 1937, wohnten über Jahrzehnte im eigenen
Einfamilienhaus an der ...strasse in D. Am 15. Dezember 2006 meldeten sie sich in D
ab, um sich neu in E (Kt. F) anzumelden, wo sie kurz zuvor an der ...strasse eine Ei-
gentumswohnung erworben hatten.
Wegen ihrer nach der Abmeldung hierorts beibehaltenen Liegenschaft reich-
ten sie am 23. Februar 2007 eine unausgefüllte Steuererklärung 2006 des Kantons D
sowie eine Kopie der F Steuererklärung 2006 ein. Der Letzteren liess sich entnehmen,
dass sie pro 2006 neben Renteneinkünften von rund Fr. 40'000.-, Einkünften aus Ne-
benbeschäftigungen von rund Fr. 27'000.- sowie Liegenschaftenerträgen von rund Fr.
20'000.- einen Wertschriftenertrag von Fr. 1'933'877.- erzielt hatten. Ein Wertschriften-
verzeichnis, welches Auskunft über die Zusammensetzung des aussergewöhnlich ho-
hen Ertrags gegeben hätte, wurde nicht vorgelegt; dass darin ein am 13. Mai 2006 er-
zielter Lottogewinn in der Höhe von Fr. 1'922'724.80 enthalten war, erfuhr die hiesige
Steuerbehörde (amtshilfeweise via Steuerbehörde F) erst später.
Im Einschätzungsverfahren für die Steuerperiode 2006 kam der Steuerkom-
missär nach Durchführung eines einerseits auf eine vollständige Deklaration und and-
rerseits auf die Frage des Lebensmittelpunkts zielenden Auflageverfahrens sowie nach
einer am 30. Juli 2008 durchgeführten Besprechung mit dem pflichtigen Ehemann zum
Schluss, die Pflichtigen, welche sich in der Zwischenzeit (am 12. Februar 2008) bereits
wieder am alten Wohnort in D angemeldet hatten, hätten den Nachweis der Absicht
des dauernden Verbleibens in E ab Kauf der dort gelegenen Eigentumswohnung nicht
erbracht. Deren Hauptsteuerdomizil habe sich per Ende 2006 demnach weiterhin in D
befunden. Hiervon ausgehend schätzte er die Pflichtigen mit Entscheid vom
9. Dezember 2008 für die Staats- und Gemeindesteuern 2006 mit einem steuerbaren
Einkommen von Fr. 1'963'400.- (satzbestimmend Fr. 1'966'700.-) und einem steuerba-
ren Vermögen von Fr. 780'000.- (satzbestimmend Fr. 835'000.-) ein. Diese Einschät-
zung erfolgte mangels vollständiger Erfüllung der Deklarationspflicht teilweise nach
pflichtgemässem Ermessen im Sinn von § 139 Abs. 2 des Steuergesetzes vom 8. Juni
1997 (StG) "resp. analog Kopie Steuererklärung 2006 F".
- 3 -
1 ST.2011.28
B. Die hiergegen von den Pflichtigen am 2. Februar 2009 erhobene Einspra-
che wurde vom kantonalen Steueramt mit Entscheid vom 21. August 2009 abgewie-
sen. Der anschliessende Rekurs, mit welchem die Pflichtigen verschiedene Gehörsver-
letzungen gerügt und die Rückweisung der Sache an die Einsprachebehörde gefordert
hatten, wurde demgegenüber von der Steuerrekurskommission II mit Entscheid vom
29. Januar 2010 (2 ST.2009.247) gutgeheissen. Der angefochtene Einspracheent-
scheid wurde aufgehoben und die Angelegenheit zur Wiederholung des Einsprache-
verfahrens an das kantonale Steueramt zurückgewiesen. Anlass für die Rückweisung
war der Umstand, dass die Einsprachebehörde ihrem Entscheid auch Akten betreffend
die Tochter der Pflichtigen zugrundegelegt hatte, ohne die Letzteren diesbezüglich zu
informieren bzw. ihnen ein Recht auf Akteneinsicht und Stellungnahme zu gewähren.
C. Nach Einsichtnahme in das von der F Steuerbehörde amtshilfeweise
beigezogene Wertschriftenverzeichnis, ergänzenden Untersuchungshandlungen und
einer abschliessenden Akteneinsichtnahme durch den Vertreter der Pflichtigen stellte
sich die Einsprachebehörde im 2. Rechtsgang mit Entscheid vom 9. Dezember 2010
abermals auf den Standpunkt, die Pflichtigen hätten nicht nachweisen können, dass sie
mit der Absicht des dauernden Verbleibens nach E gezogen seien und dort einen neu-
en Wohnsitz begründet hätten; Grund für die Abmeldung nach E sei damit allein der
erzielte Lottogewinn bzw. die Erzielung einer diesbezüglichen Steuerersparnis gewe-
sen.
D. Hiergegen liessen die Pflichtigen am 31. Januar 2011 erneut Rekurs erhe-
ben und wiederum beantragen, die Sache zufolge Gehörsverweigerung an das kanto-
nale Steueramt zurückzuweisen; eventuell sei die Einkommens- und Vermögenssteuer
allein auf dem zürcherischen Grundeigentum zum Satz des Gesamteinkommens und
-vermögens zu erheben. Die Rüge der Gehörsverweigerung wurde damit begründet,
dass die Einsprachebehörde ihrer Begründungspflicht nicht nachgekommen sei. Im
Übrigen wurde daran festgehalten, dass sich die Pflichtigen per Ende 2006 mit der
Absicht des dauernden Verbleibens in E aufgehalten bzw. dort Wohnsitz genommen
hätten.
Das kantonale Steueramt schloss in seiner Rekursantwort vom 25. Febru-
ar 2011 auf Abweisung des Rechtsmittels.
- 4 -
1 ST.2011.28 | Die Rekurskommission zieht in Erwägung:
1. Die früheren Steuerrekurskommissionen sind per 1. Januar 2011 zum Steu-
errekursgericht mutiert (vgl. §§ 112 - 118a und §§ 147 - 153 des Steuergesetzes in der
alten und neuen Fassung vom 8. Juni 1997 bzw. 13. September 2010, StG). Als Folge
dieser Änderung wurde das vorliegende Geschäft, welches im 1. Rechtsgang von der
Steuerrekurskommission II behandelt worden ist, nunmehr der 1. Abteilung des Steuer-
rekursgerichts zugeteilt.
2. a) Die Pflichtigen rügen auch im 2. Rechtsgang eine Verletzung des rechtli-
chen Gehörs, indem sie dafür halten, der Einspracheentscheid sei nicht rechtsgenü-
gend begründet. Im Wesentlichen erschöpfe sich die Begründung nämlich in einem
globalen Verweis auf den aufgehobenen Einspracheentscheid des 1. Rechtgangs.
b) Aus der Garantie des rechtlichen Gehörs wird der Anspruch abgeleitet,
dass die Behörde die Vorbringen der in ihrer Rechtsstellung Betroffenen sorgfältig und
ernsthaft prüft und beim Entscheid berücksichtigt. Folge dieser Prüfungspflicht ist ins-
besondere die behördliche Begründungspflicht. Der Bürger soll wissen, warum die Be-
hörde entgegen seinem Antrag entschieden hat. Zudem kann durch die Verpflichtung
zur Offenlegung der Entscheidgründe verhindert werden, dass sich die Behörde von
unsachlichen Motiven leiten lässt. Die Begründungspflicht erscheint so nicht nur als ein
bedeutsames Element transparenter Entscheidfindung, sondern dient zugleich auch
der wirksamen Selbstkontrolle der Behörde. Wie das Bundesgericht dazu in BGE 112
Ia 107 E. 2b S. 110 ausführte, lassen sich aufgrund des allgemeinen verfassungsrecht-
lichen Anspruchs allerdings keine generellen Regeln aufstellen, denen eine Begrün-
dung zu genügen hat. Die Anforderungen seien vielmehr unter Berücksichtigung aller
Umstände des Einzelfalles sowie der Interessen der Betroffenen im Blick auf die in der
Rechtsprechung des Bundesgerichts entwickelten Grundsätze festzulegen. Die Be-
gründung eines Verwaltungsakts oder eines Entscheids muss so abgefasst sein, dass
die Betroffenen ihn gegebenenfalls sachgerecht anfechten können. Das ist nur mög-
lich, wenn sich sowohl die Betroffenen als auch die Rechtsmittelinstanzen über die
Tragweite des Entscheids ein Bild machen können. In diesem Sinne müssen wenigs-
tens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde hat leiten
- 5 -
1 ST.2011.28
lassen und auf die sich ihr Entscheid stützt (BGE 126 I 97 E. 2b S. 102, 124 II 146 E.
2a S. 149, 123 I 31 E. 2c S. 34, mit Hinweisen). Das bedeutet jedoch nicht, dass sich
die Behörde ausdrücklich mit jeder tatbeständlichen Behauptung, mit jedem rechtlichen
Einwand und mit jedem Beweismittel auseinandersetzen muss. Vielmehr kann sie sich
auf die für den Entscheid wesentlichen Gesichtspunkte beschränken. Weiter ist die
verfassungsmässige Begründungsdichte abhängig von der Entscheidungsfreiheit der
Behörde und der Eingriffsintensität des Entscheids. Je grösser der Spielraum, welcher
der Behörde infolge Ermessens oder unbestimmter Rechtsbegriffe eingeräumt ist, und
je stärker ein Entscheid in die individuellen Rechte eingreift, desto höhere Anforderun-
gen sind an die Begründung eines Entscheids zu stellen (BGE 112 Ia 107 E. 2b S. 110
sowie die oben zitierte Rechtsprechung; vgl. auch Kölz/Bosshart/Röhl, Kommentar
zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, 2. A. 1999, Rz 11 f. zu § 8
und Rz 39 zu § 10).
Auch für Einspracheentscheide gilt in diesem Sinn, dass aus der Begründung
ersichtlich sein muss, gestützt auf welche tatsächlichen Feststellungen und aus wel-
chen rechtlichen Erwägungen die Behörde ihren Entscheid getroffen hat, wobei aber
nur die für den Verfahrensausgang wesentlichen Entscheidgründe aufzuführen sind
(vgl. Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuer-
gesetz, 2. A., 2006, § 142 N 10 mit Hinweisen).
c) Vorliegend wurde die Sache im 1. Rechtsgang zurückgewiesen, weil die
Steuerbehörde ihrer Begründung auch Akten betreffend die Tochter der Pflichtigen
zugrundelegte, ohne die Letzteren diesbezüglich zu informieren bzw. ihnen ein Recht
auf Akteneinsicht und Stellungnahme zu gewähren. Die Einsprachebehörde hat diese
Gehörsverweigerung im 2. Rechtsgang unbestrittenermassen geheilt und zudem auch
noch weitere Untersuchungshandlungen vorgenommen. Über die zusätzlichen Abklä-
rungen gibt der angefochtene neue Einspracheentscheid detailliert Auskunft
(vgl. Sachverhaltschilderung, S. 3 bis 14). Daran anschliessend wird im Rahmen der
Beweiswürdigung auf das Ergebnis der zusätzlichen Abklärungen eingegangen und
zusammenfassend festgehalten, es sei weiterhin davon auszugehen, dass die Pflichti-
gen nicht mit der Absicht des dauernden Verbleibens nach E gezogen seien bzw. der
entsprechende Nachweis nicht erbracht worden sei. Die Zusatzuntersuchung habe
vielmehr die steuerbehördliche Überzeugung gestärkt, wonach der Hauptgrund für den
Kauf der Wohnung in E am 21. November 2006, die Abmeldung dorthin am 14. De-
zember 2006, die Wiederanmeldung in D am 12. Februar 2008 sowie der Wiederver-
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1 ST.2011.28
kauf der Wohnung in E am 29. September 2008 im Lotto-Millionengewinn vom 13. Mai
2006 bzw. der Erzielung einer diesbezüglichen Steuerersparnis gelegen habe. Ab-
schliessend verweist die Einsprachebehörde auf ihre Ausführungen im Entscheid des
1. Rechtsgangs, welchen sie zum integrierenden Bestandteil des Neuentscheids er-
klärt.
Inwieweit diese Begründung den dargelegten Anforderungen an die Begrün-
dungspflicht nicht genügen sollte, ist nicht nachvollziehbar. Dass die Einsprachebehör-
de auch auf ihren Entscheid des 1. Rechtsgang verweist, ist nicht zu beanstanden.
Den Pflichtigen ist dieser Entscheid unabhängig davon, dass er im 1. Rechtsgang auf-
gehoben worden ist, bekannt; ein blosses "Hineinkopieren" der massgeblichen Erwä-
gungen bzw. Seiten in den Neuentscheid hätte ihnen keine zusätzlichen Erkenntnisse
gebracht. Sie waren ohne weiteres in der Lage, zu erkennen, dass und weshalb die
Steuerbehörde nach Würdigung des Ergebnisses der Zusatzuntersuchung weiterhin an
ihrer Erkenntnis aus dem 1. Rechtgang festhält. Dergestalt waren sie auch in der Lage,
den Entscheid sachgerecht anzufechten.
d) Mit ihrem formellen Antrag dringen die Pflichtigen folglich nicht durch.
3. a) Streitig ist allein, ob die Pflichtigen in der Steuerperiode 2006 weiterhin
zur unbeschränkten hiesigen Steuerpflicht herangezogen werden können, wie dies in
den Steuerperioden zuvor der Fall gewesen ist. Dass sie bei Verneinung dieser Frage
im Kanton Zürich aufgrund ihres Liegenschaftenbesitzes beschränkt steuerpflichtig
sind, steht ausser Diskussion.
b) Gemäss Art. 3 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der
direkten Steuern der Kantone und Gemeinden vom 14. Dezember 1990 (StHG) sowie
§ 3 Abs. 1 StG sind natürliche Personen im Kanton Zürich aufgrund persönlicher Zu-
gehörigkeit steuerpflichtig, wenn sie ihren steuerrechtlichen Wohnsitz oder Aufenthalt
im Kanton haben. Der steuerrechtliche Wohnsitz befindet sich laut Art. 3 Abs. 2 StHG
und § 3 Abs. 2 StG dort, wo die Person sich mit der Absicht dauernden Verbleibens
aufhält. Diesfalls ist die Steuerpflicht kraft § 5 Abs. 1 StG unbeschränkt, mit anderen
Worten erstreckt sie sich grundsätzlich auf das gesamte Einkommen und Vermögen
des Steuerpflichtigen. Art. 3 StHG enthält demnach eine Regel zur Vermeidung eines
interkantonalen Doppelbesteuerungskonflikts. In diesem Sinn liegt mithin eine bundes-
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1 ST.2011.28
rechtliche Kollisionsnorm zum interkantonalen Steuerrecht vor. Somit bilden Art. 3
Abs. 1 und 2 StHG die Grundlage für die Abgrenzung der unbeschränkten Steuerho-
heit. Die langjährige bundesgerichtliche Rechtsprechung, welche sich gestützt auf
Art. 46 Abs. 2 der Bundesverfassung vom 29. Mai 1874 (aBV) sowie später Art. 127
Abs. 3 der Bundesverfassung vom 18. April 1999 (BV) entwickelt hat, dient weiterhin
als massgebliche Auslegungshilfe.
c) Laut dieser Rechtsprechung des Bundesgerichts steht die Besteuerung des
Einkommens und beweglichen Vermögens unselbstständig erwerbender Personen
dem Kanton zu, in welchem sie ihren Wohnsitz haben. Unter Wohnsitz ist dabei in der
Regel der zivilrechtliche Wohnsitz zu verstehen, d.h. der Ort, an welchem sich die Per-
son in der Absicht dauernden Verbleibens aufhält (Art. 23 Abs. 1 ZGB), wo sich der
Mittelpunkt der Lebensinteressen befindet (BGr, 9. Oktober 2006, 2P.86/2006, E. 2.2.1;
25. Januar 2006, 2P.171/2005, E. 2.2; 17. Juni 2005, 2P.180/2003, E. 2.1; 7. Januar
2004, 2P.2/2003, E. 2.2; BGE 123 I 289, E. 2a, 293; StR 1994, 580 ff.; ASA 63, 836).
Dem polizeilichen Domizil, wo die Schriften hinterlegt sind und die politischen Rechte
ausgeübt werden, kommt dagegen keine entscheidende Bedeutung zu. Beides sind
bloss äussere Merkmale, die ein Indiz für den steuerrechtlichen Wohnsitz bilden kön-
nen, wenn auch das übrige Verhalten der Person dafür spricht (BGE 125 I 54 E. 2;
StE 1998 A 24.21 Nr. 11 E. 2a, mit Hinweisen).
d) Hält sich eine Person abwechslungsweise an zwei oder mehreren Orten
auf, ist für die Bestimmung des Steuerwohnsitzes darauf abzustellen, zu welchem Ort
die Person die stärkeren Beziehungen unterhält (BGE 125 I 54, E. 2). Der Lebensmit-
telpunkt bestimmt sich dabei nach den äusseren Umständen, aus denen sich die Le-
bensinteressen erkennen lassen, und nicht bloss nach den erklärten Wünschen der
steuerpflichtigen Person (BGE 125 I 54, E. 2; 123 I 289, E. 2b). Auf die gefühlsmässige
Bevorzugung eines Ortes kommt es nicht an; der steuerliche Wohnsitz ist nicht unge-
achtet der tatsächlichen Verhältnisse frei wählbar (BGE 123 I 289, E. 2b; 113 Ia 465,
E. 3). Die Frage, zu welchem Aufenthaltsort der Steuerpflichtige die stärkeren Bezie-
hungen unterhält, ist jeweils aufgrund der Gesamtheit der Umstände des Einzelfalls zu
beurteilen (BGr, 7. Januar 2004, 2P.2/2003, E. 2.2; StE 1998 A 24.21 Nr. 11 E. 2b, mit
Hinweisen). Bei der Bestimmung des Steuerdomizils kann neben den Verhältnissen in
der Bemessungsperiode auf die weiteren, bis zum letztinstanzlichen Entscheid über-
blickbaren Umstände abgestellt werden (BGr, 1. Oktober 1996, 2P.242/1994, E. 1b).
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1 ST.2011.28
e) Es obliegt der Steuerbehörde, jene Umstände darzutun und zu beweisen,
aus denen folgt, dass sich der Wohnsitz einer natürlichen Person im Kanton befindet.
Denn gemäss dem generellen Grundsatz über die Beweislastverteilung (Art. 8 ZGB)
haben im Allgemeinen die Steuerbehörden die steuerbegründenden Tatsachen zu be-
weisen, mithin auch jene, welche die Steuerhoheit begründen. Erscheint der vom
Steueramt angenommene Wohnsitz im Kanton als sehr wahrscheinlich, genügt dies
regelmässig als Hauptbeweis und liegt es alsdann an der Person, den Gegenbeweis
für den von ihr verfochtenen anderen Lebensmittelpunkt zu erbringen (StE 1992 B 11.1
Nr. 11). Der strikte Beweis ist somit nicht erforderlich. All das gilt auch dann, wenn sich
der steuerliche Wohnsitz bis anhin im Kanton Zürich befunden hat und - wie hier - strei-
tig ist, ob er sich an einen ausserkantonalen Ort verschoben hat (vgl. RB 1984 Nr. 28 =
StE 1984 B 11.1 Nrn. 2 und 3).
4. a) Die mit Jahrgang 1937 im Pensionsalter stehenden Pflichtigen sind Ei-
gentümer eines Einfamilienhauses an attraktiver Wohnlage in D. In diesem Haus
wohnten sie unbestrittenermassen über Jahrzehnte bis zu ihrer Abmeldung nach E am
15. Dezember 2006. Ebenso ist unbestritten, dass sie seit dem 12. Februar 2008 (Ab-
meldung in E und Neuanmeldung in D) wieder in diesem Haus wohnen. Die Wohnsitz-
frage beschränkt sich damit von vornherein auf ein Zeitfenster zwischen dem 15. De-
zember 2006 und dem 12. Februar 2008, d.h. auf knapp 14 Monate, wobei es
vorliegend allein um die Steuerperiode 2006 geht.
b) Gemäss Art. 68 StHG besteht bei Wechsel des steuerrechtlichen Wohnsit-
zes innerhalb der Schweiz die Steuerpflicht aufgrund persönlicher Zugehörigkeit für die
laufende Steuerperiode im Kanton, in welchem der Steuerpflichtige am Ende dieser
Periode seinen Wohnsitz hat.
Im vorliegenden Fall ist damit zu prüfen, ob die Pflichtigen am 31. Dezem-
ber 2006 ihren Lebensmittelpunkt noch immer in D hatten oder ob ein Wohnsitzwech-
sel in den Kanton F stattgefunden hat. Vorauszuschicken ist dabei Folgendes: Gestützt
auf die Regelung von Art. 68 StHG ist es einem Steuerpflichtigen, welcher unter dem
Jahr eine einmalige, ausserordentlich hohe Einkunft erzielt (z.B. Millionengewinn im
Lotto wie hier, Bonus, Superdividende), unbenommen, den Wohnsitz mit Blick auf die
Einkommenssteuern in einen steuergünstigeren Kanton zu verlegen. Der Zuzugskan-
ton kann dergestalt ein Einkommen besteuern, welches noch im Wegzugskanton ver-
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1 ST.2011.28
dient worden ist und der Wegzugskanton hat den durch Wohnsitzwechsel entstehen-
den Verlust von Steuereinnahmen hinzunehmen. Voraussetzung für diese Konsequen-
zen, welche für die Pflichtigen gemäss den unbestrittenen vorinstanzlichen Berech-
nungen mit einer Steuerersparnis von über Fr. 300'000.- verbunden wäre, ist freilich,
dass tatsächlich ein Wohnsitzwechsel stattfindet. Diesbezüglich bestehen im vorlie-
genden Fall schon deshalb Zweifel, weil die Pflichtigen ihr Haus bzw. ihre bisherige
Wohnstätte in D nach der Abmeldung in den Kanton F behalten haben. Dies lässt näm-
lich daran denken, dass womöglich auch der Lebensmittelpunkt in D beibehalten wor-
den und der neu erworbenen Wohnung in E lediglich die Bedeutung einer Ferien- oder
Zweitwohnung zugekommen ist. Zu erwähnen ist diesem Zusammenhang, dass die
Pflichtigen über Jahre auch über ein Ferienhaus im G verfügt hatten; dieses Ferien-
haus wurde am 15. Mai 2006 und damit nur wenige Monate vor dem Kauf der Woh-
nung in E veräussert. Die Wohnverhältnisse im Sinn von "eigenes Einfamilienhaus in D
und ausserkantonales Zweiteigentum" sind in der Steuerperiode 2006 also gleich
geblieben. In dieser Ausgangslage ist nachvollziehbar, dass die Steuerbehörde im Ein-
schätzungsverfahren der Steuerperiode 2006 - auch ohne Kenntnis des Lottogewinns -
der Frage des Hauptsteuerdomizils nachgegangen ist und entsprechende Sachver-
haltsabklärungen vorgenommen hat.
5. a) Mit Auflage vom 2. Mai 2008 verlangte der Steuerkommissär zum Nach-
weis des behaupteten Lebensmittelpunkts in E insbesondere Angaben und beweiskräf-
tige Unterlagen zu dortigen sozialen Kontakten, Aktivitäten im Vereins- und Gemeinde-
leben, Hobbytätigkeiten etc. Weiter forderte er die Abrechnungen betreffend Strom und
Telefon im Haus in D und in der Wohnung in E sowie die wohnungsbezogene Abrech-
nung der Stockwerkeigentümergemeinschaft ein. Sodann ersuchte er um Angaben und
Belege zum Umzug nach E, zum Wiederumzug nach D, zur Wohnung in E, zum Ort,
wo die für die Bestreitung des Lebensunterhalts verwendeten Barmittel bezogen wur-
den (inkl. Bank-, EC-Direkt- und Kreditkartenbelege) sowie zu allfälligen Vermietungs-
und Verkaufsbemühungen betreffend das Haus in D.
b) aa) In ihrer Auflageantwort vom 27. Juni 2008 teilten die Pflichtigen mit, sie
hätten nie die Absicht gehabt, das Haus in D zu vermieten oder zu verkaufen. Betref-
fend die übrigen Auflagepunkte wurde eine mündliche Vorsprache verlangt, welche
alsdann am 30. Juli 2008 stattfand. Anlässlich dieser Besprechung führte der pflichtige
Ehemann aus, dass er in H zwei Firmen betreibe, dass die Wohnung in E gekauft wor-
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1 ST.2011.28
den sei, weil sie näher zum Arbeitsort H gelegen sei, dass in E eine schönere Umge-
bung vorhanden sei, dass die Möbel aus der verkauften Ferienwohnung im G zunächst
in D deponiert und dann von ihm selbst nach E gebracht worden seien, dass die Rück-
kehr nach D erfolgt sei, weil sich die pflichtige Ehefrau in E nicht wohl gefühlt habe
bzw. ihr die Akklimatisierung schwer gefallen sei, dass die Wohnung in E nunmehr als
Ferienwohnung genutzt werde, dass in E kein Telefon-Festnetzanschluss bestehe und
der Anschluss von D immer aufs Handy umgeleitet worden sei sowie dass beide Pflich-
tigen für ihren E-Mail-Verkehr einen Laptop mit WLAN benützt hätten und deshalb in E
kein Anschluss notwendig gewesen sei. Dokumente und Belege wurden nicht beige-
bracht, weshalb den Pflichtigen diesbezüglich nochmals eine Eingabefrist gewährt
wurde.
bb) Mit Schreiben vom 30. Oktober 2008 liessen die Pflichtigen durch einen
nunmehr beigezogenen Vertreter diverse Unterlagen einreichen und Folgendes gel-
tend machen:
Per 2006 hätten sich die Pflichtigen im Hinblick auf den nahenden 70. Ge-
burtstag des Ehemanns entschieden, etwas kürzer zu treten und sich mehr Zeit für sich
zu nehmen. Aus diesem Grund sei beschlossen worden, das Ferienhaus im G zu ver-
kaufen und für das ältere Haus mit Umschwung in D eine pflegeleichte Eigentumswoh-
nung mit der Natur vor der Haustür zu suchen. Beabsichtigt sei dabei auch gewesen,
dass der pflichtige Ehemann seine Firmen, von welchen er sich nicht unvermittelt ha-
ben lösen wollen und können, einfacher erreichen könne. Einen neuen Bekannten- und
Freundeskreis habe man selbstverständlich nicht aufbauen wollen; man habe deshalb
einen Wohnort mit diesbezüglich bereits bestehenden Verbindungen gesucht. Auch
steuerlich attraktiv habe dieser sein müssen. All diese Voraussetzungen habe E, wo
eine 122 m2 grosse Wohnung zum Verkauf gestanden haben, erfüllt: Aufgrund der
militärischen Karriere des Pflichtigen habe dieser die Gegend gekannt und dort auch
über etliche Kameraden verfügt. Zudem sei die einfache und schnelle Erreichbarkeit
von H gewährleistet gewesen. Die Wohnung habe sodann über den Vorteil der ländli-
chen Lage aber auch der Nähe zu den Städten I und J verfügt. Nachdem die Pflichti-
gen über Jahrzehnte einen Garten genossen hätten, habe ihnen die neue Wohnung
mit einem Gartensitzplatz auch diesen Vorzug bieten können. Zudem sei sie, anders
als das Haus in D, mit einem Lift ausgestattet gewesen. Die Wohnung habe damit allen
Wünschen der Pflichtigen entsprochen, weshalb diese im Herbst 2006 den Entschluss
gefasst hätten, sie zu kaufen, um alsdann nach einigen Anpassungen den Wohnsitz
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1 ST.2011.28
dorthin zu verlegen. Während das belastende Ferienhaus im G verkauft worden sei,
habe sich die Lage in Bezug auf das bisherige Eigenheim in D schwierig gestaltet. Ein
Bedarf für die Eigennutzung habe nicht mehr bestanden, womit sich die Frage "Verkauf
oder Vermietung" gestellt habe. Ein Verkauf habe dabei nie zur Diskussion gestanden.
Einerseits habe sich das Doppeleinfamilienhaus nämlich an einer sehr begehrten Lage
in D befunden und andrerseits hätte die Pflichtigen die Hoffnung nicht aufgegeben,
dass sich eine ihrer häufig im Ausland weilenden Töchter dereinst für das Haus inte-
ressieren könnte. Es sei deshalb zunächst die Vermietungsoption ins Auge gefasst
worden, doch habe sich das Problem dann von selbst erledigt, weil eine Tochter) Ende
2006/Anfang 2007 aus Australien zurückgekehrt sei und das Elternhaus bezogen ha-
be. In dieser Ausgangslage habe sich der Umzug nach E einfacher gestaltet, denn die
Möbel im Haus in D hätten gar nicht gezügelt werden müssen. Für die neue Wohnung
seien die Möbel aus dem Ferienhaus zur Verfügung gestanden. Diese seien teilweise
vom Pflichtigen selbst mit einem Lieferwagen seiner Firma nach E gezügelt worden,
soweit sie überhaupt noch dorthin gepasst hätten. Weitere Möbel hätten die Pflichtigen
durch K in L aufpolstern und dann nach E liefern lassen. In E hätten sich die Pflichtigen
alsdann ordnungsgemäss angemeldet. Zudem hätten sie sich im Kanton F auch Füh-
rerausweise erstellen lassen und hätten sie alle Versicherungen, Krankenkassen etc.
nach F überschrieben. Auch seien die bestehenden Bankverbindungen über die Ad-
ressänderungen informiert und zudem neue Bankverbindungen im Kanton F eingegan-
gen worden. Auch das Mobiltelefon sei umgemeldet worden. Wie das heute regelmäs-
sig geschehe, sei sodann in E kein Festnetzanschluss mehr eingerichtet worden. Die
Pflichtigen hätten am neuen Wohnort schnell neue Kontakte und Bekanntschaften ge-
knüpft und sich ins soziale Leben integriert. Geholfen habe dabei auch, dass sie zu
den wenigen Reformierten in einem grundsätzlich katholischen Gebiet gehört hätten.
Neben einem Freundeskreis seien auch geschäftliche Kontakte, z.B. zur Bank sowie
zu einem Transportunternehmer in unmittelbarer Nachbarschaft geknüpft worden. Die
Pflichtigen seien sodann auch mit den lokalen Politikern bestens bekannt gewesen, so
z.B. mit M. Dergestalt hätten die Pflichtigen das Leben und die Ruhe in E genossen
und sich einen nochmaligen Wohnsitzwechsel eigentlich gar nicht vorstellen können.
Mitte 2007 seien bei der pflichtigen Ehefrau dann aber Herzprobleme aufgetreten.
Auch wenn diese nicht lebensbedrohend gewesen seien, sei doch die Sicherheit eines
Arztes in unmittelbarer Nähe gewünscht worden. Das habe in E aber gefehlt. Hinzuge-
kommen sei, dass die zweite Tochter einen kleinen Sohn habe und als häufig ausland-
abwesende Architektin auf für die Kinderbetreuung einspringende Grosseltern ange-
wiesen sei. Dies sei zwar schon beim Umzug nach E klar gewesen, doch habe man
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1 ST.2011.28
eben die Lage damals falsch eingeschätzt. Mit zunehmender Mobilität des Sohns, ha-
be die Mutter diesen nicht mehr einfach überall hin mitnehmen können und sei der
Grosselterneinsatz deshalb Ende 2007/Anfang 2008 wichtiger geworden. Die räumli-
che Distanz habe sich nun als hinderlich erwiesen und die Pflichtigen hätten einsehen
müssen, dass der ursprüngliche Entschluss, nach E zu ziehen, in Kenntnis der späte-
ren Umstände suboptimal gewesen sei. Hinzu gekommen sei, dass die Tochter O in
der Zwischenzeit eine eigene Wohnung bezogen habe und deshalb für das Haus in D
eine Lösung (Vermietung, Verkauf, Übertragung auf die Töchter) hätte gefunden wer-
den müssen. In dieser Situation hätten sich die Pflichtigen Mitte 2008 entschieden,
wieder nach D zurückzukehren, wo an der ...strasse mit N auch ein guter Bekannter
wohne. Die Wohnung in E sei alsdann Anfang Oktober 2008 wieder verkauft worden.
cc) Mit Eingabe vom 27. November 2008 liessen die Pflichtigen auf eine ent-
sprechende steuerbehördliche Mahnung hin noch weitere Unterlagen, enthaltend ins-
besondere Abrechnungen über Strom- und Telefonkosten, einreichen. Dabei liessen
sie vorbringen, dass der Stromverbrauch in D und E etwa gleich hoch gewesen sei,
wobei aber in D auch Stromkosten für Allgemeinräume, die Alarmanlage und für die
eine Tochter angefallen seien. Zu den Telefonrechnungen bemerkten sie, dass diejeni-
gen des Ehemanns über das Geschäft bezahlt und dort seinem Kontokorrent belastet
worden seien.
c) Gestützt auf diese Abklärungen sowie unter Hinweis darauf, dass zahlrei-
che der auflageweise einverlangten Unterlagen fehlten, schloss der Steuerkommissär
mit Einschätzungsentscheid vom 9. Dezember 2008 ohne nähere Begründung und
Beweiswürdigung darauf, dass keine Wohnsitzverlegung nach E stattgefunden habe.
In der anschliessenden Einsprache liessen die Pflichtigen unter Wiederholung ihrer
bisherigen Ausführungen das Gegenteil verfechten. Dabei wurden nunmehr auch meh-
rere Zeugen offeriert.
d) Im Einspracheentscheid des 1. Rechtgangs vom 21. August 2009 wieder-
holte die Steuerbehörde, dass nicht alle für die Sachverhaltserstellung verlangten Un-
terlagen eingereicht worden seien. Im Übrigen wurde auf Widersprüche und Unge-
reimtheiten in den Parteibehauptungen verwiesen und wurden die (unvollständig)
eingereichten Unterlagen (wie Strom- und Telefonabrechnungen) zu Ungunsten der
Pflichtigen gewürdigt. So wurde etwa festgehalten, dass die Tochter der Pflichtigen
nicht das ganze Jahr 2007 in der Liegenschaft in D gewohnt habe und somit für den
Stromverbrauch nicht herhalten könne. Diese sei lediglich während ihres Auslandauf-
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enthalts vom 15. Februar 2006 bis zum 30. Januar 2007 an der ...strasse gemeldet
gewesen; per 30. Januar 2007 sei sie an ...strasse, D, weggezogen und per 18. März
2008 an die ...strasse in D. Demzufolge hätten die Pflichtigen eine Rückläufigkeit des
Stromverbrauchs im Jahr 2007 nachweisen müssen. Dies hätten sie nicht getan; im
Gegenteil lasse sich den eingereichten (unvollständigen) Abrechnungen entnehmen,
dass der Stromverbrauch zwischen dem 1.10.2006 und dem 15.3.2007 gegenüber der
Abrechnungsperiode 14.3.2006 – 30.9.2006 sogar zugenommen habe, wobei auch
eine bei Wohnsitz in E nicht erklärbare überdurchschnittliche Zunahme des Niedertarif-
stroms zu verzeichnen sei. Auch mit Bezug auf die Verhältnisse rund um den Umzug
bzw. das Zügeln von Möbeln nach E, den Arbeitsweg beider Pflichtigen, die privaten
und geschäftlichen Kontakte in E, die Enkelkindbetreuung und die Herzprobleme der
pflichtigen Ehefrau erfolgte eine Würdigung der Behauptungen und vorgelegten Unter-
lagen zu Ungunsten der Pflichtigen, so dass schliesslich daran festgehalten wurde,
dass die Absicht des dauernden Verbleibens in E nicht nachgewiesen worden sei und
demzufolge das Hauptsteuerdomizil der Pflichtigen weiterhin in D gelegen habe.
e) Nachdem die Steuerrekurskommission II am 29. Januar 2010 den vorste-
henden Einspracheentscheid wegen einer Gehörsverweigerung (Beizug von Akten der
Tochter O ohne diesbezügliche Anhörung der Pflichtigen) aufgehoben und die Sache
an die Einsprachebehörde zurückgewiesen hatte, ergänzte die Letztere ihre Untersu-
chungen im 2. Rechtsgang. So wurde am 14. April 2010 zunächst eine weitere Be-
sprechung mit den Vertretern der Pflichtigen durchgeführt und wurde diesen dabei
auch Einblick in die Auskunft des Bevölkerungsamts betreffend die Wohnadresse von
O gewährt. Deren Vertreter bemerkte dazu, dass die Tochter seit Sommer 2006 viel-
fach im Einfamilienhaus der Eltern gewohnt habe, weil sie neben der Teilzeitstelle noch
Psychologie studiert habe und sich daher nicht immer am eigentlichen Wohnsitz in
einer WG aufgehalten habe; es habe ein alternierender Wohnsitz vorgelegen, weshalb
der Stromverbrauch an der ...strasse für die Fallbeurteilung nicht relevant sei.
f) Mit Auflage vom 16. April 2010 verlangte der Steuerkommissär im Einspra-
cheverfahren sämtliche Telefonabrechnungen vom 1.1.2006 bis 31.12.2007 (inkl. voll-
ständige Auflistung der gewählten Verbindungen mit Datum, Uhrzeit und angewählter
Rufnummer). Gleichzeitig stellte er die Frage, welche der bisher angebotenen Zeugen
(O, K, M, P, Q, R, S, T, N) zu einer Befragung vorzuladen seien, und orientierte er über
die Absicht, noch ein Gespräch mit der pflichtigen Ehefrau führen zu wollen.
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1 ST.2011.28
aa) Mit Antworten vom 30. Juli bzw. 31. August 2010 liessen die Pflichtigen
eine Monatsübersicht zu den im Haus in D per 2006 und 2007 angefallenen Telefon-
kosten, jedoch keinen Verbindungsnachweis einreichen, weil ein solcher bei der
Swisscom nicht mehr erhältlich sei. Weiter wurde ausgeführt, dass als Zeugen die
Tochter O und M einzuvernehmen seien; zudem sei die pflichtige Ehefrau zu befragen.
Von den übrigen Zeugen wurden von S, R, K sowie P kurze Bestätigungen zum Kon-
takt mit den Pflichtigen eingereicht.
bb) Nachdem die Einsprachebehörde mit Mahnung vom 10. September 2010
die Auflage wiederholt hatte, reichten die Pflichtigen am 4. Oktober 2010 eine Bestäti-
gung der Bank betreffend Kontakte mit den Pflichtigen nach und gaben sie die Adres-
sen der angerufenen Zeugen bekannt.
cc) Im Rahmen der Vorbereitung der Zeugeneinvernahmen teilte zunächst M
dem Steuerkommissär mit Email vom 19. Oktober 2010 mit, dass ihm die Pflichtigen
nicht bekannt seien; nach Kontaktaufnahme mit dem Vertreter der Pflichtigen orientier-
te er den Steuerkommissär am 25. Oktober 2010 telefonisch bzw. am 28. Oktober
2010 schriftlich dahingehend, dass er den Pflichtigen anlässlich eines offiziellen Be-
suchs in seiner Funktion bei der ...zunft am Sechseläuten vom 14. April ... kennenge-
lernt habe; eine weitere Begegnung habe es nicht gegeben, weshalb er keine Zeugen-
aussagen machen werde. Am 17. November 2010 gab sodann der Pflichtige dem
Steuerkommissär telefonisch bekannt, dass seine Tochter O nicht an der für den 18.
November 2010 vorgesehen Zeugenbefragung teilnehmen werde. An letzterem Datum
fand in der Folge lediglich noch die persönliche Befragung der pflichtigen Ehefrau statt,
wobei daran auch der pflichtige Ehemann teilnahm.
dd) Nach einer abschliessenden Akteneinsicht gab der Vertreter der Pflichti-
gen am 24. November 2010 "zur Verdeutlichung des Sachverhalts" unaufgefordert eine
Stellungnahme zur vorerwähnten persönlichen Befragung der Pflichtigen ab.
g) Gestützt auf dieses im 2. Rechtsgang ergänzte Untersuchungsergebnis
fällte das kantonale Steueramt schliesslich am 9. Dezember 2010 den am hiesigen
Wohnsitz festhaltenden neuen Einspracheentscheid.
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6. Die Pflichtigen lassen rekursweise in eigener Würdigung der Untersu-
chungsergebnisse erneut die per Ende 2006 erfolgte Verlegung ihres Wohnsitzes nach
E vertreten. Die nachfolgende Beweiswürdigung des Steuerrekursgerichts stützt indes
die anderslautende Auffassung der Vorinstanz:
a) Wie bereits erwähnt ist zunächst davon auszugehen, dass die Pflichtigen
nach ihrer Abmeldung an die Adresse der in E neu erworbenen Eigentumswohnung ihr
jahrzehntelang bewohntes Einfamilienhaus in D beibehalten haben. Dabei hat die
steuerbehördliche Untersuchung ergeben, dass an der bisherigen Wohnstätte die
Strom- und Telefonkosten weitergelaufen sind und zudem auch kein Mobiliar aus dem
Haus weggezügelt worden ist. Schliesslich ist bekannt, dass die Pflichtigen sich bereits
ein gutes Jahr nach ihrer Abmeldung wieder an ihrer angestammten Wohnadresse in D
angemeldet haben. All dies lässt es zunächst als ziemlich wahrscheinlich erscheinen,
dass die Pflichtigen ihr Hauptsteuerdomizil per Ende 2006 gar nie aufgegeben haben
und die Wohnung in E demzufolge (wie zuvor das Haus im G) lediglich den Status ei-
ner Zweit- oder Ferienwohnung hatte. Die Abmeldung nach E könnte in dieser Konstel-
lation also durchaus auch in alleinigem Zusammenhang mit der Besteuerung des per
2006 erzielten Lottogewinns gestanden haben. Das diesbezügliche Nutzen von Steu-
ervorteilen mittels Wohnsitzverlegung (wie dies in der persönlichen Befragung auch
von der pflichtigen Ehefrau erwähnt wurde; vgl. Frage 8 in der Besprechungsnotiz vom
18. November 2010) ist wie bereits erwähnt legitim, doch liegt es unter den soeben
dargelegten Umständen an den Pflichtigen, den Nachweis (Gegenbeweis) zu erbrin-
gen, dass trotz Beibehaltung des weiter genutzten Einfamilienhauses in D gegen Ende
2006 eine mit der Absicht des dauernden Verbleibens verbundene Verlagerung des
Lebensmittelpunkts nach E stattgefunden hat. Damit ist auf die Kritik der Pflichten an
den Auflagen, welche die Steuerbehörde im Rahmen der ganzen Untersuchung ge-
macht hat, nicht weiter einzugehen. Die steuerbehördlichen Auflagen bzw. das darauf
fussende Untersuchungsergebnis genügt für die Annahme der wahrscheinlichen Bei-
behaltung des hiesigen Wohnsitzes, sodass es den Pflichtigen oblag, die für ihre
Sichtweise sprechenden Umstände darzutun und mit geeigneten Beweismitteln (inner-
halb oder ausserhalb der steuerbehördlichen Auflagen) zu untermauern.
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b) Eine Durchsicht der für die Wohnsitzfrage massgeblichen Indizien ergibt
Folgendes:
aa) Meldeverhältnisse, Adressänderungen etc.:
Die Pflichtigen haben sich in E nicht nur am 15. Dezember 2006 angemeldet,
sondern sich im Kanton F auch neue Führerausweise ausstellen lassen (vgl. die dies-
bezüglichen Rechnungen vom 8. Januar und 21. Mai 2007 der Verkehrssicherheits-
zentrale). Zudem wurden eine Privat-haftpflichtversicherung, eine Kombi-
Haushaltsversicherung (für D und E) und die Krankenkassen an die Adresse in E über-
schrieben (vgl. entsprechende Prämienauszüge der D vom 5. September 2007, der ...
vom 1. Dezember 2007 sowie die Prämienrechnungen der ... vom 3. März 2007 und
der ... vom 28. August 2007). Sodann befanden sich auch die Korrespondenzadressen
betreffend ein Konto des pflichtigen Ehemanns bei der Bank, ein Konto der pflichtigen
Ehefrau bei Bank und ein Natelabonnement der Letzteren in E (vgl. Bankauszüge vom
31. Mai und 31. Dezember 2007 und Swisscom-Rechnung vom 3. August 2007).
Solche adressbezogenen Indizien vermögen durchaus für eine Verlagerung
des Lebensmittelpunkts zu sprechen. Gewichtig sind sie in der vorliegenden Konstella-
tion indes nicht; wer über zwei Wohnmöglichkeiten verfügt, kann sich nämlich die Ad-
resse für den Schriftverkehr mit Versicherungen, Banken etc. beliebig auswählen. So-
dann hält sich der Aufwand für entsprechende Adressänderungen in Grenzen. Hinzu
kommt vorliegend, dass sämtliche der vorgenannten adressbezogenen Beweismittel
einen Zeitpunkt nach dem hier massgeblichen 31. Dezember 2006 betreffen, womit sie
für die Steuerperiode 2006 bedeutungslos sind.
bb) Umzug bzw. Zügeln von Möbeln:
Unbestrittenermassen hat kein Umzug mit einem Zügelunternehmen stattge-
funden und haben die Pflichtigen kein einziges Möbelstück aus ihrem Einfamilienhaus
in D nach E mitgenommen. Belegt ist sodann lediglich, dass insgesamt 7 Stühle und
ein Hochlehn-Fauteuil aus dem Ferienhaus in L nach einer Möbelrestauration den Weg
in die Wohnung gefunden haben (vgl. Bestätigung K). Im Übrigen bestand die Möblie-
rung in der Wohnung offenbar aus Einrichtungsgegenständen, welche die Pflichtigen
von den Verkäufern kostenlos hatten übernehmen können (vgl. Bestätigung von R vom
14. Oktober 2008). Neukäufe von Möbeln wurden weder behauptet noch belegt. Ob
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und wann der damals 70jährige Pflichtige mit einem Transportwagen seiner Firma al-
lenfalls noch selber ein paar Möbel aus dem früheren Ferienhaus in L nach E transpor-
tiert hat, "soweit sie überhaupt noch in die neue Wohnung in E passten" ist nicht über-
prüfbar und wäre insoweit erklärungsbedürftig, als das Haus im G schon Mitte 2006
verkauft worden ist und die zwischenzeitliche Einlagerung der Ferienhausmöbel im
Haus in D das Vorhandensein entsprechender Lagerräume bedingt hätte; hierzu fehlen
aber Ausführungen der Pflichtigen.
Auch die Indizien rund um das Zügeln sprechen damit klar gegen eine Wohn-
sitzverlegung, ist doch bei einem Ehepaar im Alter der Pflichtigen davon auszugehen,
dass bei ernsthafter Absicht des dauernden Verbleibens ein richtiger Umzug mit einer
Möbeltransportfirma stattfindet und zumindest ein Teil der im Leben angeschafften
Möbel, Einrichtungsgegenstände und insbesondere die Erinnerungsstücke von emoti-
onalem Wert mitgenommen werden.
cc) Private Kontakte bzw. Freundes- und Bekanntenkreis, Soziales Leben,
Vereinstätigkeiten etc.:
In der Auflageantwort vom 30. Oktober 2008 wurde zunächst geltend ge-
macht, dass der Ehemann etliche Kameraden aus der Militärzeit in der Gegend habe;
konkrete diesbezügliche Kontakte oder Freundschaften aus dieser (Jahrzehnte zurück-
liegenden) Zeit wurden jedoch nicht genannt. Zum Nachweis eines in E und Umgebung
angeblich bereits bestehenden Freundeskreises taugt eine derart unbestimmte Allge-
meinaussage nicht.
Weiter wurde in der gleichen Rechtsschrift behauptet, dass die Pflichtigen
sehr schnell neue Kontakte und Bekanntschaften geknüpft und sich zügig in das sozia-
le Leben am neuen Wohnort integriert hätten. Unbehelflich ist in diesem Zusammen-
hang der Hinweis auf die Zugehörigkeit zur evangelisch-reformierten Landeskirche
(vgl. die Mitgliedschaftsbestätigung von P 16. Oktober 2008, welche sich nur auf das
Jahr 2007 bezieht sowie dessen Nachtrag vom 21. August 2010, wonach die Pflichti-
gen auch "gelegentlich" den Gottesdienst besucht hätten). Gelegentliche Gottesdienst-
besuche können auch an Ferienorten stattfinden und begründen für sich allein keine
engere Beziehung zur Gemeinde, wo die Predigt gehalten wird. Im Übrigen werden
Kirchbesuche in E für die hier massgebliche Zeit per Ende 2006 nicht bescheinigt.
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Als geradezu falsch erweist sich sodann die weitere Aussage, wonach die
Pflichtigen mit den lokalen Politikern, so z.B. mit M, bestens bekannt gewesen seien,
liess doch der Letztere die Steuerbehörde im Zusammenhang mit der beabsichtigen
Zeugeneinvernahme wissen, dass er in seiner Funktion den Pflichtigen bei der...zunft
am Sechseläuten vom 14. April ... kennengelernt und ansonsten nie ein Kontakt statt-
gefunden habe. Die behauptete "besten Bekanntschaften" reduzieren sich damit auf
einen einzigen Kontakt an einem förmlichen Festanlass, welcher zudem in D und erst
nach der Wiederabmeldung der Pflichtigen in E stattgefunden hat.
Zum neu aufgebauten Freundeskreis zählten die Pflichtigen alsdann R, bei
welchen es sich um die Verkäufer der Eigentumswohnung in E handelt. Diese bestätig-
ten zunächst nur einen geschäftlichen Kontakt; im von den Pflichtigen abgefassten
Nachtragsschreiben vom 19. August 2010 bescheinigten sie demgegenüber, dass sie
die Pflichtigen nach deren Zuzug auch "immer wieder" persönlich angetroffen hätten
und man sich gegenseitig "auch einige Male" besucht habe.
Als weiteres befreundetes Ehepaar werden S erwähnt. V ist dabei die
Schwester der vorgenannten W und gehört als Innenarchitektin zum Architektur-Team
des vorgenannten X (vgl. den diesbezüglichen Internetauszug, in welchem sie als "V,
macht schöne Räume, I" aufgeführt ist, sowie die steueramtliche Aktennotiz zur Partei-
befragung vom 18. November 2010). Letzteres legt nahe, dass auch dieser Kontakt
zumindest ursprünglich geschäftlicher Natur war bzw. im Zusammenhang mit den von
den Pflichtigen erwähnten "Anpassungen" in der Wohnung gestanden hat. Immerhin
bestätigt das Ehepaar S, dass sie mit den Pflichtigen "seit Oktober 2006 ein sehr
freundschaftliches Verhältnis" gepflegt und monatliche Besuche stattgefunden hätten
(Bestätigungsschreiben vom Januar 2008 und von den Pflichtigen formuliertes Zusatz-
schreiben vom 29. Juli 2010).
Alles in allem kann unter Berücksichtigung dieser wenigen, vorab im Zusam-
menhang mit der gekauften Wohnung entstandenen Kontakte vom Aufbau eines
Freundeskreises am neuen Wohnort keine Rede sein. Die Mitwirkung in lokalen Verei-
nen oder ein soziales Engagement in der Gemeinde wurde im Übrigen nicht einmal
behauptet.
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1 ST.2011.28
dd) Geschäftliche Kontakte im Privatleben:
Eingereicht wurden Bestätigungen der Bank, wonach der pflichtige Ehemann
im Jahr 2007 mehrmals Beratungsgespräche bei der Bank geführt habe; dabei sei es
nicht nur um die Hypothekenfinanzierung der Eigentumswohnung in E, sondern auch
um allgemeine Anlagefragen gegangen.
Wiederum ist dazu zunächst festzuhalten, dass für 2007 bescheinigte Kontak-
te die hier betroffene Steuerperiode 2006 nicht tangieren. Gemäss Wertschriftenver-
zeichnis 2006 verteilten sich die Bankverbindungen der Pflichtigen per Ende 2006 so-
dann auf mehrere Kantone, weshalb dem Umstand, dass auch in der Region der
Wohnung in E gelegentliche Kontakte mit einer Bank stattgefunden haben, keine be-
sondere Bedeutung zukommen kann. Gelegentliche Bankenbesuche sind auch an Fe-
riendomizilen üblich, vor allem wenn dortige Banken, wie hier, in den örtlichen Immobi-
lienverkauf involviert sind.
Eine Bedeutung erhielte die örtliche Bankenbeziehung freilich dann, wenn die
Pflichtigen in der Region E sehr häufig Bargeld an Bancomaten bezogen hätten oder
wenn sich Bankkontoauszügen entnehmen liesse, dass täglich oder wöchentlich in der
Region bargeldlos eingekauft worden ist (Einkäufe oder Tanken mit EC-Karten etc.).
Diesbezüglich hat die Steuerbehörde folgerichtige Unterlagen eingefordert, doch haben
die Pflichtigen keine aussagekräftigen Belege eingereicht. Dem aktenkundigen Auszug
zu einem Konto des pflichtigen Ehemanns bei der Bank lässt sich lediglich entnehmen,
dass über dieses Konto im Zeitraum 2.-11.5.2007 Rechnungen bezahlt worden sind,
welche einen Bezug zu den Kantonen D, H, F und U aufweisen. Auf dem ebenfalls
aktenkundigen Kontoauszug Dezember 2007 der pflichtigen Ehefrau bei der Bank sind
sodann keinerlei Zahlungen mit Bezug zum Kanton F aufgeführt. Wo die Pflichtigen
ihre laufenden Bargeldbezüge und Einkäufe mit EC-Karten getätigt haben, wurde trotz
Aufforderung der Steuerbehörde nicht offen gelegt.
Was die täglichen Ausgaben in Geschäften der Region betrifft, wurden im Üb-
rigen lediglich Kassabons betreffend drei Briefmarkenkäufe bei der Post I, drei Klein-
einkäufe in einer Papeterie in I, den Einkauf einer Glückwunschkarte im Lebensmittel-
geschäft in I sowie insgesamt sieben Restaurantkonsumationen eingereicht. Dabei
wäre zu erwarten, dass ein Ehepaar, welches tatsächlich in E Wohnsitz hat, insbeson-
dere auch Belege zu alltäglichen Lebensmitteleinkäufen in der Region beibringen kann
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1 ST.2011.28
(Kassabons, EC-Kartenbelege, Bankbelege zu EC-Karteneinkäufen, Kreditkartenbele-
ge). Die eingereichten Kassabons datieren im Übrigen alle wiederum aus dem für die
Steuerperiode 2006 nicht massgeblichen Jahr 2007 und vermögen von der Anzahl her
nicht einmal einen regen Ferienaufenthalt nachzuweisen.
Auch das Kriterium der geschäftlichen Kontakte im Privatleben spricht damit
nicht für einen Wohnsitz der Pflichtigen in E.
ee) Stromverbrauch:
Betreffend ihr Einfamilienhaus haben die Pflichtigen eine EW-Stromrechnung
eingereicht, welcher sich der Verbrauch der Perioden 14.3.-30.9.2006 (3'161 kWh =
486 kWh pro Monat) sowie 1.10.2006-15.3.2007 (2'920 kWh = 530 kWh pro Monat)
entnehmen lässt. Wollen die Pflichtigen ihren Lebensmittelpunkt per Mitte Dezember
2006 nach E verschoben haben, so wäre aber zu erwarten, dass in der zweiterwähnten
Abrechnungsperiode statt einer Zunahme ein Rückgang des Verbrauchs stattgefunden
hat.
Zur Erklärung der Zunahme verwiesen die Pflichtigen einerseits darauf, dass
ein nicht unwesentlicher Verbrauch auch bei fehlender Nutzung zu verzeichnen gewe-
sen sei, weil das Haus "neben andern, ständig eingeschalteten Geräten" über eine
Alarmanlage verfügt habe, welche in der Nacht in den einzelnen Stockwerken das Licht
automatisch (z.B. Einschalten morgens um 2 oder 3 Uhr) gesteuert habe. Lichtein-
schalt-Anlagen zur Abschreckung von potentiellen Einbrechern werden üblicherweise
jedoch mit Sparlampen betrieben; geleuchtet wird dabei nicht durchgehend, sondern
nach dem Zufallsprinzip temporär. Die dafür benötigte Energie kann folglich nur einen
Bruchteil des Normalverbauchs (d.h. wenn im Haus gelebt wird und energiefressende
Geräte wie Backofen, Waschmaschinen/Tumbler, TV etc. in Betrieb sind) ausmachen.
Mit dem Betrieb einer "Alarmanlage" kann die Zunahme des Stromverbrauchs somit
nicht erklärt werden. Als zweiten Grund verweisen die Pflichtigen auf ihre Tochter O,
welche nach ihrem Wegzug im Haus gelebt habe. Indes hat die Steuerbehörde mittels
Auskunft ... vom 8. März 2010 nachgewiesen, dass die besagte Tochter nur vom 15.
Februar 2006 bis zum 29. Januar 2007 (d.h. während ihres von den Pflichtigen er-
wähnten Australienaufenthalts) im Elternhaus an der ...strasse in D gemeldet war; per
30. Januar 2007 erfolgte die Neuanmeldung an der ...strasse in D. Die Pflichtigen ver-
suchten diesen Widerspruch auszuräumen, indem sie in der Vorsprache vom 14. April
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1 ST.2011.28
2010 neu geltend machten, die Tochter habe in dieser Zeit eben einen alternierenden
Wohnsitz gehabt. Eine diesbezügliche Zeugeneinvernahme scheiterte dann aber an
der Bereitschaft der Tochter, an einer solchen teilzunehmen. Bei dieser Beweislage ist
mithin davon auszugehen, dass nicht die Tochter der Pflichtigen, sondern diese selbst
das Haus in D in den Monaten nach dem Jahreswechsel 2006/2007 im unveränderten
Stil weitergenutzt haben, was gegen eine Verlagerung ihres Lebensmittelpunkts nach
E spricht. Dass in den Perioden 1.10.2006-31.3.2007 sowie 1.4.-30.9.2007 in E ein
ähnlich hoher Stromverbrauch zu verzeichnen war, hilft den Pflichtigen schon deshalb
nicht weiter, weil die ursprünglichen diesbezüglichen Rechnungen der Elektrizitätswer-
ke vom 2. April und 3. Oktober 2007 noch an X adressiert worden sind. Auch wenn
diesbezüglich geltend gemacht wird, die Rechnungen seien im Herbst 2007 an die
Pflichtigen weitergeleitet worden und auch wenn die EW nachträglich (wann genau, ist
nicht bekannt) die Rechnungen nochmals auf die Pflichtigen ausstellte, hinterlassen
solche Ungereimtheiten Zweifel an der Sachverhaltsdarstellung der Pflichtigen rund um
den Stromverbrauch. Entscheidend ist ohnehin, dass der Stromverbauch in D nach
dem angeblichen Wegzug nicht abgenommen hat.
ff) Telefonverkehr:
Bei den Telefonkosten verhält es sich ähnlich wie bei den Stromkosten: Der
Kostenaufstellung der Swisscom vom 20. Mai 2010 lässt sich entnehmen, dass für den
Festnetzanschluss an der ...strasse in D die Doppelmonatskosten ab 2007 (zwischen
Fr. 97.05 und Fr. 110.10) gegenüber 2006 (zwischen Fr. 109.65 und Fr. 123.20) nur
geringfügig zurückgegangen sind. Der Einwand der Pflichtigen, wonach eben auch ihre
Tochter telefoniert habe, ist aus den bereits zum Stromverbrauch dargelegten Gründen
unbehelflich. Die weitere Erklärung, wonach der Festnetzanschluss in D auf das Natel
umgeleitet worden sei, was Kosten von Fr. 0.35 pro Minute verursache, lässt sich so-
dann nicht prüfen, weil entsprechende Verbindungsnachweise nicht beigebracht wor-
den sind. Dass diese bei der Swisscom nicht mehr beschaffbar waren ist nicht belegt
und wenig glaubhaft, nachdem die Swisscom ihren Kunden seit Jahren entsprechende
Auszüge auch in elektronischer Form zur Verfügung stellt. Die blosse Behauptung, das
Festnetztelefon in D sei auf das Mobiltelefon umgeleitet worden, kann einen Wohn-
sitzwechsel nach E folglich nicht stützen. Unbestritten ist sodann, dass die Pflichtigen
in E nie über einen Festnetzanschluss verfügten. Die Erklärung, dass heute regelmäs-
sig kein Festnetzanschluss mehr eingerichtet werde (sinngemäss also nur noch per
Natel telefoniert werde), vermag mit Bezug auf ein Ehepaar im Alter der Pflichtigen,
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1 ST.2011.28
welches in ländlicher Umgebung mit der Absicht des dauernden Verbleibens die Ruhe
sucht, wenig zu überzeugen. Kommt hinzu, dass der pflichtige Ehemann anlässlich der
Besprechung mit dem Steuerkommissär vom 30. Juli 2008 ausführte, es sei kein Fest-
netzanschluss in E notwendig gewesen, weil der Email-Verkehr mit einem Notebook
über WLAN geführt worden sei. Dabei wird übersehen, dass auch für den drahtlosen
Zugang ins Internet bzw. zum Mailserver ein Festnetzanschluss erforderlich ist (An-
schluss WLAN-Router). Der geltend gemachte Verzicht auf einen Festnetzanschluss
im Natelzeitalter müsste im Übrigen vorab für das Haus in D gelten; wer sein Haus
verlässt, um an einem neuen Ort den Lebensmittelpunkt zu begründen, wird den Fest-
netzanschluss am alten Ort aufgeben und dort im Rahmen der von den Pflichtigen er-
wähnten "Besuche zum Lüften" nur das Mobiltelefon benützen.
gg) Arbeitswege:
Wie bereits erwähnt waren die Pflichtigen im fraglichen Zeitpunkt 69 Jahre alt
und damit bereits im Pensionsalter. Allerdings waren beide noch in geringfügigem Um-
fang erwerbstätig, wobei sie Einkünfte aus Nebenbeschäftigungen von Fr. 11'467.-
bzw. Fr. 15'600.- deklarierten.
aaa) Der pflichtige Ehemann war Geschäftsführer der Y GmbH sowie einziger
Verwaltungsrat der Z AG. Diese beiden Gesellschaften haben ihren Sitz in H. Dass
beide Gesellschaften gemäss Internetrecherchen der Steuerbehörde ihre Geschäftstä-
tigkeiten an der ...strasse in D ausübten, ist unbestritten. Nach Aussagen des pflichti-
gen Ehemanns wurde in H nur die Buchhaltung gemacht. Er habe sich auch für Be-
sprechungen dorthin begeben und dort auch ein Büro gemietet gehabt; ein Büro habe
er aber auch in D eingerichtet gehabt. Er gehe zu den Kunden hin, diese kämen nicht
zu ihm. In der auf die vorerwähnte Befragung Bezug nehmenden Stellungnahme vom
24. November 2010 liessen die Pflichtigen zur Arbeitstätigkeit des Ehemanns ausfüh-
ren, dieser besuche "vor allem seine Kunden" (wo diese sind, wird nicht gesagt), wäh-
rend er sich sonst abwechslungsweise in D und H aufhalte. Ein Beleg zur behaupteten
Büromiete in H wurde nicht beigebracht.
Damit ist einerseits davon auszugehen, dass sich der pflichtige Ehemann nur
selten am Firmensitz bzw. an den vorgenannten "c/o-Adressen" in H aufgehalten und
seine Arbeitstätigkeiten mindestens in gleichem Ausmass in D ausgeübt hat. Andrer-
seits liegt H näher bei D als bei E. Führen die Pflichtigen unter dem Aspekt der Er-
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1 ST.2011.28
reichbarkeit von H eine autobahnbedingte Zeitersparnis von gerade einmal 5 Minuten
ins Feld (vgl. ihre Routenplaner-Berechnungen im Anhang), so ist dieses Argument in
der hier gegebenen Konstellation für die Frage nach dem Lebensmittelpunkt der Pflich-
tigen ohne Relevanz.
bbb) Noch klarer für D spricht sodann die Erwerbstätigkeit der pflichtigen Ehe-
frau. Diese ist ... in D, wobei sie (bei versteuerten Einkünften von Fr. 15'600.-) nach
eigenen Angaben rund 15-20 Führungen durchführt; administrative Aufgaben könne
sie auch zu Hause erledigen.
ccc) Mit Bezug auf die Nebenbeschäftigungen beider Pflichtigen bzw. die
diesbezüglichen Arbeitswege ist mithin in keiner Weise davon auszugehen, dass die
Wohnung in E, wo die Einrichtung eines Büros nicht einmal behauptet wird, den Pflich-
tigen gegenüber ihrem Einfamilienhaus in D einen Vorteil gebracht hätte. Auch dieser
Punkt spricht folglich klar dafür, dass die Pflichtigen ihren Lebensmittelpunkt in D bei-
behalten haben.
hh) Attraktivität der Wohnverhältnisse:
Soweit die Pflichtigen die Vorzüge der Wohnung in E allgemein mit dem Be-
dürfnis nach Kürzertreten im Alter, Ruhe, ländlicher Umgebung, pflegeleichtem Woh-
nen (wobei in diesem Zusammenhang – nicht nachvollziehbar – auch der Lift zu einer
Gartenwohnung erwähnt wird) etc. begründen, überzeugt dies ebenfalls nicht. In D
verfügten sie an bester Lage über ein gepflegtes Einfamilienhaus mit idyllischem Gar-
ten, hatten sie ihre beiden Töchter samt einem Enkelkind, ihren angestammten Freun-
deskreis und gingen sie nach dem Gesagten grossmehrheitlich noch nebenberuflichen
Tätigkeiten nach. Wenn sie in der Einsprache vom 2. Februar 2009 ausführten, sie
seien sich der Vorzüge ihres Hauses in D erst nach gut einem Jahr Aufenthalt in E be-
wusst geworden sind, ist dies schlicht unglaubhaft.
c) Zusammenfassend ergibt eine Würdigung aller Kriterien, welche in Fällen
von zwei zur Verfügung stehenden Wohnmöglichkeiten Auskunft über das Hauptsteu-
erdomizil geben müssen, dass die Pflichtigen per Ende 2006 ihren langjährigen Le-
bensmittelpunkt in D beibehalten haben und nicht mit der Absicht des dauernden
Verbleibens nach E weggezogen sind. Auf die Gründe für die Wiederanmeldung in D
nach gut einem Jahr (Herzprobleme der pflichtigen Ehefrau [nicht nachgewiesen],
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1 ST.2011.28
Grosskindbetreuung etc.) braucht unter diesen Umständen nicht weiter eingegangen
zu werden. Festzuhalten bleibt im Einklang mit dem gefunden Beweisergebnis ledig-
lich, dass eine derart schnelle Wiederanmeldung in D der angeblich per Ende 2006
bestehenden Absicht des dauernden Verbleibens in E diametral entgegensteht.
7. Hatten die Pflichtigen in der Steuerperiode 2006 ihren Wohnsitz in D, waren
sie hierorts unbeschränkt steuerpflichtige und bestand eine entsprechende umfassen-
de Deklarationspflicht. Nachdem sie diese nicht vollständig erfüllt hatten, wurden sie
folgerichtig mit Bezug auf nicht deklarierte Positionen nach pflichtgemässem Ermessen
im Sinn von § 139 Abs. 2 StG eingeschätzt, wobei im Rahmen der Schätzungen nahe-
liegenderweise die Zahlen aus der F Steuererklärung (inkl. amtshilfeweise beigezoge-
nes Wertschriftenverzeichnis) übernommen worden sind. Die dergestalt festgelegten
Einschätzungsfaktoren erweisen sich als korrekt und wurden rekursweise in quantitati-
ver Hinsicht denn auch nicht beanstandet.
8. Nach alledem ist der Rekurs abzuweisen. Ausgangsgemäss sind die Re-
kurskosten den Pflichtigen aufzuerlegen (§ 151 Abs. 1 StG). Die Zusprechung einer
Parteientschädigung entfällt (§ 152 StG i.V.m. § 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechtspfle-
gegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997). | Public | Tax | de | 2,011 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
bd83b0d2-fbfb-4ebc-8b73-55aa922b547a | hat sich ergeben:
A. A und B (nachfolgend der bzw. die Pflichtige, zusammen die Pflichtigen)
reichten am 26. Oktober 2009 die Steuererklärung 2008 ein und deklarierten darin ein
steuerbares Gesamteinkommen von Fr. 14'581.- bzw. ein steuerbares Einkommen im
Kanton Zürich von Fr. 11'877.-, sowie ein steuerbares Vermögen von Fr. - 753'853.-
(0.-). Mit Auflage vom 19. April und Mahnung vom 1. Juni 2010 forderte sie die Steuer-
kommissärin auf, einen Nachweis für die geltend gemachten Fahrkosten des Pflichti-
gen von Fr. 19'656.- bzw. die gefahrenen 30'240 Kilometer, sowie weitere Unterlagen
betreffend Krankheitskosten, gemeinnützige Zuwendungen und Liegenschaftenun-
terhaltskosten einzureichen. Am 7. Juni 2010 gingen beim kantonalen Steueramt ent-
sprechende Unterlagen (Abrechnungen, Belege, etc.) der Pflichtigen ein. Mit Entscheid
vom 27. Juli 2010 schätzte die Steuerkommissärin die Pflichtigen für die Staats- und
Gemeindesteuern 2008 mit einem steuerbaren und satzbestimmenden Einkommen
von Fr. 45'200.- und einem steuerbaren Vermögen von Fr. 0.- ein. Dabei hatte sie ins-
besondere die Fahrkosten des Pflichtigen als nicht ausreichend nachgewiesen erachtet
und in Anwendung von § 139 Abs. 2 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) nach
pflichtgemässem Ermessen auf Fr. 7'800.- geschätzt.
B. Hiergegen erhoben die Pflichtigen am 17. August 2010 Einsprache mit dem
Antrag, die Einschätzung gemäss der eingereichten Steuererklärung vorzunehmen.
Nachdem die Pflichtigen einen entsprechenden Einschätzungsvorschlag im Einspra-
cheverfahren vom 7. Dezember 2010 am 23. Dezember 2010 sinngemäss abgelehnt
hatten, wies das kantonale Steueramt die Einsprache mit Entscheid vom 21. April 2011
ab.
C. Mit Rekurs vom 16. Mai 2011 beantragten die Pflichtigen, die ursprünglich
in der Steuererklärung geltend gemachten Fahrkosten von Fr. 26'456.-
(recte: Fr. 19‘656.-) in vollem Umfang zu berücksichtigen. Das kantonale Steueramt
schloss am 29. Juni 2011 auf kostenfällige Abweisung des Rekurses.
- 3 -
1 ST.2011.127
Auf die Parteivorbringen wird – soweit rechtserheblich – in den nachfolgenden
Erwägungen eingegangen. | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. a) Gemäss § 26 Abs. 1 lit. a des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG)
können unselbstständig Erwerbstätige u.a. die notwendigen Kosten für Fahrten zwi-
schen Wohn- und Arbeitsstätte von den gesamten steuerbaren Einkünften abziehen.
Laut § 26 Abs. 2 StG legt die Finanzdirektion für die Berufskosten gemäss § 26 Abs.
1 lit. a - c StG Pauschalansätze fest; im Fall von lit. a und c steht dem Steuerpflichtigen
der Nachweis höherer Kosten offen.
b) Die für die strittige Steuerperiode 2008 massgebende Verfügung der Fi-
nanzdirektion vom 23. Oktober 2006 über die Pauschalierung von Berufsauslagen Un-
selbständigerwerbender bei der Steuereinschätzung (ZStB I Nr. 17/202) enthält folgen-
de Regelung:
I. Unselbstständigerwerbende können als notwendige Berufsauslagen im Sinn von § 26 StG ohne besondere Nachweise geltend machen:
1. Für Fahrten zwischen Wohn- und Arbeitsstätte:
a) bei ständiger Benützung öffentlicher Verkehrsmittel (Bahn, Schiff, , Autobus) die notwendigen Abonnementskosten
b) (...)
c) bei ständiger Benützung eines Motorrades oder Autos die des öffentlichen Verkehrsmittels
Die Kosten für das private Motorfahrzeug können nur ausnahmsweise geltend gemacht werden:
wenn ein öffentliches Verkehrsmittel fehlt, d.h. wenn die Wohn- oder von der nächsten Haltestelle mindestens 1 km entfernt ist oder bei Arbeitsbeginn oder -ende kein öffentliches Verkehrsmittel fährt;
wenn sich mit dem privaten Motorfahrzeug eine Zeitersparnis von über einer Stunde (gemessen von der Haustüre zum Arbeitsplatz und zurück) ergibt;
- 4 -
1 ST.2011.127
soweit der Steuerpflichtige auf Verlangen und gegen Entschädigung des Arbeitgebers das private Motorfahrzeug ständig während der Arbeitszeit benützt und für die Fahrten zwischen der Wohn- und Arbeitsstätte keine Entschädigung erhält;
(...)
In diesen Fällen können zum Abzug geltend gemacht werden: (...) für Auto 65 Rp. pro Fahrkilometer.
Wenn die Verfügung davon spricht, dass die notwendigen Berufsauslagen
ohne besondere Nachweise geltend gemacht werden können, so ist damit nicht ge-
meint, dass nicht nachgewiesen werden müsste, dass entsprechende Kosten über-
haupt angefallen sind, sondern lediglich, dass der Pflichtige vom Nachweis der effekti-
ven Kostenhöhe befreit ist. Hinsichtlich der Notwendigkeit der Arbeitswegkosten und
hinsichtlich der gefahrenen Strecke trifft den Pflichtigen somit sehr wohl eine Beweis-
pflicht (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steu-
ergesetz, 2. A., 2006, § 26 N 123).
c) Die Veranlagungsbehörden stellen zusammen mit dem Steuerpflichtigen
die für eine vollständige und richtige Besteuerung massgebenden tatsächlichen und
rechtlichen Verhältnisse fest (§ 132 Abs. 1 StG). Daraus ergibt sich die Pflicht der
Steuerbehörde, den für den Einschätzungsentscheid rechtserheblichen Sachverhalt
von Amts wegen abzuklären und ihm nur solche Tatsachen zugrunde zu legen, von
deren Vorhandensein sie sich selber überzeugt hat (Untersuchungsgrundsatz; Richner/
Frei/Kaufmann/Meuter, § 138 N 14 mit Hinweisen). Der Steuerpflichtige muss auf Ver-
langen der Veranlagungsbehörde insbesondere mündlich oder schriftlich Auskunft er-
teilen und Geschäftsbücher, Belege und weitere Bescheinigungen sowie Urkunden
über den Geschäftsverkehr vorlegen (§ 135 Abs. 2 StG).
Damit ist dem Steuerpflichtigen im Einschätzungsverfahren zunächst Gele-
genheit einzuräumen, den von ihm geforderten Nachweis der Berufsauslagen zu
erbringen. Der Steuerpflichtige ist dabei zur Mitwirkung an der Sachverhaltsaufklärung
verpflichtet. Kommt er dieser Pflicht nur ungenügend (oder überhaupt nicht) nach, so
greift grundsätzlich die allgemeine Beweislastregel und der Abzug der Berufsauslagen
ist mangels Nachweises vollständig zu verweigern. Indes stellen nicht alle Berufsaus-
- 5 -
1 ST.2011.127
lagen eindeutige Einzeltatsachen dar, die ohne entsprechenden Nachweis ohne Weite-
res als nicht gegeben betrachtet werden können (so z.B. die Notwendigkeit eines gel-
tend gemachten Arbeitszimmers). Viele Berufsauslagen lassen sich zwar an sich exakt
erfassen (z.B. Anzahl beruflich bedingter Fahrten), häufig fehlt es aber auch nach
Durchführung der Untersuchung an einem schlüssigen Nachweis für den genauen Um-
fang der beruflich bedingten Auslagen, obwohl klar ist, dass jedenfalls in einem be-
stimmten Umfang entsprechende Auslagen beruflich bedingt entstanden sind. Da fest-
steht, dass zumindest ein Anteil der geltend gemachten Kosten angefallen und auch
beruflich bedingt ist, kann dem Steuerpflichtigen der Abzug nicht generell gestützt auf
die allgemeine Beweislastregel verweigert werden. In solchen Fällen sind vielmehr die
beruflich bedingten Kosten – nach Vornahme einer hier zwingend erforderlichen Mah-
nung – in der Regel nach pflichtgemässem Ermessen zu schätzen (§ 139 Abs. 2 StG).
d) aa) Die Pflichtigen machten in der Steuerklärung 2008 für Autofahrkosten
des Ehemanns zwischen Wohn- und Arbeitsstätte den Betrag von Fr. 19'656.-, ent-
sprechend 240 x 126 km x Fr. 0.65, geltend. Mit Auflage vom 19. April bzw. Mahnung
vom 1. Juni 2010 forderte sie das kantonale Steueramt auf, mittels aussagekräftiger
Belege (Bordbuch, Abgaswartungsdokumente, Servicebelege, etc.) den Nachweis der
in der Steuerperiode 2008 zurückgelegten Autokilometer zu erbringen. Am 7. Juni 2010
reichten die Pflichtigen in diesem Zusammenhang je eine Rechnungskopie der C und
der D AG betreffend Serviceleistungen am Fahrzeug ZH ... vom 5. Dezember 2007
bzw. vom 29. April 2008, einen Inspektionsnachweis der D AG vom 5. März 2009
(Fahrzeug nicht erwähnt) sowie einen nicht datierten und nicht unterzeichneten Kauf-
vertrag über das obige Fahrzeug ein. In einem Email vom 18. Mai bzw. 3. Juni 2010
hatten sie diesbezüglich folgende Angaben gemacht:
KM Nachweis
o Service Rechnung ... 05.12.2007 km 55'501
o Service Rechnung ... 14.04.2008 km 71'997
o Km-Stand beim Verkauf km 82'000
o Gefahrene km altes Fhz km 26'499
o Service Rechnung neues Fahrzeug 05.03.2009 km 15'000
Total gefahrene Km im 2008 km 41'499
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1 ST.2011.127
bb) Die obige Aufstellung lässt sich jedoch anhand der eingereichten Beleg-
kopien nicht vollständig nachvollziehen. So ist die Service Rechnung der C derart unle-
serlich, dass die Zahl "55'501" darauf zwar erkennbar, jedoch nicht als Kilometerstand
eruierbar ist. Weiter ist der Stand von 82'000 km auf dem Kaufvertrag zwar vermerkt,
indes ist nicht bekannt, zu welchem Zeitpunkt der Verkauf erfolgte bzw. dieser Kilome-
terstand tatsächlich erreicht war. Schliesslich enthält der Inspektionsnachweis vom
5. März 2009 neben dem Datum und dem Firmenstempel lediglich den Hinweis "Fahr-
leistung 20'991" und ist somit unklar, worauf sich die Angabe "Service Rechnung neu-
es Fahrzeug, 05.03.2009, km 15'000" im obengenannten Email der Pflichtigen stützt.
Mithin waren die eingereichten Unterlagen nicht geeignet, den Nachweis der im Jahr
2008 zurückgelegten Autokilometer zu erbringen und war eine Schätzung der Fahrkos-
ten nach pflichtgemässem Ermessen schon allein deswegen gerechtfertigt. Selbst
wenn jedoch das kantonale Steueramt den Nachweis der gefahrenen 41'499 km als
erbracht erachtet hätte, wären die Voraussetzungen für eine Schätzung nach pflicht-
gemässem Ermessen mangels Klarheit über den genauen Umfang der beruflich be-
dingten Fahrten erfüllt gewesen:
cc) Der Pflichtige gab auf dem Beiblatt "Berufsauslagen 2008" zur Steuerer-
klärung als Arbeitsort "...strasse 21, E" an. Gemäss Googlemaps (www.maps.google.
ch) ergibt dies einen Arbeitsweg (ab dem Wohnsitz in F) von je 60 - 65 km hin und zu-
rück, was mit den Angaben des Pflichtigen von 126 km für beide Wege übereinstim-
men würde. Indes hat der Pflichtige gemäss den eingereichten Lohnausweisen von
Januar bis und mit Juni 2008 bei der "G AG, ...strasse 10, H" und von Juli bis und mit
Dezember 2008 bei "I GmbH, ...strasse 72, H" gearbeitet und verfügte gemäss Han-
delsregisterauszügen keine dieser Firmen über eine Zweigniederlassung in E. Ausser-
dem ergibt auch eine Suche im Telefonverzeichnis (www.local.ch) an der ...strasse 21
in E keine Treffer für die beiden genannten Arbeitgeber. Demnach ist nicht nachvoll-
ziehbar geschweige denn nachgewiesen, wieso sich der Arbeitsort des Pflichtigen im
Jahr 2008 in E befunden haben soll. Lag dieser Ort jedoch in H – sei dies an der
...strasse oder an der ...strasse – so ergibt sich laut Googlemaps eine Strecke von
rund 25 km für einen Weg bzw. 50 km hin und zurück, mithin 12'000 km an beruflich
bedingten Fahrten für das ganze Jahr (240 x 50 km).
dd) Unter den gegebenen Umständen fehlte es auch nach Durchführung der
Untersuchung an einem schlüssigen Nachweis über den Umfang der abzugsfähigen
- 7 -
1 ST.2011.127
Fahrkosten der Pflichtigen und hat das kantonale Steueramt diese daher zu Recht
nach pflichtgemässem Ermessen geschätzt.
Bei alledem ist nicht streitig, dass der Pflichtige für den Arbeitsweg auf ein
Auto angewiesen war und somit die entsprechenden Kosten als Berufsauslagen abzie-
hen kann.
2. a) Ist eine Ermessenseinschätzung zu Recht ergangen, so kann sie gemäss
§ 140 Abs. 2 Satz 1 StG nur wegen offensichtlicher Unrichtigkeit angefochten werden.
Der Steuerpflichtige hat den Nachweis der offensichtlichen Unrichtigkeit im Einspra-
cheverfahren, spätestens aber im Verfahren vor dem Steuerrekursgericht zu erbringen,
und zwar dadurch, dass er innerhalb der Rechtsmittelfrist die versäumten Verfahrens-
pflichten erfüllt, eine zur Beseitigung der Ungewissheit über die tatsächlichen Verhält-
nisse erforderliche substanziierte Sachdarstellung gibt und hierfür notwendige Be-
weismittel beibringt oder zumindest anbietet (RB 1999 Nr. 150). Teilnachweis genügen
grundsätzlich nicht; vielmehr hat der Nachweis umfassend zu sein (RB 1994 Nr. 45).
Die Verfahrenspflichten müssen indes nicht nur formell, sondern auch materiell nach-
geholt werden. Notwendig sind alle Handlungen, welche erforderlich sind, eine voll-
ständige und richtige, d.h. gesetzmässige Einschätzung zu ermöglichen (vgl. § 135
Abs. 1 StG). Den Steuerpflichtigen treffen beim Unrichtigkeitsnachweis u.U. höhere
Anforderungen hinsichtlich der Mitwirkungspflichten, als sie vor der Säumnis an ihn
gestellt wurden (RB 1976 Nr. 55). Nur unter den genannten formellen Voraussetzun-
gen wird der Steuerpflichtige überhaupt zur Leistung des Unrichtigkeitsnachweises
zugelassen und ist die Einsprache- bzw. Rekursbehörde zur Untersuchung und Be-
weisabnahme verpflichtet. Andernfalls gilt der Nachweis ohne Weiteres als gescheitert
mit der Folge, dass die Ermessenseinschätzung als solche bestehen bleibt und einzig
ihrer Höhe nach der Prüfung auf offensichtliche Unrichtigkeit unterliegt (vgl. RB 1994
Nr. 45 mit Hinweisen; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 140 N 79 f.; Martin Zweifel, in :
Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/1, 2. A., 2002, Art. 48 N 58
StHG). Als offensichtlich unrichtig erweist sich eine Schätzung dann, wenn sie sachlich
nicht begründbar (z.B. erkennbar pönal oder fiskalisch begründet) ist, sich auf sachwid-
rige Schätzungsgrundlagen, -methoden oder -hilfsmittel stützt oder sonst wie mit den
konkreten aktenkundigen Verhältnissen aufgrund der Lebenserfahrung vernünftiger-
weise nicht vereinbar ist (Zweifel, Art. 48 N 59 StHG, mit Hinweisen). Ist dieser Nach-
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1 ST.2011.127
weis geleistet, bleibt es zwar bei einer Ermessenseinschätzung, doch wird die ange-
fochtene durch eine neue (tiefere) Schätzung der Rechtsmittelinstanz ersetzt.
Im Rekurs- bzw. Beschwerdeverfahren betreffend eine Ermessenseinschät-
zung bzw. -veranlagung sind dem Steuerrekursgericht weitere Untersuchungen ver-
wehrt. Es hat vielmehr bei seiner eingeschränkten Überprüfung des angefochtenen
Entscheids auf offensichtliche Unrichtigkeit hin nur jene im Zeitpunkt der Entscheidfäl-
lung vorhandenen Schriftstücke zu berücksichtigen, welche den behaupteten Sachver-
halt sofort beweisen oder zumindest als sehr wahrscheinlich erscheinen lassen
(VGr, 27. Mai 1986, SB 10/1986 und 11. September 1986, SB 38/1986; Martin Zweifel,
Die Sachverhaltsermittlung im Steuerveranlagungsverfahren, 1989, S. 144).
b) Die Pflichtigen haben weder mit der Einsprache noch mit dem Rekurs wei-
tere Belege betreffend die Autofahrkosten eingereicht noch diesbezüglich zusätzliche
Angaben gemacht. Damit haben sie die Ungewissheit über die tatsächlichen Verhält-
nisse nach wie vor nicht beseitigt und muss es bei der Ermessenseinschätzung sein
Bewenden haben. Diese ist somit lediglich noch der Höhe nach auf offensichtliche Un-
richtigkeit zu prüfen.
c) Das kantonale Steueramt hat die Fahrkosten der Pflichtigen auf Fr. 7'800.-
geschätzt. Dies entspricht 240 x 50 km x 0.65 Fr., mithin also dem Betrag, den der
Pflichtige als Fahrkosten geltend machen kann, wenn man vom Arbeitsort in H ausgeht
(siehe oben E. 1 d) cc)). Diese Schätzung ist somit ohne Weiteres sachlich begründbar
und erweist sich keinesfalls als offensichtlich zu hoch.
3. Nach dem Gesagten ist der Einspracheentscheid des kantonalen Steuer-
amts vom 21. April 2011 zu bestätigen und der Rekurs abzuweisen. Die Verfahrens-
kosten sind ausgangsgemäss den Pflichtigen aufzuerlegen (§ 151 Abs. 1 StG).
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1 ST.2011.127 | Public | Tax | de | 2,011 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
bdbf6527-2297-4f4c-992b-113eef4c73a6 | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend der Pflichtige) wurde mit Entscheid vom 26. September
2008 für die Staats- und Gemeindesteuern 2007 mit einem steuerbaren Einkommen
von Fr. 136'700.- und einem steuerbaren Vermögen von Fr. 2’350'000.- eingeschätzt.
B. Auf die am 12. Januar 2009 erhobene Einsprache trat das kantonale Steu-
eramt mit Entscheid vom 18. Juni 2009 infolge Verspätung nicht ein.
C. Mit Rekurs vom 20. Juli 2009 beantragte der Pflichtige, das kantonale
Steueramt sei anzuweisen, seine Einsprache materiell zu behandeln und das steuer-
bare Vermögen per 7. November und per 31. Dezember 2007 aufzuteilen, unter Kos-
ten- und Entschädigungsfolgen zulasten des kantonalen Steueramts.
Das kantonale Steueramt schloss in der Rekursantwort vom 7. August 2009
auf Abweisung des Rechtsmittels.
Mit Präsidialverfügung vom 14. August 2009 wurde der Pflichtige zur Klärung
von Differenzen in Bezug auf zwei Kopien der Steuererklärung 2007 angehalten. Der
Präsident forderte mit Verfügung vom 25. August 2009 sodann das kantonale Steuer-
amt dazu auf, anzugeben, welche Unterlagen der Pflichtige zusammen mit der Steuer-
erklärung 2007 eingereicht habe. Die entsprechende Eingabe des kantonalen Steuer-
amts wurde dem Pflichtigen zu allfälliger Stellungnahme zugestellt; mit Schreiben vom
16. September 2009 verzichtete der Pflichtige darauf.
Auf die Parteivorbringen, die Erwägungen im angefochtenen Entscheid und
die beigezogenen bzw. eingereichten Unterlagen ist – soweit entscheidrelevant – in
den nachfolgenden Erwägungen einzugehen.
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2 ST.2009.194 | Die Rekurskommission zieht in Erwägung:
1. Erhebt ein Steuerpflichtiger gegen einen Nichteintretensentscheid der Ein-
sprachebehörde Rekurs, so ist der Rekurskommission die materielle Prüfung des
Rechtsmittels auf die Einschätzung hin verwehrt. Sie darf nur untersuchen, ob die Ein-
sprachebehörde auf die Einsprache zu Recht nicht eingetreten ist (Rich-
ner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz,
2. A., 2006, § 147 N 43).
Hier ist ein Nichteintretensentscheid der Vorinstanz angefochten. Würde sich
dieser als gesetzeswidrig erweisen, wären die Akten zwecks Wahrung des gesetzli-
chen Instanzenzugs zur materiellen Überprüfung der Einschätzung an jene zurückzu-
weisen (RB 1979 Nr. 57 [Leitsatz]). Auf das materielle Begehren des Pflichtigen, dem
kantonalen Steueramt seien Anweisungen hinsichtlich der Einschätzung zu erteilen, ist
somit nicht einzutreten.
2. a) Gegen den Einschätzungsentscheid können laut § 140 Abs. 1 des Steuer-
gesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) der Steuerpflichtige und die Gemeinde innert 30 Ta-
gen nach Zustellung beim kantonalen Steueramt schriftlich Einsprache erheben. Die
Einsprachefrist beginnt am Tag nach der Zustellung des Entscheids zu laufen (§ 12
Abs. 1 der Verordnung zum Steuergesetz vom 1. April 1998, VO StG) und ist – wie die
Rekurs- und Beschwerdefrist – eine Verwirkungsfrist (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter,
§ 140 N 48 mit Hinweisen, auch zum Folgenden). Eine nach Ablauf der Einsprachefrist
erhobene Einsprache ist unwirksam und vermag keine materielle Überprüfung der an-
gefochtenen Einschätzung herbeizuführen, selbst dann, wenn diese formell oder mate-
riell fehlerhaft sein sollte. Auf eine verspätete Einsprache darf die Einsprachebehörde –
Fristwiederherstellung vorbehalten – deshalb nicht eintreten.
b) Fällt die Steuerbehörde einen Einschätzungsentscheid, läuft die Einsprache-
frist von dessen Zustellung und nicht erst von der Eröffnung der darauf fussenden Steu-
errechnung des Gemeindesteueramts an (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 140 N 47,
auch zum Folgenden). Entspricht die Einschätzung der Steuererklärung oder wird sie
vom Steuerpflichtigen im Einschätzungsverfahren anerkannt, ergeht somit kein formeller
Einschätzungsentscheid (vgl. § 126 Abs. 4 StG), beginnt die Einsprachefrist für den
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2 ST.2009.194
Steuerpflichtigen mit der Zustellung der Schlussrechnung an ihn.
Vorliegend hat das kantonale Steueramt den Pflichtigen mit Entscheid vom 26.
September 2008 eingeschätzt. Einzig dieser ist für die Auslösung der Einsprachefrist
relevant; die Schlussrechnung vom 11. Dezember 2008 löste hingegen keine (neue)
Einsprachefrist aus. Die Einsprache vom 12. Januar 2009 erweist sich damit – Fristwie-
derherstellung vorbehalten – als verspätet.
3. a) Hat ein Steuerpflichtiger die durch Gesetz, Verordnung oder durch be-
hördliche Anordnung gesetzte Frist für die Geltendmachung eines Rechts versäumt, so
ist laut § 15 VO StG Wiederherstellung zu gewähren, wenn er nachweist, dass er oder
sein Vertreter ohne Verschulden entweder von der Fristansetzung nicht rechtzeitig
Kenntnis erhalten hat oder durch schwerwiegende Gründe an der Einhaltung der Frist
verhindert worden ist; als solche Gründe gelten z.B. Krankheit, Todesfall in der Familie,
Landesabwesenheit oder Militärdienst (Abs. 1). Wiederherstellung der versäumten Frist
ist aber auch zu bewilligen, wenn ein Steuerpflichtiger durch eine irreführende Rechts-
mittelbelehrung oder eine unrichtige behördliche Auskunft an der Einhaltung der Frist
verhindert worden ist (vgl. BGE 76 I 190, 78 I 297, 85 II 145). Allerdings darf im Inte-
resse der Rechtssicherheit und eines geordneten Rechtsgangs nicht leichthin ein
Grund angenommen werden, der ein fristgerechtes Handeln gehindert hat. Ein solcher
ist nach dem praxisgemäss strengen Massstab nur zu bejahen, wenn dem Gesuchstel-
ler auch bei Aufwendung der üblichen Sorgfalt die Wahrung seiner Interessen verun-
möglicht oder unzumutbar erschwert wird (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 129 N 32;
VGr, 16. Dezember 2003, SB.2003.00049, E. 4.1, www.vgrzh.ch).
b) Das Wiederherstellungsgesuch ist schriftlich und spätestens innerhalb von
30 Tagen nach Kenntnisnahme der Fristansetzung oder Wegfall des Hindernisses ein-
zureichen. Innert der gleichen Frist ist die versäumte Handlung vorzunehmen (§ 15
Abs. 2 VO StG). Das Gesuch muss den Hinderungsgrund sowie den Tag des Eintritts
und des Wegfalls des Hinderungsgrunds genau bezeichnen. Die Einhaltung der (nicht
erstreckbaren) Frist ist sowohl hinsichtlich des Wiederherstellungsgesuchs als auch
bezüglich der nachzuholenden Handlung Gültigkeitsvoraussetzung (RB 1970 Nr. 37;
Reimann/Zuppinger/Schärrer, Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, 3. Band, 1969,
§ 78 N 15 ff.; Zuppinger/Schärrer/Fessler/Reich, Kommentar zum Zürcher Steuerge-
setz, Ergänzungsband, 2.A., 1983, § 78 N 30). Die Wiederherstellungsgründe sind vom
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2 ST.2009.194
Steuerpflichtigen zu substanziieren und zu beweisen; fehlt eine solch hinreichende
Sachdarstellung, ist weder eine amtliche Untersuchung über die massgebenden Tat-
sachen zu führen, noch dem Steuerpflichtigen Frist zur Verbesserung anzusetzen
(RB 1979 Nr. 51). Über die Wiederherstellung entscheidet die Behörde, die in der Sa-
che selbst zuständig ist (§ 15 Abs. 3 VO StG).
4. a) Nach § 49 StG werden die Steuern vom Einkommen und Vermögen für
jede Steuerperiode festgesetzt und erhoben (Abs. 1). Als Steuerperiode gilt das Kalen-
derjahr (Abs. 2). Das steuerbare Vermögen bemisst sich gemäss § 51 StG nach dem
Stand am Ende der Steuerperiode oder der Steuerpflicht (Abs. 1). Besteht die Steuer-
pflicht nur während eines Teils der Steuerperiode, wird die in diesem Zeitraum ent-
sprechende Steuer erhoben (Abs. 3). Erbt der Steuerpflichtige während der Steuer-
periode Vermögen, gilt Abs. 3 sinngemäss (vgl. Abs. 4).
Die ganzjährige Steuerpflicht bildet somit den Normalfall. Bei einem Erbgang
während der Steuerperiode erfolgt der Bezug der Vermögenssteuer "pro rata" nach der
Dauer der Steuerpflicht. Bei der Einschätzung wird dabei in der Regel zunächst vom
Vermögen am Ende der Steuerperiode ausgegangen. Dieser Vermögensstand ist
massgebend für die Vermögenssteuer ab dem auf den Erbgang folgenden Tag bis zum
Ende der Steuerperiode. Für den Zeitraum ab Beginn der Steuerperiode bis zum Erb-
gang ist dagegen das Vermögen am Ende der Steuerperiode um die durch den Erb-
gang neu hinzugekommenen Vermögensteile zu kürzen; dabei ist auf den Wert dieser
Vermögensteile im Zeitpunkt des Erbgangs abzustellen (vgl. Merkblatt über die Grund-
sätze der einjährigen Gegenwartsbemessung für die natürlichen Personen vom
4. August 1998, nZStB Nr. 24/000, S. 2, 9 f.).
b) Der Pflichtige ist beruflich an einem ... tätig und hat in seiner Steuererklä-
rung 2007 (per 31.12.) ein steuerbares Vermögen von Fr. 2'350'865.- deklariert, und
zwar als Summe aus den Positionen "Wertschriften und Guthaben" (Ziff. 30.1) von Fr.
772'170.- und "Anteile an unverteilten Erbschaften, Geschäfts-/Korporationsanteile"
(Ziff. 30.5) von Fr. 1'578'695.-. Sodann hat er unter Ziff. 50 des Formulars angekreuzt,
er sei an einer Erbengemeinschaft beteiligt. In der mitgelieferten Bilanz "B" wurde ein
Nettovermögen von Fr. 3'157'391.- ausgewiesen, was für die beiden Erben, den Pflich-
tigen und dessen Schwester, dem besagten Anteil entsprach. Die damit verbundene
"Ertragsrechnung" der Erbengemeinschaft bezog sich auf die Zeit vom "1.11. -
31.12.07". Die Erblasserin, die Mutter des Pflichtigen, war am ... verstorben. Das kan-
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2 ST.2009.194
tonale Steueramt hat den Pflichtigen in der Folge am 26. September 2008 für 2007 mit
dem deklarierten steuerbaren Vermögen von Fr. 2'350'000.- eingeschätzt. Dem Um-
stand, dass ihm ein grosser Teil des Vermögens erst im Verlauf der Steuerperiode zu-
geflossen war, hat es dabei keine Beachtung geschenkt. Beim steuerbaren Einkom-
men ergab sich gegenüber der Selbstdeklaration eine kleine Differenz.
Wurde der Pflichtige mithin für die ganze Steuerperiode 2007 ohne die gebo-
tene Einschränkung auf der Grundlage des per Ende Jahr massgeblichen Vermögens
eingeschätzt, so widersprach dies der gesetzlichen Regelung. Zu fragen ist, ob sich
dieser Mangel beheben lässt, obgleich die Einschätzung mangels fristgerechter Ein-
sprache in Rechtskraft erwachsen ist.
c) aa) Der Pflichtige vertritt die Auffassung, für ihn sei aus dieser Einschät-
zung nicht ersichtlich gewesen, dass ihm für das ganze Jahr 2007 das Vermögen voll-
umfänglich steuermässig in Rechnung gestellt würde; insoweit liege ein entschuldbarer
Irrtum seinerseits vor, weshalb die Einsprachefrist wiederhergestellt werden müsse.
Demgegenüber führt das kantonale Steueramt im Einspracheentscheid aus, der Ein-
schätzungsentscheid vom 26. September 2008 habe – anders als im Verfahren betref-
fend die verstorbene Mutter des Pflichtigen – keinen Hinweis auf eine unterjährige
Steuerpflicht oder weitere Indizien enthalten, welche auf die Notwendigkeit einer pro
rata-Besteuerung hätten schliessen lassen. Der vom Pflichtigen angeführte Irrtum sei
bei solcher Lage der Dinge bereits im Einschätzungsentscheid zu erkennen gewesen.
Damit sei die Säumnis auf ein Ereignis zurückzuführen, welches dem Pflichtigen als
Nachlässigkeit anzulasten sei; Fristwiederherstellung komme nicht in Frage.
bb) Aus der Steuererklärung 2007 ergab sich, wie vorhin erwähnt (vorn E. 4b),
ohne Weiteres, dass dem Pflichtigen 2007 aus dem Erbgang seiner Mutter beträchtli-
che Vermögenswerte zugegangen waren. Zudem lag dem kantonalen Steueramt im
Zeitpunkt der Einschätzung ein Antrag auf Rückerstattung der Verrechnungssteuer in
Erbfällen vor, welcher vom 5. März 2008 datiert und von der Inventarkontrolle am
3. April 2008 behandelt wurde. Dieser bezog sich auf Fälligkeiten vom 8.11. -
31.12.2007 auf Guthaben bzw. Wertschriften der Erbengemeinschaft B, also der am ...
verstorbenen Mutter des Pflichtigen, welcher darin als Miterbe und Vertreter der Er-
bengemeinschaft aufgeführt war, und ging mit Scan-Datum vom 26. Mai 2008 in des-
sen Steuerakten ein. Sodann gingen auf Beweisauflage des Steueramts vom 10. Sep-
tember 2008 hin beim Steueramt jedenfalls vor dem 3. Oktober 2008 Bankunterlagen
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2 ST.2009.194
zweier Banken ein, welche ebenfalls erhellten, dass der Pflichtige neu an der Erbschaft
seiner Mutter beteiligt war. Hinzu kommt, dass ein Vergleich mit der Vorjahressteuerer-
klärung (2006) bzw. Taxation unschwer erkennen liess, dass der Pflichtige per Ende
2006 an keiner Erbengemeinschaft beteiligt war und dass das steuerbare Vermögen
2007 massiv zugenommen hatte. Musste mithin dem Steueramt aus all diesen Grün-
den bekannt sein, dass der Pflichtige während des Jahres 2007 ein Erbe angetreten
hatte, so durfte dieser darauf vertrauen, dass das Steueramt diesem Umstand Rech-
nung trägt. Dabei dürfte ihn auch die Wegleitung zur Steuererklärung (2007) in seiner
Auffassung, der Fiskus werde den tatsächlichen Gegebenheiten korrekt Rechnung
tragen, bestärkt haben. Dort wird ausgeführt, einzutragen sei in der Steuererklärung
das Vermögen per Ende 2007. Bei Erbfall während des Jahres werde eine Vermö-
genssteuer erhoben für die Zeit (a) ab Beginn 2007 bis Erbgang und (b) ab Erbgang
bis Ende 2007. Die zeitliche Abgrenzung erfolge durch die Steuerbehörden aufgrund
der Angaben auf Seite 4 der Steuererklärung (S. 9). Zu Ziff. 50 (auf Seite 4) der Steu-
ererklärung gibt die Wegleitung bekannt, zu deklarieren sei (u.a.) jeder Vermögensan-
fall von Todes wegen, auch wenn die Erbteilung noch nicht stattgefunden habe (S. 31).
Dieser Verpflichtung ist der Pflichtige, wenn auch bloss unvollkommen (hinten E.
4c/cc), nachgekommen.
cc) Dass der Pflichtige den Einschätzungsentscheid, welcher keine zeitliche
Differenzierung betreffend die Besteuerung des Vermögens enthielt, nicht beanstande-
te, kann ihm nicht zum Vorwurf gemacht werden und nicht zum Nachteil gereichen: Der
Einschätzungsentscheid vom 26. September 2008 stimmte in Bezug auf das steuerba-
re Vermögen mit der Selbstdeklaration des Pflichtigen überein und entsprach exakt
dem Stand per 31.12.2007, welcher gemäss Gesetz für die Einschätzung 2007 mass-
geblich war (vorn E. 4a). Daher musste die fehlende zeitliche Differenzierung betref-
fend die Besteuerung des Vermögens dem – in steuerrechtlichen Fragen unkundigen –
Pflichtigen nicht als fehlerhaft erscheinen. Im Gegensatz zu seiner verstorbenen Mut-
ter, deren Steuerpflicht mit dem Tod am ... endete und in deren Rechtsnachfolge er
eintrat, war er nicht unterjährig steuerpflichtig. Sowohl die Einschätzung für die Mutter
als auch der entsprechende Steuerbezug waren pro 2007 zeitlich beschränkt, eben
anders als bei ihm selber. Wie der Pflichtige, der die Erben in der Einschätzung der
Verstorbenen vertrat, zu Recht bemerkt, durfte er auch vor diesem Hintergrund davon
ausgehen und darauf vertrauen, dass das kantonale Steueramt das Nachlassvermö-
gen ungeachtet dessen, dass im Einschätzungsentscheid ein ausdrücklicher Hinweis
auf die zeitlich beschränkte Steuerpflicht hinsichtlich der Nachlasswerte fehlte, wie ge-
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2 ST.2009.194
setzlich vorgesehen erst ab dem Zeitpunkt des Erbschaftsanfalls berücksichtigen und
steuerlich belasten würde (vgl. Wegleitung zur Steuererklärung 2007, S. 9; ebenso
Art. 66 Abs. 3 des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der direkten Steuern der
Kantone und Gemeinden vom 14. Dezember 1990 [StHG]). Dass dem nicht so war,
musste er erst mit der Zustellung der Schlussrechnung erkennen. Wenn das Steueramt
nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprechend eingeschätzt hat, so muss es sich die-
ses Versagen vorwerfen lassen. Die volle Erfassung der Nachlassgüter während des
ganzen Steuerjahres ist nicht nur angesichts der klaren Darstellung der Verhältnisse in
den Steuerakten unverständlich, sondern auch angesichts dessen, dass der Zürcher
Fiskus diese Werte bis zu deren Todestag bereits bei der Mutter des Pflichtigen be-
steuert hat. Insoweit resultierte für die Zeit vom 1.1. - 7.11.2007 eine verpönte Doppel-
belastung, im weiteren Sinn sogar eine Doppelbesteuerung (wenn auch nicht beim
nämlichen Steuersubjekt). Zwar muss sich der Pflichtige vorhalten lassen, er habe die
Ziff. 50 der Steuererklärung 2007 nicht korrekt ausgefüllt, hätte er doch dort den Na-
men der Erblasserin, deren Todestag sowie den Wert des anteiligen Erbes angeben
müssen. Doch wiegt diese Nachlässigkeit nicht derart schwer, dass sie das Versagen
des Steueramts nur annährend wettschlagen könnte.
dd) Zusammenfassend ist eine entscheidwesentliche Nachlässigkeit des
Pflichtigen zu verneinen; unter den gegebenen Umständen hatte er keinen Anlass, den
in Bezug auf die Steuerfaktoren (steuerbares Einkommen für 2007 Fr. 136'700.- und
steuerbares Vermögen per 31.12.2007 Fr. 2'350'000.-) korrekten Einschätzungsent-
scheid anzufechten.
d) Von der fehlenden zeitlichen Differenzierung in Bezug auf die Vermögens-
besteuerung erlangte der Pflichtige erst mit Zustellung der Schlussrechnung vom
11. Dezember 2008 Kenntnis. Mit Eingabe vom 12. Januar 2009 stellte er innert 30
Tagen und damit rechtzeitig ein Fristwiederherstellungsgesuch, worin er auch seiner
Substanziierungspflicht vollumfänglich nachkam. Damit war das Fristwiederherstel-
lungsgesuch gültig. Das kantonale Steueramt – das übrigens auf das Fristwiederher-
stellungsgesuch laut Dispositiv nicht eintrat, dieses aber in den Erwägungen prüfte und
damit darüber im Grund materiell entschied – hätte somit die Fristwiederherstellung
gewähren müssen.
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2 ST.2009.194
Nach alledem ist die Einsprachefrist wiederherzustellen und die Angelegenheit
an das kantonale Steueramt zur materiellen Behandlung zurückzuweisen.
5. Mithin ist der Rekurs teilweise gutzuheissen, soweit darauf einzutreten ist.
Ausgangsgemäss sind die Rekurskosten dem Staat aufzuerlegen (§ 151 Abs. 1 StG).
Eine Parteientschädigung ist dem juristisch gebildeten Pflichtigen in dieser nicht allzu
komplexen Angelegenheit nicht zuzusprechen. Hinzu kommt, dass wer – wie hier – in
eigener Sache vorstellig geworden ist, praxisgemäss ohnehin keinen Anspruch auf
Entschädigung seines Arbeitsaufwands hat (§ 152 StG i.V.m. § 17 Abs. 2 des Verwal-
tungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997). | Public | Tax | de | 2,009 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
bde9bc3f-7569-4fc4-a811-edabd4c28098 | hat sich ergeben:
A. Am 26. August 2005 beurkundeten die C AG als Verkäuferin und die D AG
als Käuferin einen Kaufvertrag über verschiedene Grundstücke in der Schweiz, unter
welchen sich auch eines in einer zürcherischen Gemeinde B befand. Der Kaufpreis
betrug Fr. 2'430'000.- (ohne MWST). Der Vertrag wurde in der Folge am 31. August
2005 vollzogen.
Die D AG, gegründet im Juli 2005, bezweckt den Erwerb, das Halten und Ver-
äussern von Geschäftsliegenschaften in der Schweiz, die Verwaltung und Vermittlung
von Grundstücken und die Projektierung und Ausführung von Neu- und Umbauten.
Sämtliche 100 Aktien wurden von der A GmbH, Luxemburg übernommen. Diese Ge-
sellschaft befand sich im Eigentum der E Ltd, British Virgin Islands, deren wirtschaftlich
Berechtigter F mit Wohnsitz in Österreich war.
Neben der A GmbH war am 7. Juli 2004 namentlich auch die G Sàrl, Luxem-
burg, gegründet worden, welche in der Folge mit einem schweizerischen Immobilien-
Portefeuille ausgestattet wurde.
Am 1. Februar 2006 schlossen die A GmbH, die G Sàrl, Luxemburg, der in
Österreich wohnhafte F und der in Grossbritannien wohnhafte H, mit der I GmbH
(Tochtergesellschaft der australischen I-Gruppe) ein Rahmenabkommen, in welchem
der Verkauf von 11 Immobiliengesellschaften mit schweizerischem Immobilienbesitz,
darunter 100% an der D AG, vereinbart wurde. Für die Aktienbeteiligungen der A
GmbH wurde ein spezieller Kaufvertrag mit gleichem Datum abgeschlossen, welcher
mit Bezug auf die D AG am 30. August 2006 vollzogen wurde. Grundlage für die Kauf-
preise der Beteiligungen bildeten die Bilanzen der betreffenden Gesellschaften per
31. Dezember 2005. Der Kaufpreis für das im Grundstück in der Gemeinde B wurde
letztlich auf Fr. 3'122'854.- festgesetzt.
Im Zusammenhang mit dem Verkauf der Aktien der D AG ersuchte die A
GmbH am 4. August 2006 das Gemeindesteueramt der Gemeinde B um eine Stellung-
nahme zu den Grundsteuerfolgen bzw. um eine Zusicherung, dass das Geschäft mit
Bezug auf die in Gemeinde B gelegene Liegenschaft von der zürcherischen Grund-
- 3 -
2 GR.2011.28
stückgewinnsteuer freigestellt werde. Die Gemeinde gab in der Folge diese Zusiche-
rung nicht ab, sondern beharrte auf der Einreichung der Steuererklärung für die Grund-
stückgewinnsteuer. Die A GmbH erfüllte diese Verfahrenspflicht am 8. Mai 2008 und
reichte am 17. Juni 2008 eine weitere Eingabe ein. Im Rahmen des Einschätzungsver-
fahrens für die Grundstückgewinnsteuer ersuchte die Kommission für Grundsteuern die
A GmbH am 30. Juli 2008 um Einreichung verschiedener Unterlagen. Die A GmbH
erfüllte die Auflage mit Eingabe vom 28. August 2008 und 23. Januar 2009, worauf die
Kommission für Grundsteuern der A GmbH am 26. Mai 2009 einen Einschätzungsvor-
schlag unterbreitete, zu welchem sich die A GmbH (offenbar) nicht äusserte. Mit Ein-
schätzungsentscheid vom 6. Juli 2009 unterwarf die Kommission für Grundsteuern den
Aktienverkauf der Grundstückgewinnsteuer und auferlegte der A GmbH eine Grund-
stückgewinnsteuer in Höhe von Fr. 399'780.-.
B. Mit Eingabe vom 7. August 2009 erhob die A GmbH Einsprache gegen den
Einschätzungsentscheid und beantragte, es sei festzuhalten, dass, gestützt auf das
Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Grossherzog-
tum von Luxemburg zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der
Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 21. Januar 1993 (DBA-LUX,
SR 0.672.951.81), die Besteuerungskompetenz beim Verkauf der D AG, Zürich, aus-
schliesslich dem Ansässigkeitsstaat der A GmbH (Luxemburg) zustehe und die Ge-
meinde B einen allfälligen Grundstückgewinn nicht besteuern dürfe. Der angefochtene
Entscheid sei daher aufzuheben. Am 15. Dezember 2010 fand im Beisein der Kommis-
sion für Grundsteuern eine mündliche Anhörung des Rechtsvertreters der A GmbH, RA
Dr. Daniel Lehmann, statt. Am 19. Mai 2011 wies die Kommission die Einsprache ab.
C. Am 22. Juni 2011 erhob die A GmbH Rekurs gegen diesen Einspracheent-
scheid und beantragte, es sei auf die Erhebung einer Grundstückgewinnsteuer zu ver-
zichten. Ausserdem verlangte sie eine Parteientschädigung. Zur Begründung hielt sie
fest, dass die Voraussetzungen für eine wirtschaftliche Handänderung im Sinn von
§ 216 Abs. 2 lit. a des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) erfüllt seien, da eine
Beteiligung von 100% an einer Immobiliengesellschaft veräussert worden sei. Gemäss
Art. 13 Abs. 4 DBA-LUX könnten Gewinne aus der Veräusserung von beweglichem
Vermögen nur in dem Staat besteuert werden, in welchem der Veräusserer ansässig
sei. Die einzige Ausnahme in Art. 13 Abs. 2 DBA-LUX betreffe den Betriebsstättenvor-
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2 GR.2011.28
behalt und komme vorliegend nicht in Betracht. Anteile an Immobiliengesellschaften
stellten bewegliches Vermögen dar, da nach der Definition des unbeweglichen Vermö-
gens solche Anteile nicht dem unbeweglichem Vermögen gleichgestellt würden (Art. 6
Abs. 2 DBA-LUX). Die A GmbH habe ihren statutarischen Sitz in Luxemburg, verfüge
über eine genügende Eigenkapitalbasis und sei keine reine Briefkastenfirma. Im Hin-
blick auf den Gesellschaftszweck (Koordination der Auslandbeteiligungen und der In-
vestitionen in Deutschland und der Schweiz) sei in Luxemburg eine wirtschaftliche Ba-
sis mit qualifiziertem Personal und Räumlichkeiten aufgebaut worden. Damit erfülle die
A GmbH auch das funktionelle Substanzerfordernis, weshalb sie zum fraglichen Zeit-
punkt – wie im Übrigen auch heute noch – abkommensberechtigt gewesen sei. In zeit-
licher Hinsicht sei nicht das Verpflichtungsgeschäft (1. Februar 2006) für die Beurtei-
lung der Substanz massgebend, sondern der Zeitpunkt der Inanspruchnahme des
Doppelbesteuerungsabkommens (Verfügungsgeschäft vom 30. August 2006). Zudem
würde es einen unzulässigen Methodendualismus bedeuten, die Substanz vom Vor-
handensein schriftlicher Verträge abhängig zu machen. Denn das Erfordernis der Sub-
stanz sei Ausfluss der wirtschaftlichen Betrachtungsweise. Was die Substanz im Ein-
zelnen betreffe, so habe die G Sàrl am 21. Oktober 2005 einen Mietvertrag über Büros
an der Rue .........., L-1313 Luxemburg, abgeschlossen, wo sich auch heute noch der
Firmensitz der G Sàrl und der A GmbH befinde. Sodann habe die G Sàrl am 6. De-
zember 2005 mit J einen Arbeitsvertrag abgeschlossen, welche seither Geschäftsfüh-
rerin beider Gesellschaften sei. Die gemeinsame Nutzung der Substanz durch Grup-
pengesellschaften werde von der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) in
konstanter Praxis anerkannt. Entgegen der Formulierung des Rulingantrags vom 2.
März 2006 an die ESTV habe die Substanz bereits am 1. November 2005 genutzt wer-
den können. Das Steuerruling, welches das Vorhandensein der nötigen Substanz bes-
tätige, sei von der ESTV am 28. März 2006 unterzeichnet worden. Wegen der Grup-
penstruktur mit gemeinsamer Nutzung habe die Substanz bereits am 1. November
2005 bestanden. Wenn im Rulingantrag an die ESTV vom 2. März 2006 davon gespro-
chen werde, dass die Substanz in einem weiteren Schritt von der G Sàrl auf die A
GmbH ausgedehnt werde, sei dies nicht beachtlich. Mit der Ausdehnung der Substanz
auf die A GmbH sei nur das formelle Umsetzen der Substanz und nicht die tatsächliche
Nutzung der Substanz gemeint gewesen. Das Argument der Rekursgegnerin, die Akti-
enverkaufsverträge seien von K, einer in der Schweiz ansässigen Person, unterzeich-
net worden, sei rein formaler Natur. K habe als Bevollmächtigte und nicht als Gesell-
schaftsorgan gehandelt. Die ESTV habe bestätigt, dass die G Sàrl und die A GmbH die
formellen und materiellen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des DBA-Lux
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2 GR.2011.28
erfüllten. Insbesondere seien beide Gesellschaften im Sinn von Art. 1 in Verbindung
mit Art. 4 DBA-Lux in Luxemburg ansässig. Auch wenn sich die ESTV nur bezüglich
Dividenden habe aussprechen können, müsse angenommen werden, dass keine an-
dere Beurteilung bei Veräusserungsgewinnen vorgenommen worden wäre. Denn die
Anwendungsvoraussetzungen des DBA-Lux kämen für das ganze Abkommen zum
Zug.
In ihrer Rekursantwort vom 30. September 2011 beantragte die Rekursgegne-
rin – unter Zusprechung einer Parteientschädigung – Abweisung des Rekurses.
In der Replik machte die A GmbH geltend, ein Abkommensmissbrauch liege
nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts (BGr 28. November 2005, 2A.239/2005,
E. 3.6.4, www.bger.ch) dann nicht vor, wenn der Hauptzweck der Gesellschaft, die
Geschäftsführung sowie der Erwerb und das Halten von Beteiligungen auf wirtschaft-
lich beachtlichen Gründen basierten und die Beteiligten nicht vorrangig auf die Erlan-
gung von Vorteilen des betreffenden Abkommens abzielten. Von einem Abkommens-
missbrauch könne vorliegend nicht gesprochen werden, da die notwendige
Infrastruktur seit November 2005 vorgelegen habe. Nicht erforderlich sei, dass das
Personal der Holdinggesellschaft über Fachkenntnisse im Bereich der operativen Tä-
tigkeit der Beteiligungen verfüge. Der Entscheid zum Verkauf der Beteiligungen sei in
Luxemburg getroffen worden. Das Steuerruling, welches das Vorhandensein der not-
wendigen Substanz bestätige, sei von der ESTV am 28. März 2006 und damit noch vor
dem hier massgeblichen Verfügungsgeschäft vom 30. August 2006 unterzeichnet wor-
den. Der Abschluss des Aktienverkaufsvertrags vom 1. Februar 2006 sei als Zeichen
der aktiven Geschäftstätigkeit zu betrachten.
In der Duplik vom 2. Dezember 2011 verzichtete die Rekursgegnerin auf wei-
tere Ausführungen, hielt jedoch an ihren Anträgen fest.
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2 GR.2011.28 | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. Das Verfahren vor Steuerrekursgericht zeichnet sich durch eine Erweite-
rung der Mitwirkung in dem Sinn aus, dass der Steuerpflichtige den Nachweis für das
Bestehen von steuermindernden oder steueraufhebenden Tatsachen, für welche er die
Beweislast trägt, in der Rekursschrift mit einer substanziierten Sachdarstellung und
durch Beschaffung oder Bezeichnung von Beweismitteln anzutreten hat. Fehlt es dar-
an, trifft das Steuerrekursgericht keine weitere Untersuchungspflicht. Alsdann wird zu
Ungunsten des Steuerpflichtigen angenommen, der betreffende Sachverhalt habe sich
nicht verwirklicht (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum harmonisierten
Zürcher Steuergesetz, 2. A., 2006, § 147 N 53).
2. a) Die politischen Gemeinden des Kantons Zürich erheben eine Grund-
stückgewinnsteuer (§ 205 StG). Diese belastet die Gewinne, welche sich bei Handän-
derungen an Grundstücken oder Anteilen von solchen ergeben (§ 216 Abs. 1 StG).
Gemäss § 216 Abs. 2 lit. a StG sind Rechtsgeschäfte, welche in Bezug auf die
Verfügungsgewalt über ein Grundstück wie eine Handänderung wirken, Handänderun-
gen im Sinn von § 216 Abs. 1 StG gleichgestellt. Unter diesen Tatbestand fallen u.a.
die Übertragungen von Mehrheitsbeteiligungen an Immobiliengesellschaften (Rich-
ner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 216 N 93 ff.).
Aufgrund des statutarischen und des tatsächlich verfolgten Zwecks (Statuten:
act. 13/3, Bilanz per 31. Dezember 2005: act. 13/5) handelt es sich bei der D AG, wor-
über sich die Parteien einig sind, um eine Immobiliengesellschaft. Da die A GmbH am
30. August 2006 sämtliche Aktien der D AG an die I GmbH verkauft hat, liegt eine wirt-
schaftliche Handänderung im Sinn von § 216 Abs. 2 lit. a StG vor.
b) Im internationalen Verhältnis findet die Steuerhoheit der Gemeinden des
Kantons Zürich ihre Grenze in den Doppelbesteuerungsabkommen (negative Wirkung
des Staatsvertragsrechts; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Vorbemerkungen zu
§§ 3 - 15, N 6, § 205 N 4; Peter Locher, Einführung in das internationale Steuerrecht
der Schweiz, 3. A., 2005, S. 95 f.). Eine solche negative Wirkung des Staatsvertrags-
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2 GR.2011.28
rechts stellt eine steueraufhebende Tatsache dar, für deren Bestehen die A GmbH die
Beweislast trägt (vgl. vorne E. 1).
c) Anteile an Immobiliengesellschaften gelten, unter Vorbehalt der diesbezüg-
lichen Ausnahmebestimmungen in einzelnen Doppelbesteuerungsabkommen, als be-
wegliches Vermögen (Locher, S. 312). Nach Art. 13 Abs. 4 DBA-Lux können Gewinne
aus der Veräusserung von beweglichem Vermögen nur in dem Staat besteuert werden,
in welchem der Veräusserer ansässig ist. Diese Regel wird lediglich durch eine vorlie-
gend nicht interessierende Ausnahme durchbrochen (Betriebsstättenvorbehalt im Sinn
von Art. 13 Abs. 2 DBA-Lux).
d) Gemäss Art. 1 DBA-Lux gilt dieses Abkommen für Personen, die mindes-
tens in einem der beiden Staaten ansässig sind. Ansässig ist nach Art. 4 Abs. 1 DBA-
Lux eine Person, welche nach dem Recht dieses Staates auf Grund ihres Wohnsitzes,
ihres ständigen Aufenthalts, des Ortes ihrer Geschäftsleitung oder eines anderen ähn-
lichen Merkmals steuerpflichtig ist.
Vom Grundsatz, für den steuerrechtlichen Sitz einer Gesellschaft auf den sta-
tutarischen Sitz einer Gesellschaft abzustellen, wird im schweizerischen Steuerrecht
dann abgewichen, wenn sich der statutarische Sitz in einem anderen Kanton oder im
Ausland befindet und es sich dabei um einen rein formellen Sitz handelt. Das Bundes-
gericht hat unter dem Gesichtspunkt des interkantonalen Doppelbesteuerungsverbotes
eine Praxis entwickelt, wonach in solchen Fällen demjenigen Kanton das vorrangige
Besteuerungsrecht zusteht, in welchem sich der Ort der tatsächlichen Leitung der
betreffenden Gesellschaft befindet (Peter Mäusli, Die Ansässigkeit von Gesellschaften
im internationalen Steuerrecht, 1993, S. 47 f.; Zitter/Gentsch, Substanz von Empfän-
gergesellschaften bei Outbound-Dividenden, IFF Forum für Steuerrecht 2009, 220 ff.;
Kommentar zum Musterabkommen auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und
Vermögen, deutsche Übersetzung der von der OECD in englischer und deutscher
Sprache veröffentlichten Originalausgabe, Berlin 1994; aktuell Model Tax Convention
on Income and on Capital, Condensed Version, 22 July 2010, OECD Committee on
Fiscal Affairs [im Folgenden: OECD-Kommentar], Art. 1 N 10.1).
Folgende Indizien sprechen für eine rein formelle Natur des statutarischen
Sitzes (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 55 N 8):
Am Sitz befindet sich keine wesentliche Infrastruktur.
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2 GR.2011.28
Die Leitung befindet sich nicht am statutarischen Sitz.
Die Sitzungen der Gesellschaftsorgane werden nicht am statutarischen Sitz
durchgeführt.
Es kann selbst dann nur ein formeller Sitz vorliegen, wenn an diesem Ort eine
gewisse untergeordnete Geschäftstätigkeit abgewickelt wird, wie die Ausfüh-
rung von gewissen Büroarbeiten oder andere untergeordnete Tätigkeiten
(Mäusli, S. 49).
e) Demgemäss ist vorerst zu prüfen, ob die A GmbH nach schweizerischem
Steuerrecht ihren steuerrechtlichen Sitz in der massgeblichen Zeit in Luxemburg hatte
und demgemäss dort auch ansässig war. Die A GmbH macht in diesem Zusammen-
hang insbesondere geltend, dass sich am statutarischen Sitz genügend Substanz be-
finde, weshalb sich die Annahme einer reinen Briefkastenfirma verbiete.
Am Tag der Gründung der A GmbH (15. Juli 2004) befand sich der statutari-
sche Sitz am ....platz in Luxemburg (act. 13/14). Im Rahmenabkommen (act. 13/1), in
welchem der Verkauf von 11 Immobiliengesellschaften mit schweizerischem Immobi-
lienbesitz vereinbart wurde, wird als Sitz der A GmbH an jenem ....platz in Luxemburg
angegeben, obwohl die Schwestergesellschaft der A GmbH, G Sàrl, bereits zuvor am
21. Oktober 2005 einen Mietvertrag über Büros an der Rue ...............in Luxemburg
abgeschlossen hatte (act. 3/11). Auch der spezielle Kaufvertrag vom 1. Februar 2006
enthält dieselbe Adressangabe der A GmbH (Beilage 1 zu Einsprache vom 7. August
2009, in act. 13/18). Es ist demgemäss unklar, wann der statutarische Sitz innerhalb
der Stadt Luxemburg vom....platz an die Rue ...... verlegt wurde und wann und in wel-
cher Form die A GmbH die Mieträumlichkeiten am neuen Sitz nutzte.
Die Aktienverkaufsverträge vom 1. Februar 2006 wurden von der einzigen
Verwaltungsrätin der D AG, K, unterzeichnet, welche gemäss Handelsregisterauszug
dieser Unternehmung in der Schweiz wohnhaft war (act. 13/4). Auf welche Weise und
unter Beteiligung von welchen Personen dieser für die Geschäftsführung wichtige Ent-
scheid zum Verkauf der Aktien getroffen wurde, ist unklar. Dieselbe Feststellung gilt
auch für den Erwerb des Immobilienportefeuilles.
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2 GR.2011.28
Ob, wann und in welcher Form die Geschäftsführerin der G Sàrl, J, für die A
GmbH tätig wurde, wurde von der A GmbH weder in substanziierter Form dargelegt
noch nachgewiesen. Die gemeinsame Nutzung der Substanz durch Gruppengesell-
schaften im Konzernverhältnis mag zulässig sein; gleichwohl muss diese Nutzung im
Einzelfall dargelegt werden.
Zur Erfüllung des Substanzerfordernisses müssen ausländische Holdingge-
sellschaften so konzipiert sein, dass sie das Investment effizient bewirtschaften kön-
nen. Vorliegend ist indessen unklar, ob die Geschäftsführerin befähigt war, ein schwei-
zerisches Immobilienportefeuille kompetent zu betreuen.
Insgesamt erweist sich das Vorbringen der A GmbH in Bezug auf das Sub-
stanzerfordernis als ungenügend, obwohl die Rekursgegnerin im Einspracheentscheid
das Substanzerfordernis thematisiert und den ihrer Meinung nach ungenügenden
Nachweis bemängelt hatte. In der Rekursschrift und der Replik trat die A GmbH den
Argumenten der Rekursgegnerin zwar in allgemeiner Form entgegen, unterliess es
jedoch, die wesentlichen Aspekte des Sachverhalts zu substanziieren, um so eine
rechtliche Würdigung zu ermöglichen.
Die Prüfung des Substanzerfordernisses durch die ESTV erfolgte auf der
Grundlage des Schreibens von RA Lehmann vom 2. März 2006 (act. 3/13). Dieses
Schreiben erweist sich indessen in ähnlicher Weise ungenügend substanziiert wie das
Vorbringen der A GmbH im vorliegenden Rekursverfahren. Aufgrund der nur
summarischen Schilderung des Sachverhalts konnte sich die ESTV keine fundierte
Meinung bilden. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass die Grundsteuerbehörden des
Kantons Zürich nicht an eine Meinungsäusserung der ESTV im Zusammenhang mit
der Verrechnungssteuer gebunden sind (vgl. Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, VB zu
§§ 119 - 131, N 101).
Den Nachweis, dass es sich beim statutarischen Sitz in Luxemburg nicht um
einen rein formellen Sitz handelte, trat die A GmbH aus diesen Gründen nicht mit einer
substanziierten Sachdarstellung an. Demgemäss ist zu Ungunsten der A GmbH davon
auszugehen, dass diese in der massgeblichen Zeit nicht in Luxemburg ansässig war.
Die A GmbH macht auch nicht geltend, dass ein rein formaler Sitz in Luxemburg nach
Luxemburger Steuerrecht die Ansässigkeit in Luxemburg begründe. Die A GmbH kann
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2 GR.2011.28
sich daher mangels Ansässigkeit in Luxemburg nicht auf das Doppelbesteuerungsab-
kommen berufen.
3. a) Ferner ist zu prüfen, ob die A GmbH das DBA-Lux missbräuchlich in An-
spruch nimmt.
Mit Ausnahme von Art. 28 DBA-Lux (Ausschlussklausel) und Art. 10 Abs. 2 lit.
b DBA-Lux (Erfordernis der Mindesthaltedauer) enthält das DBA-Lux keine Miss-
brauchsbestimmungen (Georg Lutz, Die Massnahmen gegen die missbräuchliche In-
anspruchnahme von Doppelbesteuerungsmassnahmen, 2000, S. 209).
Es fragt sich, ob auf dem Wege der Auslegung ein Missbrauchsvorbehalt
begründet werden kann. Die Lehre befürwortet teilweise das Bestehen eines unge-
schriebenen abkommensrechtlichen Missbrauchsvorbehalts (vgl. Klaus Vogel, Ab-
kommensbindung und Missbrauchsabwehr, in: Cagianut/Vallender [Hrsg.], Steuerrecht,
Festschrift zum 65. Geburtstag von Ernst Höhn, 1995, S. 467 und 472; restriktiv: Lutz,
S. 161 f.).
Bei der Auslegung und Anwendung eines Doppelbesteuerungsabkommens
kann grundsätzlich auf die sich aus dem Wiener Übereinkommen vom 23. Mai 1969
über das Recht der Verträge (Wiener Übereinkommen, VRK; SR 0.111) ergebenden
Grundsätze abgestellt werden (BGr 28. November 2005, 2A.239/2005, E. 3.4;
vgl. auch Marcel R. Jung, Trends und Entwicklungen bei der Bekämpfung des Ab-
kommensmissbrauchs im internationalen Steuerrecht der Schweiz, StR 2011, 2 ff.).
Gemäss Art. 26 VRK bindet ein Abkommen die Vertragsparteien und ist von ihnen
nach Treu und Glauben zu erfüllen. Somit haben die Vertragsstaaten eine zwischen-
staatliche Übereinkunft "nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnli-
chen, seinen Bestimmungen in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung und
im Lichte seines Zieles und Zweckes auszulegen" (Art. 31 Abs. 1 VRK).
Das Rechtsmissbrauchsverbot untersagt die zweckwidrige Verwendung eines
Rechtsinstituts zur Verwirklichung von Interessen, die dieses Rechtsinstitut nicht
schützen will (BGE 110 Ib 332 E. 3a S. 336 f.; Ulrich Häfelin/Walter Haller, Schweizeri-
sches Bundesstaatsrecht, 7. A., 2008, S. 237, N. 823 f.; Thomas Gächter, Rechtsmiss-
brauch im öffentlichen Recht, 2005, S. 113 mit weiteren Hinweisen). Dementsprechend
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wird das Rechtsmissbrauchsverbot in Bezug auf Abkommen nicht nur auf schweizeri-
scher Seite, sondern ebenso auf europäischer Ebene als allgemeiner Rechtsgrundsatz
anerkannt, ohne dass es diesbezüglich jeweils einer ausdrücklichen Regelung im je-
weiligen Abkommen bedarf (vgl. allgemein BGE 130 II 113 E. 6.1 und 9, mit zahlrei-
chen Hinweisen auch zur Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Ge-
meinschaften).
Als Mitgliedstaaten der OECD sind die Schweiz und Luxemburg schliesslich
grundsätzlich gehalten, die Musterabkommen samt dazu verfassten Kommentaren der
OECD mitzuberücksichtigen (Xavier Oberson, Précis de droit fiscal international, 2. A.,
2004, S. 31 f.).
b) Vorliegend erscheint zunächst die sog. Transparenzklausel als geeigneter
Ansatzpunkt: Eine in einem Vertragsstaat ansässige Gesellschaft kann die nach dem
betreffenden Abkommen vorgesehenen Regelungen nicht beanspruchen, wenn an ihr
Personen, die in keinem der Vertragsstaaten ansässig sind, unmittelbar oder mittelbar
über eine oder mehrere Gesellschaften, ohne Rücksicht auf deren Ansässigkeit, betei-
ligt sind oder wenn sie von solchen Personen unmittelbar oder mittelbar über eine oder
mehrere Gesellschaften, ohne Rücksicht auf deren Ansässigkeit, kontrolliert wird
(OECD-Kommentar 2010, Art. 1, Ziffer 13). Der Einwand des Abkommensmissbrauchs
ist indessen unbegründet, wenn die Gesellschaft dartut, dass ihr Hauptzweck auf wirt-
schaftlich beachtlichen Gründen basiert und nicht vorrangig auf die Erlangung von Vor-
teilen des betreffenden Abkommens abzielt (sog. "bona-fide"-Klausel).
Die A GmbH befand sich zu 100% im Eigentum der E Ltd, British Virgin Is-
lands (Registre de Commerce et des Sociétés, Luxembourg, act. 13/14), deren wirt-
schaftlich Berechtigter der in Österreich ansässige F war (vgl. zur Konzernstruktur: act.
3/6). Die A GmbH wurde demgemäss von Personen beherrscht, welche in keinem der
Abkommensstaaten ansässig waren. Auf die "bona-fide"-Klausel kann sich die A
GmbH nicht berufen. Denn für die Konzentration von schweizerischem Grundeigentum
in einer Luxemburger Gesellschaft durch einen wirtschaftlich Berechtigten aus Öster-
reich sind keine wirtschaftlich beachtlichen Gründe erkennbar. Wenn die A GmbH in
diesem Zusammenhang geltend macht, Luxemburg habe die Funktion eines europäi-
schen Hauptquartiers für die Investitionen der Familie (act. 2, S. 3), liegt darin kein
wirtschaftlich beachtlicher Grund.
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2 GR.2011.28
c) Mit der Revision 2003 wurde dem OECD-Musterabkommens auf dem Ge-
biet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen von 1992 (OECD-MA) in Art. 13
Abs. 4 eine Bestimmung hinzugefügt, welche sich gegen die missbräuchliche Inan-
spruchnahme von Art. 13 Abs. 5 OECD-MA durch die Zwischenschaltung einer Immo-
biliengesellschaft richtete (Marcel R. Jung, Abkommensmissbrauch im internationalen
Steuerrecht der Schweiz, 2011, S. 57). Danach können Gewinne aus der Veräusse-
rung von Anteilen einer Gesellschaft im Quellenstaat statt im Ansässigkeitsstaat be-
steuert werden, wenn es sich bei der Gesellschaft, deren Anteile veräussert wurden,
um eine Gesellschaft handelt, deren Wert überwiegend auf Grundstücken im Quellen-
staat beruht (vgl. auch OECD-Kommentar 2010, Art. 13, Ziffern 28.3-28.12).
Gemäss Bilanz per 30. August 2006 bestanden die Aktiven der D AG fast zu
100% aus schweizerischen Grundstücken (act. 13/11).
Weil die OECD-Mitgliedsstaaten wie gesagt das OECD-Musterabkommen bei
der Auslegung des DBA-Lux berücksichtigen müssen, erscheint das Vorgehen der A
GmbH als rechtsmissbräuchlich und damit als Abkommensmissbrauch (vgl. den ähn-
lich gelagerten Sachverhalt in der NZZ am Sonntag vom 26. August 2007:
http://www.nzz.ch/nachrichten/wirtschaft/aktuell/fiskus_verliert_200_millionen_1.54621
8.html).
4. a) Aus diesen Erwägungen kann sich die A GmbH nicht auf die negative
Wirkung des DBA-Lux berufen kann. Das Recht der Rekursgegnerin zur Besteuerung
des Gewinns, welche die A GmbH durch den Verkauf des streitbetroffenen Grund-
stücks erzielte, bleibt demgemäss bestehen. Der Rekurs ist somit abzuweisen.
b) Ausgangsgemäss sind die Verfahrenskosten der unterliegenden A GmbH
aufzuerlegen (§ 151 Abs. 1 StG) und steht ihr keine Parteientschädigung zu (§ 152 StG
in Verbindung mit § 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai
1959/8. Juni 1997). Vielmehr ist der obsiegenden Rekursgegnerin ist eine angemesse-
ne Parteientschädigung von Fr. 4'500.- (Mehrwertsteuer inbegriffen) zuzusprechen.
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2 GR.2011.28 | Public | Tax | de | 2,012 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
bead19d0-45a4-452f-9c9f-9ffd8f2872f4 | hat sich ergeben:
A. Am 6. April 2011 ging die Steuererklärung von A (nachfolgend die Pflichti-
ge) vom 30. März 2011 beim Gemeindesteueramt B ein. Darin deklarierte sie für die
direkte Bundessteuer 2010 ein steuerbares Einkommen von Fr. 107'000.- und für die
Staats- und Gemeindesteuern 2010 ein steuerbares Einkommen von Fr. 106'300.- so-
wie ein steuerbares Vermögen von Fr. 26'000.-.
Das kantonale Steueramt veranlagte sie am 21. Mai 2012 mit einem steuerba-
ren Einkommen für die direkte Bundessteuer 2010 von Fr. 115'600.- und für die Staats-
und Gemeindesteuern 2010 mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 114'900.- so-
wie einem steuerbaren Vermögen von Fr. 26'000.-. Die Abweichung gegenüber der
Steuererklärung der Pflichtigen begründete es im Wesentlichen damit, dass es den von
der Pflichtigen besuchten Lehrgang zum "C" als Ausbildung und nicht als Weiterbil-
dung qualifiziere und die damit verbundenen Kosten folglich nicht zum Abzug zulasse.
B. Hiergegen erhob die Pflichtige am 29. Mai 2012 Einsprache und machte
geltend, dass es sich bei den in Abzug gebrachten Kosten um Auslagen für eine Wei-
terbildung und nicht für eine Ausbildung handle.
Am 18. Juni 2012 forderte das kantonale Steueramt von der Pflichtigen weite-
re Aktenunterlagen ein. Nachdem die Pflichtige dieser Aufforderung nicht nachgekom-
men war, mahnte es sie am 25. Juli 2012 und setzte ihr eine Frist zur Erfüllung bis am
14. August 2012 an. Mit Schreiben vom 23. Juli 2012, welches am 26. Juli 2012 beim
kantonalen Steueramt einging, reichte die Pflichtige verschiedene Unterlagen ein.
Das kantonale Steueramt wies die Einsprachen der Pflichtigen am 20. Au-
gust 2012 ab, da es am genügend engen Zusammenhang zwischen ihrem ausgeführ-
ten, angestammten Beruf und dem Lehrgang fehle, sodass der Lehrgang als Weiterbil-
dungsmassnahme zu qualifizieren sei.
C. Hiergegen erhob die Pflichtige am 18. September 2012 Beschwerde bzw.
Rekurs und wiederholte ihren Antrag aus der Einsprache.
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2 DB.2012.243 2 ST.2012.269
Das kantonale Steueramt schloss in der Beschwerde- bzw. Rekursantwort
vom 5. Oktober 2012 auf kostenpflichtige Abweisung der Rechtsmittel. Die Eidgenössi-
sche Steuerverwaltung liess sich nicht vernehmen. | Die Einzelrichterin zieht in Erwägung:
1. a) Gemäss Art. 25 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom
14. Dezember 1990 (DBG) und § 25 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) wer-
den zur Ermittlung des Reineinkommens von den gesamten steuerbaren Einkünften
die zur Erzielung notwendigen Aufwendungen abgezogen. Abzugsfähig im Bereich der
unselbstständigen Erwerbstätigkeit sind nach Art. 26 Abs. 1 lit. d DBG bzw. § 26 Abs. 1
lit. d StG unter anderem die mit dem Beruf zusammenhängenden Weiterbildungs- und
Umschulungskosten. Nicht abzugsfähig sind hingegen die Ausbildungskosten (Art. 34
lit. b DBG bzw. § 33 lit. b StG).
b) Weiterbildung im Sinn des Gesetzes besteht in denjenigen Bildungsmass-
nahmen, die ein Steuerpflichtiger auf sich nimmt, um in einem Beruf, in dem er tätig ist,
auf dem Laufenden und den steigenden Anforderungen seiner beruflichen Stellung
gewachsen zu bleiben (Philip Funk, Der Begriff der Gewinnungskosten nach schweize-
rischem Einkommenssteuerrecht, 1989, S. 96 f.; Felix Richner, Bildungskosten,
ZStP 2002, 189 und 264). Die Ausgaben der Weiterbildung dienen der Erhaltung und
Verbesserung der für die gegenwärtige Berufsausübung erforderlichen Sachkenntnisse
oder der Erhaltung/Sicherung der gegenwärtigen Berufsstellung (vgl. Michael Beusch,
Bildungskosten – Eine Analyse der Abgrenzung von Aus- und Weiterbildung anhand
neuerer Entwicklungen in der Rechtsprechung, "zsis", Zeitschrift für Schweizerisches
und Internationales Steuerrecht, Aufsätze, www.zsis.ch, Ziff. 10; Richner/Frei/Kauf-
mann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009, Art. 26 N 71 und 78 ff. DBG und
Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 2. A., 2006, § 26 N 64 und 71
ff. StG), aber auch dem Erwerb besonderer Fachkenntnisse mit Blick auf eine Speziali-
sierung (RB 2004 Nr. 92). Abzugsfähige Weiterbildungskosten stellen auch die so ge-
nannten Berufsaufstiegskosten dar, sofern die getätigten Aufwendungen im Hinblick
auf den Aufstieg im angestammten Beruf erfolgen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter,
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2 DB.2012.243 2 ST.2012.269
Art. 26 N 98 ff. DBG und § 26 N 95 ff. StG). Zielen die Aufwendungen aber auf einen
Anstieg in eine von der bisherigen Berufstätigkeit zu unterscheidende höhere Stellung
oder gar in einen anderen Beruf, so sind die betreffenden Aufwendungen als solche für
die Ausbildung zu einem neuen Beruf zu würdigen und demzufolge zu den grundsätz-
lich nicht abzugsfähigen privaten Lebenshaltungskosten zu rechnen (RB 2004 Nr. 92;
RB 1996 Nr. 34 = StE 1997 B 27.6 Nr. 12 und VGr, 23. Februar 2000 = StE 2000
B 22.3 Nr. 71 E. 3d; BGr, 6. Juli 2005 = StE 2006 B 22.3 Nr. 86 mit weiteren Hinwei-
sen; BGE 113 Ib 114 E.3 S. 120 f.).
c) Unter nicht abziehbarer Ausbildung im Sinne von Art. 34 lit. b DBG bzw.
§ 33 lit. b StG sind diejenigen Bildungsvorgänge zu verstehen, die nicht mit einer be-
reits ausgeübten Erwerbstätigkeit zusammenhängen, insbesondere die Ausbildung, die
der erstmaligen Erlangung eines Berufs oder der ersten Erwerbstätigkeit dient
(RB 2004 Nr. 92; Funk, S. 95; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 26 N 7 DBG und
§ 26 N 8 StG). Sie bilden mangels eines qualifiziert engen wesentlichen Zusammen-
hangs mit einer vorbestehenden, so genannten angestammten beruflichen Tätigkeit
keine Berufskosten im Sinn des Gesetzes, sondern nicht abzugsfähige private Le-
benshaltungskosten. Als Kosten der Ausbildung gelten aber auch diejenigen einer
Zweitausbildung, die im Hinblick auf einen späteren Berufswechsel absolviert wird und
deren Kosten nur unter bestimmten Voraussetzungen abzugsfähig sind (Art. 26 Abs. 1
lit. d DBG bzw. § 26 Abs. 1 lit. d StG; Umschulung).
d) Das Merkblatt des kantonalen Steueramts über die Abzugsfähigkeit von
Aufwendungen für Bildungsmassnahmen vom 11. November 2009 konkretisiert die
Abgrenzung zwischen Aus- und Weiterbildung.
Demnach sind Ausbildungskosten Auslagen, die anfallen, um die notwendigen
Fähigkeiten und Kenntnisse zur Ausübung eines bestimmten Berufs zu erlernen. Als
Ausbildungskosten gelten auch Auslagen, die zum Aufstieg in eine vom bisherigen
Beruf eindeutig zu unterscheidende höhere Berufsstellung oder gar zum Umstieg in
einen anderen Beruf dienen. Solche Auslagen stehen nicht in einem „qualifiziert engen“
und wesentlichen Zusammenhang mit einer angestammten beruflichen Tätigkeit; sie
stellen daher nicht abzugsfähige Lebenshaltungskosten dar (Ziff. 3.1 des Merkblattes).
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2 DB.2012.243 2 ST.2012.269
Weiterbildungskosten sind demgegenüber Aufwendungen zur Erhaltung oder
Sicherung der vom Pflichtigen erreichten beruflichen Stellung oder zum Aufstieg in eine
gehobenere Stellung im angestammten Beruf. Weiterbildungskosten sind Auslagen,
die getätigt werden, um im angestammten Beruf auf dem Laufenden zu bleiben oder
dessen steigenden oder neuen Anforderungen zu genügen, oder zum Erwerb beson-
derer Fachkenntnisse mit Blick auf eine Spezialisierung oder den Aufstieg im ange-
stammten Beruf (Ziff. 3.2 des Merkblattes).
Aufwendungen für Lehrgänge wie Sprach- und EDV-Kurse sowie Kurse über
den Umgang mit Arbeitswerkzeugen und -instrumenten gelten als Weiterbildungskos-
ten, sofern sie für die gegenwärtige berufliche Tätigkeit nützlich sind und im Rahmen
des Üblichen liegen. Beispiele dafür sind Kurse in Kommunikation, Rhetorik, Verhand-
lungs- und Gesprächstechnik, Arbeitsmethodik, Konfliktmanagement, Gedächtnis-,
Lern-, Problemlösungs-, Entscheidungstechnik, Teamprozesse, Teameffizienz, Proto-
kollführung sowie Kurse in Teamcoaching für Führungskräfte und Projektleiter (Ziff. 4.3
des Merkblattes).
e) Das Verwaltungsgericht verweist in seiner Rechtsprechung zu den Weiter-
bildungskosten auf Art. 30 lit. a und b des Bundesgesetzes über die Berufsbildung vom
13. Dezember 2002 (BBG; SR 412.10) und hält fest, die Bestimmung enthalte insofern
ein taugliches Kriterium für den Weiterbildungsbegriff, als die berufsorientierte Weiter-
bildung primär dazu dient, "durch organisiertes Lernen bestehende berufliche Qualitä-
ten zu erneuern, zu vertiefen und zu erweitern" (RB 2004 Nr. 92). Indessen schliesst
die in Art. 30 lit. a und b BBG erwähnte Zwecksetzung auch Elemente der Umschulung
bzw. Ausbildung mit ein ("neue berufliche Qualifikationen" bzw. "berufliche Flexibilität"),
welche über die steuerlich abzugsfähige Weiterbildung hinausgehen. Ob die Kosten
eines Lehrgangs als abzugsfähige Weiterbildungskosten zu würdigen sind, kann daher
nicht allgemein gesagt werden, sondern beurteilt sich aufgrund der konkreten Umstän-
de, indem es namentlich auf den im Lehrgang vermittelten Stoff einerseits und die be-
rufliche Tätigkeit oder die Grundausbildung des Absolventen andrerseits ankommt.
Mitentscheidend, insbesondere bei Master-Lehrgängen, sind nach der bundesgerichtli-
chen Rechtsprechung aber auch die Auswirkungen, welche die Zusatzausbildung und
der damit erworbene Titel auf die gegenwärtige und künftige Berufstätigkeit hat
(BGr, 17. Oktober 2005, 2A.182/2005 = StR 2006, 41; BGr, 6. Juli 2005,
2A.623/2004 = StE 2006 B.22.3 Nr. 86; BGr, 6. Juli 2005, 2A.671/2004 = www.bger.ch;
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2 DB.2012.243 2 ST.2012.269
BGr, 18. Dezember 2003, 2A.277/2003 = StE 2004 B 22.3 Nr. 77 = StR 2004, 451). In
der Regel gelten jedoch Aufwendungen für meist mehrjährige Lehrgänge an (Fach-)
Hochschulen als Ausbildungskosten, und zwar auch dann, wenn die Absolvierung des
Studiums dem Steuerpflichtigen als persönlicher Leistungsausweis für die Erhaltung
und Sicherung seiner Stellung im Beruf dient und er die im Studium erworbenen
Kenntnisse und Fähigkeiten bei der Arbeit auch verwenden kann (BGr, 6. Juli 2005,
2A.623/2004; BGr, 18. Dezember 2003, 2A.277/2003; VGr, 3. November 2004,
SB.2004.00069; VGr, 28. April 2004, SB.2003.00069; VGr, 23. Oktober 2002,
SB.2002.00046 = StE 2003 B 22.3 Nr. 75).
f) Als steuermindernde Tatsachen sind Weiterbildungskosten von der Steuer-
pflichtigen geltend zu machen, hinreichend darzulegen und nachzuweisen.
2. a) Damit die Auslagen der Pflichtigen für den von ihr besuchten Lehrgang
"C" abzugsfähige Weiterbildungskosten darstellen, ist – wie bereits oben ausgeführt –
ein qualifiziert enger und wesentlicher Zusammenhang zwischen der von ihr während
der Bemessungsperiode ausgeübten Tätigkeit sowie dem Lehrgang erforderlich.
b) Zu der von ihr während der Steuerperiode 2010 ausgeübten Tätigkeit
machte die Pflichtige folgende Angaben: Vom Dezember 2007 bis im Juni 2011 – und
somit in der fraglichen Steuerperiode 2010 – sei sie als Produkt bzw. Projektleiterin D
der E tätig gewesen und habe dabei gemäss ihrem Lebenslauf diverse Stabsfunktio-
nen ausgeübt, bei der Planung, Umsetzung und Koordination von Projekten in den
Bereichen Strategie, Organisation, Marketing und Business Development sowie bei der
Weiterentwicklung der internen und externen Prozesse mitgewirkt. Entsprechende Do-
kumente, mit welchen sie ihre berufliche Tätigkeit hätte nachweisen können, reichte sie
trotz entsprechender Auflage des kantonalen Steueramtes nicht ein. Sie begründete
dies damit, dass sie ihre Privatsphäre schützen wolle und dies keine Relevanz habe.
Welche Aufgaben die Pflichtige als Produkt- bzw. Projektleiterin D der E zu
erfüllen hatte, wurde somit lediglich in ihrem Lebenslauf bzw. in ihren Rechtsmittel-
schriften stichwortartig zusammengefasst. Dies stellt jedoch einen blossen Parteivor-
trag dar und besitzt dementsprechend keine Beweiskraft. Die Pflichtige liegt falsch,
wenn sie denkt, ihre berufliche Tätigkeit (Aufgabengebiet etc.) habe keine Relevanz.
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2 DB.2012.243 2 ST.2012.269
Denn, wie bereits ausgeführt, hat sie Weiterbildungskosten – und somit auch den quali-
fiziert engen und wesentlichen Zusammenhang zwischen ihrer beruflichen Tätigkeit
während der Bemessungsperiode und dem von ihr besuchten Lehrgang – als steuer-
mindernde Tatsachen hinreichend darzulegen und nachzuweisen. Ihre berufliche Tä-
tigkeit, welche hierfür den Ausgangspunkt darstellt, hat sie jedoch nur ungenügend
substanziiert. Zudem blieb sie – trotz entsprechender Aufforderung – den Beweis
schuldig. Ihre Argumentation, dass sie damit ihre Privatsphäre schützen wolle, geht
fehl, da geschäftliche Angelegenheiten gerade nicht die Privatsphäre betreffen. Sie
kann sich nicht gestützt auf den Schutz der Privatsphäre weigern, einschlägige Belege
einzureichen und ihrer Beweispflicht nachzukommen. Es wäre ihr vielmehr ohne Weite-
res zuzumuten gewesen, die entsprechenden Belege wie Arbeitsverträge, Stellen-
beschrieb, Zeugnisse, Bestätigungen des Arbeitgebers etc. ins Recht zu legen. Dass
sie dies (bewusst) unterlassen hat, führt dazu, dass ihre Beschwerde bzw. ihr Rekurs
nicht genügend substanziiert sowie mangelhaft belegt und somit abzuweisen sind.
c) Überdies ist festzuhalten, dass selbst wenn man auf die rudimentäre und
nicht nachgewiesene Beschreibung der Tätigkeit der Pflichtigen abstellen würde, ein
qualifiziert enger und wesentlicher Zusammenhang zum besuchten Lehrgang nicht
gegeben ist.
Die Pflichtige besuchte in der Steuerperiode 2010 den Lehrgang "C" bei der F
in G, was sie als Weiterbildung zur "Persönlichkeitstrainerin" bezeichnet. Eine Bu-
chungsbestätigung sowie einen Zahlungsnachweis über Fr. 6'840.- hat sie beigebracht.
Dazu reichte sie eine Beschreibung der Bausteine und Inhalte, eine Broschüre des
Ausbildungsangebots der F ein, einen Auszug aus dem Lehrgangszertifikat sowie ei-
nen Auszug aus dem Firmenprofil der F ein.
Aus diesen Dokumenten ergibt sich, dass bei diesem Lehrgang offensichtlich
schwerpunktmässig mit Tieren – und nicht mit Menschen – gearbeitet wird; die Pflichti-
ge bezeichnet dies entsprechend auch als tiergestütztes Coaching. Dies ergibt sich
auch ohne Weiteres aus der eingereichten Broschüre des Ausbildungsangebots der F,
welche ca. zur Hälfte aus ganzseitigen Tierbildern besteht und somit offensichtlich Tier-
liebhaber ansprechen möchte. Mit dem fünftägigen Kurs soll demnach das Basiswis-
sen der Tierarbeit am Boden unter den neusten wissenschaftlichen Erkenntnissen mit
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2 DB.2012.243 2 ST.2012.269
den Elementen des Persönlichkeitstrainings verbunden werden. Zusammengefasst
geht es um Themen wie die Grundlagenarbeit mit Tieren, persönliche Lebensziele,
Mensch und Tier im Dialog, nonverbale Kommunikation sowie das Tier als unser Spie-
gel. Schwerpunktmässige Ausbildungsinhalte sind das Verständnis und eine Einfüh-
rung in die Tiersprache (als Körpersprache), die Übernahme klarer Führung, die Kom-
munikation mit dem Tier vom Boden aus, die Körpersprache des Menschen sowie
Selbstwahrnehmung und -einschätzung, die innere Stimme bzw. die Intuition, der Um-
gang mit schwierigen Situationen, sich selbst näher kennenzulernen, die Wahrneh-
mung und die Interpretation. Als Nutzen gibt die F bessere Chancen auf dem Arbeits-
markt, Förderung der eigenen Ressourcen auf seinem Lebensweg, mehr Service für
die Kunden, Förderung der persönlichen Ressourcen der Klienten, neue Ideen für den
Unterricht, Leistungssteigerung des Tieres durch Motivation sowie Sicherheit im Um-
gang mit Tieren an.
Vorliegend fehlt es damit am qualifiziert engen und wesentlichen Zusammen-
hang zwischen der beruflichen Tätigkeit der Pflichtigen und dem von ihr besuchten
Lehrgang. Die Pflichtige arbeitete als Produkt- bzw. Projektleiterin D der E in erster
Linie mit Menschen und war beispielsweise nicht Tierpflegerin. Führungsqualitäten
waren bei ihrer beruflichen Stellung zweifellos gefragt, doch war der besuchte Lehr-
gang, dessen Schwerpunkt bei der Arbeit mit Tieren liegt, für diese Tätigkeit höchstens
am Rande nützlich und liegt keineswegs im Rahmen des Üblichen. So ist insbesondere
nicht klar, inwieweit die Grundlagenarbeit mit Tieren vom Boden aus, der Dialog inkl.
nonverbaler Kommunikation zwischen Mensch und Tier sowie das "Tier als unser
Spiegel" für die Pflichtige eine Weiterbildung darstellen sollen. Auch die Bereiche Phy-
siologie des Tieres, Physiotherapie mit Tieren sowie das Arbeiten mit fremden Tieren
haben keinen Bezug zu ihrer beruflichen Tätigkeit während der Steuerperiode 2010.
Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die Pflichtige durch den Besuch die-
ses Lehrgangs ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt erhöhen wollte, um ihre neue Tä-
tigkeit als Unternehmensberaterin aufnehmen zu können.
3. Diese Erwägungen führen zur Abweisung von Beschwerde und Rekurs. Die
Kosten des Verfahrens sind ausgangsgemäss der Pflichtigen aufzuerlegen (Art. 144
Abs. 1 DBG bzw. § 151 Abs. 1 StG), und es ist ihr keine Parteientschädigung zuzu-
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2 DB.2012.243 2 ST.2012.269
sprechen (Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 - 3 des Bundesgesetzes über das
Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember 1968 sowie § 152 StG i.V.m. § 17 Abs. 2 des
Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997). | Public | Tax | de | 2,012 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
bf6e1722-47be-4284-943e-5dfc6c73e5b5 | hat sich ergeben:
A. Die A reichte für die Steuerperiode 1.1. - 31.12.2009 keine Steuererklärung
ein. Das kantonale Steueramt schätzte sie deshalb am 2. Februar 2011 gestützt auf
Art. 130 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember
1990 (DBG) bzw. § 139 Abs. 2 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) nach
pflichtgemässem Ermessen mit einem steuerbaren Reingewinn bzw. Eigenkapital von
je Fr. 20'000.- ein.
B. Hiergegen erhob die Pflichtige am 2. März 2011 je Einsprache, auf welche
das kantonale Steueramt am 12. April 2011 nicht eintrat, da es an der erforderlichen
Einsprachebegründung in Form der Steuererklärung fehle. Gleichzeitig auferlegte es
ihr für die Staats- und Gemeindesteuern die Verfahrenskosten von Fr. 300.-.
C. Mit Beschwerde bzw. Rekurs vom 12. Mai 2011 beantragte die Pflichtige
sinngemäss, sie gemäss nunmehr nachgereichter Steuererklärung einzuschätzen. Sie
machte u.a. geltend, sie habe nie eine Mahnung zur Einreichung der Steuererklärung
erhalten. Das kantonale Steueramt verzichtete am 12. Juli 2011 auf Stellungnahme,
gemäss einer Aktennotiz hatte der Steuerkommissär indessen eine Auskunft bei der
Post eingeholt über die Zustellung der Mahnung. Demnach habe die Pflichtige offen-
sichtlich kurz nach Ablauf der Abholfrist um eine Zweitzustellung ersucht, worauf die
Post aber die Sendung direkt an das kantonale Steueramt retourniert habe. Mit Verfü-
gung vom 26. Juli 2011 wurde der Pflichtigen Gelegenheit eingeräumt, hierzu Stellung
zu nehmen. Am 28./29. Juli 2011 machte diese von der Möglichkeit Gebrauch. | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. Erhebt ein Steuerpflichtiger gegen einen Nichteintretensentscheid der Ein-
sprachebehörde eine Beschwerde oder einen Rekurs, so ist dem Rekursgericht die
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1 DB.2011.82 1 ST.2011.120
materielle Prüfung des Rechtsmittels auf die Einschätzung hin verwehrt. Sie darf nur
untersuchen, ob die Vorinstanz zu Recht auf die Einsprache nicht eingetreten ist
(Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009, Art. 140 N 44
und Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 2. A., 2006, § 147 N 43).
Würde sich der Nichteintretensentscheid als gesetzwidrig erweisen, wären die Akten
zwecks Wahrung des gesetzlichen Instanzenzugs zur materiellen Überprüfung der
Einschätzung an jene zurückzuweisen (RB 1979 Nr. 57). Dementsprechend ist auf die
Beschwerde bzw. den Rekurs nur insofern einzutreten, als die Pflichtige sinngemäss
die Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheide verlangt. Nicht zu behandeln sind ihre
Einwendungen gegen die Höhe der Einschätzung.
2. Die Pflichtige macht geltend, dass die Mahnung zur Einreichung der Steu-
ererklärung ihr nicht rechtsgültig zugestellt worden sei.
a) Die Vorinstanz ist auf die Einsprache nicht eingetreten, da die Pflichtige
mangels Einreichung der Steuererklärung nach pflichtgemässem Ermessen einge-
schätzt werden musste und auch mit der Einsprache keine Steuererklärung eingereicht
hat. Sie stützt sich dabei auf die speziellen Anforderungen an die Begründung der Ein-
sprache bei der Anfechtung von Ermessenseinschätzungen: Bei Einsprachen gegen
solche stellen Begründung und Nennung der Beweismittel Prozessvoraussetzungen
dar (BGE 131 II 548 E. 2.3 S. 551; 123 II 552 E. 4c S. 557 f.). Ein Steuerpflichtiger, der
seine Mitwirkungspflichten im Veranlagungsverfahren nicht erfüllt und dadurch eine
Ermessensveranlagung verursacht hat, wird hierzu in der Regel die versäumten Mit-
wirkungshandlungen nachholen – also eine bisher nicht vorgelegte Steuererklärung
nachträglich einreichen – müssen (BGr, 29. April 2009, 2C_579/2008, E. 2.1 f., auch
zum Folgenden). Genügt die Einsprache diesen Erfordernissen nicht, ist darauf nicht
einzutreten (vgl. zum Ganzen BGr, 21. Dezember 2009, 2C_463/2009).
Die Mahnung ist unverzichtbare formelle Voraussetzung einer Ermessenein-
schätzung (Art. 130 Abs. 2 DBG bzw. § 139 Abs. 2 Satz 1 StG; Richner/Frei/Kauf-
mann/Meuter, Art. 130 N 46 f. DBG und § 139 N 67 f. StG). Trifft die Behauptung der
Pflichtigen demnach zu, würde eine notwendige Voraussetzung für die Vornahme einer
Ermessenseinschätzung fehlen und damit auch die Grundlage für die vorinstanzlichen
Nichteintretensentscheide dahinfallen.
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1 DB.2011.82 1 ST.2011.120
b) Nach § 9 Abs. 1 der Verordnung zum Steuergesetz vom 1. April 1998 (VO
StG) ist eine Sendung (als fristauslösendes Ereignis) zugestellt, wenn sie an den Ad-
ressaten selbst oder an ein zu seiner Haushaltung gehörendes erwachsenes Famili-
enmitglied oder an eine Person mit Postvollmacht erfolgt und von diesen Personen für
den Adressaten entgegengenommen worden ist. Kann die Sendung nicht ausgehän-
digt werden, gilt die Zustellung dennoch als am letzten Tag der von der Post angesetz-
ten Abholfrist erfolgt, sofern die Zustellung vom Adressaten schuldhaft verhindert wor-
den ist (§ 9 Abs. 2 VO StG). Es besteht kein Recht des Steuerpflichtigen, ein-
geschriebene Briefe nicht entgegen zu nehmen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art.
116 N 36 DBG und § 126 N 41). Wenn es ein Steuerpflichtiger ablehnt, solche Sen-
dungen entgegenzunehmen (wissentliche Annahmeverweigerung), gilt die Zustellung
als schuldhaft verhindert und muss er es hinnehmen, dass die Sendung als zugestellt
gilt und daran Rechtsfolgen geknüpft werden. Eine schuldhafte Verhinderung der Zu-
stellung liegt auch vor, wenn der Steuerpflichtige Kenntnis vom Versand durch die
Steuerbehörde hat, die Sendung aber nicht innert der Abholungsfrist auf der Post ent-
gegen nimmt (RB 2000 Nr. 129).
Der allgemeinen Regel von Art. 8 des Zivilgesetzbuchs entsprechend trägt die
Steuerbehörde die Beweislast für die Zustellung von Veranlagungsverfügungen und
Einspracheentscheiden (BGr, 21. Mai 2002, 2A.293/2001, E. 1b).
c) Die Pflichtige bestreitet nicht, dass die Abholungseinladung bei ihr in den
Briefkasten eingeworfen wurde, und legt sogar die Kopie davon vor. Demnach wurde
am 4. November 2010 ein erfolgloser Zustellversuch unternommen, worauf der Pflich-
tigen eine Abholfrist bis 11. November 2010 angesetzt wurde. Sie macht indessen gel-
tend, dass sie beim Kundendienst der Post eine Zweitzustellung verlangt habe. In der
Folge habe ihr Mitarbeiter jeweils den Postboten nach der Sendung gefragt, diese sei
aber nie ausgeliefert worden. Auf telefonische Nachfrage beim Kundendienst sei ihr
mitgeteilt worden, dass der Brief nicht mehr auffindbar sei. Dieser Sachdarstellung ent-
spricht in weiten Teilen eine vom Steuerkommissär protokollierte Auskunft der Post;
indessen hat nach der Auskunft der Post die Adressatin offenbar erst kurz nach Ablauf
der Abholfrist um eine Zweizustellung ersucht, worauf der Post der Fehler unterlaufen
sei, dass sie keinen zweiten Zustellversuch unternommen, sondern den Brief retour-
niert habe. Unbestritten ist demnach, dass die Postsendung der Pflichtigen nicht aus-
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1 DB.2011.82 1 ST.2011.120
gehändigt worden ist. Fragen kann sich demnach nur noch, ob das Scheitern der Aus-
händigung ihr kraft schuldhafter Vereitelung angerechnet werden kann.
d) aa) Zwischen den Parteien ist nicht streitig, dass die Pflichtige von der Post
eine Zweitzustellung verlangt hat, und die Sendung ihr dennoch nicht ausgehändigt
worden ist. Diese Sachdarstellung wird dadurch untermauert, dass die Pflichtige am
17. November 2010 bei der Post um den Verbleib der Sendung nachgefragt hat
(e-mail des Kundendiensts vom 7. Dezember 2010). Eine solche Zweitzustellung von
eingeschriebenen Sendungen findet sich im Dienstleistungsangebot der Post. Grund-
sätzlich ist kein Grund ersichtlich, ein Verlangen nach Zweitzustellung nicht mit dem
Vorsprechen bei der Poststelle zwecks Abholung der eingeschriebenen Sendung
gleichzustellen. Stellt der Adressat demnach ein solches Gesuch und wartet er darauf
auf den Postboten, hat er seine Verfahrenspflichten im Zusammenhang mit der Zustel-
lung grundsätzlich erfüllt. Vorausgesetzt ist indessen, dass der Auftrag noch vor Ablauf
der Abholfrist erteilt wird, ansonsten er gar nicht mehr erfüllbar ist. Daraus folgt, dass
Zustellfehler, welche darauf zurückzuführen sind, dass die Post einen solchen Auftrag
nicht erfüllt, nicht anders zu beurteilen sind, als wenn die Post aufgrund eines Fehlers
nicht in der Lage ist, eine mit Abholungseinladung angezeigte Sendung am Postschal-
ter auszuhändigen. Ist das Scheitern der Zustellung auf solche auf der Seite der Post
liegende Umstände zurückzuführen, kann dies nicht dem Adressaten angelastet wer-
den.
Da der Einwurf der Abholungseinladung von der Pflichtigen eingestanden
wird, hat das kantonale Steueramt seine Beweispflicht grundsätzlich erfüllt. Damit ob-
liegt der Pflichtigen die Beweislast für ihre Behauptung, dass sie noch rechtzeitig eine
Zweitzustellung bei der Post verlangt habe. Eindeutige Beweise hierfür legt sie keine
vor. Indessen ergeben sich Anhaltspunkte, dass es sich tatsächlich so verhalten hat.
Vorab ist nicht einzusehen, weshalb die Post nach Ablauf der Abholfrist überhaupt
noch einen Auftrag zur Zweitzustellung hätte entgegen nehmen sollen, da zu diesem
Zeitpunkt die Sendung ja bereits auf dem Rückweg zum Absender hätte sein müssen;
entgegen der Aktennotiz des Steuerkommissärs kann es in dieser Situation auch kei-
nen "Fehler" der Post mehr darstellen, wenn die Zweitzustellung nicht mehr durchge-
führt wird. Weiter wurde gemäss der Abholungseinladung nach dem erfolglosen Zu-
stellversuch vom 4. November 2010 eine Abholfrist bis 11. November 2010 angesetzt;
der Auszug Track & Trace enthält indessen als letzten Vermerk "Mi 10.11.2010 19:21
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1 DB.2011.82 1 ST.2011.120
Sortierung – Weiterleitung". Offenkundig wurde demnach einen Tag vor Ablauf der
Abholfrist über die Sendung verfügt. Daraus ist zu schliessen, dass dies in Reaktion
auf den Auftrag der Pflichtigen geschehen ist, da keine andere Erklärung dafür ersicht-
lich ist, weshalb die Post die Sendung hätte sonst bearbeiten müssen.
Demgegenüber wird in der Aktennotiz des Steuerkommissärs geltend ge-
macht, die Pflichtige habe offensichtlich erst nach Ablauf der Abholfrist um Zweitzustel-
lung ersucht. Worauf diese Vermutung beruht, wird allerdings nicht dargelegt. Anzu-
nehmen ist, dass der Steuerkommissär diesen Schluss aus dem Vermerk "2. Zu-
stellung Fr. 12.11.10" auf dem Briefumschlag zieht und demnach annimmt, dieser sei
anlässlich des Anrufs der Pflichtigen angebracht worden. Nicht erklärt wird damit aber,
weshalb die Eintragungen auf dem Auszug Track & Trace bereits am 10. November
2010 abbrechen. Vielmehr ist der Schluss zu ziehen, dass der Auftrag der Zweitzustel-
lung bereits am 10. November 2010 erteilt worden ist und die Sendung aufgrund unbe-
kannter interner Vorgänge bei der Post erst am 12. November 2010 zur Aushändigung
vorgesehen war, stattdessen aber an das kantonale Steueramt retourniert wurde.
bb) Damit ist davon auszugehen, dass der Auftrag zur Zweitzustellung noch
vor Ablauf der Abholfrist erteilt worden ist, und kann das Scheitern der Zustellung nicht
mehr der Pflichtigen angelastet werden.
3. Gestützt auf diese Erwägungen sind die Beschwerde und der Rekurs teil-
weise gutzuheissen und ist die Sache an das kantonale Steueramt in das Einschät-
zungsverfahren zurückzuweisen. Ausgangsgemäss sind die Verfahrenskosten der Be-
schwerdegegnerin/dem Rekursgegner aufzuerlegen (Art. 144 Abs. 1 DBG und § 151
Abs. 1 StG). | Public | Tax | de | 2,011 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
c0a8871b-a279-4c79-ad64-c8fa1bc36305 | hat sich ergeben:
A. Der in AC wohnhafte AA (nachfolgend der Pflichtige bzw. zusammen mit
seiner Ehefrau AB die Pflichtigen) ist im Bereich Treuhand sowie Unternehmens- und
Steuerberatung tätig. Dabei ist er Inhaber und Angestellter der AD AG, in AC, und be-
sitzt er zudem die AE GmbH, in AC. Weiter betreibt er als Selbstständigerwerbender
die Einzelfirma AF sowie die Einzelfirma AG. In Rahmen der letzteren Tätigkeit fordert
er insbesondere für im Aviation-Bereich tätige Auftraggeber in- und ausländische
Mehrwertsteuerguthaben zurück; dies nach eigenen Angaben in Zusammenarbeit mit
der AH, welche in AI (Fürstentum Liechtenstein) domiziliert ist. An der letzteren Gesell-
schaft besitzt der Pflichtige ebenfalls die Mehrheitsbeteiligung (60%).
Mit Auflage vom 9. Juli 2010 forderte der Steuerkommissär u.a. die Buchhal-
tungen 2006 und 2007 samt Belegen der Einzelfirma AG ein. Dem kam der Pflichtige
am 26. August 2010 nach. Bei der Rückgabe der Buchhaltung per 13. Oktober 2010
verlangte der Steuerkommissär noch zusätzliche Unterlagen, welche ihm der Pflichtige
am 15. Oktober 2010 zukommen liess. Nach Einsicht in die erhaltenen Unterlagen er-
liess der Steuerkommissär am 8. November 2010 eine weitere Auflage, wobei er ins-
besondere die von der AG verbuchten Ertragsminderungen – enthaltend die gross-
mehrheitliche Weiterleitung der vereinnahmten Provisionen an die AH – untersuchte.
Zudem richtete er sein Augenmerk auf Rückstellungen und Privatanteile im Ge-
schäftsaufwand sowie auf die vermögenssteuerlich relevante Bewertung der AH. Der
Pflichtige beantwortete die Auflage mit Eingabe vom 18. November 2010 bzw. – nach
Mahnung der Auflage vom 28. Februar 2011 – mit weiterem Schreiben vom 11. März
2011.
Gestützt auf das Untersuchungsergebnis setzte der Steuerkommissär mit Ein-
schätzungsentscheid bzw. Hinweis vom 30. März 2011 die Steuerfaktoren für die
Steuerperioden 2006 und 2007 in Abweichung zur Selbstdeklaration wie folgt fest:
Steuerperiode 2006 Staats- und Gemeindesteuer Direkte Bundessteuer
Fr. Fr.
Steuerbares Einkommen 692'500.- 692'100.-
- 3 -
1 DB.2011.143 + 144 1 ST.2011.212 + 213
Satzbestimmendes Einkommen 692'500.-
Steuerbares Vermögen 1'287'000.-
Satzbestimmendes Vermögen 1'490'000.-
Steuerperiode 2007 Staats- und Gemeindesteuer Direkte Bundessteuer
Fr. Fr.
Steuerbares Einkommen 1'286'600.- 1'293'900.-
Satzbestimmendes Einkommen 1'294'600.-
Steuerbares Vermögen 2'966'000.-
Satzbestimmendes Vermögen 3'236'000.-.
Ausgehend von der Selbstdeklaration der Pflichtigen hob er dabei die Einkünf-
te des Pflichtigen aus der AG von Fr. 774'043.- auf Fr. 1'281'651.- (2006) bzw. von
Fr. 100'416.- auf Fr. 1'113'130.- (2007) an. Die diesbezüglichen Aufrechnungen basier-
ten auf der Nichtberücksichtigung der untersuchten gewinnschmälernden Rechnungs-
positionen (Ertragsminderungen, Rückstellungen, Privataufwand). Ins Gewicht fielen
dabei insbesondere die Ertragsminderungen bzw. die Weiterleitung von Provisionen
nach Liechtenstein, wozu der Steuerkommissär bemerkte, es sei nicht beweiskräftig
nachgewiesen worden, dass die AH in irgendeiner Form Dienstleistungen für die AG
erbracht habe. Die Aufrechnungen bei den Vermögenseinschätzungen basierten auf
der steuerbehördlichen Höherbewertung der deklarierten Anteile an der AH.
Die Bundessteuerveranlagungen wurden mit Schlussrechnungen vom
30. März 2011 formell eröffnet.
B. Die hiergegen von den Pflichtigen am 2. Mai 2011 erhobenen Einsprachen,
mit welchen die Vornahme deklarationsgemässer Veranlagungen und Einschätzungen
beantragt wurde, wies das kantonale Steueramt mit Entscheiden vom 5. Juli 2011 ab.
C. Mit Beschwerde und Rekurs vom 5. August 2011 liessen die Pflichtigen im
Hauptantrag die Festsetzung folgender Steuerfaktoren beantragen:
Steuerperiode 2006 Staats- und Gemeindesteuer Direkte Bundessteuer
Fr. Fr.
Steuerbares Einkommen 188'900.- 188'200.-
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1 DB.2011.143 + 144 1 ST.2011.212 + 213
Satzbestimmendes Einkommen 188'900.-
Steuerbares Vermögen 30'000.-
Satzbestimmendes Vermögen 49'000.-
Steuerperiode 2007 Staats- und Gemeindesteuer Direkte Bundessteuer
Fr. Fr.
Steuerbares Einkommen 275'300.- 280'300.-
Satzbestimmendes Einkommen 281'000.-
Steuerbares Vermögen 0.-
Satzbestimmendes Vermögen 0.-
Diese Faktoren gründeten im Wesentlichen auf der Nichtakzeptanz sämtlicher
Aufrechnungen mit Ausnahme der Umqualifikation eines Betrags von rund Fr. 4'000.-
im Geschäftsaufwand 2006 der AG in Privataufwand.
Eventualiter wurden folgende Veranlagungs- bzw. Einschätzungsanträge ge-
stellt:
Steuerperiode 2006 Staats- und Gemeindesteuer Direkte Bundessteuer
Fr. Fr.
Steuerbares Einkommen 347'500.- 346'400.-
Satzbestimmendes Einkommen 499'600.- 498'600.-
Steuerbares Vermögen 33'000.-
Satzbestimmendes Vermögen 49'000.-
Steuerperiode 2007 Staats- und Gemeindesteuer Direkte Bundessteuer
Fr. Fr.
Steuerbares Einkommen 470'900.- 469'200.-
Satzbestimmendes Einkommen 1'326'800.- 1'326'100.-
Steuerbares Vermögen 0.-
Satzbestimmendes Vermögen 0.-.
Begründet wurden die Eventualanträge damit, dass bei Abstellen auf die wirt-
schaftliche Betrachtungsweise der Steuerbehörde von einer Betriebsstätte der AG in AI
auszugehen wäre, was entsprechende Gewinnausscheidungen nach Liechtenstein zur
Folge haben müsste.
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1 DB.2011.143 + 144 1 ST.2011.212 + 213
Schliesslich wurde beantragt, die in der Steuerperiode 2007 deklarierten
Krankheitskosten (einkommensangepasst) zum Abzug zuzulassen. Zudem wurde je-
weils die Zusprechung einer Parteientschädigung verlangt.
Das kantonale Steueramt schloss in seiner Vernehmlassung vom 5. Septem-
ber 2011 auf Abweisung der Rechtsmittel. Die Eidgenössische Steuerverwaltung
(ESTV) liess sich nicht vernehmen.
Auf die Parteivorbringen wird, soweit erforderlich, in den nachstehenden Er-
wägungen eingegangen. | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. Im Streit liegen primär die Gewinne 2006 und 2007 der AG, welche als Ein-
kommen des Pflichtigen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit im Sinn von Art. 18 des
Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990 (DBG) bzw.
§ 18 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) qualifizieren.
Die von der Steuerbehörde vorgenommenen Gewinnaufrechnungen betreffen
einerseits verbuchten Aufwand und andrerseits verbuchte Ertragsminderungen. Die
Letzteren fallen betragsmässig am stärksten ins Gewicht und sind damit vorab zu prü-
fen.
2. a) Der Pflichtige erbringt über die AG Dienstleistungen im Bereich der in-
und ausländischen Mehrwertsteuer (Value Added Tax [VAT]). Dabei berät er insbe-
sondere Firmen aus dem Bereich der Luftfahrt (Aviation) und fordert er für diese im In-
und Ausland Mehrwertsteuerguthaben zurück. Neben Beratungshonoraren verein-
nahmt er schwergewichtig Provisionen. Die Letzteren beruhen auf Kundenverträgen,
welche ihm im Zusammenhang mit der Rückforderung von Mehrwertsteuerguthaben
Provisionsanteile bis zu 20% sichern. Die vertragsgemäss geschuldeten Provisionen
hat die AG ihren Kunden in Rechnung gestellt und nach dem Zahlungseingang er-
folgswirksam über das Konto "3420 Bruttoertrag Provisionen MWST-Rückforderung"
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verbucht (vgl. z.B. Vertrag Nr. 2005-004 mit der AJ AG vom 3./4. März 2005, Rech-
nung an diese Gesellschaft vom 11. Dezember 2007, und Auszüge Kto. 3420). Diese
Provisionserträge erreichten (unter Einschluss der Abgrenzungen zum Vorjahr bzw.
Folgejahr) Beträge von Fr. 725'203.75 (2006) bzw. Fr. 1'468'947.50 (2007). Insoweit
liegt mithin ein Einkommenszufluss beim Pflichtigen vor.
b) Ertragsmindernd wurden über das Erfolgskonto 3420 nun aber auch "Gut-
schriften" an die AH von insgesamt Fr. 646'673.- (2006) bzw. Fr. 1'365'714.- (2007)
verbucht. Im Ergebnis wurden damit jahresbezogen rund 91 - 93% der erzielten Provi-
sionen an die vom Pflichtigen beherrschte Gesellschaft in Liechtenstein weitergeleitet.
Nach den allgemeinen Beweisregeln im Steuerrecht haben die Pflichtigen die ge-
schäftsmässige Begründetheit dieser den hiesigen Gewinn schmälernden Belastungen
nachzuweisen.
Zu prüfen ist nachfolgend, ob das kantonale Steueramt zu Recht dafür hält,
dass dieser Nachweis nicht erbracht worden ist bzw. eine unrechtmässige Gewinnab-
führung ins Ausland vorliegt (vgl. Besprechungsprotokoll vom 16. Dezember 2010) und
deshalb die verbuchten Ertragsminderungen aufzurechnen sind.
3. a) Bei der AH, welche die im Streit liegenden Gutschriften aus dem Provisi-
onsertrag der AG erhalten hat, handelt es sich um eine juristische Person nach liech-
tensteinischem Gesellschaftsrecht bzw. um ein mit eigener Rechtspersönlichkeit aus-
gestattetes "Treuunternehmen reg." (englisch = Trust reg.). Eine solche Gesellschaft
verfügt über ein in Anteile (Treugeberrechtsanteile) zerlegtes Kapital. Die Treugeberan-
teile lauten auf einen bestimmten Namen. Die Anteile qualifizieren als Wertpapiere in
der Form von so genannten Orderpapieren. Die AH ist daher im Schweizer Recht mit
einer schweizerischen Aktiengesellschaft vergleichbar, welche über Namenaktien ver-
fügt, oder mit einer GmbH, deren Gesellschafteranteile in der Form von auf den Namen
lautenden Wertpapieren ausgestaltet sind. Nicht vergleichbar ist die AH mit einer über
keine Rechtspersönlichkeit verfügenden Treuhänderschaft (Trust) nach liechtensteini-
schem Recht (vgl. die diesbezüglich vom Pflichtigen eingereichte Stellungnahme des
liechtensteinischen Anwaltsbüros AK AG vom 14. Oktober 2010).
Gegründet wurde die AH im Oktober 2003. In der Gründungsurkunde ist als
Gründer die AL (zeichnend durch AM), vermerkt (vgl. "Treusatzungen" der AH). Im
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Oktober 2003 wurde die AH als Treuunternehmen ins "Öffentlichkeitsregister Liechten-
stein, Hauptregister" eingetragen; dies mit der Adresse "c/o AL, in AI". Die Zweckbe-
stimmung zielt insbesondere auf den Warenhandel, Finanz- und Handelsgeschäfte
sowie die Unternehmensberatung; zur Letzteren gehört gemäss Eigenbeschrieb der
AH insbesondere auch der Bereich Mehrwertsteuerrückforderung. Das Kapital betrug
ursprünglich Fr. 30'000.- (30 Anteile à Fr. 1'000.-); per 2008 und damit nach den hier
zu beurteilenden Steuerperioden erfolgte eine Aufstockung auf Fr. 50'000.-. Als einzel-
zeichnungsberechtigte Gesellschafter ("Treuhänder") eingetragen sind AA (der Pflichti-
ge) und dessen Sohn AN (beide in AC) sowie der bereits erwähnte AM (AI). Der Pflich-
tige hielt per 2006 und 2007 jeweils 18 der insgesamt 30 Anteile, was einer
Mehrheitsbeteiligung von 60% entspricht (vgl. Wertschriftenverzeichnis 2006 und
2007).
Die AH wurde in Liechtenstein mit Wirkung ab Oktober 2003 im Mehr-
wertsteuer-Register sowie im Steuerregister eingetragen (vgl. die entsprechenden
steuerbehördlichen Bestätigungen). Entsprechende Steuerrechnungen aus den Jahren
2006 und 2007 sind ebenfalls aktenkundig.
b) Damit ist zunächst einmal davon auszugehen, dass es sich bei der AH um
eine tatsächlich existierende, in Liechtenstein domizilierte und vom Pflichtigen be-
herrschte (Treuhand-) Gesellschaft handelt und also nicht bloss um ein ausländisches
Briefkastendomizil, welches der Pflichtige für seine Einzelfirma oder eine seiner hiesi-
gen Gesellschaften benützt haben könnte. Letzteres macht die Steuerbehörde (unge-
achtet ihrer Argumentation betreffend die Gewinnabführung ins Ausland) denn auch
nicht geltend, hat sie doch die Gesellschaft mit Blick auf die Vermögenssteuer selber
bewertet, was deren Existenz voraussetzt. Die streitbetroffene Weiterleitung der Provi-
sionen beschlägt damit ein internationales Verhältnis unter nahestehenden Gesell-
schaften, welche im gleichen Bereich tätig sind (Rückforderung von Mehrwertsteuer-
guthaben im In- und Ausland). Geschäftsmässig begründet sind die verbuchten
Gutschriften bzw. Provisionsweiterleitungen mithin nur, soweit sie auf tatsächlich für
die AG erbrachten bzw. nachgewiesenen Leistungen der AH beruhen und in quantitati-
ver Hinsicht einem Drittvergleich standhalten.
4. a) Die AG wurde gemäss den vom Pflichtigen vorgelegten Verträgen von
verschiedenen in- und ausländischen Kunden beauftragt, die Abwicklung der Mehr-
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wertsteuer-Rückerstattung in der Schweiz, in EU-Ländern und anderen "Ländern mit
VAT" vorzunehmen (vgl. z.B. Vertrag mit der AO AG, AP AG oder Vertrag mit der AQ).
Als Honorar erhält der Pflichtige für diese Dienstleistungen Provisionen im Umfang von
bis zu 20% der vereinnahmten Rückerstattungen. Dass es sich hierbei um normalübli-
che %-Ansätze handelt, ergibt sich aus den zahlreichen Verträgen der AG sowie dem
eingereichten Vertrag einer im gleichen Bereich tätigen Zuger Beratungsgesellschaft
(vgl. Kundenvertrag der AR AG, in AS).
In den Verträgen ist jeweils festgehalten, dass die AG das Recht hat, das Ver-
tragsverhältnis oder einzelne Forderungen daraus an "AA International oder andere
Landesgesellschaften der Unternehmensgruppe" abzutreten; dies insbesondere, um
einen notwendigen Kontakt mit ausländischen Behörden zu gewährleisten oder eine
rationelle Abwicklung der Rückerstattung zu ermöglichen. Eingeräumt wurde der AG
zudem das Recht, Untervertreter zu benennen und einzusetzen. Diesen Abtretungs-
rechten folgend, hat die AG mit der AH jeweils pro Kunde einen Vertrag abgeschlossen
(vgl. z.B. Vereinbarung Nr. 003-3 betreffend den Kunden AJ AG, in AT). In diesem wird
einleitend auf den kundenspezifischen Vertrag bzw. das "Agreement" der AG betref-
fend die Mehrwertsteuer-Rückerstattung verwiesen. Alsdann wird angeführt, dass die
AH beabsichtige, der AG bei der Erfüllung des Agreements "behilflich zu sein".
Schliesslich wird festgehalten, dass die AH die AG bei der Erfüllung des Agreements
"durch das Zurverfügungstellen von Know-How und die Pflege und Aufrechterhaltung
des Kundenkontaktes" unterstütze und für diese Dienstleistung 90% der zwischen der
AG und ihren Kunden vereinbarten Provisionen erhalte.
Worin genau die Dienstleistungen der AH an die AG bestanden haben, lässt
sich aufgrund dieser wenig konkreten vertraglichen Umschreibungen nicht sagen. Nicht
nachvollziehbar ist sodann, wie Leistungen im Sinn von "behilflich sein" und "unterstüt-
zen" dazu führen können, dass im Ergebnis nahezu der gesamte Provisionsertrag der
AG der AH zukommt, zumal der Pflichtige selber Spezialist im Bereich der Mehr-
wertsteuer-Rückerstattung ist und von daher sein Bedarf an Hilfe- und Unterstützungs-
leistungen aus diesem Bereich nicht auf der Hand liegt. Zu Recht ist folglich die Steu-
erbehörde diesen Fragen im Rahmen ihrer weiteren Untersuchung nachgegangen und
hat sie den Pflichtigen insbesondere angehalten, substanziiert darzulegen, welche Art
von Leistungen die AH unter den Titeln "Zurverfügungstellen von Know-How" und "Auf-
rechterhaltung des Kundenkontaktes" erbracht habe. Zudem verlangte sie Belege zu
den von der AH geleisteten Arbeitsstunden pro Mandat (unter der Angabe, was wann
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gemacht worden sei) sowie zum Korrespondenz- und Mailverkehr betreffend die be-
hauptete Zusammenarbeit (vgl. Auflage vom 8. November 2010).
b) In der Auflageantwort vom 18. November 2010 äusserte sich der Pflichtige
zum Inhalt der von der AH konkret erbrachten Dienstleistungen wie folgt:
aa) Die AH habe telefonische Abklärungen mit ausländischen Steuerbehörden
vorgenommen. Dies vor allem, weil sie als Folge der Zugehörigkeit von Liechtenstein
zum EWR – anders als eine Schweizer Beratungsgesellschaft – dringend notwendige
Auskünfte telefonisch ohne Probleme habe erhalten können.
Nähere Angaben zu in AI geführten Telefongesprächen (wer von der AH, mit
welcher ausländischen Steuerbehörde, betreffend welchen Kunden, wann etc.) wurden
nicht gemacht, geschweige denn wurden irgendwelche Aufschriebe (Auszüge der
Telefonrechnungen) oder Notizen dazu beigebracht. Es wurden aber auch keine Be-
weismittel vorgelegt, welche die behauptete Benachteiligung von Schweizer Bera-
tungsfirmen im Verkehr mit ausländischen Steuerbehörden infolge fehlender EWR-
Zugehörigkeit der Schweiz stützten.
bb) Weiter habe die AH liechtensteinische Kunden akquiriert. Genannt werden
in diesem Zusammenhang die AU, in AV, die AW, in AI, die AX AG, AI sowie die AY, in
AV. Als Beweismittel reichte der Pflichtige mit Bezug auf drei dieser Gesellschaften
den Mehrwertsteuerverkehr mit Liechtenstein betreffende Vollmachten dieser Gesell-
schaften ein, welche aber in zwei Fällen gar nicht auf ihn, sondern auf die von ihm be-
herrschte AE GmbH, in AC, ausgestellt sind; zu der vierten Gesellschaft wurde eine
Rechnung eingereicht, welche ebenfalls die letztere Gesellschaft betrifft. Wie aus sol-
chen Unterlagen darauf geschlossen werden kann, dass die AH für die AG Kunden
akquiriert hat, ist schon aus diesem Grund, aber auch sonst nicht nachvollziehbar. Hin-
zu kommt, dass Provisionszahlungen der vier genannten Gesellschaften pro 2006 und
2007 bei der AG gar nicht verbucht worden sind (vgl. die Konti 3420).
cc) Know-How habe die AH vorab im Bereich der Liechtensteinischen Mehr-
wertsteuer zur Verfügung gestellt, welche ja ebenfalls Gegenstand der Kundenagree-
ments gewesen sei.
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Auch diese Aussage konkretisiert die erbrachten Dienstleistungen in keiner
Weise. Zudem ist davon auszugehen, dass der Pflichtige als Spezialist und Berater im
Bereich der Mehrwertsteuern der Schweiz und der EU-Länder auch über das erforder-
liche Know-How im Bereich der Liechtensteinischen Mehrwertsteuer verfügt. Ein Know-
How-Transfer von ihm als beherrschender Gesellschafter der AH auf ihn als Einzelun-
ternehmer ist sodann von vornherein nicht möglich. Welcher andere Gesellschafter der
AH hinter dem behaupteten Know-How-Transfer stecken könnte (in Frage kämen nur
der Sohn AN, welcher wohl nicht über das Mehrwertsteuerwissen des Vaters verfügt,
und AM), wurde nicht ausgeführt. Und schliesslich betrifft der Grossteil der Mehr-
wertsteuerrückforderungen bzw. der damit verbundenen Provisionsweiterleitungen
gerade nicht die liechtensteinische Mehrwertsteuer (vgl. z.B. Gutschrift TC-041-06
betreffend Rückforderung von deutschen und französischen Mehrwertsteuern).
dd) Weiter wird das Beschaffen von "Formularen und Bedingungen" bei den
ausländischen Finanzämtern für die Rückforderung der Mehrwertsteuer erwähnt.
Auch diese Angabe ist wenig konkret (welche Formulare, welche Bedingun-
gen?) und durch nichts belegt (z.B. durch ein an die AH gerichtetes Schreiben einer
EU-Mehrwertsteuerbehörde als Beilage zu beschafften Unterlagen). Hinzu kommt,
dass der Pflichtige als Mehrwertsteuerspezialist wohl selber über die einschlägigen
"Formulare und Bedingungen" verfügt.
ee) Schliesslich wird auf das Erstellen von "MWST-Listen für die Auflistung
der zurückgeforderten Mehrwertsteuerbeträge (für jeden Kunden für verschiedene
Länder)" verwiesen. Indes wurde keine einzige solche durch die AH erstellte Liste vor-
gelegt.
c) Nicht nur der Inhalt der von der AH erbrachten Dienstleistungen blieb nach
dem Gesagten im Unklaren; die fraglichen Leistungen wurden auch in quantitativer
Hinsicht weder genügend substanziiert noch belegt:
aa) So führte der Pflichtige in diesem Zusammenhang zunächst aus, dass die
AH keine Angestellten besitze; die Arbeiten würden durch die Organe der Gesellschaft
erbracht. Wie den Buchhaltungsunterlagen 2006 und 2007 der AD AG entnommen
werden könne, habe diese ihn, den Pflichtigen, per 2006 für 213 und per 2007 für 85
verrechnete Stunden an die AH ausgeliehen.
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Wie aus dem (schon für sich nicht nachvollziehbaren) Personaltransfer des
Pflichtigen innerhalb seiner Gesellschaften auf den Aufwand der AH für die AG ge-
schlossen werden kann, ist unerfindlich.
bb) Weiter wurde erklärt, die meisten Mandate betreffend die Rückforderung
von Mehrwertsteuern hätten auf Erfolgsbasis basiert und seien pauschal abgerechnet
worden, weshalb für entsprechende Arbeiten keine Stundenlisten geführt worden sei-
en. Die Beratungsmandate seien demgegenüber nach Stundenaufwand verrechnet
worden, wobei sich die Stundenrapporte in den Buchhaltungsunterlagen fänden.
Hierzu ist zu sagen, dass vorliegend die Leistungen der AH nachzuweisen
sind, welche die ertragsmindernden Weiterleitungen der Provisionen zu begründen
haben; die nicht auf Provisionsbasis von der AG erbrachten Beratungsleistungen ste-
hen nicht zur Diskussion. Der Hinweis auf die pauschale Entschädigung der in Frage
stehenden Dienstleistungen sagt sodann zu deren Umfang von vornherein nichts aus.
cc) Schliesslich wies der Pflichtige in Bezug auf die Zusammenarbeit mit der
AH noch darauf hin, dass keine Korrespondenzen oder Mails hin und her geschickt
worden seien, weil er die Arbeiten für die Rückforderung der Mehrwertsteuern am Sitz
der AH erbracht habe. Dafür habe ihm die AH u.a. ein Geschäftsfahrzeug zur Verfü-
gung gestellt.
Wenn der Pflichtige gleichzeitig für die AH wie auch für die AG tätig gewesen
ist, ist das Fehlen eines Korrespondenz- und Mailverkehrs zwar tatsächlich nachvoll-
ziehbar. Wenn er im Rahmen dieser beiden Gesellschaften und darüber hinaus für die
AD, die AE GmbH und allenfalls eine "AA International" (vgl. vorstehend E. 4.a) Leis-
tungen erbracht hat und zugleich Leistungen zwischen all diesen sich nahestehenden
Gesellschaften in der Schweiz und in Liechtenstein hin und her verrechnet worden
sind, so wäre es jedoch mit Nachdruck seine Aufgabe gewesen, für die nötige Trans-
parenz zu sorgen, um die Prüfung der geschäftsmässigen Begründetheit des Leis-
tungsaustauschs unter den Gesellschaften zu ermöglichen. Daran fehlt es hier aber in
hohem Mass.
Mit den in der Auflagenantwort vom 18. November 2010 abgegebenen Erklä-
rungen und Beweisunterlagen lässt sich die geschäftsmässige Begründetheit der Wei-
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terleitung der vereinnahmten Provisionen an die AH im Umfang von über 90% nach
dem Gesagten in keiner Weise begründen.
d) Nachdem der Pflichtige am 16. Dezember 2010 vom Steuerkommissär
noch mündlich befragt (vgl. Prot.) und ihm daraufhin mit Mahnung vom 28. Februar
2011 nochmals Gelegenheit zur Erfüllung der noch offenen Auflagepunkte eingeräumt
worden war, gab er mit Stellungnahme vom 11. März 2011 die folgenden Zusatzerklä-
rungen ab:
aa) Die AG habe mit verschiedenen Schweizerfirmen Verträge abgeschlos-
sen, um in deren Aufrag die ausländischen EU-Mehrwertsteuern zurückzufordern. Weil
die Schweiz nicht Mitglied des EWR sei, sei es ab dem Jahr 2000 für Schweizer Fir-
men immer schwieriger geworden, Auskünfte bei ausländischen Steuerbehörden ein-
zuholen. Demgegenüber würden Firmen aus Liechtenstein entsprechende Auskünfte
aufgrund der EWR-Zugehörigkeit umfassend und ohne Zeitverzögerung erhalten. Auf-
grund seiner geschäftlichen Kontakte habe er eine Anfrage betreffend die Beteiligung
an einer liechtensteinischen Firma im Tätigkeitsbereich "Unternehmensberatung
(inkl. Mehrwertsteuerberatung) von ausländischen Kunden, welche über Geschäfts-
flugzeuge verfügen" erhalten. Er habe unter der Bedingung zugestimmt, dass eine
neue Firma gegründet werde, sein Name im Firmennamen vorkomme und er die
Mehrheitsbeteiligung halte. Eine weitere Bedingung habe darin bestanden, dass beide
Parteien ihre bisherigen Kundenkontakte in die neue Firma einzubringen hätten. Vor
diesem Hintergrund sei am 16. Oktober 2003 die AH gegründet worden. Beide Partei-
en hätten dabei ihre Kundenkontakte in die Gesellschaft eingebracht, worauf eine er-
spriessliche Zusammenarbeit resultiert habe und per 2008 auch erstmals eine Dividen-
de habe ausgeschüttet werden können. Als Kleinunternehmer sei es ihm gar nicht
möglich gewesen, die heute bestehenden Kundenkontakte (z.B. Grosskonzerne im
asiatischen und arabischen Raum, das Königreich Saudi Arabien, das Sultanat Oman,
Erdölfirma und Grossbank in Russland etc.) aufzubauen. Diese Kontakte seien aus-
schliesslich über "seine Partner" bei der AH hergestellt worden. Die Letztere habe da-
für eine übliche Provision bzw. eine "Findersfee" verlangt. Der an die AH geflossene
Anteil entspreche gerade dieser Findersfee. Welche Kontakte ausschliesslich durch
seine Partner und welche durch die AG hergestellt worden seien, könne der beigeleg-
ten vertraulichen Referenzliste entnommen werden.
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Weil sodann ein ausländisches Unternehmen für die Rückforderung von
Mehrwertsteuerguthaben in der Schweiz hierorts einen gehörig bevollmächtigten
schweizerischen Steuervertreter benötige, sei die AG als Inkassostelle eingesetzt
worden. Dergestalt habe sie für verschiedene Kunden die Schweizer Mehrwertsteuer
zurückgefordert. Für die Arbeit als Inkassostelle habe sie einen Anteil der erhaltenen
Rückvergütungen erhalten, während 90 bis 94% des mit dem Kunden vertraglich
vereinbarten Entgelts für die Erhältlichmachung der Mehrwertsteuer-Rückvergütung an
die AH für ihre Dienstleistungen (Findersfee, Zurverfügungstellung von Knowhow etc.)
gegangen seien. Weil beide Parteien ihre Kundenkontakte in die AH hätten einbringen
müssen, habe die abgeschlossene Vergütungsregelung auch für alle noch laufenden
und nicht abgerechneten Rückerstattungsverfahren gegolten. Dieses Verfahren
sei auch unter dem Aspekt gewählt worden, dass die erhaltenen Kommissio-
nen/Findersfees in Liechtenstein zu versteuern und die entsprechenden Mehrwertsteu-
ern abzuliefern gewesen seien.
Die meisten der ausgeführten Arbeiten seien in Liechtenstein am Sitz der AH
ausgeführt worden; seine dortigen Anwesenheiten würden durch entsprechende Ka-
lendereinträge 2006 und 2007 belegt.
Die AG habe mit der an der strasse 40, in AI, domizilierten Firma AZ einen
Mietvertrag für die Mitbenützung eines Büroraums und der Infrastruktur abgeschlos-
sen. Die letztere Gesellschaft habe sodann mit der AH am 5. Juli 2005 eine Vereinba-
rung für die Erbringung von Beratungsleistungen abgeschlossen, wobei der AH ein
Büroraum zur unentgeltlichen Mitbenützung zur Verfügung gestellt worden sei. Insge-
samt sei damit klar ausgewiesen, dass die AG in Liechtenstein Büroräume gemietet
habe und dort über dauerhafte feste Einrichtungen bzw. eine Betriebsstätte verfüge.
Selbst wenn das kantonale Steueramt davon ausgehe, dass die Kontakte zu den Kun-
den ausschliesslich über ihn, den Pflichtigen, zustande gekommen seien und deshalb
die Erträge der AH der AG anrechne, so wären diese Erträge der Betriebsstätte in
Liechtenstein zuzuweisen, denn dort seien sie erarbeitet worden und nicht im Kanton
Zürich. Entsprechenden Mehrwertsteuerabrechnungen und Steuerrechnungen an die
AH sei zu entnehmen, dass die Erträge auch tatsächlich dort versteuert worden seien.
bb) Wenn der Steuerkommissär gestützt auf diese ergänzenden Erklärungen
und die zusätzlich eingereichten Beweismittel im Veranlagungs- bzw. Einschätzungs-
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entscheid zum Schluss kam, die geschäftsmässige Begründetheit der verbuchten über
90%igen Ertragsminderung sei nach wie vor nicht ausgewiesen, ist dem zuzustimmen:
aaa) Mit blossen Ausdrucken von Halbjahreskalendern im Excel-Format, in
welchen an verschiedenen Wochentagen "FL" vermerkt ist, lassen sich weder Aufent-
halte des Pflichtigen am Geschäftsdomizil der AH in AI, noch dessen Aufwand für die-
se Gesellschaft nachweisen. Und nachdem zusätzlich vorgebracht wurde, die AG ver-
füge an der Adresse der AH über eine Betriebsstätte, wäre selbst bei Abstellen auf die
vorgelegten Kalendereinträge unklar, in welchem Verhältnis die Anwesenheiten des
Pflichtigen in Liechtenstein auf diese Betriebsstätte und die AH aufzuteilen wären. Mit
Bezug auf den Umfang der Leistungen der AH, welche die AG durch die über 90%ige
Weiterleitung der von ihr vereinnahmtem Provisionen entschädigt hat, lässt sich daraus
nichts gewinnen.
bbb) Nicht weiter hilft dem Pflichtigen die Argumentation betreffend die von
der AH vermittelten Mandate. Die diesbezüglich eingereichte "Referenzliste" mit dem
Titel "Rückforderung Mehrwertsteuer für ausländische Kunden (Kundenkontakt
hergestellt durch liechtensteinische Partner oder mit diesen verbundene Perso-
nen/Unternehmen)" wurde zwar durch "Vertreter der liechtensteinischen Anteilseigner"
der AH bzw. durch die AL (AM), unterzeichnet, doch ist damit noch nicht erklärt, wie
von dieser Kundenliste darauf geschlossen werden sollte, dass die AH Leistungen für
die AG erbracht hat, welche eine Weiterleitung von mehr als 90% der vereinnahmten
Provisionen rechtfertigten. In den Verträgen zwischen der AH und der AG ist von Ver-
mittlungsprovisionen (Finderfees) sodann nirgends die Rede. Hinzu kommt, dass zahl-
reiche Provisionsweiterleitungen Kunden betreffen, welche auf dieser Liste gar nicht
aufgeführt sind (z.B. BA, in BB; BB; AO AG, in AT; BD AG, in AT; BE AG, in AT;
vgl. Gutschriften 2007 der AG an die AH).
ccc) Die Argumentation betreffend die Übernahme der Inkassostelle in der
Schweiz ist mit Blick auf die letzteren Kunden wenig weiterführend, weil es bei den
diesbezüglichen Gutschriften nicht in allen Fällen um die Rückforderung von Mehrwert-
steuern in der Schweiz geht (so z.B. die Gutschrift TC-035-07 an die AO AG, in AT,
betreffend Rückforderung deutscher und französischer Mehrwertsteuern; vgl. Beila-
gen). Sodann wurden auch keine Verträge oder Beweisdokumente betreffend Inkasso-
aufträge der AH an die AG vorgelegt.
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5. a) Mit der Einsprache liess der Pflichtige vorab nur die bereits abgegebenen
Erklärungen wiederholen und auf die eingereichten Unterlagen verweisen. Zudem liess
er geltend machen, dass die Beteiligung am Geschäftsergebnis der AH im Verhältnis
der Gesellschaftsanteile erfolge. Dass auch Dritte an der letzteren Gesellschaft betei-
ligt seien, sei nachgewiesen und die Partner des Pflichtigen würden auf den vereinbar-
ten Provisionen bestehen. Der Umstand, dass der Pflichtige an der AH beteiligt sei,
rechtfertige deshalb noch lange nicht, sämtliche Provisionen samt und sonders aufzu-
rechnen. Dies entbehre jeder Grundlage und sei willkürlich. Erneut wurde sodann dar-
auf hingewiesen, dass die AG gemäss vorgelegtem Mietvertrag in AI ein Büro gemietet
habe. Neu wurde in diesem Zusammenhang vorgebracht, dass dieses Büro der AH zur
Verfügung gestellt worden sei, wobei zur Untermauerung die monatlichen, an die AH
gerichteten Telefonrechnungen der BF AG eingereicht wurden. Schliesslich wurde das
Vorliegen eines verpönten Methodenpluralismus hingewiesen: Wenn nämlich die Steu-
erbehörde die AH als zivilrechtliches Gebilde negiere und offensichtlich aufgrund einer
wirtschaftlichen Betrachtungsweise die dieser zugeflossenen Provisionen der AG zu-
rechne, so müsste sie diese der Betriebsstätte in Liechtenstein zuordnen.
b) Die Vorinstanz hielt in ihren Einspracheentscheiden an der vollumfängli-
chen Aufrechnung der Ertragsminderungen wegen Fehlens des Nachweises der ge-
schäftsmässigen Begründetheit fest. Zur Argumentation betreffend das Vorliegen einer
Betriebsstätte in Liechtenstein führte sie dabei aus, dass der diesbezügliche Nachweis
ebenfalls nicht erbracht worden sei. Insbesondere sei nicht nachgewiesen worden,
dass die AG eine Geschäftstätigkeit an der strasse 40 in AI ausgeübt habe. Gleiches
wurde im Zusammenhang mit dem ebenfalls streitigen Mietzinsaufwand auch in Bezug
auf die AH festgestellt.
c) Beschwerde- und rekursweise wurden keine wesentlichen neuen Erklärun-
gen zum Sachverhalt abgegeben und insbesondere keine neuen Beweismittel vorge-
legt.
d) Angesichts der damit weitgehend unveränderten Sach- und Beweislage ist
mit der Vorinstanz der über 90%igen Weiterleitung der von der AG vereinnahmten Pro-
visionen an die AH die geschäftsmässige Begründetheit abzusprechen.
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Daraus folgt aber nicht ohne weiteres, dass die verbuchten Ertragsminderun-
gen in vollem Umfang aufzurechnen sind. Die volle Aufrechnung rechtfertigt sich nur
dann, wenn mit Bezug auf die Kernleistung der AG, d.h. die Rückforderung von aus-
ländischen Mehrwertsteuern für Aviatikkunden, weder die AH (als Schwestergesell-
schaft) noch die AG selbst (als Betriebsstätte) an der strasse 40 in AI eine nachgewie-
sene Geschäftstätigkeit ausgeübt hat, denn nur dieser Fall legt nahe, dass die
streitbetroffenen Provisionen demzufolge auf hiesiger Arbeitstätigkeit beruhen und mit-
hin auch vollumfänglich hier zu besteuern sind. Hiervon ist gestützt auf die vorliegende
Sach- und Beweislage allerdings auszugehen:
aa) Nach dem bereits Gesagten handelt es bei der AH um eine seit dem
17. Oktober 2003 existierende Gesellschaft nach liechtensteinischem Recht und wird
deren zivilrechtliche Existenz von der Vorinstanz nicht in Frage gestellt. Dafür, dass die
Gesellschaft per 2006 und 2007 in AI auch geschäftstätig war, sprechen die einge-
reichten liechtensteinischen Steuerdokumente. So wurde die AH in Liechtenstein mit
einem steuerbaren Ertrag von Fr. 228'266.- (2006) bzw. Fr. 670'382.- (2007) veranlagt
(vgl. Steuerrechnungen der Steuerverwaltung des Fürstentums Liechtenstein). Weiter
ist auch belegt, dass die AH in Liechtenstein auf den von ihr erzielten Umsätzen Mehr-
wertsteuern abzuführen hatte (Umsatz per 2007 = Fr. 416'575.-). Zwar ist denkbar,
dass in Liechtenstein Erträge und Umsätze besteuert wurden, welche in Tat und
Wahrheit vom Pflichtigen in AC erarbeitet worden sind; die liechtensteinischen Veran-
lagungen sind für die hiesige Steuerbehörde denn auch nicht verbindlich. Zu berück-
sichtigen ist sodann, dass die AH an der strasse 40 in AI tatsächlich über eine Büroinf-
rastruktur verfügte. Dies ergibt sich einerseits aus der Vereinbarung der AH mit der AZ
vom 5. Juli 2005, gemäss welcher ihr an der strasse 40, in AI, unentgeltlich ein Büro-
raum zur Verfügung gestellt wurde. Sodann liegt ein Mietvertrag vom 4./16. Januar
2006 im Recht, welchem gemäss die vorgenannte Gesellschaft der AG für Fr. 1‘076.-
pro Monat ein Büro (unter)vermietet hat. Dass die AG dieses gemietete Büro ihrerseits
der AH zur Verfügung stellte, ist zwar nicht durch einen schriftlichen Vertrag nachge-
wiesen; für das diesbezüglich behauptete Untermietverhältnis spricht aber der auf die
AH lautende Festnetztelefonanschluss an der besagten Adresse (vgl. die an die AH
gerichteten Telefonrechnungen der BF AG). Die monatlichen Verbindungsgebühren
bewegen sich allerdings im Bereich von Fr. 0.- bis Fr. 3.-, was auf alles andere als auf
eine rege Tätigkeit schliessen lässt und insbesondere in Widerspruch zu den im steu-
erbehördlichen Untersuchungsverfahren behaupteten telefonischen Abklärungen mit
ausländischen Mehrwertsteuerbehörden steht. Nutzte die AH das besagte Büro in Un-
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termiete, ist damit auch gesagt, dass die AG selber dort nicht geschäftstätig war bzw.
keine Betriebsstätte in AI geführt hat; entsprechend wurde auch nicht geltend gemacht,
sie sei in Liechtenstein jemals besteuert worden.
bb) Dass die AH für die AG Leistungen im Bereich der Rückforderung von
Mehrwertsteuern erbracht hat, steht damit aber in keiner Weise fest. Denkbar ist von
einer gewissen Zusammenarbeit wohl im Bereich der Mehrwertsteuerberatung, welche
die AG neben ihren Rückforderungsdienstleistungen für ihre Kunden erbracht hat.
Auch dort wurden von der Letzteren vereinnahmte Honorare an die AH weitergeleitet
(vgl. per 2007: Konto 3401 "Bruttoertrag Beratungen Std." und Gutschrift der AG an die
AH betreffend Mehrwertsteuerberatung "Projekt BA, in BB"), wobei die Steuerbehörde
diese Weiterleitungen nicht beanstandet hat. Mit welchen konkreten Tätigkeiten die AH
im Übrigen ihre in Liechtenstein steuerbaren Erträge erwirtschaftet hat, ist nicht be-
kannt. Diesbezüglich aufschlussreiche Geschäftsabschlüsse der AH wurden ungeach-
tet der steuerbehördlichen Aufforderungen im Untersuchungsverfahren nicht vorgelegt.
Ebenso fehlen Kontoauszüge, welche über die Zusammensetzung der von der AH er-
zielten Erträge Aufschluss geben würden. Klar ist aufgrund der Akten einzig, dass die
von der Letzteren in Liechtenstein versteuerten Gewinne und insbesondere die Mehr-
wertsteuerumsätze (pro 2007 = Fr. 416'575.-) nicht mit den von der AG verbuchten
Provisionsweiterleitungen (pro 2007 = Fr. 1'365'714.-) vereinbar sind und mithin wohl
auf andere Einnahmequellen zurückzuführen sein müssen.
cc) Damit steht einerseits fest, dass die Steuerbehörde den verbuchten Provi-
sionsweiterleitungen mangels Nachweises einer Gegenleistung der AH die steuermin-
dernde Berücksichtigung zu Recht versagt hat. Andrerseits ist auch nicht nachgewie-
sen, dass die AG selber einen Teil ihrer Arbeitsleistungen im besagten Büro in AI bzw.
in einer dort gelegenen Betriebsstätte erbracht hat, womit die eventualiter beantragte
Ausscheidung von Einkommen (Provisionserträge) und Vermögen ins Ausland kein
Thema sein kann.
6. a) Die AG wies per Ende 2006 im Konto 2601 ("Rückstellung MWST-
Verfahren ESTV [BH]") Rückstellungen von insgesamt Fr. 100'000.- aus; per Ende
2007 wurden davon Fr. 50'000.- aufgelöst. Eine weitere Rückstellung über Fr. 65'000.-
wurde per Ende 2006 im Konto 2600 ("Rückstellung MWST-Verfahren ESTV [BG 07]")
ausgewiesen; diese wurde im Folgejahr 2007 um Fr. 5'000.- erhöht. Die Steuerbehörde
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hält dafür, diese Rückstellungen seien an den genannten Stichtagen geschäftsmässig
nicht mehr begründet gewesen und damit erfolgswirksam aufzulösen.
b) aa) Mit der Rückstellung bzw. vorübergehenden Wertberichtigung wird
nach ständiger Rechtsprechung dem laufenden Geschäftsjahr ein tatsächlich oder
mindestens wahrscheinlich verursachter, in seiner Höhe aber noch nicht bekannter
Aufwand oder Verlust gewinnmindernd angerechnet, der erst im nächsten oder in
einem der folgenden Geschäftsjahre geldmässig verwirklicht wird (Reimann/Zup-
pinger/Schärrer, Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, 2. Band, 1963, § 19 lit. b N
263; RB 1975 Nr. 47, 1978 Nr. 33, 1986 Nr. 40). Steuerlich (nicht handelsrechtlich)
können solche Wertberichtigungen nur anerkannt werden, wenn die Ereignisse, die
Ursache des geltend gemachten, betraglich noch ungewissen Aufwands sind, im lau-
fenden oder einem früheren Geschäftsjahr auch tatsächlich eingetreten sind (RB 1986
Nr. 40 = StE 1987 B 72.14.2 Nr. 6 sowie StE 1987 B 23.43.2 Nr. 4 mit Hinweisen). Die
Rückstellung bzw. vorübergehende Wertberichtigung darf den Betrag nicht überstei-
gen, mit dessen Beanspruchung nach den Umständen und nach pflichtgemässer
Schätzung dereinst ernsthaft gerechnet werden muss (Reimann/Zuppinger/Schärrer,
§ 19 lit. b N 265). Geschäftsmässig begründet sind deshalb immer nur solche Rückstel-
lungen bzw. vorübergehende Wertberichtigungen, die der Sicherung unmittelbar dro-
hender und nicht bloss künftiger Risiken dienen (RB 1986 Nr. 40 mit Hinweis auf BGE
103 Ib 370, 75 I 259 E. 2). Betriebswirtschaftlich oder handelsrechtlich gebotene Rück-
lagen zur Absicherung künftiger Geschäftsrisiken oder geplanter Investitionen sind
nicht mit den steuerlich als geschäftsmässig anzuerkennenden Korrekturbuchungen
gleichzusetzen (Reimann/Zuppinger/Schärrer, § 19 lit. b N 276).
bb) Zur Prüfung der Berechtigung von Rückstellungen bzw. vorübergehenden
Wertberichtigungen ist grundsätzlich auf die Verhältnisse am Bilanzstichtag abzustellen
(Art. 662 Abs. 2 i.V.m. Art. 958 Abs. 1 und 960 Abs. 2 OR). Indessen können alle bis
zum Zeitpunkt der Bilanzerrichtung erhaltenen Informationen in den Jahresrechnungen
verwendet werden, sofern dadurch Verhältnisse des Bilanzstichtags offenkundig wer-
den, die Auswirkungen auf Bilanz und Erfolgsrechnung haben (so genannte werterhel-
lende Tatsachen; vgl. Karl Käfer, in: Berner Kommentar, 1981, Art. 960 N 323 OR; RB
1986 Nr. 41 = StE 1987 B 23.43.2 Nr. 4).
cc) Im Gegensatz zu Abschreibungen sind Rückstellungen bzw. vorüberge-
hende Wertberichtigungen nicht definitiv, sondern provisorisch. Die Einschätzungsbe-
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hörden können daher deren geschäftsmässige Begründetheit auch nach ihrer Bildung
im Rahmen von späteren Einschätzungen erneut überprüfen. In der Praxis wird die
steuerliche Auflösung in jener Steuerperiode vorgenommen, in der die Unbegründet-
heit von der Steuerbehörde festgestellt wird (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Hand-
kommentar zum DBG, 2. A, 2009, und Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steu-
ergesetz, 2. A., 2006, Art. 63 N 1 i.V.m. Art. 29 N 5 DBG und § 64 N 88 StG, je mit
Hinweisen).
dd) Tatsachen, die Rückstellungen bzw. vorübergehende Wertberichtigungen
als geschäftsmässig begründet erscheinen lassen, sind steuermindernd und deshalb
vom Steuerpflichtigen nachzuweisen (RB 1975 Nr. 55).
c) In der steueramtlichen Untersuchung erklärte der Pflichtige zur Rückstel-
lung betreffend das Mehrwertsteuerverfahren der BG, dass per 2005 in Absprache mit
dem Steueramt bereits eine Auflösung von Fr. 1'365'000.- erfolgt sei. Die Reduktion
auf Fr. 65'000.- per 2006 bzw. die Erhöhung auf Fr. 70'000.- per 2007 sei aufgrund
einer Neueinschätzung des Risikos erfolgt. Zur Rückstellung betreffend das Mehr-
wertsteuerverfahren der BH wurde angeführt, dass per 2005 wiederum in Absprache
mit dem Steueramt Fr. 900'000.- bereits aufgelöst worden seien. Die weitere Auflösung
um Fr. 50'000.- per 2007 sei ebenfalls aufgrund einer Neueinschätzung des Risikos
erfolgt (vgl. Auflageantwort vom 26. August 2010, auch zum Folgenden).
In weiteren Auflageantworten vom 15. Oktober und 18. November 2010 ver-
wies der Pflichtige im Zusammenhang mit der Rückstellung BG auf ein Schreiben der
BI AG, in BJ, vom 14. Oktober 2010. Darin empfiehlt die Letztere dem Pflichtigen, im
Hinblick auf eine allfällige persönliche Inanspruchnahme für diverse Forderungen
Rückstellungen zu bilden bzw. fortzuführen; erwähnt werden dabei Rückstellungen im
Umfang von 100% des möglichen Rückforderung-/Haftungsbetrag, für Verzugszinsen
und Anwaltskosten. Weiter wurde in den Auflageantworten ausgeführt, das Steueramt
habe in früheren Steuerperioden kommuniziert, dass die Rückstellungen alljährlich neu
zu bewerten seien. Ob die Rückstellungen genügend oder ungenügend gewesen sei-
en, könne erst nach Ablauf der Verjährungsfrist eines Verfahrens mit der ESTV
(Hauptabteilung MWST) mit letzter Sicherheit beurteilt werden. Spätestens per "2012
(Ablauf Verjährungsfrist)" würden die Restrückstellungen aufgelöst. Gleich verhalte es
sich im Wesentlichen auch bezüglich der Rückstellungen BH.
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Nachdem die Steuerbehörde gestützt auf diese Antworten den per 2006 und
2007 verbliebenen Rückstellungen BG und BH die geschäftsmässige Begründetheit
aberkannt hatte, liess der Pflichtige einspracheweise wiederum vorbringen, dass die in
Frage stehenden Rückstellungen in den Vorjahren von der Steuerbehörde toleriert
worden seien. Es erstaune deshalb, wenn bei unveränderten Verhältnissen nun plötz-
lich zur Aufrechnung geschritten werde.
Beschwerde- und rekursweise wurde ergänzt und präzisiert, dass der einzige
Unterschied zu den Vorjahren darin bestehe, dass der Pflichtige das Haftungsrisiko
infolge des Bundesverwaltungsgerichtsurteils im Fall BG vom 16. November 2007 et-
was tiefer beurteilt habe. Das Bundesgerichtsurteil im Fall BH vom 29. Juli 2010 habe
er allerdings noch nicht gekannt. Das Steueramt müsse sich bei der Beurteilung von
Rückstellungen aber an die Tatsachen halten, welche im Zeitpunkt vorgelegen hätten,
in welchem diese zu beurteilen gewesen seien. Auszugehen sei deshalb davon, dass
gemäss Schreiben der Kanzlei BK vom 2. August 2004 gegen die Person, welche in
der MWST-Angelegenheit BH die Beratung inne gehabt habe, rechtlich vorgegangen
würde, wenn der "BH" daraus ein Schaden entstehen sollte, wobei dieser Schaden mit
Fr. 3.5 Mio. beziffert worden sei. Das Bundesverwaltungsgericht habe die Beschwerde
der Geschädigten abgewiesen, womit die unmissverständliche Bekanntgabe der ge-
nannten Kanzlei, den Schaden einzufordern, nichts an Aktualität eingebüsst habe. Zu
erwähnen sei im Übrigen, dass Haftpflichtansprüche im Zusammenhang mit Steuerfor-
derungen nicht versichert werden könnten.
d) Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Sachen BG vom 16. Novem-
ber 2007 hält fest, dass die ESTV der letzteren Gesellschaft im Zusammenhang mit zu
Unrecht in vollem Umfang abgezogenen Vorsteuerbeträgen korrekterweise eine
(Mehrwert-)Steuernachforderung im Betrag von rund Fr. 1 Mio. in Rechnung gestellt
hat. Auch wenn dem Urteil zu entnehmen ist, dass der Pflichtige der Steuerstellvertre-
ter sowie der Buchhalter der im Ausland domizilierten Gesellschaft war, ist damit noch
nicht erklärt, wieso die AG in diesem Zusammenhang per 2006 und 2007 Rückstellun-
gen hätte bilden oder belassen sollen. Eine diesbezügliche substanziierte Begründung
hat der Pflichtige nicht abgegeben; insbesondere wurden keinerlei Unterlagen präsen-
tiert, welche belegten, dass der Pflichtige als ehemaliger Steuerstellvertreter der BG
mit Forderungsansprüchen der ESTV hat rechnen müssen oder dass ihm Schadener-
satzansprüche seiner früheren Kundschaft gedroht hätten. Die an den Pflichtigen ge-
richteten (mit Ausnahme der nebensächlichen Anwaltskosten nicht quantifizierten)
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Rückstellungsempfehlungen der Anwaltskanzlei BJ AG, welche nach dem Pflichtigen
die Stellvertretung der BG in deren Mehrwertsteuerverfahren übernommen hatte, datie-
ren vom 14. Oktober 2010 und sagen damit über einen Rückstellungsbedarf der AG
per 2006 und 2007 nichts aus. Im Übrigen sind diese drei Jahre nach Rechtskraft des
Urteils des Bundesverwaltungsgerichts abgegeben Empfehlungen nicht nachvollzieh-
bar, wenn bis zu diesem Zeitpunkt keinerlei konkrete Forderungsansprüche von Seiten
der BG oder der ESTV gegenüber dem Pflichtigen dokumentiert sind.
Gleichermassen unklar und nicht ausgewiesen ist der Rückstellungsbedarf
BH. Der Hinweis auf das Schreiben der Anwaltskanzlei BK vom 2. August 2004, in
welchem von der allfälligen Geltendmachung eines Schadens in der Höhe von rund
Fr. 3.5 Mio. die Rede ist ("damage exceeding CHF 3.54 mio plus interets [not including
its legal and consulting costs]"), ist schon deshalb unbehelflich, weil es nicht an den
Pflichtigen, sondern an dessen AE GmbH gerichtet ist. Erneut herrscht damit keinerlei
Transparenz im Zusammenhang mit Leistungen aus dem Firmengeflecht des Pflichti-
gen, welche Haftungs- oder Schadenersatzansprüche hätten auslösen können. Unter-
lagen, welche belegten, dass sich der Pflichtige bzw. die AG per 2006 und 2007 mit
entsprechenden Ansprüchen konfrontiert sah, wurden nicht vorgelegt.
Entscheidend ist im Übrigen auch Folgendes: Wenn der Pflichtige die von der
Steuerbehörde früher tolerierten Rückstellungen in Millionenhöhe im Zusammenhang
mit möglichen Haftungs- und Schadenersatzansprüchen aus Mehrwertsteuerberatung
bereits zwischen 2005 und 2007 auf Restbeträge von Fr. 50'000.- bzw. 70'000.- redu-
ziert hat, ging er zu dieser Zeit selber nicht mehr vom Risiko eines letztlich ihn treffen-
den Schadens in Millionenhöhe im Sinn des Schreibens der vorerwähnten Anwalts-
kanzlei aus. Mithin wäre zu erklären gewesen, weshalb und mit Blick auf welches
konkrete Risiko die vergleichsweise bescheidenen Restrückstellungen per Ende 2006
und 2007 belassen worden sind. Der blosse Hinweis auf eine neue Risikobeurteilung
sagt dazu nichts aus.
e) Die steuerbehördliche Aufrechnung der Restrückstellungen ist mangels
Nachweises der diesbezüglichen geschäftsmässigen Begründetheit mithin zu bestäti-
gen.
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7. a) Die AG verbuchte im Konto 4400 (Aufwand für Drittleistungen) per 2006
und 2007 jeweils Mietkosten von Fr. 12'000.- (Fr. 3'000.- pro Quartal) für den bereits
erwähnten Büroraum an der strasse 40 in AI. Die Steuerbehörde hält diesen Aufwand
für geschäftsmässig nicht begründet, weil – im Drittvergleich unüblich – der fragliche
Büroraum der AH unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden sei. Zudem sei die Aus-
übung einer Geschäftstätigkeit der Letzteren nicht nachgewiesen.
b) Die Pflichtige untermauert diesen Aufwand vorab mit dem Verweis auf den
eingereichten Mietvertrag und die vorgelegte Bestätigung der Vermieterin über das
Raumnutzungsrecht.
c) Wie bereits im Zusammenhang mit den umstrittenen Provisionsweiterlei-
tungen festgestellt worden ist (E. 5.d.aa), wurde der fragliche Büroraum wohl von der
AG gemietet (vgl. Mietvertrag mit der AZ GmbH vom 16. Januar 2006), doch stellte
diese den Raum ihrerseits der AH zur Verfügung, welche dort – wie es der auf sie lau-
tende Festnetztelefonanschluss und die Liechtensteinischen Steuerdokumente nahe-
legen – auch geschäftstätig war. Mit Blick auf dieses Untermietverhältnis hätte damit
die Büromiete der AH weiterbelastet werden müssen, so dass auch diese steuerbe-
hördliche Aufrechnung zu Recht erfolgte.
8. a) Für geschäftsmässig nicht begründet hält die Steuerbehörde im Weiteren
die Reisekosten, welche die AG für 2006 mit dem Vermerk "BL AG, Reise Oman"
(Fr. 7'783.50) bzw. "BM, Reise Oman" (Fr. 8'109.-) ihrem Konto 6640 (Reisespesen,
Kundenbetreuung) belastet hat. Gemäss den dazu eingereichten Belegen handelte es
sich dabei um "Badeferien Oman" vom 2. bis 10. Januar 2007 (Teilnehmer AA und
seine Ehefrau AB; vgl. Rechnung der BM) sowie um eine "Geschäftsreise Muscat
Swiss" vom 8. bis 15. September 2006 (Teilnehmer AA und sein Sohn AN).
b) Im Veranlagungs- bzw. Einschätzungsverfahren führte der Pflichtige zur
Reise im Januar 2007 aus, dass ihn seine Frau aus Repräsentationsgründen nach
Oman begleitet habe. Dabei habe dort eine Besprechung mit dem Chefpilot BN stattge-
funden. Dieser sei für das Flugzeug des Sultanats, eine Boeing Business Jet, verant-
wortlich gewesen; für das Mehrwertsteuerverfahren seien noch verschiedene nur von
Captain BN erhältliche Auskünfte und Unterlagen benötigt worden. Im Auftrag der "BO"
habe die AG mehrere Verfahren gegen die ESTV (Hauptabteilung MWST) durchge-
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führt und dabei mit einer erreichten Rückerstattung von Fr. 1'786'131.- auch gewon-
nen. Bei der Geschäftsreise im September 2006 habe ebenfalls eine Besprechung mit
Captain BN stattgefunden; die Rückforderung der Mehrwertsteuer für die "BO" sei sehr
komplex gewesen, weshalb ihn sein Sohn und Stellvertreter aus Risikoüberlegungen
begleitet habe (vgl. Schreiben vom 15. Oktober 2010). In seiner Auflageantwort vom
18. November 2010 ergänzte der Pflichtige, dass er aus Gründen der Vertraulichkeit
und des Kundenschutzes ausser dem Namen des Chefpiloten keine weiteren Namen
bekannt geben könne. Die Geschäftsreisen habe er im Übrigen per SMS vereinbart;
Captain BN kommuniziere während seinen Piloteinsätzen per SMS. Nicht mehr benö-
tigte Emails habe er sodann nach 2 Jahren gelöscht. Wie aus den Buchhaltungsakten
der AD AG, der AG, der AE GmbH und der AA Treuhandbüro hervorgehe, sei er im
Übrigen immer zurückhaltend mit der Belastung von Reisespesen gewesen. Wenn ihn
seine Gattin aus Repräsentationsgründen bei einer Reise begleitet habe, so habe dies
seine Berechtigung, sei es doch für seine Klienten und für ihn um sehr viel Geld ge-
gangen.
c) Mit solchen in sich nicht schlüssigen Erklärungen lässt sich ein konkreter
geschäftlicher Hintergrund der beiden Reisen nicht begründen. Nicht nachvollziehbar
ist insbesondere, was die genannte Gesellschaft in Bermuda und die Mehrwertsteuer-
verfahren gegen die ESTV mit einem Flugzeug in Oman und Captain BN zu tun haben
könnten. Es kann nicht Aufgabe der Steuerbehörde bzw. der angerufenen Rechtmittel-
behörden sein, solche unsubstanziierten Aussagen zum Anlass zu nehmen, in den
Akten der verschiedenen Gesellschaften des Pflichtigen nach der geschäftsmässigen
Begründetheit der fraglichen Reisekosten zu forschen. Aufgabe des Pflichtigen wäre es
gewesen, detailliert darzulegen, wann genau, wo genau, mit welchen Personen und in
welcher konkreten Sache geschäftliche Besprechungen im Namen der AG in Oman
stattgefunden haben. Dabei hätten auch Beweismittel (Besprechungsnotizen, Protokol-
le, Emails, Nachkorrespondenzen, Bestätigungen von Captain BN etc.) vorgelegt wer-
den können und müssen; war die Sache so komplex wie behauptet und ging es dabei
um sehr viel Geld, kann allen Ernstes nicht davon ausgegangen werden, dass nur per
SMS kommuniziert worden ist. Mails von besonderer Wichtigkeit werden geschäftsüb-
lich denn auch ausgedruckt und nicht bloss zwei Jahre im Mailspeicher belassen und
dann gelöscht.
Zu Recht ist die Steuerbehörde nach durchgeführtem Auflageverfahren mithin
davon ausgegangen, dass die beiden Reisen nach Oman keinen nachgewiesenen
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geschäftlichen, sondern einen privaten Hintergrund haben, zumal die Rechnung der
"BM" im Betreff eine "Badereise" des Pflichtigen und dessen Ehefrau erwähnt.
d) Im Einsprache- wie auch im vorliegenden Beschwerde- und Rekursverfah-
ren vermochte der Pflichtige die geschäftsmässige Begründetheit der verbuchten
Oman-Reisen ebenfalls nicht nachzuweisen.
aa) Nachvollziehbar ist einzig die Aussage, dass AN mit seinem Vater (dem
Pflichtigen) auch geschäftlich verbunden ist, weshalb eine Reise von Vater und Sohn
nicht zwingend an privates Ferienvergnügen denken lässt. Für die Frage, ob die
Oman-Reise der beiden im September 2006 einen geschäftlichen Hintergrund hatte,
lässt sich daraus freilich nichts gewinnen.
bb) Weiter wird geltend gemacht, dass aus der Bezeichnung "Badeferien"
nichts abgeleitet werden könne, weil es dem guten Geschäftsmann gestattet sei, mit-
tels eines Arrangements günstiger an den Bestimmungsort zu fliegen und dort zu
übernachten, als mittels ordentlicher Geschäftsflugtarifen. Dem ist zu entgegnen, dass
ein "guter Geschäftsmann" und insbesondere ein Steuerspezialist beim Ferienreisen-
Veranstalter wohl einen Hinweis auf den Geschäftsbezug verlangen würde; dies im
Wissen darum, dass ein Beleg über Badeferien mit der Ehefrau wohl schwerlich zum
Nachweis einer Geschäftsreise taugt.
cc) Wenn schliesslich weitere Ferien des Pflichtigen und dessen Ehefrau in
den Jahren 2006 und 2007 erwähnt und auch belegt werden, folgt daraus in keiner
Weise, dass die neuntägige Reise des Ehepaars im Januar 2007 geschäftsmässig
begründet war. Ebenso wenig hilft dem Pflichtigen die Aussage, es sei unwahrschein-
lich, dass jemand innert neun Monaten zweimal am gleichen Ort Ferien mache, zu
welchem zudem kein familiärer Bezug bestehe. Der Nachweis der geschäftsmässigen
Begründetheit lässt sich nicht mit der Unwahrscheinlichkeit von privatem Ferienverhal-
ten begründen; zudem könnte der erwähnte Captain BN ja auch ein Freund des Pflich-
tigen und dessen Familie sein, womit die Aufenthalte in Oman zu Ferienzwecken eben
doch nicht so unwahrscheinlich wären.
dd) Nicht gefolgt werden kann sodann dem weiteren Argument, wonach es auf
jeden Fall unverhältnismässig sei, den ganzen Betrag aufzurechnen, weil der geschäft-
liche Bezug des auf den Pflichtigen entfallenden Anteils der Reisekosten ausser Frage
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stehe. Letzteres trifft nach dem Gesagten gerade nicht zu: Es wurde nicht nachgewie-
sen, dass die beiden acht- und neuntägigen Aufenthalte des Pflichtigen im Oman bzw.
in den Luxushotels (vgl. die Rechnungen) einen geschäftlichen Grund haben. Dass bei
solchen Destinationen die Begleitungen von Sohn und Ehefrau den primär naheliegen-
den Feriencharakter der Reise noch unterstreichen, versteht sich von selbst.
ee) Nicht weiter hilft dem Pflichtigen seine schliesslich noch offerierte Bereit-
schaft, diverse vertrauliche Unterlagen nachzureichen, wenn die für die Behandlung
von Beschwerde und Rekurs zuständigen Personen schriftlich zusicherten, dass die
vertraulichen Unterlagen, welche eingereicht werden könnten, absolut vertraulich be-
handelt und keinen weiteren Personen und auch keinen in- und ausländischen Behör-
den, Gerichten etc. zugänglich gemacht würden. Für die am vorliegenden Urteil mitwir-
kenden Personen des Steuerrekursgerichts gilt das Steuergeheimnis gemäss Art. 110
DBG und § 120 StG, womit kein Anlass besteht, dem beweisbelasteten Pflichtigen mit
Blick auf die "zur Zeit im arabischen Raum herrschenden Verhältnisse" irgendwelche
Vertraulichkeitserklärungen abzugeben.
ff) Auch die Aufrechnung der Reisekosten ist nach alledem vollumfänglich zu
bestätigen.
9. Akzeptiert hat der Pflichtige beschwerde- und rekursweise die steuerbe-
hördliche Aufrechnung von verbuchtem "Buchführungs- und Beratungsaufwand", womit
auf diese Position nicht mehr weiter einzugehen ist.
10. a) Der Pflichtige deklarierte seine Anteile an der AH im Vermögen per En-
de 2006 und 2007 mit Fr. 54'000.- bzw. Fr. 72'000.- (vgl. Wertschriftenverzeichnisse
2006 und 2007). Die Steuerbehörde ermittelte demgegenüber Vermögenssteuerwerte
von Fr. 1'010'000.- (2006) bzw. Fr. 2'178'000.- (2007).
Die Parteien sind sich einig, dass die Bewertung der fraglichen Anteile grund-
sätzlich nach der Wegleitung der Schweizerischen Steuerkonferenz zur Bewertung von
Wertpapieren ohne Kurswert für die Vermögenssteuer (vgl. Kreisschreiben 28 vom
21. August 2006) vorzunehmen ist. Der Pflichtige stellt zudem nicht in Abrede, dass er
die für die Vornahme der entsprechenden Bewertung benötigten Jahresabschlüsse der
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AH trotz steuerbehördlicher Auflage und Mahnung ("aus Rücksichtnahme gegenüber
den liechtensteinischen Partnern"; vgl. Auflageantwort vom 11. März 2011) nicht einge-
reicht hat und deshalb die Steuerbehörde die gesuchten Werte zu Recht mit Hilfe einer
Schätzung nach pflichtgemässem Ermessen im Sinn von § 139 Abs. 2 StG ermittelt
hat. Indes hält er dafür, dass die Schätzungen zu hoch ausgefallen seien.
b) Gegen die Veranlagung bzw. Einschätzung kann der Steuerpflichtige laut
§ 140 StG binnen 30 Tagen nach Zustellung beim kantonalen Steueramt schriftlich
Einsprache erheben (Abs. 1). Richtet sich die Einsprache gegen eine Einschätzung
nach pflichtgemässem Ermessen, kann der Steuerpflichtige sie nur wegen offensichtli-
cher Unrichtigkeit anfechten (Abs. 2 Satz 1). Zudem ist die Einsprache diesfalls zu be-
gründen und hat sie allfällige Beweismittel zu nennen (Abs. 2 Satz 2). Mit anderen
Worten obliegt es dem Steuerpflichtigen, den Nachweis zu erbringen, dass die Ermes-
sensveranlagung offensichtlich unrichtig ist. § 140 Abs. 2 StG enthält eine Kognitions-
beschränkung der Prüfungsinstanzen, welche eine zu Recht getroffene Ermessensta-
xation nur aufheben können, wenn sie sich als offensichtlich falsch erweist.
Den entsprechenden Nachweis kann der Steuerpflichtige auf zwei Arten
erbringen (Martin Zweifel, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/1,
2. A., 2002, Art. 48 N 46 ff. StHG; ders., in: Kommentar zum Schweizerischen Steuer-
recht, Band I/2b, 2. A., 2008, Art. 132 N 39 ff. DBG, je auch zum Folgenden): Er kann
den tatsächlichen Sachverhalt dartun und den entsprechenden Nachweis leisten mit
der Folge, dass die Ermessensveranlagung durch eine ordentliche Veranlagung ersetzt
wird und die Steuerfaktoren nach den für "gewöhnliche" Veranlagungen geltenden Re-
geln ermittelt werden. Scheitert dieser Nachweis, kann der Steuerpflichtige noch immer
darlegen und nachweisen, dass die angefochtene Veranlagung offensichtlich unrichtig
ist. Als offensichtlich unrichtig (namentlich zu hoch) erweist sich eine Schätzung dann,
wenn sie sachlich nicht begründbar (z.B. erkennbar pönal oder fiskalisch begründet)
ist, sich auf sachwidrige Schätzungsgrundlagen, -methoden oder -hilfsmittel stützt oder
sonst wie mit den konkreten aktenkundigen Verhältnissen aufgrund der Lebenserfah-
rung vernünftigerweise nicht vereinbar ist (Zweifel, Art. 48 N 59 StHG und Art. 132 N
52 DBG, je mit Hinweisen). Ist dieser Nachweis geleistet, bleibt es zwar bei einer Er-
messensveranlagung, doch wird die angefochtene durch eine neue (tiefere) Schätzung
der Rechtsmittelinstanz ersetzt.
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c) Eingereicht hat der Pflichtige anstelle der Jahresabschlüsse der AH deren
Steuerfaktoren 2006 und 2007. Diese weisen ein Kapital von Fr. 703'551.- (2006) bzw.
Fr. 931'817.- (2007) sowie Erträge von Fr. 228'266.- (2006) bzw. Fr. 670'382.- (2007)
aus (vgl. Steuerrechnungen der Steuerverwaltung Fürstentum Liechtenstein). Die hie-
sige Steuerbehörde orientierte sich bei ihren Schätzungen an diesen Zahlen aus Liech-
tenstein, d.h. sie rechnete mit den einschlägigen Formeln der Weisungen und nahm
dabei beim Ertragswert an den versteuerten Erträgen sowie beim Substanzwert am
versteuerten Kapital Mass. Dieses Vorgehen ist ohne weiteres nachvollziehbar, er-
scheint sachgerecht und führt zu den von der Steuerbehörde vertretenen Werten (vgl.
Berechnung).
aa) Die Einwendungen des Pflichtigen in der Beschwerde- und Rekursschrift
vermögen die Richtigkeit dieser Schätzung nicht in Frage zu stellen: So folgt er zu-
nächst der vorstehenden Berechnung, um alsdann anzuführen, das Ermessen sei wohl
nach oben strapaziert worden. Die Bewertungen seien nämlich angesichts der dem
Steueramt bekannten Situation, dass die anderen Partner ein Kaufrecht an den Antei-
len hätten, welches jährlich bloss um Fr. 18'000.- steige, klar überbewertet. Angemes-
sen sei eine Schätzung, die dem Kaufrecht entspreche, insbesondere weil die Partner
nun das Kaufrecht geltend machen könnten. Diese Schätzung führe aber zu den dekla-
rierten Werten.
Dieser letzteren, sich an einem Kaufrecht von anderen Anteilseignern orientie-
renden Schätzung kann nicht gefolgt werden: In der Auflageantwort vom 18. November
2010 hatte der Pflichtige dazu erklärt, dass die Inhaber der Treurechte in einem Bin-
dungsvertrag vom September 2004 festgelegt hätten, dass die liechtensteinischen
Partner die 18 Anteile des Pflichtigen in seinem Konkursfall nach der Formel "Anteil
Gründungskapital (= 18 x Fr. 1'000.- = Fr. 18'000.-) x Anteil Jahre ab Inkrafttreten Bin-
dungsvertrag" übernehmen könnten. Dies sei der Grund, dass er die Anteile per 2006
mit Fr. 54'000.- und per 2007 mit Fr. 72'000.- deklariert habe. Abgesehen davon, dass
der Bindungsvertrag nicht vorgelegt worden ist, gilt dieser nach den Angaben des
Pflichtigen nur für den hier nicht in Frage stehenden Konkursfall. Wie im Übrigen eine
Berechnung "Nominalwert des Anteils (Fr. 1'000.-) x Anzahl Geschäftsjahre ab Bin-
dungsvertrag" zum Verkehrswert des Anteils führen soll, ist unerfindlich. Abzustellen
ist bei der Verkehrswertbestimmung im Sinn der Weisung auf Ertrags- und Substanz-
werte und nicht auf irgendwelche von den Anteilseignern aufgestellte abstrakte For-
meln.
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bb) Soweit sich der Pflichtige bei der Schätzung "eventualiter" allein am in
Liechtenstein steuerbaren Kapital und damit am davon abgeleiteten Substanzwert der
H orientieren will, widerspricht dies der besagten Wegleitung und der allgemein be-
kannten Tatsache, dass bei der Bewertung eines Dienstleistungsunternehmens auf
Substanz- und Ertragswerte abzustellen ist, wobei der letztere Wert sogar stärker zu
gewichten ist.
cc) Die offensichtliche (quantitative) Unrichtigkeit der Schätzung wurde damit
nicht nachgewiesen, womit auch diese zu bestätigen ist. Die Aufrechnungen im steuer-
baren Vermögen haben damit ebenfalls Bestand.
11. a) Soweit der Pflichtige geltend macht, dass die beantragte Streichung der
Aufrechnungen betreffend Provisionsweiterleitungen und Rückstellungen auch vermö-
gensseitige Auswirkungen habe, ist darauf nicht weiter einzugehen, nachdem diese
Aufrechnungen nach dem Gesagten Bestand haben.
b) Nicht zur Diskussion steht sodann der beantragte Abzug der in der Steuer-
periode 2007 deklarierten Krankheitskosten in der Höhe von Fr. 10'948.-, weil das
Festhalten an den bestrittenen Aufrechnungen zur Folge hat, dass der diesbezügliche
Selbstbehalt von 5% des Nettoeinkommens bei weitem nicht überschritten wird.
12. a) Zusammenfassend erweisen sich sämtliche steuerbehördlichen Auf-
rechnungen als korrekt. Die vorinstanzlichen Einspracheentscheide sind demnach zu
bestätigen.
b) Damit sind Beschwerde und Rekurs vollumfänglich abzuweisen.
c) Ausgangsgemäss sind die Verfahrenskosten den Pflichtigen je zur Hälfte
aufzuerlegen (Art. 144 Abs. 1 DBG, § 151 Abs. 1 StG,) und entfällt die Zusprechung
einer Parteientschädigung (Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des Bundesge-
setzes über das Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember 1968 sowie § 152 StG i.V.m
§ 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997). Die
- 29 -
1 DB.2011.143 + 144 1 ST.2011.212 + 213
verheirateten Pflichtigen haften solidarisch für den Gesamtbetrag (vgl. Rich-
ner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 144 N 7 DBG und § 151 N 12 StG). | Public | Tax | de | 2,011 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
c0c86e32-bea5-4b4d-bb83-a1a160704f87 | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend der Pflichtige) deklarierte in der Steuererklärung 2011 Ver-
mögensverwaltungskosten von insgesamt Fr. 22'034.-. Von diesem Betrag entfielen
(Fr. 4'625.- + Fr. 758.- =) Fr. 5'383.- auf Anwaltskosten im Zusammenhang mit der Tei-
lung des Nachlasses seiner verstorbenen Ehegattin B sowie (Fr. 4'320.- + Fr. 1'242.- +
Fr. 4'100.- =) Fr. 9'662.- auf Verwaltungsgebühren, Gerichts- und Anwaltskosten im
Zusammenhang mit der von ihm angestrebten Revision einer Waldabstandslinie. Mit
Veranlagungsverfügung und Einschätzungsentscheid vom 6. Januar 2014 anerkannte
die Steuerkommissärin die beiden genannten Positionen nicht und liess somit nur
Vermögensverwaltungskosten von Fr. 6'989.- zum Abzug zu. Dementsprechend wurde
der Pflichtige mit einem Einkommen von Fr. 134'800.- (direkte Bundessteuer) bzw.
Fr. 133'800.- (Staats- und Gemeindesteuern) veranlagt; das steuerbare Vermögen be-
lief sich auf Fr. 3'306'000.-.
B. Die vom Pflichtigen hiergegen erhobene Einsprache hiess das kantonale
Steueramt am 23. April 2014 teilweise gut und ermässigte das steuerbare Einkommen
auf Fr. 117'300.- (direkte Bundessteuer) bzw. Fr. 116'300.- (Staats- und Gemeinde-
steuern); das steuerbare Vermögen wurde auf Fr. 3'285'000.- herabgesetzt. Hinsicht-
lich der genannten, als Vermögensverwaltungskosten deklarierten Beträge von
Fr. 5'383.- und Fr. 9'662.- blieben die Rechtsmittel erfolglos.
C. Mit Beschwerde und Rekurs vom 23. Mai 2014 beantragte der Pflichtige
dem Steuerrekursgericht:
"1. Vermögensverwaltungskosten von Fr. 5'384.- (eventualiter Fr. 4'921.45) in Nachlass B seien steuerlich zum Abzug zuzulassen.
2. Rechtskosten in Höhe von Fr. 13'514.- in Sachen Baurekurs seien steuerlich zum
Abzug, sei es als Vermögensverwaltungskosten, sei es als zuzulassen."
In seiner Beschwerde-/Rekursantwort vom 12. Juni 2014 schloss das kanto-
nale Steueramt auf Abweisung der Rechtsmittel.
- 3 -
2 DB.2014.111 2 ST.2014.134
Auf die Erwägungen des Einspracheentscheids und die Parteivorbringen wird,
soweit wesentlich, in den nachfolgenden Urteilsgründen zurückgekommen. | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. a) Bei beweglichem Privatvermögen können die Kosten der Verwaltung
durch Dritte (vom Reineinkommen) abgezogen werden (Art. 32 Abs. 1 des Bundesge-
setzes über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990 [DBG] sowie § 30
Abs. 1 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 [StG]). Nicht abzugsfähig sind Kosten
und Aufwendungen für die Anschaffung, Herstellung oder Wertvermehrung von Ver-
mögensgegenständen (Art. 34 lit. d DBG und § 33 lit. d StG).
b) Der steuerrechtliche Begriff der Vermögensverwaltung ist enger als der
Begriff des allgemeinen Sprachgebrauchs. Darunter fallen alle tatsächlichen oder
rechtlichen Handlungen, die im Rahmen der Bewirtschaftung von Vermögensgegen-
ständen erforderlich sind und der Sicherung und Erhaltung des ertragsbringenden
Vermögens dienen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A.,
2009, Art. 32 N 17 DBG; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum Zürcher
Steuergesetz, 3. A., 2013, § 30 N 16 StG mit Hinweisen, auch zum Folgenden). Ver-
waltungskosten sind nicht nur solche Aufwendungen, die unmittelbar mit den Vermö-
genserträgen zusammenhängen. Vielmehr fallen darunter auch Anwalts-, Gerichts-
und Betreibungskosten, die mit der Sicherung oder Einforderung von Vermögenserträ-
gen zu tun haben oder die der Sicherung oder Einforderung des Ertrag bringenden
beweglichen Vermögens an sich dienen. Zu den Verwaltungskosten gehören deshalb
auch jene Aufwendungen, durch welche die Schmälerung des Vermögensertrags ab-
gewendet wird (BGer, 14. Oktober 2013, 2C_1278/2012, E. 4.1; Richner/Frei/Kauf-
mann/Meuter, Art. 32 N 20 DBG und § 30 N 19 StG). Nicht als Vermögensverwal-
tungskosten gelten dagegen Kosten, die dazu dienen, Vermögenswerte überhaupt erst
zu erlangen. Hierbei handelt es sich um nicht abziehbare Kosten für die Anschaffung
oder Herstellung von Vermögensgegenständen (BGer, a.a.O.).
- 4 -
2 DB.2014.111 2 ST.2014.134
c) Vermögensverwaltungskosten sind als steuermindernde Umstände von den
Steuerpflichtigen darzutun und nachzuweisen (RB 1975 Nr. 64, auch zum Folgenden
sowie ASA 46, 512). Die Steuerpflichtigen haben mithin nicht bloss die Kosten als sol-
che, sondern auch deren Abzugsfähigkeit aufgrund der obgenannten Kriterien zu be-
weisen. Dazu haben sie spätestens im Rekursverfahren die Abzüge durch eine sub-
stanziierte Sachdarstellung zu behaupten und hierfür beweiskräftige Unterlagen
einzureichen oder zumindest entsprechende Beweismittel anzubieten.
2. a) Das kantonale Steueramt erwog in den Einspracheentscheiden, dass es
sich bei den strittigen Vermögensverwaltungskosten von Fr. 5'384.- um ein Honorar für
anwaltliche Beratung im Zusammenhang mit dem Nachlass der verstorbenen Ehegat-
tin des Pflichtigen gehe. Nach den Akten handle es sich um Aufwendungen für die Ei-
gentumsübertragung eines Grundstücks und solche für die Erbteilung. Diese Kosten
dienten nicht der Erhaltung und Sicherung des Vermögens des Pflichtigen, sondern
dessen Vermehrung im Zug eines Erbanfalls und seien daher als nicht abzugsfähige
Lebenshaltungskosten zu würdigen. Bei den Anwalts- und Gerichtskosten im Zusam-
menhang mit der Revision einer Waldabstandslinie handle es sich nicht um Vermö-
gensverwaltungs-, sondern um Unterhaltskosten einer Liegenschaft. Aus dem Ent-
scheid des Baurekursgerichts vom 9. Dezember 2011 gehe hervor, dass das
Revisionsbegehren offensichtlich unbegründet gewesen sei; die Rechtskosten könnten
aus diesem Grund nicht abgezogen werden.
b) Der Pflichtige bringt zur Begründung von Beschwerde und Rekurs vor, dass
der anwaltliche Aufwand im Zusammenhang mit dem Nachlass der Ehefrau hauptsäch-
lich die güterrechtliche Auseinandersetzung betroffen habe, die der Erbteilung vor-
angegangen sei. Die Ausscheidung des Vermögens des Pflichtigen, das zum grössten
Teil aus Geldanlagen bestehe, und die Sicherung eines Teils seiner Ansprüche seien
als Vermögensverwaltungskosten zu würdigen. Das Baurekursgericht habe am 9. De-
zember 2011 entschieden, dass der Beschluss der Gemeindeversammlung C nicht
gestützt auf § 86a lit. b des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni
1997 (VRG) angefochten werden könne. Dieser formaljuristische Entscheid sei verfas-
sungsrechtlich fragwürdig, weil dadurch fehlerhafte Entscheide einer Legislative dem
Rechtsschutz entzogen blieben. Mithin lasse sich nicht sagen, dass Rekurs von vorn-
herein aussichtslos gewesen sei.
- 5 -
2 DB.2014.111 2 ST.2014.134
c) Als Vermögensverwaltungskosten abziehbar sind nach dem Gesagten nur
Kosten für die Bewahrung von Gütern, nicht aber solche für die Erlangung von Vermö-
genswerten. Die vom Pflichtigen deklarierten Kosten von insgesamt Fr. 6'989.-, welche
ihm die D bzw. die E belastet haben und der Bewahrung der betreffenden Wertschrif-
ten dienen, sind von der Steuerkommissärin berücksichtigt worden. Demgegenüber
haben die Bemühungen von Rechtsanwältin Dr. F nicht die Erhaltung oder Sicherung
des Nachlasses von B betroffen, sondern die güterrechtliche Auseinandersetzung und
nachfolgende Erbteilung. Dabei tut nichts zur Sache, ob der anwaltliche Aufwand pri-
mär auf den ersten oder den zweiten Vorgang ausgerichtet war. Denn so oder anders
ging es nicht darum, Vermögenswerte der Erblasserin ungeschmälert zu erhalten, son-
dern um deren Aufteilung auf die Erben im Rahmen der Erbteilung. Aus der Sicht des
Pflichtigen verhalf ihm die Anwältin, Alleineigentum an dem ihm zustehenden Anteil der
Erbschaft zu erlangen. Wie das kantonale Steueramt im Einspracheentscheid zutref-
fend erwogen hat, handelt es sich hierbei nicht um Vermögensverwaltungs-, sondern
um nicht abzugsfähige Lebenshaltungskosten. In diesem Sinn hat denn auch das Bun-
desgericht Gerichts- und Anwaltskosten gewürdigt, die ein Pflichtiger für eine Erbstrei-
tigkeit aufgewendet hat (BGer, 14. Oktober 2013, 2C_1278/2012, E. 4.2).
d) Bei den Aufwendungen, die der Pflichtige im Hinblick auf die Revision der
Waldabstandslinie erbracht hat, handelt es sich nicht um Vermögensverwaltungskos-
ten im Sinn von Abs. 1 von Art. 32 DBG bzw. § 30 StG, sondern um Liegenschaftenun-
terhalt im Sinn von Abs. 2 der genannten Bestimmungen.
3. a) Nach der Rechtsprechung können unter gewissen Voraussetzungen
auch Prozesskosten, d.h. Gerichts- und Anwaltskosten, die einem Pflichtigen im Zu-
sammenhang mit einem Grundstück erwachsen sind, als wertvermehrend oder werter-
haltend betrachtet werden (StRG, 10. Juli 2013, DB.2013.65 + ST.2013.67, 7. Febru-
ar 2013, DB.2012.253 + ST.2012.281, 29. März 2012, DB.2011.269 + ST.2011.353,
E. 2c, mit Hinweisen auf Rechtsprechung und Lehre; www.strgzh.ch). In jenen Ent-
scheiden hat das Gericht die Abzugsfähigkeit von solchen Aufwendungen dann ver-
neint, wenn sich ein Rechtsmittel als offensichtlich unbegründet herausstelle. Dies tref-
fe einerseits dann zu, wenn eine Beschwerde bzw. ein Rekurs aus formellen Gründen
(z.B. Versäumen einer Rechtsmittelfrist, fehlende Anfechtungsbefugnis) oder materiel-
len Erwägungen, wie etwa eine klare Rechtsprechung, von vornherein aussichtslos sei.
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2 DB.2014.111 2 ST.2014.134
b) Der Pflichtige ist Eigentümer des mit einem Einfamilienhaus überbauten
Grundstücks Kat.Nr. ... an der ... in C. Wie aus dem Entscheid des Baurekursgerichts
vom 9. Dezember 2011 hervorgeht, wird das Gebäude von einer im Jahr 19.. festge-
setzten Waldabstandslinie angeschnitten. Am 28. Juni 2011 hat er dem Gemeinderat C
beantragt, diese Linie in der Weise zu revidieren, dass sie das Wohnhaus und die Ga-
rage waldseitig umfahre. In der Folge trat der Gemeinderat am 22. August 2011 auf
das Gesuch nicht ein und wies das Baurekursgericht den Rekurs des Pflichtigen
rechtskräftig ab.
Entgegen der Auffassung des Pflichtigen waren sein an den Gemeinderat C
gerichtetes Begehren wie auch die Anfechtung des Nichteintretensbeschlusses offen-
sichtlich aussichtslos. Wie das Baurekursgericht zutreffend festgehalten hat, fällt die
Ziehung und damit auch die Revision einer Waldabstandslinie als Planungsakt in die
Zuständigkeit der Legislative, in C also in jene der Gemeindeversammlung (vgl. dazu
neuestens VGr, 10. Juli 2014, VB.2013.00320, www.vgrzh.ch). Ungeachtet der Frage,
ob die Revision im Sinn von §§ 86a-d VRG gegen einen Akt der Legislative zulässig ist
oder nicht, war jedenfalls die Exekutive hierfür sachlich unzuständig. Im Übrigen ist der
Entscheid des Baurekursgerichts keineswegs "formaljuristisch", sondern stützt sich auf
den klaren Wortlaut von § 86a Abs. 1 VRG, wonach nur Anordnungen von Verwal-
tungsbehörden, Rekurskommissionen und Verwaltungsgericht revidiert werden kön-
nen. Richtigerweise hätte der Pflichtige nicht eine Revision im Sinn von
§ 86a-d VRG, sondern eine – planungsrechtliche – Revision der kommunalen Bau- und
Zonenordnung durch die Gemeindeversammlung anstreben müssen. Im Rahmen einer
Überprüfung der Nutzungsplanung hätte die Gemeinde auch die Frage beantworten
müssen, ob die bestehenden Waldabstandslinien aufgrund gewandelter tatsächlicher
oder rechtlicher Verhältnisse zu ändern seien oder nicht.
c) Selbst wenn die Bemühungen des Pflichtigen um eine Revision der Wald-
abstandslinie erfolgreich verlaufen wären, könnten sie nicht als abzugsfähiger Liegen-
schaftenunterhalt qualifiziert werden. Weil das Grundstück Kat.Nr. ... überbaut ist, ge-
niesst das Wohnhaus nämlich die Bestandesgarantie im Sinn von § 357 Abs. 1 des
Planungs- und Baugesetzes vom 7. September 1975/1. September 1991. Dem Um-
stand, dass die Waldabstandslinie das Gebäude anschneidet, käme somit erst im Fall
einer Neuüberbauung Bedeutung zu. Mit seinen Anstrengungen für einen günstigeren
- 7 -
2 DB.2014.111 2 ST.2014.134
Verlauf der Linie hat der Pflichtige demzufolge nicht eine Werterhaltung des Grund-
stücks, sondern vielmehr eine Wertvermehrung angestrebt.
Diese Erwägungen führen zur Abweisung von Beschwerde und Rekurs.
4. Bei diesem Prozessausgang sind die Verfahrenskosten dem Pflichtigen
aufzuerlegen (Art. 144 Abs. 1 DBG, § 151 Abs. 1 StG). | Public | Tax | de | 2,014 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
c109ac89-25c7-487d-a40e-5cd99ec01a4e | hat sich ergeben:
A. A und B haben ihren Wohnsitz in D und sind im Kanton Zürich aufgrund
des Betriebs eines Coiffeursalons in E durch die Ehefrau sowie Liegenschaftenbesitz in
F beschränkt steuerpflichtig. Sie reichten im Kanton Zürich für die Steuerperioden 2006
und 2007 – wie bereits für die Steuerperiode 2005 – trotz Mahnung keine Steuererklä-
rungen ein. Mit Einschätzungsentscheiden vom 13. Juli 2010 schätzte sie das kantona-
le Steueramt daher nach pflichtgemässem Ermessen für die Staats- und Gemeinde-
steuern 2006 mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 72'000.- (satzbestimmend
Fr. 166'000.-) und einem steuerbaren Vermögen von Fr. 605'000.- (satzbestimmend
Fr. 1'500'000.-) sowie für die Staats- und Gemeindesteuern 2007 mit einem steuerba-
ren Einkommen von Fr. 83'000.- (satzbestimmend Fr. 86'000.-) und einem steuerbaren
Vermögen von Fr. 420'000.- (satzbestimmend Fr. 588'000.-) ein.
B. Am 3. September 2010 liessen die Pflichtigen hiergegen Einsprache erhe-
ben und ausführen, dass die veranlagten Faktoren nicht den Gegebenheiten entsprä-
chen. Sie ersuchten zudem um einen Besprechungstermin. Unterlagen wurden keine
eingereicht. Mit Entscheid vom 16. Februar 2011 wies das kantonale Steueramt die
Einsprachen ab und auferlegte den Pflichtigen die Verfahrenskosten von Fr. 400.-.
C. Mit Rekurs vom 17. März 2011 liessen die Pflichtigen um eine "allerletzte
Nachfrist" ersuchen, um die Steuererklärungen 2006 und 2007 nachzureichen. Das im
Kanton Zürich steuerbare Einkommen bewege sich bei ungefähr Fr. 20'000.- bis
Fr. 25'000.- und das steuerbare Vermögen vielleicht bei Fr. 10'000.-.
Die Gerichtsschreiberin des Steuerrekursgerichts erklärte der Vertreterin der
Pflichtigen anlässlich eines Telefonats vom 22. März 2011, dass eine Nachfrist, wie
beantragt, nicht gewährt werden könne.
Am 31. März 2011 (Datum Poststempel) reichte die Vertreterin eine mit dem
Rekursschreiben vom 17. März 2011 identische Eingabe ein und legte je eine Steuer-
erklärung 2006 und 2007 bei.
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1 ST.2011.65 +66 | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. Gemäss § 147 Abs. 1 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) kann der
Steuerpflichtige einen Einspracheentscheid des kantonalen Steueramts innert 30 Ta-
gen nach Zustellung mit Rekurs anfechten. Die Rekursschrift selber muss einen Antrag
und eine Begründung enthalten (§ 147 Abs. 4 StG). Genügt die Rekursschrift diesen
Anforderungen nicht, so wird dem Rekurrenten eine Nachfrist zur Behebung des Man-
gels angesetzt unter der Androhung, dass sonst auf den Rekurs nicht eingetreten wer-
de.
Unter Antrag ist ein ziffernmässig bestimmter oder zumindest ziffernmässig
bestimmbarer Einschätzungsantrag zu verstehen, d.h. es muss betragsmässig klar
ersichtlich sein, mit welchem steuerbaren Einkommen und steuerbaren Vermögen der
Rekurrent eingeschätzt werden will. Der Antrag ist so zu formulieren, dass er zum Ent-
scheid erhoben und ohne Ergänzungen vollstreckt werden kann (Richner/Frei/Kauf-
mann/Meuter, Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 2. A., 2006,
§ 147 N 40).
Die Nachfrist soll vor allem rechtsunkundige und prozessual unbeholfene
Steuerpflichtige vor den Folgen einer mangelhaften Prozessführung bewahren. Die
Nachfristansetzung kann daher unterbleiben, wenn der Rekurrent oder sein Vertreter
bewusst eine mangelhafte Rekursschrift einreicht, um sich so eine Erstreckung der
Rechtsmittelfrist zu verschaffen. Dies gilt auch, wenn dem Rekurrenten kein Rechts-
missbrauch vorgeworfen werden kann (ZStP 1995, 174; RB 1991 Nr. 28). Eine blosse
Anmeldung des Rekurses innerhalb der gesetzlichen Frist, verbunden mit dem Begeh-
ren um eine Nachfrist zur Einreichung von Antrag und Begründung ist deshalb ausge-
schlossen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 147 N 30).
2. Vorliegend wurde der Einspracheentscheid vom 16. Februar 2011 den
Pflichtigen bzw. ihrer Vertreterin am 17. Februar 2011 zugestellt. Die 30-tägige Rekurs-
frist begann demnach am 18. Februar 2011 zu laufen und endete am 21. März 2011.
Der Rekurs vom 17. März 2011 erweist sich damit als rechtzeitig. Die Rekursschrift
enthielt jedoch lediglich das Gesuch um eine Nachfrist für die Einreichung der Steuer-
erklärungen 2006 und 2007. Die Vertreterin liess insbesondere offen, mit welchem zif-
- 4 -
1 ST.2011.65 +66
fernmässig bestimmbaren steuerbaren Einkommen und Vermögen die Pflichtigen ein-
zuschätzen seien. Sie gab lediglich bekannt, dass das steuerbare Einkommen bei un-
gefähr Fr. 20'000.- bis 25'000.- liegen müsse und das steuerbare Vermögen bei rund
Fr. 10'000.-. Eine Auseinanderhaltung der beiden streitbetroffenen Steuerperioden er-
folgte nicht.
Damit liegt eine mangelhafte Rekursschrift sowohl in Bezug auf den geforder-
ten ziffernmässig bestimmten Antrag als auch in Bezug auf die Begründung vor. Eine
Nachfrist war nicht anzusetzen, nachdem es sich bei den Pflichtigen wegen ihrer
rechtskundigen Vertreterin nicht um unbeholfene Steuerpflichtige handelt. Der Vertrete-
rin war offensichtlich bewusst, dass sie eine mangelhafte Rekursschrift einreichte, er-
suchte sie doch ausdrücklich um eine "allerletzte Nachfrist" zur Einreichung der Steu-
ererklärungen. Wer aber auf diese Weise versucht, eine Verlängerung der Rekursfrist
zu erwirken, verdient keinen Rechtsschutz. Die verspätete Eingabe vom 31. März 2011
mit den nachgereichten Steuererklärungen ist deshalb nicht zu beachten und auf das
Rechtsmittel ist mangels rechtsgenügendem Antrag und Begründung nicht einzutreten.
3. Der Vollständigkeit halber sei angefügt, dass der Rekurs bei materieller
Behandlung abzuweisen wäre. Es wäre festzustellen, dass die Vorinstanz die Einspra-
chen zu Unrecht behandelt hat. Die erhöhten Anforderungen an eine Einsprache ge-
gen eine Ermessensveranlagung waren mit der Einsprache vom 3. September 2010
nicht erfüllt. Die Pflichtigen hätten die Einsprachen begründen und innerhalb der Ein-
sprachefrist die versäumte Handlung (Einreichung der Steuererklärung) nachholen
müssen. Dies ist indessen nicht geschehen. Die Pflichtigen liessen mit der Einsprache
nur vorbringen, die Einschätzung entspreche nicht den tatsächlichen Gegebenheiten.
Unter diesen Voraussetzungen wäre es dem kantonalen Steueramt verwehrt gewesen,
auf die Einsprachen einzutreten. Der Rekurs wäre in der Folge abzuweisen.
4. Ausgangsgemäss sind die (aufgrund der formellen Erledigung reduzierten)
Kosten des vorliegenden Verfahrens den Pflichtigen aufzuerlegen (§ 151 Abs. 1 StG).
- 5 -
1 ST.2011.65 +66 | Public | Tax | de | 2,011 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
c1491c6b-6f67-463a-a05a-5afcfb234812 | hat sich ergeben:
A. 1. A und B (nachfolgend die Pflichtigen) erwarben in der Gemeinde C eine
Eigentumswohnung, worin sie vom Ausland her kommend per 1. Juli 2005 Wohnsitz
nahmen. Der 1941 geborene Pflichtige war zum damaligen Zeitpunkt bereits pensio-
niert – er hatte zuvor bei der Unternehmung D AG aus Z eine Kaderposition inne ge-
habt – und verfügte über ein in Euro ausbezahltes Renteneinkommen, welches umge-
rechnet rund Fr. 155'000.- betrug (Zahlen gemäss Selbstdeklaration für die
Steuerperiode 2006; u.a. staatliche Altersrente und eine Firmenpension der D AG).
Rund neun Monate nach seinem Zuzug in die Schweiz begann er sich nach eigener
Darstellung ab 1. April 2006 als "Consultant" (Berater) zu betätigen. In den für die
Steuerperioden 2006 bis 2010 eingereichten Steuererklärungen machte er im Zusam-
menhang mit dieser Tätigkeit jeweils unter dem Titel "selbstständige Erwerbstätigkeit"
einen Verlust geltend, den er mit den übrigen Einkünften verrechnet haben wollte. Bis
und mit Steuerperiode 2008 akzeptierte der Steuerkommissär die von ihm geltend ge-
machten Kosten unbesehen als Geschäftsaufwand.
Der Pflichtige war nach eigenem Bekunden daneben auf der Suche nach ei-
nem Verwaltungsratsmandat und zog in der Steuererklärung 2009 unter Ziff. 11.1. (Be-
rufsauslagen) Aufwendungen für die Stellensuche ab.
2. Mit Entscheid vom 14. Oktober 2011 schätzte das kantonale Steueramt die
Pflichtigen – u.a. unter Aufrechnung des deklarierten Verlusts aus Beratertätigkeit und
der Auslagen für die Stellensuche – für die Staats- und Gemeindesteuern der Steuer-
periode 2009 mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 151'800.- und einem steuer-
baren Vermögen von Fr. 0.- ein. Gleichzeitig erging der Hinweis betreffend die direkte
Bundessteuer mit einem steuerbaren Einkommen in Höhe von Fr. 151'500.-. Die Bun-
dessteuer-Veranlagung wurde mit Rechnung vom 29. November 2011 formell eröffnet.
B. Die gegen Einschätzung bzw. Veranlagung erhobene Einsprache hiess das
kantonale Steueramt mit Entscheiden vom 29. Juni 2012 teilweise gut und schätzte die
Pflichtigen für dir Staats- und Gemeindesteuern neu mit einem steuerbaren Einkom-
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1 DB.2012.173 1 ST.2012.195
men von Fr. 116'100.- und einem steuerbaren Vermögen von Fr. 0.- ein. Das steuerba-
re Einkommen bei der direkten Bundessteuer setzte er auf Fr. 115'800.- fest. Es ver-
weigerte den Pflichtigen dabei erneut den Abzug für Verlust aus selbstständiger Er-
werbstätigkeit ("Consulting") ebenso wie den Berufskostenabzug.
C. Am 16./17. Juli 2012 erhoben die Pflichtigen hiergegen Beschwerde und
Rekurs mit dem Antrag, es seien der Verlust aus selbstständiger Erwerbstätigkeit von
Fr. 35'161.- und die Berufskosten von Fr. 2'966.- zum Abzug zuzulassen.
Das kantonale Steueramt schloss in der Beschwerde- bzw. Rekursantwort
vom 27. August 2012 auf kostenpflichtige Abweisung der Rechtsmittel.
Der Pflichtige liess sich am 20. September 2012 zur Beschwerde- bzw. Re-
kursantwort vernehmen und reichte weitere Unterlagen ein. | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. a) aa) Nach Art. 25 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer
vom 14. Dezember 1990 (DBG) bzw. § 25 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG)
werden zur Ermittlung des Reineinkommens von den gesamten steuerbaren Einkünf-
ten die zur Erzielung notwendigen Aufwendungen abgezogen. Abzugsfähig im Bereich
der unselbstständigen Erwerbstätigkeit sind (neben den Auslagen für den Arbeitsweg,
den Mehrkosten der auswärtigen Verpflegung und den mit dem Beruf zusammenhän-
genden Weiterbildungs- und Umschulungskosten) die "übrigen für die Ausübung des
Berufes erforderlichen Kosten" (Art. 26 Abs. 1 lit. c DBG bzw. § 26 Abs. 1 lit. c StG).
Notwendig bzw. erforderlich sind Kosten, die ihren Grund in der beruflichen Tätigkeit
haben, unbekümmert darum, ob sie objektiv unvermeidbar gewesen sind. Verlangt wird
dabei ein qualifiziert enger, d.h. rechtlich erheblicher (wesentlicher) Zusammenhang
zwischen Art, Grund und Zweck der Ausgabe einerseits und der Natur der beruflichen
Tätigkeit anderseits. [...] Die Ausgaben müssen wesentlich durch ein beruflich begrün-
detes oder Erwerbszwecken diendendes Handeln verursacht oder bewirkt werden.
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1 DB.2012.173 1 ST.2012.195
Dementsprechend sind die Gewinnungskosten im Zusammenhang mit einer (selbst-
ständigen oder unselbstständigen) Erwerbstätigkeit vor allem von den Lebenshal-
tungskosten abzugrenzen, also von den Aufwendungen, die nicht der Einkommenser-
zielung, sondern der Befriedigung von persönlichen Bedürfnissen dienen und damit
Einkommensverwendung darstellen. Dementsprechend sind Ausgaben nicht abzugs-
fähig, die vorwiegend mit der allgemeinen Lebenshaltung zusammenhängen (vgl. hier-
zu ausführlich Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009,
Art. 26 N 2 und 4 DBG sowie Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz,
2. A., 2006, § 26 N 3 und 5 StG, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung). Zu den Le-
benshaltungskosten gehören gemäss langjähriger gerichtlicher Praxis insbesondere
Repräsentations- und Standeskosten, wie Einladungskosten (Geschenke, Blumen,
Trinkgelder usw.), Anschaffung kostspieliger Kleidung, Vereinsbeiträge usw. Diese
Auslagen beruhen im Wesentlichen auf der sozialen Stellung der steuerpflichtigen Per-
son und sind daher überwiegend privat bedingt (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 34
N 20 DBG und § 33 N 21).
bb) Bei Auslagen für die Stellensuche fehlt bei Erwerbstätigen und Rentenbe-
zügern der qualifiziert enge rechtliche Konnex zu einer gegenwärtig oder in Zukunft
ausgeübten beruflichen Tätigkeit, denn der Steuerpflichtige entschliesst sich in dieser
Situation aus freien Stücken und ohne Not zu einem Stellenwechsel bzw. zur Aufnah-
me einer Arbeit. Eine solche Neuorientierung steht – wie der Entschluss, an einen an-
deren Wohnort zu ziehen – überwiegend im Zusammenhang mit dem ganz persönli-
chen Lebensplan bzw. der privaten Lebensführung, weshalb die entsprechenden
Kosten nicht als Berufskosten abziehbar sind. Bei Arbeitslosen mag dies anders sein,
denn dort ist der Bezüger des Arbeitslosengelds verpflichtet, sich um eine neue Ar-
beitsstelle zu bemühen, ansonsten er unter Umständen seine Ansprüche gegen die
Arbeitslosenkasse verliert (vgl. StE 1999 B 27.7 Nr. 14 und StE 1985 B 22.3 Nr. 5).
cc) Berufskosten sind im Weitern nur abzugsfähig, wenn ihnen in derselben
Steuerperiode ein entsprechendes unselbstständiges Erwerbseinkommen der steuer-
pflichtigen Person oder zumindest Erwerbsersatzeinkommen im Sinn von Art. 23 lit. a
DBG bzw. § 23 lit. a StG (insbesondere Leistungen der Arbeitslosenversicherung; nicht
Vorsorgeeinkünfte) gegenüber steht (vgl. Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 26 N 11
und Art. 23 N 5 DBG, mit weiteren Hinweisen auf die Gerichtspraxis, insbesondere RB
1999 Nr. 136).
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b) aa) Der Pflichtige bemühte sich in der fraglichen Steuerperiode 2009 nach
eigener Darstellung um eine Position als Verwaltungsrat einer Firma, wo er seine Er-
fahrung als ehemaliger Direktor bei der D AG einbringen konnte. Um zu diesem Zweck
Kontakte mit Vertretern möglicher zukünftiger Arbeitgeber zu knüpfen, begab er sich an
zahlreiche, entweder von der Handelskammer Z-Schweiz oder von verschiedenen an-
deren privaten Anbietern organisierte, kostenpflichtige Referate mehr oder minder be-
kannter Wirtschaftsgrössen. An den Veranstaltungen war für die jeweils zu entrichten-
de Teilnahmegebühr – soweit aus den Akten ersichtlich – immer auch für das leibliche
Wohl der zuhörenden Teilnehmer gesorgt (Getränke und kleine Mittagessen oder gar
ganze Mahlzeiten). Daneben traf sich der Pflichtige mit verschiedenen Personen im
Raum Zürich, aber auch im Kanton Y, in öffentlichen (Speise-) Lokalen, wobei er of-
fenbar regelmässig ganz oder zumindest teilweise für die Kosten der Bewirtung auf-
kam. So dinierte er beispielsweise am 26. Oktober 2009 abends mit jemandem im Ho-
tel X Zürich (Lasagne und Focaccia mit Pommes Frites und Salat; Fr. 151.-) oder am 9.
April 2009 im Restaurant W in Zürich (Zanderfilet, Trüffelrisotto und Felchenfilets, Fr.
241.-; vgl. Couvert mit ungeordneten, losen Originalquittungen). Belegt sind weiter Be-
suche im Restaurant V in Zürich (20. Februar 2009; Cappuccino, Kaffee und eine klei-
ne Flasche Rhäzünser), in der Brasserie U in Zürich (24. November 2009; Henniez,
Bitter Lemon, Brunello, Rioja Vega sowie eine Käseplatte), im Hotel T (3. März 2009;
Grüntee, Kaffee und Schwarztee) und im Restaurant S (7. August 2009; Zanderfilet,
Rehpfeffer sowie zwei Flaschen Mineralwasser; Fr. 90.40).
Unter Berücksichtigung der im Zusammenhang mit all diesen Tätigkeiten an-
fallenden Fahrt- Arbeitsmittel- und Telefonkosten beliefen sich die Auslagen des Pflich-
tigen auf insgesamt Fr. 2'966.-, welchen Betrag er im Rahmen der Stellensuche als
Berufskosten geltend macht.
bb) Der Pflichtige hat – wie dies das kantonale Steueramt im Einspracheent-
scheid richtigerweise festgehalten hat – im Jahr 2009 weder Einkünfte aus unselbst-
ständiger Erwerbstätigkeit noch Ersatzeinkünfte im Sinn von Art. 23 lit. a DBG bzw. §
23 lit. a StG erzielt, weshalb der von ihm verfochtene Berufskostenabzug mangels ent-
sprechenden innerhalb der Steuerperiode verrechenbaren Einkünften von vornherein
nicht in Frage kommt.
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1 DB.2012.173 1 ST.2012.195
cc) Der im Rentenalter stehende Pflichtige hat in der Steuerperiode 2009 Vor-
sorgeeinkünfte von umgerechnet insgesamt über Fr. 165'000.- bezogen und hatte
demnach in seiner Lebenssituation an sich keine Veranlassung, eine Stelle zu suchen.
Die zu diesem Zweck getätigten Auslagen sind damit überwiegend dem Bereich der
persönlichen Lebensgestaltung zuzuordnen und stellen schon aus grundsätzlichen
Überlegungen – ungeachtet der Art der Kosten – keine Berufsauslagen dar.
dd) Die geltend gemachten Kosten wären mangels genügenden beruflichen
Bezugs aber auch dann nicht abziehbar, wenn sich der Pflichtige wegen Arbeitslosig-
keit auf Stellensuche befunden hätte:
Die Kontaktsuche bzw. Kontaktpflege (im heutigen Sprachgebrauch soge-
nanntes "Networking"), wie sie der Pflichtige durch den Besuch von interessanten Ver-
anstaltungen (Vorträgen) und das Vereinbaren von unverbindlichen, informellen Tref-
fen bei Speis und/oder Trank auf eigene Kosten betrieb, dient einerseits dem
Kennenlernen von interessanten Mitmenschen und durch den persönlichen Austausch
der Erweiterung des eigenen Horizonts. Es ist anderseits nicht zu verkennen, dass der
Aufbau eines persönlichen Beziehungsnetzes dem beruflichen Fortkommen förderlich
sein kann. Doch weisen die vom Pflichtigen beschriebenen, nicht auf eine bestimmte
Arbeitstätigkeit oder eine konkrete offene Position abzielenden, informellen Kontakte
nicht den gesetzlich geforderten engen Bezug zu einer inhaltlich durch ein entspre-
chendes Stellenprofil definierten Arbeitstätigkeit auf. Anders wäre dies nur, wenn es
sich um eigentliche Vorstellungsgespräche im Hinblick auf konkrete offene, noch zu
besetzende Verwaltungsratsmandate gehandelt hätte, was der Pflichtige indes nicht
behauptet und auch nicht zutrifft. Bezeichnenderweise fanden die Gespräche denn
auch nicht – wie üblich – in den Räumlichkeiten potentieller künftiger Arbeitgeber statt.
Zudem hat der Pflichtige jeweils die Kosten für die Bewirtung selber getragen, was
ebenfalls ein starkes Indiz dafür ist, dass private Motive im Vordergrund standen.
Die angefallenen Kosten für die Kontaktpflege und Bewirtung wären jedenfalls
– wie dies etwa auch bei Vereinsmitgliedschaften der Fall ist – als Lebenshaltungs-
bzw. Standeskosten vom Pflichtigen zu tragen.
ee) Nach alledem muss dem Pflichtigen der beantragte Berufskostenabzug
versagt bleiben, was zur Abweisung des entsprechenden Antrags führt.
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1 DB.2012.173 1 ST.2012.195
2. a) aa) Nach Art. 18 Abs. 1 DBG bzw. § 18 Abs. 1 StG sind alle Einkünfte aus
einem Handels-, Industrie-, Gewerbe-, Land- und Forstwirtschaftsbetrieb, aus einem
freien Beruf sowie aus jeder anderen selbstständigen Erwerbstätigkeit steuerbar. Bei
selbstständiger Erwerbstätigkeit werden von diesen Einkünften gemäss Art. 27 Abs. 1
DBG bzw. § 27 Abs. 1 StG die geschäfts- oder berufsmässig begründeten Kosten ab-
gezogen. Verluste aus einer solchen Tätigkeit können mit übrigen Einkünften verrech-
net werden (vgl. zum sogenannten Nettoprinzip: Markus Reich, in: Kommentar zum
Schweizerischen Steuerrecht, Band I/2a, 2. A., 2008, Art. 25 N 5 DBG).
Abzugsfähig ist der gesamte Aufwand, der für die selbstständige Erwerbstä-
tigkeit notwendig ist. Die Beschränkung der Abzugsfähigkeit auf die notwendigen Aus-
gaben soll lediglich bewirken, dass der Abzug nur für jene Auslagen gestattet wird, die
einen geschäftlichen Grund haben, und dass alle Aufwendungen unberücksichtigt blei-
ben, die vorwiegend mit der allgemeinen Lebenshaltung eines Selbstständigerwerben-
den zusammenhängen. In der Einschätzungspraxis wird weniger auf die Zumutung der
Vermeidung abgestellt, sondern vielmehr darauf, ob der Aufwand geschäftsmässig
begründet ist (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 27 N 3 StG).
In jedem Fall erfordert der Abzug, dass die Tätigkeit, welcher der betreffende
Aufwand zuzurechnen ist, überhaupt eine selbstständige Erwerbstätigkeit im Sinn von
Art. 18 DBG bzw. § 18 StG darstellt (RK, 18. März 1993 = ZStP 1993, 108).
bb) Der steuerrechtliche Begriff der selbstständigen Erwerbstätigkeit ist auf-
grund der vielfältigen Sachverhalte, die damit abgedeckt werden, nicht scharf definiert
(BGE 125 II 113, E. 5 S. 120 ff.). Allgemein wird darunter jede Tätigkeit verstanden, bei
der ein Unternehmer auf eigenes Risiko, unter Einsatz von Arbeit und Kapital, in einer
frei gewählten Organisation und mit der Absicht der Gewinnerzielung am Wirtschafts-
verkehr teilnimmt (vgl. BGE 121 I 259, E. 3c 263; Blumenstein/Locher, System des
Steuerrechts, 6. A., 2002, S. 176; Cagianut/Höhn, Unternehmenssteuerrecht, 3. A.,
1993, § 1 N 17 ff. und 34 ff.; Höhn/Waldburger, Steuerrecht, 9. A., 2001, § 14 N 36;
Ernst Höhn, Interkantonales Steuerrecht, 4. A., 2000, § 13 N 5 ff., S.194 f.; Reich,
Art. 18 N 14 DBG mit weiteren Hinweisen).
Eine selbstständige Erwerbstätigkeit kann haupt- oder nebenberuflich, dau-
ernd oder temporär ausgeübt werden. Ob eine solche Tätigkeit vorliegt, ist stets nach
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1 DB.2012.173 1 ST.2012.195
den gesamten Umständen des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. BGE 112 Ib 79, E. 2a
S. 81; 122 II 446, E. 3b S. 449); die einzelnen Merkmale des Begriffs der selbstständi-
gen Erwerbstätigkeit dürfen nicht isoliert betrachtet werden und können auch in unter-
schiedlicher Intensität auftreten (Reich, Art. 18 N 15 DBG). Auch wenn der Begriff im
Normalfall die oben genannten Elemente umfasst, so bedeutet dies nicht, dass eine
Tätigkeit, bei der einzelne dieser Elemente fehlen, automatisch nicht mehr selbststän-
dig wäre. Umgekehrt kann eine Tätigkeit unter Umständen selbst bei Vorliegen mehre-
rer dieser Faktoren nicht als Erwerbstätigkeit gelten. Dies ist etwa dann der Fall, wenn
eine Tätigkeit im Sinn einer Liebhaberei bzw. eines Hobbys ausgeübt wird (BGr,
11. Juli 2001, NStP 2001, 76 - 83, E. 4 h/cc, auch zum Folgenden). Die steuerrechtli-
che Qualifikation einer Tätigkeit als selbstständiger Erwerb im erwähnten Sinn oder als
Liebhaberei hängt grundsätzlich davon ab, ob sie ausschliesslich oder vorwiegend im
Hinblick auf die Erzielung eines Erwerbseinkommens ausgeübt wird (BGr, 2. Oktober
1992, NStP 1993, 7, E. 2b; Raoul Oberson, Les pertes commerciales fiscalement dé-
ductibles, ASA 48, 113). Unterscheidungskriterium ist also der Beweggrund für die
Ausübung der Tätigkeit. Es handelt sich dabei um eine subjektive Voraussetzung, auf
deren Vorhandensein nur durch Indizien (nämlich erkennbare Umstände) geschlossen
werden kann. Eine zusätzliche Erschwernis liegt darin, dass es Grenzfälle gibt, bei
denen sich Liebhaberei und Erwerbstätigkeit verbinden, wobei das Schwergewicht auf
der einen oder andern Seite liegen kann.
Zur Erwerbs- oder Geschäftstätigkeit gehört, dass tatsächlich ein
Einkommen erzielt wird: Wer eine Tätigkeit ausübt, welche auf die Dauer nichts ein-
bringt oder dauernd einen finanziellen Aufwandüberschuss erfordert, betreibt diese
nicht als Erwerbstätigkeit, sondern als Liebhaberei oder aus einem andern nicht kom-
merziellen Grund. Denn wer eine unrentable Aktivität wirklich als Erwerbstätigkeit aus-
übt, wird sich in der Regel durch das andauernde Fehlen eines finanziellen Erfolgs
von der Zwecklosigkeit seines Unterfangens überzeugen lassen und die betreffende
Tätigkeit aufgeben (Roman Blöchliger, Steuerliche Probleme des Abzuges geschäftli-
cher Verluste, StR 1981, 236). Allerdings muss nicht jedes einzelne mit einem Verlust
abgeschlossene Jahr oder selbst die Tatsache, dass während mehrerer Jahre Verlust
erzielt worden ist, zum Schluss zwingen, es handle sich um eine Liebhaberei
(Höhn/Waldburger, § 14 Rz 45). Ob sich nämlich eine Tätigkeit lohnt, lässt sich metho-
disch richtig nur nach Betrachtung des Gewinns aus der gesamten Betriebstätigkeit
von deren Aufnahme bis zu ihrer Beendigung beurteilen (sogenannter Totalgewinn,
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vgl. Theisen, Die Liebhaberei – ein Problem des Steuerrechts und der betriebswirt-
schaftlichen Steuerlehre, Steuer und Wirtschaft [StuW], 1999, 259; StRK II, 17. Februar
2000, 2 ST.1999.419, E. 6a). Der Entscheid über den steuerlichen Charakter einer
Tätigkeit hängt deshalb von einer Prognose über den zu erwartenden Totalgewinn ab.
Ergibt die Prognose ein positives Gesamtergebnis, ist dies ein gewichtiges Indiz für die
Gewinnstrebigkeit. Anderseits liegt bei negativer Prognose die Schlussfolgerung nahe,
dass ein Steuerpflichtiger, dem es tatsächlich um die Erzielung eines Erwerbseinkom-
mens gegangen wäre, sich wegen des in Aussicht stehenden finanziellen Misserfolgs
von der Weiterführung des Betriebs abbringen lassen würde. Die steuerrechtliche Qua-
lifikation der Tätigkeit ist eine Frage, die grundsätzlich für jede Veranlagungsperiode
neu überprüft werden kann, wobei unter Umständen die Verhältnisse in den Vorjahren
bzw. in den auf das Steuerjahr folgenden Jahren gewisse Anhaltspunkte liefern können
(BGr, 31. August 2005, 2A.46/2005, E. 2.2.2, www.bger.ch, mit Hinweisen zum Gan-
zen).
Zu den Lebenshaltungskosten gehören – wie oben unter E.1/a/aa ausführlich
dargestellt – auch Repräsentations- und Standeskosten. Diese Kosten sind nicht in
erster Linie geschäftsbedingt.
Qualifiziert sich die Aktivität des Steuerpflichtigen in der unter den erwähnten
Kriterien vorzunehmenden Prüfung als Liebhaberei oder produziert sie reine Lebens-
haltungskosten (vgl. Art. 34 lit. a DBG und § 33 lit. a StG), können die entstandenen
Verluste nicht mit übrigen Einkünften verrechnet werden.
cc) Nach Art. 123 DBG bzw. § 132 Abs. 1 StG stellen die Steuerbehörden
zusammen mit dem Steuerpflichtigen die für eine vollständige und richtige Besteuerung
massgebenden tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse fest. Dabei gilt die allgemei-
ne Regel der Beweislastverteilung, dass die Steuerbehörde die steuerbegründenden
oder -erhöhenden Tatsachen nachzuweisen hat, der Steuerpflichtige dagegen jene
Umstände, welche die Steuerschuld mindern oder aufheben (Blumenstein/Locher,
S. 416 [mit Verweisungen] und 454). Dementsprechend obliegt der Nachweis, dass
eine selbstständige Erwerbstätigkeit vorliegt, grundsätzlich der Steuerbehörde. Ist da-
gegen streitig, ob eine bestimmte verlustbringende Betätigung (überhaupt) eine selbst-
ständige Erwerbstätigkeit darstellt (oder ob nicht z.B. eine Liebhaberei vorliegt), ist
hierfür der Steuerpflichtige beweispflichtig (vgl. StRK I, 18. März 1993, StE 1995 B 23.1
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Nr. 30). Denn er leitet hieraus die steuermindernde Verrechnung dieses Verlusts mit
übrigen Einkünften ab. Zur Beweisleistung gehört in erster Linie und in jedem Fall,
dass eine substanziierte Sachdarstellung gegeben wird, die ohne weitere Untersu-
chung, aber unter dem Vorbehalt der Beweiserhebung, die Beurteilung der massge-
benden Qualifikationsfrage ermöglicht. Für die von ihm verfochtene, hinreichend
substanziierte Sachdarstellung hat der Steuerpflichtige sodann beweiskräftige Unterla-
gen einzureichen oder zumindest unter genauer Bezeichnung Beweise anzubieten.
b) aa) Am 1. April 2006 entschloss sich der Pflichtige dazu, eine selbstständi-
ge Tätigkeit als Berater (in seinem eigenen Sprachgebrauch "Executive Consultant")
aufzunehmen. Sein erklärtes Ziel war es, Firmen aus Z zu beraten, falls sie eine Ge-
schäftstätigkeit in die Schweiz verlegen wollten. Hierfür stand ihm gemäss den Ausfüh-
rungen in der Geschäftsabrechnung für die Steuerperiode 2006 in seiner Eigentums-
wohnung in der Gemeinde C ein Büro zur Verfügung (Beilage zur Steuererklärung
2006). Er wollte für die geplante Tätigkeit seine Bekanntschaften und Kontakte in Z
nutzen und via Mitgliedschaft u.a. in der Handelskammer Z-Schweiz in der Schweiz
bestehende Geschäftsbeziehungen pflegen und intensivieren sowie neue aufbauen
("Aufbau eines Netzwerkes mit Führungskräften"). Die Erfolgsrechnung für das Jahr
2006 zeigt auf der Aufwandseite Bürokosten von total Fr. 10'189.- (u.a. Anteil Miete der
Privatwohnung, Abschreibungen auf Büromöbeln und Computer- sowie Kommunikati-
onsausrüstung, laufende Büro- und Telefonkosten). Daneben verbuchte der Pflichtige
Reisekosten mit seinem privaten Motorfahrzeug (13'500 km à Fr. 0.65, was der Hälfte
der Fahrleistung entsprach), Kosten für Informationsveranstaltungen sowie Auslagen
für den Besuch von zwei Referaten, welche die Handelskammer Z-Schweiz organisier-
te. Umsätze erzielte der Pflichtige keine. Der Verlust belief sich bis zum Jahresende
auf Fr. 23'687.-.
Für das Jahr 2007 ergaben sich keine grösseren Änderungen. Neben den
Büro- und Fahrkosten verbuchte der Pflichtige u.a. 13 Konsumationen in verschiede-
nen Lokalen. Wiederum war der Geschäftsgang schwierig, und der Pflichtige verzeich-
nete keinerlei Einnahmen, was zu einem Verlust von Fr. 34'148.- führte.
Im Jahr 2008 nahm der Pflichtige vermehrt an Veranstaltungen (insgesamt 11
Referate und Vorträge) teil. Auch die Zahl der Konsumationen stieg auf 16 an. Wieder-
um erzielte er keine Umsätze, was er auf die allgemeine, wegen der Finanzkrise er-
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schwerte Wirtschaftslage zurückführte; der Jahresverlust sank geringfügig auf
Fr. 33'141.-. Aufgrund des schlechten Geschäftsgangs begann der Pflichtige darüber
nachzudenken, das Netzwerk von Kontakten anders zu nutzen und den Schwerpunkt
seiner Tätigkeit als Berater ("Executive Consultant") auf die Vermittlung von Personal
zu verlegen.
Im Geschäftsjahr 2009 richtete der Pflichtige das Augenmerk seiner Beratertä-
tigkeit ("Executive Consultant") nach eigener Darstellung neu auf den Bereich der Per-
sonalvermittlung. Er erklärte, er wolle sich auf die Suche nach Personal im oberen
Segment spezialisieren (erste und zweite Managementebene). In der Beschwerde-
bzw. Rekursschrift präzisierte er, sein Ziel sei es (neu) gewesen, Personal zu rekrutie-
ren und zu beraten ("Personal Search" bzw. "Personal Consulting").
Dabei entfaltete er zur Hauptsache dieselben oder ähnliche Aktivitäten wie in
den Vorjahren, um seine Bekanntschaften und Kontakte in den entsprechenden Kun-
densegmenten auszubauen. Die Strategie ähnelte dabei stark derjenigen, welche er –
parallel – im Rahmen der Suche nach einem Mandat als Verwaltungsrat verfolgte (vgl.
E.1/b/aa). So nahm er acht Mal an Referaten teil, die von der Handelskammer Z-
Schweiz organisiert wurden. Insgesamt fünf Mal besuchte er unter der Bezeichnung
"International Business Networking Zürich" angebotene Vorträge. Die Geschäftstätig-
keit bestand einerseits darin, Personen, die er bei den Veranstaltungen getroffen hatte,
anzuschreiben (vgl. etwa die vom Pflichtigen als Beispiel angeführten Dokumente aus
dem Jahr 2011). Daneben führte er Telefongespräche und traf sich mit verschiedenen
Personen (seinen "Kontakten"), nicht etwa in der Privatwohnung bzw. im dort einge-
richteten Büro, sondern offenbar des öftern in öffentlichen Speiselokalen (vgl. etwa das
Schreiben betreffend ein späteres Jahr, in welchem der Pflichtige als Besprechungslo-
kal die Lounge im Hotel R vorschlägt). Teilweise besuchte er nach eigener Aussage
Firmen. Neben den zahlreichen Konsumationen zog er wie in den Vorjahren Aufwen-
dungen für das in der Privatwohnung eingerichtete Büro (u.a. Anteil Miete, Telefonkos-
ten, Reinigung, Heizung, Strom, Wasser) sowie Transportkosten für Fahrten im eige-
nen Auto und für ein SBB Abonnement ab. Seine Tätigkeiten waren in der
Steuerperiode 2009 jedoch erneut nicht von Erfolg gekrönt: Er erzielte keinen einzigen
Franken Umsatz und musste einen Verlust von Fr. 35'161.- hinnehmen, den er vorlie-
gend steuerlich zum Abzug bringen will.
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Der Pflichtige erwirtschaftete schliesslich im Folgejahr 2010 unbestrittener-
massen wiederum keinen Umsatz, der Verlust betrug per 31. Dezember 2010 dagegen
über Fr. 40'000.-. In diesem Jahr schloss er mit zwei Firmen in englischer Sprache ab-
gefasste Personalvermittlungs-Verträge ab, nach welchen er bei Vermittlung einer sei-
ner eigenen Kunden an eine der Firmen offenbar eine Provision ("Finders Fee") zugute
gehabt hätte.
bb) aaa) Die Situation des Pflichtigen ist insofern bemerkenswert, als er auf-
grund seines fortgeschritteneren Alters und seiner hohen Rentenbezüge auf ein zu-
sätzliches Einkommen nicht angewiesen ist. Es fehlt damit bei ihm ein besonders aus-
sagekräftiges Indiz dafür, dass die Tätigkeit als "Consultant" bzw. Berater mit der
ernsthaften Absicht aufgenommen wurde, die hohen Anfangsverluste wettzumachen
und längerfristig Gewinn zu erzielen. Erschwerend kommt hinzu, dass viele Aktivitäten
des Pflichtigen einen starken Bezug zur privaten Lebensführung aufweisen. Bei der
reinen Kontaktpflege etwa, deren Kosten der Pflichtige als Geschäftsaufwendungen
verstanden haben will, stehen grundsätzlich persönliche Motive im Vordergrund (vgl.
die Ausführungen hierzu unter E.1/b/cc). Der Pflichtige machte für seine Tätigkeit einen
hohen Aufwand für private Infrastruktur (Privatwohnung, Privatfahrzeug) geltend, wel-
che er ohnehin unterhalten musste und aufgrund seines Renteneinkommens zu unter-
halten auch in der Lage war. Das persönliche Risiko sowie das eingesetzte Kapital
hielten sich demnach in engen Grenzen. Bei solcher Lage der Dinge (fehlendes Risiko,
Einsatz der eigenen, privaten Infrastruktur sowie finanzielle Unabhängigkeit) ist bei der
Prüfung der Voraussetzungen (vor allem betreffend Planmässigkeit und Gewinnerzie-
lungsabsicht) für das Vorliegen einer selbstständigen Erwerbstätigkeit im Sinn von
Art. 18 Abs. 1 DBG bzw. § 18 Abs. 1 StG ein besonders strenger Massstab anzuset-
zen.
Derjenige, der unter diesen Umständen eine selbstständige Tätigkeit aufneh-
men und dabei steuerlich Verluste zur Anrechnung bringen will, muss entweder von
Beginn weg oder bald danach Umsätze erzielen. Ist dies nicht der Fall, sollte er sich
vor Eröffnung seines Geschäfts in nachvollziehbarer, in der Regel schriftlicher Form
über das Geschäftsmodell, die Geschäftsaktivitäten und die langfristigen finanziellen
Konsequenzen vertiefte Gedanken gemacht haben (sogenannter "Businessplan"). Der
Pflichtige als zukünftiger Geschäftsinhaber durfte sich nicht einfach darauf verlassen
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bzw. darauf hoffen, er werde durch das Ausnützen von zufälligen Gelegenheiten (in
diesem Fall sogenannte "Kontakte") Einkünfte irgendwelcher Art generieren können.
bbb) Der Pflichtige hat in den ersten fünf Geschäftsjahren keine Umsätze er-
wirtschaftet und – wie dies das kantonale Steueramt im Einspracheentscheid richtiger-
weise festhielt – weder vorgängig noch im Laufe seiner Tätigkeit als "Consultant" einen
schriftlichen, detaillierten Plan verfasst, der die Art der Beratungstätigkeit, den ange-
nommenen Kapitalbedarf, eine allfällig zu erwartende anfängliche Durststrecke und die
in den kommenden Jahren zu erwartenden Kosten und Umsätze umschrieben hätte.
Des weitern fehlen Ausführungen zu den Risiken, zum Ausstiegsszenario und den Be-
dingungen, die zu einer Aufgabe des Geschäfts hätten führen müssen.
Die eben erläuterten Anforderungen an einen Businessplan gelten selbstver-
ständlich für jedermann, auch für ehemalige Direktoren grösserer Firmen. Der sinnge-
mässe Hinweis, ein pensionierter Direktor der D AG habe seine diesbezüglichen Ge-
danken nicht in der vorgeschriebenen Form festzuhalten, hilft dem Pflichtigen nicht
weiter (vgl. die handschriftliche Randnotiz des Pflichtigen).
ccc) Die fehlende Gewinnerzielungsabsicht zeigt sich weiter in den über den
Zeitraum 2006 bis 2010 verbuchten und steuerlich geltend gemachten kumulierten
Verlusten von insgesamt über Fr. 160'000.-. Der mittlerweile über 70jährige Pflichtige
müsste bei gleichbleibenden Aufwendungen Umsätze in weit grösserer Höhe generie-
ren, um diesen Betrag innert nützlicher Frist wieder wettzumachen und die Unterneh-
mung zum finanziellen Erfolg zu führen, was als illusorisch erscheint. An dieser Fest-
stellung ändert auch die Provisionszahlung im Jahr 2011 von Fr. 12'375.- nichts, die
angesichts der erheblichen Anfangsinvestitionen als gering anmutet. Jeder vernünftig
handelnde Unternehmer hätte seine Tätigkeit unter den geschilderten Umständen
längst eingestellt.
ddd) Die Einwendungen des Pflichtigen sind nicht geeignet, den Nachweis der
Planmässigkeit auf andere Art und Weise zu erbringen.
Zunächst ist festzuhalten, dass die vom Pflichtigen angeführten Beispiele für
seine Geschäftstätigkeit zum Teil völlig ausserhalb des Firmenzwecks liegen:
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So konzentrierte sich der Pflichtige nicht etwa ausschliesslich auf sein erklär-
tes Kerngebiet (Ansiedlung der Geschäftstätigkeit von Firmen aus Z in der Schweiz),
auf welchem er möglicherweise ein gewisses Fachwissen mitbrachte oder sich zumin-
dest innert nützlicher Frist rudimentäre Kenntnisse und Erfahrungen hätte aneignen
können. Die von ihm angeführte Korrespondenz mit einem Professor vom 2. April 2008
zeigt im Gegensatz dazu auf, dass er sich vielfach gar nicht darüber im Klaren war,
was er denn genau beraten wollte. Im erwähnten Schreiben soll sich seine Dienstleis-
tung ganz allgemein auf "operative Fragen" und die "Akquisition von Spendengeldern"
beziehen. Statt indes im Schreiben zunächst die konkrete Beratungstätigkeit näher zu
umschreiben, beschränkte er sich mehrheitlich auf Ausführungen zu seinem eigenen
Honorar, zu Spesenentschädigungen, der Unfall- und Haftpflichtversicherung und ei-
genen Visitenkarten.
Auch das von ihm erwähnte Projekt, bei welchem Fertighäuser in Q geplant
und verkauft werden sollten, liegt ausserhalb des erklärten Firmenziels der Ansiedlung
von Firmen aus Z in der Schweiz. Es bleibt dabei völlig offen, welche Rolle der Pflichti-
ge bei dieser letztlich gescheiterten Unternehmung einnahm und welche Beratungs-
dienstleistungen er hätte einbringen sollen. Vom Businessplan hat er nur die ersten
Seiten mit Titelblatt und Inhaltsverzeichnis eingereicht. Dass er sich gar selber mit ei-
genem Kapital hätte beteiligen wollen, wird nicht behauptet.
Schliesslich versäumte es der Pflichtige zumindest in den in der Beschwerde-/
Rekursschrift aufgeführten Beispielen, verbindliche Beratungsverträge über seine Ho-
norare abzuschliessen, was den Eindruck erhärtet, dass sich seine Tätigkeit – ob be-
wusst oder unbewusst – nicht primär auf der geschäftlichen Ebene abspielte, sondern
viel eher der unverbindlichen Kontaktpflege diente. Zu einem ernsthaften Geschäftsge-
baren gehört vornehmlich, dass durchsetzbare, rechtlich verbindliche, in der Regel
schriftliche Verträge über den Umfang und Inhalt sowie über die Abgeltung der gebote-
nen Dienstleistungen abgeschlossen werden:
Der Vertreter der Firma E AG aus Z hielt am 19. Oktober 2007 im Hinblick auf
ein Treffen bei einer schweizerischen Bank in Zürich unmissverständlich fest, dass er
nicht gewillt sei, Beratungsdienstleistungen zu bezahlen und nur ein unverbindliches,
kostenfreies Gespräch wünsche. Aus der Korrespondenz geht mit keinem Wort hervor,
dass besagte Firma überhaupt in Betracht zog, zu einem späteren Zeitpunkt mit dem
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Pflichtigen einen rechtlich verbindlichen Beratungsvertrag abzuschliessen und auch
noch ein Honorar zu vereinbaren.
Genau gleich verhält es sich beim persönlichen Kontakt mit Herrn F, dem Ver-
treter der Firma F AG aus Z, mit welchem der Pflichtige im Jahr 2006 mehrere Gesprä-
che geführt haben will. Herr N erklärte, nachdem er vom Pflichtigen auf das offenbar
lediglich mündlich angetönte Beratungshonorar (sogenannte "Consulting Fee") ange-
sprochen worden war, in einem unwirsch gehaltenen Schreiben vom 11. März 2006, er
lehne die Zahlung der entsprechenden Rechnung ab. Der Pflichtige habe von ihm nie-
mals einen Auftrag erhalten, irgendwelche Besprechungen für die F AG durchzuführen,
noch habe er ihm dafür ein Angebot gemacht.
Die bereits erwähnten Verträge zur Personalvermittlung vermögen die Plan-
mässigkeit des Vorgehens des Pflichtigen ebenfalls nicht zu belegen. Es handelt sich
um völlig unverbindliche Absichtserklärungen über die gegenseitige Vermittlung von
potentiellen Kunden, welche sich auf der Suche nach einer Arbeitsstelle befinden. Ein
Honorar ist nur bei einer erfolgreichen Vermittlung geschuldet.
eee) Nach dem Gesagten sind die Aktivitäten des Pflichtigen mangels ernst-
hafter Gewinnerzielungsabsicht nicht als selbstständige Erwerbstätigkeit, sondern als
Liebhaberei anzusehen. Die Vorinstanz hat den deklarierten Verlust demnach zu Recht
nicht zum Abzug zugelassen, was zur Abweisung von Beschwerde und Rekurs auch in
diesem Punkt führt.
3. Die Kosten des Verfahrens sind ausgangsgemäss von den vollständig un-
terliegenden Pflichtigen zu tragen (Art. 144 Abs. 1 DBG und § 151 Abs. 1 StG). | Public | Tax | de | 2,013 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
c1f431c3-f6f9-41b9-8715-19e56f506d65 | hat sich ergeben:
A. Die 1946 geborene A (nachfolgend die Pflichtige) ist geschieden und dekla-
rierte in der Steuererklärung 2009 einen Betrag von Fr. 38'232.- als Rente ihres frühe-
ren Ehemanns, steuerbar zu 80% bzw. Fr. 30'585.-. Unter Einbezug der übrigen Ein-
künfte und der Abzüge gab sie ein steuerbares Einkommen von Fr. 87'000.- (direkte
Bundessteuer) bzw. Fr. 86'300.- (Staats- und Gemeindesteuern) an. Das steuerbare
Vermögen lautete auf Fr. 19'000.-.
Nach Einverlangen des Scheidungsurteils schätzte die Steuerkommissärin die
Pflichtige am 4. August 2011 für die Steuerperiode 2009 mit einem steuerbaren Ein-
kommen von Fr. 94'600.- bzw. Fr. 93'900.- ein. Die vom früheren Ehemann erhaltenen
Fr. 38'232.- betrachtete sie dabei als Unterhaltszahlungen des Letzteren und erfasste
sie zu 100% als Einkommen.
B. Die hiergegen von der Pflichtigen erhobene Einsprache vom 31. Au-
gust 2011 wies das kantonale Steueramt am 4. November 2011 ab.
C. Mit Beschwerde bzw. Rekurs vom 30. November/1. Dezember 2011 bean-
tragte die Pflichtige, die Leistungen des früheren Ehemanns nur zu 80% zu besteuern.
Das kantonale Steueramt schloss am 14. Dezember 2011 auf Abweisung der
Rechtsmittel. Die Eidgenössische Steuerverwaltung liess sich nicht vernehmen. | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. a) Nach Art. 22 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer
vom 14. Dezember 1990 (DBG) sind steuerbar alle Einkünfte aus der Alters-, Hinter-
lassenen- und Invalidenversicherung, aus Einrichtungen der beruflichen Vorsorge und
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aus anerkannten Vorsorgeformen der gebundenen Selbstvorsorge. Die Besteuerung
der Einkünfte aus der beruflichen Vorsorge setzt voraus, dass die Einkünfte aus einer
Einrichtung der beruflichen Vorsorge stammen. Es muss sich bei Letzterer somit in
erster Linie um eine Vorsorgeeinrichtung gemäss Art. 48 ff. des Bundesgesetzes über
die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge vom 25 Juni 1982 (BVG)
handeln. Solche Einrichtungen sind Stiftungen, Genossenschaften oder Einrichtungen
des öffentlichen Rechts, welche die berufliche Vorsorge im obligatorischen und überob-
ligatorischen Bereich durchführen (Art. 80 Abs. 1 i.V.m. Art. 48 BVG). Unter den Begriff
der Einrichtungen der beruflichen Vorsorge fallen aber auch Wohlfahrtsfonds, die frei-
willige Zusatzleistungen nach pflichtgemässem Ermessen für die klassischen Vorsor-
gefälle Alter, Tod und Invalidität sowie Unterstützungsleistungen an den Vorsorgeneh-
mer bzw. dessen Hinterlassene in besonderen Notlagen ausrichten. Nach Art. 22
Abs. 2 DBG kommen (beispielhaft) aber auch Vorsorgekassen, Spar- und Gruppenver-
sicherungen sowie Freizügigkeitspolicen in Frage, bei denen das Versicherungsprinzip
verwirklicht ist. Einrichtungen, die reine Sparpläne ohne Versicherungselement anbie-
ten, fallen dagegen ausser Betracht (vgl. zum Ganzen: Richner/Frei/Kaufmann/Meuter,
Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009, Art. 22 N 36 ff. mit Hinweisen).
Anspruchsberechtigte bzw. Empfänger von Leistungen aus der beruflichen
Vorsorge sind in erster Linie die Versicherten bzw. die Vorsorgenehmer der Vorsorge-
einrichtung bei Erreichen des 65. (Männer) bzw. 64. (Frauen) Altersjahrs oder bei (frü-
herer) Beendigung der Erwerbstätigkeit, sofern im Reglement vorgesehen (Art. 13
Abs. 1 und 2 BVG, in der ab 1. Januar 2005 gültigen Fassung vom 18. August 2004).
Beim Tod des Vorsorgenehmers hat der überlebende Ehegatte Anspruch auf eine
Witwen- oder Witwerrente (Art. 19 Abs. 1 BVG). Der geschiedene Ehegatte ist der
Witwe bzw. dem Witwer gleichgestellt, sofern die Ehe mindestens 10 Jahre gedauert
hatte und dem geschiedenen Ehegatten im Scheidungsurteil eine Rente oder eine Ka-
pitalabfindung für eine lebenslängliche Rente zugesprochen wurde (Art. 20 Abs. 1 der
Verordnung über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge vom
18. April 1984/18. August 2004, BVV2).
b) Einkünfte aus der beruflichen Vorsorge sind in vollem Umfang und damit zu
100% steuerbar (Art. 83 BVG). Einzig im Sinn einer Übergangsregelung wird auf eine
vollständige Besteuerung verzichtet, wenn kumulativ die Renten und Kapitalzahlungen
aus der beruflichen Vorsorge vor dem 1. Januar 2002 zu laufen begannen oder fällig
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wurden und auf einem Vorsorgeverhältnis beruhen, das am 31. Dezember 1986 bereits
bestanden hat (Art. 204 Abs. 1 DBG). Diesfalls erfolgt die Besteuerung zu drei Fünftel,
wenn die Leistungen, auf denen der Anspruch des Steuerpflichtigen beruht, aus-
schliesslich von Letzterem erbracht worden sind (lit. a) und zu vier Fünftel, wenn die
Leistungen nur zum Teil, mindestens aber zu 20 Prozent, vom Steuerpflichtigen er-
bracht worden sind (lit. b).
2. a) Vorliegend wurde die Pflichtige von ihrem Ehemann B mit Urteil vom
... März 2003 geschieden. Gemäss der mit dem Urteil genehmigten Scheidungskon-
vention (Ziff. 2 Abs. 2) hatte sich der frühere Ehemann, B, per .... November 2000 vor-
zeitig pensionieren lassen und bezog seither von der Vorsorgeeinrichtung seiner Ar-
beitgeberin (C) eine Altersrente von Fr. 6'372.-. Mit der Scheidungskonvention
verpflichtete er sich, diese Rente mit Wirkung ab 1. Mai 2002 zur Hälfte mit der Pflichti-
gen zu teilen und ihr jeweils unverzüglich nach Eingang der monatlichen Rentenzah-
lung die ihr zustehende Rentenhälfte zu überweisen. Dementsprechend hat er ihr im
Jahr 2009 monatlich Fr. 3'186.- zukommen lassen (Gutschriftsanzeigen der D für das
Konto der Pflichtigen).
Daraus ergibt sich, dass Anspruchsberechtigter und Empfänger der von der
Vorsorgeeinrichtung der C ausgerichteten Altersrente allein B als Vorsorgenehmer ist.
Dagegen besitzt die Pflichtige gegenüber der Vorsorgeeinrichtung keinen eigenen An-
spruch auf Ausrichtung der Rente, hätte sie diese doch sonst von der Vorsorgeeinrich-
tung direkt erhalten und in der Scheidungskonvention keine Pflicht von B zur Überwei-
sung der Rentenhälfte an sie vereinbaren müssen. Damit übereinstimmend führt sie in
der Einsprache denn auch aus, die Aufteilung der Rente mit B selber vorgenommen zu
haben, weil ein Splitting des Altersguthabens von der C nicht mehr möglich gewesen
sei. Zudem teilte sie auf diesbezügliche Auflage der Steuerkommissärin im Einspra-
cheverfahren mit, eine Bescheinigung der Vorsorgeeinrichtung der C, wonach sie ge-
genüber dieser einen direkten Rentenanspruch besitze, könne sie nicht beibringen, da
die Rententeilung mit der Vorsorgeeinrichtung der C wegen des bereits eingetretenen
Vorsorgefalls nichts mehr zu tun habe.
Demnach stammt aber die streitige Rente vom geschiedenen Ehemann und
nicht aus einer Einrichtung der beruflichen Vorsorge. Sie gilt daher nicht als Einkunft
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aus beruflicher Vorsorge im Sinn von Art. 22 Abs. 1 DBG, sodass sie auch nicht ge-
stützt auf Art. 204 Abs. 1 lit. b DBG im reduzierten Umfang von 80% besteuert werden
kann.
b) Nichts daran zu ändern vermag der weitere Punkt in der Scheidungskon-
vention (Ziff. 2 Abs. 3), in dem vereinbart wurde, dass die Pflichtige "diesen Rentenan-
spruch" – gemeint ist der Anspruch der Pflichtigen gegenüber B auf Überweisung der
hälftigen Rente – auch bei einer Wiederverheiratung oder im Fall einer Wohngemein-
schaft mit einem andern Mann behalte. Denn die Bezeichnung "Rentenanspruch" in
der Konvention bewirkt nicht, dass sich der Anspruch der Pflichtigen nicht wie verein-
bart gegen B, sondern gegen die Vorsorgeeinrichtung der C richtet, die Rentenhälfte
daher als von Letzterer ausgerichtet gilt und eine Einkunft aus der beruflichen Vorsorge
darstellt.
Diese Bezeichnung dürfte wohl vielmehr Ausfluss der Regelung in Art. 124
ZGB des Scheidungsrechts sein: Ist bei einem oder bei beiden Ehegatten im Zeitpunkt
der Scheidung bereits ein Vorsorgefall eingetreten oder können aus andern Gründen
Ansprüche aus der beruflichen Vorsorge, die während der Dauer der Ehe erworben
wurden, nicht geteilt werden, so ist eine angemessene Entschädigung geschuldet
(Abs. 1). Als Entschädigung kann sowohl eine Entschädigung als auch eine Renten-
leistung zugesprochen werden (Hermann Walser, in: Basler Kommentar zum Zivilge-
setzbuch, 4. A., 2010, Art. 124 N 14 ZGB). Die Scheidung erfolgte bei der Pflichtigen
im März 2003. In diesem Zeitpunkt war der Vorsorgefall bei B bereits eingetreten, da er
sich per ... November 2000 vorzeitig hatte pensionieren lassen. Die Ansprüche aus der
beruflichen Vorsorge von B konnten daher nicht mehr geteilt werden, sodass die Pflich-
tige gemäss Art. 124 Abs. 1 ZGB gegenüber B einen Anspruch auf eine Entschädigung
hatte, welche sie sich gemäss genehmigter Scheidungskonvention als Rente auszah-
len liess. Dies mag dann in der Konvention zur Bezeichnung "Rentenanspruch" geführt
haben.
Wie es sich diesbezüglich verhält – die Vorinstanz erwähnt als mögliche wei-
tere Grundlage der streitigen Leistung den nachehelichen Unterhalt gemäss Art. 125
ZGB –, kann aber ohnehin offen bleiben, da die Pflichtige jedenfalls keine Einkunft aus
beruflicher Vorsorge vereinnahmte und daher die beantragte reduzierte Besteuerung
von 80% nicht beanspruchen kann.
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Wie sich die Verhältnisse nach allfälligem Vorversterben von B präsentieren,
braucht nicht geprüft zu werden, da dieser Fall nicht vorliegt.
3. a) Laut Art. 16 Abs. 1 DBG unterliegen der Einkommenssteuer alle wieder-
kehrenden und einmaligen Einkünfte. Dazu zählen nach Art. 23 lit. f DBG auch Unter-
haltsbeiträge, die ein Steuerpflichtiger bei Scheidung, gerichtlicher oder tatsächlicher
Trennung für sich erhält, sowie Unterhaltsbeiträge, die ein Elternteil für die unter seiner
elterlichen Gewalt stehenden Kinder erhält. Unterhaltsbeiträge sind regelmässig oder
unregelmässig wiederkehrende Unterstützungen und Unterhaltsleistungen zur De-
ckung des laufenden Lebensbedarfs, die dem Empfänger keinen Vermögenszuwachs
verschaffen. Keine Unterhaltsbeiträge sind Leistungen der Ehegatten zur Erfüllung
güterrechtlicher Forderungen. Tilgt der leistende Ehegatte daher durch wiederkehrende
Zahlungen ratenweise eine güterrechtliche Forderung, sind diese Zahlungen trotz ihrer
Periodizität nicht Unterhaltsbeiträge im Sinn von Art. 23 lit. f DBG und unterliegen auch
sonst nicht der Einkommenssteuer (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 23 N 59 und
61 mit Hinweisen).
b) Die Pflichtige macht nicht geltend, mit den fraglichen Zahlungen habe B
ihre güterrechtlichen Ansprüche befriedigt. Der Scheidungskonvention lässt sich zu-
dem im Gegenteil entnehmen, dass die Ehegatten bei Abschluss der Konvention güter-
rechtlich bereits vollständig auseinandergesetzt waren (Ziff. 6). Demnach stellen die
fraglichen Leistungen B Unterhaltszahlungen nach Art. 23 lit. f DBG dar. Als solche
unterliegen sie der Einkommenssteuer vollumfänglich.
4. § 16 Abs. 1, § 22 Abs. 1/2, § 23 lit. f und § 270 Abs. 1 des Steuergesetzes
vom 8. Juni 1997 (StG) entsprechen Art. 16 Abs. 1, Art. 22 Abs. 1/2, Art. 23 lit. f und
Art. 204 Abs. 1 lit. b DBG. Daraus folgt, dass die Erwägungen zur direkten Bundes-
steuer auch für die kantonalen Steuern gelten (BGr, 23. Oktober 2009, 2C_868/2008
E. 2.1, www.bger.ch). Demnach unterliegen die Zahlungen B an die Pflichtige auch bei
den Staats- und Gemeindesteuern der Einkommenssteuer vollumfänglich.
5. Aus der Gewährung eines Abzugs in vergangenen Steuerperioden kann ein
Steuerpflichtiger nichts zu seinen Gunsten ableiten. Denn Einschätzungen erwachsen
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allein im Dispositiv in Rechtskraft. Eine rechtliche Würdigung vermag darum für eine
nachfolgende Taxation keine präjudizierende Wirkung entfalten (VGr, 28. Juni 2006,
SB.2006.00005; BGr, 17. April 2007, 2A.400/2006, www.bger.ch, auch zum Folgen-
den). Die Steuerbehörde kann und muss die rechtliche Würdigung gleicher Sachver-
halte für jede Periode neu prüfen. Der Umstand, dass das kantonale Steueramt die
streitige Rente der Pflichtigen bisher nur zu 80% besteuert hat, vermag letzterer daher
nicht zu helfen.
6. Diese Erwägungen führen zur Abweisung der Rechtsmittel. Ausgangsge-
mäss sind die Kosten des Verfahrens der unterliegenden Pflichtigen aufzuerlegen
(Art. 144 Abs. 1 DBG, § 151 Abs. 1 StG). Die Zusprechung von Parteientschädigungen
entfällt (Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Ver-
waltungsverfahren vom 20. Dezember 1968 und § 152 StG i.V.m. § 17 Abs. 2 des
Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997). | Public | Tax | de | 2,012 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
c287b992-69c1-4d4f-a10b-37d833e6ae56 | hat sich ergeben:
A. C, geb. 1996, Sohn der Ehegatten A und B (nachfolgend die Pflichtigen),
leidet an vollständiger Taubheit. In der Steuererklärung 2009 machten die Pflichtigen
behinderungsbedingte Kosten von Fr. 10'000.- einkommensmindernd geltend.
Mit Einschätzungsentscheid vom 10. Februar 2011 liess der Steuerkommissär
solche Aufwendungen lediglich im Umfang von Fr. 7'500.- zu, und zwar mit dem Hin-
weis "Pauschalabzug über Fr. 2'500.- kann nur für Gehörlose, jedoch nicht für Gehör-
behinderte geltend gemacht werden". Dementsprechend schätzte er die Pflichtigen mit
einem steuerbaren Einkommen von Fr. 63'000.- und einem steuerbaren Vermögen von
Fr. 483'000.- ein. Gleichentags erging die Veranlagung für die direkte Bundessteuer
mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 63'200.-.
B. Eine von den Pflichtigen erhobene Einsprache hiess das kantonale Steuer-
amt am 16. November 2011 teilweise gut und ermässigte das steuerbare Einkommen
auf Fr. 59'600.- (direkte Bundessteuer) bzw. Fr. 59'400.- (Staats- und Gemeindesteu-
ern); das steuerbare Vermögen blieb unverändert bei Fr. 483'000.-. Hinsichtlich des
Behinderungsabzugs hielt die Amtsstelle an der Veranlagung fest.
C. Mit Beschwerde und Rekurs vom 16. Dezember 2011 liessen die Pflichti-
gen dem Steuerrekursgericht beantragen, dass ihnen der zusätzliche Abzug für Gehör-
losigkeit von Fr. 2'500.- zu gewähren sei. Ausserdem verlangten sie eine Parteient-
schädigung.
In seiner Beschwerde-/Rekursantwort vom 12. Januar 2012 schloss das kan-
tonale Steueramt auf Abweisung der Rechtsmittel.
D. Mit Schreiben vom 19. Januar 2012 ersuchte das Steuerrekursgericht die
Eidg. Steuerverwaltung (ESTV), sich zur Auslegung von Ziffer 4.4 ihres Kreisschrei-
bens Nr. 11 vom 31. August 2005 (Abzug von Krankheits- und Unfallkosten sowie von
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behinderungsbedingten Kosten; im Folgenden KS) zu äussern. Die Antwort der ESTV
vom 7. Februar 2012 wurde den Parteien anderntags zur freigestellten Stellungnahme
übermittelt. Während die Pflichtigen nichts von sich hören liessen, nahm das kantonale
Steueramt am 22. Februar 2012 Stellung.
Auf die Erwägungen des Einspracheentscheids, das Schreiben der ESTV und
die Parteivorbringen wird, soweit wesentlich, in den nachfolgenden Urteilsgründen Be-
zug genommen. | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. Gegenstand des Beschwerde-/Rekursverfahrens bildet einzig die Frage, ob
die Pflichtigen zusätzlich zu dem seitens des kantonalen Steueramts gewährten Pau-
schalabzug von Fr. 7'500.- für Bezüger einer Hilflosenentschädigung schweren Grades
zusätzlich noch einen Abzug für Gehörlosigkeit beanspruchen können oder ob dieser
im Abzug für Hilflosigkeit enthalten ist.
2. Art. 8 Abs. 1 der Bundesverfassung vom 18. April 1999 hält fest, dass
alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind. Abs. 2 der nämlichen Bestimmung verbie-
tet Diskriminierungen, so auch wegen einer körperlichen, geistigen oder psychischen
Behinderung. Am 13. Dezember 2002 erliess die Bundesversammlung das Bundesge-
setz über die Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen
(Behindertengleichstellungsgesetz, BehiG). Zugleich wurde das Bundesgesetz über die
direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990 (DBG) um den neuen Art. 33 Abs. 1
lit. h bis
erweitert, der auf den 1. Januar 2005 in Kraft trat. Danach können die behinde-
rungsbedingten Kosten des Steuerpflichtigen oder der von ihm unterhaltenen Personen
mit Behinderungen im Sinne des Behindertengleichstellungsgesetzes insoweit abge-
zogen werden, als der Steuerpflichtige die Kosten selber trägt. Am 13. Dezember 2004
ergänzte der Kanton Zürich das Steuergesetz vom 8. Juni 1997 (StG) mit dem gleich
lautenden § 31 Abs. 1 lit. i, der ebenfalls auf den 1. Januar 2005 in Kraft gesetzt wurde.
Nach Art. 2 Abs. 1 BehiG gilt als Mensch mit Behinderungen eine Person, der es eine
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voraussichtlich dauernde körperliche, geistige oder psychische Beeinträchtigung er-
schwert oder verunmöglicht, alltägliche Verrichtungen vorzunehmen, soziale Kontakte
zu pflegen, sich fortzubewegen, sich aus- und fortzubilden oder eine Erwerbstätigkeit
auszuüben.
Am 31. August 2005 erliess die ESTV, Hauptabteilung Direkte Bundessteuer,
Verrechnungssteuer, Stempelabgaben, das erwähnte Kreisschreiben Nr. 11. Laut Ziffer
4.1 Abs. 2 lit. a KS gelten Bezüger von Leistungen gemäss dem Bundesgesetz über
die Invalidenversicherung vom 19. Juni 1959 (IVG) in jedem Fall als behinderte Perso-
nen. Ziffer 4.4 KS statuiert unter dem Randtitel "Pauschalen" folgende Regelung:
"Anstelle des Abzugs der effektiven selbst getragenen Kosten können behinderte einen jährlichen Pauschalabzug in folgender Höhe geltend machen:
- Bezüger einer Hilflosenentschädigung leichten Grades: Fr. 2'500.- - Bezüger einer Hilflosenentschädigung mittleren Grades: Fr. 5'000.- - Bezüger einer Hilflosenentschädigung schweren Grades: Fr. 7'500.-
Einen jährlichen Pauschalabzug von Fr. 2'500.- können im Weiteren unabhängig vom Bezug einer Hilflosenentschädigung folgende behinderte Personen geltend machen:
- Gehörlose - Nierenkranke, die sich einer Dialyse unterziehen müssen."
Wörtlich die gleiche Praxis statuiert das Merkblatt des kantonalen Steueramtes zu den
Abzügen der Krankheits- und Unfallkosten sowie der behinderungsbedingten Kosten
vom 19. Juli 2005 in Ziffer 3 lit. d (ZStB I Nr. 19/000).
3. a) Im Einspracheentscheid erwog das kantonale Steueramt, dass die Vor-
aussetzungen für eine schwere Hilflosigkeit beim Sohn der Pflichtigen gemäss Bestäti-
gung der Sozialversicherungsanstalt Zürich erfüllt seien. Mithin sei der Anspruch auf
einen Pauschalabzug von Fr. 7'500.- ausgewiesen. Zwar stehe gemäss Merkblatt den
Gehörlosen ebenfalls eine Pauschale von Fr. 2'500.- zu; indessen könnten die Abzüge
nicht kumuliert werden, sondern müsse die Taubheit als bei der schweren Hilflosigkeit
mitumfasst gelten. Ausserdem gehe aus der Bestätigung des Universitätsspitals Zürich
hervor, dass der Sohn der Pflichtigen für die Kommunikation auf Hörgeräte angewie-
sen und somit nicht vollständig gehörlos sei (R-act. 7).
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Dem halten die Pflichtigen in der Beschwerde-/Rekursschrift entgegen, dass
der Hörverlust ihres Sohnes gemäss Bestätigung des Universitätsspitals Zürich beid-
seits 100% ausmache. Die sogenannten Hörgeräte dienten einzig dazu, das Gehör zu
stimulieren und die Hörbahn sowie die lokale Durchblutung und die mechanische Be-
lastung zu überwachen (R-act. 2 und 5).
b) aa) Aufgrund der Bescheinigung der Leitenden Ärztin der Klinik für Ohren-,
Nasen-, Hals- und Gesichtschirurgie des Universitätsspitals Zürich vom 20. Oktober
2011, wonach der Sohn seit Geburt an Taubheit leidet und der Hörverlust "gemäss CP-
Tabelle beidseits 100%" beträgt (R-act. 6/3), welche Feststellung vom kantonalen
Steueramt in der Beschwerde-/Rekursantwort nicht in Zweifel gezogen wird, kann von
der Richtigkeit dieser Diagnose ausgegangen werden.
bb) Nach dem Wortlaut der zitierten Bestimmung von Kreisschreiben und
Merkblatt ("unabhängig vom Bezug einer Hilflosenentschädigung") können die beiden
Abzüge kumulativ beansprucht werden. Auf Anfrage des Steuerrekursgerichts vom
19. Januar 2012 hin (R-act. 13) ist die ESTV dieser Auffassung im Antwortschreiben
vom 7. Februar 2012 beigetreten (R-act. 14). Wenn das kantonale Steueramt in seiner
Stellungnahme vom 22. Februar 2012 (R-act. 16) diesen Standpunkt bei erwachsenen
Personen zu teilen scheint, nicht aber bei einer minderjährigen Person, so widerspricht
eine solche Differenzierung sowohl dem Wortlaut von Kreisschreiben und Weisung als
auch dem Sinn und Zweck der erhöhten Pauschale. Nach Art. 42 Abs. 2 IVG ist zwi-
schen schwerer, mittelschwerer und leichter Hilflosigkeit zu unterscheiden. Dabei
knüpft die Rechtsprechung an folgende sechs alltägliche Lebensverrichtungen an
(Maurer/Scartazzini/Hürzeler, Bundessozialversicherungsrecht, 3. A., 2009, S. 185):
- Ankleiden und Auskleiden; - Aufstehen, Absitzen, Abliegen; - Essen; - Körperpflege; - Verrichten der Notdurft; - Fortbewegung in der Wohnung oder im Freien.
Wie diese Auflistung erkennen lässt, handelt es sich bei der Taubheit – wie auch bei
der Dialyse von Nierenkranken – über eine andersartige Form von Behinderung. Die
allermeisten Bezüger einer Entschädigung für schwere Hilflosigkeit dürften weder an
Taubheit noch an einer Fehlfunktion ihrer Nieren leiden. Es macht daher durchaus
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Sinn, wenn Kreisschreiben und Merkblatt die zusätzliche Pauschale von Fr. 2'500.- für
diese über die schwere Hilflosigkeit hinausgehenden Behinderungen gewähren. Der
Hinweis des kantonalen Steueramts auf das Kreisschreiben des Bundesamts für Sozi-
alversicherungen über Invalidität und Hilflosigkeit in der Invalidenversicherung ändert
nichts am Gesagten. Abgesehen davon, dass dieses sich auf die Auslegung einer Ver-
ordnungsbestimmung zum Invalidenversicherungsgesetz bezieht, geht es vorliegend
nicht um die Frage, inwieweit Hörgeschädigte als hilflos gelten. Vielmehr liegt beim
Sohn der Pflichtigen wie gesagt neben schwerer Hilflosigkeit noch Taubheit vor. An-
zumerken bleibt, dass die mit dem kumulativen Abzug verbundene Steuerersparnis
bescheiden ist und den tatsächlichen finanziellen Mehraufwand eines Behinderten
bzw. seiner Angehörigen höchstens teilweise abdecken dürfte.
c) Diese Erwägungen führen zur Gutheissung von Beschwerde und Rekurs.
Somit ist das steuerbare Einkommen der Pflichtigen für die Steuerperiode 2009 um
Fr. 2'500.- zu ermässigen und auf (Fr. 59'600.- ./. Fr. 2'500.- =) Fr. 57'100.- (direkte
Bundessteuer) bzw. (Fr. 59'400.- ./. Fr. 2'500.- =) Fr. 56'900.- (Staats- und Gemeinde-
steuern) festzusetzen.
4. Bei diesem Prozessausgang sind die Gerichtskosten der Beschwerdegeg-
nerin/dem Rekursgegner aufzuerlegen (Art. 144 Abs. 1 DBG und § 151 Abs. 1 StG).
Ferner ist den Pflichtigen für das Beschwerde- und Rekursverfahren eine Parteient-
schädigung zuzusprechen (§ 152 StG i.V.m. § 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflege-
gesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997 sowie Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m.
Art. 64 Abs. 1-3 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren vom 20. Dezem-
ber 1968). Unter Berücksichtigung des einfachen und klaren Sachverhalts, der kurzge-
fassten Beschwerde-/Rekursschrift sowie eines Streitwerts von total lediglich rund
Fr. 450.- rechtfertigt sich eine Vergütung von (insgesamt) Fr. 300.- (einschliesslich
Mehrwertsteuer). | Public | Tax | de | 2,012 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
c2c243f0-fc2f-4944-937d-d32c99ec4bf1 | hat sich ergeben:
A. Der 194X geborene A (nachfolgend der Pflichtige) war während der Steu-
erperiode 2006 beim Steueramt der Gemeinde B erwerbstätig. Seit 1999 befindet er
sich in psychotherapeutischer Behandlung. In der Steuererklärung 2006 deklarierte er
ein steuerbares Einkommen von Fr. 69'907.- (Staats- und Gemeindesteuern) bzw.
Fr. 70'607.- (Bundessteuern). Bei den Abzügen machte er insbesondere behinde-
rungsbedingte Kosten von Fr. 6'946.- geltend.
Das kantonale Steueramt schätzte den Pflichtigen mit Entscheid vom 30. Mai
2008 für die Staats- und Gemeindesteuern 2006 mit einem steuerbaren Einkommen
von Fr. 77'100.- und einem steuerbaren Vermögen von Fr. 302'000.- ein. Der Rück-
erstattungsanspruch Verrechnungssteuer für das Fälligkeitsjahr 2006 wurde auf
Fr. 659.75 festgesetzt. Mit Hinweis gleichen Datums wurde dem Pflichtigen für die
Bundessteuerperiode 2006 die Veranlagung mit einem steuerbaren Einkommen von
Fr. 77'800.- in Aussicht gestellt. Grund für die Korrektur beim steuerbaren Einkommen
war insbesondere die Aufrechnung der geltend gemachten behinderungsbedingten
Kosten. Einen Betrag von Fr. 868.- akzeptierte der Steuerkommissär zwar als Krank-
heits- und Unfallkosten; diese Position wirkte sich jedoch aufgrund des Selbstbehalts
von 5 % des Nettoeinkommens nicht auf die Höhe des steuerbaren Einkommens aus.
B. Mit separaten Einsprachen vom 23. und 24. Juni 2008 ersuchte der Pflich-
tige um deklarationsgemässe Einschätzung bzw. Veranlagung. Das kantonale Steuer-
amt wies die Einsprachen mit Entscheiden vom 28. Mai 2010 ab.
C. Mit Rekurs und Beschwerde vom 29. Juni 2010 beantragte der Pflichtige
erneut, ihn gemäss Steuererklärung 2006 einzuschätzen bzw. zu veranlagen. Das kan-
tonale Steueramt schloss mit Eingabe vom 21./22. Juli 2010 auf Abweisung der
Rechtsmittel unter Kostenfolge.
Der Präsident forderte den Pflichtigen mit Auflage vom 11. August 2010 zur
Einreichung diverser Unterlagen bzw. Erteilung von Auskünften auf. Mit Schreiben vom
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30./31. August 2010 kam der Pflichtige der Aufforderung nach und reichte verschiede-
ne Unterlagen ein. Am 7. September 2010 traf ein ärztliches Zeugnis ein. Mit Schrei-
ben vom 6./7. September 2010 übermittelte der Pflichtige der Steuerrekurskommission
sodann weitere Belege. | Die Einzelrichterin zieht in Erwägung:
1. a) Gemäss § 31 Abs. 1 lit. i des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG)
bzw. Art. 33 Abs. 1 lit. h bis
des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom
14. Dezember 1990 (DBG) können von den Einkünften die behinderungsbedingten
Kosten des Steuerpflichtigen und/oder der von ihm unterhaltenen Personen mit Behin-
derungen im Sinne des Behindertengleichstellungsgesetzes vom 13. Dezember 2002
(BehiG) abgezogen werden, soweit der Steuerpflichtige die Kosten selber trägt (vgl.
auch Art. 9 Abs. 2 lit. h bis
des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der direkten
Steuern der Kantone und Gemeinden vom 14. Dezember 1990). Sowohl das kantonale
als auch das Bundesrecht lehnen sich für den Begriff der behinderten Person an das
BehiG an.
Eine behinderte Person im Sinne des BehiG ist eine Person, der es eine vor-
aussichtlich dauernde körperliche, geistige oder psychische Beeinträchtigung er-
schwert oder verunmöglicht, alltägliche Verrichtungen vorzunehmen, soziale Kontakte
zu pflegen, sich fortzubewegen, sich aus- und fortzubilden oder eine Erwerbstätigkeit
auszuüben (Art. 2 Abs. 1 BehiG).
b) Gemäss Kreisschreiben Nr. 11 der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom
31. August 2005 betreffend Abzug von Krankheits- und Unfallkosten sowie von behin-
derungsbedingten Kosten (Kreisschreiben) ist die Beeinträchtigung dann als dauernd
anzusehen, wenn sie bereits während mindestens eines Jahres die Ausübung der ge-
nannten Tätigkeiten verunmöglicht oder erschwert hat oder voraussichtlich während
mindestens eines Jahres verunmöglichen oder erschweren wird. Die Einschränkung
der alltäglichen Verrichtungen, des sozialen Lebens, der Aus- und Weiterbildung oder
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der Erwerbstätigkeit muss sodann ihre Ursache in der körperlichen, geistigen oder
psychischen Beeinträchtigung haben (kausaler Zusammenhang).
Laut Kreisschreiben sind Kosten der aufgrund einer Behinderung notwendigen
Hilfe im Haushalt abzugsfähig. Voraussetzung für die uneingeschränkte Abzugsfähig-
keit ist das Vorliegen einer ärztlichen Bescheinigung (z.B. gemäss Fragebogen im An-
hang des Kreisschreibens), worin attestiert wird, welche Haushaltstätigkeiten als Folge
der Behinderung nicht mehr ohne Hilfe ausgeübt werden können (vgl. zum Ganzen
ferner das Merkblatt des kantonalen Steueramts zu den Abzügen der Krankheits- und
Unfallkosten sowie der behinderungsbedingten Kosten vom 19. Juli 2005 [ZStB I
Nr. 19/000]).
c) Das Kreisschreiben stellt keine gesetzliche Grundlage dar. Es richtet sich in
erster Linie an die Einschätzungsbehörden und wirkt sich insofern nicht unmittelbar auf
die Rechtsstellung der Steuerpflichtigen aus. Handelt es sich demnach nach allgemei-
nen Grundsätzen um eine Verwaltungsverordnung, stellt diese eine für die Steuerjus-
tizbehörden nicht verbindliche Anweisung zur Auslegung des Gesetzes dar. Diese wird
vom Gericht aber immerhin bei seiner Entscheidung mitberücksichtigt, sofern sie im
konkreten Einzelfall eine sachgerechte Auslegung der anwendbaren gesetzlichen Be-
stimmung erlaubt (BGr, 10. Juli 2009, 2C_103/2009, www.bger.ch; BGE 121 II 473 =
ASA 65, 477 = StR 51, 542 = StE 1996 B 93.1 Nr. 2).
2. Vorliegend ist insbesondere zu klären, ob die gesundheitlichen Beschwer-
den des Pflichtigen eine Behinderung im Sinn der vorstehenden Ausführungen darstel-
len.
a) aa) Im Hilfsblatt "Aufstellung über behinderungsbedingte Kosten" der Steu-
ererklärung 2006 verwies der Pflichtige auf eine separate Erklärung. In einem Beiblatt
vom 8. Januar 2008 erklärte der Pflichtige, er leide an einem "Aufmerksamkeits-
Hyperaktiv-Syndrom" und sei deshalb nicht in der Lage, seine Wohnung in Ordnung zu
halten. Während Phasen, in denen er gesundheitlich und psychisch nicht gut disponiert
sei, erledige er im Haushalt jeweils nur noch das Allernotwendigste. So sei am 15. Juni
2006 in seiner Abwesenheit wegen schlechten Geruchs auf Antrag des Hauswarts sei-
ne Wohnungstür aufgebrochen worden, unter Aufsicht der Gemeindepolizei C. Von der
http://www.bger.ch/
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Hausverwaltung sei ihm anschliessend angedroht worden, wenn er seine Wohnung
nicht in kürzester Zeit aufräume und reinige, müsse er mit der Kündigung rechnen. Da
er mit dieser Situation völlig überfordert gewesen sei, habe er eine Reinigungsfirma
beigezogen. Seine Wohnung sei von der genannten Firma innert relativ kurzer Zeit
aufgeräumt und gereinigt worden. Am 3. August 2006 sei seine Wohnung von der
Hausverwaltung inspiziert und für gut befunden worden. Seit Mitte September 2006
habe er eine Raumpflegerin, die regelmässig seine Wohnung reinige. Die Aufwendun-
gen, deren Ursache "ausschliesslich" in seiner Behinderung liege, stellten sich wie folgt
dar: drei Rechnungen der B (Fr. 792.-, Fr. 1'508.- und Fr. 3'233.-), eine Rechnung über
den Ersatz des Wohnungstürenschlosses (Fr. 259.65), Selbstbehalt Arzt, Medikamen-
te, delegierte Psychotherapie (insgesamt Fr. 867.60) und Auslagen Raumpflegerin
(Fr. 286.15), was "behinderungsbedingte Kosten" von total Fr. 6'946.40 ergebe.
bb) In einem Schreiben an den Steuerkommissär vom 15. August 2008 beton-
te der Pflichtige, auch eine psychische Behinderung könne gravierende Auswirkungen
haben. Die latente Depression und Blockaden hinderten ihn, die täglich anfallenden
Arbeiten im Haushalt zu verrichten. Es komme hinzu, dass ihn im Winter 2006 eine
langwierige Erkältung belastet hätte, was zur Folge gehabt habe, dass er den Haushalt
praktisch gar nicht mehr habe bewältigen können.
cc) Der Pflichtige führte sodann in seiner Eingabe vom 30. August 2010 unter
anderem Folgendes aus: Eine seiner Schwestern hätten ihm früher geholfen, seine
Wohnung in Schwung zu halten. Aus gesundheitlichen und Altersgründen hätte sie ihn
ab ca. 2004 diesbezüglich nicht mehr unterstützen können. Er habe dies dann
"schlecht und recht" selber gemacht. Im Winter 2006 habe er eine starke Erkältung
gehabt. Trotz diesem Handicap sei er in dieser Zeit praktisch nicht krankgeschrieben
gewesen. In dieser Zeit hätten die Probleme mit seiner Wohnung begonnen. Er habe je
länger je weniger Energie und Kraft gehabt, die Ordnung in der Wohnung wieder her-
zustellen. Er leide unter dem ADHS-Syndrom; diese Krankheit bestehe seit seiner
Kindheit. Seit seiner Hospitalisation in D er auf Anraten der Klinik in psychotherapeuti-
scher Behandlung.
b) aa) Der Chefarzt der zuständigen Psychiatrie bestätigte mit Schreiben vom
26. August 2010 den stationären Aufenthalt des Pflichtigen vom 29. Juli bis zum
27. August 1999 in der Klinik D.
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bb) Im Fragebogen für Ärzte und Ärztinnen beantwortete der behandelnde
Arzt am 12. Dezember 2007 die Frage 1 ("Welche Art von körperlicher, geistiger oder
psychischer Beeinträchtigung liegt vor [Kurzbeschrieb]?") wie folgt: "Aufgrund seiner
momentanen psychischen Befindlichkeit, ist Herr A nicht in der Lage, seine Wohnung
in Ordnung zu halten". Unter 2. ("Dauer der Beeinträchtigung") war die Antwort "bereits
ein Jahr oder länger" angekreuzt. Alle anderen Fragen blieben unbeantwortet, so auch
Frage 4 ("Welche Haushaltstätigkeiten können nur noch erschwert oder gar nicht mehr
vorgenommen werden? Ist eine Haushalthilfe erforderlich?"). Im ärztlichen Zeugnis
vom 17. Juni 2008 bestätigte der bisherige behandelnde Arzt sowie ein hinzugezoge-
ner weiterer Arzt in Ergänzung zum ausgefüllten Fragebogen, der Pflichtige befinde
sich seit längerer Zeit bei ihnen in psychotherapeutischer Behandlung (delegierte Psy-
chotherapie durch den hinzugezogenen Arzt). Er sei wegen seines Gemütsleidens und
aus psychologisch-psychiatrischen Gründen mit der Hausarbeit überfordert und des-
halb auf eine Haushalthilfe angewiesen. Auch weiterhin benötige der Pflichtige psycho-
therapeutische Betreuung und er sei auf Psychopharmaka angewiesen. Im weitgehend
gleichlautenden Arztzeugnis vom 3. September 2010 wurde zusätzlich präzisiert, dass
sich der Pflichtige seit August 1999 in psychotherapeutischer Behandlung befinde.
c) Der Pflichtige leidet erwiesenermassen an psychischen Problemen. Entge-
gen seiner Ansicht ist jedoch eine psychische Beeinträchtigung nicht ohne Weiteres
einer Behinderung im oben dargelegten Sinn gleichzusetzen.
aa) Vorab findet sich für das vom Pflichtigen behauptete ADHS
(=Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Syndrom) in den Akten keine ärztliche Be-
stätigung. Zudem hat das Bundesgericht in einem neueren Urteil festgehalten, Auf-
merksamkeitsdefizitstörungen seien in zahlreichen kinderpsychiatrischen Störungen
enthalten bzw. verschiedenen Krankheitsbildern inhärent (BGr, 14. Januar 2008,
8C_300/2007, E. 3.3 ff.; vgl. auch 22. Januar 2008, 8C_149/2007, E. 2.2 [beides unter
www.bger.ch]). Das spricht dagegen, ADHS per se als Behinderung im Sinn von § 31
Abs. 1 lit. i StG bzw. Art. 33 Abs. 1 lit. h bis
DBG aufzufassen. Dieser Umstand braucht
aber vorliegend nicht abschliessend geklärt zu werden. Wichtiges Merkmal einer Be-
hinderung im Sinn der genannten Bestimmungen ist nämlich deren Dauerhaftigkeit,
woran es vorliegend bereits mangelt. Der Pflichtige sprach von "Phasen", in denen er
gesundheitlich und psychisch nicht gut disponiert sei; dann erledige er im Haushalt
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2 ST.2010.192 2 DB.2010.139
jeweils nur noch das Allernotwendigste. Auch im ärztlichen Fragebogen erklärte der
behandelnde Arzt, aufgrund der "momentanen" psychischen Befindlichkeit sei der
Pflichtige nicht in der Lage, seine Wohnung in Ordnung zu halten. Die vom Pflichtigen
nachträglich eingereichten ärztlichen Zeugnisse ändern daran nichts. Zum einen äus-
sern sie sich nicht zur Dauer der Beeinträchtigung (übrigens auch nicht dazu, welche
Arbeiten der Pflichtige im Haushalt nicht wahrnehmen könne). Zum anderen müsste
die ärztliche Verordnung einer Haushaltshilfe vor deren Initiierung erfolgen, wie dies
auch bei einer ärztlichen Verordnung einer Heilmassnahme vorausgesetzt wird (vgl.
BGr, 10. Juli 2009, 2C_103/2009, E. 3.1 f., www.bger.ch).
bb) Überdies fehlt es vorliegend an der erforderlichen Kausalität zwischen den
psychischen Beschwerden und den als "behinderungsbedingt" geltend gemachten
Kosten: Nach Angaben des Pflichtigen haben die "Probleme mit der Wohnung" begon-
nen, nachdem er längere Zeit an einer Erkältung gelitten habe. Damit ist aber erstellt,
dass die Ursache für die Vernachlässigung des Haushalts nicht in der psychischen
Beeinträchtigung des Pflichtigen lag, sondern mit (anderen) Krankheitssymptomen
zusammenhing, weshalb es sich bei den geltend gemachten Aufwendungen von Vorn-
herein nicht um behinderungsbedingte Ausgaben, sondern höchstens um Krankheits-
kosten handeln kann, was im Folgenden zu prüfen ist.
cc) Als abzugsfähige Krankheitskosten gelten die zur Erhaltung und Wieder-
herstellung der körperlichen oder psychischen Gesundheit anfallenden Aufwendungen,
bei welchen notwendigerweise ein adäquater Kausalzusammenhang zwischen den
Kosten und einer gesundheitlichen Beeinträchtigung besteht. Ziel ist es, die steuerlich
privilegierten Krankheitskosten gegenüber den grundsätzlich nicht abzugsfähigen Le-
benshaltungskosten abzugrenzen. Auszugehen ist vom Grundsatz, dass mit dem Ein-
kommen die Lebenshaltungskosten gedeckt werden müssen und steuerliche Privile-
gien folglich nur die Ausnahme bilden (VGr, 20. Januar 2010, SB.2009.00056, E. 5.1
Abs. 2, www.vgrzh.ch).
Die Auslagerung der Wohnungsreinigung in professionelle Hände ist zwar
durchaus geeignet, das subjektive Wohlbefinden zu erhöhen, dient aber offensichtlich
nicht der Erhaltung und Wiederherstellung der körperlichen oder psychischen Gesund-
heit im engeren Sinne. Kosten für die Raumpflege stellen damit selbstredend keine
Krankheitskosten, sondern nicht abzugsfähige Lebenshaltungskosten dar.
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Die Aufwendungen für den Ersatz eines Wohnungstürschlosses sind sodann
von Vornherein weder als behinderungsbedingte noch als Krankheitskosten zu qualifi-
zieren.
d) Damit sind die Rechtsmittel abzuweisen und die vorinstanzlichen Entschei-
de zu bestätigen. Die vom Pflichtigen geltend gemachten Arztkosten von Fr. 867.60 hat
die Vorinstanz zu Recht anerkannt.
3. Nachdem der Pflichtige vollständig unterliegt, sind ihm die Verfahrens-
kosten aufzuerlegen (§ 151 Abs. 1 StG bzw. Art. 144 Abs. 1 DBG). | Public | Tax | de | 2,010 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
c31bd96b-1571-420c-aa19-39b76677773a | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend der Pflichtige), deutscher Staatsangehöriger, lebt seit dem
... ... 2005 in B im Kanton Zürich. Er ist nicht mehr erwerbstätig und erhielt für das Jahr
2012 eine Rente der Deutschen Rentenversicherung Bund (nachfolgend DRV;
früher Bundesversicherungsanstalt für Angestellte [nachfolgend BfA]) in Höhe von
Euro 12'188.28 = Fr. 14'690.62. Diese deklarierte er in der Steuererklärung 2012 nur
zu 40% als steuerbar. Mit Einschätzungsentscheid vom 13. Juni 2014 erfasste der
Steuerkommissär die deutsche Rente zu 100% und schätzte den Pflichtigen für die
Staats- und Gemeindesteuer 2012 mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 14'300.-
(satzbestimmend Fr. 18'900.-) und einem steuerbaren Vermögen von Fr. 276'000.-
(satzbestimmend Fr. 410'000.-) ein.
B. Die dagegen am 24. Juni 2014 erhobene Einsprache wies das kantonale
Steueramt am 9. September 2014 ab, mit der Begründung, die Rente des Pflichtigen
sei mit einer AHV-Rente in der Schweiz vergleichbar und daher wie eine solche zu
100% zu versteuern. Da die Rente keine Kapitalrückzahlungskomponente enthalte, wie
eine Leibrente gemäss § 22 Abs. 3 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG), falle
eine Besteuerung zu 40% ausser Betracht.
C. Mit Rekurs vom 2. Oktober 2014 beantragte der Pflichtige erneut, die aus
Deutschland erhaltene Rente nur im Umfang von 40% zu besteuern. Er sei immer frei-
beruflich und selbstständig erwerbstätig gewesen. Um im Alter eine Rente zu bekom-
men sei er erst später, entsprechend den damaligen rechtlichen Möglichkeiten in
Deutschland, der BfA beigetreten. Daher habe er umfangreiche Nachzahlungen für
vergangene Jahre entrichtet und habe für die laufenden Jahre ebenfalls Rentenbeiträ-
ge bezahlt. Diese Rentenversicherungszahlungen habe er nicht von der Steuer abzie-
hen können.
Das kantonale Steueramt schloss unter Hinweis auf den Einspracheentscheid
am 24. Oktober 2014 auf Abweisung des Rechtsmittels.
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2 ST.2014.249
Auf die weiteren Parteivorbringen wird – soweit rechtserheblich – in den nach-
folgenden Erwägungen eingegangen. | Die Einzelrichterin zieht in Erwägung:
1. a) Aufgrund von Art. 21 des Abkommens zwischen der Schweizerischen
Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppel-
besteuerung auf dem Gebiete der Steuern von Einkommen und Vermögen vom
11. August 1971 (DBAD) sind Sozialversicherungsrenten in dem Staat zu besteuern, in
welchem der Rentenbezüger ansässig, d.h. aufgrund persönlicher Zugehörigkeit steu-
erpflichtig ist (Peter Locher, Einführung in das internationale Steuerrecht der Schweiz,
3. A., 2005, S. 467 f.). Dies gilt auch für Renten der DRV, die an eine in der Schweiz
wohnhafte Person ausgerichtet werden (Locher/Meier/von Siebenthal/Kolb, Doppelbe-
steuerungsabkommen Schweiz - Deutschland 1971 und 1978, Loseblattwerk, B 19.1
Nr. 7 und B 21 Nr. 4).
b) Bei den Renten, die durch die DRV ausbezahlt werden, handelt es sich um
Leistungen einer gesetzlichen Rentenversicherung. Die DRV ist zwar einerseits eine
anerkannte Sozialversicherungseinrichtung bzw. eine juristische Person des öffentli-
chen Rechts, andererseits beziehen sich gewisse Aspekte des von ihr wahrgenomme-
nen Versicherungsschutzes auch auf einen Bereich, den in der Schweiz die berufliche
Vorsorge abdeckt. Daher handelt es sich bei den Renten aus der DRV aus schweizeri-
scher Sicht zwar um eine Mischung aus einer Rente der ersten und der zweiten Säule.
Dennoch ist die DRV nicht als Einrichtung der beruflichen Vorsorge anzusehen. Viel-
mehr stehen diese Renten einer AHV-Rente der Schweiz sehr nahe und sind wie eine
solche zu 100% zu besteuern (BGr, 21. März 2011, 2C_530/2010 = StE 2011 B 26.11
Nr. 3 = ASA 80, S. 84 ff., E. 2.2, am Ende, und 3.3.3).
2. a) Der Einkommenssteuer unterliegen alle wiederkehrenden und einmali-
gen Einkünfte (§ 16 Abs. 1 StG). Darunter fallen gemäss § 22 Abs. 1 StG alle Einkünfte
aus der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung, aus Einrichtungen der be-
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2 ST.2014.249
ruflichen Vorsorge und aus anerkannten Formen der gebundenen Selbstvorsorge, mit
Einschluss der Kapitalabfindungen und Rückzahlungen von Einlagen, Prämien, und
Beiträgen. Als Einkünfte aus der beruflichen Vorsorge gelten nach § 22 Abs. 2 StG
insbesondere Leistungen aus Vorsorgekassen, aus Spar- und Gruppenversicherungen
sowie aus Freizügigkeitspolicen. Diese Regelung steht im Einklang mit Art. 83 in Ver-
bindung mit Art. 80 und 82 des Bundesgesetzes vom 25 Juni 1982 über die berufliche
Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) sowie mit Art. 7 Abs. 1 und 2 des
Bundesgesetzes über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Ge-
meinden vom 14. Dezember 1990 (StHG).
b) Nach § 270 Abs. 1 StG werden bei den Staats- und Gemeindesteuern Ren-
ten aus Einrichtungen beruflicher Vorsorge, die vor dem 1. Januar 2002 zu laufen be-
ginnen oder fällig werden und die auf einen Vorsorgeverhältnis beruhen, dass am
31. Dezember 1985 bereits bestanden hat, zu vier Fünfteln ihres Betrags besteuert,
wenn sie teilweise, mindestens aber zu 20% aus eigenen Mitteln erworben worden
sind.
Diese Ausnahmebestimmung ist historisch begründet (Richner/Frei/Kauf-
mann/Meuter, Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, 3. A., 2013, § 270 N 3 ff.). Im
Hinblick auf das Inkrafttreten der wesentlichen steuerlichen Bestimmungen des BVG
am 1. Januar 1987 wechselten sowohl der Bund als auch der Kanton Zürich von ihrem
bisherigen System der Besteuerung der beruflichen Vorsorge (beschränkte Abzugsfä-
higkeit der Beiträge – beschränkte Besteuerung der Leistungen) zum so genannten
Waadtländer Modell (vollumfänglicher Abzug der Beiträge – vollumfängliche Besteue-
rung der Leistungen). Art. 204 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom
14. Dezember 1990 (DBG) bzw. § 270 Abs. 1 StG schafften den Ausgleich dafür, dass
die Vorsorgenehmer ihre Beiträge an Vorsorgeeinrichtungen bis zum Steuerjahr 1986
nur in beschränktem Umfang abziehen konnten (im Rahmen des allgemeinen Versi-
cherungsabzugs). Die Bestimmungen bieten eine schematische Lösung, die den Über-
gang zum Waadtländer Modell ermöglicht und somit nur für die Übergangsgeneration
gilt. Deshalb wird die Anwendung dieser Vorschrift auf jene Vorsorgeverhältnisse be-
schränkt, die am 31. Dezember 1985 bzw. 1986 bereits bestanden haben.
c) Mit Entscheid StRK I, 19. November 2009, 1 ST.2009.237/1 DB.2009.117
(www.strgzh.ch) hat die damalige Steuerrekurskommission I die Anwendung von
http://www.strgzh.ch/
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2 ST.2014.249
Art. 204 Abs. 1 DBG und § 270 Abs. 1 StG auf deutsche Renten abgelehnt. Sie erwog,
dass die Regelung spezifisch auf die Änderung des Besteuerungssystems aufgrund
der BVG-Revision ausgerichtet sei. Demnach beziehe sie sich – entsprechend dem
Wortlaut der Bestimmungen – auch nur auf Einkünfte aus der beruflichen Vorsorge
nach BVG. Eine durch Erwerbstätigkeit im Ausland – sei diese selbstständig oder un-
selbstständig – nach den Bestimmungen des betreffenden Landes erworbene Rente
werde von der Übergangsproblematik im Zusammenhang mit dem Wechsel zum
Waadtländer Modell nicht berührt, weshalb eine Ausdehnung des Anwendungsbe-
reichs dieser Bestimmungen auf solche Renten abzulehnen sei.
An diesen Erwägungen ist festzuhalten. Der Pflichtige war während der Zeit
des Erwerbs der betreffenden Rente nicht in der Schweiz wohnhaft, weshalb er von der
Übergangsproblematik bei Einführung des Waadtländer Modells nicht betroffen gewe-
sen ist. Art. 204 Abs. 1 DBG und § 270 Abs. 1 StG dienen nicht dazu, bei Wechsel des
internationalen Wohnsitzes auftretende Abgrenzungsprobleme zu lösen, welche im
Zusammenhang mit der steuerlichen Behandlung von Beiträgen und Leistungen aus-
ländischer Vorsorgeeinrichtungen auftreten können.
3. a) Der Pflichtige beantragt zudem, die Rente der DRV gemäss § 22 Abs. 3
StG als Leibrente zu betrachten und diese nur zu 40% zu besteuern.
b) Unter einer Leibrente im Sinn von Art. 516 ff. OR versteht man die vom Le-
ben einer Person (i. d. R. dem Leben des Rentengläubigers) abhängige Verpflichtung
des Rentenschuldners, dem Rentengläubiger zeitlich wiederkehrende Leistungen zu
erbringen, die nicht auf eine Kapitalforderung angerechnet werden (Rich-
ner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 22 N 58 StG; Peter Locher, Kommentar zum DBG,
1. Teil, 2001, Art. 22 N 51). Der gesetzlichen Konzeption für die reduzierte Besteue-
rung von Leibrenten liegt die Überlegung zugrunde, dass sich eine Leibrente aus ei-
nem Kapital- und einem Ertragsteil zusammensetzt, wovon der Kapitalteil von der
steuerpflichtigen Person, ihren Angehörigen oder bestimmten Dritten stammt. Steuer-
bar soll beim Empfänger einzig die Ertragskomponente sein, welche aus Gründen der
Vereinfachung und Praktikabilität bewusst schematisch festgesetzt wurde. Die Rege-
lung gilt unabhängig davon, ob die Rente von einer Versicherungsgesellschaft, von
einem sonstigen Geschäftsbetrieb oder von einer Privatperson ausgerichtet wird (Lo-
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2 ST.2014.249
cher, Art. 22 N 52 DBG). Die steuerbare Ertragskomponente von 40% bleibt auch ohne
Rücksicht darauf konstant, ob die Leibrente vom Rentenbezüger selbst finanziert wur-
de oder ob das Kapital von einem Dritten aufgebracht wurde. Leistungen, die im Rah-
men der 1. und 2. Säule sowie der Säule 3a ausbezahlt werden, fallen nicht unter den
Begriff der Leibrente nach § 22 Abs. 3 StG, da sie keine Kapitalrückzahlungskompo-
nente betreffend das vom Pflichtigen einbezahlte Kapital enthalten (Richner/Frei/Kauf-
mann/Meuter, § 22 N 12, 59, 62 StG).
c) Die Rentenansprüche werden in der DRV in erster Linie nach der Beitrags-
dauer berechnet. Die Höhe des einbezahlten Kapitals ist, soweit ersichtlich, nicht allein
entscheidend und insbesondere enthalten die Rentenberechnungen keine Kapitalrück-
zahlungskomponente (BGr, 21. März 2011, 2C_530/2010 = StE 2011 B 26.11 Nr. 3 =
ASA 80, S. 84 ff., E. 2.3; vgl. R-act. 9/1, www.deutsche-rentenversicherung.de]). Dass
das einbezahlte Kapital eine untergeordnete Rolle spielt, lässt sich auch daraus able-
sen, dass die Renten der DRV im sogenannten Umlageverfahren ausbezahlt werden,
d.h. die aktuellen Einnahmen der Rentenversicherungsträger werden für die Auszah-
lung der verfassungsrechtlich geschützten Rentenansprüche verwendet. Die Qualifizie-
rung der strittigen Rentenzahlungen als Leibrente verbietet sich nur schon aus diesem
Grund.
Weiter wird durch die DRV schon vor dem Erwerb der ordentlichen Rente das
Risiko eines Erwerbsausfalls infolge Unfall oder Krankheit (Erwerbsminderung) abge-
deckt. Eine solche Versicherungskomponente ist dem zivilrechtlichen Leibrentenver-
trag fremd und spricht ebenfalls dafür, die im Alter fliessenden Zahlungen nicht als zi-
vilrechtliche Leibrenten anzusehen. Schliesslich werden die Leistungen der DRV von
einer öffentlichrechtlichen Körperschaft erbracht, die einen Zweig der allgemeinen
staatlichen Sozialversicherung darstellt, was ebenfalls nahe legt, die entsprechenden
Renten als der AHV ähnlich anzusehen und entsprechend zu besteuern (vgl. der be-
reits zitierte Bundesgerichtsentscheid BGr. 21. März 2011, 2C_530/2010).
Die Rente des Pflichtigen ist damit keine Leibrente nach § 22 Abs. 3 StG, wel-
che im Umfang von 40% zu besteuern wäre.
http://www.deutsche-/
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2 ST.2014.249
4. Diese Erwägungen führen zur Abweisung des Rekurses. Ausgangsgemäss
sind die Verfahrenskosten dem Pflichtigen aufzuerlegen (§ 151 Abs. 1 StG | Public | Tax | de | 2,015 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
c395f178-ed60-488c-9559-e14b83644dff | hat sich ergeben:
A. 1. A (nachfolgend: die Pflichtige), hat am 7. April 2006 B geheiratet. Seit
April 2001 hat sie zusammen mit diesem an der ... in C gewohnt. Am 28. Juni 2006
haben die Eheleute AB das Miteigentum an einer 5 1⁄2-Zimmerwohnung in D (Kanton
Thurgau) erworben. Die Pflichtige hat sich am 8. Januar 2007 in C abgemeldet und am
Folgetag in D angemeldet. Gleich verhielt es sich diesbezüglich offenbar bei ihrem
Ehemann. Für 2006 hat die Pflichtige am 28. März 2007 in C eine Steuererklärung ab-
gegeben. Gestützt darauf und in Übereinstimmung damit ist sie im Kanton Zürich für
diese Steuerperiode mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 56'400.- und einem
steuerbaren Vermögen von Fr. 0.- eingeschätzt worden (Grundtarif), und zwar nach
Massgabe von § 52 Abs. 2 Satz 1 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) getrennt
von ihrem Gatten. Die darauf beruhende definitive Steuerrechung ist ihr im Oktober
2007 zugestellt worden, worauf sie diese am 12. November 2007 vollumfänglich begli-
chen hat. Mangels Anfechtung ist diese Einschätzung in Rechtskraft erwachsen.
2. Nach getroffenen Abklärungen hat das Gemeindesteueramt D die Ehegat-
ten AB am 15. Januar 2008 qua dortigem Wohnsitz per 31. Dezember 2006 für die
(ganze) Steuerperiode 2006 der unbeschränkten Steuerpflicht unterworfen. Diesem
Entscheid hat sich die Pflichtige ebenso wie ihr Ehemann unterworfen, mit der Folge,
dass er rechtskräftig geworden ist. Mit Entscheid vom 1. April 2008 hat dieses Steuer-
amt die Eheleute für 2006 (1.1. - 31.12.) aufgrund von "§ 58 Abs. 1 StG TG" gemein-
sam mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 236'800.- und einem steuerbaren
Vermögen von Fr. 0.- eingeschätzt. Auch dieser Entscheid blieb unangefochten.
3. Mit Schreiben vom 28./29. Mai 2008 gelangte die Pflichtige mit der Bitte an
das Gemeindesteueramt C, die für 2006 bezahlten Steuern zurückzuzahlen.
Am 9. Juni 2008 liess das kantonale Steueramt Zürich die Pflichtige wissen,
eine Rückerstattung komme nicht in Frage.
Mit Eingabe vom 25./28. Juli 2008 beharrte die Pflichtige auf ihrem Begehren
und bat das Steueramt, die Veranlagung wiedererwägungs- oder revisionsweise auf-
zuheben.
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2 ST.2009.64 2 DB.2009.31
Mit "Einschätzungsentscheid" (recte: Revisionsentscheid) vom 17. Novem-
ber 2008 wies das kantonale Steueramt das Revisionsbegehren hinsichtlich der
Staats- und Gemeindesteuern ab.
B. Die dagegen gerichtete Einsprache vom 14./15. Dezember 2008 wies das
kantonale Steueramt am 5. Februar 2009 ab.
C. Mit Eingabe vom 9. März 2009 verlangte die Pflichtige vor Rekurskom-
mission, den Einspracheentscheid aufzuheben; es sei festzustellen, dass sie ab
1. Januar 2006 im Kanton Zürich nicht mehr steuerpflichtig sei, und die Vorinstanz sei
anzuweisen, die Staats- und Gemeindesteuern 2006 sowie die entsprechende Bun-
dessteuer zurückzuerstatten, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen.
Das kantonale Steueramt schloss am 30. März 2009 auf Abweisung des Re-
kurses; sodann sei auf die Beschwerde nicht einzutreten.
Am 8. April 2009 äusserte sich das Gemeindesteueramt D, welches in das
Verfahren miteinbezogen wurde, und schloss auf Gutheissung von Rekurs und Be-
schwerde.
Hingegen hat die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) auf eine Ver-
nehmlassung verzichtet.
Auf das Ergebnis der Sachverhaltsermittlung, die Begründung im angefochte-
nen Einspracheentscheid und den Inhalt der Rechtsmitteleingaben ist, soweit rechtser-
heblich, in den nachfolgenden Erwägungen einzugehen. | Die Rekurskommission zieht in Erwägung:
1. a) Gegen den Einspracheentscheid bezüglich der direkten Bundessteuer
bzw. der Staatssteuer kann der Steuerpflichtige laut Art. 140 Abs. 1 des Bundesgeset-
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2 ST.2009.64 2 DB.2009.31
zes über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990 (DBG) bzw. § 147 Abs. 1
StG binnen 30 Tagen schriftlich Beschwerde bzw. Rekurs erheben. Anfechtungsobjekt
bildet mithin der Einspracheentscheid; nur falls ein solcher Entscheid vorliegt, kann die
Steuerrekurskommission auf ein entsprechendes Rechtsmittel eintreten.
Das kantonale Steueramt hat im Einspracheverfahren einzig über ein Revisi-
onsgesuch bezüglich der Staats- und Gemeindesteuereinschätzung 2006 befunden
und am 5. Februar 2009 darüber entschieden. Mithin ist auf den Rekurs – da auch die
weiteren Gültigkeitsvoraussetzungen erfüllt sind – einzutreten. Hingegen kann die Re-
kurskommission auf die Bundessteuerbeschwerde mangels eines anfechtbaren vor-
instanzlichen Entscheids nicht eintreten.
b) Das Steueramt setzt nach § 139 Abs. 1 StG die Steuerfaktoren fest. Dazu
gehören das steuerbare Einkommen und Vermögen sowie der Steuertarif. Gegen des-
sen Entscheid kann Einsprache (§ 140 Abs. 1 StG) und hernach Rekurs (§ 147 Abs. 1
StG) geführt werden. Der Bezug der Steuern obliegt nach Zürcher Recht dem Gemein-
desteueramt (§ 172 StG). Gegen dessen Entscheid kann Einsprache und gegen den
Einspracheentscheid Rekurs bei der Finanzdirektion erhoben werden (§ 178 StG).
Neuerdings ist dagegen der Rechtsmittelweg an das Verwaltungsgericht offen. All das
gilt in gleicher Weise für die Rückerstattung von Steuern. Daraus wird ersichtlich, dass
der Steuerrekurskommission in diesem Bereich keinerlei Kompetenz zusteht. Auf das
Begehren, die Vorinstanz anzuhalten, die Staats- und Gemeindesteuern 2006 zurück-
zuerstatten, ist daher nicht einzugehen.
c) An den Verfahren vor Steuerrekurskommission sind im Zusammenhang mit
einem interkantonalen Steuerkonflikt – wie hier – einzig der Steuerpflichtige, das kan-
tonale Steueramt, das betroffene Zürcher Gemeinwesen (hier: die Gemeinde C) und –
gestützt auf Art. 111 Abs. 2 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht vom
17. Juni 2005 (BGG) – allenfalls die ESTV (siehe BGr, 3. Februar 2009, 2C_420/2008)
beteiligt. Hingegen sind vom Ausgang des Verfahrens möglicherweise indirekt betrof-
fene Hoheitsträger wie der andere Kanton sowie die ausserkantonale Gemeinde nicht
involviert. Dies gilt hier namentlich für die Gemeinde D, welche für sich und den Kanton
Thurgau die unbeschränkte Steuerhoheit über die Pflichtige pro 2006 beansprucht.
Daran vermag der Umstand, dass die Steuerrekurskommmission II sie fälschlicherwei-
se zur Vernehmlassung eingeladen hat, nichts zu ändern. Folgerichtig ist ihre Stellung-
nahme vom 8. April 2009 unbeachtlich. Allerdings bleibt dies letztlich ohne Einfluss auf
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2 ST.2009.64 2 DB.2009.31
den Ausgang des Streits, weil die Fakten, soweit hier massgeblich, ohnehin schon ak-
tenkundig sind.
2. a) Fest steht, dass die Pflichtige für die Staats- und Gemeindesteuerperiode
2006 (1.1. - 31.12.) im Kanton Zürich rechtskräftig eingeschätzt ist. Sodann ist erstellt,
dass das Gemeindesteueramt D die Pflichtige für die nämliche Steuerperiode namens
des Kantons Thurgau (zusammen mit deren Gatten) ebenfalls rechtskräftig einge-
schätzt hat. Dabei haben beide Fisken die unbeschränkte Steuerhoheit für sich bean-
sprucht. Mithin liegt eine konkrete, gegen Art. 127 Abs. 3 BV verstossende Doppelbe-
steuerung vor. Daran ändert der Umstand, dass die Pflichtige im Kanton Zürich
eigenständig besteuert worden ist, wogegen der Kanton Thurgau sie zusammen mit
dem Ehemann erfasst hat, selbstredend nichts.
b) Die Pflichtige hat sich offenkundig der Meinung der Thurgauer Steuerbe-
hörden angeschlossen, dass sie am für diese Steuerperiode massgeblichen Stichtag,
nämlich am 31. Dezember 2006 (Art. 68 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Harmo-
nisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden vom 14. Dezem-
ber 1990/15. Dezember 2000), Wohnsitz in D hatte, wo sie zusammen mit ihrem Gat-
ten eine eigene Eigentumswohnung bewohnt. Darum ist sie an das Gemeindesteuer-
amt C mit dem Begehren gelangt, die hiesige Einschätzung 2006 zu annullieren und ihr
den für 2006 geleisteten Steuerbetrag zurückzuerstatten. Um diesem – angesichts der
tatsächlichen Verhältnisse verständlichen – Anliegen nachkommen zu können, bedarf
es indes einer (hinreichenden) gesetzlichen Grundlage. Ob diese Voraussetzung erfüllt
ist, muss – wie die Pflichtige zu Recht dafür hält – namentlich anhand der Vorschriften
über die Revision – hier bezüglich der Einschätzung – geklärt werden.
3. a) Ist die Steuerhoheit eines Kantons strittig, muss von Bundesrechts wegen
grundsätzlich in einem Vorentscheid rechtskräftig über die subjektive Steuerpflicht im
Kanton entschieden werden, bevor das Einschätzungsverfahren fortgesetzt werden
kann (BGE 131 I 145 E. 2.1). Ein solcher Entscheid ist wegen Verletzung von Art. 127
Abs. 3 BV anfechtbar. Einzig wenn das Bundesgericht bei gleicher Sachlage die Steu-
erhoheit des Einschätzungskantons bereits bejaht hat, kann auf die Vorausbeurteilung
verzichtet werden (BGE 123 I 289 E. 1a). Ist ein solcher Kompetenzkonflikt rechtskräf-
tig entschieden, ist das Ergebnis für die Einschätzung verbindlich; es kann darauf im
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2 ST.2009.64 2 DB.2009.31
nachfolgenden Einschätzungsverfahren nicht mehr zurückgekommen werden (Peter
Locher, Einführung in das interkantonale Doppelbesteuerungsrecht, 2.A., 2003,
S. 153). Dies heisst, dass die Anfechtung des Hoheitsentscheids unmittelbar, nämlich
binnen Rechtsmittelfrist nach dessen Eröffnung zu erfolgen hat. Den Hoheitsanspruch
kann der Betroffene mit den gewöhnlichen Rechtsmitteln bestreiten und letztinstanzlich
mittels Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vor Bundesgericht
(Art. 82 ff. BGG) anfechten. Dabei ist erforderlich, dass der kantonale Instanzenzug
durchlaufen wird; denn die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist
nur gegen letztinstanzliche kantonale Urteile zulässig (Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG). Dabei
gilt es eine Besonderheit zu beachten:
Laut Art. 100 BGG beträgt die Beschwerdefrist in der Regel 30 Tage (Abs. 1).
Sie beginnt bei interkantonalen Kompetenzkonflikten, so auch in interkantonalen
Doppelbesteuerungsangelegenheiten (BGE 133 I 300 E. 2.2.2), spätestens dann zu
laufen, wenn in beiden Kantonen Entscheide getroffen worden sind, gegen welche
beim Bundesgericht Beschwerde möglich ist (Abs. 5). Hat ein Rechtssuchender den
kantonalen Rechtsweg beschritten, so kann er vor Bundesgericht innert dieser Frist
auch den Steueranspruch des andern Kantons anfechten, selbst wenn die entspre-
chende Verfügung (bzw. der entsprechende Entscheid) bereits in Rechtskraft erwach-
sen ist. Geht dem Veranlagungsverfahren ein Steuerdomizilentscheid voraus, gilt es,
ihn fristgerecht anzufechten. Erwächst dieser in Rechtskraft, ist ein Zurückkommen auf
diese Frage im folgenden Einschätzungsverfahren ausgeschlossen. Dies gilt dann,
wenn der Domizilentscheid erst nach dem definitiven (Domizil- oder Einschätzungs-
)Entscheid des andern Kantons ergangen ist. Daher braucht der Steuerpflichtige den
Entscheid des erstverfügenden Kantons nicht umgehend anzufechten; jedenfalls dann
nicht, wenn er damit einverstanden ist, sofern kein anderer Kanton (ebenfalls) die un-
beschränkte Steuerhoheit beansprucht (StE 2002 A 24.21 Nr. 13 E. 1c). Unter solchen
Umständen kann er mit der Anfechtung dieses Entscheids zuwarten, bis auch der
zweite Kanton verfügt hat. Er kann sich dem rechtskräftigen Domizilentscheid bzw. der
rechtskräftigen Veranlagungsverfügung des Erstkantons zusammen mit der Anfech-
tung des Domizilentscheids des zweitverfügenden Kantons widersetzen.
aa) Schwierigkeiten ergeben sich u.a. dann, wenn der die Steuerhoheit eben-
falls beanspruchende Kanton im Zeitpunkt der Verfügung des Zweitkantons den Steu-
erpflichtigen für die betreffende Steuerperiode bereits rechtskräftig eingeschätzt hat
und dieser mit der Inanspruchnahme durch den Zweitkanton einverstanden ist, sich
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2 ST.2009.64 2 DB.2009.31
unter solchen Umständen jedoch der Besteuerung im Erstkanton – verständlicher-
weise – nicht (mehr) fügen will. In dieser Situation hat der Steuerpflichtige eigentlich
keinen Anlass, gegen die Verfügung des Zweitkantons vorzugehen. Gleichwohl müsste
er – gegen seine Interessen – aus rein formalen Gründen an sich den kantonalen In-
stanzenzug in diesem Kanton durchlaufen, um ein Urteil einer letzten kantonalen In-
stanz im Sinn von Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG zu erlangen, um dann vor Bundesgericht
die Doppelbesteuerung zu rügen und sich in diesem Verfahren gegen die Verfügung
des anderen Kantons zur Wehr zu setzen (so BGE 133 I 300 E. 2.3 und 2.4). Dieser
strengen Betrachtung ist allerdings zu Recht Widerstand erwachsen. Verschiedene
Autoren (so Meier/Clavadetscher, Prozessuale Klippen bei der Durchsetzung des
interkantonalen Doppelbesteuerungsverbots, FStR 2007, 139; Markus Zimmermann,
Der Rechtsschutz auf dem Gebiet der interkantonalen Doppelbesteuerung unter der
Geltung des BGG, Jusletter vom 14.4.2008, Ziff. II 2; Peter Locher, Die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wegen Verletzung des Doppelbesteuerungsver-
bots von Art. 127 Abs. 3 BV, ASA 77, 502 f.; je auch zum Folgenden) haben auf die
Ungereimtheiten und die unnötigen Schwierigkeiten einer solchen Betrachtung hinge-
wiesen. Die einzig statthafte Vorgehensweise würde darin bestehen, dass der Steuer-
pflichtige sich zum Schein der Veranlagung jenes Kantons (des Zweitkantons) wider-
setzte, mit dessen Schluss er einverstanden ist. Sofern sich die entsprechende
Verfügung aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse als rechtmässig erwiese, würde er
dabei auf kantonaler Ebene unterliegen und kostenpflichtig. Gleich verhielte es sich,
wenn er auf kantonaler Ebene Rechtsmittel ergriffe, ohne sich der Verfügung im Grund
zu widersetzen, einzig mit dem Ziel, einen letztinstanzlichen kantonalen Entscheid zu
erwirken, um dann vor Bundesgericht die Einschätzung des andern Kantons zu be-
kämpfen. In dieser Situation würde nämlich mangels Beschwer im kantonalen Verfah-
ren auf die Rechtsbegehren erst gar nicht eingetreten. Vor Bundesgericht ergäbe sich
die prozessuale Schwierigkeit, dass es eigentlich einzig prüfen dürfte, ob der
Nichteintretensentscheid rechtsbeständig sei oder nicht; denn eine Ausweitung des
Streitgegenstands ist gemäss Gesetz ausgeschlossen (Art. 99 Abs. 2 BBG; siehe Ul-
rich Meyer, in: Basler Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz, 2008, Art. 99 N 60).
Auch wenn die Rechtsprechung insofern nicht so rigoros ist (BGE 133 I 300 E. 2.4), so
kann doch nicht übersehen werden, dass sich dieser Weg für den Rechtssuchenden
als unnötig kostspielig erweist, bliebe dieser doch selbst bei Obsiegen vor Bundesge-
richt gezwungenermassen auf den kantonalen Gerichtskosten sitzen. Hinzu kommen
unter Umständen eine nicht notwendige Verlängerung des Verfahrens und vermeidba-
re Umtriebe. Dies jedenfalls dann, wenn der erstveranlagende Kanton sich aufgrund
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2 ST.2009.64 2 DB.2009.31
der veränderten Situation zu einer einvernehmlichen Lösung bereit erklärt und auf sei-
nen Steueranspruch im Licht der neuen rechtlichen Verhältnisse von sich aus verzich-
ten würde. Da es nicht angehen kann, einem solch blossen, sinnleeren Formalismus
das Wort zu reden, ist nach einem anderen Weg zu suchen, um dem Pflichtigen zur
Beseitigung der Doppelbesteuerung zu verhelfen.
bb) Eine denkbare Lösung wäre, im Erstkanton im Anschluss an die Eröffnung
der Verfügung durch den Zweitkanton das Einspracherecht bzw. den Rechtsmittelweg
nachträglich wieder zu öffnen. Dem stünde allerdings die Rechtskraft entgegen. Dass
die Voraussetzungen für eine Wiederherstellung dieser Fristen (§ 15 der Verordnung
zum Steuergesetz vom 1. April 1998; VO StG) erfüllt wären, ist nicht erkennbar. Mithin
bleibt als einziger Ausweg das Institut der Revision (siehe Locher, Beschwerde,
S. 503).
b) Nach § 155 Abs. 1 StG kann ein rechtskräftiger Entscheid auf Antrag des
Steuerpflichtigen oder von Amts wegen zu dessen Gunsten revidiert werden, wenn
(nachträglich) erhebliche Tatsachen oder entscheidende Beweismittel entdeckt werden
(lit. a), wenn die erkennende Behörde erhebliche Tatsachen oder entscheidende Be-
weismittel, die ihr bekannt waren oder bekannt sein mussten, ausser Acht gelassen
oder in anderer Weise wesentliche Verfahrensgrundsätze verletzt hat (lit. b) oder wenn
ein Verbrechen oder Vergehen den Entscheid beeinflusst hat (lit. c). Der Revisions-
grund der neuen Tatsache ist nur dann gegeben, wenn es sich um Tatsachen handelt,
die im Zeitpunkt der Fällung des infrage stehenden Entscheids bereits vorlagen
(vgl. Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zur harmonisierten Zürcher Steuer-
recht, 2. A. 2006, § 155 N 24). Gemäss § 155 Abs. 2 StG ist die Revision ausgeschlos-
sen, wenn der Antragsteller das, was er als Revisionsgrund vorbringt, bei der ihm zu-
mutbaren Sorgfalt schon im ordentlichen Verfahren hätte geltend machen können.
Diese Gründe sind vom Bundesrecht vorgegeben (Art. 51 Abs. 1 und 2 StHG).
aa) Sodann ist laut verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung eine Revision
ausnahmsweise auch dann zulässig, wenn deren Verweigerung unter dem Aspekt der
Gerechtigkeit stossende, schockierende und unhaltbare Ergebnisse nach sich zöge
(VGr, 6. Juni 2007, SB.2006.00071, mit Verweisungen). Damals hat das oberste kan-
tonale Gericht erkannt, über die gesetzlich umschriebenen Revisionsgründe hinaus sei
der Kanton zur Abänderung eines rechtskräftigen Steuerentscheids zu Gunsten des
Steuerpflichtigen von Bundesrechts wegen verpflichtet, wenn dies verfassungsrechtlich
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2 ST.2009.64 2 DB.2009.31
geboten sei. Allgemein könne davon ausgegangen werden, dass aufgrund der Anfor-
derungen des Rechtsgleichheitsgebots nach Art. 8 BV sowie des Willkürverbots ge-
mäss Art. 9 BV eine Generalklausel bestehe, wonach über die im Gesetz genannten
Gründe hinaus eine Revision auch ohne ausdrückliche gesetzliche Grundlage dann
zulässig sei, wenn deren Verweigerung unter dem Aspekt der Gerechtigkeit zu stos-
senden, schockierenden und unhaltbaren Ergebnissen führen würde (vgl. Klaus
A. Vallender, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/1, 2.A., 2002,
Art. 51 N 24 StHG; BGE 98 Ia 568 E. 5b; ASA 45, 62). Die Aufhebung eines rechtskräf-
tigen Entscheids setze demnach eine Interessenabwägung zwischen dem Interesse
der Rechtssicherheit und demjenigen der Gerechtigkeit, insbesondere der gesetzmäs-
sigen, rechtsgleichen Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, voraus
(Känzig/Behnisch, Die direkte Bundessteuer (Wehrsteuer), III. Teil, 2.A., 1992, Art. 126
N 28; StE 1996 B 97.11 Nr. 11). Die Annahme eines über- bzw. aussergesetzlichen
Revisionsgrunds rechtfertige sich deshalb beispielsweise dort, wo eine offensichtlich
unrichtige Veranlagung zur Diskussion steht; dies unter Umständen selbst dann, wenn
der Steuerpflichtige den Irrtum bei der ihm zumutbaren Sorgfalt rechtzeitig hätte ent-
decken und den Fehler mit einem ordentlichen Rechtsmittel hätte rügen können. In
diesen Fällen sei aber als Schranke der Grundsatz von Treu und Glauben zu beach-
ten, weil Steuerpflichtige keine Vorteile aus der Spekulation auf einen Veranlagungs-
fehler sollen ziehen können (Hugo Casanova, Heilt mangelnde Sorgfalt des Steuer-
pflichtigen offensichtliche Veranlagungsfehler?, in: L'image de l'homme en droit, Mé-
langes publiés par la faculté de droit à l'occasion du centenaire de l'université de
Fribourg, 1990, S. 118; vgl. StE 1987 B 97.11 Nrn. 5 und 6). Abzulehnen sei allerdings
auch bezüglich des übergesetzlichen Revisionsgrunds der Willkür, dass ein solcher nur
vorliegen könne, wenn der zu revidierende Entscheid nichtig sei.
Von dieser übergesetzlichen Revisionsmöglichkeit ist – wenn überhaupt – nur
mit allergrösster Zurückhaltung Gebrauch zu machen (StRK II, 4. April 2008,
2 ST.2008.20 und 2 DB.2008.12). Sie darf höchstens dann Platz greifen, wenn eine
ganz aussergewöhnliche Situation vorliegt und keine andere Korrekturmöglichkeit er-
kennbar ist. Allein dort, wo die willkürliche Rechtsanwendung zu durch nichts mehr zu
rechtfertigenden absurden Ergebnissen führte, könnte eine nachträgliche Korrektur
überhaupt ernsthaft infrage kommen und liesse es sich rechtfertigen, die Rechtskraft
mit dieser Begründung zu durchbrechen.
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2 ST.2009.64 2 DB.2009.31
bb) Schliesslich kennt das internationale Steuerrecht die Verständigungslö-
sung aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens als eigenständigen Revisions-
grund (Peter Locher, Einführung in das internationale Steuerrecht der Schweiz, 3.A.,
2005, S. 537 mit Hinweisen). Locher sieht in Analogie dazu einen Ausweg darin, dass
in Auslegung von Art. 127 Abs. 3 BV ein entsprechender, somit verfassungsmässig
garantierter Revisionsgrund anerkannt wird (Beschwerde, S. 503). Dieser kreative An-
satz lässt sich ohne Weiteres rechtfertigen, namentlich im Licht des BGG, welches als
ein wesentliches Ziel die Entlastung des Bundesgerichts verfolgt. Mit der Ableitung
eines Revisionsanspruchs aus der Verfassung lassen sich unnötige Beschwerdever-
fahren vor Bundesgericht vermeiden. Die Steuerrekurskommission II schliesst sich
dieser Rechtsauffassung an.
cc) Nach § 156 StG ist das Revisionsbegehren vom Steuerpflichtigen innert 90
Tagen seit Entdeckung des Revisionsgrunds, spätestens aber innert zehn Jahren nach
Mitteilung des Entscheids zu stellen. Das Begehren ist gemäss § 157 StG schriftlich
der Behörde einzureichen, die den zu revidierenden Entscheid getroffen hat (Abs. 1).
Es muss die Revisionsgründe genau bezeichnen und einen Antrag enthalten, in wel-
chem Umfang der frühere Entscheid aufzuheben und wie neu zu entscheiden sei
(Abs. 2). Die Beweismittel für die Revisionsgründe sowie für die Behauptung, seit ihrer
Entdeckung seien noch nicht 90 Tage verflossen, müssen dem Revisionsbegehren
beigelegt oder, sofern dies nicht möglich ist, genau bezeichnet werden (Abs. 3).
4. Die hiesige Einschätzung 2006 ist am 12. Oktober 2007 ergangen und, wie
bereits erwähnt, in Rechtskraft erwachsen.
a) Die Frist, dagegen Einsprache zu erheben, ist längst abgelaufen. Es ist nicht
erkennbar, gestützt worauf diese Frist wiederhergestellt werden könnte. Namentlich
liegen keine schwerwiegenden Gründe vor, welche die Pflichtige daran gehindert hät-
ten, gegen die Zürcher Einschätzung im offenen Verfahren Einsprache zu erheben
(§ 15 Abs. 1 VO StG).
b) Mithin bleibt zu klären, ob die Voraussetzungen für eine Revision erfüllt sind.
aa) Die kantonalrechtlichen, gesetzlich normierten Revisionsgründe vermögen
nicht zu greifen. Namentlich kann im Entscheid des Steueramts der Gemeinde D, wo-
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2 ST.2009.64 2 DB.2009.31
mit diese am 15. Januar 2008 für 2006 die Steuerhoheit beansprucht hat, bezüglich der
hiesigen Einschätzung 2006 keine neue Tatsache erblickt werden. Denn eine solche
ist, wie gesehen, nur dann gegeben, wenn sie im Zeitpunkt der Fällung des infrage
stehenden Entscheids – konkret der Einschätzung der Gemeinde C – bereits vorlag.
Das aber traf hier nicht zu. Ob gestützt auf Art. 8 BV ein Revisionsgrund zu orten sei,
mag, wie zu zeigen ist, dahingestellt bleiben. Denn dieser Titel kann einzig als ultima
ratio greifen; solange eine andere Bestimmung eine Revision erlaubt, muss er von
Vornherein ausser Acht bleiben, so auch hier. In der vorliegenden Konstellation lässt
sich indes direkt aus Art. 127 Abs. 3 BV ein Revisionsgrund ableiten (vorn E. 3 b bb).
Hat sich die Pflichtige – aufgrund der vorliegenden Umstände wohl zu Recht – für 2006
unbeschränkt der Thurgauer Steuerhoheit unterworfen und den entsprechenden Ho-
heitsentscheid vom 15. Januar 2008 akzeptiert, so hatte sie Anspruch auf eine korres-
pondierende Anpassung der Zürcher Einschätzung bzw. richtig betrachtet auf deren
Überprüfung. Allerdings war sie diesbezüglich in zeitlicher Hinsicht, wie gesehen, nicht
frei:
Die Pflichtige hatte Gelegenheit, binnen 90 Tagen nach Eröffnung des Thur-
gauer Hoheitsentscheids im Kanton Zürich um Revision der hiesigen Einschätzung
nachzusuchen. Es hätte an ihr gelegen, binnen dieser Frist insofern aktiv zu werden.
Das aber ist nicht geschehen. Die Pflichtige hat sich erst mit Eingabe vom
28./29. Mai 2008 an das Steueramt C gewandt und unter Hinweis auf die Thurgauer
Steuerpflicht sowie die entsprechende Veranlagung die Rückerstattung der für 2006
hier bezahlten Steuern verlangt. Angesichts dessen, dass die Verfasserin in Steuersa-
chen Laie ist, dürfte darin wohl ein hinreichendes Revisionsgesuch erblickt werden;
doch ist dies unerheblich. In diesem Zeitpunkt war die Revisionsfrist auf jeden Fall
längst abgelaufen. Wenn die Pflichtige es versäumt hat, sich fristgerecht bei den hiesi-
gen Steuerbehörden zu melden, was ihr durchaus zumutbar gewesen wäre und von ihr
auch hätte erwartet werden dürfen, hat sie die sich daraus für sie ergebenden negati-
ven Folgen selber zu verantworten und zu tragen. Zwar ist die Thurgauer Veranlagung
erst am 1. April 2008 ergangen; bezogen auf diese Verfügung wäre die Revisionsfrist
in Zürich eingehalten. Doch kommt es darauf nicht an. Denn massgeblich ist, falls –
wie hier – ein Steuerhoheitsentscheid vorliegt, wie gesehen einzig dieser. Geht es um
die Steuerpflicht als solche, kann der Einwand der unstatthaften Doppelbesteuerung
ausschliesslich dagegen erfolgen und muss dies innert Rechtsmittelfrist geschehen,
ungeachtet ob das Rechtsmittel ordentlicher oder ausserordentlicher Natur ist. Dies
verkennt die Pflichtige.
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2 ST.2009.64 2 DB.2009.31
Bei solcher Lage der Dinge ist der Revisionsweg verschlossen.
bb) Was die Pflichtige dagegen vorzubringen weiss, sticht nicht:
Wohl hat das Gemeindesteueramt D das kantonale Steueramt Zürich mit einer
Kopie des Hoheitsentscheids vom 12. Januar 2008 bedient. Doch war der hiesige Fis-
kus allein gestützt darauf klarerweise nicht gehalten, irgendwie zu reagieren. Vielmehr
ging es um eine blosse Information und Kenntnisnahme. Es stand ja nicht einmal fest,
ob die Pflichtige sich mit dieser Würdigung abfinden werde. Und später, als das Steu-
eramt D am 5. Juni 2008 dem Steueramt Zürich mitgeteilt hatte, der Steuerdomizil-
entscheid sei nun rechtskräftig, und diesen eine Kopie der Veranlagung 2006 hatte
zukommen lassen, war die Revisionsfrist bereits abgelaufen. Auch von Amts wegen
hätte das hiesige Steueramt im Revisionsverfahren materiell nichts mehr unternehmen
dürfen. Denn hätte der Steuerpflichtige – wie hier –Gelegenheit gehabt, gültig Revision
zu verlangen, geht es nicht an, bei späterer Kenntnisnahme des Revisionsgrunds
durch die Steuerbehörde die Revisionsfrist von Neuem auszulösen. Doch selbst wenn
diese Sendung noch binnen Revisionsfrist beim Zürcher Steueramt eingegangen wäre,
vermöchte dies der Pflichtigen nicht zu helfen. Denn sie müsste sich mangelnde Sorg-
falt in der Wahrung ihres (Revisions-)Rechts vorhalten lassen (vgl. § 155 Abs. 2 StG).
Ebenso wenig kann ihr die Berufung auf Treu und Glauben helfen. Wie es sich
bei ihrem Gatten mit der Rückerstattung verhalten hat, ist nicht bekannt. Doch mag
dies dahingestellt bleiben. Auch wenn die Rückerstattung der Zürcher Steuern 2006
bei ihm spontan erfolgt sein sollte, kann sie daraus nichts zu ihren Gunsten ableiten.
Ungeachtet dessen hätte sie in eigener Sache rechtzeitig bei den Zürcher Behörden
vorstellig werden müssen. Dies umso mehr, als die Thurgauer Behörden sie, soweit
erkennbar, erst nach Ablauf der Revisionsfrist von der Rechtskraft des (eigenen) Ho-
heitsentscheids in Kenntnis gesetzt haben. Auch kann von einer fehlerhaften oder un-
vollständigen Rechtsmittelbelehrung nicht die Rede sein. Sowohl die Zürcher Einschät-
zung als auch der Steuerhoheitsentscheid waren mit einer gesetzeskonformen und
vollständigen Belehrung versehen. Ein spezieller Rechtsmittelhinweis für Doppelbe-
steuerungsangelegenheiten ist nicht geboten.
c) Nach alledem muss es dabei sein Bewenden haben, dass das kantonale
Steueramt eine Korrektur der rechtskräftigen Einschätzung mit gutem Grund verweigert
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2 ST.2009.64 2 DB.2009.31
hat. Der angefochtene Einspracheentscheid erweist sich als rechtsbeständig. Daran
ändert der Umstand der nicht ohne Weiteres nachvollziehbaren Begründung nichts.
Aus ihr geht jedenfalls aus Sicht der Rekurskommission II nicht hervor, warum eine
Revision ausgeschlossen sein soll; nachvollziehbar ist einzig der letztlich nicht weiter-
führende Vorhalt, die Pflichtig hätte binnen Frist die Thurgauer Verfügung anfechten
müssen.
5. Bei diesem Ausgang der Verfahren hat die Pflichtige die Kosten zu tragen
(§ 150 Abs. 1 StG und Art. 144 Abs. DBG) und steht ihr von vornherein keine Partei-
entschädigung zu (§ 151 StG i.V.m. § 17 Abs. 2 des Verwaltungspflegegesetzes vom
24. Mai 1959/8. Juni 1997 und Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 - 3 des Ver-
waltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 1968). | Public | Tax | de | 2,009 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
c3c45718-eecc-46e0-b5e1-8bba99fe8ce2 | hat sich ergeben:
A. A und B (nachfolgend die Pflichtigen) besitzen die italienische, die brasilia-
nische sowie die US-amerikanische Staatsbürgerschaft und sind seit 2007 mit Wohn-
sitz in der Stadt Zürich in der Schweiz ansässig. Sie verfügen über verschiedene Ver-
mögenswerte im Ausland (USA und Brasilien), enthaltend Liegenschaften und
Wertschriften/Beteiligungen.
In den Steuererklärungen 2008 und 2009 wiesen sie im Rahmen der internati-
onalen Steuerausscheidung jeweils Dividendeneinkommen aus Brasilien in der Höhe
von umgerechnet Fr. 361'175.- bzw. Fr. 165'996.- dem Ausland (USA) zu. Zur Erklä-
rung bemerkten sie in einem Begleitschreiben, dass gestützt auf internationales Steu-
errecht diese Dividenden grundsätzlich sowohl in den USA als auch in der Schweiz
besteuert werden könnten, jedoch die Schweiz das von einem Drittstaat stammende
Einkommen unter Progressionsvorbehalt von der Besteuerung auszunehmen habe.
Tatsächlich seien die Dividenden denn auch bereits in den USA versteuert worden.
Mit Hinweisen (betreffend die direkte Bundessteuer) und Einschätzungsent-
scheiden (betreffend die Staats- und Gemeindesteuern) vom 25. Juni 2014 (Steuerpe-
riode 2008) bzw. 27. Juni 2014 (Steuerperiode 2009) vertrat der Steuerkommissär die
Auffassung, dass die Schweiz in der gegebenen internationalen Konstellation nicht
gehalten sei, die in den USA bereits besteuerten Dividenden aus brasilianischen Betei-
ligungen von der hiesigen Besteuerung zu befreien. Entsprechend wies er im Rahmen
der Steuerausscheidung das entsprechende Dividendeneinkommen der Schweiz zu.
Die Bundessteuerveranlagungen wurden am 13. August und 9. September 2014 for-
mell eröffnet.
B. Die hiergegen erhobenen Einsprachen, mit welchen die Pflichtigen weiter-
hin (unter Progressionsvorbehalt) die Freistellung der Dividendeneinkünfte aus Brasi-
lien bei der hiesigen Einkommenssteuer verfechten liessen, wies das kantonale Steu-
eramt mit Einspracheentscheiden vom 12. November 2014 ab. Es hielt daran fest,
dass die Dividendeneinkünfte in der Schweiz steuerbar seien, und bestätigte die Steu-
erfaktoren wie folgt:
- 3 -
1 DB.2014.245 1 ST.2014.305
Staats- und Gemeindesteuern Direkte Bundessteuer
Fr. Fr.
Steuerjahr 2008
Steuerbares Einkommen 609'600.- 610'700.-
Satzbestimmendes Einkommen 771'000.- 772'500.-
Davon aus qualifizierter Beteiligung 313'410.-
Steuerbares Vermögen 1'170'000.-
Satzbestimmendes Vermögen 2'948'000.-
Steuerjahr 2009
Steuerbares Einkommen 415'000.- 360'500.-
Satzbestimmendes Einkommen 554'700.- 499'200.-
Davon aus qualifizierter Beteiligung 132'504.-
Steuerbares Vermögen 1'291'000.-
Satzbestimmendes Vermögen 3'264'000.-.
C. Hiergegen liessen die Pflichtigen am 2. Dezember 2014 Beschwerde und
Rekurs erheben mit dem Antrag, die Einkünfte aus brasilianischer Quelle von der hie-
sigen Steuerpflicht auszunehmen.
Das kantonale Steueramt schloss mit Beschwerde- und Rekursantwort vom
6. Januar 2015 auf Abweisung der Rechtsmittel. Die Eidgenössische Steuerverwaltung
(ESTV) liess sich nicht vernehmen.
Auf die Begründungen der entgegengesetzten Parteistandpunkte wird, soweit
erforderlich, in den nachfolgenden Erwägungen Bezug genommen. | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. a) Streitbetroffen sind hier Dividenden, welche den Pflichtigen per 2008 und
2009 von brasilianischen Gesellschaften ausgeschüttet worden sind (vgl. zu den Ge-
- 4 -
1 DB.2014.245 1 ST.2014.305
sellschaften die Übersicht der Pflichtigen zu ihren qualifizierten Beteiligungen im
Schreiben an das kantonale Steueramt vom 30. Dezember 2013 [Ziff. 4]).
Nachdem die Pflichtigen seit 2007 in Zürich ansässig sind, unterliegen sie
nach unilateralem Steuerrecht der unbeschränkten hiesigen Steuerpflicht und haben
sie dementsprechend auch den Ertrag aus ausländischen Wertschriften einkommens-
seitig zu versteuern (vgl. Art. 3 und 6 des Bundesgesetzes über die direkte Bundes-
steuer vom 14. Dezember 1990 [DBG] sowie §§ 3 und 5 des Steuergesetzes vom
8. Juni 1997 [StG]).
Entgegenstehen könnte der hiesigen Dividendenbesteuerung im vorliegenden
internationalen Kontext jedoch ein bilaterales Steuerabkommen, soweit eine konkur-
renzierende ausländische Dividendenbesteuerung im Raum steht.
b) Die Pflichtigen machen nicht geltend, dass die fraglichen Dividenden auch
im Quellenstaat Brasilien steuerbar bzw. besteuert worden sind, und im Übrigen hat die
Schweiz mit Brasilien kein Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen; insoweit
stellt sich die Frage der Doppelbesteuerung folglich nicht.
c) Zur Diskussion stehen indes US-amerikanische Steueransprüche, weil die
USA nach innerstaatlichem Recht die unbeschränkte Steuerpflicht von natürlichen Per-
sonen nicht allein an die (hier nicht gegebene) Ansässigkeit in den USA anknüpfen,
sondern auch an die US-Staatsbürgerschaft (vgl. Rudolf von Siebenthal in: Ernst Höhn,
Handbuch des Internationalen Steuerrechts der Schweiz, 2. A., 1993, S. 138). Vor die-
sem Hintergrund machen die Pflichtigen geltend, dass sie die streitbetroffenen Divi-
denden in den USA "freiwillig nachversteuert hätten" (vgl. Begleitschreiben zur Steuer-
erklärung 2008). Letzteres belegen sie sodann mit US-amerikanischen
Steuerdokumenten.
Unterliegen die fraglichen Dividenden aus Brasilien sowohl in der Schweiz
(qua Ansässigkeit), als auch in den USA (qua US-Staatsbürgerschaft) der Einkom-
menssteuer, kommt es insoweit zu einem Doppelbesteuerungskonflikt und gilt es infol-
gedessen, zwischen diesen beiden Staaten bestehendes Abkommensrecht zu beach-
ten. Abzustellen ist dabei auf das Abkommen der Schweizerischen Eidgenossenschaft
und den Vereinigten Staats von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf
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dem Gebiet der Steuern vom Einkommen, abgeschlossen am 2. Oktober 1996, in Kraft
getreten am 19. Dezember 1997 (nachfolgend DBA-USA oder kurz Abkommen).
2. a) Art. 1 DBA-USA regelt den persönlichen Anwendungsbereich des Ab-
kommens. Danach gilt dieses für Personen, die in einem Vertragsstaat oder in beiden
Vertragsstaaten ansässig sind (Abs. 1). Gemäss der sogenannten "saving clause" in
Abs. 2 können indes die USA ihre Staatsbürger ungeachtet anderer Bestimmungen
des Abkommens so besteuern, wie wenn das Abkommen nicht in Kraft stünde (vgl.
Mc Daniel/Ault/Repetti: Introduction to United States International Taxation, 5. A. 2005,
Ziff. 11.4.1.3 "saving clause"); anwendbar bleiben dabei jedoch die in Abs. 3 aufgeführ-
ten Bestimmungen. Erwähnt wird in letzterem Absatz auch Art. 23 DBA-USA, welcher
als sogenannter Methodenartikel die Vermeidung der Doppelbesteuerung regelt (vgl.
dazu nachfolgend lit. e).
b) Im Rahmen der DBA-typischen Zuteilungsnormen (= Art. 6 bis 22 DBA-
USA, basierend auf Art. 6 bis 22 des Musterabkommens der OECD von 1963; OECD-
MA) bestimmt Art. 10 DBA-USA, dass Dividenden, die eine in einem Vertragsstaat an-
sässige Person als Nutzungsberechtigter bezieht, in diesem Staat besteuert werden
können (Abs. 1); gemäss Abs. 2 können die Dividenden (in einem näher genannten
beschränkten Umfang) auch in dem Vertragsstaat, aus dem sie stammen, nach dem
Recht dieses Staats besteuert werden. Diese Bestimmung bezieht sich damit nicht auf
Dividenden aus Drittstaaten, weshalb sie – wovon auch die Parteien ausgehen – in der
vorliegenden Konstellation (Dividende aus Brasilien) nicht anwendbar ist.
c) Betreffend Dividenden aus Drittstaaten enthalten die Zuteilungsnormen des
DBA-USA keine Regelung. Nach Auffassung der Parteien fallen solche Dividenden
deshalb unter die "übrigen Einkünfte" im Sinn von Art. 21 Abs. 1 DBA-USA. Letztere
Bestimmung gibt vor, dass Einkünfte einer in einem Vertragsstaat ansässigen Person,
die nicht in den Zuteilungsnormen von Art. 6 bis 20 behandelt werden, ohne Rücksicht
auf ihre Herkunft nur in diesem Staat besteuert werden können. Im Fall der Dividen-
deneinkünfte aus Brasilien wäre das also allein die Schweiz, weil die Pflichtigen hier
ansässig sind.
Ob sich Art. 21 DBA-USA (als Auffangbecken für "übrige Einkünfte") tatsäch-
lich auch auf Einkünfte aus Drittstaaten bezieht, lässt sich durchaus in Frage stellen,
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denn ein Doppelbesteuerungsabkommen ist grundsätzlich ein völkerrechtlicher Vertrag
zwischen zwei Staaten, in dem geregelt wird, in welchem Umfang den Vertragsstaaten
das Besteuerungsrecht für die in ihrem Hoheitsgebiet erzielten Einkünfte zusteht (vgl.
zu dieser verbreiteten Definition etwa: www.netzwerk-zuerich.ch/unternehmerlexi-
kon.html). Einkommen, welches nicht aus Quellen der beiden Vertragsstaaten stammt,
würde bei Abstellen auf diese Abkommensdefinition also gar nicht erfasst. In der Lehre
wird indes auch die Auffassung vertreten, dass Einkünfte von Drittstaaten den "übrigen
Einkünften" im Sinn von OECD-MA 21 zuzuordnen seien (vgl. Peter Locher, Einfüh-
rung in das internationale Steuerrecht der Schweiz, 3. A., 2005, S. 87). Letztlich
braucht die Frage hier nicht endgültig beantwortet zu werden. Aufgrund der eingangs
erwähnten "saving clause" müssen sich die USA nämlich ohnehin nicht an Art. 21
DBA-USA halten, denn diese Bestimmung betreffend das "übrige Einkommen" wird in
der Ausnahmeregelung von Art. 1 Abs. 3 DBA-USA nicht aufgeführt. So oder anders
können damit die USA Dividendeneinkünfte aus Drittstaaten, welche ihre in der
Schweiz ansässigen Staatsbürger erzielen, nach ihrem unilateralen Recht besteuern.
d) Die Pflichtigen lassen die Auffassung vertreten, dass in dieser zur Doppel-
besteuerung führenden Ausgangslage (auf das Dividendeneinkommen aus Brasilien
bezogenes Besteuerungsrecht der Schweiz qua Ansässigkeit und der USA qua
Staatsbürgerschaft) der Methodenartikel (Art. 23 DBA-USA) zur Anwendung gelange,
weil die "saving clause" einen diesbezüglichen Vorbehalt enthalte.
Die Vorinstanz hält demgegenüber dafür, der Fall, wie eine Doppelbesteue-
rung vermieden werden könne, wenn ein US-Staatsbürger, welcher in der Schweiz
ansässig sei, nicht aus den USA stammende Einkünfte in der Schweiz und in den USA
zu versteuern habe, werde in Art. 23 DBA-USA nicht geregelt. Die Schweiz besteuere
deshalb in einem solchen Fall die Einkünfte der hier ansässigen Person ungeachtet
einer gleichzeitigen Besteuerung in den USA. Die Vermeidung der Doppelbesteuerung
basiere alsdann allein auf amerikanischem Recht; in der Regel gewährten die USA
eine Anrechnung der Schweizer Steuern.
e) Art. 23 DBA-USA steht unter dem Titel "Vermeidung der Doppelbesteue-
rung" und lautet, soweit im vorliegenden Dividendenzusammenhang von Interesse, wie
folgt:
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Art. 23 Vermeidung der Doppelbesteuerung
1 In der Schweiz wird die Doppelbesteuerung wie folgt vermieden:
a) Bezieht eine in der Schweiz ansässige Person Einkünfte, die nach diesem Abkommen in den Vereinigten Staaten besteuert werden können, so nimmt die Schweiz, vorbehaltlich der Buchstaben b), c) und d) und des Absatzes 3, diese Einkünfte von der Besteuerung aus; [...]
Die Schweiz kann bei der Festsetzung der Steuer für das übrige Einkommen dieser Person den Steuersatz anwenden, der anzuwenden wäre, wenn die betreffenden Einkünfte nicht von der Besteuerung ausgenommen wären.
b) Bezieht eine in der Schweiz ansässige Person Dividenden, die nach 10 (Dividenden) in den Vereinigten Staaten besteuert werden können, so gewährt die Schweiz dieser Person auf Antrag und vorbehaltlich des c) eine Entlastung. Diese Entlastung besteht
(i) in der Anrechnung der nach Artikel 10 (Dividenden) in den Vereinigten Staaten erhobenen Steuer auf die vom Einkommen dieser ansässigen Person geschuldete schweizerische Steuer; der anzurechnende Betrag darf jedoch den Teil der vor der Anrechnung ermittelten schweizerischen Steuer nicht übersteigen, der auf die Einkünfte entfällt, die in den Staaten besteuert werden können, oder
(ii) in einer pauschalen Ermässigung der schweizerischen Steuer, oder
(iii) in einer teilweisen Befreiung der betreffenden Dividenden von der schweizerischen Steuer, mindestens aber im Abzug der in den Vereinigten Staaten erhobenen Steuer vom Bruttobetrag der Dividenden.
Die Schweiz wird gemäss den schweizerischen Vorschriften über die Durchführung von zwischenstaatlichen Abkommen des Bundes zur der Doppelbesteuerung die Art der Entlastung bestimmen und das Verfahren ordnen.
c) Bezieht eine in der Schweiz ansässige Person Einkünfte,
(i) für die nach Absatz 2 von Artikel 10 (Dividenden) oder nach Absatz 6 von Artikel 11 (Zinsen) keine Entlastung von der amerikanischen gewährt wird, oder
(ii) die aufgrund von Artikel 22 (Einschränkung von Abkommensvorteilen) in den Vereinigten Staaten besteuert werden können,
gewährt die Schweiz einen Abzug vom Bruttobetrag dieser Einkünfte in der von den Vereinigten Staaten erhobenen Steuer.
d) [... ; Einkünfte aus öffentlichen Diensten und Sozialversicherungen]
2 In den Vereinigten Staaten wird die Doppelbesteuerung wie folgt vermieden:
In Übereinstimmung mit dem Recht der Vereinigten Staaten und vorbehaltlich der dort vorgesehenen Einschränkungen (unter Berücksichtigung künftiger , die die nachstehenden allgemeinen Grundsätze nicht sollen) rechnen die Vereinigten Staaten bei einer in den Vereinigten ansässigen Person oder einem Staatsbürger der Vereinigten Staaten den
http://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19994069/index.html#a23
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entsprechenden Betrag der schweizerischen Steuer an die Einkommensteuer der Vereinigten Staaten an; im Falle einer Gesellschaft der Vereinigten Staaten, die über mindestens 10 vom Hundert der stimmberechtigten Anteile einer in der Schweiz ansässigen Gesellschaft verfügt, von der sie in einem Steuerjahr bezieht, rechnen die Vereinigten Staaten überdies den entsprechenden Betrag der schweizerischen Steuer, die diese Gesellschaft auf den Gewinnen, aus denen die Dividenden gezahlt werden, entrichtet hat, an die der Vereinigten Staaten an. Der anrechenbare Betrag wird ermittelt des Betrages der in der Schweiz gezahlten Steuer. Für die Durchführung der Anrechnung der in der Schweiz gezahlten Steuer in den Vereinigten gelten die Steuern nach Absatz 2 Buchstabe a) und Absatz 3 von Artikel 2 (Unter das Abkommen fallende Steuern) als Einkommensteuern.
3
Ist eine in der Schweiz ansässige Person auch ein Staatsbürger der Staaten, der auf seinen aus den Vereinigten Staaten stammenden oder Gewinnen der Einkommensteuer der Vereinigten Staaten , so gilt folgendes:
a) Die Schweiz wendet Absatz 1 an wie wenn der Betrag der in den Staaten auf diesen Einkünften oder Gewinnen gezahlten Steuer die wäre, die gezahlt worden wäre, wenn die ansässige Person nicht ein Staatsbürger der Vereinigten Staaten wäre; und
b) für die Berechnung der Steuer der Vereinigten Staaten auf diesen oder Gewinnen rechnen die Vereinigten Staaten die in der Schweiz nach Anwendung von Buchstabe a) gezahlte oder geschuldete Steuer an die der Vereinigten Staaten an, wobei durch die so gewährte der Betrag der Steuer der Vereinigten Staaten nicht unter Betrag herabgesetzt wird, der für die Anwendung von Buchstabe a) berücksichtigt wird; und
c) für die Anwendung von Buchstabe b) gelten Einkünfte oder Gewinne, die in diesem Absatz genannt werden, als aus der Schweiz stammend, soweit dies für die Vermeidung der Doppelbesteuerung dieser Einkünfte erforderlich ist; dieser Buchstabe findet jedoch keine Anwendung auf die Anrechnung von als den in Absatz 2 Buchstabe a) und Absatz 3 von Artikel 2 (Unter das Abkommen fallende Steuern) genannten Steuern an die Steuer der Staaten.
f) Von vornherein nicht anwendbar ist in der vorliegenden Konstellation der
vorgenannte Abs. 3, denn darin geregelt wird nur die Vermeidung der Doppelbesteue-
rung in Bezug auf in den USA steuerbares Einkommen aus US-Quellen; Einkommen
aus Drittstaaten werden also nicht erfasst. Hiervon gehen denn auch die Pflichtigen
aus. Diese lassen jedoch vertreten, anwendbar sei hier Abs. 1, welche Bestimmung
vorgebe, dass die Schweiz Einkünfte, welche gemäss DBA in den USA besteuert wer-
den könnten, vorbehältlich der dort angeführten, in ihrem Fall jedoch nicht gegebenen
Ausnahmen und vorbehältlich des Progressionsvorbehalts von der Besteuerung aus-
zunehmen habe.
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g) Wie bereits erwähnt, ergänzt der Methodenartikel die den Kerninhalt eines
DBA bildenden Zuteilungsnormen; zusammen mit den letzteren dient er der Regelung
des Konflikts zwischen Ansässigkeit und Quelle (Locher, S. 479, auch zum Folgen-
den):
Wenn ein Vertragsstaat aufgrund der Zuteilungsnormen (OECD-MA 6-22)
ausschliesslich zur Besteuerung zuständig ist, so hat der andere Vertragsstaat von
vornherein auf eine Besteuerung zu verzichten; es bedarf in diesen Fällen keiner zu-
sätzlichen Bestimmung im DBA. Für zahlreiche Einkünfte und Vermögenswerte teilen
die neueren DBA die Besteuerungszuständigkeit jedoch nicht ausschliesslich einem
Vertragsstaat zu. Für diese Fälle muss das DBA deshalb mit dem Methodenartikel
(OECD-MA 23) bestimmen, wie der andere Vertragsstaat, der i.d.R. (nach OECD-MA
6-22 immer) der Ansässigkeitsstaat des Empfängers oder Berechtigten ist, die Doppel-
besteuerung zu vermeiden hat. Das OECD-MA sieht dabei für den Ansässigkeitsstaat
zwei Methoden vor, nämlich die Steuerbefreiung mit Progressionsvorbehalt (OECD-MA
23A) oder die gewöhnliche Steueranrechnung (OECD-MA 23B).
h) Vor diesem Hintergrund entspricht der für die Schweiz massgebliche Art. 23
Abs. 1 DBA-USA der Steuerbefreiung mit Progressionsvorbehalt im Sinn von OECD-
MA 23A, während der US-bezogene Art. 23 Abs. 2 DBA-USA die gewöhnliche Steuer-
anrechnung im Sinn von OECD-MA 23 B beinhaltet.
In Art. 23 Abs. 1 DBA-USA wird ausdrücklich vorgegeben, dass die Schweiz
als Ansässigkeitsstaat unter Progressionsvorbehalt diejenigen Einkünfte von der Be-
steuerung auszunehmen hat, welche "nach diesem Abkommen" in den USA besteuert
werden können. Dass die streitbetroffenen Dividenden aus Brasilien "nach diesem Ab-
kommen" (will heissen, nach den Zuteilungsnormen dieses Abkommens) in den USA
besteuert werden können, trifft indes gerade nicht zu:
Wie vorstehend festgestellt, ergänzt der Methodenartikel die Zuteilungsnor-
men von Art. 6 bis 22 DBA-USA und diesen gemäss kann Dividendeneinkommen aus
einem Drittstaat, soweit man dieses den "übrigen Einkünften" zuordnet (vgl. lit. c vor-
stehend), nur im Ansässigkeitsstaat – also in der Schweiz – besteuert werden. Insoweit
kann bei Abstellen auf die Zuteilungsnormen im DBA-USA also keine Doppelbesteue-
rung resultieren und muss der Methodenartikel folglich gar nicht erst bemüht werden.
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Zu beachten ist nun aber noch die "saving clause" von Art. 1 Abs. 2 DBA-
USA, welche den USA das Recht gibt, ihre Staatsbürger so zu besteuern, wie wenn
das DBA-USA nicht in Kraft stünde. Wenn aber die USA gestützt auf diese "saving
clause" die Dividenden aus Brasilien aufgrund der US-Staatsbürgerschaft der in der
Schweiz ansässigen Pflichtigen besteuern können, so erfolgt diese Besteuerung nicht
aufgrund des Abkommens (bzw. der Zuteilungsnormen in diesem Abkommen), son-
dern aufgrund von unilateralem Recht. Auf das Letztere bezieht sich Art. 23 Abs. 1
DBA-USA als Methodenartikel von vornherein nicht.
Nicht gefolgt werden kann dem Einwand der Pflichtigen, wonach die "saving
clause" gemäss Art. 1 Abs. 3 DBA-USA unter dem ausdrücklichen Vorbehalt von Art.
23 DBA-USA stehe. Konkret lautet Art. 1 Abs. 3 DBA-USA wie folgt:
3. Die Bestimmungen von Absatz 2 ("saving clause") berühren nicht
a) die Vergünstigungen, die die Vereinigten Staaten nach Absatz 2 von 9 (Verbundene Unternehmen), den Absätzen 6 und 7 von Artikel 13 (Gewinne aus der Veräusserung von Vermögen) sowie nach den Artikeln 23 (Vermeidung der Doppelbesteuerung), 24 (Gleichbehandlung) und 25 () gewähren; [...]
Der Vorbehalt besagt also lediglich, dass die USA von ihr gestützt auf den
Methodenartikel zu gewährende Steuervergünstigungen im Sinn von Art. 23 Abs. 2
DBA-USA nicht unter Hinweis auf die "saving clause" verweigern kann. In keiner Weise
ist davon die Rede, dass die Schweiz den Methodenartikel im Sinn von Art. 23 Abs. 1
DBA-USA zu beachten hat, wenn die USA aufgrund der "saving clause" ihr unilaterales
Recht über das Doppelbesteuerungsabkommen stellen und damit Doppelbesteuerun-
gen auslösen. Zu einer solchen Abkommensregelung würde selbstredend denn auch
kein Staat Hand bieten, bedeutete dies doch den Verzicht auf die Besteuerung der im
eigenen Hoheitsgebiet Ansässigen nach Massgabe von US-amerikanischen Steuer-
recht. Bei solchem Verständnis könnte die USA im Sinn eines Extrembeispiels
nach ihrem unilateralen Steuerrecht auch alle Erdbewohner der unbeschränkten
US-Steuerpflicht unterstellen, worauf alsdann in der Schweiz gestützt auf Art. 23 Abs. 1
DBA-USA alle hier Ansässigen auf Ebene Bund, Kanton und Gemeinden keine Steu-
ern mehr zu entrichten hätten.
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Zum gleichen Schluss kommt denn auch die Swiss-American Chamber of
Commerce in ihrem Kommentar zum DBA-USA (vgl. deren Publikation: Swiss-U.S.
Income Tax Treaty, Update 2010, S. 308):
"If a U.S. citizen who is resident of Switzerland derives non U.S. source inco-
me, double taxation arises only because the United States uses citizenship as a basis
for worldwide taxation. Article 23 does not address that case. Switzerland will impose a
tax on its residents regardless of whether they are liable for tax in the U.S. because of
their U.S. citizenship. Therefore, in such a case, the relief from double taxation will de-
pend only on U.S. law. The United States will generally grant relief in the form of a fo-
reign tax credit, subject to the domestic law limitations on that credit."
Auch in der einschlägigen Literatur zum internationalen Steuerrecht der
Schweiz wird seit jeher die Auffassung vertreten, dass bei Einkünften, mit welchen sich
das DBA-USA nicht befasst oder welche nicht aus amerikanischen oder schweizeri-
schen Quellen stammen (mithin drittstaatliche Einkünfte) die Doppelbesteuerung be-
stehen bleibt (vgl. Rudolf von Siebenthal in: Ernst Höhn, Handbuch der Internationalen
Steuerrechts der Schweiz, 2. A., 1993, Ziff. 52.1 [Sonderfall USA], S. 144).
i) Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Steuerbehörde dem An-
trag der Pflichtigen auf Freistellung der Dividendenbesteuerung unter Progressionsvor-
behalt gestützt auf den Methodenartikel des DBA-USA zu Recht nicht stattgegeben
hat. Ob und inwieweit die USA im Rahmen von unilateralem Recht der dividendenbe-
zogenen Doppelbesteuerung mittels "tax credits" allgemein Rechnung tragen bzw. im
konkreten Fall Rechnung getragen haben, ist hier nicht zu prüfen. Lediglich bemer-
kungsweise ist darauf hinzuweisen, dass gemäss den eingereichten US-
amerikanischen Steuerakten die streitbetroffenen Dividenden in den USA wohl besteu-
ert worden sind, die US-Steuerbehörden den Pflichtigen jedoch auch nicht näher spezi-
fizierte "foreign tax credits" in der Höhe von immerhin USD 62'985.- (2009) bzw.
33'432.- (2008) gewährten (vgl. FEDERAL INCOME TAX SUMMARY).
3. a) Nach alledem sind die Beschwerde und der Rekurs abzuweisen.
b) Ausgangsgemäss sind die Verfahrenskosten den Pflichtigen aufzuerlegen
(Art. 144 Abs. 1 DBG und § 151 Abs. 1 StG).
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1 DB.2014.245 1 ST.2014.305 | Public | Tax | de | 2,015 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
c530dd71-2bef-487e-8a6c-ff54695cb56e | hat sich ergeben:
A. Die A AG (nachfolgend die Pflichtige) mit Sitz in C bezweckt im Wesentli-
chen die Beteiligung und Verwaltung von D an E aller Art; sie gehört der F AG. Diese
erwarb mit öffentlichem Übernahmeangebot vom ... 2008 nahezu sämtliche Aktien der
G AG, C, einer börsenkotierten Investmentgesellschaft, und zwar im Tausch gegen
Anteile eines neu liberierten Anlagefonds in H. Der Vollzug der Übernahme erfolgte am
... 2008. Am selben Tag erwarb der Anlagefonds sämtliche Anlagen der G AG und
setzte deren bisherige Anlagepolitik fort. Per ... 2008 wurde die G AG in I AG umbe-
nannt und am ... 2008 auf der Basis des Zwischenabschlusses per ... 2008 mit der
Pflichtigen fusioniert, indem diese die Aktiven und Passiven von jener übernahm. Ge-
mäss dem Zwischenabschluss wies die G AG zu diesem Zeitpunkt einen Verlustvor-
trag von Fr. ....- auf. Im Hinblick auf die Transaktion war am 16. November 2007 ein
Ruling von der Eidgenössischen Steuerverwaltung sowie vom kantonalen Steueramt
eingeholt worden.
In ihrer Steuererklärung 1.1. – 31.12.2008 brachte die Pflichtige Vorjahresver-
luste von Fr. ....- (inklusive diejenigen der G AG) zur Verrechnung und deklarierte ei-
nen steuerbaren Reingewinn von Fr. 5'954'450.- sowie ein Eigenkapital von Fr. ....-.
Am 22. – 26. März 2010 führte das kantonale Steueramt bei ihr eine Buchprüfung
durch. Im Revisionsbericht vom 16. Dezember 2010 kam der Bücherrevisor zum
Schluss, dass die Verrechnung der von der G AG stammenden Verluste nicht zugelas-
sen werden könne, da Letztere vor der Übernahme in liquide Form gebracht worden
sei. Entsprechend wurde die Pflichtige am 9. März 2011 für die direkte Bundessteuer
1.1. – 31.12.2008 mit einem steuerbaren Reingewinn von Fr. ....- und einem Eigenka-
pital von Fr. ....- veranlagt.
B. Hiergegen liess die Pflichtige am 8. April 2011 Einsprache erheben und
beantragen, sie gemäss Steuererklärung zu veranlagen. Das kantonale Steueramt
wies das Rechtsmittel am 29. Juni 2011 ab.
C. Mit Beschwerde vom 29. Juli 2011 wiederholte die Pflichtige den Einspra-
cheantrag, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten der Beschwerdegegne-
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rin. Mit dem Ruling habe das kantonale Steueramt zumindest implizit festgestellt, dass
keine Liquidation der übernommenen Gesellschaft (G AG) stattgefunden habe; dieser
Entscheid sei verbindlich. Damit sei implizit auch die Verlustverrechnung als zulässig
erklärt worden. Weiter sei im Rahmen des Vorbescheids die Transaktion hinsichtlich
der Stempelsteuern eingehend durchleuchtet und nicht als Liquidation beurteilt worden;
gemäss einschlägiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung sei diese rechtliche Würdi-
gung auch für die direkten Steuern massgeblich. Selbst wenn aber das kantonale
Steueramt nicht an das Ruling gebunden wäre und der Sachverhalt bundessteuer-
rechtlich materiell geprüft würde, sei zu schliessen, dass keine Liquidation stattgefun-
den habe. Zudem sei fraglich, ob ausserhalb der Fälle von Steuerumgehung überhaupt
die Verlustverrechnung verweigert werden könne.
Das kantonale Steueramt schloss am 5. September 2011 auf Abweisung der
Beschwerde, ebenso am 6. Oktober 2011 die Eidgenössische Steuerverwaltung
(ESTV). | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. a) Vom Reingewinn der Steuerperiode können Verluste aus sieben der
Steuerperiode vorangegangenen Geschäftsjahren abgezogen werden, soweit sie bei
der Berechnung des steuerbaren Reingewinns dieser Jahre nicht berücksichtigt wer-
den konnten (Art. 67 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom
14. Dezember 1990, DBG). Obwohl es im Wortlaut nicht zum Ausdruck kommt, gelten
diese Bestimmungen auch als gesetzliche Grundlage für die Verrechnungsmöglichkeit
von Verlustvorträgen einer (gewinn-)steuerneutral übernommenen Gesellschaft durch
die übernehmende Gesellschaft im Rahmen von Unternehmensumstrukturierungen
(Höhn/Waldburger, Steuerrecht, Band II, 9. A., 2002, S. 543 ff.; Frank Lampert, Die
Verlustverrechnung von juristischen Personen im Schweizer Steuerrecht, 2000, S. 87,
93, 100 f., mit weiteren Hinweisen; Peter Locher, Kommentar zum DBG, II. Teil, 2004,
Art. 61 N 14, 40 f., rev. Art. 61 N 24; Reich/Duss, Unternehmensumstrukturierungen im
Steuerrecht, 1996, S. 271 f.; vgl. auch Botschaft vom 13. Juni 2000 zum Fusionsge-
setz, in: BBI 2000 S. 4370 sowie Kreisschreiben Nr. 5 der ESTV vom 1. Juni 2004,
Umstrukturierungen, Ziff. 4.1.2.2.4 S. 31). Grundsätzlich kann somit bei einer Fusion
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zweier Kapitalgesellschaften die aufnehmende Gesellschaft die Verlustvorträge der
absorbierten Gesellschaft steuerwirksam geltend machen.
b) Die Verlustverrechnung gemäss Art. 67 DBG wird bei einer Fusion entspre-
chend dem Normsinn der angeführten Bestimmungen nicht zugelassen, wenn die
übernommene Gesellschaft bereits vor der Fusion wirtschaftlich (faktisch) liquidiert
oder in liquide Form gebracht war oder wenn sie kurze Zeit nach der Übernahme wirt-
schaftlich liquidiert bzw. eingestellt wird (Höhn/Waldburger, S. 544 f.). In diesen Fällen
fehlt es an der betrieblichen beziehungsweise wirtschaftlichen Kontinuität, die nach
Sinn und Zweck der gesetzlich vorgesehenen Verlustverrechnung vorausgesetzt ist. In
einem solchen Fall erübrigt es sich auch, die Voraussetzungen für die Annahme einer
Steuerumgehung zu prüfen. Es ergibt sich nämlich bereits aus dem Normzweck von
Art. 67 Abs. 1 DBG, dass es auch im Fall einer Fusion nur dann zur Verlustübernahme
kommen kann, wenn die übernommene Gesellschaft in der aufnehmenden Gesell-
schaft in irgendeiner Form "weiterlebt" (BGr, 31. Januar 2005, 2A.583/2003; VGr,
18. November 2009, SB.2008.00120, www.vgrzh.ch; Cagianut/Höhn, Unternehmungs-
steuerrecht, 3. A., 1993, S. 696; Reich/Duss, S. 272; BStRK, 6. Januar 2003,
4 DB.2002.46 = StE 2004 B 72.15.2 Nr. 5 mit Hinweisen; a.M. Saupper/Weidmann, in:
Fusionsgesetz, Basler Kommentar, 2005, vor Art. 3 N 83 und Brülisauer/Helbing, in:
Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/2a, 2. A., 2008, Art. 67 N 14 f.
DBG).
Art. 5 Abs. 2 lit. b des Bundesgesetzes über die Stempelabgaben vom
27. Juni 1973 (StAG) stellt den Handwechsel der Mehrheit der Aktien (...) an einer in-
ländischen Gesellschaft (...), die wirtschaftlich liquidiert oder in liquide Form gebracht
worden ist, der (steuerauslösenden) Begründung von Beteiligungsrechten gleich. Die
Umschreibung des Begriffs der liquiden Form entspricht im Wesentlichen demjenigen
der direkten Bundessteuer, weshalb die diesbezügliche Praxis zur Auslegung herange-
zogen werden kann (Duss/von Ah/Sieber, in: Kommentar zum Schweizerischen Steu-
errecht, Band II/3, 2006, Art. 5 N 85 StAG; Eckert/Piguet, in: Oberson/Hinny, StG
Kommentar Stempelabgaben, 2006, Art. 5 N 61 ff.).
Allgemein ist eine Gesellschaft faktisch liquidiert, wenn sie den Geschäftsbe-
trieb einstellt, ihre Aktiven veräussert oder verwertet und den Erlös nicht wieder inves-
tiert, sondern unter den Beteiligten verteilt (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkom-
mentar zum DBG, 2. A., 2009, Art. 20 N 125 ff DBG, auch zum Folgenden). Indessen
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gilt sie dies nicht nur dann, wenn ihr sämtliche Aktiven entzogen werden, sondern auch
dann, wenn ihr zwar einige Aktiven (wie z.B. Bankguthaben, flüssige Mittel oder Gut-
haben gegenüber Aktionären) verbleiben, im Übrigen aber die wirtschaftliche Substanz
entzogen wird. Besondere Abgrenzungsprobleme ergeben sich bei Vermögensverwal-
tungsgesellschaften (Höhn/Waldburger, Steuerrecht, Band I, 9. A., 2001, S. 708;
Eckert/Piguet, Art. 5 N 68 ff zur nachstehend wiedergegebenen Praxis bei der Stem-
pelsteuer). Diese können ihrer Natur nach bereits ausschliesslich liquide Aktiven auf-
weisen. Indessen sind die Aktiven einer Vermögensverwaltungsgesellschaft etwa dann
nicht liquid, wenn ein komplex strukturiertes Portefeuille gehalten wird, die Zweckerfül-
lung der Gesellschaft die Pflege und Verwaltung von Aktiven voraussetzt oder diesel-
ben wegen den damit verbundenen Risiken aufwendig überwacht werden müssen.
Eine solche Gesellschaft kann ungeachtet der Zusammensetzung ihrer Aktiven als
wirtschaftlich liquidiert qualifiziert werden, wenn sie im Anschluss an eine aktive Be-
wirtschaftung ihres Portefeuilles diese Tätigkeit vollständig oder erheblich reduziert, um
sich fortan auf ein passives Halten von Titeln zu beschränken. Die Unterscheidung
zwischen einer aktiven Verwaltung und dem passiven Halten von Aktiven beruht auf
Kriterien, die durch die Rechtsprechung zum gewerbsmässigen Wertschriftenhandel
entwickelt wurden. Demnach ist insbesondere abzustellen auf die Häufigkeit der
Transaktionen, die Kurzfristigkeit der Investitionen, die Komplexität der Transaktionen
und die damit verbundenen Risiken sowie eine allfällige Fremdfinanzierung. Dieser für
die Stempelsteuer entwickelten Betrachtungsweise ist auch für die direkte Bundes-
steuer zuzustimmen. Die Vermögensverwaltungsgesellschaft kann sich mit anderen
Worten nicht darauf berufen, dass das Halten von Vermögenswerten ohnehin zu ihrem
Geschäftsbereich gehört; vielmehr ist davon auszugehen, dass das blosse passive
Halten liquider Vermögenswerte auch bei ihr keine Geschäftstätigkeit mehr darstellt
und sie damit als faktisch liquidiert zu betrachten ist.
Zulässig ist die Verlustverrechnung allerdings, wenn eine Gesellschaft nach
einer Phase der Inaktivität mit einem neuen Zweck reaktiviert wird, sofern die neue
Geschäftstätigkeit durch die gleiche Gesellschaft unter den gleichen Beherrschungs-
verhältnissen erfolgt (BGr, 17. März 2008, 2A.129/2007).
c) Wie generell jede Rechtsausübung steht die Verlustverrechnung ausser-
dem unter dem Vorbehalt des Missbrauchsverbots. So ist sie namentlich ausgeschlos-
sen, wo eine Steuerumgehung vorliegt, was insbesondere beim so genannten Mantel-
- 6 -
1 DB.2011.133
handel der Fall ist (vgl. Brülisauer/Helbling, Art. 67 N 14 f. DBG; Locher, Art. 61 N 41
und Art. 67 N 11; vgl. BGr, 29. September 2000, 2A.133/2000 E. 2).
2. Zu prüfen ist, ob die G AG vor der Übernahme durch die Pflichtige wirt-
schaftlich (faktisch) liquidiert oder in liquide Form gebracht worden war.
a) Die G AG diente als Vermögensanlage für Investoren im Bereich J. Die
Geschäftsführung bzw. das Portfoliomanagement erfolgte durch eine beauftragte ex-
terne Gesellschaft. Mithin war sie als eine Gesellschaft zu betrachten mit komplex
strukturiertem Portefeuille, welches aktiv verwaltet und überwacht werden musste. Die-
ses Anlagegeschäft sollte neu von einem K Anlagefonds wahrgenommen werden, wo-
bei auch der Vertrag mit der externen Geschäftsführung/dem Portfoliomanagement auf
diesen überging. Zu diesem Zweck wollte man offenkundig nicht nur die Vermögensan-
lagen, sondern auch den Kreis der bisherigen Investoren möglichst unverändert in den
Anlagefonds überführen. Hierzu musste notwendigerweise auch ein Tausch auf der
Ebene der Anteilsinhaber stattfinden; ein blosser Kauf der Anlagen von der G AG hätte
nicht genügt. Demnach war die G AG bis zum Zeitpunkt des Vollzugs der Transaktion
noch aktiv im Anlagegeschäft tätig; mit der koordinierten Übernahme dieses Geschäfts
und dem Aktienkauf am ... 2008 wurde sie letztlich durch einen Akt erworben und –
soweit es die bisherige Geschäftstätigkeit betrifft – stillgelegt. Entscheidend für die
Frage der faktischen Liquidation ist, ob die G in der Folge eine neue vergleichbare
wirtschaftliche Aktivität entwickelte oder ob sie als blosse Vermögensmasse ohne ei-
gentliche Anlagetätigkeit in der Pflichtigen aufging.
Gemäss dem öffentlichen Umtauschangebot der F AG in Bezug auf die G AG
verkaufte diese per Vollzugstag ... 2008 sämtliche Anlagen und flüssigen Mittel an den
Anlagefonds für rund Fr. [mehrere hundert Millionen]. In der Fusionsbilanz der G AG
per ... 2008 sind folgende Aktiven enthalten:
Fr.
Bankguthaben B AG Sicht 5'333'940.-
Bankguthaben B AG Zeit [mehrere hundert Millionen]
Wertschriften Handelsbestand 5'000'000.-
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1 DB.2011.133
Andere Forderungen 531'064.-
Aktive Rechnungsabgrenzungen 242'615.-
Total Umlaufvermögen (= Total Aktiven) ....-.
Auf der Passivseite befindet sich ausser einer Position Passive Rechnungs-
abgrenzungen von Fr. 36'458.- nur Eigenkapital.
Aus dieser Gegenüberstellung zeigt sich, dass die G AG sich fortan auf ein
passives Halten von Titeln beschränkte. Sie legte den erhaltenen Kaufpreis auf Bank-
guthaben bzw. in Festgelder ("Bankguthaben Zeit") an und beliess ihn dort. Weder trat
sie als Investorin auf, indem sie etwa neue Beteiligungen erworben hätte, noch ist eine
Tätigkeit im Bereich Konzernfinanzierung ersichtlich. Die Komplexität ihrer Anlagen war
gering, Fremdfinanzierungen fanden nicht statt. Anhaltspunkte für eine geschäftliche
Tätigkeit mit unabhängigen Dritten liegen nicht vor. Zwar wird auch ein Wertschriften-
Handelsbestand angeführt; die Pflichtige macht hierzu indessen keine Angaben. Ge-
stützt auf die vorhandenen Angaben spricht nichts dafür, dass dieser Position eine in-
tensive Portfolio-Bewirtschaftung zugrunde liegt, ist doch zum Einen der Betrag im
Vergleich zum Gesamtbestand sehr gering, und zum Anderen aufgrund des runden
Betrags zu schliessen, dass es sich hierbei nicht um die Summe einer Vielzahl von
Einzelpositionen handelt. Insgesamt präsentiert die G AG das Bild einer inaktiven Ge-
sellschaft mit sehr hohen bei ihr "parkierten" Vermögenswerten, mithin einer wirtschaft-
lich (faktisch) liquidierten Gesellschaft.
Damit erweist sich die Verrechnung ihrer Verluste nach der Übernahme als
unzulässig.
b) Was die Pflichtige dagegen einwendet, ist nicht stichhaltig:
aa) Sie macht geltend, dass gestützt auf den neuen bundesgerichtlichen Ent-
scheid BGr, 16. Juni 2010, 2C_79/2010 die stempelsteuerliche Sicht auch für die direk-
te Bundessteuer massgebend sei. Die für die Stempelsteuer zuständige Abteilung der
Eidgenössischen Steuerverwaltung habe hier durch ihr Einverständnis zur Ruling-
anfrage entschieden, dass keine "stellvertretende Liquidation" erfolgt sei, und dieser
Entscheid sei demnach nach der neuesten Bundesgerichtspraxis auch für die übrigen
Steuerbehörden verbindlich.
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1 DB.2011.133
Vorweg ist dem entgegenzuhalten, dass das Bundesgericht im erwähnten
Entscheid nur verlangt hat, dass auf ein entsprechendes Ruling, welches von der
ESTV bestätigt wurde, auch bei der Beurteilung der direkten Bundessteuer eingegan-
gen werde; von einer Verbindlichkeit des Entscheids bezüglich der Stempelsteuern für
die anderen Bundessteuern ist dort nicht die Rede. Aber selbst wenn man hier ver-
sucht, im Interesse einer "einheitlichen und kohärenten Behandlung der verschiedenen
Bundessteuern" am Entscheid der Stempelsteuern anzuknüpfen, läuft man damit im
vorliegenden Fall ins Leere:
Art. 5 Abs. 2 lit. b StAG stellt den Handwechsel der Mehrheit der Aktien (...)
an einer inländischen Gesellschaft (...), die wirtschaftlich liquidiert oder in liquide Form
gebracht worden ist, der (steuerauslösenden) Begründung von Beteiligungsrechten
gleich. Art. 5 Abs. 2 lit. b StAG versteht unter Handwechsel nur eine zivilrechtliche
Handänderung, mithin einen Mantelhandel; eine "Mantelfusion" wird davon nicht er-
fasst (Duss/von Ah/Sieber, Art. 5 N 82 und 94 f StAG).
Vorliegend liegen zwei voneinander abzugrenzende Transaktionen vor: In
einem ersten Schritt wurde die G AG von der F AG erworben und gleichzeitig ihre Un-
ternehmenstätigkeit an den K Anlagefonds übertragen, und in einem zweiten Schritt
wurde sie mit der Pflichtigen als ihre Schwestergesellschaft fusioniert. Welche Gründe
die für die Stempelsteuern zuständigen Steuerbehörden der ESTV dazu bewogen ha-
ben, beim ersten Schritt von einer Unterstellung der Transaktion unter die Stempel-
steuer abzusehen, ist nicht bekannt. Es kann durchaus auch sein, dass die Frage der
liquiden Form gar nicht zu prüfen war, weil die Gesellschaft bis zur Handänderung ja
aktiv tätig und schon von daher kein Mantelhandel anzunehmen war. Auf dieser unkla-
ren Grundlage lassen sich demnach schlechterdings keine Schlüsse für eine einheitli-
che Praxis ziehen. Was den zweiten Schritt betrifft, stellte sich dort die Frage der
Stempelsteuerpflicht gar nicht. Bei der Übernahme der G AG durch die Pflichtige han-
delte es sich eben gerade nicht um einen Mantelhandel.
bb) Ebenfalls nicht weiter hilft der Pflichtigen, dass sie selbst unbestritten nicht
als faktisch liquidierte Gesellschaft zu betrachten ist. Massgebend sind die Verhältnis-
se bei der G AG zwischen dem Datum der Aufgabe ihres Anlagegeschäfts am ... 2008
und der am ... 2008 vollzogenen Übernahme per ... 2008. Da die Pflichtige vor der
Übernahme keine Geschäftstätigkeit mehr ausübte, trug sie an die Unternehmenstätig-
- 9 -
1 DB.2011.133
keit nach der fusionsweisen Übernahme lediglich durch ihren Wert bei; an einer ir-
gendwie gearteten unternehmerischen Kontinuität fehlte es.
3. Es stellt sich damit die Frage, ob das erwähnte Ruling der Verweigerung
der Verlustverrechnung entgegen steht.
a) aa) Die Bundesverfassung statuiert den Grundsatz von Treu und Glauben
einerseits in Art. 5 Abs. 3 als Regel für das Verhalten von Staat und Privaten sowie
andererseits in Art. 9 als grundrechtlichen Anspruch des Privaten gegenüber dem
Staat auf Schutz des berechtigten Vertrauens in behördliche Zusicherungen oder sons-
tiges, bestimmte Erwartungen begründendes Verhalten der Behörden (BGE 126 II 387
mit Hinweisen).
bb) Zwar verlangt das Gesetzmässigkeitsprinzip, dass die Verwaltungsbehör-
den nach Massgabe des Gesetzes und nicht nach Massgabe der vom Gesetz abwei-
chenden Auskunft entscheiden. Indessen kann eine unrichtige behördliche Auskunft
unter gewissen Umständen eine Vertrauensgrundlage bilden. Dies gilt auch für das
Steuerrecht (BGr, 1. November 2000, 2A.46/2000). Voraussetzung dafür bildet, dass
sich die Auskunft der Behörde auf eine konkrete, den betreffenden Bürger berührende
Angelegenheit bezieht, dass die Amtsstelle, welche die Auskunft gegeben hat, hierfür
zuständig war oder der Bürger sie aus zureichenden Gründen als zuständig betrachten
durfte (BGE 127 I 36 mit Hinweisen), dass der Bürger die Unrichtigkeit der Auskunft
nicht ohne weiteres hat erkennen können, dass er im Vertrauen hierauf nicht ohne
Nachteil rückgängig zu machende Dispositionen getroffen hat und dass die Rechtslage
zur Zeit der Verwirklichung des Tatbestands noch die gleiche ist wie im Zeitpunkt der
Auskunftserteilung (BGE 121 II 473, 479 mit Hinweisen). Das kantonale Steueramt hat
diese Praxis in einem Merkblatt festgehalten und führt übereinstimmend damit aus,
wenn diese Voraussetzungen kumulativ erfüllt seien, werde die mit dem Vorentscheid
– auch Steuerruling bzw. Verständigung zwischen Steuerpflichtigen und Steuerbehör-
den genannt – festgelegte steuerliche Beurteilung im Einschätzungsverfahren nicht
mehr in Wiedererwägung gezogen, auch wenn sich die Auskunft im Nachhinein als
unrichtig herausstellen sollte (Ziff. C. IV. Abs. 2 des Merkblatts vom 13. Oktober 2008,
ZStB I Nr. 30/500). Eine Auskunft bzw. ein diesbezüglicher Vorentscheid entfaltet seine
Wirkung erst im nachfolgenden Veranlagungsverfahren. Er erlangt Rechtswirkungen,
wenn und soweit dies durch den Grundsatz von Treu und Glauben geboten ist.
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1 DB.2011.133
cc) Anfragen auf einen solchen Vorentscheid müssen einen Antrag enthalten,
woraus sich die zu klärenden Rechtsfragen ergeben, und eine Schilderung des mass-
gebenden Sachverhalts. Der Sachverhalt muss konkret, korrekt und vollständig darge-
legt werden (Peter Eisenring, Vorgängige Auskünfte von Steuerbehörden in der
Schweiz in: ASA 68, 115 f.; Morf/Müller/Amstutz, Schweizer Steuerruling - Erfolgsmo-
dell und Werthaltigkeit, in: ST 2008, S. 814 Ziff. 4.2.1; vgl. auch Verhaltenskodex für
Steuerbehörden, Steuerzahler und Steuerberater, ST 2003, 1113). Alles, was auf die
Beurteilung Einfluss hat, muss offen gelegt werden, d.h. es dürfen keine gezielten Un-
terlassungen erfolgen. Sachverhaltslücken, die für die Beurteilung von Rulinganträgen
nicht relevant sind, sind dagegen nicht schädlich. Bei schriftlichen Rulinganfragen ob-
liegt es aber auch der Steuerbehörde, zu beurteilen, ob der Sachverhalt ausreichend
geschildert ist, um die Anträge zu behandeln. Denn mit der Unterzeichnung des Ru-
lings bekräftigen die Steuerbehörden grundsätzlich nicht nur, dass sie mit der steuerli-
chen Qualifikation und den Anträgen einverstanden sind, sondern auch, dass der ge-
schilderte Sachverhalt für die Beurteilung der Anträge ausreichend war. Folglich
können die Steuerbehörden bei ausführlichen schriftlichen Rulinganfragen in der Regel
nicht im Nachhinein argumentieren, dass der Sachverhalt zu wenig ausführlich war
(Morf/Müller/Amstutz, S. 813 ff.).
dd) Selbst wenn all diese Voraussetzungen einer vorgängigen Auskunftser-
teilung erfüllt sind, müssen gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung noch das
Interesse an der richtigen Durchsetzung des objektiven Rechts und dasjenige des Ver-
trauensschutzes gegeneinander abgewogen werden. Überwiegt das öffentliche Inte-
resse an der Anwendung des positiven Rechts, muss sich der Bürger diesem unterzie-
hen (vgl. zum Ganzen Häfelin/Müller/Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. A.,
2010, N 696 mit Hinweisen).
b) Mit Eingabe vom 16. November 2007 unterbreiteten die G AG und die
L-Gruppe die streitbetroffene Transaktion (Übernahme der Ersteren durch die
L-Gruppe) der ESTV, Hauptabteilung Direkte Bundessteuer, Verrechnungssteuer,
Stempelabgaben, Abteilung Aufsicht Kantone, sowie dem kantonalen Steueramt zur
Genehmigung, welche auch erteilt wurde. Die Pflichtige stützt sich für die streitige Fra-
ge der Verlustverrechnung nach der fusionsweisen Übernahme auf Ziff. 4.6 "Sperrfrist"
der Anfrage:
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1 DB.2011.133
"Die geplante Transaktion sowie die Umsetzung der Absichten von L stellen
insbesondere keine indirekte Teilliquidation, keine Steuerumgehung und keine
stellvertretende Liquidation der G AG dar. Eine stellvertretende Liquidation liegt
jedoch nur dann nicht vor, wenn die F AG die G AG (...) innerhalb von fünf Jah-
ren seit dem Stichtag nicht absorbiert und die G AG an die F AG keine offenen
oder stillen Reserven, welche im Zeitpunkt des Umtausches bereits vorhanden
waren, aktienrechtlich formell ausschüttet. In diesem Sinne wird der F AG und
der G AG eine fünfjährige Sperrfrist auferlegt. Sollte gegen diese Sperrfrist ver-
stossen werden, würde die geplante Transaktion als stellvertretende Liquidation
qualifiziert und hätte jene Steuerfolgen, die mit einer formellen Liquidation der
G AG vor Vollzug des Umtauschangebots in Anwendung der im Zeitpunkt des
Verstosses anwendbaren rechtlichen Bestimmungen verbunden gewesen wäre.
Abgesehen vom Absorptions- und Ausschüttungsverbot im Rahmen dieser
Sperrfrist werden der G AG (bzw. der Gesellschaft, welche die G AG mit einer
Barabfindung übernimmt) keine weiteren Auflagen gemacht. Im Sinne einer
Klarstellung wird somit festgestellt, dass insbesondere folgende Handlungen
zulässig sind:
- Die G AG ist auch während dieser Sperrfrist frei, mit anderen Tochtergesell-
schaften der F AG zu fusionieren. Wird die übernommene Gesellschaft mit der
[Pflichtigen] fusioniert, ist die Entnahme der am Fusionsstichtag bestehenden
offenen Reserven der A AG und der stillen Reserven (...) der von der A AG ge-
haltenen Portfoliobeteiligungen (...) jederzeit zulässig.
- (...)
c) aa) Wie erwähnt, muss im Rahmen des Antragserfordernises zumindest der
steuerrechtliche Tatbestand, unter welchen der Sachverhalt subsumiert werden soll,
hinreichend klar hervorgehen, denn es kann nicht Aufgabe der Steuerbehörde sein,
einen unterbreiteten Sachverhalt auf alle möglichen Steuerfolgen hin zu analysieren.
Wird der Steuerbehörde als Teil einer umfangreichen Eingabe ein Sachverhalt unter-
breitet und diese um Beurteilung ganz bestimmter Steuerfolgen des Sachverhalts er-
sucht, kann aus der oppositionslosen Unterzeichnung der Anfrage durch die Steuerbe-
hörde nicht gefolgert werden, sie habe damit alle sonst noch denkbaren
steuerrechtlichen Folgerungen abgesegnet. Eine entsprechende steuerrechtliche Beur-
teilung hat diesfalls nämlich gar nicht stattgefunden.
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Die Rulinganfrage enthält keine Anfrage im Bezug auf die Zulässigkeit der
Verlustverrechnung bei der Pflichtigen nach der fusionsweisen Übernahme der
G AG. Die bestehenden Vorjahresverluste der G AG und die diesbezüglichen Absich-
ten der Pflichtigen werden vielmehr mit keinem Wort erwähnt. Die Pflichtige legt nicht
dar, weshalb die für die direkte Bundessteuer zuständige Behörde deshalb diese Frage
überhaupt hätte prüfen sollen. Aus der Unterzeichnung des Rulings durch die Steuer-
behörde kann damit nicht abgeleitet werden, sie habe der streitigen Verlustverrech-
nung zugestimmt. Damit stellt das Ruling insofern aber auch keine taugliche Vertrau-
ensgrundlage dar.
bb) Daran ändert auch der Passus über die "stellvertretende Liquidation" unter
der Überschrift "Sperrfrist" nichts.
Wie aus dem Zusammenhang hervorgeht, ging es dort um die Frage, ob die
Transaktion (Erwerb der G AG durch die F AG gegen Anteile am Anlagefonds sowie
Übernahme des Anlagegeschäfts durch diesen) zur Ausschüttung von Reserven der
G AG in Form einer Liquidationsdividende an die Anteilsinhaber führt, was unter den
dort angeführten Voraussetzungen verneint wurde. Dies ergibt sich unmittelbar aus der
Rechtsfolge bei Verletzung der Sperrfrist, nämlich Eintritt der (Verrechnungs-)
Steuerfolgen wie bei formeller Liquidation der G AG vor Vollzug des Umtauschange-
bots. Der dort verwendete Begriff der Liquidation hat demnach mit dem Zustand der
"faktischen Liquidation", welcher eine hier zu beurteilende Verlustverrechnung aus-
schliesst, nichts zu tun; die beiden Begriffe beziehen sich auf ganz andere rechtliche
Problemkreise. Die Verneinung einer Liquidationsdividende sagt überhaupt nichts dar-
über aus, ob bei der betreffenden Gesellschaft von einem faktisch liquidierten Zustand
auszugehen war oder nicht. Es kann deshalb auch nicht die Rede davon sein, dass die
Annahme einer "faktischen Liquidation" vorliegend zu einem widersprüchlichen Ergeb-
nis führt. Soweit die Pflichtige dennoch entsprechende Folgerungen zieht, ist ihr nicht
zu folgen.
4. Gestützt auf diese Erwägungen ist die Beschwerde abzuweisen. Bei die-
sem Ausgang sind die Verfahrenskosten der Pflichtigen aufzuerlegen und sind die
Voraussetzungen für die Zusprechung einer Parteientschädigung an sie nicht erfüllt
(Art. 144 Abs. 1 und 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Ver-
waltungsverfahren vom 20. Dezember 1968).
- 13 -
1 DB.2011.133 | Public | Tax | de | 2,011 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
c5f64db4-896c-4b71-977a-480d024f1732 | hat sich ergeben:
A. Im Jahr 2008 bezog A (nachfolgend die Pflichtige) eine IV-Rente von
Fr. 17'676.- und Ergänzungsleistungen von Fr. 8'796.-. Am 11. November 2009 schätz-
te das Steueramt der Stadt B die Pflichtige mit einem steuerbaren Einkommen 2008
von Fr. 13'600.- und einem steuerbaren Vermögen 2008 von Fr. 0.- ein.
B. Die Einsprache, welche die Pflichtige am 5. Dezember 2009 gegen den
Einschätzungsentscheid erhoben hatte, wies das kantonale Steueramt am 7. Febru-
ar 2011 ab.
C. Am 23. Februar 2011 erhob die Pflichtige Rekurs gegen diesen Einspra-
cheentscheid und beantragte, es sei das steuerbare Einkommen auf Fr. 0.- festzuset-
zen. Seit dem Jahr 2003 bestehe ein Entscheid des kantonalen Steueramtes, wonach
lediglich eine Personalsteuer erhoben werde. Laut Verfassung dürfe mit der Besteue-
rung nicht in das Existenzminimum eingegriffen werden.
In der Rekursantwort vom 14. März 2011 schloss das kantonale Steueramt
auf Abweisung des Rekurses. | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. a) Der in Art. 8 der Bundesverfassung vom 18. April 1999 (BV) statuierte
Rechtsgleichheitsgrundsatz gebietet, Gleiches nach Massgabe seiner Gleichheit gleich
und Ungleiches nach Massgabe seiner Ungleichheit ungleich zu behandeln (für viele
BGE 125 I 173, 117 Ia 101= Pra 80 Nr. 218). Ein Erlass verstösst gegen das Gebot der
Rechtsgleichheit, wenn er rechtliche Unterscheidungen trifft, für die ein vernünftiger
Grund in den zu regelnden Verhältnissen nicht ersichtlich ist, oder Unterscheidungen
unterlässt, die sich aufgrund der Verhältnisse aufdrängen. Die Frage, ob für eine recht-
liche Unterscheidung ein vernünftiger Grund in den zu regelnden Verhältnissen gege-
- 3 -
2 ST.2011.46
ben ist, kann zu verschiedenen Zeiten verschieden beantwortet werden, je nach den
herrschenden Anschauungen und Zeitverhältnissen. Dem Gesetzgeber bleibt damit im
Rahmen der aufgeführten Grundsätze ein weiter Spielraum der Gestaltung, in den das
Bundesgericht nicht eingreift (BGE 115 Ia 287 E. 6 mit Hinweisen).
b) Art. 8 BV wird auf dem Gebiet der Steuern konkretisiert durch die Grund-
sätze der Allgemeinheit und Gleichmässigkeit der Besteuerung sowie durch den
Grundsatz der Verhältnismässigkeit der Steuerbelastung nach der wirtschaftlichen
Leistungsfähigkeit (BGE 118 I a 1 E. 3 a, S. 3; 116 I a 321 E. 3 d, S. 323 f.; 114 I a 321
E. 3 b, S. 323; 112 I a 240 E. 4 b, S. 244; 110 I a 7 E. 2 b, S. 14; 99 I a 638 E. 9, S.
652 f.; BGE 122 I 101). Gemäss dem letztgenannten Grundsatz müssen die Steuer-
pflichtigen nach Massgabe der ihnen zustehenden Mittel gleichmässig belastet werden;
die Steuerbelastung muss sich nach den dem Steuerpflichtigen zur Verfügung stehen-
den Wirtschaftsgütern und den persönlichen Verhältnissen richten (BGE 120 I a 329 E.
3, S. 332 f.; 118 I a 1 E. 3 a, S. 3; 114 I a 221 E. 2 c, S. 225; 112 I a 240 E. 4 b, S. 244;
99 I a 638 E. 9, S. 652 f.). Daraus wird in der Lehre gefolgert, dass keine Besteuerung
erfolgen sollte, wenn überhaupt keine Leistungsfähigkeit vorhanden ist. Da das für ein
menschenwürdiges Dasein erforderliche Existenzminimum die untere Grenze der Leis-
tungsfähigkeit darstelle, sei eine Steuererhebung unzulässig, soweit dadurch in das
lebensnotwendige Existenzminimum eingegriffen würde (D. Grünblatt, Nichtfiskalische
Zielsetzungen bei Fiskalsteuern, 1994, S. 184 f.; E. Höhn, Verfassungsmässige
Schranken der Steuerbelastung, ZBl 80/1979, 241–254, 249; M. F. Huber, Rechts-
gleichheit und Progression, Diss. Zürich 1988, S. 178–185; K. Klett, Der Gleichheits-
satz im Steuerrecht, ZSR 111/1992 II, 1-143, 134–139; M. Reich, Von der normativen
Leistungsfähigkeit der verfassungsrechtlichen Steuererhebungsprinzipien, in: Fest-
schrift Cagianut, Bern 1990, S. 97–124, 101; Derselbe, Das Leistungsfähigkeitsprinzip
im Einkommenssteuerrecht, ASA 53, 5–28, 13).
c) Das Bundesgericht entschied, dass die Bundesverfassung ein ungeschrie-
benes Recht auf Existenzsicherung enthalte (BGE 121 I 367 E. 2, S. 370 ff). Indessen
kann aus der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu Art. 8 BV nicht abgeleitet wer-
den, dass der Gesetzgeber verfassungsrechtlich verpflichtet wäre, einen bestimmten
Betrag in der Höhe eines irgendwie definierten Existenzminimums von vornherein
steuerfrei zu belassen (BGE 122 I 101; NStP 52, 59; a.M. Charlotte Gysin, Der Schutz
des Existenzminimums in der Schweiz, 1999, S. 167 ff., Felix Richner, Steuertarifliche
- 4 -
2 ST.2011.46
Besonderheiten für natürliche Personen in der Schweiz, ASA 77, 206; Rich-
ner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009, Vorbemerkungen
zu DBG N 68). Die Bestimmung der Steuertarife, Steuersätze und Steuerfreibeträge in
der kantonalen Einkommenssteuer ist denn auch Sache der Kantone (Art. 129 Abs. 2
BV). Sie sind nur durch die genannten verfassungsrechtlichen Grundsätze einge-
schränkt. Dem kantonalen Gesetzgeber steht in deren Konkretisierung eine erhebliche
Freiheit zu. Bei der Ausgestaltung eines Steuersystems sind politische Wertungen er-
forderlich und unterschiedliche sozial- und finanzpolitische Ansichten möglich und zu-
lässig.
Verfassungsrechtlich kann einzig verlangt werden, dass niemand durch eine
staatliche Abgabeforderung effektiv in seinem Recht auf Existenzsicherung verletzt
wird (BGE 122 I 101). Es ist dem Gesetzgeber überlassen, auf welche Weise er dieser
Vorgabe genügen will. Er kann dies generell durch die Festlegung des Steuertarifs
oder von Steuerfreibeträgen und Abzügen erreichen, oder im Einzelfall mittels Gewäh-
rung von Steuererlass in Fällen von Bedürftigkeit. Schliesslich wird in der Regel die
Sicherung des existenznotwendigen Bedarfs bereits durch das Betreibungsrecht erfüllt:
auch für staatliche Steuerforderungen gilt die Pfändungsbeschränkung gemäss Art. 93
des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs vom 11. April 1889/16. De-
zember 1994 (SchKG).
d) Selbst wenn in den Vorjahren ein Abzug für das Existenzminimum gewährt
worden sein sollte, kann die Pflichtige daraus nichts zu ihren Gunsten ableiten. Die
Einschätzungsbehörde kann den rechtserheblichen Sachverhalt bei jeder Einschät-
zung neu würdigen und allenfalls zu einer abweichenden Beurteilung kommen, selbst
wenn sich der Sachverhalt nicht geändert hat. Ein Anspruch auf eine in diesem Sinne
rechtsgleiche Behandlung besteht nicht. Die richtige Anwendung des materiellen
Rechts geht somit dem Vertrauen in eine vorhersehbare Rechtsanwendung vor (Rich-
ner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz,
2. A., 2006, Vorbemerkungen zu §§ 119-131 N 87).
2. a) Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass das Vorbringen der
Pflichtigen unbegründet ist. Der Rekurs ist demgemäss abzuweisen.
- 5 -
2 ST.2011.46
b) Bei diesem Ausgang des Verfahrens würde die Pflichtige an sich kosten-
pflichtig (§ 151 Abs. 1 StG). Indes ist angesichts des Umstands, dass sie offensichtlich
unter dem Existenzminimum lebt, von einer Kostenauflage abzusehen. | Public | Tax | de | 2,011 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
c5f93798-f75b-42d6-90b1-0ecfc7fbc11d | hat sich ergeben:
A. Die A Ltd. ist eine 1997 in Jersey (Channel Islands) gegründete und regist-
rierte Gesellschaft. Ihr Tätigkeitsbereich ist das "investment trading"; effektiv bestand
ihr Zweck allein darin, nicht deklariertes Vermögen der in Z wohnhaften Eheleute B und
C zu halten und zu verwalten. Letzeres im Rahmen eines komplexen Konstrukts, wel-
ches B in einer im November 2010 bei der Steuerbehörde eingereichten Selbstanzei-
ge offengelegt hatte. Leicht verkürzt lässt sich dieses Konstrukt wie folgt umschreiben:
B hatte 1997 zunächst in Jersey den D Trust gegründet. Mit diesem bezweck-
te er die Schaffung einer rechtlichen und tatsächlichen Struktur, in welcher steuerlich
nicht deklariertes Vermögen im Interesse seiner Familie verwaltet und zu gegebener
Zeit an die Begünstigten ausgeschüttet werden sollte. Mit dieser Zielvorgabe stellte er
auf der Grundlage einer Errichtungsurkunde ("Trust Deed") das nicht deklarierte Ver-
mögen der als "Trustee" eingesetzten E Ltd., Jersey, zur Verfügung; dies verbunden
mit der Verpflichtung, das Vermögen zum Vorteil der Begünstigten ("Beneficiary" = er
selber, seine Ehefrau und die beiden damals noch minderjährigen Kinder) zu verwalten
und zu verwenden. Zusätzlich setzte B einen "Protector" ein (seit 2003 = der im Kan-
ton Zürich wohnhafte Rechtsanwalt F, nachfolgend RA F); dessen Aufgabe war es,
dafür zu sorgen, dass die E Ltd. die von B vorgegebenen Verpflichtungen erfüllt. Ge-
gründet wurde als "underlying company" (Tochtergesellschaft des D Trust) alsdann
auch die Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens bildende A Ltd.; ausgestattet
bzw. finanziert wurde diese mit einem Aktienkapital von 10 GBP (= ca. Fr. 24.-) und
einem Darlehen in der Höhe von rund Fr. 30 Mio., welches ihr vom D Trust zur Verfü-
gung gestellt wurde. Das in der Schweiz nicht deklarierte Vermögen von B wurde der-
gestalt letztlich von der A Ltd. gehalten und verwaltet. Die Letztere übte die Vermö-
gensverwaltung indes nicht aktiv aus, sondern übertrug diese an hiesige Banken bzw.
Vermögensverwalter. Letztlich verblieb damit das in die A Ltd. eingebrachte Vermögen
von B im Depot hiesiger Banken und wurde es auch hier verwaltet.
Das Nachsteuerverfahren gegen B wurde mit Verfügung des kantonalen
Steueramts vom 4. November 2011 unter Übernahme der nachdeklarierten Werte ab-
geschlossen.
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1 DB.2012.293 1 ST.2012.330
Im Rahmen dieses Nachsteuerverfahrens hatte das kantonale Steueramt be-
reits die Auffassung vertreten, die A Ltd. sei nicht offshore in Jersey, sondern am
Wohn- und Arbeitsort von B in Z domiziliert. Nach Durchführung von ergänzenden
diesbezüglichen Untersuchungen stellte es mit Vorentscheid über die Steuerhoheit
vom 15. Dezember 2011 fest, dass die effektive Verwaltung der A Ltd. für die Steuer-
jahre 2006 bis 2011 in Z ausgeübt worden sei, womit die Steuerpflicht aufgrund der
persönlichen Zugehörigkeit für die zürcherischen Staats- und Gemeindesteuern sowie
für die direkte Bundessteuer feststehe. Der Sitz in Jersey sei nur statutarisch; die effek-
tive Geschäftsführung und die taktischen Entscheide seien durch B in Z und nicht
durch Angestellte der E Ltd., welche als Directors der A Ltd. eingesetzt worden seien,
gefällt worden. Alle vorgeschobenen Gesellschaften und Personen hätten nur der Tar-
nung gedient.
B. Die hiergegen von der A Ltd. am 18. Januar 2012 erhobenen Einsprachen,
mit welchen sich diese gegen die Inanspruchnahme der hiesigen Steuerhoheit zur
Wehr gesetzt hatte, wurden vom kantonalen Steueramt mit Entscheiden vom
22. Oktober 2012 abgewiesen.
C. Mit Beschwerde und Rekurs vom 22. November 2012 liess die A Ltd. bean-
tragen, es sei festzustellen, dass sie im Kanton Zürich bzw. in der Schweiz nicht steu-
erpflichtig sei. Weiter sei ihr Akteneinsicht zu gewähren und sei ihr eine Parteientschä-
digung zuzusprechen.
Das kantonale Steueramt schloss mit Beschwerde- und Rekursantwort vom
7. Januar 2013 auf Abweisung der Rechtsmittel. Denselben Antrag stellte die Eidge-
nössische Steuerverwaltung in ihrer Vernehmlassung vom 23. Januar 2013 in Bezug
auf die ihren Steuerbereich betreffende Beschwerde.
Die verlangten Kostenvorschüsse wurden von der Pflichtigen rechtzeitig ge-
leistet.
Auf die Ausführungen der Parteien in den verschiedenen Rechtsschriften ist,
soweit erforderlich, in den nachfolgenden Erwägungen einzugehen.
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1 DB.2012.293 1 ST.2012.330 | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. Die A Ltd. wird als "underlying company" formell von einem Trust (dem D
Trust) gehalten. Zunächst ist damit der Begriff des Trusts auszuleuchten:
a) Der Begriff Trust bezeichnet ein Rechtsverhältnis, welches entsteht, wenn
der Errichter (Settlor) auf der Grundlage einer Errichtungsurkunde (Trust Deed) be-
stimmte Vermögenswerte auf eine oder mehrere Personen (Trustees) überträgt mit der
Aufgabe, diese zum Vorteil der Begünstigten (Beneficiaries) mit Wirkung gegenüber
jedermann zu verwalten und zu verwenden. Beim Trust handelt es sich um ein histo-
risch gewachsenes Rechtsinstitut, das ursprünglich aus England stammt und dement-
sprechend seinen Verbreitungsschwerpunkt in den Common Law-Staaten hat. Er er-
weist sich in der Praxis als flexibles Instrument und wird häufig im Zusammenhang mit
der Nachlassplanung und bei der so genannten "asset protection" (Bewahrung von
Aktiven) von natürlichen Personen eingesetzt (vgl. Schweizerische Steuerkonferenz,
Besteuerung von Trusts, Kreisschreiben 30 vom 22. August 2007 [KS Trust], auch zum
Folgenden).
Auch wenn der Trust von seiner Anlage her Verwandtschaft mit einer schwei-
zerischen Stiftung hat, fehlt es ihm an einer eigenen Rechtspersönlichkeit. Formeller,
wenn auch nur treuhänderischer Träger des Trustvermögens ist der Trustee. Der Trust
ist andererseits aber auch kein (blosser) Vertrag. Obwohl der Trust vom Settlor errich-
tet wird, ist er nach seiner Errichtung im Wesentlichen eine Rechtsbeziehung zwischen
dem Trustee und den Beneficiaries, welche sich primär nach der Trusturkunde und
sekundär nach den spezifischen Trustnormen der anwendbaren Rechtsordnung richtet.
Bei der Ausgestaltung des Trusts hat der Settlor jedoch grosse Freiheiten. Dabei kann
er sich den Zugriff auf das Trustvermögen auch erhalten (sog. "revocable trust").
Das Haager Übereinkommen über das auf Trusts anzuwendende Recht und
über ihre Anerkennung ist in der Schweiz am 1. Juli 2007 in Kraft getreten. Es ermög-
licht die zivilrechtliche Anerkennung von ausländischen Trusts auf der Grundlage inter-
national anerkannter Normen und soll dadurch die Rechtssicherheit in diesem Bereich
erhöhen. Die Befugnisse der Vertragsstaaten in Steuersachen lässt dieses Abkommen
gemäss dessen Art. 19 indes unberührt; für die steuerliche Behandlung von Trusts ist
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1 DB.2012.293 1 ST.2012.330
demnach ungeachtet dieses Abkommens weiterhin ausschliesslich das Schweizer
Steuerrecht massgebend.
Das ausländische Recht gewährt dem Trust keine Rechtspersönlichkeit. Unter
Bezugnahme auf das internationale Privatrecht (IPRG, Inkorporationstheorie) kann
dies auch das schweizerische Steuerrecht nicht vorsehen. Es gibt im aktuellen schwei-
zerischen Steuerrecht denn auch keine gesetzliche Grundlage, welche es erlauben
würde, einen ausländischen Trust für Steuerzwecke mit einer juristischen Person
gleichzusetzen. Daraus folgt, dass der Trust im Rahmen der hiesigen Besteuerung
"transparent" zu behandeln ist. Das dem Trustee zugewendete Vermögen und die da-
mit erzielten Einkünfte werden zum Zweck der Besteuerung demzufolge entweder dem
Settlor oder dem Beneficiary zugerechnet.
b) Im vorliegenden Fall gilt B sowohl als Settlor (obwohl er aus Diskretions-
gründen seine im Ausland wohnhafte Schwester als formelle Gründerin einsetzte), wie
auch als Beneficiary des 1997 gegründeten D Trust. Dies ist unbestritten und führte in
der Folge zur hiesigen Nachbesteuerung von Vermögen, welches er nicht deklariert
und zur Verschleierung in diesen Trust verschoben hatte.
Das Trustvermögen umfasst sodann zur Hauptsache die 100%-Beteiligung an
der A Ltd., deren Steuerhoheit hier in Frage steht. Registriert ist diese Aktiengesell-
schaft in Jersey (Channel Islands). Das kantonale Steueramt hält dafür, dass der Sitz
in Jersey nur formeller Natur ist; effektiv seien die Geschäfte dieser Gesellschaft durch
B in Z geführt worden.
2. a) Juristische Personen sind aufgrund persönlicher Zugehörigkeit steuer-
pflichtig, wenn sich ihr Sitz oder ihre tatsächliche Verwaltung in der Schweiz befindet
(Art. 50 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990
[DBG]). Auch eine juristische Person ausländischen Rechts wird damit in der Schweiz
persönlich zugehörig bzw. unbeschränkt steuerpflichtig, wenn sie entweder ihren Sitz
in der Schweiz hat oder von hier aus tatsächlich verwaltet wird.
Die gleiche Anknüpfung gilt gemäss § 55 des Steuergesetzes vom 8. Juni
1997 (StG) betreffend die kantonale Steuerpflicht. Nachdem vorliegend allein im Streit
liegt, ob die Steuerpflicht in Jersey oder in Zürich besteht, ist nachfolgend vorab über
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1 DB.2012.293 1 ST.2012.330
die Anknüpfung im internationalen Verhältnis zu entscheiden. Kann dabei die Schweiz
die Steuerhoheit beanspruchen, so gilt dies auch für den Kanton Zürich.
b) Unter Sitz ist der zivilrechtliche bzw. statutarische Sitz einer juristischen
Person zu verstehen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG,
2. A., 2009, Art. 50 N 3 DBG). Dieser befindet sich im Fall der A Ltd. nach dem bereits
Gesagten in Jersey. Von deren persönlichen Zughörigkeit bzw. unbeschränkten Steu-
erpflicht in der Schweiz ist aufgrund der Alternativanknüpfung gleichwohl auszugehen,
falls sich der Ort der tatsächlichen Verwaltung in der Schweiz befindet.
c) Der Terminus "Ort der tatsächlichen Verwaltung" ist auslegungsbedürftig
(vgl. zum Folgenden: Athanas/Giglio in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht,
Band I/2a, 2. A. 2008, Art. 50 N 6 ff.). Während die Botschaft zum DBG keine weiter-
gehende Umschreibung des Begriffs "Ort der tatsächlichen Verwaltung" enthält, be-
stimmt die Botschaft zum Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern
der Kantone und Gemeinden vom 14. Dezember 1990 (Steuerharmonisierungsgesetz
[StHG]) im Zusammenhang mit dem diesbezüglich gleichlautenden Art. 20, dass sich
der Ort der tatsächlichen Verwaltung dort befindet, wo die Fäden der Geschäftsführung
zusammenlaufen, die wesentlichen Unternehmensentscheide fallen (Botschaft StHG,
108). Weiter führt die Botschaft StHG an nämlicher Stelle aus, dass im internationalen
Steuerrecht der Ausdruck tatsächliche Geschäftsleitung zwar gebräuchlicher sei, aber
zwischen den beiden Wendungen materiell kein Unterschied bestehe.
Vom Bundesgericht wurde der Begriff "Ort der tatsächlichen Verwaltung" in
der Rechtsprechung zu Art. 127 Abs. 3 der Bundesverfassung vom 18. April 1999
(vormals Art. 46 Abs. 2 der Bundesverfassung vom 29. Mai 1874) konkretisiert; dies im
Wesentlichen zwecks Abgrenzung der Steuerhoheiten bei Konflikten zwischen den
Kantonen. Im Jahr 2003 wandte das Bundesgericht die für interkantonale Sachverhalte
entwickelte Praxis erstmals auch für die Bestimmung der Steuerpflicht nach Art. 50
DBG an (BGr, 4. Dezember 2003 = StE 2005 B 71.31 Nr. 1). Das Bundesgericht er-
blickt demnach auch im internationalen Kontext dort den Ort der tatsächlichen Verwal-
tung, wo eine Gesellschaft den "wirtschaftlichen und tatsächlichen Mittelpunkt ihrer
Existenz hat" (BGE 54 I 308), wo die normalerweise am Sitz sich abspielende Ge-
schäftsführung besorgt wird (BGE 50 I 103), wo jene Handlungen ergriffen werden,
welche in ihrer Gesamtheit der Erreichung des statutarischen Zweckes dienen (BGE
50 I 104 wie auch: BGr, 13. Mai 2002 = StE 2002 B 91.3 Nr. 3).
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1 DB.2012.293 1 ST.2012.330
Als massgebliche Aktivität gilt damit grundsätzlich die Führung der laufenden
Geschäfte (Peter Mäusli, Die Ansässigkeit von Gesellschaften im internationalen Steu-
errecht, 1993, S. 59). Die Art und der Umfang dieser Tätigkeit hängen vom Gesell-
schaftszweck der Unternehmung ab. Das Bundesgericht erblickt beispielsweise die
Geschäftsleitungstätigkeit einer Immobiliengesellschaft im Entscheid über Kauf und
Verkauf von Liegenschaften, in der Entgegennahme der Reinerträge aus den Liegen-
schaften und deren Verwaltung sowie in der Überwachung der Verwaltungstätigkeiten
(ASA 32, 175). Bei Holdinggesellschaften hingegen wird als Geschäftsführung die
Aufbewahrung und der An- und Verkauf von Wertschriften, das Inkasso der Erträgnisse
sowie die Wahrnehmung der Aktionärsrechte bzw. allfälliger Verwaltungsratsmandate
an beherrschten Gesellschaften betrachtet (ASA 34, 314).
Abzugrenzen ist die Geschäftsleitung von der blossen administrativen Verwal-
tung einerseits und der Tätigkeit der obersten Gesellschaftsorgane andrerseits, soweit
sie sich auf die Ausübung der Kontrolle über die eigentliche Geschäftsleitung und ge-
wisse Grundsatzentscheide beschränkt. Der Ort der administrativen Verwaltung bzw.
der bloss untergeordneten Geschäftstätigkeit vermag keinen Ort der tatsächlichen
Verwaltung zu begründen. So sind insbesondere Schreib- und Buchhaltungsarbeiten
(vgl. Locher/Locher, Doppelbesteuerung, § 4 I B Nr. 11), Vermögensverwaltung mit
sehr beschränkter Dispositionsbefugnis (ASA 29, 347) bzw. – bei lmmobiliengesell-
schaften – der Abschluss von Mietverträgen, der Verkehr mit Mietern und der Unterhalt
der Liegenschaften (ASA 32, 175) nicht geeignet, eine unbeschränkte Steuerpflicht
aufgrund des Orts der tatsächlichen Verwaltung auszulösen. Andrerseits ist der Ort der
tatsächlichen Verwaltung auch nicht am Tätigkeitsort der obersten Gesellschaftsorgane
anzusiedeln, sofern deren Funktion auf die Kontrolle und gewisse Grundsatzentschei-
de beschränkt ist. Die Tatsache, dass wichtige Angelegenheiten dem Verwaltungsrats-
präsidenten, dem Gesamtverwaltungsrat oder der Generalversammlung vorgelegt
werden müssen, bedeutet nicht, dass sich der Ort der tatsächlichen Verwaltung am
Tätigkeitsort dieser Organe befindet (Mäusli, S. 61; StE 1986 A 24.22 Nr. 2). In aller
Regel sind die zur Geschäftsführung autorisierten Vertreter des Verwaltungsrats (Ver-
waltungsratsdelegierte) sowie weitere Mitglieder der Konzernleitung Träger der tat-
sächlichen Verwaltung (vgl. Locher/Locher, Doppelbesteuerung, § 4 I B Nr. 3, 8, 10,
11, 12, 13, 18). Dagegen ist es kaum denkbar, dass die tatsächliche Verwaltung von
Dritten im Auftragsverhältnis ausgeübt wird (Locher/Locher, Doppelbesteuerung, § 4 I
B Nr. 9).
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1 DB.2012.293 1 ST.2012.330
Sind die Aktivitäten der Geschäftsleitung nicht an einem Ort konzentriert, ist
jener Ort massgebend, wo sich der Schwerpunkt der Geschäftsführung befindet (Lo-
cher/Locher, Doppelbesteuerung, § 4 I B Nr. 14), resp. von wo aus die Aktivitäten der
Geschäftsleitung vorwiegend vollzogen werden (BGr, 4. Dezember 2003 = StE 2005 B
71.31 Nr. 1).
Negativ wird für das Abstellen auf den Ort der tatsächlichen Verwaltung vor-
ausgesetzt, dass am statutarischen Sitz keine festen Einrichtungen wie Büros oder
Arbeitsplätze für eigenes Personal bestehen; welche Infrastruktur am statutarischen
Sitz gefordert wird, damit nicht auf den Ort der Verwaltung abgestellt wird, lässt sich
aber nicht generell beurteilen, sondern muss im Einzelfall abgeklärt werden (Richner/
Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 50 N 11 DBG).
d) Im internationalen Steuerrecht gibt es keine einheitliche Definition des Beg-
riffs der tatsächlichen Geschäftsführung. Insbesondere definieren die Doppelbesteue-
rungsabkommen den Begriff nicht. Eine Auslegung hat als Folge der "Lex Fori"-Klausel
in den Abkommen grundsätzlich nach dem Recht der Partnerstaaten zu erfolgen
(Mäusli, S. 156. ff.). Jene Staaten, welche mit der Schweiz Doppelbesteuerungsab-
kommen abgeschlossen haben, verstehen – in weitgehender Übereinstimmung – unter
dem Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung jenen Ort, wo die laufenden Geschäfte
tatsächlich geführt werden (Mäusli, S. 201). Inhaltlich besteht weitgehende Identität mit
dem Ort der tatsächlichen Verwaltung, wie er vom Bundesgericht in seiner Rechtspre-
chung zu Art. 127 Abs. 3 BV (Art. 46 Abs. 2 aBV) entwickelt wurde.
Hat die Schweiz mit einem ausländischen Staat (wie im vorliegenden Fall mit
den Channel Islands) kein Doppelbesteuerungsabkommen ratifiziert, so kann sie ge-
stützt auf ihr eigenes Recht ungehindert an die Steuerpflicht am Ort des Sitzes oder
am Ort der tatsächlichen Verwaltung anknüpfen.
e) Da das Vorliegen eines Anknüpfungspunkts, welcher die allgemeine Steu-
erpflicht begründet, eine steuerbegründende Tatsache darstellt, ist dies vom Gemein-
wesen, welches den Besteuerungsanspruch erhebt, zu beweisen (Richner/Frei/Kauf-
mann/Meuter, Art. 50 N 19, auch zum Folgenden). Der statutarische Sitz gilt i.d.R.
aufgrund des Eintrags im örtlichen Handelsregister als bewiesen. Der tatsächliche Sitz
bzw. der Ort der Verwaltung bestimmt sich demgegenüber aufgrund der Umstände des
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Einzelfalls und lässt sich mitunter nur mit beträchtlichem Aufwand nachweisen. Zu-
ständig für die Untersuchung ist die Veranlagungsbehörde desjenigen Kantons, in des-
sen Hoheitsgebiet sich der mutmassliche Ort der tatsächlichen Verwaltung befinden
soll. Trotz dem in der Praxis häufig schwierigen Nachweis, dass dem statutarischen
Sitz im andern Staat nur formelle Bedeutung zukomme, heisst dies nicht, dass die
betroffene juristische Person deshalb zur besonderen Mitwirkung verpflichtet wäre. Die
Beweislast liegt vollumfänglich bei der Steuerbehörde (vgl. für kantonales Recht: RB
1992 Nr. 17 = ZStP 1992, 177). Erscheint aber der von der Behörde angenommene
Sitz in der Schweiz als sehr wahrscheinlich, so genügt dies i.d.R. als Hauptbeweis und
obliegt es der steuerpflichtigen Person, den Gegenbeweis für den von ihr behaupteten
Sitz ausserhalb der Schweiz zu erbringen.
3. a) Die Vorinstanz begründet ihre Auffassung, wonach sich der Ort der tat-
sächlichen Verwaltung der A Ltd. in Z befindet, in den Einspracheentscheiden zunächst
auch damit, dass von einer wesentlichen Infrastruktur in Jersey nicht ausgegangen
werden könne. Bei der für die A Ltd. tätigen E Ltd. handle es sich nämlich um eine auf
die Trust-Verwaltung spezialisierte Gesellschaft, welche für viele Auftraggeber admi-
nistrativ tätig sei. Die der A Ltd. in Rechnung gestellten Aufwendungen für die Verwal-
tung enthielten dementsprechend Fees (Gebühren) für "Management", "Secretarial"
und "Administration"; Aufwand für Miete fehle hingegen. Mit dem D Trust und der A
Ltd. als "underlying company" sei damit nur privates Vermögen verwaltet worden.
b) Die A Ltd. widerspricht dem unter Hinweis auf die Bestätigung der E Ltd.
vom 10. Februar 2010. Dieser gemäss habe E Ltd. der A Ltd. per 2010 Dienstleistun-
gen von insgesamt GBP 20'707.- in Rechnung gestellt, enthaltend auch eine "Provision
of Registered Office". Weil die E Ltd. mit damals 21 beschäftigten Personen für zahl-
reiche Auftraggeber tätig gewesen sei, seien die Raumkosten des beanspruchten Per-
sonals in den verrechneten Stundenansätzen enthalten gewesen.
c) Auszugehen ist gestützt auf das vorerwähnte Schreiben der E Ltd. sowie
die aktenkundigen Jahresabschlüsse 2006 - 2009 der A Ltd. davon, dass die Letztere
zur Ausübung einer Geschäftstätigkeit in Jersey weder über eigene gemietete Büro-
räumlichkeiten noch über eigenes angestelltes Personal verfügte; beides wurde ihr im
Rahmen von eingekauften Dienstleistungen von der E Ltd. zur Verfügung gestellt. Die
letztere Gesellschaft ist spezialisiert auf die Gründung von Trusts und Gesellschaften
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in Jersey, wobei sie im Rahmen der weltweiten Werbung für ihre Dienstleistungen im
Internet insbesondere auch die Steuerplanung erwähnt. Wenn Unternehmungen wie
die E Ltd. für zahlreiche bzw. unzählige in Jersey registrierte Gesellschaften Dienstleis-
tungen erbringen und dafür Gebühren (Fees) verlangen, welche in geringfügigem
Ausmass auch die Beanspruchung der eigenen Office-Infrastruktur vor Ort abgelten,
genügt dies jedenfalls nicht für die Annahme, all diese Gesellschaften verfügten am
Sitz ihrer Registrierung in Jersey bzw. am Sitz des Dienstleistungserbringers über eine
Office-Infrastruktur, welche der Anknüpfung an einen Ort der tatsächlichen Verwaltung
ausserhalb von Jersey entgegenstünde (vgl. vorstehend, E. 2c).
d) Damit ist freilich noch nicht gesagt, dass sich letzterer Ort nicht doch in Jer-
sey befinden kann. Dies wäre dann der Fall, wenn die Führung der laufenden Geschäf-
te in den hier betroffenen Steuerjahren 2006 bis 2011 tatsächlich dort stattgefunden
hat. Zur Beantwortung dieser Frage ist zunächst der Inhalt der geschäftlichen Tätigkeit
der A Ltd. zu klären:
Nach dem bereits Gesagten erschöpfte sich der Zweck der A Ltd. darin, im
Rahmen eines Trust-Konstrukts nicht deklariertes Vermögen von B zu halten und zu
verwalten. Dabei wurde diese Aufgabe von der A Ltd. nicht selber ausgeübt, sondern
schweizerischen Banken und Vermögensverwaltern übertragen. Dergestalt verwaltete
die Bank G bei ihr deponierte Vermögenswerte, während der H AG diese Aufgabe in
Bezug auf die Vermögenswerte im Depot der Bank I oblag. Bei dieser Sachlage kann
die Geschäftstätigkeit der A Ltd. primär nur darin bestanden haben, die in der Schweiz
stattfindende Vermögensverwaltung zu steuern bzw. zu überwachen. Dies bestätigt
denn auch der von B für die Trustee-Überwachung eingesetzte Protector (RA F), in-
dem er in seinem der Sachverhaltsschilderung dienenden Schreiben vom 2. Dezember
2011 festhält, Aufgabe der E Ltd. bzw. der von dieser für die A Ltd. eingesetzten Direc-
tors sei neben der Buchführung die Überwachung der Vermögensverwalter bzw. die
Einhaltung der Anlagerichtlinien gewesen.
Dass sich aus dem Ort der von RA F erwähnten Buchführung kein Ort der
tatsächlichen Verwaltung ableiten lässt, wurde bereits erklärt (vgl. vorstehend
E. 2c). Zu prüfen bleibt damit letztlich, ob im Zusammenhang mit der Steuerung und
Überwachung der in der Schweiz stattfindenden Vermögensverwaltung die A Ltd. in
Jersey geschäftlich tätig geworden ist oder ob der Trustgründer und Trustbegünstigte B
diese Aufgabe für die A Ltd. in Z wahrgenommen hat.
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4. a) Die Vorinstanz geht gestützt auf folgende Indizien von Letzterem aus:
Sie weist zunächst darauf hin, dass die Vermögensverwaltung des Trusts
bzw. der A Ltd. gemäss "Asset-Management-Agreement" aus dem Jahr 2003 von der
E Ltd. an die H AG mit Adresse an der X-Strasse in Zürich übertragen worden sei; dies
mit dem Anlageziel "spekulativ" und dem Risiko "enormous" sowie mit der Referenz-
währung Schweizer Franken. Zu beachten sei nun, dass gemäss Handelsregister in
der H AG ein K als zeichnungsberechtigte Person figuriere. Zudem sei B selber über
eine gewisse Zeit Verwaltungsratsmitglied mit Einzelunterschrift dieser Vermögens-
verwaltungsfirma gewesen. An der gleichen Adresse an der X-Strasse befinde sich
sodann die von B gehaltene und von ihm als einzige zeichnungsberechtigte Person
ausgestattete Finanzberatungsfirma L AG. Aufgrund der persönlichen und örtlichen
Verbindung an der X-Strasse sei naheliegend, dass B das Sagen gehabt bzw. die tak-
tischen und weitere Anlageentscheide für die A Ltd. getroffen habe. Als ehemaliges
Geschäftsleitungsmitglied der M AG verfüge er dafür auch über das notwendige Fach-
wissen und zudem berate er auch Dritte in Finanzgeschäften. Dass er angeblich den
Grossteil seines Vermögens hochspekulativ durch Dritte habe anlegen lassen, sei un-
ter diesen Umständen kaum vorstellbar.
Die Sorgfaltspflicht von Trustees verbiete sodann in aller Regel Investitionen
in Anlagen, welche nicht mindestens ein Rating im Bereich "investement grade" vor-
weisen könnten. Die im Trust Deed angeführte Bestimmung, wonach Anlagen nicht
ausgeglichen und diversifiziert werden müssten, sei für die Verwaltung eines privaten
Vermögens durch einen Trustee deshalb aussergewöhnlich. Auch daraus könne ge-
schlossen werden, dass B und nicht der Trustee oder externe Vermögensverwalter die
strategischen und operativen Entscheide gefällt hätten.
Zu beachten sei weiter, dass dem von B für den D Trust eingesetzten Protec-
tor (RA F) die Aufgabe zugekommen sei, die Wünsche von B betreffend Ausschüttun-
gen und Änderungen bei den Vermögensverwaltungsverträgen an die E Ltd. weiterzu-
leiten. Über den ihm in wirtschaftlichen Beziehungen nahestehenden RA F habe B
damit direkt Einfluss nehmen können, ohne selbst nach aussen in Erscheinung zu tre-
ten.
Gemäss Trust Deed betrage das Kapital der A Ltd. lediglich GBP 10 und in
der in CHF geführten Handelsbilanz sei ein Aktienkapital von Fr. 24.- vermerkt. Das
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vom Trust an die A Ltd. zwecks Finanzierung von langfristigen Anlagen ungesichert
und zinslos gewährte Darlehen werde mit rund Fr. 30 Mio. ausgewiesen. Die Bilanzen
2003 und 2004 zeigten sodann eine Überschuldung von Fr. 7.5 Mio. auf. Dass mit
Fr. 24.- Eigenkapital keine Unternehmung geführt werden könne, sei offensichtlich;
noch viel weniger könnten Finanzgeschäfte im hochspekulativen Bereich getätigt wer-
den. Das vom D Trust zur Verfügung gestellte Darlehen qualifiziere daher wirtschaftlich
als Eigenkapital des Settlors B; weder eine Bank noch ein unabhängiger Dritter würden
für die vereinbarte Anlagepolitik Geld ohne Sicherheiten, Mitsprache und Verzinsung
zur Verfügung stellen. Im Zeitpunkt der Überschuldung hätten die Shareholder im Übri-
gen kein Kapital eingelegt; auch darin zeige sich, dass vorab der Darlehensgeber B die
Anlagepolitik bestimmt habe.
Nach Einreichung der Selbstanzeige habe RA F schliesslich der E Ltd. im De-
zember 2011 die Anweisung erteilt, Aktiven der A Ltd. von Fr. 24.3 Mio. unter Verrech-
nung des ihr vom Trust gewährten Darlehens an B auszuschütten. Die Auswahl der
Wertschriften habe B direkt mit den bei der A Ltd. eingesetzten Directors geregelt.
Auch bei dieser Transaktion sei davon auszugehen, dass RA F der Anweisung von B
gefolgt sei und dieser die Auswahl der ihm zu überlassenden Titel nicht den Directors
überlassen habe.
Insgesamt müsse nach alledem davon ausgegangen werden, dass B in allen
Belangen tatsächliche Anweisungen und Instruktionen via Trust gegeben und somit die
effektive Verwaltung seines privaten Vermögens von Z aus vorgenommen habe.
b) Die A Ltd. lässt beschwerde- und rekursweise darauf hinweisen, dass B
nicht ihr Aktionär sei; Alleinaktionärin sei die E Ltd. Hingegen bestehe ein Mandatsver-
hältnis zwischen B und RA F , dem Protector des D Trust, welchem nach dem Trust
Deed wesentliche Einflussmöglichkeiten auf den Trustee (E Ltd.) zustünden. Die Ein-
flussmöglichkeiten von B auf die Ausübung der Aktionärsrechte seien damit indirekter
Natur und stünden unter dem Vorbehalt der Rechte und Pflichten des Trustees. Letzte-
rem komme nach dem anwendbaren "Common Law" eine erhebliche Eigenverantwor-
tung für das Trustvermögen zu. B sei aber auch nicht Organ der A Ltd. Als eingetrage-
ne Directors hätten bis zum 20. März 2009 N und O fungiert; beide seien Directors der
E Ltd. und fachlich qualifiziert für die Führung, Überwachung und Verwaltung von Ver-
mögensverwaltungsgesellschaften. Danach habe N ihre Funktion indirekt weitergeführt
und sei P an die Stelle von O getreten. Die Directors seien persönlich haftbar, wenn sie
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bei Ausübung ihrer Funktion den gesetzlichen Sorgfaltsstandard nicht einhielten. Mit
Ausnahme der im Auftragsverhältnis an die Banken bzw. Vermögensverwalter dele-
gierten Verwaltung der bei den Banken deponierten Vermögenswerte würden sie alle
Leistungen erbringen, welche zur tatsächlichen Verwaltung gehörten. Die Führung der
laufenden Geschäfte beschränke sich dabei auf die Überwachung der beauftragten
Vermögensverwalter, die Administration und die Buchführung. Das hierfür per 2010 an
die E Ltd. bezahlte Gesamthonorar von GBP 20'707.- belege, dass die Leistungen,
welche zur tatsächlichen Verwaltung der Gesellschaft im Sinn von Art. 50 DBG gehör-
ten, vollumfänglich durch die E Ltd. erbracht worden seien. B sei sodann nicht unter-
schriftsberechtigt für die Bankkonten der A Ltd.; auch habe er weder taktische noch
andere Anlageentscheide für diese getroffen. Alle Vermögensverwaltungsverträge sei-
en von den Directors der A Ltd. abgeschlossen worden. Bei den Verträgen handle es
sich dabei um standardisierte Formularverträge der Beauftragten, welche dem Auftrag-
geber die Option zwischen verschiedenen Anlagestrategien einräumten (bei der H AG
= Speculative/Agressiv/Capital Profit/Leveled/Defensive und bei der Bank G = Defensi-
ve/Balanced/Dynamic). Die bei der Errichtung der Struktur unter Konsultation von B
als Begünstigtem getroffenen Entscheide zur Anlagestrategie seien für die einzelnen
Depots nie verändert worden.
Den beauftragten Vermögensverwaltern (Bank G und H AG) sei mit Blick auf
das vorliegende Steuerhoheitsverfahren ein Fragenkatalog vorgelegt worden. Aus den
Antworten ergebe sich Folgendes: Beide hätten die Anlageentscheide selbst getroffen
und niemals Rücksprache mit B genommen; dieser sei auch nach Vornahme von
Kaufs- und Verkaufsaktionen nicht informiert worden. Die Bankbelege über die ausge-
führten Transaktionen seien einzig der A Ltd. zugestellt worden, welche damit die Ver-
mögensanlagen stets zeitnah habe überwachen können. B habe weder Kopien noch
regelmässig Konto- oder Depotauszüge erhalten. Bei der Bank G hätten zweimal jähr-
lich Besprechungen mit B als Begünstigtem des D Trust stattgefunden. Dabei sei die-
sem ein schriftliches Reporting übergeben worden; zudem sei ihm die aktuelle Anlage-
strategie der Bank und deren Umsetzung im Vermögensverwaltungsmandat erläutert
worden; Anweisungen hinsichtlich der zu tätigenden Anlagen und Transaktionen habe
B an diesen Besprechungen nicht gegeben. Bei der H AG, deren Büros sich im glei-
chen Gebäude wie die Büros der von B geführten L AG befänden, hätten keine formel-
len Besprechungen stattgefunden; B sei jedoch "sporadisch im Treppenhaus" über den
Stand der Anlagen informiert worden.
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RA F sei lediglich anwaltlich für B tätig; weitere Beziehungen bestünden nicht.
Entscheidend sei bei der vorliegenden Beweisfrage aber nicht, ob B Einfluss auf die A
Ltd. habe nehmen können, sondern ob er tatsächlich in einem Umfang Einfluss ge-
nommen habe, dass ihm die tatsächliche Verwaltung der Gesellschaft zuzurechnen
sei. Soweit die Steuerbehörde als Indiz für Letzteres vorbringe, dass B bei der H AG
dem Verwaltungsrat angehört habe und dort auch ein gewisser K als zeichnungsbe-
rechtigte Person eingetragen gewesen sei, sei dem Folgendes entgegenzuhalten: Zu-
nächst sei B mit K nicht verwandt. Richtig sei, dass B selber zwischen 2002 und 2004
dem Verwaltungsrat der H AG angehört habe. Das Mandat habe aber weder zeitlich
noch sachlich in einem Zusammenhang mit dem Vermögensverwaltungsmandat der A
Ltd. gestanden; das Letztere sei bei der Gründung der Bank I erteilt worden und später
mit demselben Mandatsverantwortlichen in der H AG fortgeführt worden. Materiell habe
sich B als Verwaltungsrat der H AG im Übrigen gar nicht mit Vermögensverwaltungs-
mandaten befasst; vielmehr habe er dort sein Know How im Bereich Private Equity und
Firmen-Übernahmen eingebracht.
Das von der Steuerbehörde als weiteres Indiz herangezogene Fachwissen
von B sei unbestritten, belege aber nicht, dass dieser sein Wissen auch eingesetzt
habe; wenn beispielsweise der Gast eines Taxis den Fahrausweis besitze, tauge dies
auch nicht zum Beweis, dass der Gast und nicht der Taxifahrer das Fahrzeug gelenkt
habe.
Soweit als weiteres Indiz für die tatsächliche Verwaltung der A Ltd. durch B
auf den hohen Anteil des Vermögens der A Ltd. am Gesamtvermögen hingewiesen
werde, habe dieser Anteil Ende 2010 knapp 52% betragen; die Verwaltung eines sol-
chen Anteils am Vermögen durch Dritte sei bei einem Vermögen von rund Fr. 100 Mio.
keineswegs aussergewöhnlich. Wenn die Steuerbehörde zudem offenbar von der Si-
mulation der Vermögensverwaltungsverträge mit der Bank G und der H AG ausgehe
(und damit sinngemäss behaupte, die Direktoren dieser beiden Gesellschaften hätten
im Rahmen der Auskunftserteilung gelogen), nenne sie dafür keine Beweismittel.
Der steuerbehördliche Hinweis auf die Bestimmung im Trust Deed, wonach
Anlagen nicht ausgeglichen oder diversifiziert werden müssen, sei ebenso unbe-
helflich; diese Bestimmung sei im Rahmen der Verwaltung eines Vermögens durch
einen Trust nicht aussergewöhnlich und finde sich in den meisten Trust Deeds.
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Zutreffend sei, dass dem vom Alleinaktionär der A Ltd. gewährten Darlehen
wirtschaftlich die Funktion von Eigenkapital zukomme. Aus dessen Sicht seien Aktien-
kapital wie Darlehen im gleichen Mass den Risiken der Vermögensanlage ausgesetzt.
Vor diesem Hintergrund sei die Aufteilung der ursprünglichen Investitionssumme in
Aktienkapital und Aktionärsdarlehen unter dem pragmatischen Gesichtspunkt erfolgt,
dass die Darlehensrückzahlung weniger gesellschaftsrechtliche Formalitäten erfordere
als die Rückzahlung von Eigenkapital. In der hier vorliegenden Situation, in welcher der
Alleinaktionär zugleich einziger Gläubiger der Gesellschaft sei, bestehe risikomässig
keine Differenzierung zwischen Eigenkapital und Fremdkapital. Bei solchen Aktionärs-
darlehen treffe daher die Vermutung nicht zu, der Gläubiger nehme aufgrund seiner
Gläubigereigenschaft Einfluss auf die Investitionsentscheide, weil für ihn das Darlehen
Eigenkapital darstelle. Im Übrigen kommt hier die Gläubigereigenschaft nicht B, son-
dern dem Trustee (E Ltd.) zu und gehöre es gerade zu den Pflichten des Trustees, das
Trustvermögen zu überwachen. Dass das Eigenkapital im Verhältnis zur Bilanzsumme
nach den steuerlichen Vorschriften ungenügend gewesen sei und damit ein Teil der
Darlehen als Eigenkapital qualifiziere, treffe in den hier massgeblichen Perioden 2006
bis 2011 übrigens nur für das Jahr 2008 zu. Schon im Folgejahr habe der Eigenkapi-
talanteil wieder 24% betragen und liege damit über dem Richtwert der ESTV, welcher
für Finanzgesellschaften 14% betrage.
Soweit schliesslich die Steuerbehörde als weiteres Indiz die Einflussnahme
von B auf die Auswahl der Titel im Zusammenhang mit der Ausschüttung des D Trust
über Fr. 24.3 Mio. erwähne, verkenne sie Folgendes: Die besagte Ausschüttung des
D Trust habe darin bestanden, dass ein Teil des Darlehensguthabens des D Trusts bei
der A Ltd. an B abgetreten worden sei; dadurch sei dieser nicht nur steuerrechtlich,
sondern auch zivilrechtlich Gläubiger der A Ltd. geworden. Mit der Übertragung von
Wertschriften sei sodann das B zustehende Darlehensguthaben durch die A Ltd. ge-
tilgt worden. Dass die Tilgung einer Darlehensschuld durch Übertragung von Wert-
schriften nicht einseitig in das Belieben des Schuldners gestellt sei, sondern die Mitwir-
kung des Gläubigers erfordere, sei selbstverständlich.
Insgesamt sei damit nachgewiesen, dass die vom kantonalen Steueramt an-
geführten Indizien für die Bestimmung des Orts der tatsächlichen Verwaltung sachlich
oder rechtlich ohne Bedeutung seien. Darüber hinaus sei sogar der Beweis angetreten
und erbracht worden, dass die tatsächliche Verwaltung der A Ltd. am statutarischen
Sitz in Jersey erfolgt sei.
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c) Geht man gestützt auf all diese Parteivorbringen und die vorliegenden Be-
weismittel zunächst einer möglichen Geschäftstätigkeit der A Ltd. in Jersey nach, ergibt
sich Folgendes:
aa) Wie bereits erwähnt, verfügte die A Ltd. am Ort ihrer Registrierung ("re-
gistration") in Jersey weder über eigene Büros noch über eigenes Personal. Dort tätig
für sie waren nur zwei von der (formellen) Alleinaktionärin E Ltd. zur Verfügung gestell-
te Directors. Aufgabe dieser Directors war es, die A Ltd. zu führen, wozu insbesondere
"die Überwachung der Vermögensverwalter (Einhaltung der Richtlinien)" gehörte (vgl.
Schreiben des Protectors vom 2. Dezember 2011, auch zum Folgenden). Neben den
beiden Directors stellte die E Ltd. der A Ltd. auch das Sekretariat zur Verfügung (Sec-
retary; E Secretarial Services Limited; vgl. A Ltd., Financial Statements, 31. Dezember
2005, "officers and professional advisors").
bb) Ihre Dienstleistungen hat die E Ltd. der A Ltd. halbjährlich verrechnet. De-
ren sich auf das Geschäftsjahr 2010 beziehenden Bescheinigung vom
10. Februar 2011 kann entnommen werden, dass die A Ltd. der E Ltd. zunächst eine
fixe Jahresgebühr (Fee) von GBP 2'000.- für "Provision of Registered Office, Company
Secretary and Directors" zu entrichten hatte; daraus lässt sich in Bezug auf eine Ge-
schäftstätigkeit der A Ltd. in Jersey nichts gewinnen. Weiter ist der Bescheinigung zu
entnehmen, dass der A Ltd. über diese Fixgebühren hinaus "timecosts" in Rechnung
gestellt worden sind; insgesamt habe das Total aller Gebühren per 2010 GBP
18'707.04 erreicht. Abgegolten wurden mit den "timecosts" laut Bescheinigung die fol-
genden Leistungen:
Full administrative services [...], incl. the maintenance of the statutory records,
liaising with intermediaries and investment advisors.
Full bookkeeping and accounting services [...] incl. full set of Financal State-
ments annually.
Seek and appoint investment advisors to undertake the management of as-
sets, currently Bank G and Bank I.
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Was zunächst die beiden erstgenannten Positionen betrifft (administrative
Dienstleistungen, Buchhaltung, Rechungswesen und Jahresabschlüsse) wurde bereits
erwähnt, dass damit kein Ort der tatsächlichen Verwaltung begründet wird, geht es
dabei doch nicht um das eigentliche Geschäft der Gesellschaft (vgl. E. 2c).
Es verbleibt die dritte Position, also das "Suchen und Ernennen von Vermö-
gensverwaltern mit der Verpflichtung zur Vermögensverwaltung". Dass diese Position
einen gewichtigen Anteil an den von E verrechneten Gebühren erfasst, lässt sich ge-
stützt auf die beiden vorgelegten Halbjahresabrechnungen 2010 nicht sagen. In diesen
Abrechnungen ("Fee Notes") sind – neben den besagten Fixgebühren von jeweils
GBP 1'000.- und Kleingebühren für Fax, Telefon etc. – Beträge in der Höhe von
GBP 6'787.57 (1. Halbjahr) bzw. GBP 9'481.65 (2. Halbjahr) mit dem Betreff "Provision
of Full Professional and Administrative Services" angeführt. Diese Umschreibung lässt
nicht darauf schliessen, dass diese Kosten im Zusammenhang mit der eigentlichen
Geschäftstätigkeit, nämlich der (in die Schweiz ausgelagerten) Vermögensverwaltung
bzw. deren Überwachung stehen. Dies ergibt sich aber auch aus folgenden Überle-
gungen: Die A Ltd. hatte nach eigenen Angaben die zu verwaltenden Vermögenswerte
von Anfang an bei der Bank I deponiert und mit dieser einen Vermögensverwaltungs-
vertrag abgeschlossen, nach welchem die Bank im Rahmen der schriftlich festgehalte-
nen Anlagerichtlinien die Anlageentscheide selbstständig zu treffen hatte. Der spätere
Wechsel dieses Vermögensverwaltungsmandats zur H AG geschah nicht auf Interven-
tion der A Ltd. hin, sondern gründete allein darin, dass sich der bei der Bank I zustän-
dige Direktor selbstständig machte bzw. die letztere Gesellschaft gründete und dabei
das Mandat der A Ltd. mitnahm. Das Depot bei der Bank G, welches diese selbst ver-
waltete, kam nach Angaben der A Ltd. 2005 aufgrund der Übernahme von Vermö-
genswerten der Q Ltd. hinzu. Wenn nun die A Ltd. betont, dass beide Vermögensver-
waltungsverträge im Wesentlichen nie abgeändert worden seien bzw. dass die bei der
Errichtung der Struktur unter Konsultation von B als Begünstigtem des D Trust getrof-
fenen Entscheide zur Anlagestrategie für die einzelnen Depots über alle Jahre hinweg
nie verändert worden seien, so leitet sich daraus zweierlei ab: Einerseits zeigt sich,
dass die von E Ltd. für die A Ltd. bestellten Directors über die ursprüngliche Vergabe
der Vermögensverwaltungsverträge nicht selber haben bestimmen können; das dies-
bezügliche geschäftliche Tätigwerden (= Auswahl der Vermögensverwalter und Anla-
geentscheide treffen) übernahm vielmehr B (so ausdrücklich RA F). Nachdem sodann
die beiden Vermögensverwaltungsverträge betreffend die Depots bei den Banken I und
G einmal liefen und über Jahre hinweg keine Änderungen erfahren haben, ist nicht
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ersichtlich, welche Geschäftstätigkeit die A Ltd. unter der Beschreibung "Seek and ap-
point investment advisors to undertake the management of assets, currently Bank G
and Bank I" in den hier streitigen Jahren 2006 bis 2011 noch hat entwickeln können.
Entsprechende Dienstleistungen (Suchen und Ernennen von Vermögensverwaltern)
waren aufgrund der Kontinuität in den laufenden Mandaten (statt "currently" müsste es
von daher "always" Bank G and Bank I heissen) nicht erforderlich. Für ein eigentliches
Überwachen der (renommierten) Schweizer Vermögensverwalter durch die auf Trust-
konstrukte spezialisierten Directors der E in Jersey blieb sodann wenig Raum, wenn
sich die hiesigen Vermögensverwalter gestützt auf standardisierte Verträge ganz ein-
fach an vorgegebenen Anlagerichtlinien zu orientieren hatten. Ein aktives Überwachen
hätte sich während jahrelanger Anlagetätigkeit im Übrigen auch einmal in einem
Wechsel bei den Vermögensverwaltern oder der Anlagestrategie äussern müssen. Ein
Überwachen ("controlling") wird in der Bescheinigung und den Abrechnungen der E
Ltd. denn auch nicht erwähnt. Schliesslich hat die A Ltd. auch keinerlei Unterlagen vor-
gelegt, welche belegen würden, dass in Jersey irgendwelche Besprechungen betref-
fend die in der Schweiz stattfindende Vermögensverwaltung, Generalversammlungen
oder Verwaltungsratssitzungen stattgefunden hätten; solche Aktivitäten wurden nicht
einmal behauptet. Soweit die hiesigen Vermögensverwalter die Korrespondenzen
betreffend die Mandate an die A Ltd. bzw. die E Ltd. richteten (vgl. Auskünfte der Bank
G und der H AG), so qualifiziert die blosse Entgegennahme dieser Korrespondenzen
wiederum als reine administrative Tätigkeit.
cc) Insgesamt lässt sich damit sagen, dass in Bezug auf die hier streitigen
Jahre 2006 bis 2011 nicht ersichtlich ist, dass in Jersey die Führung der Geschäfte der
A Ltd. stattgefunden hat; belegt sind dort lediglich administrative Tätigkeiten, welche
zudem von Dritten (Directors der E Ltd.) wahrgenommen worden sind.
d) Nun hat aber nicht die A Ltd. den Ort der tatsächlichen Verwaltung an ihrem
statutarischen Sitz nachzuweisen, sondern liegt es an der Steuerbehörde den Beweis
zu erbringen, dass die Geschäfte der A Ltd. in der Schweiz bzw. in der zürcherischen
Gemeinde Z geführt wurden.
Dies ist ihr gelungen:
aa) Zunächst ist festzuhalten, dass – nachdem der D Trust steuerlich als
transparent zu betrachten ist – nicht dieser Trust bzw. der Trustee (E Ltd.), sondern B
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als Alleinaktionär und damit Beherrscher der A Ltd. qualifiziert. Das zur Verschleierung
gewählte "Trustkonstrukt" bewirkte lediglich, dass die beherrschende Stellung von B
gegen Aussen (d.h. im Rahmen von Vertragsunterzeichnungen, Korrespondenzen etc.)
nicht zum Ausdruck kam, schränkte diese aber in keiner Weise ein. Unbestrittener-
massen war der Trust nämlich so ausgestaltet, dass B über den als Protector einge-
setzten (hiesigen) RA F seine "Wünsche" jederzeit hat einbringen können, was darauf
hinausläuft, dass er auf diese indirekte Weise die Geschäftstätigkeit der A Ltd. nach
Belieben hat bestimmen können bzw. die von E Ltd. eingesetzten Directors seine
Wünsche bloss noch administrativ umzusetzen hatten.
Die Geschäftstätigkeit der A Ltd. bestand nach deren Gründung (mithin vor
den hier betroffenen Steuerjahren) zunächst in der Vergabe von Verwaltungsmandaten
an hiesige Vermögensverwalter; dies mit entsprechenden Anlagevorgaben. Unbestrit-
tenermassen hatte diesbezüglich schon B, welcher auf diese Weise allein sein als Dar-
lehen bzw. Eigenkapital in die A Ltd. eingebrachtes Vermögen von rund Fr. 30 Mio.
verwaltet haben wollte, die massgeblichen Entscheidungen getroffen. Dass er sich
dazu nach Jersey begeben hätte, um die Sache mit den von E Ltd. bestellten Directors
zu besprechen, wurde nicht geltend gemacht und ist kaum vorstellbar, nachdem sich
die Vermögensverwalter hier in der Schweiz befanden und B als Fachmann in Finanz-
geschäften auch über hiesige Kontakte verfügte.
bb) In den hier betroffenen Steuerjahren 2006 bis 2011 ging es bei der Ge-
schäftstätigkeit der A Ltd. nun aber nicht mehr um Entscheide betreffend die Auswahl
von Vermögensverwaltern, sondern allein noch um die Überwachung von hierorts be-
reits seit Jahren laufenden Mandaten, d.h. um Entscheide betreffend das Beibehalten
dieser Mandate und/oder der ursprünglich gewählten Anlagestrategie. Diesbezüglich
ist aufgrund der Auskünfte der hiesigen Vermögensverwalter erstellt, dass B für die A
Ltd. in Z tätig geworden ist (vgl. zum Folgenden deren Antworten vom 21. März 2012
zum Fragenkatalog der A Ltd.):
Den Auskünften lässt sich zunächst entnehmen, dass die hiesigen Vermö-
gensverwalter die Anlageentscheide betreffend jährlich rund 100 (Bank G) bzw. 125 (H
AG) Transaktionen selber getroffen haben; mit B sei nicht Rücksprache genommen
worden. Dies erstaunt nicht, geht es doch bei der Vermögensverwaltung der hier vor-
liegenden Art gerade darum, dass dem Vermögensverwalter ein Portfolio überlassen
wird, damit dieser nach Massgabe der vorgegebenen Anlagestrategie die Entscheide
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betreffend Kauf und Verkauf der einzelnen Titel selber trifft; diesbezüglich ist dement-
sprechend weder von B noch von den Directors der E Ltd. ein geschäftliches Tätigwer-
den für die A Ltd. zu erwarten. Als Inhalt der Geschäftstätigkeit verbleibt – wie bereits
mehrfach erwähnt – allein das Überwachen der laufenden Mandate mit Blick auf die
erzielte Performance bzw. das Erreichen der Zielvorgaben im Rahmen der gewählten
Anlagestrategien.
Hierzu gibt die Bank G an, dass zwischen dem zuständigen Portfolio-
Manager, dem Kundenberater R (Direktor der Zweigniederlassung in Z) und B zweimal
jährlich Besprechungen stattgefunden hätten. Für diese Besprechungen sei vom Port-
folio-Manager ein schriftliches Reporting erstellt worden; Inhalt sei die aktuelle Anlage-
strategie und die Umsetzung im Mandat gewesen. Damit ist aber erstellt, dass das
Überwachen des Vermögensverwaltungsmandats bei der Bank G durch B in Z stattge-
funden hat.
Die H AG weist demgegenüber zwar darauf hin, dass keine regelmässigen
Besprechungen mit B stattgefunden hätten, bringt dabei aber die Bemerkung an:
"höchstens sporadisch im Treppenhaus". Unbestrittenermassen war B (zwischen 2002
und 2004) selber Verwaltungsrat der H AG und kannte er damit deren Gründer, wel-
cher als ehemaliger Direktor der Bank I das fragliche Portfolio betreute, persönlich.
Zudem führte er am Domizil der H AG (X-Strasse in Z) eine eigene Finanzberatungs-
gesellschaft. Wenn dergestalt zwischen dem das Portfolio betreuenden Direktor der H
AG und B "Gespräche im Treppenhaus" stattgefunden haben, belegt dies, dass die
Überwachung des Vermögensverwaltungsmandats der H AG ebenfalls durch B in Z
stattgefunden hat.
cc) Damit steht fest, dass die Führung der Geschäfte der A Ltd., welche sich
in der Überwachung der hierorts laufenden Vermögensverwaltungsmandate erschöpf-
ten, durch B in Z ausgeübt worden ist. Auf die weiteren von der Steuerbehörde vorge-
brachten Indizien braucht unter diesen Umständen nicht weiter eingegangen zu wer-
den.
Zu bemerken bleibt lediglich, dass tatsächlich auch die Ausschüttung aus dem
D Trust per Ende 2011 zeigt, dass B sämtliche Entscheide betreffend seinem im Trust-
Konstrukt versteckten Vermögen und damit auch diejenigen betreffend die Vermö-
gensverwaltung via die A Ltd. allein getroffen hat. So beauftragte er in diesem Zusam-
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menhang RA F , dem Trustee (E Ltd.) mitzuteilen, dass ihm (B) ein Betrag von
Fr. 24'300'000.- zuzuweisen sei, wobei für diese Ausschüttung das Darlehen bei der A
Ltd. zu verwenden sei; die Darlehensrückgabe habe dergestalt zu erfolgen, dass von
der A Ltd. im Depot der Bank I angelegte Vermögenswerte im auszuschüttenden Be-
trag in ein neues Depot von B bei der gleichen Bank zu überführen seien, wobei B die
Auswahl der Titel mit den Directors der A Ltd. absprechen werde (vgl. Schreiben RA
F vom 7. Dezember 2011, Ziff. 1). Es bestehen keine Zweifel, dass unter diesen Um-
ständen die von E bestellten Directors der A Ltd. in Jersey erneut keine geschäftlichen
Entscheide zu treffen hatten; deren Handlungen erschöpften sich in der administrativen
Umsetzung der Vorgaben von B. Auch dies belegt, dass Letzterer die Geschäfte der A
Ltd. führte und zwar von Z aus.
e) Die Würdigung der Beweislage führt damit zum Schluss, dass der Ort der
tatsächlichen Verwaltung der A Ltd. in den Geschäftsjahren 2006 bis 2011 in Z lag.
Damit untersteht die A Ltd. in den entsprechenden Steuerjahren der Steuerhoheit der
Schweiz sowie des Kantons Zürich.
5. a) Diese Erwägungen führen zur Abweisung der Rechtsmittel.
b) Ausgangsgemäss sind die Kosten des Verfahrens der A Ltd. aufzuerlegen
(Art. 144 Abs. 1 DBG, § 151 Abs. 1 StG) und entfällt die Zusprechung von Parteient-
schädigungen (Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des Bundesgesetzes über
das Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember 1968; § 152 StG i.V.m. § 17 Abs. 2 des
Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997). | Public | Tax | de | 2,013 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
c672273d-cd19-4d09-8f22-46af73c850cd | hat sich ergeben:
A. Mit Einschätzungsentscheid vom 21. Mai 2010 schätzte das kantonale
Steueramt A (nachfolgend der Pflichtige) für die Staats- und Gemeindesteuern, Steu-
erperiode 2008, mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 203'300.- ein. Dabei setzte
es u.a. die abzugsfähigen Liegenschaftsunterhaltskosten bezüglich der Liegenschaften
...strasse 3, in C, und ...strasse 5 und 7, in D, abweichend von der Deklaration fest.
Beim selbstbewohnten Eigenheim ...strasse 3 liess es Prozess- und Anwaltskosten
von Fr. 8'368.- in Zusammenhang mit einem Baurekurs gegen ein nachbarschaftliches
Bauvorhaben sowie Gebühren für Wasser und Abwasser von Fr. 1'010.- nicht zum
Abzug zu. Hinsichtlich der vermieteten Stockwerkeigentumswohnungen in D rechnete
das kantonale Steueramt die zusätzlich zu den effektiven Unterhaltskosten geltend
gemachten Unterhaltspauschalen von Fr. 55'328.- (...strasse 5) bzw. Fr. 49'814.-
(...strasse 7) auf und liess statt dessen effektive Unterhaltskosten (inkl. Mietzinsausfäl-
le) von Fr. 63'328.- und Fr. 105'073.- zum Abzug zu. Im gleichentags erfolgten Hinweis
betreffend die direkte Bundessteuer 2008 stellte das kantonale Steueramt eine Veran-
lagung mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 202'400.- in Aussicht. Die förmliche
Veranlagung erging am 31. Mai 2010. Dabei nahm es – soweit nachfolgend relevant –
die gleichen Korrekturen vor wie bei den Staats- und Gemeindesteuern 2008.
B. Dagegen erhobenen Einsprachen wies das kantonale Steueramt nach
Durchführung einer Untersuchung am 11. April 2012 ab und erhöhte die steuerbaren
Einkommen auf Fr. 238'800.- (Staats- und Gemeindesteuern 2008) und Fr. 237'900.-
(Direkte Bundessteuer 2008). Abweichend von der Veranlagung liess das kantonale
Steueramt hinsichtlich der Liegenschaft ...strasse 3 die Hälfte der geltend gemachten
Prozess- und Anwaltskosten, d.h. Fr. 4'184.-, zum Abzug zu. Dagegen stellte sich bei
der Untersuchung heraus, dass die bei der Einschätzung angerechneten effektiven
Unterhaltskosten für die Stockwerkeigentumseinheiten ...strasse 5 und 7 im erhebli-
chen Ausmass Unterhaltskostenanteile aus den Jahren 2005 bis 2007 enthielten, die
der Pflichtige infolge Stundung erst im Jahr 2008 an die Liegenschaftenverwalterin
bezahlte. Unter Hinweis auf das Periodizitätsprinzip liess das kantonale Steueramt die
gestundeten Kosten für die Jahre 2005 bis 2007 nicht zum Abzug zu. Weil die im Jahr
2008 anrechenbaren effektiven Kosten die Unterhaltspauschale von 20% der Mietzins-
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einnahmen nicht überschritten, gewährte es stattdessen Pauschalabzüge von
Fr. 55'328.- und Fr. 49'848.- Ferner berücksichtigte es Mietzinsausfälle von Fr. 10'490.-
und Fr. 13'307.-.
C. Mit Beschwerde und Rekurs je vom 14. Mai 2012 liess der Pflichtige bean-
tragen, für die Liegenschaft in C, ...weg 3, die gesamten Rechtswahrungskosten in
Höhe von Fr. 8'368.- als Unterhaltsaufwendungen anzuerkennen. Ferner seien hin-
sichtlich der Liegenschaften in D – zusätzlich zu den Unterhaltskostenpauschalen von
je 20% – die gestundeten Unterhaltskosten von Fr. 52'888.- (...strasse 5) und
Fr. 44'076 (Fr. 65'766.- abzüglich bereits berücksichtige Kosten von Fr. 21'690.- für die
Wohnungen an der ...strasse 7) sowie Einlagen in den Erneuerungsfonds von
Fr. 26'000.- anzurechnen. Dementsprechend seien die steuerbaren Einkommen auf
Fr. 110'802.- (direkte Bundesteuer 2008) und Fr. 111'702.- (Staats- und Gemeinde-
steuern 2008) herabzusetzen. Schliesslich beantragte er eine Parteientschädigung.
Das kantonale Steueramt beantragte in seiner Beschwerde-/Rekursantwort
vom 30. Mai 2012 unter Hinweis auf die Einspracheentscheide, Beschwerde und Re-
kurs abzuweisen. Mit Bezug auf die geltend gemachten Anwalts- und Verfahrenskos-
ten sei nach wie vor nicht nachgewiesen, dass durch die Bauten der Nachbarliegen-
schaft eine Wertminderung der Liegenschaft des Pflichtigen eintreten würde.
Eventualiter seien die im Einspracheentscheid gewährten Aufwendungen zu streichen
und das steuerbare Einkommen entsprechend zu erhöhen.
Auf die weiteren Parteivorbringen wird – soweit rechtserheblich – in den nach-
folgenden Erwägungen eingegangen. | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. a) Gemäss Art. 25 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom
14. Dezember 1990 (DBG) bzw. § 25 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) wer-
den zur Ermittlung des Reineinkommens die gesamten steuerbaren Einkünfte um die
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zu ihrer Erzielung notwendigen Aufwendungen und die allgemeinen Abzüge vermin-
dert. Nach Art. 32 Abs. 2 Satz 1 DBG bzw. § 30 Abs. 2 StG können bei Liegenschaften
im Privatvermögen die Unterhalts- und Verwaltungskosten abgezogen werden. Unter-
haltskosten sind Aufwendungen, deren Ziel nicht die Schaffung neuer, sondern in ers-
ter Linie die Erhaltung bereits vorhandener Werte ist. Dabei handelt es sich in erster
Linie um sog. Instandhaltungs- und Instandstellungskosten, d.h. Aufwendungen, die
regelmässig anfallen, um die Funktionsfähigkeit des Grundstücks zu erhalten oder die
in grösseren Zeitabstanden erforderlich sind, um die Ertragsfähigkeit des Grundstücks
sicher zu stellen.
b) Darüber hinaus sind auch Kosten für rechtliche Massnahmen zur Werter-
haltung des Grundstücks, wie Gerichts- und Anwaltskosten, die erforderlich sind, um
den Wert der eigenen Parzelle zu erhalten, unter dem Titel Unterhaltskosten
abzugsfähig (RB 1986 Nr. 35 [Leitsatz]; 1983 Nr. 42, 1977 Nr. 89; Rich-
ner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009, Art. 32 N 37 DBG
und Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, 3. A., 2013, § 30 N 38 ff., N 74, N 95 StG;
Dieter Egloff, in: Kommentar zum Aargauer Steuergesetz, 3. A., Band 1, § 39 N 36).
Anrechenbar sind in diesem Zusammenhang auch Unterhaltsaufwendungen, wenn
diese nutzlos oder erfolglos gewesen sind (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 221 N 64
StG; RB 1983 Nr. 42; RB 1977 Nr. 89; Egloff a.a.O. unter Hinweis auf AGVE 1994,
S. 486 E. 2c; RB 1977 Nr. 89 1964 Nr. 55). Der Abzug derartiger Aufwendungen sei
jedoch dann zu versagen, wenn sich ein Rechtsmittel als offensichtlich unbegründet
herausstelle. Dies treffe einerseits dann zu, wenn eine Beschwerde bzw. ein Rekurs
aus formellen Gründen (z.B. Versäumnis einer Rechtsmittelfrist, fehlende Anfech-
tungsbefugnis) oder materiellen Erwägungen (Ausserachtlassung einer klaren Recht-
sprechung), von Vornherein aussichtslos sei (StRK 3, 3. November 2005,
ST.2005.230; StRG, 10. Juli 2013, 2 DB.2013.66).
c) Bei der Beantwortung der Frage, ob ein Pflichtiger mit den von ihm aufge-
wendeten Rechtskosten tatsächlich eine Wertminderung seines Grundstücks abzu-
wenden versuche, ist ein milder Massstab anzulegen. Als sachgerecht erscheint, was
ein sorgfältiger Hauseigentümer nach Prüfung der Sachumstände für zweckmässig
erachtet. Gewisse Beeinträchtigungen eines Grundstücks können kaum zuverlässig
bewertet werden, was gerade auch für die vorliegend drohenden Mehrimmissionen und
die Einschränkung der Aussicht gilt. Dass ein Bauvorhaben auf dem Nachbargrund-
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stück die eigene Liegenschaft entwerte, lässt sich naturgemäss in vielen Fällen nicht
zuverlässig sagen. Zwar gibt es Bauten und Anlagen, deren Nachbarschaft allgemein
als störend und damit als wertmindernd aufgefasst wird, so beispielsweise eine Ab-
wasserreinigungsanlage oder ein Schlachthaus. Bei anderen Gebäulichkeiten oder
Nutzungsarten spielen jedoch subjektive Vorstellungen und Wertungen eine nicht un-
bedeutende Rolle, so z.B. die Nachbarschaft zu einer Schul- oder Sportanlage. Unter
diesen Umständen muss es genügen, wenn ein Pflichtiger die durch ein Bauvorhaben
in der Nachbarschaft ausgehende Beeinträchtigung für das eigene Grundstück zumin-
dest glaubhaft macht. Kraft § 338a Abs. 1 des Planungs- und Baugesetzes vom
7. September 1975/20. Mai 1984 (PBG) muss der gegen eine Baubewilligung rekurrie-
rende Nachbar dartun, dass er durch die angefochtene Anordnung berührt ist und ein
schutzwürdiges Interesse an ihrer Aufhebung oder Änderung hat. Dies trifft dann zu,
wenn sein Grundstück in einer hinreichend engen räumlichen Beziehung zur Baupar-
zelle steht und er überdies im Fall der Gutheissung des Rechtsmittels einen Nachteil
abwenden könnte, den die angefochtene Bewilligung für ihn zur Folge hätte (Fritzsche/
Bösch/Wipf, Zürcher Planungs- und Baurecht, Bd. 1: Planungsrecht, Verfahren und
Rechtsschutz, 5. A., 2011, S. 439 ff., mit Hinweisen auf Rechtsprechung und Lehre;
StRG, 7. Februar 2013, DB.2012.253 + ST.2012.281, E. 3a, www.strgzh.ch).
Indessen muss die Rechtsvorkehr eines Grundeigentümers tatsächlich darauf
ausgerichtet sein, einen Schaden von der Liegenschaft abzuwenden. Denn nur unter
dieser Voraussetzung kann von Liegenschaftsunterhalt im Sinn von Art. 32 Abs. 2 DBG
und § 30 Abs. 2 StG gesprochen werden.
d) Unterhaltsaufwendungen sind vom hierfür beweisbelasteten Steuerpflichti-
gen nicht nur geltend zu machen, sondern auch hinsichtlich Bestand und Umfang
nachzuweisen. Diesen Nachweis hat er durch eine substanziierte Sachdarstellung an-
zutreten, die spätestens innerhalb der Rekursfrist vorgetragen werden muss (RB 1964
Nr. 68, RB 1992 Nr. 32). Als substanziiert gilt eine Sachdarstellung, welche hinsichtlich
Art, Motiv und Rechtsgrund alle Tatsachenbehauptungen enthält, die – ohne weitere
Untersuchung, aber unter Vorbehalt der Beweiserhebung – die rechtliche Würdigung
der geltend gemachten Steueraufhebung oder -minderung erlaubt (RB 1992 Nr. 32).
Bei ungenügender Substanziierung ist nicht von Amtes wegen eine Untersuchung zu
führen, um sich die fehlenden Grundlagen zu beschaffen (RB 1975 Nr. 64, 1981
Nr. 90, 1987 Nr. 35). Eine unvollständige Sachdarstellung kann nicht im Beweisverfah-
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ren nachgeholt werden (RB 1980 Nr. 69 mit weiteren Hinweisen). Zur Mitwirkung des
Steuerpflichtigen gehört ferner die Beschaffung oder Bezeichnung von Beweismitteln,
anhand derer sich die Richtigkeit des dargelegten Sachverhalts ergibt (RB 1992 Nr. 32;
Martin Zweifel, Die Verfahrenspflichten des Steuerpflichtigen im Steuereinschätzungs-
verfahren, ASA 49, 518). Kommt der Steuerpflichtige diesen Anforderungen nicht nach,
so haben die Aufwendungen unberücksichtigt zu bleiben (RB 1980 Nr. 72). Nur soweit
ihm Substanziierung und/oder Beweisleistung aus Gründen, die er nicht zu vertreten
hat, nicht möglich oder nicht zumutbar sind, kann er sich, hinreichende Schätzungs-
grundlagen vorausgesetzt, auch auf Schätzungen berufen (RB 82 Nr. 95, 1987 Nr. 35).
2. a) Mit Bezug auf die Liegenschaft in C, ...strasse 3, machte der Pflichtige
wegen Umbauplänen der Nachbarliegenschaften verschiedene Aufwendungen gel-
tend. Zum einen beauftragte er einen Anwalt und erhob später vor der Baurekurskom-
mission des Kantons Zürich Rekurs, da die Erstellung einer Stützmauer sowie einer
Lounge auf zwei Nachbargrundstücken geplant wurde. Er befürchtete, dass durch die
Erstellung der Stützmauer nicht nur der Baumbestand auf seinem Grundstück Schaden
nehme sondern die Mauer auch ästhetisch negativ erscheinen werde. Durch die Nut-
zung der Lounge entstehe zudem eine störende Lärmquelle. Beide Baumassnahmen
würden zu einer Ertragswertminderung seines Grundstücks führen. Der Pflichtige be-
antragt, die Anwalts- und Verfahrensgebühren von insgesamt Fr. 8'368.- vollumfänglich
als Unterhaltsaufwendungen anzuerkennen.
b) Nachdem der Steuerkommissär in der Veranlagung/Einschätzung die An-
walts- und Verfahrenskosten nicht als Unterhaltsaufwendungen anerkannt hatte, wurde
dem Pflichtigen im Einspracheverfahren die Hälfte der geltend gemachten Kosten ge-
währt, mit der Begründung, dass diese erforderlich gewesen seien, um den Baumbe-
stand zu erhalten. Diese Auffassung ist vertretbar. Die Liegenschaft ...strasse 3 in C ist
im hinteren bergseitig gelegenen Grundstücksteil von grossen und älteren Bäumen
umgeben. Diese bilden insbesondere einen Sichtschutz von Seiten der Nachbarliegen-
schaften. Zudem prägen sie auch den Charakter des Grundstücks, welches auch im
vorderen und seitlichen Teil stark mit weiteren Bäumen und Büschen überwachsen ist.
Rechtswahrungskosten zur Erhaltung des Baumbestands auf dem eigenen Grundstück
mögen zu einem Teil zur Werterhaltung des Grundstücks beitragen. Hinsichtlich der
übrigen prozessualen Vorkehren (Stützmauer, Lounge auf dem Nachbargrundstück) ist
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jedoch nicht genügend dargetan, geschweige denn belegt, dass das Grundstück des
Pflichtigen dadurch in objektiver Hinsicht von einem Schaden bedroht war. Lärmimmis-
sionen von Nachbargrundstücken beeinflussen die Werthaltigkeit eines Grundstücks
nur dann, wenn die Lärmquelle über das übliche Mass hinaus geht (z.B. Kindergarten,
Kinderspielplatz, Sportplatz u.ä.). Dies trifft jedoch für die bauliche Neugestaltung der
Gartensitzplätze auf dem Nachbargrundstück nicht zu, da in der Regel davon auszu-
gehen ist, dass der Nachbar sein Grundstück so nutzt, dass Lärm und weitere, die
Nachbarn störende Handlungen auf das erlaubte Mass beschränkt werden. Der Ver-
kehrswert eines Grundstücks wird auch nicht durch die baurechtlich zulässige Nutzung
der Nachbarliegenschaft beeinflusst. Damit muss es mit der hälftigen Anrechnung der
Rechtswahrungskosten sein Bewenden haben.
3. a) Bezüglich der im Eigentum des Pflichtigen befindlichen Stockwerkeigen-
tumseinheiten an der ...strasse 5 und 7 ist streitig, ob der Pflichtige bei der Einschät-
zung 2008 – zusätzlich zu den gewährten Pauschalabzügen – gestundete Unterhalts-
kostenanteile für die Jahre 2005 und 2007 in Höhe von Fr. 52'838.- und Fr. 44'076.-
(Fr. 65'766.- ./. Fr. 21'590.-) sowie Einlagen in den Erneuerungsfonds in Abzug bringen
könne.
b) Gemäss Art. 32 Abs. 4 DBG bzw. § 30 Abs. 5 StG kann der Steuerpflichtige
anstelle der tatsächlichen Kosten einen Pauschalabzug geltend machen. Die tatsächli-
chen Kosten sind in diesem Fall nicht nachzuweisen. Die Pauschale beträgt bei der
direkten Bundessteuer bei über zehnjährigen Objekten 20% und bei jüngeren 10% des
Brutto-Mietertrags (Verordnung des Bundesrats über den Abzug der Kosten von Lie-
genschaften des Privatvermögens bei der direkten Bundessteuer vom 24. Au-
gust 1992, SR 642.116 = ZStB II Nr. 63/650; nachfolgend Verordnung). Bei den Staats-
und Gemeindesteuern beträgt der Pauschalabzug für alle Liegenschaften 20% des
Brutto-Mietertrags (Verfügung der Finanzdirektion über die Pauschalierung der Kosten
für den Unterhalt und die Verwaltung von Liegenschaften des Privatvermögens vom
7. September 2002, ZStB I Nr. 18/800). Der Pauschalabzug umfasst alle ordentlichen
Kosten, hauptsächlich Unterhaltskosten, Versicherungsprämien, Drittverwaltungskos-
ten, Energiespar- und Umweltschutzmassnahmen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter,
§ 30 N 30 StG) und – beim Stockwerkeigentum – auch die Einlagen in den Erneue-
rungsfonds. Nach Art. 3 der Verordnung hat der Steuerpflichtige in jeder Steuerperiode
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die Wahl, ob er die tatsächlichen Kosten oder den Pauschalabzug geltend machen
möchte. Eine Kumulation oder Kombination von Pauschale und effektiven Kosten ist
ausgeschlossen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 30 N 30 StG).
c) Das steuerbare Einkommen bemisst sich nach den Einkünften in der Steuer-
periode (Art. 210 Abs. 1 DBG, § 50 Abs. 1 StG). Gemäss dem in Art. 127 Abs. 2 der
Bundesverfassung vom 18. April 1999 bzw. Art. 125 Abs. 2 der Verfassung des Kan-
tons Zürich vom 27. Februar 2005 garantierten Grundsatz der wirtschaftlichen Leis-
tungsfähigkeit müssen Steuerpflichtige nach Massgabe der ihnen zur Verfügung ste-
henden Mittel gleichmässig belastet werden; die Steuerbelastung muss sich nach den
dem Steuerpflichtigen zur Verfügung stehenden Wirtschaftgütern und den persönlichen
Verhältnissen richten (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, VB zu StG N 67 ff., mit weiteren
Hinweisen). Der Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähig-
keit wird durch denjenigen der Periodizität konkretisiert (Markus Reich, Das Leistungs-
fähigkeitsprinzip im Einkommenssteuerrecht, ASA 53, 13; RB 1980 Nr. 48). Aufgrund
des Periodizitätsprinzips wird dasjenige Einkommen besteuert, das in einer Steuerperi-
ode von einem Kalenderjahr gemäss Art. 209 Abs. 2 DBG bzw. § 49 Abs. 2 StG erzielt
wird (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 210 N 9 DBG bzw. § 50 N 10 StG).
Das Periodizitätsprinzip kommt nicht nur beim Einkommenszufluss, sondern
auch beim Einkommensabfluss zum Tragen. Die zeitliche Abgrenzung des Abflusses
von Einkommen muss nach den gleichen Kriterien vorgenommen werden wie die des
Zuflusses von Einkommen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 210 N 97 DBG bzw.
§ 50 N 79 StG, auch zum Folgenden). Aufwendungen fliessen somit grundsätzlich zu
dem Zeitpunkt ab, in welchem die steuerpflichtige Person zur Zahlung verpflichtet ist.
Gemäss der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts (RB 1988 Nr. 29) ist für die zeit-
liche Zuordnung von Liegenschaftsunterhaltskosten grundsätzlich auf die Fälligkeit der
Forderung, d.h. in der Regel auf den Tag der Rechnungsstellung abzustellen (sog.
gemässigte Sollmethode). Lediglich bei unsicheren Forderungen ist das Zahlungsda-
tum (Ist-Methode) massgebend.
Die Geschäftsleitung des kantonalen Steueramts erliess daraufhin eine bis heu-
te nie aufgehobene und teilweise immer noch befolgte Weisung (Mitteilungen zur An-
wendung des Gesetzes über die direkten Steuern 1989 Nr. 1, auch zum Folgenden).
Diese bezieht sich einzig auf Liegenschaftsunterhaltskosten. Darin wird festgehalten,
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dass sich die bisherige Praxis des kantonalen Steueramts, gemäss welcher für die
zeitliche Abgrenzung das Datum der Zahlung massgebend war (RB 1975 Nr. 45), be-
währt habe. Ein allgemeiner Wechsel zur gemässigten Soll-Methode dränge sich nicht
auf. Unter diesen Umständen sei es dem Steuerpflichtigen weiterhin gestattet, Liegen-
schaftsunterhaltskosten nach der Ist-Methode geltend zu machen. Wolle er auf die
gemässigte Soll-Methode abstellen, so sei seinem Begehren zu entsprechen. Er sei
jedoch bei seiner Wahl zu behaften, d.h. die einmal gewählte Abgrenzungsmethode sei
beizubehalten.
d) Im vorliegenden Fall nahm das kantonale Steueramt die zeitliche Zuordnung
der abzugsfähigen Liegenschaftsunterhaltskosten für die Liegenschaften ...strasse 5
und 7 in der Steuerperiode 2008 nach der gemässigten Sollmethode vor und erklärte
folgedessen nur die im Jahr 2008 in Rechnung gestellten Kosten (ohne die gestunde-
ten Kosten der Jahre 2005 bis 2007) für abzugsfähig. Weil die effektiven Kosten bei
beiden Liegenschaften (inkl. Einlagen in den Erneuerungsfonds) unter dem Pauschal-
abzug von je 20% lagen, gewährte es Pauschalabzüge von je 20% der Mietzinssoller-
träge. Ausserdem berücksichtigte es Mietzinsverluste von Fr. 10'490.- und Fr. 13'307.-.
Bei den Letzteren handelt es sich um Ertragsminderungen, die unbestrittenermassen
zu berücksichtigen sind, jedoch nicht unter dem Titel "(effektive) Unterhaltskosten".
e) Dem kantonalen Steueramt ist beizupflichten, dass die Gerichtsinstanzen bei
der zeitlichen Abgrenzung von Einkommensabflüssen grundsätzlich der gemässigten
Sollmethode folgen. Hinsichtlich der zeitlichen Abgrenzung von Liegenschaftsunter-
haltskosten hat das Verwaltungsgericht diese Methode ausdrücklich für anwendbar
erklärt (RB 1988 Nr. 29). Nach dieser Methode sind Unterhaltskosten in dem Zeitpunkt
abzugsfähig, in dem sie fällig werden. Massgebend ist das jeweilige Rechnungsdatum.
Der Zeitpunkt der Zahlung ist unter dem Vorbehalt, dass überhaupt mit der Zahlung
gerechnet werden kann, grundsätzlich unbeachtlich (RB 1976 Nr. 50 = ZBl 78, 86 =
ZR 75 Nr. 115; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 50 N 79 und 80 StG; StRK II,
18. Februar 1999, 2 ST.1998.270). Die genannte Methode hat veranlagungstechnisch
den Vorteil, dass ohne weiteres auf die Fälligkeitsanzeigen der Gläubiger (Rechnungs-
daten) abgestellt werden kann. Die tatsächlichen Zahlungsdaten wären schwieriger zu
eruieren. Wollte man an diese anknüpfen, erhöhte sich das Risiko eines mehrmaligen
Abzugs. Ferner ist diese Methode noch am ehesten geeignet, einen unerwünschten
Spielraum zur Steuerplanung bzw. -manipulation einzuschränken. Das Abstellen auf
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die Rechnungsdaten dient aber nur der zeitlichen Abgrenzung der abzugsfähigen Kos-
ten. Was den Umfang der abzugsfähigen Aufwendungen betrifft, ist die Steuerbehörde
nicht gehalten, in jedem Fall die in Rechnung gestellten Beträge anzurechnen. Gerade
bei liegenschaftlichen Aufwendungen kommt es häufig vor, dass Rabatte, Skonti und
andere Abzüge gewährt werden. Für den Umfang der abzugsfähigen Kosten gilt des-
halb stets das Prinzip der effektiven Kostenanrechnung. Demnach können Kosten un-
geachtet dessen, welcher Periode sie zeitlich zuzurechnen sind, immer nur im Umfang
des nachweislich tatsächlich bezahlten Betrages angerechnet werden (Richner/Frei/
Kaufmann/Meuter, § 221 N 8 StG). Erfahrungsgemäss werden Liegenschaftsunter-
haltskosten – wenn auch gelegentlich mit Abzügen versehen – innert der Zahlungsfrist
bezahlt. Wenn die Rechnung ausnahmsweise erst viel später bezahlt wird und auf-
grund der im Veranlagungs- oder Rechtsmittelverfahren dargelegten oder anderweitig
zu Tage getretenen Umstände Zweifel an der tatsächlicher Erfüllung bestehen, kann es
sich rechtfertigen, die streitbetroffenen Aufwendungen erst im Zeitpunkt der Zahlung
anzurechnen. Ferner bestünde auch die Möglichkeit, den Steuerpflichtigen bezüglich
nicht nachgewiesener Kosten auf den Revisionsweg zu verweisen. Insofern sind die
Vorbehalte des kantonalen Steueramts gegenüber der Anwendung der gemässigten
Sollmethode bei Liegenschaftsunterhaltskosten teilweise unbegründet.
f) Auch das Steuerrekursgericht folgt grundsätzlich der gemässigten Sollmetho-
de (StRK II, 3. Dezember 2003, 2 ST.2003.280; StRK II, 28. Oktober 2002,
2 ST.2002.284, StRK II, 23. April 1999, 2 ST.1999.2; StRK II, 18. Februar 1999,
2 ST.1998.270; StRK I, 24. Juni 1998, IV 62/1997). Bezüglich Liegenschaftsunterhalts-
kosten lässt die Rechtsprechung jedoch Ausnahmen zu, was auf die im Januar 1989
amtsintern publizierte Weisung der Geschäftsleitung des kantonalen Steueramts zu-
rückzuführen ist, die teilweise immer noch angewendet wird. Darin wurde der gemäs-
sigten Sollmethode bei der zeitlichen Abgrenzung von Liegenschaftsunterhaltskosten
eine Absage erteilt. Weil die betreffende Weisung nie aufgehoben oder berichtigt wur-
de, erfolgt seither die zeitliche Abgrenzung von Liegenschaftsunterhaltskosten sowohl
nach der Ist-Methode als auch nach der gemässigten Sollmethode oder nach gar kei-
ner Methode, weil sich die zeitliche Abgrenzungsfrage in den meisten Fällen nicht
stellt. In einem Entscheid vom 29. Januar 2003 (3 ST.2002.340) wies die
Steuerrekurskommission auf diese unterschiedliche Praxis des kantonalen Steueramts
hin und gewährte einem Steuerpflichtigen aus Gründen der Rechtsgleichheit (Gleich-
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behandlung im Unrecht) den Abzug der Liegenschaftsunterhaltskosten nach der Ist-
Methode.
g) In diesem Sinne ist auch im vorliegenden Fall zu entscheiden, weil der
Pflichtige die streitbetroffenen Unterhaltskosten für die Liegenschaften ...strasse 5 und
7 für die Jahre 2005 bis 2007 in den Steuerperioden 2005 bis 2007 gar nicht geltend
machte. Er grenzte mit anderen Worten die in den Jahren 2005 bis 2008 abzugsfähi-
gen Liegenschaftsunterhaltskosten in zeitlicher Hinsicht nach der Ist-Methode ab. In
der Steuererklärung 2007 deklarierte er die streitbetroffenen Aufwendungen unter dem
Titel "gestundeter Verwaltungskostenanteil StWG 2005-2007" als Privatschulden, was
das kantonale Steueramt in seinem Einschätzungsentscheid vom 20. Mai 2009 für die
Staats- und Gemeindesteuern, Steuerperiode 2007, ausdrücklich zuliess. Wäre für die
zeitliche Abgrenzung der abzugsfähigen Unterhaltskosten die Sollmethode als mass-
gebend erachtet worden, hätten das kantonale Steueramt die von der E AG im Jahr
2007 in Rechnung gestellten Unterhaltskostenanteile von Fr. 18'750.- (...strasse 5) und
Fr. 21'690.- (...strasse 7) zumindest bei den bereits effektiv geltend gemachten Unter-
haltskosten für die Liegenschaft ...strasse 5 zusätzlich anrechnen müssen. Hinsichtlich
der Liegenschaft ...strasse 7 hätte es festhalten müssen, dass der Kostenanteil von
Fr. 21'690.- pro 2007 im Pauschalabzug enthalten sei. Denn das Deklarationsverhalten
des Pflichtigen liess insgesamt darauf schliessen, dass er nicht bezahlte Kosten (Lie-
genschaftsaufwendungen und Alimente) im Zeitpunkt der Zahlung steuerlich geltend
machen werde (bezüglich des nicht bezahlten von der E AG in Rechnung gestellten
Kostenanteils für die Flachdachsanierung im Jahr 2005). Auch in den Steuererklärun-
gen 2005 und 2006 sind die von der E AG in Rechnung gestellten Unterhaltskosten,
soweit diese vom Pflichtigen in den Jahren 2005 und 2006 nicht bezahlt wurden, nicht
im deklarierten Unterhaltsaufwand enthalten. Bei dieser Sachlage ist der vom kantona-
len Steueramt im Steuerjahr 2008 ohne Vorankündigung vollzogene Methodenwechsel
bei der zeitlichen Abgrenzung von Liegenschaftsaufwendungen mit dem von einer
Steuerbehörde zu erwartenden loyalen, vertrauenswürdigen und widerspruchfreien
Verhalten nicht zu vereinbaren, zumal der Methodenwechsel dazu führt, dass die Un-
terhaltskostenanteile für die Liegenschaft ...strasse 5 pro 2006 und 2007 (effektiv ab-
gerechnet) überhaupt nicht mehr angerechnet werden können, da die betreffenden
Einschätzungen in Rechtskraft erwachsen sind.
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h) Weiter wies der Pflichtige mehrmals – auch im Einschätzungs- und Einspra-
cheverfahren – darauf hin, dass ihm die streitbetroffenen Unterhaltskosten infolge um-
baubedingter Zahlungsschwierigkeiten gestundet worden seien. Gestundete Kosten
hätte das kantonale Steueramt nach der Soll-Methode niemals ohne zusätzliche Abklä-
rungen über Zeitpunkt und Inhalt der Stundungsabrede als Unterhaltskosten in den
Jahren 2005 bis 2007 berücksichtigen dürfen, weil durch die Stundung nachträglich die
Fälligkeit während einer bestimmten Frist aufgehoben bzw. aufgeschoben wird; sie
verhindert den Eintritt des Schuldnerverzugs und die damit verbundenen Folgen
(Urs Leu, in Basler Kommentar, 4. A., Art. 75 N 4 f. OR). Auch unter diesem Aspekt
erwiesen sich die Einschätzungen für die Steuerperioden 2005 und 2007, bei welchen
die von der E AG gestundeten Kosten mangels Geltendmachung in der Steuererklä-
rung nicht bei den Unterhaltskosten berücksichtigt wurden, als vertretbar. Denn ge-
stundete Kosten sind nicht fällig, so dass sich die Anwendung der Sollmethode verbie-
tet. Bei dieser Sachlage kommt es auf die Unsicherheit der Erfüllung der Forderung
nicht an. Es ist jedoch anzumerken, dass die Bezahlung der ausstehenden Kosten
entgegen der Auffassung des Pflichtigen nicht als unsicher einzustufen war. Denn ei-
nerseits anerkannte der Pflichtige die Forderungen der E AG. Andererseits besitzt der
Pflichtige mehrere werthaltige Liegenschaften, die bei andauernder Liquiditätsschwä-
che entweder freiwillig oder zwangsweise hätten veräussert werden können. Aus der
Sicht der E AG kann deshalb die Forderung nicht als unsicher eingestuft werden.
i) Somit können die gestundeten Verwaltungskostenanteile für die Jahre 2005
bis 2007, die im Januar 2008 bezahlt wurden, grundsätzlich im Jahr 2008 als Unter-
haltskosten geltend gemacht werden. Weil innerhalb der gleichen Steuerperiode eine
Kombination oder Kumulation von pauschalen und effektiven Liegenschaftsunterhalts-
kosten unzulässig ist (vgl. E. 3.b), sind anstelle der gewährten Unterhaltspauschale
antragsgemäss die im Rekurs- und Beschwerdeverfahren geltend gemachten effekti-
ven Unterhaltskosten zum Abzug zuzulassen. Somit sind die Nettoerträge für die Lie-
genschaften ...strasse 5 und 7 wie folgt festzusetzen:
...strasse 5 Fr.
Bruttosollertrag 276'641
Mietzinsverluste -10'490
Mietertrag 266'151
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Gestundete Kosten 2005-2007 -52'838
Effektive Unterhaltskosten pro 2008 -29'966
Nettomietertrag 183'347
(statt Fr. 211'023.- gemäss Einspracheentscheid)
...strasse 7 Fr.
Bruttosollertrag 249'072
Mietzinsverluste -13'308
Mietertrag 235'764
Gestundete Kosten 2005-2007 gemäss Antrag (act. 2 und 5) -44'076
Effektive Unterhaltskosten pro 2008 -23'897
Einlage in den Erneuerungsfonds -26'000
Nettomietertrag 141'791
(statt Fr. 185'954.- gemäss Einspracheentscheid)
4. Aufgrund der vorstehenden Erwägungen sind die Rechtsmittel teilweise
gutzuheissen und die Steuerfaktoren wie folgt neu festzusetzen:
Direkte Bundessteuer 2008 Fr.
Steuerbares Einkommen gemäss Einspracheentscheid 237'976
Nettomietertrag ...strasse 5 183'347
Nettomietertrag ...strasse 7 141'791
Total Nettomietertrag 325'138
./. Nettomietertrag ...strasse 5 lt. Einspracheentscheid -211'023
Nettomietertrag ...strasse 7 lt. Einspracheentscheid -185'954 -71'839
Steuerbares Einkommen 166'137
Steuerbares Einkommen gerundet 166'100
Staats- und Gemeindesteuern 2008 Fr.
Steuerbares Einkommen gemäss Einspracheentscheid 238'826
Nettomietertrag ...strasse 5 183'347
Nettomietertrag ...strasse 7 141'791
Total Nettomietertrag 325'138
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./. Nettomietertrag ...strasse 5 lt. Einspracheentscheid -211'023
Nettomietertrag ...strasse 7 lt. Einspracheentscheid -185'954 -71'839
Steuerbares Einkommen 166'987
Steuerbares Einkommen gerundet 166'900
Steuerbares Vermögen (unverändert) 924'000
5. Ausgangsgemäss sind die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu 4/10 dem
Pflichtigen und zu 6/10 und der Beschwerdegenerin aufzuerlegen (Art. 144 Abs. 1
DBG). Die Kosten des Rekursverfahrens sind zu 2/10 dem Pflichtigen und zu 8/10 dem
Rekursgegner aufzuerlegen (§ 151 Abs. 1 StG). Eine Parteientschädigung ist dem
Pflichtigen nicht zuzusprechen, da der Teilerfolg im Rechtsmittelverfahren nicht auf die
Vorbringen des Pflichtigen zurückzuführen ist, sondern aufgrund anderer Gründe er-
folgte (Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Ver-
waltungsverfahren vom 20. Dezember 1968; § 152 StG i.V.m. § 17 Abs. 2 des Verwal-
tungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997). | Public | Tax | de | 2,013 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
c73fa4a9-5e9e-43b1-a991-e896aad8e26f | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend der Pflichtige) und B waren zu Beginn der Steuerperiode
2012 je zur Hälfte Eigentümer der Z AG, Zürich. Dieses Unternehmen bezweckt Mie-
te/Vermietung, Kauf/Verkauf, Verwaltung, Vermittlung, Wartung und Unterhalt von Lie-
genschaften und verfügt über ein Aktienkapital von Fr. 100'000.-, welches in 100 Na-
menaktien im Nennwert von je Fr. 1'000.- eingeteilt ist. Sie hielt zu dieser Zeit 50% der
S AG, welche ihrerseits Inhaberin der T AG und der I AG ist.
Am 20. Juni 2012 verkauften die beiden Aktionäre ihre Aktien an die C AG, mit
Wirkung ab 1. Januar 2012. Der Kaufpreis wurde auf Fr. 5 Mio. festgesetzt. Hiervon
waren Fr. 3,4 Mio. per Vertragsunterzeichnung zu bezahlen; der Restbetrag war in
zwei Teilzahlungen von je Fr. 800'000.- per 20. Dezember 2015 und 20. Dezember
2016 zu leisten. Die beiden Verkäufer sollten hiervon jeweils immer die Hälfte erhalten.
Der Vertrag enthielt u.a. ein auf drei Jahre befristetes Konkurrenzverbot. Zugleich wur-
den neue Arbeitsverträge über die Weiterbeschäftigung der beiden Verkäufer abge-
schlossen. Über die Transaktion war am 31. Mai 2012 ein Ruling beim kantonalen
Steueramt eingeholt worden. Dementsprechend deklarierte der Pflichtige in der Steu-
ererklärung 2012 keine Einkünfte aus dem Verkauf.
Mit Auflagen vom 30. Juli und 27. Oktober 2014 führte der Steuerkommissär
eine Untersuchung darüber durch, ob im Kaufpreis eine Abgeltung für das Konkurrenz-
verbot bzw. eine Karenzentschädigung enthalten war. Hierzu verlangte er u.a. eine
substanziierte Sachdarstellung bezüglich der Kaufpreisfestsetzung und allfällige weite-
re sachdienliche Unterlagen. Der Pflichtige liess am 28. November 2014 antworten.
Dabei wandte er sich gegen die vom kantonalen Steueramt vertretene Betrachtungs-
weise. Dieses mahnte am 12. Dezember 2014 die Auflage, worauf der Pflichtige am
5. Januar 2015 reagierte. Letzterer bezeichnete den Standpunkt des kantonalen Steu-
eramts als nicht nachvollziehbar und beantragte eine Besprechung. Diese fand am
6. Februar 2015 statt.
Am 3. März 2015 schätzte das kantonale Steueramt den Pflichtigen für die
direkte Bundessteuer 2012 mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 874'100.- und
für die Staats- und Gemeindesteuern 2012 mit einem steuerbaren und satzbestimmen-
den Einkommen von Fr. 873'200.- sowie einem steuerbaren Vermögen von
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Fr. 5'224'000.- (satzbestimmend Fr. 5'752'000.-) ein. Dabei rechnete es Einkünfte von
Fr. 800'000.- auf mit der Begründung, der Veräusserungserlös für die Z AG habe eine
steuerbare Karenzentschädigung enthalten; diese werde nach pflichtgemässem Er-
messen auf Fr. 800'000.- geschätzt. Das Ruling sei aus näher dargelegten Gründen in
Bezug auf diese Frage nicht bindend.
B. Hiergegen erhob der Pflichtige am 2. April 2015 Einsprache mit dem An-
trag, auf die Aufrechnung von Fr. 800'000.- sei zu verzichten.
Das kantonale Steueramt wies die Einsprachen am 22. Juni 2015 ab.
C. Mit Beschwerde bzw. Rekurs vom 23. Juli 2015 wiederholte der Pflichtige
Einspracheantrag und -begründung. Mit Ergänzung vom 27. Juli 2015 stellte er zudem
den Antrag auf Ausrichtung einer Parteientschädigung.
Das kantonale Steueramt schloss am 21. August 2015 auf Abweisung der
Rechtsmittel. Die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) liess sich nicht verneh-
men.
Mit Verfügung vom 26. Oktober 2015 verlangte das Steuerrekursgericht vom
Pflichtigen die Jahresrechnungen 2011 der Gruppengesellschaften. Dieser kam dem
am 29. Oktober bzw. 2. November 2015 nach. Am 11. November 2015 reichte er zu-
dem eine Replik ein, in welcher er an seinen Anträgen festhielt. Das kantonale Steuer-
amt verzichtete am 18. November 2015 auf erneute Stellungnahme. | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. a) aa) Gemäss Art. 16 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die direkte Bun-
dessteuer vom 14. Dezember 1990 (DBG) bzw. § 16 Abs. 1 des Steuergesetzes vom
8. Juni 1997 (StG) unterliegen der Einkommenssteuer alle wiederkehrenden und ein-
maligen Einkünfte mit Ausnahme der Kapitalgewinne aus der Veräusserung von Pri-
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vatvermögen. Steuerbar sind nach Art. 17 Abs. 1 DBG bzw. § 17 Abs. 1 StG insbeson-
dere alle Einkünfte aus privatrechtlichen oder öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhält-
nissen mit Einschluss der Nebeneinkünfte wie Entschädigungen für Sonderleistungen,
Provisionen, Zulagen, Dienstalters- und Jubiläumsgeschenke, Gratifikationen, Trink-
gelder, Tantiemen und andere geldwerte Vorteile. Leistungen, welche der Steuerpflich-
tige nicht vom Arbeitgeber, sondern von Dritten erhält, sind ebenfalls dem Arbeitsein-
kommen zuzurechnen, wenn sie ihm im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis
ausgerichtet worden sind (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG,
2. A., 2009, Art. 17 N 37 DBG, und Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, 3. A., 2013,
§ 17 N 37 StG). Steuerbar sind nach Art. 23 lit. c DBG bzw. § 23 lit. c StG ferner Ent-
schädigungen für Konkurrenzverbote (Zigerlig/Jud, in: Kommentar zu Schweizerischen
Steuerrecht, Band I/2 a, 2. A., 2008, Art. 23 N 15a DBG).
Steuerfrei sind die Kapitalgewinne aus der Veräusserung von beweglichem
Privatvermögen (Art. 16 Abs. 3 DBG; § 16 Abs. 3 StG). Solche ergeben sich dadurch,
dass der Mehrwert eines obligatorischen oder dinglichen Vermögensrechts beim Aus-
scheiden aus dem Vermögen der bisher berechtigten Person durch Umwandlung in ein
(auch wirtschaftlich betrachtet) anderes Vermögensrecht realisiert wird (Richner/Frei/
Kaufmann/Meuter, Art. 16 N 152 DBG und § 16 N 113 StG).
bb) Beim Verkauf von personenbezogenen Aktiengesellschaften kann sich die
Frage der Abgrenzung zwischen Kaufpreis und Entschädigungen für weitere Leistun-
gen stellen, wenn sich der Verkäufer gleichzeitig verpflichtet, weiterhin für die verkaufte
Gesellschaft tätig zu sein. Enthält die anlässlich des Aktienverkaufs ausgerichtete Leis-
tung eine Entschädigung hierfür, wäre diese nicht mehr als Kapitalgewinn, sondern als
Einkunft zu betrachten und entsprechend zu besteuern.
Bei dieser Abgrenzung ist nicht allein auf den Wortlaut der getroffenen Verträ-
ge abzustellen, sondern sind alle Umstände in Betracht zu ziehen. Im Entscheid BGr,
16. Juni 2005, 2P.69/2005 bzw. 2P.269/2003 beurteilte deshalb das Bundesgericht es
nicht als willkürlich, eine solche Entschädigungskomponente für die Weiterbeschäfti-
gung aus dem Kaufpreis in einem Fall auszuscheiden, in welchem eine Ungleichbe-
handlung der verkaufenden Anteilsinhaber bezüglich des Kaufpreises festgestellt wur-
de, welche der bevorzugte, als einziger weiterhin für das Verkaufsobjekt tätige
Steuerpflichtige nicht erklären konnte. Eine solche Entschädigung wurde ebenfalls in
einem Fall angenommen, bei welchem sämtliche Aktien einer Gesellschaft am selben
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Datum übertragen wurden, die letzte Kaufpreistranche von 20% aber erst zwei Jahre
nach Zustandekommen des Vertrages fällig wurde und unter der Bedingung stand,
dass die ausgeschiedenen Aktionäre ein Konkurrenzverbot einhielten (StRG, 4. Febru-
ar 2011, 1 DB.2010.235 + 1 ST.2010.330, www.strgzh.ch). Die Verletzung des Konkur-
renzverbots hätte demnach die Käuferin von der Bezahlung der letzten Tranche des
Kaufpreises befreit, während der Verkauf der Aktien gleichwohl als vollzogen gegolten
hätte. Folglich war diese letzte Tranche des Kaufpreises im Ergebnis nicht als Kauf-
preiszahlung, sondern als Entschädigung für die Einhaltung eines vertraglichen Kon-
kurrenzverbots zu qualifizieren und unterlag damit der Einkommenssteuer.
Demnach gilt es in solchen Fällen zu prüfen, ob sich aus den Verträgen An-
haltspunkte dafür ergeben, dass mit dem Kaufpreis auch eine zukünftige Arbeitsleis-
tung oder ein sonstiges Verhalten entschädigt wird. Auf einen solchen Sachverhalt ist
zu schliessen, wenn die Verträge Klauseln enthalten, welche das vereinbarte Verhalten
des Verkäufers garantieren bzw. die Käuferin bei Verletzung schadlos halten sollen,
und diese mit dem Verkaufspreis verknüpft sind. Dies kann geschehen durch positive
(wie Ratenzahlung des Kaufpreises bei Wohlverhalten) oder negative Anreize (wie
Konventionalstrafen, bedingte Preisrückleistungsverpflichtungen).
b) Nach der allgemeinen Beweislastregel haben die Steuerbehörden den
Nachweis zu erbringen, dass ein Steuerpflichtiger bestimmte Einkünfte erzielt hat, da
es sich hierbei um einen steuerbegründenden Umstand handelt. Der Nachweis eines
Vermögenszuflusses begründet sodann die natürliche Vermutung, dass dieser steuer-
bares Einkommen darstellt. Die Vermutung kann vom Steuerpflichtigen entkräftet wer-
den, indem er den Gegenbeweis erbringt, dass nämlich die zugeflossenen Einkünfte
kein steuerbares Einkommen darstellen (wie z.B. Vorliegen eines steuerfreien Kapital-
gewinns aus der Veräusserung beweglichen Privatvermögens). Liegt ein Kaufvertrag
unter Dritten vor und ist der Kaufpreis bedingungslos geschuldet, begründet dies die
tatsächliche Vermutung, dass der verurkundete Kaufpreis auch ein solcher ist. Der
allgemeinen Beweislastregel folgend, obliegt daraufhin den Steuerbehörden die Be-
weislast dafür, dass der Gegenleistung ganz oder teilweise keine Kaufpreisqualität
zukommt.
c) In Ziff. 3.1 des Aktienkaufvertrags vom 20. Juni 2012 wird der gesamte Be-
trag von Fr. 5 Mio. als Kaufpreis bezeichnet. Die Vertragsparteien sind voneinander
unabhängig. Damit hat der Pflichtige den Nachweis einer Kaufpreisleistung erbracht,
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1 DB.2015.148 1 ST.2015.187
und obliegt dem kantonalen Steueramt die Beweislast für seine Behauptung, dass dar-
in auch als Einkünfte zu besteuernde Arbeitsentgelte enthalten sind. Die Vorinstanz
begründet ihre Auffassung im Wesentlichen mit der erheblichen Differenz zwischen
Kaufpreis und dem von ihr ermittelten viel tieferen Verkehrswert. Zudem würden zwei
Raten des Kaufpreises von je 16% erst nach Ablauf der Karenzfristen des Konkurrenz-
bzw. Abwerbeverbots zur Auszahlung gelangen. Weiter seien neue Arbeitsverträge
abgeschlossen worden mit einem erheblich tieferen Bruttolohn.
d) aa) Der Aktienkaufvertrag enthält in Ziff. 10 ein auf drei Jahre befristetes
Konkurrenz- und Abwerbeverbot. Bei jeder Verletzung hat der zuwider handelnde Ver-
käufer eine Konventionalstrafe von Fr. 100'000.- zu bezahlen. Die Leistung der Kon-
ventionalstrafe befreit ihn nicht von der Pflicht zur Einhaltung der vertraglichen Pflich-
ten. Indessen besteht keinerlei rechtliche Verknüpfung zwischen der Einhaltung des
Konkurrenz- bzw. Abwerbeverbots einerseits und den Auszahlungen der beiden Kauf-
preisraten andrerseits. Nach dem Aktienkaufvertrag haben diese vielmehr vorausset-
zungslos nach Ablauf der festgesetzten Zeitdauer zu erfolgen (Ziff. 3.2 lit. b des Akti-
enkaufvertrags). Zudem gehören weder die Weiterarbeit des Pflichtigen noch die
Einhaltung des Konkurrenz- oder Abwerbeverbots zu den von den Verkäufern zu ge-
währleistenden Pflichten nach Ziff. 6 des Aktienkaufvertrags. Der Pflichtige könnte so-
mit selbst bei frühestmöglicher Kündigung des Arbeitsverhältnisses und Aufnahme
einer konkurrenzierenden Tätigkeit den vollen Kaufpreis einfordern.
bb) Fragen könnte sich einzig, ob die befristete Auszahlung der Kaufpreisra-
ten nicht auch der Sicherung der Einhaltung des Konkurrenzverbotes dient, indem bei
Verletzung des Konkurrenzverbots die Konventionalstrafe mit den ausstehenden Raten
verrechnet werden kann. Damit wäre die Auszahlung im Ergebnis nicht mehr nur be-
fristet erfolgt, sondern wäre zusätzlich unter der Bedingung der Einhaltung des Konkur-
renzverbots gestanden. Bei einer solchen Betrachtung stellt sich indessen die Frage
nach der zeitlichen Realisation: Nach ständiger Rechtsprechung werden einer be-
stimmten Steuerbemessungsperiode alle steuerbaren Einkünfte zugerechnet, die dem
Steuerpflichtigen in dieser Zeitspanne mit der Wirkung zugegangen sind, dass sie sei-
ne wirtschaftliche Leistungsfähigkeit gesteigert haben (RB 1981 Nr. 56 = ZBl 1982,
314, auch zum Folgenden). Einkünfte sind zugeflossen, sobald der Rechtserwerb voll-
endet ist, der Steuerpflichtige also einen festen Rechtsanspruch auf das Vermögens-
recht erworben hat, dessen Erfüllung nicht besonders unsicher ist (Richner/Frei/Kauf-
mann/Meuter, Art. 210 N 22 DBG und § 50 N 21 StG). Bei aufschiebend (supensiv)
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bedingten Rechtsgeschäften bleibt der Erwerb von Einkommen bis zum Eintritt eines
künftigen Ereignisses in der Schwebe, so dass der Einkommenszufluss erst in dem
Zeitpunkt erfolgt, in welchem der Schwebezustand wegfällt und feststeht, dass der
Empfänger das fragliche Einkommen ohne weitere Gegenleistung behalten kann. Er
erhält mit Abschluss des aufschiebend bedingten Vertrags erst eine Anwartschaft auf
die ihm zugedachten Rechte (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 210 N 29 ff. DBG
und § 50 N 26 ff. StG).
Wäre demnach vorliegend die Auszahlung der Kaufpreisraten auf die erwähn-
te Weise mit der Konventionalstrafe verknüpft, wäre vor Ablauf der Zahlungsfristen
bzw. der Dauer des Konkurrenzverbots noch gar nicht bekannt, ob die Bedingung für
die Leistung der Kaufpreisraten eingehalten wurde. Damit wäre aber über die Steuer-
barkeit des betreffenden Zuflusses – wenn überhaupt – erst im Zeitpunkt der Auszah-
lung der Teilraten zu entscheiden, welche erst Ende 2015 bzw. 2016 erfolgen und da-
mit jedenfalls in der Steuerperiode 2012 keine Aufrechnung zu rechtfertigen vermögen.
cc) Eine Verbindung zwischen dem Aktienkaufvertrag und der Weiterbeschäf-
tigung des Pflichtigen liegt indessen vor, indem Ziff. 8.3 den Abschluss von neuen Ar-
beitsverträgen zur Voraussetzung macht. Dies alleine reicht aber nicht aus, um ent-
sprechende Lohnbestandteile im Kaufpreis zu vermuten. Vielmehr kann in diesem Fall
ausgeschlossen werden, dass die in zwei Raten erfolgte Auszahlung der Restkauf-
preissumme als Lohn für die Weiterarbeit hätte dienen sollen. Hierzu wäre der Käufer
nämlich nur dann bereit gewesen, wenn er Sicherheit gehabt hätte, dass die entspre-
chende Arbeitszeit auch abgeleistet wird bzw. dass andernfalls der Restkaufpreis nicht
ausbezahlt werden muss bzw. zurückbezahlt wird. An einer solchen Absicherung fehlt
es hier. Der am 20. Juni 2012 unterzeichnete Arbeitsvertrag enthält keinerlei Sanktio-
nen in Form von Lohnrückleistungspflichten bei einer allfälligen frühzeitigen Auflösung.
Vielmehr hatte der Pflichtige eine jederzeit ausübbare sechsmonatige Kündigungsfrist.
Zudem schied er sogar 2014 aus der Unternehmung aus, ohne dass dies seinen An-
spruch auf die beiden Restkaufpreisraten beeinträchtigt hätte.
Es bestehen weiter keinerlei Anhaltspunkte, dass die vorgelegten Verträge
unvollständig und weitere, nicht offen gelegte Vereinbarungen vorhanden wären. Die
im Aktienkaufvertrag erwähnten Beilagen liegen alle bei den Akten.
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1 DB.2015.148 1 ST.2015.187
dd) Damit unterscheidet sich der vorliegende Fall wesentlich von allen Präju-
dizien, wo eine klare rechtliche oder tatsächliche Verknüpfung zwischen der Auszah-
lung der letzten Rate und der Weiterarbeit bzw. der Einhaltung eines Konkurrenzverbo-
tes bestanden hat.
e) Als weiteres Argument verweist die Vorinstanz auf die Höhe des Kaufprei-
ses, welcher sich nach ihrer Ansicht mit dem Wert der verkauften Gesellschaft nicht
erklären liesse.
aa) Das kantonale Steueramt schätzte den Verkehrswert nach zwei Metho-
den: Zunächst ging es von einem EBIT von (konsolidiert) Fr. 339'000.- aus und wandte
darauf einen durchschnittlichen Branchenmultiplikator (6,3 bzw. 5,2) an, was einen
Ertragswert von Fr. 2,15 Mio. bzw. Fr. 1,75 Mio. ergab. Den Branchenmultiplikator ent-
nahm es einer Tabelle, welcher von einer Wirtschaftspublikation auf dem Internet ver-
öffentlicht wurde (Ziff. 25 des Einspracheentscheids sowie Anhang) und einer Internet-
seite der ESTV (KMU-Portal – Multiplikatorverfahren). Da mit Bezug auf die
einschlägige Tätigkeit keine Erfahrungszahlen vorhanden waren, wandte es bei beiden
Methoden jeweils den Durchschnitt aller Branchen an. Den Substanzwert errechnete
es mit Fr. 2,535 Mio. Gemäss Bewertung nach den Richtlinien der Schweizerischen
Steuerkonferenz (SSK) ermittelte es sogar nur einen Steuerwert von Fr. 840'000.-. Der
Verkaufspreis von Fr. 5 Mio. sei damit unerklärbar zu hoch.
Der Pflichtige begründet die Höhe des Kaufpreises ebenfalls mit einem Bran-
chenmultiplikator, allerdings gestützt auf den jährlichen Umsatz. Die Bewertung auf der
Basis des jährlich wiederkehrenden Bewirtschaftungsertrags sei in der einschlägigen
Branche üblich. Das Verhältnis zwischen Umsatz und Verkaufspreis entspreche in et-
wa demjenigen bei Kauf der Tochtergesellschaften in den Jahren 2000, 2004 und
2005. Zur Branchenüblichkeit legte er zwei Bestätigungen von Dritten zu den Akten.
Konkret hätten dem Verkaufspreis folgende Elemente zugrunde gelegen:
TCHF
Jährlich wiederkehrende Bewirtschaftungshonorare 4'530
Buchmässiges Eigenkapital 2'539
Arbeitgeberbeitragsreserven 400
./. Kaufpreisoption 50% Aktien der S AG – 1'950
Zwischentotal 5'519
gerundet 5'000.
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Zudem stellte er eine weitere Berechnung an, wobei er statt vom buchmässi-
gen Eigenkapital von den konsolidierten Substanzwerten ausging, was einen Unter-
nehmenswert von Fr. 5,455 Mio. ergab.
bb) Die von den Parteien primär verwendete Bewertungsmethode entspricht
im Wesentlichen der in der Schätzungspraxis bekannten Bewertung zum Multiplikato-
rensatz (Loderer/Wälchli, Handbuch der Bewertung, Band II, 5. A., 2010, S. 37 ff.). Das
Ziel dieses Ansatzes ist die Bewertung von Unternehmen oder deren Eigenkapital,
ohne eine umständliche Prognose von Cash Flows und ohne eine komplizierte Schät-
zung von Diskontsätzen durchführen zu müssen. Die Methode besteht darin, ver-
gleichbare Unternehmen (oder Transaktionen) zu finden, für diese die Multiplikatoren
von spezifischen einfach zu beobachtenden Variablen zu berechnen und diese Multi-
plikatoren auf das zu bewertende Unternehmen anzuwenden. Variablen sind zum Bei-
spiel der Umsatz, EBIT (Ertrag vor Zinsen und Steuern) oder EBITDA (Ertrag vor Zin-
sen, Steuern und Abschreibungen). Der Umsatz kommt vor allem zur Anwendung,
wenn der Unternehmenswert von diesem abhängt (Loderer/Wälchli, S. 42). Die Ansät-
ze sind je nach Branche verschieden. Die Methode dient zur Ermittlung des Werts des
operativen Geschäfts; überschüssige flüssige Mittel werden in einem ersten Schritt
ausgeschieden und am Ende wieder zum Ergebnis hinzugezählt (Loderer/Wälchli,
S. 39, 40 und 43).
Die Bewertung des Steuerkommissärs ist demnach unvollständig, weil er die
für das operative Geschäft nicht notwendigen flüssigen Mittel nicht entsprechend be-
rücksichtigt hat. Was genau operativ nicht nötig ist, lässt sich aufgrund der Bilanzen
nur annäherungsweise und sehr grob erkennen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die
verkaufte Gesellschaft und die von dieser gehaltenen Unternehmen nach der Sachdar-
stellung des Pflichtigen in einem spezifischen Bereich tätig sind; mithin verfügen sie
deswegen über keine Warenvorräte und Halbfertigprodukte, sondern besteht das Um-
laufvermögen nahezu vollständig aus Forderungen. Bei diesen Verhältnissen ist aber
demnach von operativ nicht notwendigen Mitteln auszugehen, soweit das Umlaufver-
mögen das Fremdkapital überschreitet. Aus den Bilanzen ergibt sich per
31. Dezember 2011 bei der Z AG ein solcher Überschuss von Fr. 0,765 Mio.), bei der S
AG von rund 1,032 Mio., bei der I AG von rund Fr. 0,385 Mio. und bei der T AG von
Fr. 0,148 Mio. Die Mittel der drei Tochtergesellschaften sind der Z AG entsprechend
deren Beteiligungsanteil zur Hälfte, somit im Umfang von Fr. 0,783 Mio. zuzurechnen.
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Weiter zu erwähnen sind in den Bilanzen nicht aufgeführte, in den Anhängen aber er-
wähnte Arbeitgeberbeitragsreserven von total rund Fr. 0,4 Mio. bzw. Fr. 0,3 Mio. bei
nur hälftiger Berücksichtigung derjenigen der Tochtergesellschaften. Diese stellen
ebenfalls nicht operativ genutzte Mittel dar, welche der Gesellschaft zustehen. Die
Schätzung des Ertragswerts des Steueramts (Fr. 2,15 Mio. bzw. Fr. 1,75 Mio.) ist des-
halb um rund Fr. 1,548 Mio. flüssige Mittel und Fr. 0,3 Mio. Arbeitgeberbeitragsreser-
ven zu erhöhen, was einen Ertragswert von rund Fr. 3,998 Mio. bzw. Fr. 3,598 Mio.
ergibt.
Die Berechnung des Pflichtigen beruht auf der Annahme, dass ein mit dem
Aktionärsbindungsvertrag vom 29. September 2000 vereinbartes Kaufrecht auf die
restlichen 50% der Aktien der S AG ausgeübt werde (Beschwerde/Rekurs S. 8). Ge-
mäss Ziff. V dieses Vertrags erhielt die Z AG das Recht, diese Beteiligung zu einem
Preis von Fr. 1,75 Mio., indexiert zum Stand vom 1. Mai 2000, zu übernehmen. Die
Schätzung auf dieser Grundannahme erscheint als sachlich gerechtfertigt, wurde doch
2013 das Kaufrecht auch tatsächlich ausgeübt. Damit ist auf die Zahlen der gesamten
Gruppe abzustellen. Die diesbezügliche Berechnung des Pflichtigen weist indessen
den Mangel auf, dass er das Eigenkapital addierte statt die operativ nicht notwendigen
flüssigen Mittel, und sie damit nicht den Vorgaben der Multiplikatorenmethode ent-
spricht. Der Betrag der jährlich wiederkehrenden Bewirtschaftungshonorare (Umsatz)
der gesamten Gruppe beziffert der Pflichtige 2011 auf Fr. 4,530 Mio. (Beschwer-
de/Rekurs S. 25; vgl. demgegenüber den Bruttoumsatz der gesamten Gruppe von rund
Fr. 6,48 Mio.). Stellt man auf den von ihm vertretenen Multiplikationssatz von 1 (d.h.
Umsatz = Wert des operativen Geschäfts) ab, so ergibt sich zusammen mit den Arbeit-
geberbeitragsreserven von Fr. 0,4 Mio., den erwähnten flüssigen Mitteln der gesamten
Gruppe von rund Fr. 2,327 Mio. und abzüglich des Verkaufspreises für die Kaufoption
(gemäss dem Pflichtigen nunmehr Fr. 1,95 Mio.) ein Unternehmenswert von rund Fr.
5,304 Mio. Gestützt auf den vom Steuerkommissär ermittelten durchschnittlichen Um-
satz-Multiplikator (0,74) beträgt der solcherart berechnete Wert des operativen Teils Fr.
3,35 Mio. und der Gesamtwert Fr. 4,127 Mio.
cc) Soweit der Steuerkommissär auf die Bewertung nach der Wegleitung der
SSK zur Bewertung von Wertpapieren ohne Kurswert für die Vermögenssteuer (Kreis-
schreiben Nr. 28 vom 28. August 2008; www.steuerkonferenz.ch,) verweist, ist darauf
nicht weiter einzugehen. Zum einen hat er diese Bewertung nicht weiter detailliert dar-
gelegt. Zum anderen ist bei dem von ihm errechneten Substanzwert von Fr. 2,535 Mio.
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1 DB.2015.148 1 ST.2015.187
auszuschliessen, dass ein Verkäufer die Gesellschaft zum Steuerwert gemäss Kreis-
schreiben von Fr. 840'000.- veräussern würde.
dd) Die Höhe des Kaufpreises ist letztlich das Resultat von Verhandlungen,
wobei Ausgangspunkt jeder Partei der von ihr dem Kaufobjekt zugemessene Wert ist.
Dabei können sich die Grundannahmen beider Vertragsparteien für die Bewertung
erheblich unterscheiden. Ebenso wichtig für die Preisgestaltung sind aber auch weitere
Faktoren, wie etwa Verhandlungsmacht und -geschick. Vor diesem Hintergrund lässt
sich aus der Differenz zwischen Kaufpreis und objektiver Bewertung nur mit Zurückhal-
tung auf allfällige, im vereinbarten Kaufpreis versteckte weitere Leistungsentgelte
schliessen.
Die vorstehenden korrigierten Berechnungen der Parteien zeigen auf, dass
der Verkaufspreis von Fr. 5 Mio. zwar tatsächlich über den daraus resultierenden
Schätzungen liegt, allerdings nicht in dem Ausmass, wie es die Vorinstanz angenom-
men hat. Hinzu kommt, dass die dabei verwendeten Zahlen mit sehr grossen Unklar-
heiten behaftet sind. So fällt der vom Pflichtigen vertretene Umsatzmultiplikator nicht
aus dem oberen Rahmen der vom Steuerkommissär herangezogenen Werte. Die vom
Pflichtigen angeführten früheren Transaktionen sowie die Bestätigungen von Dritten
untermauern seinen Standpunkt zusätzlich. Wird auf die von den Dritten benützten
Werte abgestellt, wird der Verkaufspreis durch ihre Schätzung gedeckt.
Hinzu kommt, dass es vorliegend nicht darum geht, den effektiven Wert der
Gesellschaft im Zeitpunkt des Verkaufs zu bestimmen, sondern darum, ob mit dem
Verkaufspreis weitere Leistungen als nur das Verkaufsobjekt hätten abgegolten wer-
den können. Wenn der Pflichtige den Verkaufspreis mit fehlerhaften methodischen
Annahmen begründet, führt dies nicht automatisch dazu, dass sein Standpunkt damit
widerlegt wäre. Seine Herleitung muss nur unter den damaligen Umständen plausibel
sein. Vor diesem Hintergrund lässt sich seine Begründung des Preises nicht eindeutig
widerlegen.
Insgesamt ist deshalb festzuhalten, dass gestützt auf solche überschlagsmäs-
sige Schätzungen zwar nicht ausgeschlossen werden kann, dass mit dem Verkaufs-
preis weitere Leistungen abgegolten wurden, dies für sich allein aber nicht ausreicht,
um eine solche Vermutung zu begründen.
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1 DB.2015.148 1 ST.2015.187
f) Das Steueramt verweist weiter darauf, dass die Löhne der beiden weiterhin
bei der Z AG angestellten Altaktionäre nach der Veräusserung der Gesellschaft erheb-
lich gesunken seien. Inklusive des nicht mehr ausbezahlten Verwaltungsratshonorars
habe die Einbusse des Pflichtigen innerhalb der Karenzfrist von fünf Jahren knapp
Fr. 660'000.- betragen.
aa) Gemäss Arbeitsvertrag vom 20. Juni 2012 wurde der Pflichtige (Jahrgang
1949) rückwirkend per 1. Januar 2012 als Geschäftsleiter angestellt. Sein Salär betrug
Fr. 197'000.- brutto pro Jahr, hinzu kamen Fr. 12'000.- Pauschalspesen, Handykosten,
ein unentgeltliches Geschäftsfahrzeug sowie Fr. 250.- pro Monat für das private Büro.
Sein Ferienanspruch belief sich auf 50 Tage pro Jahr, die Kündigungsfrist auf sechs
Monate. Gemäss Lohnausweis bezog er in der Folge 2012 einen Bruttolohn von Fr.
147'000.- sowie eine Verwaltungsratsentschädigung von Fr. 50'000.-.
Der Pflichtige hat über seine Lohnentwicklung folgende Übersicht eingereicht:
Fr.
2004 Jahressalär 180'000.- total 180'000.-
2005 Jahressalär 138'100.- total 138'100.-
2006 Jahressalär 206'000.- total 206'000.-
2007 Jahressalär 206'000.- total 206'000.-
2008 Jahressalär 255'100.- Bonus 50'000.- total 305'100.-
2009 Jahressalär 289'000.- Bonus 50'000.- total 339'000.-
2010 Jahressalär 289'000.- Bonus 50'000.- total 339'000.-
2011 Jahressalär 289'000.- Bonus 50'000.- total 339'000.-
2012 Jahressalär 197'000.- total 197'000.-.
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Er begründet die Lohnabnahme per 2012 damit, dass seine Arbeitszeit und
seine Verantwortlichkeiten abgenommen hätten. Neu hätten ihm 50 statt 25 Ferientage
zugestanden. Nach dem Verkauf sei er zudem nur noch für Marketing und Verkauf
zuständig gewesen. Ab 1. Juli 2012 sei ein Nachfolger für ihn aufgebaut worden, per
1. Juli 2013 habe er sein Arbeitspensum auf 50% reduziert und per 1. April 2014 sei er
pensioniert worden. Der zweite Altaktionär habe einen Teil seiner Verantwortung an die
neu bestellte Geschäftsleitung abgegeben. Beide hätten ihre Tätigkeiten für die Fir-
mengruppe reduziert und sich mehr ihrer Freizeit gewidmet. Der neue Inhaber sei nicht
gewillt gewesen, die Zusatzlohnkosten aufgrund der Erweiterung der Geschäftsleitung
selber zu tragen, und habe deswegen eine Reduktion der Saläre der beiden Altaktionä-
re gewollt. Würde man den Lohn um den Ferienanspruch proportional hochrechnen,
resultiere ein Lohn von Fr. 220'000.-, was dem langjährigen Durchschnitt entspreche.
2008 bis 2011 hätten aufgrund eines ausserordentlich guten Ergebnisses der Gesell-
schaft höhere Grundsaläre und Bonuszahlungen geleistet werden können. Zudem sei
die Festsetzung der Lohnbezüge bis Ende 2011 im Ermessen der beiden Altaktionäre
gestanden; seit dem Verkauf werde der Lohn vom neuen Inhaber bestimmt.
bb) Die vorinstanzliche Argumentation läuft darauf hinaus, dass der Pflichtige
nur gegen entsprechende Entschädigung ein dreijähriges Konkurrenzverbot akzeptiert
hätte, und die eingetretene Lohnreduktion deshalb einen Hinweis darauf darstelle, dass
diese Entschädigung auf andere Weise, nämlich in Form des Kaufpreises erfolgt sei.
Diese Schlussfolgerung vereinfacht indessen die Sachlage zu sehr. Sie hängt
wesentlich vom Umfang des beruflichen Engagements des Pflichtigen ab. Würde von
einer gleichbleibenden Erwerbstätigkeit ausgegangen, erschiene sie als nachvollzieh-
bar, nicht aber, wenn der Pflichtige nach Verkauf der Gesellschaft sein berufliches En-
gagement sowohl zeitlich als auch mit Bezug auf seine Verantwortlichkeiten reduzierte.
Hinweise für Letzteres liegen aber vor. Ins Gewicht fällt die Erhöhung des Ferienan-
spruchs auf 50 Tage, was für Personen in Leitungspositionen als aussergewöhnlich
hoch erscheint und auf einen teilweisen Rückzug aus der Erwerbstätigkeit hindeutet. In
der Folge hat der Pflichtige seine Arbeitszeit nach einem Jahr auf die Hälfte reduziert
und dann sogar ganz aufgegeben. Gemäss Handelsregister bestand die Führung der
Z AG zudem ursprünglich nur aus dem Verwaltungsrat mit den beiden Aktionären; im
Februar 2013 wurde dieser um ein weiteres Mitglied erweitert und eine aus drei Perso-
nen bestehende Geschäftsleitung eingerichtet. Ähnlich präsentierte sich das Bild bei
der grössten Gesellschaft der Gruppe, der S AG. Gemäss Handelsregisterauszug um-
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fasste der Verwaltungsrat ursprünglich die drei Aktionäre, während die Geschäftslei-
tung von einer weiteren Person wahrgenommen wurde, welche im Oktober 2010 aus-
schied. Im Februar 2013 wurde der Verwaltungsrat durch eine weitere Person ergänzt
und eine Geschäftsleitung mit drei weiteren Personen eingerichtet. Überdies ist allge-
mein festzuhalten, dass eine Lohneinbusse der Altaktionäre nach dem Verkauf wohl
zum Teil auch in der Natur der Verhältnisse begründet ist. Vor dem Verkauf konnten
die Altaktionäre ihren eigenen Lohn frei festsetzen. Es erscheint als nachvollziehbar,
dass dabei auch Gewinnanteile auf diesem Weg ausbezahlt wurden, welche sich der
Erwerber nach dem Verkauf selber zuhalten wollte.
Insgesamt gilt damit dasselbe, was auch bei der Frage des Verkaufspreises
zutage trat. Es kann aufgrund der Aktenlage nicht ausgeschlossen werden, dass die
Lohnreduktion dem Konkurrenzverbot nicht Rechnung trug; für sich allein reichen die
Hinweise in den Akten aber nicht aus, um eine solche Vermutung hinreichend zu be-
gründen.
g) Bei dieser Aktenlage ist zusammenfassend nicht von der Abgeltung des
Konkurrenzverbots in Form eines Teils des Kaufpreises auszugehen. Ausschlagge-
bend ist, dass keine unmittelbare rechtliche Verknüpfung zwischen den Restzahlungen
und der Einhaltung des Verkaufsvertrags durch den Pflichtigen ersichtlich ist. Die Un-
klarheiten mit Bezug auf die Höhe des Verkaufspreises und die Lohnhöhe allein ver-
mögen diesen Schluss nicht umzustossen und sind für sich betrachtet nicht eindeutig
genug, um eine solche Annahme zu rechtfertigen.
h) Bei diesem Ergebnis erübrigt es sich, auf die Frage der Verbindlichkeit des
Rulings sowie die Zulässigkeit der Einschätzung nach pflichtgemässem Ermessen wei-
ter einzugehen.
2. Zentrales Indiz für die Richtigkeit der Sachdarstellung des Pflichtigen wird
der Umstand sein, dass die noch ausstehenden Verkaufspreistranchen auch tatsäch-
lich vereinbarungsgemäss überwiesen werden, obwohl der Pflichtige relativ früh, im
Jahr 2014, aus der Unternehmung ausschied. Der Steuerkommissär wird hiermit auf-
gefordert, in den nachfolgenden Steuerperioden hierauf ein besonderes Augenmerk zu
richten und eine entsprechende Untersuchung durchzuführen. Sollte sich herausstel-
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1 DB.2015.148 1 ST.2015.187
len, dass die Parteien sich nicht an die vertraglichen Abmachungen halten, so wäre
betreffend die Steuerperiode 2012 ein Nach- und Strafsteuerverfahren zu eröffnen.
3. Gestützt auf diese Erwägungen sind die Beschwerde bzw. der Rekurs gut-
zuheissen. Ausgangsgemäss sind die Kosten des Verfahrens der Beschwerdegegnerin
bzw. dem Rekursgegner aufzuerlegen (Art. 144 Abs. 1 DBG und § 151 Abs. 1 StG).
Dem Pflichtigen ist eine Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 144 Abs. 4 DBG
i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren vom
20. Dezember 1968 bzw. § 152 StG i. V. m. § 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflege-
gesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997). Dem Umstand, dass der Fall inhaltlich dem
Parallelfall 1 DB.2015.149/ST.2015.188 entspricht, wird durch eine leichte Reduktion
der Verfahrenskosten und den Parteientschädigungen Rechnung getragen. | Public | Tax | de | 2,015 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
c89e62bb-5820-40d8-8617-c968495e0837 | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend der Pflichtige) wurde mit Vertrag vom 13. Oktober 2004 als
CEO der B angestellt. Am 2. März 2006 wurden die Aktien der B von der C erworben;
der Kaufpreis wurde in C-Aktien bezahlt. Gemäss dem Kaufvertrag hatte der Pflichtige
Anspruch auf 5% des gesamten Verkaufpreises. Entsprechend wurden ihm 2006
28'686 frei verfügbare Aktien sowie weitere 9'562 bis zum März 2007 hinterlegte ("D"-)
Aktien der C zugeteilt.
Der Pflichtige deklarierte in der Steuererklärung 2006 ein Einkommen aus
unselbstständiger Erwerbstätigkeit von Fr. 264'527.-. Darin enthalten war ein Einkom-
men von der B von Fr. 133'376.-. In deren Lohnausweis 2006 wird indessen ein Netto-
lohn II von Fr. 352'058.- ausgewiesen, wovon gemäss der beiliegenden Lohnabrech-
nung für den Dezember 2006 Fr. 228'260.- (netto, nach Abzug der Sozialabgaben) auf
Mitarbeiteraktien entfallen; zu dieser Abrechnung brachte der Steuervertreter des
Pflichtigen indessen den Vermerk "falsch!" an.
Mit Auflage vom 16. November 2007 ersuchte der Steuerkommissär u.a. um
den Nachweis, dass der Lohnausweis der B falsch sei. In seinem Antwortschreiben
vom 17. Januar 2008 führte der Pflichtige aus, er habe bereits 2005 Mitarbeiteraktien
der B erhalten, welche in der Steuererklärung 2005 nachträglich noch deklariert wor-
den seien. 2006 sei die B von der C übernommen worden, und er habe seine Aktien
der B gegen Aktien der C eingetauscht sowie dabei einen steuerfreien Kapitalgewinn
erzielt. Andere Mitarbeiter der B hätten über Mitarbeiteroptionen verfügt, für welche sie
mit C Aktien entschädigt worden seien, welche als Lohnbestandteil zu deklarieren ge-
wesen seien. Auf ihn habe dies aber gerade nicht zugetroffen, sodass der entspre-
chend ausgefüllte Lohnausweis 2006 der B nicht korrekt sei. Er habe nie Mitarbeiterop-
tionen besessen.
Der Steuerkommissär verlangte darauf am 29. Januar 2008 weitere Unterla-
gen zu den erwähnten Transaktionen, dem der Pflichtige am 19. Februar 2008 nach-
kam. Letzterer machte dabei u.a. geltend, dass er die erhaltenen Aktien der C im sel-
ben Jahr wieder verkauft habe.
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1 ST.2009.310 1 DB.2009.186
Am 8. August 2008 schätzte der Steuerkommissär den Pflichtigen für die
Staats- und Gemeindesteuern 2006 folgendermassen ein:
Einkommen Vermögen
Fr. Fr.
steuerbar 578'600.- 164'000.-
satzbestimmend 583'000.- 369'000.-.
Für die direkte Bundessteuer 2006 sah er gemäss Hinweis ein steuerbares
Einkommen von Fr. 580'500.- bzw. satzbestimmendes Einkommen von Fr. 584'900.-
vor. Dabei ging der Steuerkommissär jeweils von unselbstständigen Erwerbseinkünften
von Fr. 352'058.- und "geldwerten Leistungen" von Fr. 265'856.- aus. Die "geldwerten
Leistungen" entsprachen gemäss einem Begleitschreiben der Dienstabteilung Wert-
schriften des kantonalen Steueramts dem zugeteilten Anteil des Pflichtigen an den
Aktien der C. Die Bundessteuerrechnung/Veranlagungsverfügung wurde am 5. Sep-
tember 2008 versandt.
B. Hiergegen erhob der Pflichtige am 1. bzw. 29. September 2008 je Einspra-
che mit dem Antrag, ihn u.a. mit dem deklarierten Einkommen gemäss Steuererklärung
von Fr. 176'300.- bzw. Fr. 181'900.- und einem steuerbaren Vermögen von Fr. 0.- ein-
zuschätzen. Die getroffenen Einschätzungen seien jenseits der wirtschaftlichen Reali-
tät und führten zu einer doppelten Aufrechnung der Einkünfte aus dem Verkauf der B
an die C. Inhaltlich wiederholte er im Wesentlichen seinen bereits vorgebrachten
Standpunkt.
In der Folge fanden im Januar und am 9. Juli 2009 Besprechungen statt und
wurde versucht, eine Einigung zu finden, was aber nicht gelang. Am 13. Oktober 2009
hiess das kantonale Steueramt die Einsprachen teilweise gut. Beim steuerbaren Ein-
kommen hielt es an den Aufrechnungen fest, ferner akzeptierte es den Zufluss der "D"-
Aktien erst per 2. März 2007 und damit in der Steuerperiode 2007. Beim Vermögen
sah es von der Aufrechnung der C Aktien ab, da diese im Lauf des Jahres 2006 ver-
kauft worden waren. Dies ergab ein steuerbares Vermögen von Fr. 0.- bei unveränder-
ten steuerbaren Einkommen.
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1 ST.2009.310 1 DB.2009.186
C. Am 10. November 2009 erhob der Pflichtige Rekurs bzw. Beschwerde und
beantragte im Wesentlichen, nach Überprüfung des massgeblichen Sachverhalts das
steuerbare Erwerbseinkommen auf Fr. 254'949.- festzusetzen, unter Übernahme der
übrigen Steuerfaktoren gemäss Einspracheentscheid; ferner sei ihm eine Parteient-
schädigung zuzusprechen. Darin fasste er seine bereits gemachten Ausführungen
nochmals zusammen. Überdies rügte er eine unterschiedliche Behandlung desselben
Sachverhalts in den Einschätzungen 2005 und 2006.
Das kantonale Steueramt beantragte am 21. Januar 2010 teilweise Gutheis-
sung der Rechtsmittel. Gestützt auf eine Neuberechnung verfocht es für die Staats-
und Gemeindesteuern 2006 folgende Steuerfaktoren:
Einkommen Vermögen
Fr. Fr.
steuerbar 468'300.- 8'000.-
satzbestimmend 472'600.- 103'000.-.
Für die direkte Bundessteuer 2006 beantragte es die Einschätzung mit einem
steuerbaren Einkommen von Fr. 470'200.- bzw. satzbestimmenden Einkommen von
Fr. 474'500.-. Inhaltlich beharrte es auf seinen bisherigen Standpunkten. Der Pflichtige
hielt in der Replik vom 5. Februar 2010 und das kantonale Steueramt mit Duplik vom
23. Februar 2010 an den bisherigen Anträgen fest. Am 7. April 2010 nahm der Pflichti-
ge zur Duplik Stellung. | Die Rekurskommission zieht in Erwägung:
1. Der Pflichtige beantragt, auch das Kalenderjahr 2005 in die Überprüfung
einzubeziehen und den Sachverhalt für beide Jahre konsistent festzulegen sowie die
resultierenden Massnahmen zu ergreifen. Indessen stellt er keine Einschätzungsanträ-
ge in Bezug auf die Steuerperiode 2005, weshalb davon auszugehen ist, dass die Ein-
schätzung/Veranlagung der Steuerperiode 2005 nicht formell angefochten wird. An-
dernfalls wäre, da der Pflichtige fachkundig vertreten wird, zu erwarten gewesen, dass
ein solches Rechtsmittelbegehren klar zum Ausdruck gebracht worden wäre. Auf einen
diesbezüglichen Rekurs bzw. eine diesbezügliche Beschwerde dürfte die Steuerre-
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1 ST.2009.310 1 DB.2009.186
kurskommission im Übrigen ohnehin gar nicht eintreten, da es am erforderlichen zif-
fernmässig bestimmten bzw. bestimmbaren Einschätzungsantrag fehlt (Art. 140 Abs. 2
des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990, DBG;
§ 147 Abs. 4 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997, StG).
2. a) Der Einkommenssteuer unterliegen alle wiederkehrenden und einmali-
gen Einkünfte (Art. 16 Abs. 1 DBG; § 16 Abs. 1 StG). Steuerbar sind insbesondere alle
Einkünfte aus privatrechtlichem oder öffentlichrechtlichem Arbeitsverhältnis mit Ein-
schluss der Nebeneinkünfte, wie Entschädigungen für Sonderleistungen, Provisionen,
Zulagen, Dienstalters- und Jubiläumsgeschenke, Gratifikationen, Trinkgelder, Tantie-
men und andere geldwerte Vorteile (Art. 17 Abs. 1 DBG; § 17 Abs. 1 StG).
Die Kapitalgewinne aus der Veräusserung von Privatvermögen sind steuerfrei
(Art. 16 Abs. 3 DBG; § 16 Abs. 3 StG). Ein solcher erfolgt dadurch, dass der Mehrwert
eines (obligatorischen oder dinglichen) Vermögensrechts beim Ausscheiden aus dem
Vermögen der bisher berechtigten Person durch Umwandlung in ein (auch wirtschaft-
lich betrachtet) anderes Vermögensrecht realisiert wird (Richner/Frei/Kaufmann/Meut-
er, Handkommentar zum DGB, 2. A., 2009, Art. 16 N 152 DBG; dies., Kommentar zum
harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 2. A., 2006, § 16 N 118 StG). Unter Veräusse-
rung sind nicht nur rechtsgeschäftliche Übereignungen von Vermögenswerten (Kauf,
Tausch) zu verstehen, sondern jeder irgendwie geartete Vorgang, bei welchem die
Substanz des bisherigen Vermögensrechts aus der Vermögenssphäre des Steuer-
pflichtigen ausscheidet.
b) Nach ständiger Doktrin und Praxis gilt Einkommen steuerrechtlich in jenem
Zeitpunkt als zugeflossen und erzielt, in welchem der Steuerpflichtige eine Leistung
vereinnahmt oder einen festen Anspruch darauf erworben hat, über welchen er tat-
sächlich verfügen kann. Voraussetzung des steuerauslösenden Zuflusses ist demnach
ein abgeschlossener Rechtserwerb, welcher Forderungs- oder Eigentumserwerb sein
kann (BGr, 19. Juli 1993 = StE 1995 B 72.13.22 Nr. 31 = ASA 64, 137). Der Forde-
rungserwerb ist vielfach Vorstufe des Eigentumserwerbs (BGE 113 Ib 23 E. 2e). Er-
wirbt der Steuerpflichtige eine Forderung, so wird diese i.d.R. bereits in diesem Zeit-
punkt besteuert und nicht erst dann, wenn die (Geld-)Leistung erbracht wird (BGr,
11. Februar 2000 = StE 2000 B 23.41 Nr. 3 mit Verweisungen). Wenn der Forderungs-
erwerb dem Eigentumserwerb vorgelagert ist, entsteht grundsätzlich in jenem Zeitpunkt
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1 ST.2009.310 1 DB.2009.186
steuerbares Einkommen, in welchen der Steuerpflichtige eine rechtliche und tatsäch-
lich durchsetzbare Forderung auf die Leistung erworben hat (Markus Reich, in: Kom-
mentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/2a, 2. A., 2008, Art. 16 N 35 DBG).
Fälligkeit der Leistung ist nicht in jedem Fall Voraussetzung des Einkommenszuflus-
ses, unter Umständen ist der steuerrechtlich relevante Forderungserwerb schon vor
dem Fälligkeitstermin abgeschlossen. Allerdings wird der Forderungserwerb nur dann
als einkommensbildend betrachtet, wenn die Erfüllung nicht als unsicher erscheint
(BGr, 21. Oktober 1996 = StE 1997 B 101.2 Nr. 19, E. 4a = ASA 66, 377). Liegt Unsi-
cherheit vor, wird auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Erfüllung – bei einer Geldschuld
also die Zahlung – abgestellt. Dies ist vorab dann der Fall, wenn der Schuldner zah-
lungsunfähig oder nicht zahlungswillig ist (vgl. Markus Weidmann, Einkommensbegriff
und Realisation, 1996, S. 197).
c) Nach Art. 123 Abs. 1 DBG bzw. § 132 Abs. 1 StG haben die Steuerbehör-
den zusammen mit dem Steuerpflichtigen die für die vollständige und gerechte Berech-
nung massgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse festzustellen. Dabei
gilt als allgemeine Regel der Beweislastverteilung, dass die Steuerbehörde die
steuerbegründenden Tatsachen nachzuweisen hat, der Steuerpflichtige dagegen
diejenigen Umstände, welche die Steuerschuld mindern oder aufheben (RB 1990
Nr. 36 = StE 1990 B 92.51 Nr. 3). Ist streitig, ob ein bestimmter Vermögenszufluss
steuerbar ist, ist hierfür die Steuerbehörde beweispflichtig. Umgekehrt obliegt dem
Steuerpflichtigen dann die Beweislast, wenn er sich auf einen steuerfreien privaten
Kapitalgewinn beruft. Der beweisbelastete Steuerpflichtige hat spätestens vor Rekurs-
kommission binnen der Rekurs-/Beschwerdefrist eine substanziierte Sachdarstellung
vorzutragen und die Beweismittel für deren Richtigkeit beizubringen oder zumindest
unter genauer Bezeichnung anzubieten (RB 1994 Nr. 33). Substanziiert ist die Sach-
darstellung dann, wenn bereits gestützt darauf – aber unter Vorbehalt der Beweiserhe-
bung – die rechtliche Beurteilung des geltend gemachten Umstands möglich ist. Fehlt
es an einer in diesem Sinn genügenden Substanziierung, so hat die Rekurskommissi-
on von sich aus keine Untersuchung zu führen, um sich die erforderlichen Grundlagen
zu beschaffen. Diesfalls hat eine Beweisabnahme zu unterbleiben mit der Wirkung,
dass der Nachweis zu Ungunsten des hierfür beweisbelasteten Steuerpflichtigen als
misslungen zu betrachten ist.
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1 ST.2009.310 1 DB.2009.186
3. a) Grundlage der Aktienzuteilung der C-Aktien an den Pflichtigen bildete
das "Share Purchase Agreement" vom 2. März 2006 zwischen der C und den Aktionä-
ren der B. Darin wurde der Kauf der B durch die C für USD 5,5 Mio. vereinbart, wobei
der Kaufpreis in Aktien der C zu entrichten war (Ziff. 2.2.1 und 2.2.2 des Vertrags). In
Ingress Lit. D und E des Vertrags hielten die Vertragsparteien fest, dass die Verkäufer
dafür zu sorgen haben, dass entweder alle Personen mit Optionen/Warrants auf
B-Aktien ("options holders and warrant holders") diese vorgängig zum Übergang des
Eigentums an der B ausüben oder diese Ansprüche beendet oder ersetzt werden, so
dass die B von all solchen Belastungen befreit wird (lit. D). Zur Befriedigung solcher
vorbestehender Ansprüche zwischen den Verkäufern und den Angestellten der B stellt
die C auf Anweisung der Verkäufer einen Teil des Kaufpreises zur Verfügung (lit. E.
sowie Ziff. 2.2.2). Gemäss Annex 2.2.2 zum "Share Purchase Agreement" wird der
Pflichtige unter den "Current Employees" aufgeführt mit Anspruch auf 5% des Ver-
kaufspreises. Gemäss Feststellungen des Steueramts waren davon 75% am 22. März
2006 fällig und wurden 25% dem erst 2007 ausbezahlten "D" zugewiesen. Dies ergab
für 2006 einen Zufluss von brutto Fr. 265'856.- (ohne die "D"-Aktien).
b) Der Pflichtige macht geltend, dass er mit der Zuteilung der C-Aktien einen
privaten Kapitalgewinn realisiert habe, da er anlässlich seines Stellenantritts bei der B
aus dem Aktienbestand des Vorsitzenden des Verwaltungsrats 5% der B-Aktien erhal-
ten habe, und diese Aktien 2006 gegen die C Aktien umgetauscht worden seien. Als
Beweis für den Erwerb der B-Aktien verweist er auf eine Bestätigung des Vorsitzenden
des Verwaltungsrats der B, welcher die Verhandlung mit ihm geführt und ihn angestellt
habe. Zudem wurde im Einschätzungsverfahren 2005 der Erwerb von B-Aktien dekla-
riert.
Die B verfügte über ein Aktienkapital von uber Fr. 3 Mio, welches in über 30
Mio. A-Namenaktien und mehrere hunderttausend B-Namenaktien eingeteilt war, je im
Nominalwert von Fr. -.10 (Aktienzertifikat sowie Aktienbuch). Namenaktien können
entweder als Ordrepapier oder als echte Namenpapiere (Rektaaktien) ausgestaltet
sein. Zur Übertragung von Namenaktien als Ordrepapiere bedarf es grundsätzlich der
Indossierung und der Übergabe der Urkunden (Art. 684 Abs. 2 OR; Art. 967 Abs. 1 OR;
Oertle/du Pasquier, Basler Kommentar, 3. A., 2008, Art. 684 Ziff. 5 ff; Meier-
Hayoz/von der Crone, Wertpapierrecht, 2. A., 2000, S. 54 N 194). Handelt es sich ge-
stützt auf die Statuten um echte Namenpapiere, wird die Mitgliedschaft durch Zession
und Übergabe der Urkunde übertragen. Die Zessionserklärung muss schriftlich erfol-
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1 ST.2009.310 1 DB.2009.186
gen, aber nicht unbedingt auf der Urkunde angegeben werden (Meier-Hayoz/von der
Crone, S. 274 N 59; Art. 164 und 967 Abs. 2 OR). Auch Ordrepapiere können in der
Form der Zession übertragen werden. Die Erfüllung dieser Formvorschriften ist für die
Übergang der Aktionärseigenschaft unentbehrlich.
Die genaue rechtliche Natur der Namenaktien der B (Ordrepapier oder Rek-
taaktie) geht aus den Akten nicht hervor. Genaue Kenntnisse darüber sind aber auch
nicht erforderlich, da es in jedem Fall für die Übertragung eines schriftlichen Verfü-
gungsaktes sowie der Übergabe der Urkunde bedarf. Der Pflichtige kann nichts davon
vorweisen. Weder verfügte er je über indossierte Namenaktien der B oder entspre-
chende Zertifikate, noch liegt eine Zessionserklärung eines bisherigen Aktionärs vor.
Dass daneben im Rahmen der Anstellungsverhandlungen mündliche Absprachen über
die Übertragung von Aktien getroffen worden waren, wie der Pflichtige behauptet, ver-
mag ihm in Anbetracht des Schriftlichkeitserfordernisses des Übertragungsaktes nicht
zu helfen. Gleiches gilt in Bezug auf die Behauptung in der Auflageantwort vom
17. Januar 2008, wonach die Aktien aus dem Fundus der E zur Verfügung gestellt
worden seien, welche einen Grossteil der Aktien der B für eine Investorengruppe
gehalten habe (vgl. aber die anderslautende Sachdarstellung, wonach die Beteiligung
aus dem Aktienbestand des Vorsitzenden des Verwaltungsrats stamme). Dass dem
Pflichtigen eine Teilhaberposition an der ohnehin nicht näher bezeichneten E einge-
räumt worden sei, wird im Übrigen weder behauptet noch ist solches aus den Akten
ersichtlich. Keine taugliche Grundlage für den behaupteten Aktienerwerb ist zudem
Ziff. 5 des Anstellungsvertrags vom 13. Oktober 2004. Nach dem klaren Wortlaut die-
ser Vertragsbestimmung wird dem Pflichtigen damit lediglich ein Anspruch auf 5% der
B-Aktien in Form von Optionen nach einer auf Ende 2004/Anfang 2005 geplanten Kapi-
talerhöhung eingeräumt. Es kann nicht die Rede davon sein, dass damit die – nach
dem Wortlaut der Bestimmung zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal vorhandenen –
Aktien unmittelbar bereits übertragen worden wären. Ebensowenig hilft ihm die nach-
gereichte "Beilage zum Lohnausweis 2005", worin eine Zuteilung von 1'563'260 B-
Aktien per 1. Januar 2005 bestätigt wird, da diese mangels entsprechender wertpapier-
rechtlicher Transaktion ohne Beweiswert ist. Anzumerken ist zudem, dass der Pflichti-
ge weder im Aktienbuch als Aktionär eingetragen war, noch im "Share Purchase
Agreement" als Aktionär/Seller der B in Erscheinung trat. Überdies bleibt rätselhaft, wo
sich die vom Pflichtigen angeblich erworbenen Aktien befunden haben sollen, nach-
dem die Aktien nummeriert und fest einzelnen Aktionären zugeteilt waren (vgl. hierzu
Beschuss des Verwaltungsrats der B vom 20. März 2006). Insgesamt liegt deshalb der
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1 ST.2009.310 1 DB.2009.186
Schluss auf der Hand, dass der Pflichtige zu keinem Zeitpunkt Aktionär der B war.
Damit erübrigte es sich auch, den Vorsitzenden des Verwaltungsrats hierzu als Zeugen
zu befragen, da auch dessen Beteuerungen über die Aktionärseigenschaft des Pflichti-
gen den zivilrechtlich unabdingbaren Übertragungsakt nicht zu ersetzen vermögen. Der
Vorwurf des Pflichtigen an die Vorinstanz, sie habe diesen zu Unrecht nicht zum Sach-
verhalt befragt, geht damit ins Leere.
c) Ingesamt fehlt es somit bereits an den grundsätzlichen Voraussetzungen für
die Annahme eines privaten Kapitalgewinns.
4. a) Offen ist damit aber noch die Frage nach der genauen rechtlichen Natur
der Zuteilung der C-Aktien. Diese ist deshalb relevant, weil je nachdem, ob die Zutei-
lung als Einkunft aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit oder aber aufgrund der Ein-
kommens-Generalklausel gemäss Art. 16 Abs. 1 DBG bzw. § 16 Abs. 1 StG steuerbar
ist, dies Auswirkungen darauf hat, ob ein Abzug für Sozialversicherungsbeiträge vor-
zunehmen ist. Im Weiteren stellt sich die Frage, ob die Einkünfte tatsächlich mit der
Zuteilung der C-Aktien im Jahr 2006 realisiert worden sind, oder ob damit nicht An-
sprüche befriedigt wurden, welche bereits in einer früheren Steuerperiode zugeflossen
sind.
b) aa) Das kantonale Steueramt betrachtet die Aktienzuteilung als Abgeltung für
Mitarbeiteroptionen und verweist hierzu auf diverse Hinweise in den Akten. Der Pflich-
tige hält dem entgegen, dass nie ein Optionsvertrag abgeschlossen worden sei und ein
solcher nicht existiere, und legt hierzu ebenfalls diverse Belege vor; weiter verweist er
auf verschiedene Unstimmigkeiten, welche einer Optionszuteilung widersprechen.
bb) Folgt man den Ausführungen des Pflichtigen, nämlich dass er nie über Op-
tionen verfügt habe, hätte dies einzig zur Folge, dass die Zuteilung der C-Aktien eben
nicht mit dem Optionsplan in Zusammenhang steht. An der grundsätzlichen Steuerbar-
keit der fraglichen Leistung würde sich dadurch jedoch nichts ändern, da sein Haupt-
einwand, nämlich, dass er die C-Aktien gegen Aktien der B eingetauscht habe, bereits
widerlegt worden ist, sodass er aus seiner Bestreitung letztlich nichts zu seinen Guns-
ten ableiten kann.
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cc) Im Übrigen ist die Aktenlage in Bezug darauf, ob der Pflichtige Optionen
besass oder nicht, in der Tat unklar und widersprüchlich, aber insoweit von Relevanz,
als sich daraus ein vorliegend zu berücksichtigender Zufluss vor der Steuerperiode
2006 ergeben könnte:
Das Schreiben des früheren Rechtsvertreters der Käuferin vom 9. November
2006, dem das kantonale Steueramt im Wesentlichen folgt, betraf eine Rulinganfrage
in Bezug auf die Steuerfolgen der Verzichtserklärungen auf Optionen aus dem Mitar-
beiterbeteiligungsplan der B. Demnach wurden die Entschädigungen in C-Aktien für
den Verzicht der Optionsinhaber auf ihre Rechte vom Verwaltungsrat nach freiem Er-
messen und ohne direkte Berücksichtigung der Anzahl Optionen der einzelnen Opti-
onsinhaber festgesetzt. In Bezug auf den Pflichtigen wurde in Lit. I.D des Schreibens
ausdrücklich festgehalten, dass ihm in Erfüllung von Ziff. 5 des Arbeitsvertrags ein An-
spruch auf Optionen aus dem F im Umfang von 5% des Kapitals zugesichert worden
sei. Im Rahmen des Verkaufs der B habe er auf diese sowie die ihm unter dem F frü-
her zugeteilten Optionen verzichtet und sei mit den C Aktien entschädigt worden. Diese
Sachdarstellung wird untermauert durch den Lohnausweis 2005, gemäss welchem der
Pflichtige 54'102 Mitarbeiteroptionen erhalten habe, sowie durch diverse Anhänge zum
"Share Purchase Agreement", insbesondere Annex D, wo der Pflichtige als Optionsbe-
rechtigter genannt wird, sowie dem "Waiver and Discharge Letter (F)" aus dem Jahr
2006, in welchem der Pflichtige auf alle Ansprüche im Zusammenhang mit dem Mitar-
beiteroptionsplan ("employee incentive stock option plan", F) verzichtet und erklärt hat,
dass die B alle ihre Verpflichtungen daraus erfüllt habe.
Es ist einzuräumen, dass damit ein direkter Beleg wie etwa ein an den Pflichti-
gen gerichtetes Schreiben über Optionszuteilungen fehlt, sodass kein unmittelbarer
Nachweis vorliegt, dass er am F beteiligt war. Zudem hat der "Chief Operating Officer"
(COO) bestätigt, dass er von einer Optionszuteilung an den Pflichtigen nichts wisse
(Schreiben vom 17. Januar 2008). Auffallend ist zudem, dass dem Pflichtigen gemäss
Annex D zum "Share Purchase Agreement" wohl 54'102 Optionen zugestanden haben
sollen, ihm aber im Unterschied zu anderen Berechtigten mit derselben Anzahl Optio-
nen ein Anteil von 5% am Kaufpreis zugeschieden wurde, während diese – unter den
"Founding Shareholders" aufgeführten – Personen lediglich 1,3% des Kaufpreises er-
hielten. Hinzu kommt, dass Personen mit Optionen aus dem F generell nur mit 72
C-Aktien abgefunden worden sind (vgl. Beschluss des "Board of Directors" vom
20. März 2006). Daraus ergibt sich, dass allfällige Optionen nicht allein Grundlage der
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Aktienzuteilung an ihn gewesen sein konnten. Dies wird im Übrigen auch in der Rulin-
ganfrage des Rechtsvertreters der Käuferin bestätigt, wonach die Entschädigungen in
C-Aktien vom Verwaltungsrat nach freiem Ermessen und ohne direkte Berücksichti-
gung der Anzahl Optionen der einzelnen Optionsinhaber festgesetzt worden sind.
Aber selbst wenn man von einer Optionszuteilung ausginge, sind keine Um-
stände ersichtlich, welche auf deren Realisation vor 2006 hindeuteten. In Bezug auf
allfällige Optionen aus dem F besteht nämlich gemäss der Anfrage des Rechtsvertre-
ters vom 9. November 2006 ein Steuerruling aus dem Jahr 2003, gemäss welchem die
Besteuerung der Optionen bei Ausübung anerkannt worden ist. Selbst wenn demnach
der Pflichtige solche Optionen gehabt hätte, wäre eine Besteuerung kraft dieses Ru-
lings erst bei Ausübung möglich gewesen; da eine solche bis zum Verkauf der B 2006
nicht erfolgt war, stellte sich bis zu diesem Zeitpunkt die Frage der Realisierung nicht.
Soweit dem Pflichtigen Optionen ausserhalb der F zugestanden wären, was aufgrund
der Aktenlage nicht ausgeschlossen werden kann, wäre es an ihm gelegen, einen Zu-
fluss vor 2006 substanziiert darzutun und nachzuweisen, da sich dieser Umstand in
Bezug auf die vorliegend streitige Einschätzung steuermindernd ausgewirkt hätte. Dies
hat er aber nicht getan.
cc) Insgesamt ist deshalb festzuhalten, dass einerseits die Zuteilung von C Ak-
tien, soweit diese eine Abgeltung für die Aufgabe von allfälligen Optionen darstellt, als
Leistung im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis des Pflichtigen zu betrachten
und deshalb als Einkunft aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit gestützt auf Art. 17
Abs. 1 DBG bzw. § 17 Abs. 1 StG steuerbar ist, sowie andrerseits der Zufluss erst
2006 erfolgt ist.
c) Das kantonale Steueramt stützt sich weiter auf Ziff. 5 des Arbeitsvertrags und
macht geltend, der Pflichtige habe auch gestützt darauf einen Anspruch auf 5% des
Aktienkapitals der B gehabt. Der Pflichtige stellt einen solchen Anspruch in Abrede und
verweist wiederum auf seinen direkten Aktienerwerb bei Stellenantritt.
aa) Es fehlen wiederum klare schriftliche Belege für diesen Anspruch, da Ziff. 5
des Arbeitsvertrags – wie bereits erwähnt – unter der Bedingung einer nie erfolgten
Kapitalerhöhung stand und deshalb keine unmittelbare Grundlage für den Anspruch
darstellt. Hingegen kann in Anbetracht der Bestätigung des Vorsitzenden des Verwal-
tungsrats der B als nachgewiesen gelten, dass dem Pflichtigen offenkundig mündliche
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Versprechungen über einen Anteil von 5% am Aktienkapital der B gemacht worden
sind; diese Annahme wird zudem dadurch untermauert, dass Ziff. 5 überhaupt in den
Arbeitsvertrag aufgenommen wurde. Kraft seiner Anstellung sind dem Pflichtigen daher
offenbar Ansprüche gegen die B zugestanden, für welche er in Erfüllung des "Share
Purchase Agreements" pauschal mit C-Aktien abgefunden worden ist. In Übereinstim-
mung mit dieser Annahme steht zudem der Umstand der ungleichen Aktienzuteilung im
Vergleich zu den anderen Mitarbeitern, da dies darauf hinweist, dass bei der Zuteilung
beim Pflichtigen neben streitigen Ansprüchen auf B-Optionen im eigentlichen Sinn
eben auch solche vertraglichen Ansprüche berücksichtigt worden sind. Dieser Befund
ist für eine steuerliche Beurteilung ausreichend. Was der Pflichtige dagegen vorbringt,
leuchtet nicht ein. Seine Argumentation fusst in erster Linie darauf, dass er 2005
B-Aktien erhalten habe, was bereits vorstehend widerlegt worden ist.
bb) Auch hier stellt sich die Frage des Zuflusses, da nicht ausgeschlossen wer-
den kann, dass diese Ansprüche bereits 2005 steuerlich zu erfassen gewesen wären.
Wie bereits festgehalten, ist ein Anspruch frühestens dann zugeflossen, wenn
der Steuerpflichtige einen festen Anspruch auf eine Leistung erworben hat. Da es sich
bei einem Zufluss vor 2006 im vorliegenden Verfahren um einen steuermindernden
Umstand handelt, wäre es am Pflichtigen gelegen, einen solchen substanziiert darzu-
tun und nachzuweisen. Zu einer entsprechenden Sachdarstellung hätte insbesondere
gehört, den Inhalt der mündlichen Vereinbarung darzutun, was er aber nicht getan hat.
Letztlich bleiben diesbezüglich nur Mutmassungen übrig. Ersichtlich ist immerhin, dass
der Pflichtige offensichtlich kein einseitiges Gestaltungsrecht auf Erwerb von Beteili-
gungsrechte an der B hatte, da sich alle Aktien in den Händen der bisherigen Aktionäre
befanden und keine Verpflichtung derselben ersichtlich ist, diese auf Verlangen des
Pflichtigen herauszugeben. Demnach kann aber nicht von einem festen Anspruch des
Pflichtigen gesprochen werden, sondern lediglich von einer Anwartschaft, bei welcher
im Zeitpunkt der Entstehung noch kein Einkommen zufloss. Auch unter diesem Aspekt
ist demnach vor der Abgeltung seiner Ansprüche mit C-Aktien 2006 kein steuerlicher
Zufluss ersichtlich.
cc) Anzufügen ist sodann, dass dem Pflichtigen der Anspruch auf 5% der Aktien
offenbar nicht von der B als seiner Arbeitgeberin, sondern vom Vorsitzenden des Ver-
waltungsrats zugesichert worden ist. Auch wurden die C-Aktien letztlich nicht von der
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Arbeitgeberin, sondern von den Aktionären der B geleistet, da die B am "Share Pur-
chase Agreement" nicht als Partei beteiligt war.
Leistungen Dritter sind jedoch ebenfalls dem Arbeitseinkommen zuzurechnen,
wenn sie dem Steuerpflichtigen im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis ausge-
richtet worden sind, auch dann, wenn eine Rechtspflicht für diese Leistung nicht be-
stand (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 17 N 37 StG und Art. 17 N 37 DBG). Dieser
Zusammenhang mit der Erwerbstätigkeit ist hier nach dem Gesagten ohne Weiteres
gegeben. Mithin ändert der Umstand der Leistung durch Dritte am Grundsatz der Be-
steuerung als Einkommen aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit nichts, und erfolgte
die Besteuerung demnach zu Recht in der Steuerperiode 2006.
d) In der Rekursantwort hat das kantonale Steueramt die Einschätzungen neu
berechnet. Dabei ging es von den deklarierten Angaben des Pflichtigen aus. Beim un-
selbstständigen Erwerbseinkommen schied es die in der Lohnabrechnung Dezember
2006 vermerkten "Mitarbeiteraktien" aus, ersetzte sie durch den Wert der 2006 zuge-
flossenen C-Aktien, und brachte davon neu Sozialversicherungsbeiträge von 5,25% in
Abzug. Diese Berechnung erweist sich nach dem Gesagten als korrekt, weshalb die
angefochtene Einschätzung bzw. Veranlagung entsprechend zu korrigieren ist.
5. An diesem Ergebnis ändert nichts, dass der Pflichtige im Rahmen der Ein-
schätzung 2005 nachträglich noch eine Zuteilung von Mitarbeiteraktien der B deklariert
hat, welche der entsprechenden Einschätzung bzw. Veranlagung zugrunde gelegt
wurde.
Die Steuerbehörde ist grundsätzlich verpflichtet, den für den Einschätzungsent-
scheid rechtserheblichen Sachverhalt von Amts wegen abzuklären und ihm nur solche
Tatsachen zugrunde zu legen, von deren Vorhandensein sie sich selber überzeugt hat
(Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 130 N 3 DBG und § 138 N 14 StG). Sie darf sich
aber auch auf die Richtigkeit der Steuererklärung verlassen. Es liegt in ihrem Ermes-
sen, ob und welche Angaben des Steuerpflichtigen sie einer näheren Abklärung unter-
ziehen will (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 130 N 14 und § 138 N 20).
Im verfassungsmässig geschützten Grundsatz von Treu und Glauben ist das
Verbot des widersprüchlichen Verhaltens enthalten (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter,
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VB zu Art. 109 - 121 N 73, 80 ff DBG und VB zu §§ 119 - 131, 78 ff StG). Sowohl die
Steuerbehörden als auch der Steuerpflichtige dürfen sich zu ihrem früheren Verhalten
nicht in Widerspruch setzen. Kein widersprüchliches Verhalten ist aber im Allgemeinen
darin zu sehen, dass die Steuerbehörde Sachverhalte in späteren Steuerperioden an-
ders beurteilt als in früheren (RB 2002 Nr. 93 und 109). In den zitierten Kommentarstel-
len wird aber immerhin dann eine gewisse Zurückhaltung der Steuerbehörden gefor-
dert, wenn es sich um Dauersachverhalte handelt, die durch die Steuerbehörden
ausdrücklich beurteilt wurden, da in diesen Fällen die Beurteilungen in der ersten
Steuerperiode regelmässig Zusicherungen für spätere Steuerperioden darstellen.
Das kantonale Steueramt hat im Einschätzungsverfahren 2005 die Angaben
des Pflichtigen über den Erwerb der Mitarbeiteraktien der B ohne eingehende Untersu-
chung akzeptiert, wozu es nach dem Gesagten berechtigt war, zumal keine Anhalts-
punkte für eine unkorrekte Angabe vorlag. Der Steuerbehörde kann deshalb kein
widersprüchliches Verhalten vorgeworfen werden, wenn sie im Rahmen der Einschät-
zung für die Steuerperiode 2006 nach eingehender Untersuchung nun auf den wahren
Sachverhalt abstellt. Insbesondere kann in der Genehmigung der Selbstdeklaration
2005 keine Zusicherung der Steuerbehörde erblickt werden, den Sachverhalt in Zu-
kunft gleich zu behandeln. Soweit sich dadurch rückblickend für den Pflichtigen zu ho-
he Einschätzungen 2005 ergeben, hat er sich dies durch die fehlerhaften Angaben im
Rahmen des Einschätzungsverfahrens 2005 selbst zuzuschreiben; eine Grundlage für
die Bindung der Steuerbehörden an die Einschätzungen 2005 ist daraus nicht ersicht-
lich.
6. Gestützt auf diese Erwägungen sind der Rekurs bzw. die Beschwerde ent-
sprechend den korrigierten Einschätzungsanträgen in der Rekurs-/Beschwerdeantwort
teilweise gutzuheissen. Bei diesem Ausgang sind die Kosten des Verfahrens den Par-
teien anteilsmässig aufzuerlegen (§ 151 Abs. 1 StG; Art. 144 Abs. 1 DBG). Da der
Pflichtige überwiegend unterliegt, kommt die Zusprechung der beantragten Parteient-
schädigung an ihn nicht in Betracht (§ 152 StG i. V. m. § 17 Abs. 2 des Verwaltungs-
rechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997 bzw. Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m.
Art. 64 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember
1968).
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1 ST.2009.310 1 DB.2009.186 | Public | Tax | de | 2,010 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
c997e776-dced-4674-bfa3-3c157175fd66 | hat sich ergeben:
A. Die 2007 gegründete A AG (nachfolgend die Pflichtige) reichte trotz öffent-
licher Aufforderung und Mahnung keine Steuererklärung 2008 ein. Deshalb schätzte
sie der Steuerkommissär mit Entscheid vom 13. Oktober 2010 für die Steuerperiode
12.4.2007 - 31.12.2008 gestützt auf § 139 Abs. 2 des Steuergesetzes vom 8. Juni
1997 (StG) nach pflichtgemässem Ermessen mit einem steuerbaren Reingewinn von
Fr. 40‘000.- und einem steuerbaren Eigenkapital von Fr. 100‘000.- ein.
B. Am 16. November 2010 ging bei der Dienstabteilung Bundessteuer des
kantonalen Steueramts eine ausgefüllte Steuererklärung 2008 der Pflichtigen ein, was
als Einsprache gegen den Einschätzungsentscheid vom 13. Oktober 2010 gewertet
wurde. Hierin deklarierte die Pflichtige für die Staats- und Gemeindesteuern einen
steuerbaren Reingewinn von Fr. 0.- (Verlust von Fr. 108'045.-) und ein steuerbares
Eigenkapital von Fr. 100'000.-. Am 17. Dezember 2010 liess die Pflichtige zur Einspra-
che ergänzend Stellung nehmen und insbesondere beantragen, falls die Einsprache
aus Formgründen nicht berücksichtigt werde, ein Revisionsverfahren im Sinn von
§ 155 Abs. 1 lit b StG durchzuführen. Mit Entscheid vom 22. Juni 2011 trat das kanto-
nale Steueramt auf die Einsprache wegen Verspätung nicht ein.
C. Hiergegen liess die Pflichtige am 22. Juli 2011 Rekurs erheben und bean-
tragen, den Einspracheentscheid aufzuheben und die Sache zur materiellen Prüfung
der Einsprache an das kantonale Steueramt zurückzuweisen. Eventualiter sei die Sa-
che zur Prüfung des Revisionsbegehrens an das kantonale Steueramt zurückzuwei-
sen.
Das kantonale Steueramt schloss am 30. August 2011 auf kostenfällige Ab-
weisung des Rekurses.
Auf die Parteivorbringen wird, soweit rechtserheblich, in den nachfolgenden
Erwägungen eingegangen.
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1 ST.2011.187 | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. Erhebt ein Steuerpflichtiger gegen einen Nichteintretensentscheid der Ein-
sprachebehörde Rekurs, so ist dem Steuerrekursgericht die materielle Prüfung des
Rechtsmittels auf die Einschätzung hin verwehrt. Es darf nur untersuchen, ob die Ein-
sprachebehörde zu Recht auf die Einsprache nicht eingetreten ist (Richner/Frei/Kauf-
mann/Meuter, Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 2. A., 2006,
§ 147 N 43). Würde sich der Nichteintretensentscheid der Vorinstanz als gesetzwidrig
erweisen, wären die Akten zwecks Wahrung des gesetzlichen Instanzenzugs zur mate-
riellen Überprüfung der Einschätzung an jene zurückzuweisen (RB 1979 Nr. 57). Dem-
entsprechend ist auf den Rekurs nur insofern einzutreten, als die Pflichtige die Aufhe-
bung des vorinstanzlichen Entscheids verlangt.
2. a) Gegen den Einschätzungsentscheid können laut § 140 Abs. 1 StG der
Steuerpflichtige und die Gemeinde innert 30 Tagen nach Zustellung beim kantonalen
Steueramt schriftlich Einsprache erheben. Die Einsprachefrist beginnt am Tag nach der
Zustellung des Entscheids zu laufen (§ 12 Abs. 1 der Verordnung zum Steuergesetz
vom 1. April 1998, VO StG) und ist – wie die Rekursfrist – eine Verwirkungsfrist (Rich-
ner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 140 N 48 mit Hinweisen, auch zum Folgenden). Eine nach
Ablauf der Einsprachefrist erhobene Einsprache ist unwirksam und vermag keine mate-
rielle Überprüfung der angefochtenen Einschätzung herbeizuführen, selbst dann, wenn
diese formell oder materiell fehlerhaft sein sollte. Auf eine verspätete Einsprache darf die
Einsprachebehörde – Fristwiederherstellung vorbehalten – deshalb nicht eintreten.
b) Die Einspracheerhebung ist eine Prozesshandlung. Die Rechtzeitigkeit sol-
cher Handlungen hat regelmässig derjenige nachzuweisen, der sie vornimmt. Die Be-
weislast für den Zeitpunkt der Einspracheerhebung und damit deren Rechtzeitigkeit
trägt daher der Einsprecher (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 140 N 45 mit Hinwei-
sen). Erfolgt die Einspracheerhebung mittels eingeschriebener Post, lässt sich die
Postaufgabe und deren Zeitpunkt regelmässig leicht nachweisen, entweder durch Vor-
lage des von der Post anlässlich der Postaufgabe ausgestellten Belegs oder durch
Einholen eines Postlaufzettels, aus dem sich u.a. das Datum der Postaufgabe ergibt.
Wurde die Einsprache dagegen mit uneingeschriebener Post befördert, fallen diese
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1 ST.2011.187
Beweismittel ausser Betracht, weil ein Beleg bei der Postaufgabe nicht ausgestellt wird
bzw. ein Postlaufzettel über die Aufgabe und deren Datum regelmässig keine Klärung
verschafft. Diesfalls verbleibt für den Nachweis des Aufgabedatums nur der Poststem-
pel auf dem Couvert der Sendung. Kann der Steuerpflichtige die Rechtzeitigkeit der
Eingabe nicht mit dem Poststempel beweisen, hat er den Zeitpunkt der Postaufgabe
anderweitig, z.B. mittels Zeugen, nachzuweisen. Gelingt ihm dies nicht, trägt er die
Folgen der Beweislosigkeit, indem davon auszugehen ist, es sei keine (rechtzeitige)
Einsprache erfolgt. Um dem Steuerpflichtigen die Beweisführung zu ermöglichen, hat
die angeschriebene Behörde bei uneingeschriebener Post jedoch das mit dem Post-
stempel versehene Couvert sicherzustellen (STRK III, 4. März 1993 = StE 1993 B 92.8
Nr. 4).
c) aa) Der Einspracheentscheid vom 13. Oktober 2010 wurde der Pflichtigen
am gleichen Tag zugestellt, womit die dreissigtägige Einsprachefrist am 14. Oktober
2010 zu laufen begann und am Freitag, 12. November 2010 endete. Dies wird von den
Parteien im vorliegenden Verfahren nicht bestritten.
bb) In den Akten befindet sich die von der Pflichtigen eingereichte Steuerer-
klärung 2008, versehen mit einem Posteingangsstempel der Dienstabteilung Bundes-
steuer des kantonalen Steueramts vom 16. November 2011. Hierzu führte die Pflichti-
ge im Einspracheverfahren aus, die Steuerklärung sei nicht per Einschreiben versandt
worden, sodass sich das genaue Versanddatum im Nachhinein nicht zurückverfolgen
lasse. Indes erinnerten sich die zuständigen Personen, dass die Steuererklärung am
Freitag, 12. November 2010 mit B-Post versandt worden sei. Bei der Pflichtigen sei
vom 15. - 17. November 2010 eine Revision betreffend die Steuerjahre 2007 und 2008
durchgeführt worden, weshalb sie die Steuererklärung 2008 auf Verlangen des kanto-
nalen Steueramts vorgängig finalisiert und versandt sowie dem Inspektor bei Prü-
fungsbeginn eine Kopie davon zur Verfügung gestellt habe. Dies und die Tatsache,
dass die Steuererklärung bereits am 3. November 2010 unterzeichnet worden sei,
würden ebenfalls für deren fristgerechten Versand sprechen. Das kantonale Steueramt
erwog jedoch in seinem Einspracheentscheid, aufgrund des Aktenstands stehe die
rechtzeitige Postaufgabe nicht mit Sicherheit fest, da durchaus denkbar sei, dass die
am 16. November 2010 eingegangene Steuererklärung erst nach dem 12. November
2010 mit A-Post versandt worden oder die Zustellung per B-Post innert zwei Tagen
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1 ST.2011.187
erfolgt sei. Auch eine persönliche Abgabe beim Steueramt sei grundsätzlich möglich.
Damit habe die Pflichtige den Beweis für die rechtzeitige Postaufgabe nicht erbracht.
Auch die mit Rekurs neu eingereichte Erklärung, in der die zuständige Mitar-
beiterin der Pflichtigen bestätigt, sie habe die Steuererklärung 2008 am 12. November
(keine Jahresangabe) per B-Post durch Einwurf in einen Briefkasten versandt, ist nach
Ansicht des kantonalen Steueramts nicht ausreichend, um den vollen Beweis einer
rechtzeitigen Postaufgabe zu erbringen.
cc) Bei alldem lassen die Parteien völlig ausser Acht, dass in den Akten das
Couvert, in welchem die Pflichtige die Steuererklärung 2008 versandt bzw. eingereicht
hat, nicht zu finden ist. Die Pflichtige erklärt zwar explizit, sie habe die Steuererklärung
in einem von der Vertreterin voradressierten und frankierten Couvert versandt, ohne
jedoch den Verbleib dieses Couverts zu thematisieren. Wie gesehen ist aber bei einer
Eingabe mittels uneingeschriebener Post gerade das Couvert von essentieller Bedeu-
tung, da der Poststempel darauf letztlich die einzige Möglichkeit für den direkten Be-
weis einer rechtzeitigen Posteingabe darstellt. Genau deshalb wird in solchen Fällen
von der angeschriebenen Behörde verlangt, dass sie das Couvert aufbewahrt, da sonst
dem Steuerpflichtigen bei uneingeschriebenen Sendungen der Nachweis der Rechtzei-
tigkeit regelmässig vereitelt würde. Dieser Pflicht ist aber das kantonale Steueramt
vorliegend offensichtlich nicht nachgekommen. Nicht nur liegt das besagte Couvert
nicht bei den Akten, sondern es findet sich auch nirgendwo sonst – insbesondere auf
der Steuererklärung selbst – ein Vermerk über das Datum des Poststempels. Die ein-
zige Datumsangabe liefert der Posteingangsstempel der Dienstabteilung Bundessteuer
des kantonalen Steueramts vom 16. November 2011, der auf der Steuererklärung an-
gebracht wurde. Dieser lässt jedoch lediglich darauf schliessen, dass der Versand vor
dem 16. November 2011 erfolgt ist, während er mit Bezug auf das genaue Versandda-
tum nichts aussagt. Dies umso weniger, als es sich nicht um den (allgemeinen) Ein-
gangsstempel des kantonalen Steueramts, sondern um jenen der Dienstabteilung
Bundessteuer handelt, an welche die Steuererklärung möglicherweise auch erst einige
Zeit nach Eingang übermittelt wurde. Im Übrigen kann das kantonale Steueramt offen-
bar mangels ausreichender Dokumentation nicht einmal mehr nachvollziehen, auf wel-
chem Weg ihm die Steuererklärung zugestellt wurde, geschweige denn welches Datum
der Poststempel gegebenenfalls trug. Dies geht jedenfalls aus der Begründung des
Einspracheentscheids hervor, in der es heisst: "Es ist z.B. durchaus denkbar, dass die
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1 ST.2011.187
nachgereichte Steuererklärung nach dem 12. November 2010 (Freitag) mit A-Post auf-
gegeben wurde oder eine Postaufgabe mit B-Post innert zweier Tage zugestellt wurde.
Auch andere Varianten, wie etwa eine persönliche Abgabe beim Steueramt sind
grundsätzlich möglich." Mithin lässt sich das Versanddatum vorliegend zwar nicht mehr
eindeutig feststellen, indes liegt die Darstellung der Pflichtigen, wonach sie die Steuer-
erklärung am 12. November 2010 mit B-Post versandt habe, angesichts des Eingangs-
stempels der Dienstabteilung Bundessteuer vom 16. November 2011 ohne Weiteres im
Bereich des Möglichen.
Unter diesen Umständen kann der Pflichtigen nicht vorgehalten werden, sie
habe die rechtzeitige Postaufgabe der Steuererklärung 2008 nicht nachgewiesen, da
ihr letztlich die einzige Möglichkeit eines direkten Beweises, nämlich durch den Post-
stempel auf dem Couvert, verunmöglicht wurde. Folglich hat die Pflichtige vorliegend
das Risiko der Beweislast nicht zu tragen und ist zu ihren Gunsten von der Rechtzei-
tigkeit der Einsprache auszugehen.
3. Nach dem Gesagten ist das kantonale Steueramt auf die Einsprache der
Pflichtigen zu Unrecht nicht eingetreten und ist die Sache zur materiellen Behandlung
der Einsprache an dieses zurückzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind
die Kosten dem Rekursgegner aufzuerlegen (§ 151 Abs. 1 StG). | Public | Tax | de | 2,011 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
ca6ebc9f-2760-4281-a81d-0cb90826b031 | hat sich ergeben:
A. A und B (nachfolgend die Pflichtigen) verkauften am 30. März 2007 die von
ihnen selbst bewohnte Eigentumswohnung an der str. 18a, in D, zum Preis von
Fr. 1'130'000.- (GBBL: an GBBL, Kat.Nr. , mit Sonderrecht an 6 1⁄2-Zimmerwohnung,
Stockwerkeinheit Nr.; GBBL an GBBL, Kat.Nr. , mit Sonderrecht an der Garage Nr.,
Stockwerkeinheit Nr.). Im Einspracheentscheid vom 15. April 2008 gewährte die Be-
hörde für Grundsteuern der Gemeinde D für diese Handänderung einen Aufschub der
Grundstückgewinnsteuer infolge Ersatzbeschaffung von selbstgenutztem Wohneigen-
tum im Sinn von § 216 Abs. 3 lit. i des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG), nach-
dem die Pflichtigen mit Kaufvertrag vom 29. Mai 2006 das Wohnhaus "E 9, in C"
(GBBL, Kat.Nr., 554 m 2 Grundstücksfläche, Vers.Nr.) für Fr. 2'010'000.- erworben hat-
ten, welches sie in der Folge bewohnten.
Mit Kaufvertrag vom 3. Mai 2010 erwarben die Pflichtigen das Wohnhaus "str.
90, in F" (GBBL, Kat.Nr., 1078 m 2 Grundstücksfläche, Vers.Nr.) zum Preis von
Fr. 3'450'000.-, worauf sie das Haus in C am 15. Juli 2010 zum Preis von 2'600'000.-
wieder verkauften (Kaufvertrag vom 27.05.2010).
Zufolge des Verkaufs der Liegenschaft in C auferlegte der Grundsteueraus-
schuss der Gemeinde C den Pflichtigen am 25. November 2010 eine Grundstückge-
winnsteuer von Fr. 217'320.- und verweigerte gleichzeitig die Gewährung eines Steu-
eraufschubs im Sinn von § 216 Abs. 3 lit. i StG.
B. Am 27. Dezember 2010 erhoben die Pflichtigen Einsprache gegen diesen
Eischätzungsentscheid und stellten den Antrag, es sei ein Steueraufschub im Sinn von
§ 216 Abs. 3 lit. i StG zu gewähren. Am 16. Juni 2011 wies der Grundsteuerausschuss
die Einsprache ab.
C. Am 6. Juli 2011 erhoben die Pflichtigen Rekurs gegen diesen Einsprache-
entscheid und erneuerten den Antrag, welchen sie bereits mit der Einsprache gestellt
hatten.
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2 GR.2011.31
In der Rekursantwort vom 10. August 2011 verzichtete der Grundsteueraus-
schuss C auf eine Stellungnahme zur Sache.
Auf die Begründung der Entscheide im Veranlagungs- und Einspracheverfah-
ren, die eingereichten Unterlagen sowie die Vorbringen der Parteien ist, soweit erfor-
derlich, in den nachfolgenden Erwägungen näher einzugehen. | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. a) Nach Art. 12 Abs. 3 lit. e des Bundesgesetzes über die Harmonisierung
der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden vom 14. Dezember 1990 (StHG)
und dem gleichlautenden § 216 Abs. 3 lit. i StG wird die Besteuerung aufgeschoben
bei Veräusserung einer dauernd und ausschliesslich selbstgenutzten Wohnliegen-
schaft (Einfamilienhaus oder Eigentumswohnung), soweit der dabei erzielte Erlös in-
nert angemessener Frist zum Erwerb oder zum Bau einer gleichgenutzten Ersatzlie-
genschaft im Kanton Zürich bzw. in der Schweiz verwendet wird.
b) Zur Begründung ihres Antrags machen die Pflichtigen in der Rekursschrift
geltend, die Veräusserung der Eigentumswohnung in D und der Erwerb des ersten
Ersatzobjekts in C stünden in direktem Zusammenhang mit ihrer familiären Situation.
Denn im September 2004 sei ihre Tochter auf die Welt gekommen. Sie hätten sich
daher entschlossen, das Einfamilienhaus in C zu erwerben und von D nach C umzu-
ziehen. Diese Liegenschaft hätten sie wieder verkauft, nachdem sie in F durch einen
Hinweis zufälligerweise ihr "Traumhaus" entdeckt hätten. Ursprünglich sei dieser zwei-
te Wohnsitzwechsel nicht beabsichtigt gewesen. Während der Beratung des Steuer-
harmonisierungsgesetzes sei im Parlament die Bestimmung zum Aufschub der Ge-
winnbesteuerung bei Ersatzbeschaffung von selbstgenutztem Wohneigentum einge-
führt und angenommen worden. Insbesondere sei die Regelung in der Februarsession
des Nationalrates am 31. Januar 1989 ausführlich beraten worden (AB 1989 N, S. 50
und 51). Die Kommissionsmehrheit sei der Auffassung gewesen, dass es nicht um
Spekulation gehe, sondern darum, ein selbstbewohntes Eigenheim durch ein anderes
selbstbewohntes Eigenheim zu ersetzen. Die Mobilität der Bevölkerung sollte demge-
mäss gewährleistet werden. Daher müssten die Steuerbehörden nicht nach den Grün-
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2 GR.2011.31
den der Ersatzbeschaffung forschen (AB 1989 N, S. 51). Vor diesem Hintergrund seien
im vorliegenden Fall sämtliche Voraussetzungen für die Gewährung eines Steuerauf-
schubes infolge Ersatzbeschaffung von selbstbewohntem Wohneigentum erfüllt. Der
Erlös aus dem Verkauf der Liegenschaft in C sei vollständig in den Erwerb des Einfa-
milienhauses in F investiert worden. Beide Liegenschaften seien dauernd selbstgenutzt
worden. In den Kantonen habe sich für die Beurteilung der Dauerhaftigkeit eine Praxis
von mindestens einem Jahr eingelebt, wobei die Zeit über alle Ersatzbeschaffungen
hinweg zusammenzuzählen sei. Die Rekursgegnerin gehe im Einschätzungsentscheid
davon aus, dass sie gar nie die Absicht gehabt hätten, das Einfamilienhaus in C dau-
ernd zu bewohnen, da eine kurzfristige Ersatzbeschaffung innert fünf Jahren seit der
Handänderung am ursprünglichen Grundstück erfolgt sei. Diese Annahme sei falsch.
Anzufügen sei, dass die von der Rekursgegnerin erwähnte 5-Jahresfrist ursprünglich
auf das Rundschreiben der Finanzdirektion an die Gemeinden über den Aufschub der
Grundstückgewinnsteuer und die Befreiung des Veräusserers von der Handände-
rungssteuer bei Ersatzbeschaffung einer dauernd und ausschliesslich selbstgenutzten
Wohnliegenschaft (§ 216 Abs. 3 lit. i, § 226a und § 229 Abs. 2 lit. c StG) vom 19. No-
vember 2001 (ZStB I Nr. 37/460; nachfolgend Rundschreiben) zurückgehe. Darin wer-
de eine Frist von fünf Jahren für den Fall eingeführt, dass ein innerkantonales Ersatz-
grundstück (innert fünf Jahren seit der Handänderung am ursprünglichen Grundstück)
definitiv zweckentfremdet oder veräussert werde, ohne dass erneut eine Ersatzbe-
schaffung stattfinde (Ziffer 20). Gerade dies sei jedoch vorliegend nicht der Fall. Eine
generelle Ausweitung und Objektivierung der von der Finanzdirektion im Kanton Zürich
eingeführten 5-Jahresfrist komme der Einführung einer zusätzlichen Bedingung für die
Gewährung des Steueraufschubes bei Ersatzbeschaffungen von selbstgenutztem
Wohneigentum gleich. Dies entspreche, wie dargelegt, nicht dem Willen des nationalen
Gesetzgebers und sei auch nicht im Gesetz festgehalten.
c) Mit der Frage der kurzfristigen fortgesetzten Ersatzbeschaffung für selbst-
genutztes Wohneigentum (Kaskadenersatzbeschaffung), insbesondere hinsichtlich der
Auslegung von Art. 12 Abs. 3 lit. e StHG bzw. § 216 Abs. 3 lit. i StG sowie der Verein-
barkeit der Anwendung des Rundschreibens im Falle von Kaskadenersatzbeschaffun-
gen mit selbigen, hat sich die Steuerrekurskommissionen III (seit dem 1. Januar 2011
Steuerrekursgericht) bereits mehrfach auseinandergesetzt und seine im Jahr 2008
begründete Rechtsprechung (StRK III, 25. März 2008, 3 GR.2007.24, ZStP 2009, 338)
wiederholt bestätigt (StRK III, 17. September 2008, 3 GR.2007.81+82, ZStP 2009, 348;
StRK III, 27. März 2009, 3 GR.2009.1; StRK III, 22. November 2010, 3 GR.2009.39;
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2 GR.2011.31
StRK III, 11. November 2009, 3 GR.2009.46; StRK III, 16. November 2010,
3 GR.2010.21; StRK III). Danach ist die mehrfache Privilegierung durch kurzfristige
Ersatzbeschaffungen ausgeschlossen. Wird nach einer Ersatzbeschaffung eines
selbstbewohnten Eigenheims innerhalb von 5 Jahren ein zweites Ersatzobjekt ange-
schafft und selbstbewohnt, wird die ursprüngliche Veräusserung mit dem zweiten Er-
satzobjekt verknüpft; die zweite Ersatzbeschaffung tritt an die Stelle der aufgegebenen
ersten, wie wenn sie von Anfang an statt der ersten erworben worden wäre. Der an-
lässlich des Verkaufs des ursprünglichen Grundstücks aufgeschobene Gewinn kann
dann grundsätzlich nicht nachbesteuert werden. Dagegen wird das erste Ersatzobjekt
als normaler An- und Verkauf behandelt; auf dem dabei allenfalls erzielten Gewinn ist
die Grundstückgewinnsteuer nicht aufschiebbar (StRK III, 27. März 2009, 3 GR.2009.1,
E. 2b sowie Leitsätze von StRK III, 25. März 2008, 3 GR.2007.24, ZStP 2009, 338 und
StRK III, 17. September 2008, 3 GR.2007.81+82, ZStP 2009, 348).
Diese Rechtsprechung wurde durch das Verwaltungsgericht (VGr, 7. Ju-
li 2010, SB.2009.00050, www.vgrzh.ch) bestätigt. Das Bundesgericht hat sich bis heute
nicht zur Streitfrage geäussert.
d) Hinsichtlich dieser Rechtsprechung brachte Felix Richner einige beden-
kenswerte Argumente vor, welche gegen eine Differenzierung von kurzfristigen und
nicht kurzfristigen Kaskadenersatzbeschaffungen sprechen (Felix Richner, Ersatzbe-
schaffung von selbstgenutztem Wohneigentum [Teil III], ZStP 2011, 1 ff.). In der Tat
werden Wohnliegenschaften in aller Regel (und auch vorliegend) nicht durch eine neue
Liegenschaft ersetzt, weil damit eine Spekulationsabsicht verbunden wäre. Die Ersatz-
beschaffung erfolgt meist aus persönlichen und beruflichen Motiven. Selbst wenn eine
Ersatzbeschaffung durch eine Spekulationsabsicht motiviert war, so kann diese auch
bei einer längeren Besitzesdauer vorliegen. Allgemein können Steuerbehörden die
Motivation einer Handlung nur schwer feststellen.
Trotz nicht ganz unbegründeter Kritik – dargelegt anhand von Beispielen, bei
denen die Auswirkungen der Rechtsprechung, wenn ein zweites Ersatzobjekt ohne
dritte Ersatzbeschaffung verkauft wird, zu Inkongruenzen bei der Berechnung der Be-
sitzesdauer führen kann – ist festzuhalten, dass das Verwaltungsgericht die Streitfrage
bereits – wie unter E. 3c erwähnt – entschieden hat. Dessen Rechtsprechung ist für
das Steuerrekursgericht verbindlich.
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2 GR.2011.31
e) Aus vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass bei der vorliegenden
Konstellation einer kurzfristigen Kaskadenersatzbeschaffung (Verkauf des ersten Er-
satzobjekts in C weniger als 5 Jahren nach dem Verkauf des ursprünglichen Objekts in
D, Besitzesdauer und Wohnnutzung des Ersatzobjekts in C von weniger als 5 Jahren)
nur ein (einziger) Steueraufschub gewährt werden kann. Nach der geltenden zürcheri-
schen Praxis wird der Aufschub mit Bezug auf die Handänderung am ursprünglichen
Grundstück gewährt. Ein Aufschub mit Bezug auf die Handänderung am ersten Er-
satzobjekt in C kann somit nicht zusätzlich gewährt werden, wenngleich die übrigen
Voraussetzungen des Steueraufschubs erfüllt sind. Unerheblich ist, dass, wovon aus-
zugehen ist, die Pflichtigen ursprünglich gar nicht beabsichtigten, ihre Liegenschaft in
C nur wenige Jahre zu bewohnen.
2. Gestützt auf diese Erwägungen ist der Rekurs abzuweisen. Bei diesem
Verfahrensausgang sind die Kosten des Rekursverfahrens den Pflichtigen aufzuerle-
gen (§ 151 Abs. 1 StG) und steht ihnen die beantragte Parteientschädigung nicht zu
(§ 152 StG in Verbindung mit § 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom
24. Mai 1959/8. Juni 1997). | Public | Tax | de | 2,011 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
ca8f4d18-e45c-4320-8fab-ec7c23d9650e | hat sich ergeben:
A. Am ... 2010 starb C. Das Testament vom ... 2010, das vom Einzelrichter im
summarischen Verfahren des Bezirksgerichts D am ... 2010 eröffnet wurde, enthielt
folgendes Vermächtnis:
"Falls meine Schwester A, geb. .... 1936, wohnhaft in E, mich überlebt, soll sie aus meinem Nachlass monatlich Fr. 5'000.- erhalten, sowie jeweils Ende Juni und Ende Dezember je Fr. 10'000.-, d.h. jährlich achtzigtausend Franken. Als Gegenleistung werden meine beiden Söhne nach ihrem Ableben ihre in E, sowie evt. noch vorhandenes Bar- oder Wertschriftenvermögen . (Ist testamentarisch hinterlegt.) ..."
Mit Verfügung vom 7. November 2013 auferlegte das kantonale Steueramt der Ver-
mächtnisnehmerin A (nachfolgend die Pflichtige) eine Erbschaftssteuer von
Fr. 125'856.-. Dabei ging die Amtsstelle von einem Barwert der Leibrente von
Fr. 1'019'200.- aus und zog davon Fr. 195'000.- für den "Verlust über die Verfügungs-
gewalt des Stockwerkeigentums" ab, was – unter Berücksichtigung eines Freibetrags
von Fr. 15'000.- für Geschwister gemäss § 21 Abs. 1 lit. b des Erbschafts- und Schen-
kungssteuergesetzes vom 28. September 1986/23. August 1999 (ESchG) – zu einem
Erbanfall von Fr. 809'200.- führte.
B. Eine von der Pflichtigen hiergegen erhobene Einsprache wies das kantona-
le Steueramt am 14. Mai 2014 ab und erhöhte die Erbschaftssteuer auf Fr. 165'882.-.
C. Mit Rekurs vom 18. Juni 2014 liess A dem Steuerrekursgericht beantragen:
"1. Die angefochtene Verfügung sei aufzuheben und der Steuerbetrag sei auf Fr. Null festzusetzen bzw. festzustellen, dass kein Steuertatbestand vorliegt (testamentarische Auflage mit Leistung und entsprechender Gegenleistung, Nichtvorliegen einer Liberalität).
2. Eventualiter: Die Leistung und Gegenleistung der Auflage der Erblasserin sei-
en unter Berücksichtigung aller Risiken als ausgeglichen zu beurteilen und der Steuerbetrag sei daher Null, vgl. die Erwägungen, mit der beantragten dazu, Rückweisung an die Vorinstanz zur (Wertermittlung).
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2 ES.2014.2
3. Jedenfalls sind im Falle, dass eine Steuer geschuldet ist, alle Kosten im mit diesem Verfahren zu berücksichtigen (Gerichtskosten, , solche Rechnung vom 24.12.2013 von Fr. 15'573.30, bezahlt mit Valuta vom 30.12.2013). Es ist daher eventualiter wie folgt zu verfügen: Die Berechnungsgrundlage der Steuer reduziert sich um die Parteikosten und , die bis zur rechtskräftigen Erledigung anfallen.
4. Verfahrensantrag zum Eventualantrag, falls keine Rückweisung erfolgt: Nach
Vorliegen der beantragten Expertisen sei der Rekurrentin Gelegenheit , den Eventualantrag allenfalls abweichend von Null zu beziffern.
alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen."
In seiner Rekursantwort vom 7. Juli 2014 beantragte das kantonale Steueramt
– unter Zusprechung einer Parteientschädigung – Abweisung des Rechtsmittels.
Auf die Erwägungen des Einspracheentscheids und die Parteivorbringen wird,
soweit wesentlich, in den nachfolgenden Urteilsgründen zurückgekommen. | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. Gegen den Einspracheentscheid kann der Steuerpflichtige nach § 43 Abs. 1
ESchG Rekurs beim Steuerrekursgericht erheben. Laut § 43 Abs. 3 ESchG sind die
Bestimmungen über das Rekursverfahren bei Einschätzungen für die Staatssteuer
sinngemäss anwendbar (§§ 147 ff. des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997; StG).
2. a) Nach § 3 ESchG unterliegen der Erbschaftssteuer alle Vermögensüber-
gänge (Erbanfälle und Zuwendungen) kraft gesetzlichen Erbrechts oder aufgrund einer
Verfügung von Todes wegen (Abs. 1). Zu den steuerbaren Vermögensübergängen
gehören insbesondere auch solche aufgrund von Erbeinsetzung, Vermächtnis, Erbver-
trag, Schenkung auf den Todesfall und Errichtung einer Stiftung auf den Todesfall
(Abs. 2). Steuerpflichtig ist der Empfänger des übergegangenen Vermögens (§ 8
Abs. 1 ESchG). Die Steuer wird vom Verkehrswert des übergegangenen Vermögens
im Zeitpunkt der Entstehung des Steueranspruchs berechnet (§ 13 Abs. 1 ESchG).
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2 ES.2014.2
b) Der Grundtarif der Erbschaftssteuer bestimmt sich nach § 22 ESchG. Je
nach Verwandtschaftsgrad werden sodann steuerfreie Beträge gewährt (§ 21 ESchG)
oder Zuschläge hinzugerechnet (§ 23 ESchG). Geschwister des Erblassers schulden
den dreifachen Betrag der nach § 22 Abs. 1 ESchG berechneten Steuer (§ 23 Abs. 1
lit. c ESchG).
c) Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer setzt das Zivilrecht vor-
aus. Insbesondere das geltende subjektbezogene System der Erbanfallsteuer baut
massgeblich auf dem Zivilrecht auf (Richner/Frei, Kommentar zum Zürcher Erbschafts-
und Schenkungssteuergesetz, 1996, § 1 N 165). Ob ein erbrechtlicher Vermögens-
übergang eingetreten ist, richtet sich nach den zivilrechtlichen Bestimmungen in
Art. 457 bis Art. 640 ZGB. Massgebend ist die Rechtslage, wie sie für den betreffenden
Erbgang durch Gesetz oder Verfügung von Todes wegen geschaffen worden ist
(RB 1989 Nr. 56). Die Steuer bemisst sich nach der dem Erben kraft Erbrechts angefal-
lenen Bereicherung (RB ORK 1959 Nr. 80 = ZBl 1960, 139).
3. a) Das kantonale Steueramt erwog im Einspracheentscheid, dass die Par-
teien während des Veranlagungsverfahrens eingehend korrespondiert hätten. Im An-
schluss an die Besprechung vom 13. August 2013 habe die Amtsstelle einen theoreti-
schen Wert für den von der Pflichtigen erlittenen Verlust der Verfügungsgewalt über
das Stockwerkeigentum akzeptiert. Weil es hierfür keine gesetzliche Grundlage gebe,
könne an diesem Zugeständnis nicht festgehalten werden. Die Erblasserin habe in
ihrem Testament die Gegenleistung nicht ausdrücklich als Voraussetzung für die Aus-
richtung des Vermächtnisses bezeichnet; es handle sich dabei somit um einen blossen
Wunsch. Die Erblasserin hätte durch einen Vermächtnisvertrag im Sinn von Art. 494
ZGB ihre Schwester rechtsgültig verpflichten können, dass diese ihr Vermögen den
Nachkommen der Erblasserin zu hinterlassen habe. Ein solcher Vertrag sei jedoch
nicht abgeschlossen worden.
b) Zur Rekursbegründung bringt die Pflichtige vor, entgegen der Annahme der
Vorinstanz seien im Testament ausdrücklich eine Leistung und eine Gegenleistung
festgelegt, die als Einheit zu würdigen seien. Es treffe nicht zu, dass die Erblasserin
dies in der Form eines Erbvertrags hätte tun müssen. Die Erblasserin habe keinen
Schenkungswillen gehabt, sondern ein Austauschverhältnis vorgesehen. Daran ändere
die Bezeichnung der Leibrente als Vermächtnis nichts. Ebenso wenig liege eine Nutz-
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2 ES.2014.2
niessung vor. Weil die Söhne die Rentenleistungen von Fr. 80'000.- pro Jahr nicht aus
dem Nachlass bezahlten, handle es sich hierbei um eine Auflage. Diese wiederum
hänge mit der von der Empfängerin zu erbringenden Gegenleistung zusammen. Somit
fehle es an einem steuerbaren Erbanfall. Falls "rechtskräftig steuerlich festgestellt"
werden sollte, dass nur die Leistung, nicht aber die Gegenleistung geschuldet sei, wür-
den die Neffen ihre Zahlungen einstellen und die bisherigen Leistungen zurückfordern.
Allerdings hätten die Neffen ein Testament von der Pflichtigen "ohne Weiteres" erhal-
ten, und diese Form genüge. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass sich die
Parteien nicht nach Treu und Glauben verhielten. Für den Eventualfall, dass trotzdem
ein Schenkungswille der Erblasserin angenommen würde, müsste der Wert von Leis-
tung und Gegenleistung näher untersucht werden. Das kantonale Steueramt habe will-
kürlich auf den Steuerwert des Grundstücks abgestellt; ferner müsste der Wert der
Rentenleistungen mittels Expertise näher untersucht werden. Auf jeden Fall müssten
die bis zur rechtskräftigen Streiterledigung anfallenden Gerichts- und Parteikosten von
der Bemessungsgrundlage abgezogen werden.
Dem hält das kantonale Steueramt in seiner Rekursantwort entgegen, dass
die Pflichtige im Zeitpunkt des Todes der Erblasserin kein Testament zugunsten von
deren Kindern verfasst habe. Vielmehr sei dies erst später geschehen. Auch eine an-
derweitige Vereinbarung zwischen den Schwestern, wonach die Pflichtige ihre Liegen-
schaft und weitere Vermögenswerte als Gegenleistung zur Rente an die Söhne der
Erblasserin vererben würde, liege nicht vor. Die erste Rentenzahlung sei schon im Jahr
2010 und nicht erst 2013 geleistet worden, nachdem die Pflichtige ihr Testament er-
stellt habe. Aufgrund der zeitlichen Differenz liege keine erbrechtliche Auflage, sondern
ein unverbindlicher Wunsch der Erblasserin vor.
4. a) Wie in E. 2 festgehalten, entsteht der Steueranspruch mit dem Erbanfall,
d.h. mit dem Tod des Erblassers. Dies ist vorliegend der ... 2010. Es steht fest, dass
die Pflichtige im Testament ihrer Schwester mit einem aus dem Nachlass zu entrich-
tenden Vermächtnis von Fr. 80'000.- pro Jahr bedacht worden ist. Im Streit liegt die
Frage, ob die Pflichtige hierfür zu einer Gegenleistung verpflichtet war oder nicht. Sie
räumt ein, dass sie mit der Erblasserin diesbezüglich keinen Vertrag geschlossen hat.
Indessen erblickt sie eine solche Verpflichtung im Testament der Erblasserin vom
... 2010.
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2 ES.2014.2
b) Laut Art. 484 Abs. 1 ZGB kann der Erblasser einem Bedachten, ohne ihn
als Erben einzusetzen, einen Vermögensvorteil als Vermächtnis zuwenden. Art. 482
ZGB erlaubt es dem Erblasser, seinen Verfügungen Auflagen oder Bedingungen anzu-
fügen, deren Vollziehung, sobald die Verfügung zur Ausführung gelangt ist, jedermann
verlangen darf, der an ihnen ein Interesse hat (Abs. 1). Unsittliche oder rechtswidrige
Auflagen und Bedingungen machen die Verfügung ungültig (Abs. 2). Bei der Auflage
handelt es sich um eine Verfügung von Todes wegen, die einen gesetzlichen oder ein-
gesetzten Erben oder einen Vermächtnisnehmer verpflichtet, etwas Bestimmtes zu tun
oder zu unterlassen, wobei diese Verpflichtung nicht ein Forderungsrecht eines Be-
rechtigten, sondern bloss einen klagbaren Anspruch der interessierten Personen auf
Vollziehung begründet (BGE 99 II 379, 94 II 91 f.; Daniel Staehelin, in: Basler Kom-
mentar, 2011, Art. 482 N 14 ZGB). Gegenstand einer Auflage können alle rechtlich
zulässigen Handlungen und Unterlassungen sein, somit alles, was als Gegenstand
einer Forderung in Frage kommt; dabei muss nach bundesgerichtlicher Rechtspre-
chung (BGE 101 II 30) kein Bezug zu den Nachlassobjekten bestehen (Staehelin,
Art. 482 N 15 ZGB). Als zulässig, d.h. weder rechts- noch sittenwidrig gelten sog. kap-
tatorische Verfügungen, d.h. Zuwendungen unter der Bedingung, dass der Begünstigte
seinerseits den Erblasser oder einen Dritten begünstigt (OGr ZH, ZR 1938, 289; Stae-
helin, Art. 482 N 41, auch zum Folgenden). Dabei kann etwa als Bedingung statuiert
werden, dass der Begünstigte sein Testament bis zum Tod des Erblassers nicht wider-
ruft; zu jenem Zeitpunkt steht dann fest, ob die Bedingung eingetreten oder ausgefallen
ist. Möglich wäre auch, die Begünstigung mit der Resolutivbedingung zu versehen,
dass der Begünstigte bei seinem späteren Tod einen Dritten begünstigt.
c) Entgegen der Auffassung des Rekursgegners ist die von der Erblasserin im
Testament statuierte "Gegenleistung", wonach ihre Söhne nach dem Ableben der
Pflichtigen deren Eigentumswohnung erhalten sollen, nicht als unverbindlicher
Wunsch, sondern als Auflage im Sinn von Art. 482 Abs. 1 ZGB zu würdigen. Die An-
ordnung der Erblasserin erscheint als nachvollziehbar und sinnvoll: Die Schwester soll
zu deren Lebzeiten mit einer grosszügigen Rente bedacht werden, wenn diese im Ge-
genzug ihre Eigentumswohnung an die Neffen vererbt. Eine Sittenwidrigkeit ist darin
nicht zu erblicken. Demgegenüber widerspricht die Annahme des Rekursgegners, dass
die Erblasserin die von der Schwester für die Rente erwartete Gegenleistung als blos-
se Aufforderung verstanden haben wolle, der Lebenserfahrung. Zwar wurde die Pflich-
tige durch das Testament nicht gebunden, wie sie über ihre Eigentumswohnung zu
Lebzeiten oder auf den Zeitpunkt ihres Ablebens verfügen wollte. Wenn sie indessen
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2 ES.2014.2
die Wohnung entgegen dem Willen der Erblasserin nicht an deren Söhne vererbt hätte,
wäre dadurch die Auflage, an welche die Rentenleistung geknüpft war, nicht erfüllt
worden. Wie die Pflichtige zu Recht geltend macht, hätte die Nichterfüllung der Auflage
zum Wegfall der Rentenverpflichtung und zur Rückforderung der bereits geleisteten
Betreffnisse aus ungerechtfertigter Bereicherung im Sinn von Art. 62 OR geführt.
Schliesslich liegt es in der Konstellation des vorliegenden Sachverhalts, dass die Ren-
tenleistungen aus dem Nachlass und die Gegenleistung der Vermächtnisnehmerin
zeitlich auseinanderfallen; der Charakter der Auflage entfällt dadurch nicht.
Nach dem Gesagten liegt dem Einspracheentscheid die unzutreffende
Rechtsauffassung zugrunde, dass dem Vermächtnis im – ebenfalls umstrittenen –
Barwert von Fr. 1'019'200.- keine Gegenleistung der Pflichtigen gegenüberstehe. Dies
führt zur Aufhebung des angefochtenen Einspracheentscheids.
d) Ob der Pflichtigen unter den genannten Umständen überhaupt ein steuer-
barer Vermögenswert zugeflossen ist und – wenn ja – in welcher Höhe, hat das kanto-
nale Steueramt aufgrund seiner unrichtigen rechtlichen Würdigung nicht näher geprüft.
Jedenfalls kann die von der Pflichtigen zu erbringende Gegenleistung nicht dem Betrag
von Fr. 195'000.- gleichgesetzt werden, den sie unter dem Titel "Verlust über die Ver-
fügungsgewalt des Stockwerkeigentums" geltend macht. Zur Behebung dieses Unter-
suchungsmangels ist die Sache nach § 43 Abs. 3 ESchG i.V.m. § 149 Abs. 3 StG zur
weiteren Untersuchung und zum Neuentscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen.
5. Nach der neueren Rechtsprechung gilt eine Rückweisung an die Vorinstanz
mit offenem Prozessausgang in Bezug auf die Kosten- und Entschädigungsregelung
als Obsiegen der rechtsmittelführenden Partei – und zwar unabhängig davon, welche
Anträge diese gestellt hat (BGr, 28. April 2014, 2C_846/2013, E. 3.2 und 3.3; VGr,
28. August 2014, VB.2014.00106, E. 2.3). Die Kosten des Rekursverfahrens sind da-
her dem Rekursgegner aufzuerlegen (§ 43 Abs. 3 ESchG i.V.m. § 151 Abs. 1 StG).
Ferner ist dieser zu verpflichten, der Rekurrentin eine Parteientschädigung in ange-
messener Höhe von Fr. 4'000.- (Mehrwertsteuer inbegriffen) zu bezahlen.
6. Der vorliegende Entscheid kann mit Beschwerde angefochten werden, so-
weit er einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil bewirken könnte oder die Gutheis-
sung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeu-
- 8 -
2 ES.2014.2
tenden Aufwand an Zeit und Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen
würde (§ 19a Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/
22. März 2010 [VRG] i.V.m. Art. 93 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Bundesge-
richt vom 17. Juni 2005 [Bundesgerichtsgesetz]). | Public | Tax | de | 2,015 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
caa32db3-7861-4621-a0ca-7319c0e72c1a | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend der Pflichtige) ist Chief Financial Officer der C. 2009 bezog
er zusätzlich zu seinem Lohn einen Bonus von brutto Fr. 692'250.-, was gemäss Lohn-
ausweis insgesamt einen Nettolohn von Fr. 866'451.- ergab. Gemäss einem Begleit-
schreiben zur Steuererklärung handelt es sich beim Bonus um die Summe der ihm
zustehenden Zahlungen aus dem Long Term Incentive (LTI) Plan der C, welcher über
eine Dreijahresperiode ausgelegt ist. Er habe den Bonus deshalb in der Steuererklä-
rung unter Ziff. 5.5 als Kapitalabfindung für wiederkehrende Leistungen, und zwar im
Nettobetrag von Fr. 514'000.- für 36 Monate, eingetragen.
Der Steuerkommissär lehnte die Qualifizierung des Bonus als Kapitalabfin-
dung ab und schätzte den Pflichtigen und seine Ehefrau B (nachfolgend zusammen die
Pflichtigen) am 8. Februar 2011 für die Staats- und Gemeindesteuern 2009 mit einem
steuerbaren bzw. satzbestimmenden Einkommen von Fr. 829'000.- und einem steuer-
baren Vermögen von Fr. 606'000.- (satzbestimmend Fr. 772'000.-) sowie für die direkte
Bundessteuer 2009 mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 849'700.- ein.
B. Hiergegen liessen die Pflichtigen am 10. März 2011 Einsprache erheben
mit dem Antrag, sie bei jeweils unverändertem steuerbarem Einkommen für die Staats-
und Gemeindesteuern 2009 mit einem satzbestimmenden Einkommen von
Fr. 486'300.- und für die direkte Bundessteuer 2009 mit einem satzbestimmenden Ein-
kommen von Fr. 507'000.- einzuschätzen. Das kantonale Steueramt wies die Einspra-
chen am 20. April 2011 ab.
C. Am 20. Mai 2011 liessen die Pflichtigen Beschwerde bzw. Rekurs erheben,
unter Wiederholung der Einspracheanträge. Zudem beantragten sie die Zusprechung
einer Parteientschädigung.
Das kantonale Steueramt schloss am 27. Mai 2011 auf Abweisung der
Rechtsmittel. Am 1. Juli 2011 reichten die Pflichtigen eine Replik ein.
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1 DB.2011.90 1 ST.2011.134 | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. a) Gehören zu den Einkünften Kapitalabfindungen für wiederkehrende Leis-
tungen, so wird die Einkommenssteuer unter Berücksichtigung der übrigen Einkünfte
und der zulässigen Abzüge zu dem Steuersatz berechnet, der sich ergäbe, wenn an-
stelle der einmaligen Leistung eine entsprechende jährliche Leistung ausgerichtet wor-
den wäre (Art. 37 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom 14. De-
zember 1990, DBG; im Wesentlichen gleich: § 36 des Steuergesetzes vom 8. Juni
1997, StG).
Art. 37 DBG bzw. § 36 StG sollen verhindern, dass der Steuerpflichtige, der
für wiederkehrende und somit periodisch zu besteuernde Leistungen mit einer einmali-
gen Kapitalzahlung abgefunden wird, deswegen sein gesamtes Einkommen mit einem
seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nicht entsprechenden überhöhten Steuersatz
zu versteuern hätte. Da die Einkommenssteuertarife mit ihrer progressiven Ausgestal-
tung auf regelmässig zufliessende Einkünfte zugeschnitten sind, würde eine uneinge-
schränkte Besteuerung der Kapitalabfindungen für wiederkehrende Leistungen zu ei-
ner Verzerrung und damit zu einer Verletzung des Grundsatzes der Besteuerung nach
der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit führen.
b) Kapitalabfindungen sind einmalige Vermögenszugänge, die dazu bestimmt
sind, einen Anspruch auf wiederkehrende Leistungen zu tilgen (StE 2000 B 29.2 Nr. 6
= ZStP 2000, 114; RB 1998 Nr. 138 = StE 1998 B 29.2 Nr. 5 = ZStP 1998, 235; ZStP
1996, 216; StE 1994 B 29.2 Nr. 2; RB 1985 Nr. 40 = StE 1986 B 26.13 Nr. 7). Die ab-
gegoltenen Ansprüche müssen sich auf mehr als eine Steuerperiode erstrecken, damit
sie als wiederkehrend bezeichnet werden können. Mit Kapitalabfindungen können so-
wohl zukünftige wiederkehrende Leistungen (Vorauszahlungen von künftig entgehen-
den Löhnen, Einmalzahlungen für Baurechtszinsen oder Kiesausbeutung, Rentenaus-
käufe, Vorauszahlungen von Mehrjahresmieten etc.) oder auch vergangene Leistungen
abgegolten werden (BGr, 5. Oktober 2000, Pra 2001 Nr. 28 = ASA 70, 210 = StE 2001
B 29.2 Nr. 7 = StR 2001, 23). Bei einmaligen Vermögenszugängen, mit denen keine
wiederkehrenden Leistungen abgegolten werden, handelt es sich (neutral) um Kapital-
zahlungen. So werden z.B. mit Dienstaltersgeschenken keine wiederkehrenden Leis-
tungen (Arbeitsleistungen) vergütet, sondern die Treue des Arbeitnehmers belohnt
(StE 2004 A 23.1 Nr. 8).
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1 DB.2011.90 1 ST.2011.134
c) Einmalleistungen, mit denen aufgelaufene Teilleistungen abgegolten wer-
den, sind aber nur dann als Kapitalabfindungen einzustufen, wenn – dem Wesen der
betreffenden Leistungen entsprechend – ordentlicherweise eine periodische Ausrich-
tung vorgesehen gewesen wäre, und dies ohne Zutun des berechtigten Steuerpflichti-
gen unterblieben ist. Diesen Grundsatz hat das Bundesgericht im erwähnten Entscheid
vom 5. Oktober 2000 in Bezug auf die direkte Bundessteuer klar festgehalten. Dem-
nach kann das etwa der Fall sein bei Rentenleistungen im Bereich der Sozialversiche-
rungen, bei unbezahlt gebliebenen Unterhaltsbeiträgen (Art. 125 ZGB) oder bei Lohn-
nachzahlungen, die sich auf Art. 8 Abs. 3 der Bundesverfassung vom 18. April 1999
(BV) stützen. Sind derart geschuldete Teilleistungen vorenthalten worden, so dass sie
gar nicht periodengerecht versteuert werden konnten, wäre es unbillig, die nachträgli-
che Kapitalabfindung zusammen mit dem übrigen Einkommen zum vollen Satz zu be-
steuern und den berechtigten Empfänger dadurch steuerrechtlich zu bestrafen. Dem-
gegenüber wäre eine Steuersatzermässigung dort nicht gerechtfertigt und auch nicht
sachgerecht, wo die Ausrichtung einer Kapitalabfindung anstelle periodischer Teilleis-
tungen und der Auszahlungszeitpunkt von der Wahl der Beteiligten abhängen. Deshalb
ist eine Anwendung von Art. 37 DBG beispielsweise ausgeschlossen bei der Realisie-
rung stiller Reserven, bei Entschädigungen für hingegebenes Kapital, bei Abgangsent-
schädigungen (vgl. hierzu Art. 17 Abs. 2 DBG) oder auch bei auf Vereinbarung beru-
henden Lohnzahlungen in einem langfristigen Arbeitsverhältnis (vgl. etwa ASA 48, 72
ff.). Es besteht keine Veranlassung, diese vom Bundesgericht im Bereich der direkten
Bundessteuer entwickelten Grundsätze nicht auch in Bezug auf die Staats- und Ge-
meindesteuern anzuwenden.
Nicht ausreichend ist demnach der Umstand, dass in einem Arbeitsverhältnis
Boni erst nach einer mehrjährigen Erwerbsphase kumuliert zur Auszahlung gelangen
und der Arbeitnehmer auf den Zeitpunkt der Auszahlung keinen Einfluss hat. Entspricht
diese Vorgehen der zugrunde liegenden Regelung des Arbeitgebers, ist keine Benach-
teiligung ersichtlich. Das Steuerrekursgericht tritt deshalb der gegenteiligen Auffassung
des Steuergerichts des Kantons Basel-Landschaft in dessen Entscheid vom 1. No-
vember 2002 nicht bei (BStPra 6/2003 S. 404).
2. a) Gemäss den vorliegenden Akten beruhte die Bonusauszahlung auf dem
Reglement über den Long Term Incentive Plan vom 26. November 2003 für die Ge-
schäftsleitungsmitglieder von E (Reglement 2003) sowie ab 1. Januar 2008 auf dem
- 5 -
1 DB.2011.90 1 ST.2011.134
Reglement vom 7. Dezember 2007 über den Long Term Incentive Plan für Gruppenlei-
tungsmitglieder der C (Reglement 2008). Nach den im Wesentlichen gleich lautenden
Regelungen richtet sich der Gesamtbetrag des Bonus nach der jährlichen Erreichung
des budgetierten Resultats über eine Leistungsperiode von drei Jahren (Reglement
Ziff. 2.1). Der Entschädigungsausschuss bestimmt jeweils bei Vorliegen des geprüften
Jahresabschlusses des letzten Jahres der dreijährigen Leistungsperiode den ab-
schliessenden Wert des D Bonus auf der Basis von im Reglement skizzierten Berech-
nungsmethoden. Nach der ab 2008 neu geltenden Regelung erfolgt die Ausschüttung
des zugeteilten D Bonus jährlich zu einem Drittel des Gesamtbetrags, jeweils bei Vor-
liegen des geprüften Jahresabschlusses. Die restlichen 2/3 des Gesamtbetrags wer-
den nach Ablauf des dritten Geschäftsjahrs einer Leistungsperiode fällig. Nach der
früheren Regelung war die Auszahlung "jährlich" vorgesehen, "nach Vorliegen des ge-
prüften Jahresabschlusses des dritten Geschäftsjahres einer Leistungsperiode", was
als widersprüchlich und unklar erscheint. Die Ausschüttung des Long Term Incentive -
Bonus erfolgte gemäss beiden Reglementen unter der Bedingung, dass der Planteil-
nehmer am Tag der Auszahlung in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis mit der C
steht (je Ziff. 2.4).
Der Pflichtige erhielt in der dreijährigen Leistungsperiode 2006 – 2008 folgen-
de Auszahlungen:
2006 2007 2008 total
Fr. Fr. Fr. Fr.
Long Term Anspruch 300'000.- 300'000.- 210'000.- 810'000.-
Auszahlung 2007 - 100'000.- - 100'000.-
Auszahlung 2008 - 100'000.- - 100'000.-
Total Auszahlungsbetrag 2009 200'000.- 200'000.- 210'000.- 610'000.-.
b) Vorweg ergibt sich, dass der Auszahlungsmodus 2006 und 2007 den Vor-
gaben von Ziff. 2.3 des Reglements 2003 nicht entsprach, da nach dieser der gesamte
Bonus zwar jährlich, aber doch erst nach Vorliegen des Jahresabschlusses des dritten
Jahres hätte zur Auszahlung gelangen sollen. Offenkundig wurden aber – entweder im
Sinn von Akonto-Zahlungen oder in Voranwendung der neuen Regelung gemäss Reg-
lement 2008 – auch für Perioden vor 2008 jährliche Teilleistungen ausbezahlt. Dies
vermag indessen am Ergebnis nichts zu ändern:
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1 DB.2011.90 1 ST.2011.134
Demnach erfolgte nämlich die Auszahlung des kumulierten (Rest-)Bonus im
Jahr 2009 in jedem Fall planmässig entsprechend den Vorgaben der Reglemente, d.h.
nach Vorliegen des Abschlusses des dritten Geschäftsjahres (Reglement 2003,
Ziff. 2.4) bzw. nach Ablauf des dritten Geschäftsjahres (Reglement 2008, Ziff. 2.4).
Mithin kann keine Rede davon sein, dass es sich um eine Kapitalleistung handelte,
welche anstelle eigentlich vorgesehener periodischen Teilleistungen ausbezahlt wurde.
Der Pflichtige erleidet demnach auch keinen Nachteil, indem er statt auf jährlichen
Leistungen nun aufgrund der Kumulation zu einer höheren Progressionsstufe veranlagt
wird, da eine solche periodische Aufteilung des Auszahlungsbetrags 2009 eben gerade
gar nie vorgesehen war. Damit geht aber auch der Einwand fehl, dass die Pflichtigen
keine Möglichkeit hatten, die Teilleistungen periodengerecht zu versteuern, da Art. 37
DBG bzw. § 36 StG keinen allgemeinen Ausgleich von aus irgendwelchen Gründen
hervorgerufenen starken Schwankungen beim Einkommenszufluss bezwecken. Nach
der zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung sind somit die Voraussetzungen für
die Anwendung von Art. 37 DBG bzw. § 36 StG nicht erfüllt.
Anzufügen ist zudem, dass zu Recht unbestritten ist, dass die gesamte Leis-
tung in der Steuerperiode 2009 zu versteuern ist. Grundsätzlich sind nur unbedingte
Leistungsansprüche als realisiertes Einkommen zu betrachten (Richner/Frei/Kauf-
mann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009, Art. 210 N 29 f. DBG und
Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 2. A., 2006, § 50 N 26 StG).
Bei aufschiebend bedingten Rechtsgeschäften erfolgt der Einkommenszufluss erst in
dem Zeitpunkt, in welchem der Schwebezustand wegfällt und feststeht, dass der Emp-
fänger das fragliche Einkommen ohne weitere Gegenleistung behalten kann. Im vorlie-
genden Fall standen die Ansprüche auf den Rest des jeweiligen jährlichen Bonus unter
der Bedingung, dass das Arbeitsverhältnis am Tag der Auszahlung nach Ablauf der
dreijährigen Leistungsperiode nicht gekündigt ist (Ziff. 2.4 Reglement). Diese Bedin-
gung ist erst 2009 eingetreten, weshalb die Gesamtsumme der aufgeschobenen Bo-
nuszahlungen auch in dieser Steuerperiode zugeflossen ist.
3. Gestützt auf diese Erwägungen sind Beschwerde und Rekurs abzuweisen.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten den Pflichtigen aufzuerlegen (Art.
144 Abs. 1 DBG; § 152 Abs. 1 StG) und ist keine Parteientschädigung zuzusprechen
(Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Verwaltungs-
- 7 -
1 DB.2011.90 1 ST.2011.134
verfahren vom 20. Dezember 1968 sowie § 152 StG i.V.m § 17 Abs. 2 des Verwal-
tungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997). | Public | Tax | de | 2,011 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
cb26c3f2-61ba-478d-b7c4-339456769294 | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend die Pflichtige) zog am 23. Februar 2012 unter Aufrechter-
haltung ihres Anstellungsverhältnisses mit der B UK Ltd. von London her kommend
nach Zürich zu. Am 21. August 2012 unterzeichnete die Pflichtige einen Anstellungs-
vertrag mit der B Switzerland GmbH als Softwareentwicklerin per 1. Oktober 2012.
Zwischen dem Zuzug am 23. Februar 2012 und dem Arbeitsantritt bei B Switzerland
GmbH am 1. Oktober 2012 war die Pflichtige nicht mehr im Arbeitsprozess bei B UK
Ltd. in London eingebunden, sondern verbrachte einen Teil ihres regulärem Urlaubs
(bis 2. März 2012) sowie anschliessend den von B UK Ltd. gewährten Mutterschaftsur-
laub (bis 28. September 2012) in der Schweiz. Auf Basis ihres Anstellungsverhältnis-
ses mit der B UK Ltd. wurden der Pflichtigen ab Zuzugsdatum in der Schweiz bis Ende
September 2012 verschiedene Leistungen ausbezahlt, darunter die staatliche britische
Mutterschaftsentschädigung (Statutory Maternity Pay, nachfolgend SMP) im Umfang
von umgerechnet Fr. 16'029.- sowie die mit B UK Ltd. arbeitsvertraglich zusätzlich ver-
einbarte Lohnfortzahlung bei Mutterschaft (Maternity Top Up, nachfolgend Basissalär)
im Umfang von umgerechnet Fr. 42'311.-. Zusätzlich flossen ihr in der Periode ab Zu-
zug bis Arbeitsantritt in der Schweiz aufgrund der Erreichung des Vestingdatums mo-
natlich verschiedene Erträge aus Mitarbeiterbeteiligungen (Restricted Stock Units) im
Umfang von nach Abzug der britischen Sozialversicherungsbeiträge netto umgerech-
net Fr. 26'496.- zu. Ab 1. Oktober 2012 erhielt sie nebst der ordentlichen Gehaltshaupt-
und -nebenleistungen von der B Switzerland GmbH auch weitere Mitarbeiterbeteili-
gungserträge von umgerechnet Fr. 9'139.-.
B. Im Rahmen der ergänzenden Einschätzung/Veranlagung zur Quellensteuer
schätzte der Steuerkommissär die Pflichtige am 2. Oktober 2014 für die Staats- und
Gemeindesteuern 23. Februar bis 31. Dezember 2012 mit einem steuerbaren bzw.
satzbestimmenden Einkommen von Fr. 61'200.- bzw. Fr. 240'100.- und einem steuer-
baren/satzbestimmenden Vermögen von Fr. 253'000.- ein. Im Hinweis direkte Bundes-
steuer für dieselbe Periode war ein satzbestimmendes bzw. steuerbares Einkommen
von Fr. 61'500.- bzw. Fr. 241'000.- vorgesehen.
- 3 -
1 DB.2015.72 1 ST.2015.94
Die hiergegen erhobene Einsprache vom 31. Oktober 2014, in welcher die
Pflichtige u.a. die Zuweisung der Besteuerung der staatlichen britischen Mutterschafts-
entschädigung an Grossbritannien bei bloss satzbestimmender Berücksichtigung in der
Schweiz, die Qualifikation der Zuflüsse aus Mitarbeiterbeteiligungen als unregelmässig
sowie eine abweichende Bestimmung des satzbestimmenden Einkommens als Folge
der vertraglichen Lohnfortzahlung beantragen liess, hiess das kantonale Steueramt mit
Einspracheentscheiden vom 10. März 2015 teilweise gut. Für die Staats- und Gemein-
desteuern 23. Februar bis 31. Dezember 2012 schätze es die Pflichtige nunmehr mit
einem steuerbaren bzw. satzbestimmenden Einkommen von Fr. 60'800.- bzw.
Fr. 176'400.- ein. Bei der direkten Bundessteuer für dieselbe Periode wurde ein steu-
erbares bzw. satzbestimmendes Einkommen von Fr. 61'100.- bzw. Fr. 177'300.- fest-
gesetzt. Zu diesem Ergebnis gelangte das kantonale Steueramt u.a. dadurch, dass es
die Fortzahlung des Basissalärs sowie die Auszahlung der SMP ab dem Zeitpunkt der
Wohnsitznahme in der Schweiz am 23. Februar 2012 der Besteuerung in der Schweiz
bzw. im Kanton Zürich (bei Umrechnung auf ein volles Jahresbetreffnis für die Satzbe-
stimmung) zuwies. Die ab 23. Februar 2012 zugeflossenen Erträge aus Mitarbeiterbe-
teiligungen wies es unter Anwendung des Zuzugsdatums als Stichtag nach Massgabe
der vor und nach dem Stichtag laufenden Perioden zwischen Zuteilung und Vesting
proportional der Besteuerung in der Schweiz bzw. im Kanton Zürich zu. Dabei hielt es
an der Qualifikation der Mitarbeiterbeteiligungserträge als regelmässiges Einkommen
und der damit einher gehenden Umrechnung der der Schweiz bzw. dem Kanton Zürich
zugewiesenen Mitarbeiterbeteiligungserträge auf ein volles Jahresbetreffnis zur Satz-
bestimmung fest.
C. Mit Rekurs/Beschwerde vom 9. April 2015 liess die Pflichtige für die Staats-
und Gemeindesteuern 23. Februar bis 31. Dezember 2012 ein steuerbares bzw. satz-
bestimmendes Einkommen von Fr. 2'300.- bzw. Fr. 176'400.- sowie für die direkte
Bundessteuer derselben Periode ein steuerbares bzw. satzbestimmendes Einkommen
von Fr. 2'400.- bzw. Fr. 177'300.- beantragen. Zu diesen Steuerfaktoren gelangte die
Pflichtige, indem sie die Freistellung des Basissalärs, der SMP sowie der Einkünfte aus
Mitarbeiterbeteiligungen zwischen dem 23. Februar und 30. September 2012 von der
schweizerischen Besteuerung unter Progressionsvorbehalt beantragte. Zur Begrün-
dung wies die Pflichtige einleitend darauf hin, dass sie im Moment des Zuzugs in die
Schweiz beabsichtigt habe, ihre Arbeit ab dem 1. Oktober 2012 wieder bei der B UK
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Ltd. in Grossbritannien aufzunehmen. Erst im Lauf des Mutterschaftsurlaubs habe sie
sich entschieden, eine lokale Anstellung bei der B Switzerland GmbH anzustreben.
Unter Verweis auf Vorschläge der OECD zur Problematik der Lohnfortzahlungen aus
dem Jahr 2013, wonach das Besteuerungsrecht demjenigen Staat zuzuweisen sei, in
welchem die Arbeit gewöhnlicherweise und weiterhin ausgeübt worden wäre, schloss
die Pflichtige auf eine Zuweisung des streitbetroffenen Basissalärs nach Grossbritan-
nien. Dies decke sich mit einem der Vertreterin bekannten Fall, in welchem die Lohn-
fortzahlung während der Freistellung in der Schweiz quellenbesteuert worden sei, ob-
wohl der Mitarbeiter während der Kündigungsfrist nach Dänemark zurückgekehrt sei.
Die Pflichtige habe einzig durch ihre Erwerbstätigkeit in Grossbritannien das Recht auf
SMP, welche der britischen Quellensteuer unterliege, beanspruchen können. In der
Schweiz unterlägen auch Ersatzeinkünfte von Arbeitnehmern ohne steuerrechtlichen
Wohnsitz oder Aufenthalt der Quellenbesteuerung. Einzelne Kantone gingen auch bei
bestehenden Doppelbesteuerungsabkommen vom schweizerischen Besteuerungs-
recht aus, weshalb im umgekehrten Fall des Ersatzeinkommenszuflusses aus dem
Ausland dieses auch dem Ausland, vorliegend Grossbritannien, als gewöhnlichem Ar-
beitsort zuzuweisen sei. Bei der Zuweisung der Mitarbeiterbeteiligungserträge sei die
Verdienstperiode in Grossbritannien entsprechend der Begründung zum Basissalär bis
zum 30. September 2012 zu erweitern, weshalb sämtliche Erträge mit einem Vesting
vor diesem Stichtag der Besteuerung durch Grossbritannien zuzuweisen sei.
Mit Rekurs- und Beschwerdeantwort vom 7. Mai 2015 beantragte das kanto-
nale Steueramt Abweisung der Rechtsmittel unter Kostenfolge zulasten der Rekurren-
tin/Beschwerdeführerin. Mit der Wohnsitzname unterstehe die Pflichtige nach uniltera-
lem Recht der unbeschränkten hiesigen Steuerpflicht, weshalb sämtliche Einkünfte
nach dem Zuzugsdatum in der Schweiz bzw. im Kanton Zürich steuerbar seien. Das
einschlägige Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Schweiz und Grossbritan-
nien schränke dieses Besteuerungsrecht nicht ein, da für Einkünfte aus unselbststän-
diger Erwerbstätigkeit nur dann zugunsten des Arbeitsortsprinzips vom Wohnortprinzip
abgewichen werde, wenn der Arbeitsnehmer sich tatsächlich physisch am Arbeitsort
aufgehalten habe. Dies sei vorliegend nicht der Fall gewesen. Die proportionale Zuwei-
sung der Mitarbeiterbeteiligungserträge in Anwendung des Stichtags 23. Februar 2012
erweise sich daher als korrekt. Die Pflichtige liess sich hierzu nicht mehr vernehmen.
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1 DB.2015.72 1 ST.2015.94 | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. a) Nach unilateralem schweizerischen bzw. zürcherischem Steuerrecht wird
eine natürliche Person aufgrund persönlicher Zugehörigkeit steuerpflichtig, wenn sie
ihren steuerrechtlichen Wohnsitz oder Aufenthalt in der Schweiz (Art. 3 Abs. 1 des
Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990, DBG) bzw.
im Kanton Zürich (§ 3 Abs. 1 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997, StG) hat. Einen
steuerrechtlichen Wohnsitz in der Schweiz bzw. im Kanton Zürich hat eine Person,
wenn sie sich hier mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält oder wenn ihr das
Bundesrecht hier einen besonderen gesetzlichen Wohnsitz zuweist (Art. 3 Abs. 2 DBG
bzw. § 3 Abs. 2 StG). Einen steuerrechtlichen Aufenthalt in der Schweiz bzw. im Kan-
ton hat eine Person schliesslich, wenn sie sich hier, ungeachtet vorübergehender Un-
terbrechungen, bei Ausübung einer Erwerbstätigkeit während mindestens 30 Tagen,
ohne Ausübung einer Erwerbstätigkeit während mindestens 90 Tagen aufhält (Art. 3
Abs. 3 DBG bzw. § 3 Abs. 3 StG).
b) Die Pflichtige ist am 23. Februar 2012 von Grossbritannien her kommend in
die Schweiz bzw. in den Kanton Zürich zugezogen und hat sich pflichtgemäss bei der
zürcherischen Einwohnerkontrolle angemeldet. In Anbetracht des Umstands, dass sie
in Erwartung ihres ersten Kindes zusammen mit dem bereits seit 2008 für die B Swit-
zerland GmbH in Zürich tätigen Kindsvater C einen gemeinsamen Haushalt und mit der
Geburt des gemeinsamen Sohnes D am 27. März 2012 eine Familie gründet hat, ist zu
schliessen, dass sich der Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen seit dem Zuzugsdatum in
der Schweiz bzw. in Zürich befindet, sie sich daher mit der Absicht dauernden Verblei-
bens in der Schweiz aufhält und damit über einen steuerrechtlichen Wohnsitz in der
Schweiz verfügt. Nichts zu ändern vermögen dabei ihre Vorbringen, sie hätte ursprüng-
lich lediglich den Mutterschaftsurlaub in der Schweiz verbringen und nach diesem wie-
der mit einem Teilzeitpensum für die B UK Ltd. arbeiten wollen. Die Realisierung die-
ses Vorhabens hätte wohl in erster Linie zur Aufrechterhaltung des Tätigkeitsorts in
Grossbritannien auch nach dem 30. September 2012 (Ende Mutterschaftsurlaub) ge-
führt. Ob damit indes auch eine Rückverschiebung des Wohnsitzes einher gegangen
wäre, lässt die Pflichtige im Dunkeln, da sie weder über ihre (allenfalls aufrechterhalte-
ne oder ursprünglich geplante) Wohnsituation in Grossbritannien noch über allfällige
familiäre Pläne zu einer Wohnsitz(rück)verlegung Auskunft gegeben hat.
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2. a) Bei persönlicher Zugehörigkeit, d.h. bei Bestand eines steuerrechtlichen
Sitzes/Wohnsitzes in der Schweiz bzw. im Kanton Zürich, ist die Steuerpflicht gemäss
unilateralem Recht (Art. 6 Abs. 1 DBG bzw. § 5 Abs. 1 StG) unbeschränkt; sie erstreckt
sich aber nicht auf Geschäftsbetriebe, Betriebsstätten und Grundstücke im Ausland. Zu
den steuerbaren Einkünften einer natürlichen Person gehören diesfalls gemäss Art. 17
Abs. 1 DBG bzw. § 17 Abs. 1 StG auch sämtliche Einkünfte aus unselbstständiger Er-
werbstätigkeit. Erfasst werden alle Einkünfte aus privatrechtlichem oder öffentlichrecht-
lichem Arbeitsverhältnis mit Einschluss der Nebeneinkünfte, wie Entschädigungen für
Sonderleistungen, Provisionen und Zulagen, Dienstalters- und Jubiläumsgeschenke,
Gratifikationen, Trinkgelder, Tantiemen und andere geldwerte Vorteile (inkl. geldwerte
Vorteile aus Mitarbeiterbeteiligungen). Ausländische Arbeitnehmer, welche zwar in der
Schweiz bzw. im Kanton Zürich über einen steuerrechtlichen Wohnsitz bzw. Aufenthalt,
indes über keine fremdenpolizeiliche Niederlassungsbewilligung verfügen, werden ge-
mäss Art. 83 Abs. 1 DBG bzw. § 87 Abs.1 StG für ihr Einkommen aus unselbstständi-
ger Erwerbstätigkeit einem Steuerabzug an der Quelle unterworfen. Vorbehalten bleibt
gemäss Art. 90 Abs. 1 DBG bzw. § 93 Abs. 1 StG die sogenannte ergänzende ordent-
liche Veranlagung bzw. Einschätzung für Einkommensbestandteile, welche dem Abzug
an der Quelle nicht unterworfen sind. Darunter fallen insbesondere auch aus dem Aus-
land bezahlte Lohnbestandteile (vgl. Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar
zum DBG, 2. A., 2009, Art. 90 N 5 DBG, und Kommentar zum Zürcher Steuergesetz,
3. A., 2013, § 93 N 6 StG). Im Bereich der Staats- und Gemeindesteuern wird zudem
auch das Vermögen im ergänzenden ordentlichen Verfahren eingeschätzt. Soweit die
Steuerpflicht in der Schweiz bzw. im Kanton Zürich im Zuzugsjahr kein volles Kalender-
jahr umfasst, sind die für die Satzbestimmung massgebenden Einkünfte schliesslich
nach Art. 209 Abs. 3 DBG bzw. § 49 Abs. 3 StG zu bestimmen. Die Steuer wird nur auf
die im Zeitraum der Steuerpflicht erzielten Einkünfte erhoben, wobei sich der Steuer-
satz für regelmässig fliessende Einkünfte nach dem auf zwölf Monate berechneten
Einkommen bestimmt; nicht regelmässig fliessende Einkünfte unterliegen der vollen
Jahressteuer, werden aber für die Satzbestimmung nicht in ein Jahreseinkommen um-
gerechnet.
b) Soweit das kantonale Steueramt im Rahmen der ergänzenden Veranlagung
bzw. Einschätzung das ab 23. Februar bis 30. September 2012 der Pflichtigen zuge-
flossene Basissalär sowie die SMP vollumfänglich der Besteuerung in der Schweiz
zugewiesen und aufgrund der Qualifikation als regelmässig fliessend zur Satzbestim-
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mung auf ein volles Jahresbetreffnis umgerechnet hat, entspricht dieses Vorgehen den
innerstaatlichen gesetzlichen Vorgaben der Schweiz bzw. des Kantons Zürich. Nicht zu
beanstanden ist nach unilateralem Recht zudem das grundsätzliche Besteuerungs-
recht für ab dem 23. Februar 2012 durch Vesting von der Pflichtigen zugeteilten Mitar-
beiterbeteiligungen in Form von Restricted Stock Units, handelt es sich hierbei doch bis
zum Vestingdatum um reine Anwartschaften auf den terminlich im Voraus festgelegten
Erwerb von Mitarbeiteraktien (vgl. hierzu auch Richner/Frei/ Kaufmann/Meuter, § 17a
N 7 StG). Ob eine pro rata Besteuerung beim Import von Restricted Stock Units nach
Massgabe der im Aus- und Inland zu lokalisierenden zeitlichen Verdienstanteile zwi-
schen Gewährung und Vesting bereits im Jahr 2012, d.h. vor Inkrafttreten der hierfür
einschlägigen gesetzlichen Grundlagen (Art. 17d DBG bzw. § 17d StG) per 1. Janu-
ar 2013, grundsätzlich bereits aufgrund des internen Rechts geboten war, kann mit
dem Verwaltungsgericht (VGr, 15. Februar 2012, SB.2011.00013, www.vgr.zh.ch,
E. 6.1) offen gelassen werden, wird doch dieser Besteuerungsmodus von den Parteien
im Grundsatz nicht infrage gestellt. Zu bestätigen ist nach internem Recht schliesslich
die Qualifikation des letztlich in der Schweiz bzw. im Kanton Zürich zu besteuernden
pro rata Anteils der Erträge aus Mitarbeiterbeteiligungen als regelmässig fliessend für
die Zwecke der Ermittlung des satzbestimmenden Einkommens bei unterjähriger Steu-
erpflicht. Dies deshalb, weil in jedem Monat nach dem Zuzugsdatum zugunsten der
Pflichtigen mindestens eine – wenn auch unterschiedlich grosse – Tranche der Restric-
ted Stock Units gevestet worden ist.
3. Das unilaterale Besteuerungsrecht der Schweiz bzw. des Kantons Zürich
kann durch den Abschluss von Doppelbesteuerungsabkommen eingeschränkt werden.
Beim vorliegenden Sachverhalt, in welchem die Pflichtige ab dem Zuzugsdatum per
23. Februar 2012 in die Schweiz nach internem Recht einen Wohnsitz begründet, in-
des aus ihrem bis Ende September 2012 andauernden Anstellungsverhältnis mit der B
UK Ltd. verschiedene Leistungen ausbezahlt bekommen hat, ist das Abkommen zwi-
schen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Vereinigten Königreich von
Grossbritannien und Nordirland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Ge-
biet der Steuern vom Einkommen vom 8. Dezember 1977, in Kraft getreten am 7. Ok-
tober 1978, samt Zusatzprotokollen vom 5. März 1981, 17. Dezember 1993 und 26.
Juni 2007 (nachfolgend DBA-GB) anwendbar.
http://www.vgr.zh.ch/
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4. Gemäss Art. 4 Abs. 1 DBA-GB bedeutet der Ausdruck «eine in einem Ver-
tragsstaat ansässige Person» eine Person, die nach dem Recht dieses Staates dort
auf Grund ihres Wohnsitzes, ihres ständigen Aufenthalts, des Ortes ihrer Geschäftslei-
tung oder eines anderen ähnlichen Merkmals steuerpflichtig ist. Der Ausdruck umfasst
jedoch nicht eine Person, die in diesem Staat nur mit Einkünften aus Quellen in diesem
Staat steuerpflichtig ist.
Die Pflichtige hat nach schweizerischem Recht mit ihrem Zuzug per 23. Feb-
ruar 2012 in der Schweiz einen steuerrechtlichen Wohnsitz begründet und gilt daher
abkommensrechtlich als in der Schweiz ansässig. Für eine über den 22. Februar 2012
hinausgehende Ansässigkeit der Pflichtigen auch in Grossbritannien bestehen keine
Hinweise, zumal sie sich nach diesem Datum offenbar keinen einzigen Tag mehr dort
aufgehalten hat. Selbst wenn das britische Steuerrecht davon ausgehen würde, die
Pflichtige verfüge auch nach ihrer Abreise Richtung Schweiz noch über einen steuer-
rechtlichen Wohnsitz in Grossbritannien, wäre die abkommensrechtliche Ansässigkeit
in Anwendung der tie-breaker-rule von Art. 4 Abs. 2 lit. a DBA-GB dennoch der
Schweiz zuzuweisen, da die Pflichtige mangels Geltendmachung und Nachweises des
Gegenteils nur hier über eine ständige Wohnstätte verfügt.
5. Nachfolgend ist bezüglich der drei umstrittenen Zuflüsse zugunsten der
Pflichtigen (SMP/Basissalär/Mitarbeiterbeteiligung) jeweils separat zu ermitteln, von
welcher Abkommensbestimmung die Zuteilung des jeweiligen Zuflusses erfasst wird.
a) SMP
aa) Obwohl der OECD-Kommentar zum Musterabkommen (nachfolgend
K OECD-MA) es seit längerer Zeit nicht vollständig ausschliesst, dass Sozialversiche-
rungsleistungen wie ein Mutterschaftsentgelt unter die Zuteilungsnorm für Ruhegehäl-
ter gemäss Art. 18 des Musterabkommens (nachfolgend OECD-MA) mit einer Zutei-
lung an den Ansässigkeitsstaat zugewiesen werden können (K OECD-MA Art. 18
N 28), ist eine solche Zuweisung ohne ausdrückliche Vereinbarung im konkreten Dop-
pelbesteuerungsabkommen abzulehnen. Der Anwendungsbereich dieser Zuteilungs-
norm sollte nicht auf Leistungszuflüsse, welche nicht im Zusammenhang mit der gene-
rellen Beendigung der Erwerbstätigkeit stehen, ausgeweitet werden (vgl. hierzu auch
Züger/von Ah, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Internationales Steu-
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errecht, 2015, Art. 18 OECD-MA N 135 mit weiteren Hinweisen, sowie Michael Kem-
permannn, in: Flick/Wassermeyer/Kempermann, Doppelbesteuerungsabkommen
Deutschland-Schweiz, Art. 18 N 11 mit weiteren Hinweisen).
bb) Als Zuteilungsnormen für Geldleistungen aus Mutterschaftsversicherun-
gen infrage kommen hingegen sowohl Art. 15 OECD-MA (unselbstständige Erwerbstä-
tigkeit) als auch Art. 21 OECD-MA (übrige Einkünfte) bzw. die entsprechenden Zutei-
lungsnormen in den einschlägigen Doppelbesteuerungsabkommen. In Anbetracht des
international sehr unterschiedlich ausgestalteten Sozialversicherungszweigs der Mut-
terschafts- bzw. Elternschaftsversicherung (vgl. hierzu MISSOC Vergleichende Tabel-
len Datenbank, http://www.missoc.org/MISSOC/INFORMATION BASE/ COMPARA-
TIVETABLES/MISSOCDATABASE/comparativeTableSearch_de.jsp [nachfolgend MIS-
SOC] mit Länderauswahl aller EU- und EFTA-Staaten sowie Themenauswahl Mutter-
schaft/Vaterschaft) erweist sich eine Abgrenzung nach dem Adressat der Leistungsfor-
derung als sinnvoll. Sofern – wie in der Mehrzahl der europäischen Staaten – keine
Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitsgebers, sondern ein direkter Anspruch gegenüber
dem öffentlichen Sozialversicherungsträger besteht, erweist sich der Konnex zur un-
selbstständigen Erwerbstätigkeit trotz allfälliger Bezugnahme auf den bisherigen Lohn
als Bemessungsbasis für den Anspruch als nicht mehr hinreichend. Dies führt mangels
anderweitiger ausdrücklicher abkommensrechtlicher Vereinbarung zur Anwendbarkeit
der einschlägigen Zuteilungsnorm für übrige Einkünfte, welche das Besteuerungsrecht
des Ansässigkeitsstaats vorsieht. Soweit eine (privat- oder öffentlich-rechtliche) Lohn-
fortzahlungspflicht des Arbeitsgebers mit der allfälligen Möglichkeit der (teilweisen)
Refinanzierung des Arbeitgebers beim Sozialversicherungsträger vorgesehen ist,
rechtfertigt sich die Anwendung der Zuteilungsregeln für die Einkünfte aus unselbst-
ständiger Erwerbstätigkeit (vgl. hierzu auch Helbing/Häni, in: Kommentar zum Schwei-
zerischen Steuerrecht, Internationales Steuerrecht, Art. 21 OECD-MA N 45; Rainer
Prokisch, in: Vogel/Lehner, Kommentar DBA, 6. A., 2015, Art. 15 OECD-MA N 18; Da-
niel Rentzsch, Systeme sozialer Sicherheit und Steuerrecht in Europa – Kollision durch
Koordination?, in: Steuerrecht 2008, Best of zsis), 2008, 20).
cc) Bei der SMP nach britischem Recht handelt es sich um eine gesetzlich
vorgesehene Leistungspflicht des Arbeitsgebers, soweit die Arbeitnehmerin bestimmte
Voraussetzungen betreffend vorgängige Anstellungsdauer beim Arbeitgeber (mindes-
tens 26 Wochen bis zur 15. Woche vor der Woche der erwarteten Niederkunft) sowie
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Mindestlohnumfang (mindestens 111 britische Pfund pro Woche) erfüllt. Der Umfang
der Leistungspflicht, welche maximal 39 Wochen umfassen kann, beträgt in den ersten
sechs Wochen der Leistungsdauer 90% des bisherigen durchschnittlichen Lohns ohne
Deckelung. Nach diesem Zeitpunkt gilt eine Leistungsdeckelung von 138.18 britischen
Pfund pro Woche. Der Arbeitsgeber seinerseits ist berechtigt, die im Sinn einer gesetz-
lichen Lohnfortzahlung geleistete SMP je nach Betriebsgrösse im Umfang zwischen
92% und 103% von der zuständigen staatlichen Instanz zurückzuverlangen (vgl. zum
britischen System des Mutterschaftsschutzes MISSOC mit Länderauswahl Vereinigtes
Königreich und Themenauswahl Mutterschaft/Vaterschaft sowie https://www.
gov.uk/maternity-pay-leave/pay, https://www.gov.uk/employers-maternity-pay-leave/en-
titlement und https://www.gov.uk/recover-statutory-payments/reclaiming). Die Ausges-
taltung der SMP rechtfertigt es, diese Leistung nach den Regeln für Einkünfte aus un-
selbstständiger Erwerbstätigkeit gemäss Art. 15 DBA-GB dem Tätigkeits- bzw. dem
Ansässigkeitsstaat zur Besteuerung zuzuweisen.
b) Basissalär
Beim Basissalär handelt es sich um eine mit B UK Ltd. rein arbeitsvertraglich
vereinbarte Lohnfortzahlung während des Mutterschaftsurlaubs, welche die SMP ohne
entsprechende gesetzliche Verpflichtung ergänzt. Art. 15 DBA-GB ist für diese Lohn-
leistung für die Zuteilung der Besteuerungsbefugnis massgebend.
c) Mitarbeiterbeteiligungen (Restricted Stock Units)
Die Unterstellung unter Art. 15 DBA-GB ergibt sich bereits aus Ziff. 3 des Zu-
satzprotokolls.
d) Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Zuteilung des Besteuerungs-
rechts bezüglich aller drei zur Diskussion stehenden Leistungskomponenten der B UK
Ltd. einheitlich nach Art. 15 DBA-GB zu beurteilen ist.
6. a) Gemäss Art. 15 Abs. 1 DBA-GB können vorbehältlich der Artikel 16, 18
und 19 Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat
ansässige Person aus unselbstständiger Arbeit bezieht, nur in diesem Staat besteuert
werden, es sei denn, die Arbeit wird im anderen Vertragsstaat ausgeübt. Wird die Ar-
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beit dort ausgeübt, so können die dafür bezogenen Vergütungen im anderen Staat
besteuert werden.
Art. 15 Abs. 1 DBA-GB definiert gleichsam wie Art. 15 Abs. 1 OECD-MA den
Ort der Arbeitsausübung nicht. Der OECD-Kommentar hält in langjähriger Praxis ein-
führend zur Kommentierung von Art. 15 Abs. 1 OECD-MA fest, dass die unselbststän-
dige Arbeit dort ausgeübt werde, wo der Angestellte im Zeitpunkt, in welchem er die
Arbeit ausführt und für welche er die Vergütung bezieht, körperlich anwesend ist
(vgl. zuletzt K 2014 OECD-MA, Art. 15 N 1). Fehlt es an einer physischen Präsenz im
Tätigkeitsstaat, führt dies grundsätzlich zur alleinigen Besteuerungsbefugnis des An-
sässigkeitsstaats für diese Einkünfte.
b) Obwohl der Grundsatz der körperlichen Anwesenheit im Tätigkeitsstaat als
Zuteilungskriterium der als Ausnahme definierten Besteuerungsbefugnis des Tätig-
keitsstaats auf den ersten Blick als einfach und klar erscheint, hat diese Regelung in
der internationalen abkommensrechtlichen Lehre und Rechtsprechung immer wieder
dann zu Qualifikationskonflikten geführt, wenn der Arbeitnehmer bei Fortzahlung des
Lohns berechtigterweise keine Arbeitstätigkeit ausgeübt hat, so insbesondere im
Krankheitsfall oder vereinzelt auch bei Bezug eines Mutterschaftsurlaubs.
aa) Die niederländische Rechtsprechung (vgl. hierzu Frank Pötgens, Income
from International Private Employment, 2007, S. 423 ff., mit weiteren Hinweisen) erach-
tet in Abweichung vom Prinzip der physischen Präsenz am Arbeitsort den Ort, an wel-
chem eine Person sich während ihrer Inaktivität zufolge Krankheit aufhält, nicht als
einen Ort, an dem diese ihre Arbeit ausübt. Dies hat zur Folge, dass das Besteue-
rungsrecht dem hypothetischen Arbeitsort, also demjenigen Ort, an welchem der Ar-
beitnehmer die Arbeit ausführen würde, wenn er nicht erkrankt wäre, zuzuweisen ist.
Die Rechtsprechung in Deutschland erscheint als uneinheitlich. Der Bundesfi-
nanzhof vertritt in seinem Beschluss vom 17. Oktober 2003 (abrufbar unter
https://www.jurion.de/Urteile/BFH/2003-10-17/I-B-98_03) die Auffassung, dass Krank-
heitstage wie eine tatsächlich ausgeübte nichtselbstständige Arbeit zu behandeln sei-
en. Dies hat im Ergebnis zur Folge, dass es für die Zuteilung der Lohnbetreffnisse auf
die jeweilige anteilige Präsenz im Tätigkeits- und Ansässigkeitsstaat ankommt
(vgl. auch Pötgens, S. 425). Eine Anknüpfung an den hypothetischen Arbeitsort nimmt
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hingegen das Finanzgericht Köln in seinem Urteil vom 17. April 2007 (abrufbar unter
https://openjur.de/u/119944.html) vor. Gleichsam uneinheitlich sind die Stellungnah-
men der Lehre. Teilweise wird letztere Anknüpfung befürwortet (Prokisch, Art. 15
OECD-MA N 18), teilweise die vom Bundesfinanzhof vertretene Anknüpfung nach an-
teiliger Präsenz (Franz Wassermeyer, in: Wassermeyer/Lang/Schuch, Doppelbesteue-
rung, OECD-Musterabkommen/DAB Österreich-Deutschland, Kommentar, 2. A., 2010,
Art. 15 OECD-MA N 91 und 148). Ebenfalls wird mangels einer tatsächlichen Arbeitstä-
tigkeit die ausschliessliche Zuteilung an den Ansässigkeitsstaat vertreten (Wolfgang
Neyer, Lohnfortzahlung und Besteuerungsrecht beim internationale tätigen Arbeitneh-
mer, Recht der internationalen Wirtschaft [RIW], 2006, 216).
Die Rechtsprechung in weiteren Staaten (Belgien/Dänemark) bevorzugt die
Besteuerung im Ansässigkeitsstaat, wobei die Anknüpfung aufgrund von Art. 21
OECD-MA (übrige Einkünfte) erfolgt (vgl. Prokisch, Art. 15 OECD-MA N 18 und Pöt-
gens, S. 425 ff., jeweils mit Hinweisen).
bb) Abweichend von früheren Auflagen der Kommentierung zum OECD-
Musterabkommen hat sich schliesslich die OECD in der aktuellsten Fassung 2014 ver-
tieft mit den Zuteilungsregeln für Leistungen an unselbstständig Erwerbende bei der
Beendigung des Arbeitsverhältnisses auseinandergesetzt (K 2014 OECD-MA, Art. 15
N 2.3 - 2.16). Wohl nicht zuletzt aufgrund der vorstehend beispielhaft erörterten sehr
unterschiedlichen Auffassungen in den verschiedenen Staaten empfiehlt die OECD in
diesem Zusammenhang in einem einzigen Satz, die kurzfristige Ausrichtung von Ar-
beitsunfähigkeitsleistungen zufolge Unfalls oder Krankheit (Sick Days Payment sowie
Short-term Disability Payment) bei einem noch bestehenden Arbeitsverhältnis dem
Staat des hypothetischen Arbeitsorts zur Besteuerung zuzuweisen.
c) Soweit ein Begriff, hier der Begriff der Arbeitsausübung bzw. des Orts der
Arbeitsausübung, wie vorliegend nicht durch Legaldefinitionen (vgl. Art. 3 DBA-GB)
und spezielle Verweisungen im einschlägigen Doppelbesteuerungsabkommen selbst
geregelt wird, sind Doppelbesteuerungsabkommen nach völkerrechtlichen Regeln, d.h.
in Anwendung des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge vom
23. Mai 1969 (nachfolgend WVK) auszulegen. Art. 31 Abs. 1 WVK bestimmt, dass ein
Vertrag nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen, seinen
Bestimmungen in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung (textuelle Perspek-
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tive) und im Licht seines Zieles und Zweckes auszulegen ist. Nach Abs. 2 gehören zum
Zusammenhang nebst dem Vertragswortlaut inklusive Präambel und Anlagen jede sich
auf den Vertrag beziehende Übereinkunft, die zwischen allen Vertragsparteien anläss-
lich des Vertragsabschlusses getroffen wurde und jede Urkunde, die von einer oder
mehreren Vertragsparteien anlässlich des Vertragsabschlusses abgefasst und von den
anderen Vertragsparteien als eine sich auf den Vertrag beziehende Urkunde ange-
nommen wurde (kontextuelle Perspektive). Nach Abs. 3 sind sodann spätere Überein-
künfte über die Auslegung oder Anwendung der Bestimmungen eines Vertrags in glei-
cher Weise zu berücksichtigen (dynamische Perspektive). Gleiches gilt für jede spätere
Übung bei der Anwendung des Vertrags, aus der die Übereinstimmung der Vertrags-
parteien über seine Auslegung hervorgeht. Schliesslich sind alle in der Beziehung zwi-
schen den Vertragsparteien anwendbaren einschlägigen Völkerrechtssätze zu beach-
ten. Abs. 4 weist darauf hin, dass einem Ausdruck besondere Bedeutung beizulegen
ist, wenn feststeht, dass die Vertragsparteien dies beabsichtigt haben. Nach Art. 32
WVK sind ergänzende Auslegungsmittel, insbesondere die vorbereitenden Arbeiten
und die Umstände des Vertragsabschlusses heranzuziehen, um die sich unter Anwen-
dung des Artikels 31 WVK ergebende Bedeutung zu bestätigen oder die Bedeutung zu
bestimmen, wenn die Auslegung nach Artikel 31 WVK die Bedeutung mehrdeutig oder
dunkel lässt respektive zu einem offensichtlich sinnwidrigen oder unvernünftigen Er-
gebnis führt (historische Perspektive, vgl. zu sämtlichen Perspektiven: Matteot-
ti/Krenger, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Internationales Steuer-
recht, Einleitung N 122 f.).
aa) Ausgangspunkt der Auslegung bildet der Wortlaut in der Originalsprache
des Abkommens, da dieser die Absichten der Vertragsparteien reflektieren soll. Die
starke Gewichtung des Wortlauts gemäss WVK erfordert, dass zu einer Auslegung
entgegen dem Wortlaut eines Begriffs nur geschritten werden sollte, wenn die Wort-
lautkonforme Anwendung der Abkommensbestimmung auf den zu beurteilenden
Sachverhalt zu einem offensichtlich sinnwidrigen oder unvernünftigen Ergebnis führt,
das den Willen der Vertragsparteien kaum entsprechen dürfte (Matteotti/Krenger, Ein-
leitung N 127).
Art. 15 Abs. 1 Satz 2 des französischen Abkommenstexts DBA-GB weist die
Besteuerungsbefugnis abweichend vom Grundsatz der Besteuerung in Ansässigkeits-
staat dem Tätigkeitsstaat zu, sofern "l'emploi y est exercé". Der normale Wortgebrauch
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geht von einer tatsächlichen Ausübung der unselbstständigen Erwerbstätigkeit und
somit von einer physischen Präsenz im Tätigkeitsstaat als Zuteilungskriterium aus.
Bestärkt wird diese gewöhnliche Bedeutung des Ausdrucks im Sinn einer phy-
sischen Präsenz auch in abkommenssystematischer Hinsicht. In Abs. 2 desselben
Art. 15 DBA-GB, der sogenannten "Monteurklausel", welche als Ausnahme von der
Ausnahme unter gewissen Voraussetzungen das Besteuerungsrecht trotz Ausübung
der Arbeit im Tätigkeitsstaat wiederum dem Ansässigkeitsstaat überlässt, wird für den
Rückfall der Besteuerungsbefugnis auf den Ansässigkeitsstaat u.a. vorausgesetzt,
dass die Person, welche an sich im Tätigkeitsstaat ihre Arbeit ausübt, sich höchstens
für eine Maximaldauer von 183 Tagen im Tätigkeitsstaat aufhalten darf. Als Aufenthalt
im Tätigkeitsstaat ist nach normalem Wortgebrauch nur die physische Präsenz in dem-
selben zu verstehen. Im Zusammenspiel von Regel, Ausnahme sowie Ausnahme von
der Ausnahme erscheint es als geboten, die Ausübung der Arbeit bzw. den Aufenthalt
im Tätigkeitsstaat nach dem einheitlichen Kriterium der physischen Präsenz im Tätig-
keitsstaat zu definieren (vgl. zur Koordination auch Erich Bosshard, Ermittlung und
Nachweis der steuerrelevanten Arbeits- und Aufenthaltstage in der Schweiz, IFF Fo-
rum für Steuerrecht, 2009, 50 ff.). Mangels Bestands einschlägiger Verständigungsver-
einbarungen bestehen auch aus der dynamischen Perspektive keine Hinweise für eine
vom ordentlichen Wortgebrauch abweichende Begriffshandhabung durch die Vertrags-
parteien.
bb) Ist aufgrund des Wortlauts von Art. 15 Abs. 1 Satz 2 DBA-GB vom Erfor-
dernis der physischen Präsenz im Tätigkeitsstaat auszugehen, wäre eine Auslegung
entgegen dem Wortlaut, wie es die Pflichtige mit dem Genügen einer hypothetischen
Präsenz bzw. Tätigkeit im Tätigkeitsstaat vertritt, nur dann zulässig, wenn das Abstel-
len auf das Kriterium der physischen Präsenz zu offensichtlich sinnwidrigen oder un-
vernünftigen Ergebnis führen würde.
Davon kann indes keine Rede sein. Zwar ist – auch im Hinblick auf die oben
dargestellte Rechtsprechung in verschiedenen europäischen Ländern sowie im Hin-
blick auf die aktuellste OECD-Kommentierung zum Musterabkommen – nicht zu über-
sehen, dass sich im Zusammenhang mit Lohnfortzahlungskomponenten insbesondere
bei krankheitsbedingten Abwesenheiten (gleichsam wie bei den Lohnbetreffnissen
beim streitbetroffenen Mutterschaftsurlaub) aufgrund des organischen Zusammen-
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1 DB.2015.72 1 ST.2015.94
hangs mit der unselbstständigen Arbeitstätigkeit als Ursache dieser Lohnfortzahlung
auch eine engere Anknüpfung an den Tätigkeitsstaat im Sinn des Genügens eines nur
hypothetischen Tätigkeitsorts durchaus rechtfertigen lässt. Eine solche Anknüpfung
mag allenfalls sogar noch sachgerechter sein als das Abstellen auf das Kriterium der
physischen Präsenz. Sie führt allerdings nicht dazu, dass das Abstellen auf die physi-
sche Präsenz zu unhaltbaren Ergebnissen führen würde. Insbesondere ist letzteres
Zuteilungskriterium generell wesentlich einfacher zu handhaben als das Kriterium des
hypothetischen Arbeitsorts. Die Bestimmung des hypothetischen Arbeitsorts kann ge-
rade bei sehr mobilen, international tätigen Arbeitsnehmern mit grosser Reisetätigkeit
zu beträchtlichen Schwierigkeiten führen (vgl. Pötgens, S. 423).
Soweit sich diese neue Tendenz auf die aktuellste OECD-Kommentierung
stützt, kommt dieser nach der hier vertretenen Auffassung und herrschender Lehre
keine Bindungswirkung für die Auslegung älterer Doppelbesteuerungsabkommen zu
(vgl. hierzu auch Stefan Oesterhelt, Bedeutung des OECD-Kommentars für die Ausle-
gung von Doppelbesteuerungsabkommen, Archiv für Schweizerisches Abgaberecht,
Band 80, 2011/2012, 373 ff. sowie Matteotti/Krenger, Einleitung N 159 ff., ins. N 160).
Nichts abzuleiten vermag die Pflichtige im Zusammenhang mit der Auslegung
des internationalen Abkommenstexts schliesslich aus kantonalen Praxisanordnungen
im Bereich der Quellenbesteuerung von Erwerbsersatzleistungen wie das ins Recht
gelegte Merkblatt des Kantons Thurgau vom 1. Januar 2014 samt Anhang
(R-act. 3/10), handelt es sich hierbei doch um rein unilaterale Festlegungen und nicht
um eine mit dem Abkommenspartner abgesprochene Praxis.
cc) Da sich vorliegend die Auslegung abweichend vom üblichen Wortgebrauch
im Abkommenstexts verbietet, bedarf es für die von der Pflichtigen vertretene Einfüh-
rung des Zuteilungskriteriums des hypothetischen Arbeitsorts entweder einer entspre-
chenden Ergänzung des Abkommenstexts bzw. einfacher einer entsprechenden Ver-
ständigung zwischen den Vertragspartnern (vgl. Pötgens, S. 425 und 427 sowie
Danon/Gutmann/Oberson/Pistone, Modèle de Convention fiscale OCDE concernant le
revenue et la fortune, Commentaire, 2014, Art. 15 OECD-MA N 114. Solche liegen
(zurzeit) nicht vor.
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1 DB.2015.72 1 ST.2015.94
7. a) Verbleibt es bei der physischen Anwesenheit als abkommensrechtlich
massgebendes Zuteilungskriterium auch bei während eines Mutterschaftsurlaubs emp-
fangenen Leistungen, so erweist sich die Besteuerung der SMP und des Basissalärs
der Pflichtigen im Ansässigkeitsstaat Schweiz bzw. im Kanton Zürich auch als abkom-
mensrechtlich zulässig, hat doch die Pflichtige soweit ersichtlich ihren ganzen Mutter-
schaftsurlaub hier und zu keiner Zeit an ihrem bisherigen Arbeitsort Grossbritannien
verbracht.
b) Zwischen den Parteien ist auch in abkommensrechtlicher Hinsicht unbestrit-
ten, dass die Restricted Stock Units der Pflichtigen gleich wie Mitarbeiteroptionen als
reine Anwartschaften grundsätzlich erst im Zeitpunkt des Vestings zu besteuern sind.
Umstritten ist hingegen die Abgrenzung der in- und ausländischen Verdienstperioden
zwischen Zuteilung und Vestingdatum zwecks Ermittlung des im Tätigkeits- bzw. im
Ansässigkeitsstaat zu besteuernden Anteils des Einkommenszuflusses.
Bei Unterstellung solcher Erträge aus Restricted Stock Units analog zu den
Mitarbeiteroptionen unter Art. 15 DBA-GB gemäss Ziff. 3 des Protokolls zum DBA-GB
ist bei der Abgrenzung der in- und ausländischen Verdienstperioden aufgrund der vor-
stehenden Erwägungen ebenfalls auf die physische Präsenz in den beiden Vertrags-
staaten abzustellen. Soweit das kantonale Steueramt als Stichtag für die Abgrenzung
das Zuzugsdatum der Pflichtigen per 23. Februar 2012 als massgebend erachtet hat,
ist dies abkommensrechtlich nicht zu beanstanden.
8. Diese Erwägungen führen zur Abweisung der Rechtsmittel. Ausgangsge-
mäss sind die Kosten des Verfahrens der Pflichtigen aufzuerlegen (Art. 144 Abs. 1
DBG, § 151 Abs. 1 StG) und bleibt ihr die Zusprechung einer Parteientschädigung
– soweit eine solche im Bereich der direkten Bundessteuer als bei einer vertretenen
Partei als mit beantragt gilt – verwehrt (Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des
Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember 1968).
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1 DB.2015.72 1 ST.2015.94 | Public | Tax | de | 2,015 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
cc4b636e-7ebd-4434-a360-da3014d79ec5 | hat sich ergeben:
A. 1. A sel. veräusserte im März 2002 sechs an der .....strasse sowie zwei an
der ......strasse in der Gemeinde D gelegene Wiesengrundstücke, mit welchen je ein
Achtel unselbstständiges Miteigentum an der Parzelle Kat.Nr. ...., ...m 2 Wiese an der
.....strasse subjektiv dinglich verbunden war, sowie verschiedene Miteigentumsanteile
an den Grundstücken Kat.Nrn. (...m 2 Wiese an der .....strasse) bzw. (...m
2 Wiese an
der .....strasse) an verschiedene Erwerber.
2. Anlässlich der öffentlichen Beurkundung der jeweiligen Kaufverträge erhob
das zuständige Grundbuchamt im Rahmen der vorläufigen Einschätzung gemäss
§ 232 Abs. 1 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) auf Basis der jeweiligen
Kaufpreise für unüberbautes Bauland Handänderungssteuern im Gesamtbetrag von
Fr. 23'742.50. Hiervon entfiel der hälftige Anteil von Fr. 11'871.25 auf A sel. als Ve-
räusserer sämtlicher Parzellen. Dieser Betrag wurde durch das zuständige Grund-
buchamt bezogen.
3. Mit Schreiben vom 16. April 2002 teilte die Kommission für Grundsteuern
der Gemeinde D den Vertragsparteien der vorstehend genannten Landkäufe mit, dass
sie sich die (definitive) Einschätzung gemäss § 232 Abs. 3 StG vorbehalte.
4. Mit Entscheid vom 17. April 2012 beliess die Kommission für Grundsteuern
der Gemeinde D den durch A sel. bzw. durch seinen einzigen Erben C (nachfolgend:
der Pflichtige) zu tragenden hälftigen Anteil bei Fr. 11'871.25 entsprechend der vorläu-
figen Einschätzung des Grundbuchamts. Auf die Nacherhebung einer Handänderungs-
steuer auf die jeweiligen Werkpreise im Sinn der sogenannten Zusammenrechnungs-
praxis verzichtete die Kommission für Grundsteuern der Gemeinde D. Sie begründete
dies sinngemäss damit, dass eine solche Nacherhebung aufgrund der Einrede der (Ve-
ranlagungs-)Verjährung schwierig durchsetzbar sei. Die Rückleistung der durch das
Grundbuchamt bezogenen Handänderungssteuer von Fr. 11'871.25 verweigerte sie
unter Hinweis auf Art. 120 Abs. 3 OR.
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2 GR.2012.49
B. Die hiergegen erhobene Einsprache vom 15. Mai 2012, in welcher der
Pflichtige die Feststellung der fehlenden Rechtskraft der Handänderungssteuerein-
schätzung sowie die Rückerstattung des beim Grundbuchamt hinterlegten Betrags
samt Zins zufolge Eintritts der Veranlagungsverjährung gemäss § 215 StG beantragen
liess), wies die Kommission für Grundsteuern der Gemeinde D am 19. Juni 2012 ab.
C. Mit Rekurs vom 13. Juli 2012 liess der Pflichtige seine bisherigen Anträge
erneuern und zusätzlich die Festsetzung der Handänderungssteuern auf Fr. 0.- bean-
tragen. Ein Antrag auf Zusprechung einer Parteientschädigung fehlte. In seiner Be-
gründung wies der Pflichtige darauf hin, dass die Grundsteuerbehörde der Gemeinde
D in der Periode zwischen der Mitteilung des Einschätzungsvorbehalts vom 16. April
2002 und dem Einschätzungsentscheid vom 19. April 2012 betreffend Handände-
rungssteuern untätig geblieben sei, weshalb die Veranlagungsverjährung gemäss
§ 215 i.V.m. § 130 Abs. 1 StG längst eingetreten sei. Die Veranlagungsverjährung ste-
he dabei nicht nur der Einschätzung der Handänderungssteuer auf einem allfälligen
Werkpreisanteil, sondern der Einschätzung der Handänderungssteuer insgesamt ent-
gegen. Die Grundsteuerbehörde der Gemeinde D könne mangels rechtskräftiger Ein-
schätzung auch keine Verrechnung der verjährten Handänderungssteuerforderung mit
dem Rückforderungsanspruch des Pflichtigen erklären, da die Steuerforderung nie
fällig gewesen sei und sich die beiden Forderungen daher zu keinem Zeitpunkt verre-
chenbar gegenüber gestanden hätten. Selbst bei Fälligkeit der Handänderungssteuer-
forderung vor Eintritt der Verjährung schliesse die jüngere Lehre die Möglichkeit der
Verrechnung durch das Gemeinwesen aus. Zudem stünde auch Art. 125 Ziff. 1 OR der
Verrechnung durch das Gemeinwesen entgegen, da Verpflichtungen zur Rückgabe
oder zum Ersatz hinterlegter Sachen nicht wider den Willen des Gläubigers durch Ver-
rechnung getilgt werden könnten.
Die Kommission für Grundsteuern der Gemeinde D schloss in ihrer Rekurs-
antwort vom 23. August 2012 unter Verweis auf die Erwägungen des Einspracheent-
scheids auf Abweisung des Rechtsmittels.
Auf die Parteivorbringen wird – soweit rechtserheblich – in den nachfolgenden
Erwägungen eingegangen.
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2 GR.2012.49 | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. Vorliegend ist eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung zu beantworten.
Die Sache ist deshalb trotz des Streitwerts von weniger als Fr. 20'000.- vom Steuerre-
kursgericht in Dreierbesetzung zu entscheiden (§ 114 Abs. 3 StG).
2. Vorab ist festzustellen, dass dem Pflichtigen gegen die definitive Einschät-
zung der Handänderungssteuer bzw. letztlich gegen den diesbezüglichen Einsprache-
entscheid der zuständigen kommunalen Grundsteuerbehörde auch dann das uneinge-
schränkte Rekursrecht zusteht, wenn er gegen die vorläufige Einschätzung durch das
Grundbuchamt keine Einsprache erhoben hat (Richner/Frei/Kaufmann, Kommentar
zum harmonisiertem Zürcher Steuergesetz, 1999, § 232 N 12).
3. Zwischen den Parteien ist primär streitig, welche Wirkung der Eintritt der
Veranlagungsverjährung gemäss § 215 Abs. 1 StG im Verfahren der Einschätzung der
Handänderungssteuer zeitigt. Diese Rechtsfrage ist – nach der Prüfung des tatsächli-
chen Eintritts der Veranlagungsverjährung – an erster Stelle zu klären.
a) aa) Gemäss § 215 Abs. 1 Satz 1 StG verjährt das Recht, Grundsteuern zu
veranlagen, fünf Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem die Handänderung stattfand.
Die Gründe, welche bei der Veranlagungsverjährung zum Stillstand oder zur Unterbre-
chung der Verjährungsfristen führen, sind kraft Verweises in § 215 Abs. 2 StG in § 130
Abs. 2 und 3 StG geregelt.
bb) § 130 Abs. 3 lit. a StG sieht vor, dass die Veranlagungsverjährung durch
jede auf Feststellung oder Geltendmachung der Steuerforderung gerichtete Amtshand-
lung, die einem Steuerpflichtigen zur Kenntnis gebracht wird, unterbrochen wird und
damit neu zu laufen beginnt.
cc) In den Akten finden sich keine Hinweise, dass die Kommission für Grund-
steuern der Gemeinde D nach den Mitteilungen des Einschätzungsvorbehalts vom
16. April 2002 bis zum Einschätzungsentscheid vom 19. April 2012 Amtshandlungen,
welche spezifisch auf die Feststellung oder Geltendmachung der Handänderungssteu-
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2 GR.2012.49
erforderung gerichtet gewesen wären, vorgenommen hat. Die Frage, ob in der vorlie-
genden Konstellation, in welcher bei der Ermittlung der Handänderungssteuer die Zu-
sammenrechnung der jeweiligen Landkaufpreise mit den jeweiligen Werkpreisen zur
Diskussion stand, auch die Mahnungen zur Einreichung der Grundstückgewinnsteuer-
erklärung(en) samt Werkverträge als Amtshandlungen auch auf Feststellung oder Gel-
tendmachung der Handänderungssteuerforderung gewertet werden könnten, kann
offenbleiben Das Steuerrekursgericht hat in den rechtskräftig erledigten parallelen Re-
kursverfahren betreffend die Grundstückgewinnsteuer festgestellt, dass die fünfjährige
relative Frist für den Eintritt der Veranlagungsverjährung nur einmal Ende Juli/Anfang
August 2005 unterbrochen worden und daher die Veranlagungsverjährung Ende Ju-
li/Anfang August 2010 eingetreten ist (StRG, 20. November 2012, 2 GR.2012.27 - 34,
E. 4).
dd) In einem ersten Schritt ist daher festzustellen, dass vorliegend die fünfjäh-
rige relative Veranlagungsverjährungsfrist am 1. Januar 2003 zu laufen begonnen und
frühestens am 31. Dezember 2008, spätestens aber Ende Juli/Anfang August 2010,
geendet hat. Im Zeitpunkt des Einschätzungsentscheids der Kommission für Grund-
steuern der Gemeinde D betreffend Handänderungssteuer vom 19. April 2012 war die
Veranlagungsverjährung folglich bereits eingetreten.
b) Die Kommission für Grundsteuern der Gemeinde D hat dem Eintritt der
Veranlagungsverjährung dahingehend Rechnung getragen, als sie von der Zusammen-
rechnung von Landpreis und Werkpreis als Bemessungsgrundlage für die Handände-
rungssteuer abgesehen und lediglich die grundbuchamtliche Steuerbemessung auf-
grund des blossen Landpreises aus dem Jahr 2002 bestätigt hat. Eine Wirkung der
Veranlagungsverjährung auch auf die vorläufige Einschätzung durch das Grundbuch-
amt verneint sie. Der Pflichtige hingegen verficht, dass sich die Veranlagungsverjäh-
rung auch auf die vorläufigen Einschätzungen des Grundbuchamts auswirken müsse,
da diese zufolge der Einschätzungsvorbehalte der zuständigen Gemeindebehörde
niemals in Rechtskraft erwachsen seien.
aa) Das in § 232 Abs. 1 und 3 StG geregelte Einschätzungsverfahren für die
Handänderungssteuer bezüglich Handänderungen, welche im Grundbuch zur Eintra-
gung gelangen, unterscheidet sich als amtliches Veranlagungsverfahren insofern vom
gemischten Veranlagungsverfahren bei der ordentlichen Einschätzung der Staats- und
Gemeindesteuern, als das als Einschätzungsbehörde agierende Grundbuchamt bereits
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2 GR.2012.49
anlässlich der Anmeldung von sich aus eine vorläufige Einschätzung der Handände-
rungssteuer vornimmt, ohne dass es einer hinsichtlich der Steuerermittlung spezifi-
schen selbstständigen Mitwirkung der steuerpflichtigen Person bedürfte (vgl. allgemein
zum amtlichen Verfahren: Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum Zürcher
Steuergesetz, 3. A., 2013, Vorbemerkungen zu §§ 132 - 142 N 8). Die vom Grund-
buchamt vorzunehmende vorläufige Einschätzung ist dabei insofern stark formalisiert,
als es keinen Raum für ein kontradiktorisches Verfahren bzw. ein Beweisverfahren
lässt. Vielmehr muss das Grundbuchamt jeden eintragungspflichtigen Vorgang – so
insbesondere wie vorliegend jede zivilrechtliche Handänderung an einem Grundstück –
zum Anlass nehmen, sofort die Handänderungssteuer aufgrund des zwischen den
Kaufparteien vereinbarten und beurkundeten Kaufpreises für das Grundstück bzw. des
Entgelts für Belastungen mit privatrechtlichen Dienstbarkeiten oder öffentlich-
rechtlichen Eigentumsbeschränkungen zu erheben und zu beziehen. Dies gilt jeden-
falls dann, wenn – wie vorliegend – in diesem Zeitpunkt eine Berufung auf Steuerbe-
freiungsgründe gemäss § 229 StG fehlt (vgl. Entscheid des Verwaltungsgerichts vom
20. November 1970 zu §§ 183 des Steuergesetzes vom 8. Juli 1951, SR 47/1970).
Diese dem Grundbuchamt übertragene (vorläufige) Einschätzungskompetenz
entspricht dem Wesen der Handänderungssteuer als grundsätzlich schlicht aufgrund
des beurkundeten Kaufpreises/Entgelts zu erhebenden Rechtsverkehrssteuer. Mit der
grundbuchamtlichen (vorläufigen) Einschätzung wird gewissermassen der einzig durch
den beurkundeten Kaufpreis/Entgelt definierte Sockel der Handänderungssteuer in
einem einfachen Verfahren festgesetzt. Die mangels fristgerechter Intervention des
Steuerpflichtigen (Einsprache gemäss § 232 Abs. 2 StG) bzw. der Gemeinde (Ein-
schätzungsvorbehalt gemäss § 232 Abs. 3 StG) eintretende Rechtskraft der Handän-
derungssteuereinschätzung dient einer raschen und effizienten definitiven Steuererhe-
bung bei den Grundbuchämtern als Quelle des einschlägigen Rechtsverkehrs.
bb) Behält sich die Gemeinde indes gemäss § 232 Abs. 3 StG die (definitive)
Einschätzung der Handänderungssteuer vor, haben die zuständigen Gemeindebehör-
den ein ordentliches Einschätzungsverfahren gemäss §§ 209 ff. StG vorzubereiten
bzw. durchzuführen. Die Mitteilung des Einschätzungsvorbehalts gegenüber dem
Steuerpflichtigen bewirkt einen vollständigen Übergang der Einschätzungs- und Ent-
scheidkompetenz an die Gemeinde (sog. Devolutiveffekt). Die Gemeinde ist daher
gehalten, das definitive Einschätzungsverfahren gemäss § 232 Abs. 3 StG noch vor
Ablauf der Veranlagungsverjährungsfristen gemäss § 215 Abs. 2 StG i.V.m. § 130
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2 GR.2012.49
Abs. 2 und 3 StG durch einen die vorläufige Einschätzung des Grundbuchamt entwe-
der bestätigenden oder aber davon nach unten (z.B. beim Vorliegen von Steuerbefrei-
ungsgründen) oder oben (z.B. bei der Zusammenrechnung von Landpreis und Werk-
lohn als Basis für die Festsetzung der Handänderungssteuer) abweichenden eigenen
Entscheid abzuschliessen.
Unterlässt sie dies, kann sich die Gemeinde aufgrund des Devolutiveffekts
nicht mehr darauf berufen, dass der durch den beurkundeten Kaufpreis/Entgelt defi-
nierte Sockel der Handänderungssteuer, welcher in einem einfachen amtlichen Verfah-
ren durch das Grundbuchamt festgesetzt worden ist, von der einredeweise geltend
gemachten Veranlagungsverjährung nicht betroffen sei. Die Säumnis der Gemeinde
kann in dieser Konstellation mit anderen Worten nicht die Rechtskraft der vorläufigen
Einschätzung des Grundbuchamts zur Folge haben.
c) Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Veranlagungsverjährung be-
reits im Zeitpunkt des Einschätzungsentscheids der Kommission für Grundsteuern der
Gemeinde D betreffend Handänderungssteuer vom 19. April 2012 eingetreten war und
die Veranlagungsverjährung vollumfänglich – d.h. auch bezüglich der vorläufigen Ein-
schätzung der Handänderungssteuer durch das Grundbuchamt – Wirkung zeitigt. Der
Einspracheentscheid der Kommission für Grundsteuern der Gemeinde D vom 19. Juni
2012 ist daher in Gutheissung der diesbezüglichen sinngemässen Anträge des Pflichti-
gen aufzuheben und es ist festzustellen, dass zufolge Eintritts der Veranlagungsverjäh-
rung keine Handänderungssteuer geschuldet ist.
4. Der Pflichtige lässt die Rückerstattung der anlässlich der vorläufigen Ein-
schätzung bezogenen Handänderungssteuer im Umfang von Fr. 11'871.25 beantra-
gen, während die Kommission für Grundsteuern der Gemeinde D Verrechnungsgründe
geltend macht. Auf beide Anträge kann im Rahmen des vorliegenden Rekursverfah-
rens nicht eingetreten werden, da beide Fragestellungen den Bezug der Steuerforde-
rung betreffen. Die Kommission für Grundsteuern der Gemeinde D wird nach der allfäl-
ligen Rechtskraft des vorliegenden Entscheids diese Fragen im Rahmen eines
Bezugsentscheids zu beantworten haben, wobei dem Pflichtigen der spezifische
Rechtsmittelweg hiergegen offenstehen würde.
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2 GR.2012.49
5. Diese Erwägungen führen zur Gutheissung des Rekurses, soweit darauf
eingetreten werden kann. Der Einspracheentscheid ist ersatzlos aufzuheben. Bei die-
sem Prozessausgang, in welchem der Pflichtige beinahe vollständig mit seinen Begeh-
ren durchdringt, sind die Gerichtskosten der Rekursgegnerin aufzuerlegen (§ 151
Abs. 1 StG). Eine Parteientschädigung ist mangels eines entsprechenden Antrags des
Pflichtigen nicht zuzusprechen (§ 152 StG i.V.m. § 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechts-
pflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, 3. A., §
152 N 9 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts). | Public | Tax | de | 2,013 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
cd923aab-7986-43e5-819b-6fbfbf49ca76 | hat sich ergeben:
A. Die A (nachfolgend die Pflichtige) deklarierte in der Steuererklärung 2007
einen steuerbaren Reingewinn von Fr. 0.- (Verlust von Fr. 426.-).
Mit Auflagen vom 30. Juli und 7. September 2009 sowie Mahnung vom
28. September 2009 im Einschätzungs-/Veranlagungsverfahren der Steuerperiode
1.1. - 31.12.2007 verlangte der Steuerkommissär den Nachweis der geschäftsmässi-
gen Begründetheit von bestimmten Aufwand- und Ertragspositionen des Abschlusses
2007. Die Pflichtige antwortete am 17. September und 7. Oktober 2009.
Mit Entscheid bzw. Hinweis vom 16. Oktober 2009 schätzte der Steuerkom-
missär die Pflichtige für die genannte Steuerperiode sowohl für die Staats- und Ge-
meindesteuern wie auch für die direkte Bundessteuer mit einem steuerbaren Reinge-
winn von Fr. 18'500.- ein. Dabei schätzte er die geschäftsmässig begründeten Löhne
der Verwaltung gestützt auf § 139 Abs. 2 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG)
bzw. Art. 130 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom
14. Dezember 1990 (DBG) nach pflichtgemässem Ermessen auf Fr. 2'000.- (verbucht
Fr. 3'000.-). Die Aufwendungen für den Unterhalt der Lagereinrichtungen von
Fr. 6'000.- rechnete er gänzlich auf. Bei den Einkünften ging er sodann von einer unter-
lassenen Vereinnahmung eines Nutzungsentgelts für die Kühlanlagen sowie Lagerein-
richtungen aus und schätzte diese ebenfalls nach pflichtgemässem Ermessen auf
Fr. 8'000.- bzw. Fr. 4'000.-. Das steuerbare Eigenkapital für die Staats- und Gemeinde-
steuern übernahm er gemäss Steuererklärung mit Fr. 55'000.-. Die Veranlagung der
direkten Bundessteuer wurde mit Steuerrechnung vom 4. Dezember 2009 formell er-
öffnet.
B. Hiergegen erhob die Pflichtige am 12. November und 10. Dezember 2009
Einsprache mit dem Antrag, auf die ermessensweise Schätzung der fraglichen Positio-
nen zu verzichten und die Aufrechnung der Unterhaltskosten für Lagereinrichtungen
von Fr. 6'000.- auf Fr. 4'500.- zu reduzieren.
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1 ST.2010.40 1 DB.2010.33
Das kantonale Steueramt hiess die Einsprachen am 11. Januar 2010 teilweise
gut, indem es den steuerbaren Reingewinn auf je Fr. 14'500.- reduzierte. Dabei liess
es die Aufrechnung eines Nutzungsentgelts für die Lagereinrichtung von Fr. 4'000.-
fallen, hielt an den übrigen Aufrechnungen aber fest. Zudem auferlegte es der Pflichti-
gen hinsichtlich der Staats- und Gemeindesteuern die Verfahrenskosten von Fr. 200.-.
C. Mit Rekurs bzw. Beschwerde vom 8. Februar 2010 beantragte die Pflichti-
ge, auf die Aufrechnung der Unterhaltskosten für Lagereinrichtungen von Fr. 6'000.-
ebenfalls zu verzichten und den Betrag für die unterlassene Vereinnahmung eines
Nutzungsentgelts für die Kühlanlagen auf Fr. 5'000.- zu reduzieren. Letztere Aufrech-
nung solle zudem auch für die Steuerperiode 1.1. - 31.12.2008 gelten. Die ermes-
sensweise Schätzung der Löhne der Verwaltung werde akzeptiert, von der Kostenauf-
lage im Einspracheverfahren sei jedoch abzusehen.
Der Steuerkommissär schloss am 24. Februar 2010 auf Abweisung der
Rechtsmittel. Die Eidgenössische Steuerverwaltung liess sich nicht vernehmen. | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. Die Vorinstanz hat die Aufrechnung eines Nutzungsentgelts für die La-
gereinrichtung von Fr. 4'000.- im Einspracheentscheid fallen gelassen und die Pflichti-
ge hat die ermessensweise Schätzung der Löhne der Verwaltung mit Fr. 2'000.- im
Rekurs bzw. in der Beschwerde akzeptiert. In diesen Punkten ist die Einschät-
zung/Veranlagung daher nicht mehr streitig. Da sie sich insofern auch als gesetzmäs-
sig erweist, ist sie entsprechend zum Entscheid zu erheben.
Die Pflichtige beantragt neben der Korrektur der Einschätzung/Veranlagung
für die Steuerperiode 1.1. - 31.12.2007 auch eine analoge Abänderung für die Steuer-
periode 1.1. - 31.12.2008. Da es jedoch für letztere Periode an einem vorinstanzlichen
Entscheid mangelt, kann auf den Rekurs bzw. die Beschwerde insofern nicht eingetre-
ten werden.
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1 ST.2010.40 1 DB.2010.33
2. a) Der steuerbare Reingewinn einer juristischen Person setzt sich gemäss
§ 64 Abs. 1 StG bzw. Art. 58 Abs. 1 DBG zusammen aus dem Saldo der Erfolgsrech-
nung, unter Berücksichtigung des Saldovortrags des Vorjahres (Ziff. 1 bzw. lit. a) und
(unter anderem) allen vor Berechnung des Saldos der Erfolgsrechnung ausgeschiede-
nen Teilen des Geschäftsergebnisses, die nicht zur Deckung von geschäftsmässig
begründetem Aufwand verwendet werden (Ziff. 2 bzw. lit. b). Zu den juristischen Per-
sonen, die nach § 64 Abs. 1 StG bzw. Art. 58 Abs. 1 DBG zu besteuern sind, gehören
nebst den Kapitalgesellschaften u. a. auch die Genossenschaften (§ 54 Abs. 1 lit. a
StG, Art. 49 Abs. 1 lit. a DBG).
Geschäftsmässig begründet und damit gestützt auf § 64 Abs. 1 Ziff. 2 StG bzw.
Art. 58 Abs. 1 lit. b DBG vom erzielten Gewinn absetzbar sind Aufwendungen dann,
wenn sie auf Massnahmen beruhen, welche die Unternehmensleitung in guten Treuen
in Erfüllung des Gesellschaftszwecks getroffen hat. Zu diesen zählen namentlich alle
Aufwendungen, Wertverminderungen und Verluste, deren Vermeidung der Unterneh-
mung im Hinblick auf die Erfüllung ihres Gesellschaftszwecks nach den Umständen
des Einzelfalls nicht zumutbar ist (zum alten kantonalen Recht: Reimann/Zup-
pinger/Schärrer, Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, 3. Band, 1969, § 45 N 111).
Als geschäftsmässig nicht begründet werden dagegen Aufwendungen erachtet, die auf
ungewöhnlichen, sachwidrigen, absonderlichen Gepflogenheiten oder auf völlig unan-
gemessenen Massnahmen beruhen, oder von denen anzunehmen ist, die Gesellschaft
habe damit lediglich Steuern einsparen wollen, die bei sachgemässer Ordnung der
Verhältnisse geschuldet wären (Reimann/Zuppinger/Schärrer, § 45 N 113).
Auf eine verdeckte Gewinnausschüttung (als besondere Form der geschäfts-
mässig nicht begründeten Aufwendung) ist zu schliessen, wenn eine juristische Per-
son, sich entreichernd, ihren Gesellschaftern oder ihr sonst nahestehenden Personen,
diese bereichernd, bewusst geldwerte Vorteile zuwendet, die sie unbeteiligten Dritten
nicht einräumen würde (RB 1985 Nr. 42 = StE 1985 B 72.13.22 Nr. 4; Reimann/Zup-
pinger/Schärrer, § 45 N 68 ff.). Nach ihrer buchmässigen Erscheinung lassen sich zwei
Hauptformen verdeckter Gewinnausschüttungen unterscheiden: Die verdeckte Ge-
winnausschüttung im engern Sinn kennzeichnet sich dadurch, dass die Gesellschaft
übersetzte Gewinnungs- oder Anschaffungskosten aufwendet, was zu einer überhöh-
ten Belastung eines Erfolgs- oder eines Bestandeskontos führt. Bei der Gewinnvor-
wegnahme liegt die Vorteilszuwendung darin, dass die Gesellschaft auf Gewinn, d.h.
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1 ST.2010.40 1 DB.2010.33
auf ein marktmässiges Entgelt für die von ihr erbrachten Leistungen oder veräusserten
Aktiven verzichtet (Markus Reich, Verdeckte Vorteilszuwendungen zwischen verbun-
denen Unternehmern, ASA 54, 613 ff.).
b) Um die Beurteilung der geschäftsmässigen Begründetheit von geltend ge-
machten Aufwendungen – und der allfällig damit verbundenen verdeckten Gewinnaus-
schüttungen – zu ermöglichen, ist die steuerpflichtige Gesellschaft kraft der sie treffen-
den gesetzlichen Obliegenheiten (§§ 132 ff. StG, Art. 124 ff. DBG) gehalten, an der
Abklärung der solchen Aufwendungen zugrunde liegenden Tatsachen mitzuwirken,
wobei sie für deren Verwirklichung beweisbelastet ist (vgl. RB 1977 Nr. 60). Insbeson-
dere hat sie spätestens vor Rekurskommission binnen der Rekursfrist eine substanzi-
ierte Sachdarstellung vorzutragen und die Beweismittel für deren Richtigkeit beizubrin-
gen (RB 1964 Nr. 68, 1975 Nr. 54).
Die Beweislosigkeit, die sich einstellt, wenn der Steuerpflichtige seine Mitwir-
kungspflichten hinsichtlich steueraufhebender oder -mindernder Tatsachen nicht erfüllt,
führt grundsätzlich nicht zu einer Ermessenseinschätzung im Sinn von § 139 Abs. 2
StG. Vielmehr ist diesfalls zu Ungunsten des beweisbelasteten Steuerpflichtigen anzu-
nehmen, die behauptete Tatsachen habe sich nicht verwirklicht, und gestützt darauf
der in Frage stehende Abzug nicht zu berücksichtigen (vgl. etwa BGE 92 I 393 = ASA
36, 192 und BGr, 10. Juli 1997 = ASA 46, 512). Unter bestimmten Voraussetzungen ist
allerdings eine Schätzung nach pflichtgemässem Ermessen auch bezüglich steuerauf-
hebender und -mindernder Tatsachen zu treffen, namentlich dann, wenn dem Steuer-
pflichtigen die gehörige Mitwirkung an der Ermittlung der entsprechenden Tatsachen
aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, unmöglich oder unzumutbar ist (vgl.
RB 1975 Nr. 54). Gleich verhält es sich, wenn beispielsweise mit Sicherheit feststeht,
dass dem Steuerpflichtigen steuermindernde Aufwendungen erwachsen sind, aber
deren Höhe ungewiss ist. In einem solchen Fall wäre es sachwidrig und damit willkür-
lich, den Abzug nicht zu berücksichtigen; vielmehr muss dessen Höhe nach pflichtge-
mässem Ermessen geschätzt werden (vgl. Martin Zweifel in: Kommentar zum Schwei-
zerischen Steuerrecht I/1, 2. A., 2002, Art. 46 N 30 ff. StHG; RB 2003 Nr. 92 = ZStP
2003, 343 = StE 2004 B 92.3 Nr. 13).
Handelt es sich bei der verdeckten Gewinnausschüttung um eine Gewinnvor-
wegnahme, indem die Gesellschaft für gegenüber den Anteilseignern erbrachte Leis-
- 6 -
1 ST.2010.40 1 DB.2010.33
tungen auf ein marktmässiges Entgelt verzichtet, ist die Höhe dieses Entgelts nach
pflichtgemässem Ermessen zu schätzen, wenn die Gesellschaft bei dessen Ermittlung
trotz Auflage und Mahnung nicht gehörig mitwirkt bzw. der Sachverhalt trotz durchge-
führter Untersuchung ungewiss bleibt.
3. a) Die Pflichtige belastete dem Abschluss 2007 Kosten für den Unterhalt
bzw. die Reparatur von Lagereinrichtungen von Fr. 6'000.-. Der Steuerkommissär ver-
langte mit Auflagen und Mahnung vom 30. Juli/7. September bzw. 28. September 2009
den Nachweis der geschäftsmässigen Begründetheit dieser Position. Die Pflichtige
antwortete, es handle sich um den Unterhalt der Kühlanlage, welche nach jahrelangen
Garantiestreitigkeiten nun endlich ersetzt worden sei. Der von ihr übernommene Anteil
an den entsprechenden Kosten mache Fr. 6'000.- aus. Ein Teil der Kosten hätte von
ihr eventuell aktiviert werden müssen, weil die Anlage auf den neuesten Stand ge-
bracht worden sei.
Damit hatte die Pflichtige zwar die näheren Umstände dieser Aufwandposition
offen gelegt, den entsprechenden Nachweis jedoch in keiner Art und Weise angetre-
ten. Der Steuerkommissär hat die Fr. 6'000.- im Einschätzungs-/Veranlagungs-
entscheid daher zu Recht aufgerechnet.
b) Im Einspracheverfahren änderte sich daran nichts, weil die Pflichtige in den
Einsprachen nur das im Auflageverfahren Vorgebrachte wiederholte und lediglich den
Eventualstandpunkt, d.h. die Aktivierung der Fr. 6'000.- abzüglich einer Abschreibung
von 25%, entsprechend Fr. 1'500.-, konkretisierte sowie daraus resultierend eine Ge-
winnaufrechnung von maximal Fr. 4'500.- verfocht. Belege über den verbuchten Betrag
von Fr. 6'000.- reichte sie erneut nicht ein, sodass die Vorinstanz rechtens an dessen
Aufrechnung festhielt.
c) Mit dem Rekurs bzw. der Beschwerde präsentierte die Pflichtige nun erst-
mals die zugehörige Rechnung vom 30. März 2007 über Fr. 6'000.-. Daraus geht her-
vor, dass ein neuer Tank mit Reinigungsautomat, Dosierpumpen und Umlaufheizung
samt Zubehör geliefert wurde, und zwar als Ersatz für den bisherigen Tank. Damit ist
der streitige Aufwand grundsätzlich nachgewiesen.
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1 ST.2010.40 1 DB.2010.33
Im Quantitativen gilt es allerdings zu berücksichtigen, dass der Aufwand akti-
vierungspflichtig ist, weil die Tankanlage der Pflichtigen ohne Zweifel über die Steuer-
periode hinaus betrieblichen Nutzen bringt und daher dem (mobilen) Anlagevermögen
zuzuordnen ist. Als Aufwand kann die Pflichtige daher – wie sie selber eingesteht – nur
die Abschreibungen auf der Anlage geltend machen. Dabei steht ihr die in der Steuer-
praxis akzeptierte "Zürcher Methode" der Sofortabschreibung von abnutzbaren beweg-
lichen Wirtschaftsgütern, wie Mobiliar, Maschinen, Apparate und Fahrzeuge auf den
Restwert nicht zu (vgl. hierzu Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum harmo-
nisierten Zürcher Steuergesetz, 2. A., 2006, § 64 N 69 ff. StG; dies., Handkommentar
zum DBG, 2. A., 2009. Art. 28 N 31 ff. DBG, beide auch zum Folgenden). Denn Vor-
aussetzung dieser Abschreibungsmethode bildete, dass sie vom Steuerpflichtigen
auch bei den andern Aktiven angewandt wird. Dies ist vorliegend nicht der Fall, hat die
Pflichtige im Geschäftsjahr 2007 doch sowohl das Mobiliar als auch die Kühlanlage je
nur mit 25% und im Geschäftsjahr 2006 Letztere gar nur mit 20% abgeschrieben.
Demnach kann die Pflichtige als Abschreibungsaufwand der streitbetroffenen Tankan-
lage im Geschäftsjahr 2007 ebenfalls nur 25%, entsprechend Fr. 1'500.-, beanspru-
chen. Damit ist der steuerbare Reingewinn – dem Eventualantrag in den Einsprachen
folgend – um diesen Aufwand auf Fr. 13'000.- zu reduzieren.
4. a) Die Pflichtige bestreitet nicht (mehr), dass sie die Kühlanlagen ihren Mit-
gliedern unentgeltlich bzw. nur unter Erlegung der Betriebskosten zur Verfügung stellt.
Auch hält sie am in der Einsprache noch erhobenen Einwand, dass sie als Genossen-
schaft zu dieser Zuwendung verpflichtet gewesen sei, weil sie gemäss Art. 828 OR die
wirtschaftlichen Interessen ihrer Mitglieder zu fördern habe, im Rekurs bzw. der Be-
schwerde zu Recht nicht mehr fest. Denn steuerlich liegt in der Vorzugsbehandlung
von Genossenschaftsmitgliedern eben gleichwohl eine verdeckte Gewinnausschüttung
begründet, da Genossenschaften gleich wie die Kapitalgesellschaften der Besteuerung
nach § 64 Abs. 1 StG bzw. Art. 58 Abs. 1 DBG unterliegen und bewusste Vorteilszu-
wendungen an die Anteilseigner demzufolge auch bei Genossenschaften als solche
Ausschüttungen zu behandeln sind. Demnach handelt es bei der unentgeltlichen bzw.
nur unter Erstattung der Betriebskosten gewährten Überlassung der Kühlanlagen um
eine Gewinnvorwegnahme zugunsten der Genossenschafter, hätte die Pflichtige diese
Vorteilszuwendung einem unabhängigen Dritten gegenüber doch nicht erbracht.
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1 ST.2010.40 1 DB.2010.33
Die Höhe des im Drittvergleich erhältlichen Entgelts für die Nutzung der Kühl-
anlage war nach durchgeführter Untersuchung im Einschätzungs-/Veranlagungs-
verfahren ungewiss, da die Pflichtige den verlangten detaillierten Beschrieb der Nut-
zung schuldig blieb. Dem Steuerkommissär blieb daher gar nichts anderes übrig, als
dieses Entgelt nach pflichtgemässem Ermessen zu schätzen.
b) aa) Eine zu Recht ergangene Ermessensveranlagung kann der Steuer-
pflichtige gemäss § 140 Abs. 2 StG bzw. Art. 132 Abs. 3 DBG nur wegen offensichtli-
cher Unrichtigkeit anfechten. Dabei hat er innert der Einsprachefrist den Nachweis zu
erbringen, dass die Ermessensveranlagung offensichtlich unrichtig ist. Ist die Ermes-
sensveranlagung Folge einer versäumten Mitwirkungspflicht, so muss er vorab die ver-
säumten Handlungen nachholen. Unterlässt er dies, kann er den Nachweis des wahren
Sachverhalts nicht erbringen und verbleibt ihm nur noch die Möglichkeit darzulegen
und nachzuweisen, dass die angefochtene Einschätzung offensichtlich unrichtig (na-
mentlich zu hoch) ist. Als offensichtlich unrichtig erweist sich eine Schätzung dann,
wenn sie sachlich nicht begründbar (z.B. erkennbar pönal oder fiskalisch begründet)
ist, sich auf sachwidrige Schätzungsgrundlagen, -methoden oder -hilfsmittel stützt oder
sonst wie mit den konkreten aktenkundigen Verhältnissen aufgrund der Lebenserfah-
rung vernünftigerweise nicht vereinbar ist.
bb) Die Pflichtige reichte weder mit den Einsprachen noch mit dem Rekurs
bzw. der Beschwerde den erwähnten Beschrieb über die Nutzung der Kühlanlage bzw.
der Lagereinrichtungen nach, sodass der Sachverhalt insofern weiterhin im Dunkel
bleibt und an der ermessensweisen Schätzung des Nutzungsentgelts grundsätzlich
festzuhalten ist. Zu überprüfen bleibt die Schätzung in quantitativer Hinsicht.
Der Steuerkommissär schätzte das Nutzungsentgelt auf Fr. 8'000.-, während
die Pflichtige im Rekurs bzw. in der Beschwerde einen Betrag von Fr. 5'000.- verficht.
Die Kennzahlen/Leistungsdaten sowie die Anschaffungskosten der Kühlanlagen gehen
weder aus den Akten/Abschlüssen hervor noch legt sie die Pflichtige offen. Aus den
Ausführungen der Letzteren in der Auflageantwort vom 17. September 2009 ergibt sich
lediglich, dass die Nutzung insgesamt sechs Genossenschaftern – den verbliebenen
Mitgliedern – zustand. Es ist daher nicht möglich, das im Drittvergleich erhältliche Nut-
zungsentgelt für diese Anlage auch nur annäherungsweise zu ermitteln. Immerhin steht
jedoch aufgrund des Abschlusses 2007 fest, dass die Abschreibungen auf der Anlage
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1 ST.2010.40 1 DB.2010.33
im Geschäftsjahr 2007 Fr. 6'209.- ausmachten. Das geschätzte Nutzungsentgelt von
Fr. 8'000.- (ohne Betriebskosten) übersteigt diesen Wert nicht wesentlich, sodass die
Schätzung keinesfalls zu hoch ausgefallen ist. Berücksichtigt man sodann den Um-
stand, dass die Mitglieder gemäss den Ausführungen der Pflichtigen zumindest für die
Betriebskosten der Anlage selber aufkommen müssen, kann auch nicht gesagt wer-
den, die Schätzung erweise sich als willkürlich zu tief. Demgegenüber lassen sich die
von der Pflichtigen verfochtenen Fr. 5'000.- – weil unter dem moderaten Abschrei-
bungsbetrag liegend – nicht vertreten. Daran ändert auch ihr Hinweis im Rekurs bzw.
in der Beschwerde auf die in den bisherigen Statuten festgehaltene Solidarhaft der
Genossenschafter für ihre Verbindlichkeiten nichts, weil es sich bei der Solidarhaft um
eine rein interne Verpflichtung der Genossenschafter handelt, die im anzustellenden
Drittvergleich keine Rolle spielen kann. Dies führt zur Bestätigung der Schätzung.
5. Aufgrund dieser Erwägungen sind die Rechtsmittel teilweise gutzuheissen,
soweit darauf einzutreten ist. Trotz diesem Ausgang des Verfahrens sind die Rekurs-
/Beschwerdekosten vollständig der Pflichtigen aufzuerlegen, da sie bei pflichtgemäs-
sem Verhalten schon im Einschätzungs-/Einspracheverfahren zu ihrem Recht gekom-
men wäre (§ 151 Abs. 2 StG, Art. 144 Abs. 2 DBG).
Die Kostenauflage im Einspracheverfahren der Staats- und Gemeindesteuern
von Fr. 200.- ist aufzuheben, da in diesem Verfahren neben den ermessensweise ge-
schätzten Positionen auch noch die Aufrechnung der Unterhaltskosten für die Tankan-
lage streitig war (vgl. Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 142 N 16 StG). | Public | Tax | de | 2,010 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
ce32895b-82e8-4087-9804-0849afde35c8 | hat sich ergeben:
A. Die A-Stiftung (im Folgenden Stiftung) bezweckt laut Art. 2 der Stiftungsur-
kunde vom ... 1946 die Ausübung des D und der E im Gebiet von F sowie den G die-
ses Gebiets die Erfüllung ihrer H. Wegen Verfolgung von Kultuszwecken ist die Stiftung
gestützt auf Art. 56 lit. h des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom
14. Dezember 1990 (DBG) und § 61 lit. i des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG)
von der Steuerpflicht befreit.
Am ... 2010 tauschte die Stiftung das Grundstück Kat.Nr. ... (Mehrfamilien-
haus ...strasse 66) gegen das Grundstück Kat.Nr. ... (Mehrfamilienhaus ...strasse 35)
der I AG. Der Tauschwert für die veräusserte Liegenschaft der Stiftung wurde auf
Fr. 2'400'000.- festgelegt. Die Erwerberin übernahm zusätzlich die von der Stiftung
geschuldete Grundstückgewinnsteuer sowie deren Handänderungskosten.
Aus Anlass dieser Handänderung auferlegte die Kommission für Grundsteu-
ern der Stadt C der Stiftung am 26. Februar 2013 eine Grundstückgewinnsteuer von
Fr. 269'900.-.
B. Eine von der Stiftung hiergegen erhobene Einsprache, womit sie – unter
Hinweis darauf, dass das Tauschgeschäft als Ersatzbeschaffung zu würdigen sei –
einen Aufschub der Besteuerung verlangt hatte, wies die Kommission für Grundsteuern
am 22. August 2013 ab.
C. Mit Rekurs vom 30. September 2013 liess die Stiftung dem Steuerrekurs-
gericht – unter Zusprechung einer Parteientschädigung – beantragen:
"1. Es sei eine Ersatzbeschaffung anzuerkennen und die Besteuerung .
2. Eventualiter sei 1/5 der Liegenschaft mit der Grundstückgewinnsteuer zu besteu-
ern und es sei auf der restlichen Liegenschaft die Besteuerung aufzuschieben Ersatzbeschaffung.
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2 GR.2013.39
3. Subeventualiter sei die Angelegenheit zur genauen Festlegung der auf dem Ladenlokal und zur Vornahme weiterer Abklärungen an das Steueramt der Stadt C zurückzuweisen."
Namens der Stadt C beantragte die Kommission für Grundsteuern am
4. November 2013 Abweisung des Rekurses und verlangte ebenfalls eine Parteient-
schädigung.
Auf den Einspracheentscheid und die Parteivorbringen wird, soweit wesent-
lich, in den nachfolgenden Urteilsgründen zurückgekommen. | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. a) Die Grundstückgewinnsteuer wird gemäss § 216 Abs. 1 des Steuerge-
setzes vom 8. Juni 1997 (StG) von den Gewinnen erhoben, die sich bei Handänderun-
gen an Grundstücken oder Anteilen von solchen ergeben. Gemäss § 216 Abs. 3 lit. g
StG fallen Handänderungen bei "vollständiger oder teilweiser Veräusserung eines zum
betriebsnotwendigen Anlagevermögen gehörenden Grundstücks, soweit der Erlös in-
nert angemessener Frist zum Erwerb eines neuen oder zur Verbesserung eines eige-
nen Ersatzgrundstücks im Kanton mit gleicher Funktion verwendet wird", für die Erhe-
bung der Grundstückgewinnsteuer ausser Betracht. Der – bei der im Kanton Zürich
monistisch ausgestalteten Grundstückgewinnsteuer aufgrund von Art. 8 Abs. 4 i.V.m.
Art. 12 Abs. 4 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung
der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG) zu gewährende –
Steueraufschub infolge betrieblicher Ersatzbeschaffung setzt voraus, dass
- der Veräusserer auch die Ersatzbeschaffung vornimmt (Subjektidentität);
- sowohl das Veräusserungs- als auch das Ersatzobjekt betriebsnotwendiges Anlage-
vermögen darstellen
- Funktionsgleichheit;
- die Frist zwischen Veräusserung und Ersatzbeschaffung noch angemessen ist.
Die grundsteuerrechtlich in § 216 Abs. 3 lit. g StG geregelte Ersatzbeschaf-
fung von Betriebsgrundstücken ist ein Spezialtatbestand der betrieblichen Ersatzbe-
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2 GR.2013.39
schaffungen von natürlichen (Art. 30 DBG und § 28 StG) und juristischen Personen
(Art. 64 DBG und § 68 StG). Betriebsnotwendig sind solche Güter, die im Licht der
konkreten Verhältnisse nach ihrer Zweckbestimmung unmittelbar der Leistungserstel-
lung des Betriebs dienen und ohne Beeinträchtigung des betrieblichen Leistungserstel-
lungsprozesses nicht veräussert werden können (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter,
Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009, Art. 64 N 11; dies., Kommentar zum Zürcher
Steuergesetz, 3. A., 2013, § 68 N 14).
b) Vorliegend sind die Erfordernisse der Subjektidentität sowie des zeitnahe
vorgenommenen Ersatzerwerbs klarerweise erfüllt. Umstritten ist hingegen die weitere
Voraussetzung, ob das Veräusserungs- und das Ersatzobjekt betriebsnotwendiges
Anlagevermögen darstellen. Dabei fragt es sich zunächst, ob die Stiftung als Betrieb zu
qualifizieren ist. Im Weiteren stellt sich die Frage, ob das streitbetroffene abgetauschte
Grundstück ...strasse 66 zum betriebsnotwendigen Anlagevermögen gezählt werden
kann. Zudem gehen die Auffassungen der Parteien darüber auseinander, ob das ein-
getauschte Objekt ...strasse 35 mit dem abgetauschten funktionsgleich ist.
2. a) Die Kommission für Grundsteuern erwog im Einspracheentscheid, dass
es sich bei der abgetauschten Liegenschaft um ein vierstöckiges Mehrfamilienhaus mit
einer Ladenfläche von 70 m2 im Erdgeschoss, je einer 4-Zimmer-Wohnung von 85 m2
im 1. - 3. Obergeschoss sowie einer 2 1⁄2-Zimmer-Wohnung von 69 m2 und einer
1 1⁄2-Zimmer-Wohnung von 19 m2 im 4. Obergeschoss handle. Die Stiftung habe das
Grundstück im Jahr 1972 geerbt und in der Folge beschlossen, die Wohnungen an
sozial benachteiligte Personen zu vermieten; die Ladenfläche im Erdgeschoss werde
zu üblichen Konditionen abgegeben. Die Vermietung von preisgünstigem Wohnraum
an finanzschwache und sozial benachteiligte Personen könne als Verfolgung von ge-
meinnützigen Zwecken anerkannt werden, während die Pflege und Verfolgung des
gemeinsamen J unter den Kultuszweck falle. Dabei handle es sich um verschiedene
Zielsetzungen, für welche juristische Personen kraft Art. 56 lit. g und h DBG bzw. § 61
lit. f und h (recte: lit. g und i) StG Steuerbefreiung beantragen könnten. Die Stiftung sei
wegen Verfolgung von Kultuszwecken steuerbefreit, weshalb sich die Steuerbefreiung
auf dasjenige Vermögen beziehe, welches ausschliesslich und unwiderruflich dem Kul-
tuszweck gewidmet sei. Die Vermietung von preisgünstigem Wohnraum falle nicht dar-
unter; ferner sei die Vermietung der gewerblich genutzten Ladenfläche im Erdgeschoss
auch nicht gemeinnützig. Demnach fehle es an der für einen Steueraufschub zwingen-
- 5 -
2 GR.2013.39
den "Betriebsnotwendigkeit" des veräusserten Anlagevermögens. Die eingetauschte
Liegenschaft ...strasse 35 diene ausschliesslich der Wohnnutzung. Die Mietzinse lä-
gen zwar im unteren Bereich, doch könne nicht mehr im gleichen Mass wie bisher von
der Abgabe besonders preisgünstigen Wohnraums an Benachteiligte gesprochen wer-
den. Demnach sei auch fraglich, ob das Erfordernis der Funktionsgleichheit zwischen
veräusserter und Ersatzliegenschaft erfüllt wäre. An diesem Standpunkt hält die Kom-
mission für Grundsteuern in der Rekursantwort fest.
b) Die Stiftung bringt zur Rekursbegründung vor, es komme häufig vor, dass
eine steuerbefreite Körperschaft zugleich Kultus- und gemeinnützige Zwecke verfolge.
Ob vorliegend neben dem Kultuszweck auch die Voraussetzungen für eine Steuerbe-
freiung wegen Gemeinnützigkeit erfüllt seien, könne offenbleiben. Das abgetauschte
Grundstück habe überwiegend finanzschwachen und sozial benachteiligten Personen
zu preisgünstigem Wohnraum verholfen; auch das Ladenlokal sei unter dem marktübli-
chen Ansatz vermietet worden. Damit habe das Grundstück dem umfassenden, auch
die Gemeinnützigkeit einschliessenden Stiftungszweck gedient. Entgegen der Auffas-
sung der Rekursgegnerin handle es sich bei der Liegenschaft ...strasse 66 sehr wohl
um betriebsnotwendiges Anlagevermögen. Das eingetauschte Objekt ...strasse 35 sei
mit dem abgetauschten funktionsgleich; angesichts der besseren Lage und der reinen
Wohnnutzung erfülle sie den Stiftungszweck noch besser. Nach dem Tauschgeschäft
habe die Stiftung in einer ersten Etappe fünf Wohnungen an der ...strasse 35 renoviert
und diese im ... bzw. ... 2011 einer bisherigen Mieterin und vier Bewohnern der
...strasse 66 überlassen. In einer zweiten Etappe seien zwei 5 1⁄2-Zimmer-Wohnungen
geschaffen worden. Vergabekriterien seien neben dem Vorrecht der bisherigen Mieter
ein geringes Einkommen gewesen. Dementsprechend seien die letztgenannten Woh-
nungen weit unterhalb des Preisbandes für Marktmieten abgegeben worden. Wegen
seiner Beschaffenheit habe sie den Laden im Erdgeschoss der Liegenschaft
...strasse 66 nicht als Wohnraum anbieten können. Eventuell sei die Ersatzbeschaf-
fung daher auf die Wohnräume zu beschränken.
3. a) Ein Betrieb ist ein organisatorisch-technischer Komplex von Vermögens-
werten, der für die unternehmerische Leistungserstellung eine relativ unabhängige,
organische Einheit darstellt (Markus Reich, Steuerrecht, 2. A., 2012, S. 471 Richner/
Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 19 N 57 ff. DBG und § 19 N 44 ff. StG). Indem die Stiftung
ein Mehrfamilienhaus unterhält und vermietet, erfüllt sie diese Anforderungen.
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2 GR.2013.39
b) Im Weiteren ist zu prüfen, ob das abgetauschte Grundstück ...strasse 66
zum betriebsnotwendigen Anlagevermögen gezählt werden kann. Zunächst ist festzu-
halten, dass die Stiftung mit der Vermietung von preisgünstigem Wohnraum an finanz-
schwache und sozial benachteiligte Personen im Rahmen ihres Zwecks handelt. Ob es
sich dabei um eine gemeinnützige Tätigkeit handelt oder um eine Kultusaufgabe, spielt
keine Rolle. Im Übrigen ist der Rekurrentin beizupflichten, dass bei K oft Kultus- und
gemeinnützige Zwecke nebeneinander verfolgt werden, was zu einer zweigeteilten
Steuerbefreiung führt (RB 1985 Nr. 30). Vorliegend hat die von der Stiftung vorge-
nommene Überlassung von kostengünstigem Wohnraum an sozial Benachteiligte so-
wohl diakonischen, weil damit Armenfürsorge praktiziert wird, als auch gemeinnützigen
Charakter, weil sie die staatlich gewährleistete Sozialhilfe entlastet. Der Einwand der
Rekursgegnerin, dass Armenfürsorge auch in anderer Weise praktiziert werden könne,
trifft zwar zu, ändert jedoch nichts daran, dass es sich bei der abgetauschten Liegen-
schaft ...strasse 66 um betriebsnotwendiges Anlagevermögen gehandelt hat.
c) Schliesslich stellt die Rekursgegnerin die Funktionsgleichheit der einge-
tauschten Liegenschaft in Frage.
aa) Mit Bezug auf das abgetauschte Objekt ...strasse 66 ergibt sich aus dem
Mieterspiegel per ... 2009, dass die fünf Wohnungen für ein ausgesprochen beschei-
denes Entgelt vermietet worden sind. Auch für das Ladenlokal im Erdgeschoss hat die
Stiftung eine unter den marktüblichen Ansätzen liegende Miete vereinnahmt. Allerdings
behauptet sie nicht, dass die Mieterin eine kultusbezogene oder gemeinnützige Tätig-
keit ausgeübt habe; auch den Akten lassen sich keine entsprechenden Hinweise ent-
nehmen. Unter diesen Umständen ist insoweit von einer gewerblichen und gewinnstre-
bigen Tätigkeit der Mieterin auszugehen.
bb) Die eingetauschte Liegenschaft ...strasse 35 befindet sich an etwas ruhi-
gerer Wohnlage als das nahe beim L gelegene Grundstück ...strasse 66 und eignet
sich insoweit besser für das von der Stiftung geförderte Wohnen. Der Rekursgegnerin
ist zwar beizupflichten, dass die Mietzinse im Mehrfamilienhaus nicht mehr gleich
günstig sind wie im Objekt ...strasse 66. Gleichwohl liegen sie nach den Erfahrungen
des Steuerrekursgerichts immer noch weit unter den marktüblichen Verhältnissen in
der Stadt C. Dabei gilt es auch zu berücksichtigen, dass die Stiftung die neu erworbene
Liegenschaft zunächst gründlich saniert hat.
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2 GR.2013.39
Aus dem Gesagten folgt, dass die Funktionsgleichheit der Ersatzliegenschaft
mit Bezug auf die Wohnräume, nicht aber mit Bezug auf das gewerblich genutzte Erd-
geschoss im veräusserten Grundstück zu bejahen ist. Als Zwischenergebnis folgt dar-
aus, dass der Steueraufschub infolge betrieblicher Ersatzbeschaffung hinsichtlich der
Wohnräume in der veräusserten Liegenschaft ...strasse 66 zu gewähren ist, nicht aber
hinsichtlich des Ladenlokals.
4. a) Steueraufschub wird nur in dem Umfang gewährt, wie der Veräusse-
rungserlös in eine Ersatzliegenschaft reinvestiert wird. Sind die Anlagekosten für das
Ersatzobjekt tiefer als der Veräusserungserlös für die bisher selbst genutzte Liegen-
schaft, wird der Grundstückgewinn nach der sog. absoluten Methode im Umfang des
Differenzbetrags besteuert (BGE 130 II 202 = StE 2004 B 42.38 Nr. 24 = StR 2004,
467 = ZStP 2004, 135; RB 2003 Nr. 103 = StE 2004 B 42.38 Nr. 23 = StR 2003, 770 =
ZStP 2003, 156; Reich, S. 520; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 216 N 272 ff.;
vgl. auch Felix Richner, Ersatzbeschaffung von selbstgenutztem Wohneigentum,
ZStP 2010, S. 283 ff.).
b) Aufgrund ihrer nach dem Gesagten unzutreffenden Rechtsauffassung hat
die Rekursgegnerin nur den Verkaufserlös für die Liegenschaft ...strasse 66 ermittelt
und dabei – offenbar ohne weitere Untersuchung, denn der Tauschvertrag liegt nicht
bei den Akten – auf die Angaben der Stiftung abgestellt. Hinsichtlich der Anlagekosten
für das Ersatzobjekt hat sie ebenfalls keine näheren Abklärungen vorgenommen. Ent-
gegen dem Eventualantrag der Stiftung geht es nicht an, schematisch für 1/5 der abge-
tauschten Liegenschaft eine Grundstückgewinnsteuer zu erheben und für die übrigen
4/5 aufzuschieben. Im Entscheid GR.2012.47 vom 22. April 2013 hat sich das Steuer-
rekursgericht zum Umfang des Steueraufschubs bei der Ersatzbeschaffung einer
Wohnliegenschaft ausgesprochen und erkannt, falls es sich beim Ersatzgrundstück um
eine gemischt genutzte Liegenschaft handle, seien die auf das Gewerbe und die
Wohnnutzung entfallenden Anteile nach objektiven Grundsätzen individuell zu ermit-
teln. Dabei hat das Gericht sowohl eine Aufteilung nach Flächen als auch eine Formel-
bewertung, wie sie sie für die Besteuerung des Eigenmietwerts und Vermögenssteu-
erwerts zum Zug kommt, für unzulässig befunden.
Sodann enthalten die Akten keinerlei Angaben zum Betrag, den die Stiftung in
die Liegenschaft ...strasse 35 reinvestiert hat. Neben dem nicht aktenkundigen An-
- 8 -
2 GR.2013.39
rechnungspreis beim Erwerb, der Anhaltspunkte für den Verkehrswert geben könnte,
fehlen auch nähere Angaben zur Renovation, den die Stiftung nach dem Tauschge-
schäft durchgeführt hat. Denn wie das Steuerrekursgericht im erwähnten Entscheid
GR.2012.17 erwogen hat, sind im Zusammenhang mit dem Erwerb vorgenommene
wertvermehrende Aufwendungen beim Ersatzobjekt zum reinvestierten Betrag hinzu-
zurechnen.
Die genannten Untersuchungsmängel sind als schwerwiegende Verfahrens-
fehler zu würdigen, zu deren Behebung die Sache nach § 206 StG i.V.m. § 149
Abs. 3 StG zur weiteren Untersuchung und zum Neuentscheid an die Kommission für
Grundsteuern zurückzuweisen ist.
5. Obwohl der Prozessausgang noch offen ist, obsiegt die Stiftung im Licht der
Erwägungen weitgehend. Unter diesen Umständen und wegen der von der Vorinstanz
zu vertretenden Untersuchungsmängel rechtfertigt es sich, die Kosten des Rekursver-
fahrens zu 1/10 der Rekurrentin und zu 9/10 der Rekursgegnerin aufzuerlegen (§ 151
Abs. 1 StG). Ferner steht der Rekurrentin eine reduzierte Parteientschädigung im an-
gemessenen Betrag von Fr. 3'000.- (Mehrwertsteuer inbegriffen) zu (§ 152 StG i.V.m.
§ 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/6. Septem-
ber 1987). | Public | Tax | de | 2,014 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
cf38b7dc-6322-480b-98db-ffc137c7ab59 | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend der Pflichtige) ist Eigentümer der B in C. Im Einschätzungs-
verfahren für die Steuerperiode 2006 stellte der Steuerkommissär bei ihm eine uner-
klärbare Vermögensvermehrung fest. Auf Auflage vom 21. April 2008 liess der Pflichti-
ge erklären, die B habe ihm und seiner früheren Ehefrau ein Darlehen von
Fr. 380'000.- für den Erwerb eines Einfamilienhauses in E gewährt. Die Ehe sei ge-
schieden und das Einfamilienhaus der Ehefrau zugeteilt worden, worauf die B die For-
derung abgeschrieben und die Schuld erlassen habe.
Der Steuerkommissär sah darauf eine Aufrechnung des Schulderlasses von
Fr. 380'000.- vor mit der Begründung, es handle sich dabei um eine verdeckte Ge-
winnausschüttung an den Pflichtigen. Mit Schreiben vom 10. Juni 2008 stellte der
Pflichtige den Antrag, auf die Aufrechnung zu verzichten und stattdessen das entspre-
chende Darlehen bei ihm wieder als Schuld einzusetzen, da der Erlass auf einer un-
vollständigen Information über die Vorgänge im Zusammenhang mit der Ehescheidung
zurückzuführen sei.
Am 7. November 2008 schätzte ihn der Steuerkommissär für die Staats- und
Gemeindesteuern 2006 folgendermassen ein:
Einkommen Vermögen
Fr. Fr.
steuerbar 386'600.- 84'000.-
satzbestimmend 433'900.- 84'000.-.
Mit Hinweis vom gleichen Datum stellte der Steuerkommissär für die direkte
Bundessteuer 2006 die Veranlagung mit einem steuerbaren Einkommen von
Fr. 387'300.- bzw. satzbestimmenden Einkommen von Fr. 434'600.- in Aussicht. In
seinen Entscheiden hielt er an der angekündigten Aufrechnung fest. Die Veranla-
gungsverfügung/Schlussrechnung direkte Bundessteuer 2006 wurde am 9. Januar
2009 versandt.
B. Hiergegen erhob der Pflichtige am 4. Dezember 2008 bzw. 30. Januar 2009
je Einsprache mit dem Antrag, ihn gemäss Steuererklärung einzuschätzen. Aufgrund
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1 ST.2009.336 1 DB.2009.209
eines langwierigen und komplizierten Scheidungsverfahrens sowie seiner Auslands-
abwesenheit habe er den Überblick über seine Verhältnisse zum Teil verloren, weshalb
es zu einer falschen Verbuchung im Zusammenhang mit dem Darlehen bei der B ge-
kommen sei. Im Übrigen behalte er sich vor, die Steuerpflicht in der Schweiz zu
bestreiten, da sich sein Lebensmittelpunkt seit der Scheidung nicht mehr hier befinde.
Das kantonale Steueramt wies die Einsprachen am 11. November 2009 ab.
C. Mit Rekurs bzw. Beschwerde vom 11. Dezember 2009 wiederholte der
Pflichtige den Einspracheantrag. Die Vorinstanz sei auf seine Ausführungen in den
Einsprachen nicht eingegangen und habe damit das rechtliche Gehör verletzt. Nament-
lich sei nicht berücksichtigt worden, dass die Bilanz der B falsch sei, da sie vor dem
Bekanntwerden des Scheidungsurteils erstellt worden sei. Die dabei getroffenen An-
nahmen hätten sich später als falsch herausgestellt. Entgegen den ursprünglichen An-
nahmen habe nämlich er anstelle seiner früheren Frau die Darlehensschuld überneh-
men müssen, womit die Abschreibung nicht mehr erforderlich gewesen sei. Die Bilanz
sei deshalb nachträglich zu revidieren. Zudem habe der Pflichtige keinen Wohnsitz in
der Schweiz. Er sei in D angemeldet, betreibe dort ein Geschäft und sei familiär und
geschäftlich häufig in Asien. In der Schweiz halte er sich nur wenige Tage im Jahr auf.
Auch darauf sei die Vorinstanz nicht eingegangen. Er habe seit 2002 keine Wohnad-
resse in der Schweiz.
Mit Verfügung vom 6. Januar 2010 wurde dem Pflichtigen Frist angesetzt, um
die Kosten des Verfahrens sicher zu stellen. Die Vorschüsse wurden rechtzeitig geleis-
tet. Das kantonale Steueramt schloss am 10. Februar 2010 auf Abweisung der
Rechtsmittel. Die Eidgenössische Steuerverwaltung liess sich nicht vernehmen.
Am 26. Februar 2010 wurde vom Pflichtigen eine Vollmacht eingefordert, wel-
che am 5. März 2010 einging. Am 1. Juli 2010 wurden dem Pflichtigen diverse Fragen
in Bezug auf seinen Wohnsitz 2006 gestellt, welche er am 23. Juli 2010 beantworten
liess. Das kantonale Steueramt nahm dazu am 23. August 2010 Stellung.
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1 ST.2009.336 1 DB.2009.209 | Die Rekurskommission zieht in Erwägung:
1. Der Pflichtige rügt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, da die Vorin-
stanz auf die Einwendungen in der Einsprache vom 4. Dezember 2008 bzw. 30. Januar
2009 nicht eingegangen sei.
a) Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör gemäss Art. 29 Abs. 2 der Bun-
desverfassung vom 18. April 1999 (BV) leitet sich unter anderem eine Begründungs-
pflicht der Behörden in Bezug auf ihre Entscheide ab. Welche Anforderungen an Inhalt
und Umfang der Begründung zu stellen sind, hängt vom konkreten Fall ab. Die Be-
gründung ist jedenfalls so abzufassen, dass der Steuerpflichtige dadurch in die Lage
versetzt wird, die Tragweite der Entscheidung zu erkennen und die Überlegungen
nachzuvollziehen, welche die Behörde ihrer Entscheidung zugrunde gelegt hat. Auf
diese Weise soll der Steuerpflichtige beurteilen können, ob und mit welchen Argumen-
ten er den Entscheid auf dem Rechtsmittelweg weiterziehen will. Schliesslich ermög-
licht die vorinstanzliche Begründung der Rechtsmittelbehörde die Überprüfung der an-
gefochtenen Entscheidung. Die Behörde muss sich nicht mit allen Parteistandpunkten
einlässlich auseinandersetzen und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegen.
Sie kann sich auf die für den Entscheid wesentlichen Gesichtspunkte beschränken
(Zweifel/Casanova, Schweizerisches Steuerverfahrensrecht, 2008, § 15 Rz. 42 f.; vgl.
auch BGr, 25. März 2010, 2C_514/2009, E. 3.1, www.bger.ch).
b) Der Pflichtige wirft dem kantonalen Steueramt vor, es sei auf seinen Ein-
wand in der Einsprache nicht eingegangen, dass die Bilanz der B auf Annahmen be-
ruht habe, welche sich in der Folge als falsch erwiesen hätten, und deshalb zu korrigie-
ren sei. Dieser Vorwurf trifft indessen nicht zu, wird doch im Einspracheentscheid die
Aktenlage dargelegt und dazu ausgeführt, dass einmal verwirklichte Sachverhalte
steuerlich nicht mehr rückgängig gemacht werden könnten. Ferner wird darauf verwie-
sen, dass der Zeitpunkt der Abschreibung für ihre Beurteilung massgebend sei. Damit
ist der Einwand des Pflichtigen behandelt worden und erweisen sich die Erwägungen
der Vorinstanz als ausreichend detailliert. Der Pflichtige war jedenfalls ohne Weiteres
in der Lage, die vorinstanzlichen Entscheide diesbezüglich gehörig anzufechten.
Weiter rügt er, dass das kantonale Steueramt zu seinem weiteren Einwand, er
habe keinen Wohnsitz in der Schweiz mehr, nicht Stellung genommen habe. Indessen
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1 ST.2009.336 1 DB.2009.209
hatte er hierzu in der Einsprache angemerkt, er behalte sich eine Einsprache aus die-
sem Grund vor. Wenn er sich die Geltendmachung dieses Einwands aber lediglich
vorbehält, bedeutet dass nach dem allgemeinen Verständnis, dass er ihn eben gerade
nicht erhebt, sondern sich als frei erachtet, ihn zu einem späteren Zeitpunkt vorzubrin-
gen. Damit bestand aber für die Vorinstanz auch keine Veranlassung, sich mit dieser
Frage auseinander zu setzen.
c) Der aus Art. 29 Abs. 2 BV fliessenden Begründungspflicht der Einsprache-
entscheide ist damit Genüge getan worden, weshalb sich die Rüge der Gehörsverlet-
zung als nicht stichhaltig erweist.
2. a) aa) Natürliche Personen sind im Recht der direkten Bundessteuer auf-
grund persönlicher Zugehörigkeit steuerpflichtig, wenn sie ihren steuerrechtlichen
Wohnsitz oder Aufenthalt in der Schweiz haben (Art. 3 Abs. 1 des Bundesgesetzes
über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990, DBG). Bei persönlicher Zuge-
hörigkeit ist die Steuerpflicht unbeschränkt; sie erstreckt sich aber nicht auf Geschäfts-
betriebe, Betriebsstätten und Grundstücke im Ausland (Art. 6 Abs. 1 DBG).
Gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung knüpft Art. 3 Abs. 1 DBG
an den zivilrechtlichen Wohnsitzbegriff des ZGB an, und zwar obwohl das DBG anders
als noch der Beschluss über die direkte Bundessteuer vom 9. Dezember 1940 (BdBSt;
in Kraft bis Ende 1994) nicht mehr ausdrücklich auf das ZGB verweist. Damit bleibt –
wie nach altem Recht – der einmal begründete Wohnsitz nach Art. 24 Abs. 1
ZGB grundsätzlich bis zum Erwerb eines neuen bestehen. Nicht entscheidend ist des-
halb, wann der Steuerpflichtige sich am bisherigen Wohnort abgemeldet oder diesen
verlassen hat. Begibt er sich ins Ausland, so hat er die direkte Bundessteuer zu ent-
richten, bis er nachweisbar im Ausland einen neuen Wohnsitz begründet hat (BGr,
3. Mai 2000 = StR 2000, 514; 16. Mai 2002, 2A.443/2001, www.bger.ch, E. 6.2; je mit
Hinweisen). In einem neueren Entscheid hat das Bundesgericht an dieser Rechtspre-
chung, die von Beraterseite kritisiert wird (vgl. für viele Bauer-Balmelli/Omlin, in: Kom-
mentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/2a, 2. A., 2008, Art. 8 N 23 DBG),
mit Bezug auf die Abgrenzung der internationalen Steuerhoheit ausdrücklich festgehal-
ten. Zur Begründung hat es darauf hingewiesen, dass jede andere Lösung die Mög-
lichkeit von Missbräuchen mit sich bringe, welche mit den Prinzipien des schweizeri-
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1 ST.2009.336 1 DB.2009.209
schen Steuerrechts unvereinbar seien (BGr, 26. Juli 2004, 2A.475/2003, www.bger.ch,
E. 2.2).
Der Wohnsitzbegriff nach Art. 3 Abs. 1 DBG setzt sich aus zwei Bestandteilen
zusammen. Zum Einen wird ein tatsächliches Aufhalten vorausgesetzt (objektives
Merkmal) und zum Andern muss eine Absicht dauernden Verbleibens bestehen (sub-
jektives Merkmal). Kumulativ müssen die beiden Merkmale vor allem bei der Begrün-
dung des steuerrechtlichen Wohnsitzes gegeben sein (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter,
Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009, Art. 3 N 8 f. DBG).
Obwohl es sich bei der Absicht des dauernden Verbleibens um ein subjektives
Merkmal handelt, ist es trotzdem nur anhand von äusserlich erkennbaren Indizien zu
ermitteln: Der Mittelpunkt der Lebensinteressen als Ort, wo sich eine natürliche Person
mit der Absicht des dauernden Verbleibens aufhält, bestimmt sich nach der Gesamtheit
der objektiven äusseren Umstände (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 3 N 18 DBG).
Als Absicht dauernden Verbleibens wird dabei nicht die Absicht vorausgesetzt, an die-
sem Ort auf Lebzeiten zu verweilen; es genügt, dass die Person dort auf unbestimmte
Zeit verweilen will, bis spätere Umstände Änderungen veranlassen. Dauerndes
Verbleiben bedeutet somit nicht etwa "für immer", sondern (eher) "nicht vorüber-
gehend" (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 3 N 17 DBG).
bb) Der Pflichtige führt aus, er habe die Schweiz nach der faktischen Tren-
nung von seiner früheren Ehefrau 2002 verlassen und sich nur noch im Zusammen-
hang mit dem Scheidungsverfahren bzw. geschäftlichen Besuchen in der Schweiz auf-
gehalten. Der Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen sei in Ostasien.
Da der Pflichtige seinen Wohnsitz in der Vergangenheit unstreitig in der
Schweiz (E) hatte, ist nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung von einem fortbe-
stehenden Wohnsitz auszugehen, solange er nicht einen neuen begründet hat. Der
Pflichtige hat indessen trotz Vorhalts in der Rekurs-/Beschwerdeantwort sowie Unter-
suchung in der Verfügung vom 1. Juli 2010 keine Umstände dargelegt, aus welchen
auf die Begründung eines Wohnsitzes im Ausland geschlossen werden könnte. Ein
solcher setzt ein tatsächliches Aufhalten mit der Absicht des dauernden Verbleibens
voraus, was in erster Linie aus der Gestaltung der konkreten Wohnverhältnisse hervor-
geht. Aus den Ausführungen des Pflichtigen in der Eingabe vom 23. Juli 2010 sind die-
se indessen in keiner Weise ersichtlich; es wird daraus nicht einmal klar, wo genau er
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1 ST.2009.336 1 DB.2009.209
einen neuen Wohnsitz begründet haben will. Zwar macht er geltend, er habe 2006 75
Tage in D und 230 Tage in F/Südasien verbracht; welchen dieser beiden Orte er selber
als Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen betrachtet, legt er nicht dar. Seine dortigen
Lebensverhältnisse sind zudem völlig im Dunkeln. Unklar ist, ob er an den genannten
Orten über eine eigene Wohnung verfügte, eine solche gemietet hatte oder ob er sich
jeweils in einem Hotel aufhielt, ferner die Grösse seiner Wohnstätte und ob er dort mit
jemandem zusammen lebte. Diesbezüglich sind aus den Unterlagen lediglich diverse
Wohnadressen in D ersichtlich; daraus lässt sich überhaupt nichts ableiten. In
F/Südasien ist nicht einmal die Wohnadresse bekannt. Zwar leben nach seiner Sach-
darstellung seine Mutter und ein Bruder in F; unbekannt ist indessen, ob er mit diesen
zusammen wohnte oder dort über eine eigene Wohnung verfügte und welchen Um-
gang er mit ihnen pflegte, sodass sich die Natur und das Gewicht seiner dortigen per-
sönlichen Beziehungen nicht beurteilen lassen. Nicht weiter hilft ihm das "Travel Log",
welches auf den Aus- und Einreisestempeln in seinem Pass basiert. Daraus ist zwar
ersichtlich, dass er sich zeitlich am häufigsten in F aufhielt; demgegenüber weisen alle
sonstigen Dokumente, welche er vorgelegt hat (Kreditkartenabrechnungen, Telefon-
rechnungen, Pay-TV-Kanal), einen Zusammenhang mit D auf. Die Verhältnisse, wel-
che einen Wohnsitz ausserhalb der Schweiz begründen, sind damit nicht substanziiert
dargetan worden.
Damit ist nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung von einem Fortbeste-
hen des hiesigen Wohnsitzes auszugehen und bleibt der Pflichtige auch für die Steu-
erperiode 2006 der schweizerischen Steuerhoheit unterworfen.
b) Gemäss § 3 Abs. 1 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) kommt es
auch im Bereich des Kantons- und Gemeindessteuerrechts für die unbeschränkte
Steuerpflicht darauf an, ob eine natürliche Person ihren Wohnsitz oder Aufenthalt im
Kanton C hat (vgl. auch Art. 3 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Harmonisierung
der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden vom 14. Dezember 1990, StHG).
Das Bundesgericht hat mit Blick auf die Wohnsitzaufgabe innerhalb der
Schweiz offen gelassen, ob Art. 3 Abs. 1 StHG bzw. dieser Bestimmung entsprechen-
de kantonale Normen wie § 3 Abs. 1 StG in der Weise auszulegen sind, dass sie für
den Verlust der unbeschränkten Steuerhoheit in einem Kanton nach Abmeldung und
Wegzug einer natürlichen Person die Begründung eines neuen Wohnsitzes in einem
anderen Kanton verlangen (vgl. immerhin BGr, 14. April 2009, 2C_576/2008 E. 3.3).
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1 ST.2009.336 1 DB.2009.209
Dabei hat das oberste Gericht für seine Zurückhaltung in diesem Punkt darauf verwie-
sen, dass die genannte Bestimmung des Steuerharmonisierungsgesetzes die Steuer-
hoheit der Kantone nicht beschränken dürfe (BGr, 26. Juli 2004, 2A.475/2003, E. 2.2;
vgl. auch Peter Locher, Einführung in das internationale Steuerrecht der Schweiz,
3. A., 2005, S. 229).
Hinsichtlich der Abgrenzung der Steuerhoheit gegenüber dem Ausland, d.h.
bei Wohnsitzaufgabe im Verhältnis zum Ausland, hat das Bundesgericht dagegen aus-
drücklich festgestellt, dass sich insoweit das Problem des Eingriffs in die kantonale
Steuerhoheit nicht stelle. In solchen Fällen sei Art. 3 Abs. 1 StHG vielmehr (bzw. sind
diesem entsprechende Normen des kantonalen Steuerrechts wie § 3 Abs. 1 StG)
ebenso wie Art. 3 Abs. 1 DBG auszulegen. Das bedeutet, dass die unbeschränkte
Steuerpflicht im internationalen Verhältnis auch hinsichtlich der Kantons- und Gemein-
desteuern erst mit der Begründung eines neuen Wohnsitzes im Ausland endet (BGr,
26. Juli 2004, 2A.475/2003, E. 2.2; insoweit daher überholt VGr, 21. November 2001 =
StE 2002 B 11.1 Nr. 17, E. 2d in fine).
Damit gelten die Erwägungen unter vorstehender Ziffer 2.a auch in Bezug auf
die Staats- und Gemeindesteuern, weshalb auch diesbezüglich von einem fortbeste-
henden Wohnsitz in E auszugehen ist.
3. Der Pflichtige macht geltend, nach dem Abkommen zwischen der Schweize-
rischen Eidgenossenschaft und der Republik D zur Vermeidung der Doppelbesteue-
rung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (nachfolgend
DBA) sei er in D ansässig, wo er auch seine Steuern vom Einkommen bezahle. Der
Schweiz stehe deshalb kein Recht zur Besteuerung zu. Als Beleg reicht er eine Ab-
rechnung der Steuerbehörden in D für die Steuerperiode 2006 ein.
a) Die Besteuerung von Gewinnausschüttungen aus Gesellschaften ist in
Art. 10 DBA geregelt. Dieser sieht für Dividenden die Besteuerungsbefugnis des An-
sässigkeitsstaats des Leistungsempfängers vor (Abs. 1); der Staat, in welchem die
leistende Gesellschaft ansässig ist, kann indessen eine begrenzte Steuer erheben
(Abs. 2). Die Bestimmung bezieht sich auf alle Einkünfte aus Aktien, insbesondere
auch auf verdeckte Gewinnausschüttungen (Abs. 5 sowie Locher, S. 380).
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1 ST.2009.336 1 DB.2009.209
Die Besteuerungsbefugnis richtet sich gemäss diesen Bestimmungen nach der
Ansässigkeit des Pflichtigen als Empfänger der Leistung. Massgebend hierfür ist Art. 4
DBA: Gemäss Abs. 1 dieser Vorschrift bestimmt sich die Ansässigkeit in erster Linie
nach dem internen Steuerrecht des jeweiligen Staates. Diese führt – wie bereits ausge-
führt – nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zur Bejahung der Ansässigkeit
des Pflichtigen in der Schweiz. Für den Fall, dass die Steuerbehörden von D von der
dortigen Ansässigkeit des Pflichtigen ausgehen, sieht sodann Art. 4 Abs. 2 DBA eine
stufenweise Anknüpfungsregelung vor.
b) Der Pflichtige hat indessen nicht dargetan, dass die Steuerbehörden in D
ebenfalls von einer dortigen Ansässigkeit des Pflichtigen ausgehen. Aus der einge-
reichten, nicht datierten Abrechnung geht weder der Namen des Steuersubjekts (be-
steuerte Person) noch das Steuerobjekt hervor; beide Angaben sind indessen für
Steuerveranlagungen unentbehrlich und werden in der Regel genannt. Wohl erscheint
oben links in der Abrechnung der Name des Pflichtigen samt Adresse ("c/o B..."); da-
bei könnte es sich indessen auch bloss um eine Adressangabe handeln. Da der Pflich-
tige nach eigenem Dafürhalten eine weitere Gesellschaft mit dem Namen B in D unter-
hält, ist auch möglich, dass sich die Abrechnung auf diese bezieht.
Selbst wenn sich aber die Abrechnung auf den Pflichtigen bezieht, ist nicht dar-
getan, dass D damit die Besteuerung kraft seiner Ansässigkeit beansprucht. Bei nicht
ansässigen Steuerpflichtigen darf das Einkommen aus unselbstständiger Erwerbstätig-
keit nämlich laut Art. 14 Abs. 1 DBA von den Steuerbehörden am Arbeitsort besteuert
werden. Der Pflichtige bezieht einen Lohn von der B in D, welcher demnach dort zu
versteuern ist; entsprechend hat der Steuerkommissär dieses unselbstständige Er-
werbseinkommen (von Fr. 47'298.-) in der Einschätzung ausgeschieden. Die Abrech-
nung kann demnach auch die beschränkte Besteuerung des Arbeitseinkommens ge-
mäss Art. 14 Abs. 1 DBA zum Inhalt haben und stellt daher keinen Beweis für die
Ansässigkeit des Pflichtigen in D nach dem dortigen Recht dar.
c) Damit liegt für die Steuerbehörden in der Schweiz kein Grund vor, von sich
aus auf die Besteuerung des Pflichtigen kraft Ansässigkeit zu verzichten.
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1 ST.2009.336 1 DB.2009.209
4. Streitig ist die Qualifikation der Abschreibung eines Aktionärsdarlehens von
Fr. 380'000.- in der Jahresrechnung 2006 der B, welche der Steuerkommissär dem
Pflichtigen als verdeckte Gewinnausschüttung aufgerechnet hat.
a) Der Pflichtige wendet sich gegen diese Aufrechnung. Im Einschätzungsver-
fahren machte er gemäss Schreiben vom 5. Mai 2008 geltend, die B habe ihm und
seiner damaligen Ehefrau ein Darlehen von Fr. 380'000.- im Zusammenhang mit dem
Erwerb ihres Einfamilienhauses in E gewährt. 2006 sei die Ehe geschieden und das
Einfamilienhaus der geschiedenen Ehefrau zugeteilt worden; somit habe die B das
Darlehen abgeschrieben und die Schuld erlassen. Die geschiedene Ehefrau habe ihm
zudem Fr. 100'000.- ausrichten müssen, wovon er Fr. 90'000.- auf sein Kontokorrent
bei der B einbezahlt habe. Mit der Einsprache machte er dagegen geltend, das Darle-
hen sei irrtümlicherweise nicht mehr deklariert worden; korrekterweise habe dieses
weiterhin bestanden, und die Überweisung von Fr. 90'000.- am 8. Dezember 2006 sei
eine Rückzahlung gewesen, sodass das Darlehen per 31. Dezember 2006 nur noch
Fr. 255'010.60 betragen habe.
Mit dem Rekurs bzw. der Beschwerde führt er erneut aus, die Bilanz 2006 der
B sei nicht korrekt, da bei ihrer Erstellung von falschen Annahmen in Bezug auf das
Scheidungsurteil ausgegangen worden sei. Ursprünglich sei erwartet worden, dass die
Ehefrau mit der Liegenschaft auch die Schuld von Fr. 380'000.- übernehme, und ein
als Sicherheit dienender Schuldbrief von Fr. 550'000.- im 2. Rang an diese herausge-
geben werden müsse. Damit sei das Darlehen als gefährdet erschienen und die Ab-
schreibung erfolgt. Erst nach Vorliegen des Scheidungsurteils sei erkannt worden,
dass der Pflichtige weiterhin Schuldner bleibe, was aber im Jahresabschluss 2006
nicht mehr habe berücksichtigt werden können. Hingegen sei der Abschluss 2007 ent-
sprechend angepasst worden.
b) Nach Art. 20 Abs. 1 lit. c DBG bzw. § 20 Abs. 1 lit. c StG sind u.a. Einkünfte
aus beweglichem Vermögen steuerbar, wie Dividenden, Gewinnanteile, Liquidations-
überschüsse, Kapitalrückzahlungen für Gratisaktien und geldwerte Vorteile aus Beteili-
gungen aller Art. Zu den letztgenannten Leistungen gehören namentlich auch offene
und verdeckte Gewinnausschüttungen sowie Zuwendungen von Aktiengesellschaften
an die Anteilsinhaber oder ihnen nahestehende Dritte, die einem Aussenstehenden
nicht oder zumindest nicht in gleichem Masse gewährt würden. Geldwerte Leistungen
in letzterem Sinn sind nach der Rechtsprechung immer dann anzunehmen, wenn (a)
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die Gesellschaft keine oder keine gleichwertige Gegenleistung erhält, (b) der Aktionär
bzw. Anteilsinhaber direkt oder indirekt (z.B. über eine ihm nahestehende Person oder
Unternehmung) einen Vorteil erhält, der einem Dritten unter gleichen Bedingungen
nicht zugebilligt worden wäre, die Leistung also insofern ungewöhnlich ist, und (c) der
Charakter dieser Leistung für die Gesellschaftsorgane erkennbar war (vgl. BGE 119 Ib
116 E. 2 S. 119 f.; 115 Ib 274 E. 9b S. 279; ASA 69, 202 E. 2; 68, 246 E. 3a; je mit
weiteren Hinweisen).
Der Grund solcher Vorteilszuwendungen liegt nicht in der Geschäftstätigkeit der
Gesellschaft, sondern im Beteiligungsverhältnis. Mit der Ausrichtung von geldwerten
Vorteilen kommt die Gesellschaft nicht geschäftlichen Verpflichtungen nach, sondern
verwendet Gewinn im Interesse ihrer Aktionäre (Art. 660 OR; Markus Reich, Verdeckte
Vorteilszuwendungen zwischen verbundenen Unternehmen, in: ASA 54, 621 f.). Ob
eine Leistung der Gesellschaft an den Inhaber von Beteiligungsrechten gerade wegen
dieser Eigenschaft erfolgt ist und einem Dritten nicht erbracht worden wäre, sodass sie
als eine für jenen steuerbare Zuwendung gelten muss, bestimmt sich danach, ob die
Leistung ungewöhnlich ist und sich mit einem sachgemässen Geschäftsgebaren nicht
vereinbaren lässt, also als geschäftsmässig nicht begründet erscheint (BGE 113 Ib 23
E. 2c). Anzustellen ist dazu ein Drittvergleich. Dabei sind in jedem Einzelfall alle kon-
kreten Umstände des zwischen der Gesellschaft und dem Anteilseigner abgeschlosse-
nen Geschäfts zu berücksichtigen und es muss davon ausgehend bestimmt werden,
ob das Geschäft in gleicher Weise mit einem der Gesellschaft nicht Verbundenen auch
abgeschlossen worden wäre (BGr, 10. November 2000 = StE 2001 B 24.4 Nr. 58 und
ASA 66, 554 und 559).
Darlehen an Aktionäre oder diesen nahestehende Personen können in ver-
schiedenen Konstellationen verdeckte Gewinnausschüttungen darstellen. Denkbar ist
zunächst, dass bereits die Darlehensgewährung als eine solche zu qualifizieren ist; das
ist der Fall, wenn das Darlehen simuliert ist, d.h. der Darlehensgläubiger mit einer
Rückzahlung gar nie ernsthaft rechnet und der Darlehensschuldner eine solche gar nie
ernsthaft beabsichtigt. Besteht zwar zunächst ein Rückforderungs- bzw. Rückzah-
lungswille, geht indessen während der Laufzeit des Darlehens aus der Gesamtheit der
Umstände hervor, dass dieser ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr vorhanden
ist (z.B. Darlehen mit dauernder Aufsummierung der Darlehenszinsen), so erfolgt die
verdeckte Gewinnausschüttung während der Laufzeit zu jenem Zeitpunkt, ab dem
Rückforderungs- bzw. Rückzahlungswille erlöschen. Schliesslich kann eine verdeckte
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Gewinnausschüttung auch im Zusammenhang mit dem Erlöschen der Darlehensforde-
rung erfolgen, nämlich dann, wenn die Gesellschaft ohne sachlichen Grund auf die
Rückzahlung des Darlehens verzichtet (vgl. zum Ganzen Louis Bochud, Darlehen an
Aktionäre, 1991, S. 293 ff.).
Ist das Darlehen von Anfang an simuliert, so wird die Einkunft aus verdeckter
Gewinnausschüttung beim Empfänger bereits im Zeitpunkt der Darlehensaufnahme
realisiert. Bei einer verdeckten Gewinnausschüttung während der Laufzeit des Darle-
hens gilt das Einkommen beim Empfänger dann als realisiert, wenn der Rückforde-
rungs- bzw. Rückzahlungswille erlischt, d.h. wenn der Anteilsinhaber den eindeutigen
Willen äussert, die Mittel seiner Gesellschaft zu entziehen, bzw. diese Absicht den
Steuerbehörden erkennbar wird (BGr, 13. Dezember 2006, ASA 66, 554, E. 5 S. 562).
Bei einer verdeckten Gewinnausschüttung im Zusammenhang mit dem Erlöschen der
Darlehens(rück)forderung ist das entsprechende Einkommen realisiert, wenn (und so-
weit) die Gesellschaft auf die Rückzahlung des Darlehens verzichtet bzw. dieses ganz
oder teilweise erfolgswirksam ausbucht.
Bei einer verdeckten Gewinnausschüttung handelt es sich um eine steuer-
erhöhende Tatsache, für die nach der allgemeinen Beweislastregel die Steuerbehörde
die Beweislast trägt (vgl. VGr, 3. Oktober 1989 = StE 1991 B 24.4 Nr. 27). Spricht für
das Vorhandensein einer Tatsache allerdings eine natürliche Vermutung, gilt der Be-
weis als vorläufig erbracht und wird er endgültig, wenn nicht erfolgreich ein Gegenbe-
weis angetreten und geführt wird (Daniel Schär, Grundsätze der Beweislastverteilung
im Steuerrecht, 1998, S. 253 f. mit Hinweis).
c) Bei den Akten liegen keine Kontoauszüge der B, aus welchen die Abschrei-
bung des Darlehens unmittelbar hervorginge. Indessen ist in der Bilanz der B per
31. Dezember 2005 noch ein Aktivum "Darlehen an nahestehende Person" von
Fr. 380'000.- enthalten, in der Bilanz per 31. Dezember 2006 hingegen nicht mehr. Der
Schluss auf die Abschreibung wird dadurch untermauert, dass die Erfolgsrechnung
2006 einen Verlust von Fr. 162'522.- aufweist, gegenüber einem Gewinn von
Fr. 7'550.- im Vorjahr. Der Pflichtige selbst bestätigt zudem in seiner Sachdarstellung,
dass das Darlehen zu Lasten der Erfolgsrechnung ausgebucht worden ist. Davon ist im
Folgenden auszugehen. Weiter ist nicht bestritten, dass der Pflichtige ursprünglich
Schuldner des Darlehens sowie immer Eigentümer der B war.
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Gemäss Angaben des kantonalen Steueramts ist die B am 10. Februar 2008 für
die Steuerperiode 1.1. - 31.12.2006 entsprechend der eingereichten Bilanz, d.h. mit
dem aus der Abschreibung des Darlehens resultierenden Verlust eingeschätzt worden
und ist die Einschätzung in Rechtskraft erwachsen. Ein Nachsteuerverfahren ist nach
dem Aktenstand nicht durchgeführt worden; das vorliegende Verfahren kann indessen
auch ohne das Ergebnis eines solchen abzuwarten entschieden werden.
aa) Der Pflichtige begründete die Abschreibung ursprünglich damit, dass das
Darlehen im Zusammenhang mit dem Erwerb der Liegenschaft in E gewährt worden
und durch einen Schuldbrief auf dieser gesichert gewesen sei. Bei Erstellung des Jah-
resabschlusses 2006 sei die B davon ausgegangen, dass die frühere Ehefrau nach der
Scheidung die Schuld übernehmen werde, und die B einen Schuldbrief auf der Liegen-
schaft in E, welcher als Sicherheit gedient habe, herausgeben müsse. Die frühere Ehe-
frau sei aber nicht in der Lage gewesen, die Schuld zurückzubezahlen, weshalb das
Darlehen habe abgeschrieben werden müssen. Erst nach Erstellung des Jahresab-
schlusses habe sich ergeben, dass diese Annahmen falsch gewesen seien. Das
Scheidungsurteil habe überraschenderweise die Schuld von Fr. 380'000.- dem Pflichti-
gen zugewiesen; das Urteil sei ihm erst am 4. Juni 2008 von seinem Rechtsanwalt
ausgehändigt worden.
Vorweg ist festzuhalten, dass diese ursprüngliche Begründung für die Ab-
schreibung zu einer Qualifizierung derselben als verdeckte Gewinnausschüttung führt.
Nach dem Grundsatz des Drittvergleichs ist massgebend, ob das Geschäft in gleicher
Weise mit einem der Gesellschaft nicht Verbundenen auch abgeschlossen worden
wäre. Hätte die behauptete Annahme des Pflichtigen und damit der B bezüglich der
Schuldübernahme durch die ehemalige Ehefrau und Herausgabe des Schuldbriefs
zugetroffen, hätte dies von der B ein Verhalten verlangt, welches von einem unabhän-
gigen Dritten nicht zu erwarten gewesen wäre. Die Schuldübernahme setzt einen ent-
sprechenden Antrag des neuen Schuldners an den Gläubiger und dessen Annahme
voraus (Art. 176 OR). Eine Anzeige der Schuldübernahme durch die frühere Ehefrau
ist indessen nie erfolgt, da ein Schuldnerwechsel eben gerade nie stattfand. Ein
Schuldnerwechsel war demnach bereits obligationenrechtlich unmöglich. Für einen
unabhängigen Dritten wäre zudem kein Grund ersichtlich gewesen, einer Schuldüber-
nahme und einem Verzicht auf den Schuldbrief als Sicherheit zuzustimmen und auf
diese Weise seine Position grundlos zu verschlechtern. Vielmehr ist offenkundig, dass
mit diesem Vorgehen die B ohne Gegenleistung des Pflichtigen dessen privaten Ver-
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pflichtungen im Zusammenhang mit der Scheidung erfüllt hätte. Dementsprechend ist
aber die Ausbuchung des Darlehens nicht als Abschreibung, sondern Gewinnverwen-
dung auf Anweisung des Pflichtigen als ihres Aktionärs zu werten.
bb) Der Pflichtige hielt mit der Einsprache nicht mehr an dieser Sachdarstellung
fest und machte stattdessen geltend, dass für die Abschreibung keine Veranlassung
bestanden habe, sondern diese auf einem Irrtum über die Scheidungsfolgen beruht
habe, weshalb sie rückgängig zu machen sei. Er begründete den Irrtum damit, dass
das Scheidungsurteil erst nach der Erstellung des Jahresabschlusses bekannt gewor-
den sei. Diese Erklärung, welche der Pflichtige auch mit dem Rekurs vorbringt, über-
zeugt indessen nicht, widerspricht sie doch den Akten. Das Scheidungsurteil wurde am
31. Oktober 2006 gefällt. Darin wurde eine Vereinbarung über die Scheidungsfolgen
vom 11. Mai 2006 samt ergänzender Vereinbarung vom 8./11. September 2006 ge-
nehmigt. Gemäss Ziff. 5.e dieser Vereinbarung übernimmt der Gesuchsteller, d.h. der
Pflichtige, allfällige noch offene Schulden gegenüber der B zur alleinigen Bezahlung.
Die Vereinbarung stand zudem unter dem Vorbehalt, dass eine Bank bis 31. Oktober
2006 einer Aufstockung der Hypothek auf der Liegenschaft in E um Fr. 100'000.- zu-
stimmt (Ziff. 9 der Vereinbarung), ferner war eine Ausgleichszahlung der früheren Ehe-
frau vorgesehen, wovon sie die ersten Fr. 100'000.- bei Rechtskraft des Urteils zu be-
zahlen hatte (Ziff. 5.c der Vereinbarung). Die Erhöhung der Hypothek ist dann vor
Fällung des Urteils auch tatsächlich erfolgt (Dispositiv-Ziffer 2 des Urteils). Es ist abso-
lut unglaubwürdig, dass der Inhalt der eigenen, im Lauf des Jahres 2006 abgeschlos-
senen Scheidungsvereinbarung dem Pflichtigen im späteren Zeitpunkt der Erstellung
des Jahresabschlusses der B für das Geschäftsjahr 2006 nicht bekannt war. Zudem
dürfte wohl auch die Erhöhung der Hypothek nicht ohne seine Mitwirkung möglich ge-
wesen sein. Weiter machte er selber geltend, dass er von der Zahlung von
Fr. 100'000.-, die seine frühere Ehefrau gestützt auf diese Vereinbarung leisten muss-
te, Ende 2006 Fr. 90'000.- als Kapitaleinlage in die B eingebracht hatte, und reichte er
einen entsprechenden Auszug aus seinem Kontokorrentkonto bei der B ein. Überdies
ist erneut darauf hinzuweisen, dass die B ja nie eine Anzeige über die Schuldüber-
nahme erhalten hat, sodass nicht erkennbar ist, weshalb sie irrtümlich daraus folgende
Buchungen hätte vornehmen sollen. Die Kenntnisse des Pflichtigen sind der B zudem
direkt zuzurechnen, war er doch Präsident bzw. Mitglied des Verwaltungsrats mit Ein-
zelzeichnungsberechtigung.
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1 ST.2009.336 1 DB.2009.209
Insgesamt ist deshalb zu schliessen, dass das Darlehen zu einem Zeitpunkt
abgeschrieben wurde, als aufgrund der Scheidungskonvention eben gerade bekannt
war, dass er dieses alleine zu übernehmen hatte. Daraus folgt, dass die Abschreibung
des Darlehens durchaus beabsichtigt war, und dass dafür – mangels Darlegung ande-
rer Gründe – keine andere Erklärung ersichtlich ist als die Absicht, den Pflichtigen
durch Erlass der Schuld zu begünstigen.
cc) Wie bereits erwähnt, erfolgt eine verdeckte Gewinnausschüttung dann,
wenn der Rückforderungs- bzw. Rückzahlungswille erlischt, d.h. wenn der Anteilsinha-
ber den eindeutigen Willen äussert, die Mittel seiner Gesellschaft zu entziehen, bzw.
diese Absicht den Steuerbehörden erkennbar wird. Bei einer verdeckten Gewinnaus-
schüttung im Zusammenhang mit dem Erlöschen der Darlehens(rück)forderung ist das
entsprechende Einkommen realisiert, wenn (und soweit) die Gesellschaft auf die Rück-
zahlung des Darlehens verzichtet bzw. dieses ganz oder teilweise erfolgswirksam aus-
bucht. Dies ist im vorliegenden Fall mit der erfolgswirksamen Ausbuchung des Darle-
hens in der Jahresrechnung 2006 geschehen, weshalb die verdeckte Gewinnaus-
schüttung in diesem Zeitpunkt zugeflossen ist.
dd) Der Pflichtige will die Abschreibung des Darlehens nachträglich ungesche-
hen machen, da die Voraussetzungen für eine Revision der rechtskräftigen Veranla-
gung 2006 der B erfüllt seien.
Der Einkommenszufluss ist ein faktischer Vorgang, der damit abgeschlossen
ist, dass der Steuerpflichtige die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die zugeflosse-
nen Vermögenswerte innehat (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 210 N 20 DBG bzw.
§ 50 N 21 StG). Als faktischer Vorgang sind für die Beurteilung die Verhältnisse im
Zeitpunkt der Vornahme der betreffenden Handlungen massgebend. Bei der Erklärung
der B über die Abschreibung des Darlehens handelt es sich um einen Vorgang in der
Vergangenheit, welcher sich nicht nachträglich mit Wirkung auf die Bemessungsperio-
de 2006 rückgängig machen lässt. Wenn im Jahresabschluss 2007 der B das Darlehen
wieder eingebucht wurde, hilft dies dem Pflichtigen demnach nicht weiter.
Der Pflichtige beruft sich für das Ansinnen einer Revision der Einschätzung
2006 der B darauf, dass der wahre Inhalt des Scheidungsurteils bei Erstellung des Jah-
resabschlusses nicht bekannt gewesen sei. Wie bereits festgehalten, kann diese
Sachdarstellung indessen nicht zutreffen, sondern ist davon auszugehen, dass die
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1 ST.2009.336 1 DB.2009.209
wahre Situation bekannt war und die Begünstigung des Pflichtigen durch Abschreibung
des Darlehens durchaus beabsichtigt war. Es fehlt deshalb bereits an einer neuen Tat-
sache. Eine Revision der Veranlagung 2006 der B ist damit bereits aus diesem Grund
nicht zulässig, weshalb auch kein Anlass besteht, von einer Aufrechnung der verdeck-
ten Gewinnausschüttung beim Pflichtigen abzusehen.
5. Gestützt auf diese Erwägungen ist der Rekurs bzw. die Beschwerde abzu-
weisen. Ausgangsgemäss sind die Verfahrenskosten dem Pflichtigen aufzuerlegen
(Art. 144 Abs. 1 DBG und § 151 Abs. 1 StG). | Public | Tax | de | 2,010 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
cf665e8f-d74b-4486-b7be-b29c66631134 | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend die Pflichtige) ist sowohl in der Schweiz als auch internatio-
nal als Künstlerin tätig. In der Steuererklärung 2007 deklarierte sie ein steuerbares
Einkommen im Kanton Zürich bzw. in der Schweiz von Fr. 183'400.- (Staats- und Ge-
meindesteuern) bzw. Fr. 184'592.- (direkte Bundessteuer). Zusätzlich gab sie Beträge
von Fr. 124'393.- respektive Fr. 125'163.- an steuerbaren Einkünften im Ausland an.
Der Steuerkommissär unterbreitete der Pflichtigen am 19. Februar 2010 für
die Staats- und Gemeindesteuern 2007 einen Einschätzungsvorschlag mit einem steu-
erbaren Einkommen von Fr. 247'700.- (satzbestimmend Fr. 339'000.-) und einem steu-
erbaren Vermögen von Fr. 83'000.-. Mit Veranlagungsvorschlag für die direkte Bun-
dessteuer 2007 gleichen Datums setzte der Steuerkommissär das steuerbare
Einkommen auf Fr. 249'100.- fest (satzbestimmend Fr. 340'900.-). Die Pflichtige liess
mit Schreiben vom 16. März 2010 vorbringen, die Beiträge für die AHV und die Säule
3a seien vollumfänglich vom Erwerbseinkommen, das in der Schweiz erzielt worden
sei, abzuziehen; eine teilweise Verlegung auf das Auslandseinkommen sei nicht ge-
rechtfertigt. Sie beantragte daher, das steuerbare Einkommen auf Fr. 218'300.- (satz-
bestimmend Fr. 339'000.-) festzulegen.
Mit Entscheid bzw. Hinweis vom 22. März 2010 wurde die Pflichtige für die
Steuerperiode 2007 gemäss den Vorschlägen eingeschätzt bzw. veranlagt. Die formel-
le Eröffnung der Veranlagungsverfügung für die direkte Bundessteuer erfolgte mit
Steuerrechnung vom 12. April 2010.
B. Mit Einsprachen vom 16. April 2010 brachte die Pflichtige insbesondere
vor, die Abzüge für die AHV-Beiträge und die Beiträge an die Säule 3a seien aus-
schliesslich vom in der Schweiz erzielten Einkommen abzuziehen. Das kantonale
Steueramt wies die Einsprachen mit Entscheiden vom 11. August 2010 ab.
C. Mit Eingaben vom 13./16. September 2010 liess die Pflichtige Beschwerde
bzw. Rekurs erheben und beantragen, das steuerbare Einkommen auf Fr. 156'500.-
und das satzbestimmende Einkommen auf Fr. 339'000.- (Staats- und Gemeindesteu-
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1 DB.2010.205 1 ST.2010.286
ern) respektive auf Fr. 158'400.- und Fr. 340'900.- (direkte Bundessteuer) festzusetzen;
unter Kosten- und Entschädigungsfolgen. Sie stellte sich nun im Wesentlichen auf den
Standpunkt, es seien auch die Gewinnungskosten vollumfänglich von der Schweiz zu
tragen und es sei das im Ausland erzielte Bruttoeinkommen von der Besteuerung aus-
zunehmen. Mit Beschwerde-/Rekursantwort vom 5. Oktober 2010 beantragte das kan-
tonale Steueramt Abweisung der Rechtsmittel unter Kostenfolge. Die Eidgenössische
Steuerverwaltung verwies mit Eingabe vom 12./15. November 2010 auf die Rekurs-/
Beschwerdeantwort des kantonalen Steueramts. | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. Die bisherigen Steuerrekurskommissionen sind per 1. Januar 2011 zum
Steuerrekursgericht mutiert (vgl. §§ 112 - 118a und §§ 147 - 153 des Steuergesetzes
in den Fassungen vom 8. Juni 1997 bzw. 13. September 2010). Die vorliegenden, noch
bei der Steuerrekurskommission I eingegangenen Geschäfte sind als Folge dieser Än-
derung der 1. Abteilung des Steuerrekursgerichts zugeteilt worden. Sie werden unter
den bisherigen Geschäftsnummern weitergeführt.
2. a) Anders als noch im Einspracheverfahren, wo es der Pflichtigen bloss um
die Abzugsfähigkeit der AHV-Beiträge als Selbstständigerwerbende bzw. der geleiste-
ten Beiträge an die Säule 3a ging, verlangt sie nun im vorliegenden Verfahren die Fest-
legung des steuerbaren Einkommens auf Fr. 156'500.- (Staats- und Gemeindesteuern)
bzw. Fr. 158'400.- (direkte Bundessteuer). Diese Beträge ergeben sich, wenn vom
satzbestimmenden (Netto-)Einkommen gemäss Einspracheentscheiden die Einkünfte
aus selbstständiger Erwerbstätigkeit im Ausland von brutto Fr. 182'552.- abgezogen
werden. Die Vorinstanz hat demgegenüber bei den im Ausland erzielten Einkünften
insbesondere den diesen direkt und indirekt zuordenbaren Aufwand berücksichtigt und
abgezogen. Somit ist umstritten, wie das steuerbare Einkommen zu bemessen ist,
nicht jedoch die Höhe des (weltweit erzielten) satzbestimmenden Einkommens von
Fr. 339‘000.- bzw. Fr. 340‘900.-.
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1 DB.2010.205 1 ST.2010.286
b) Die Pflichtige hat unbestrittenermassen steuerrechtlichen Wohnsitz in C,
weshalb sie aufgrund persönlicher Zugehörigkeit in der Schweiz grundsätzlich unbe-
schränkt steuerpflichtig ist (Art. 3 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer
vom 14. Dezember 1990 [DBG]; § 3 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 [StG]). Al-
lerdings hat sie im relevanten Zeitraum als Künstlerin auch in Deutschland, Finnland
und Oesterreich Auftritte wahrgenommen. Die Einkünfte daraus stammen aus selbst-
ständiger Erwerbstätigkeit.
Hat ein Künstler oder Sportler seinen steuerrechtlichen Wohnsitz in der
Schweiz, so sind Einkünfte aus seiner Tätigkeit in der Schweiz steuerpflichtig, auch
wenn sie im Ausland erzielt werden. Ohne Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) be-
steht deshalb die Gefahr einer Doppelbesteuerung, weil diese Einkünfte oft auch im
Staat besteuert werden, wo der Auftritt erfolgt (i.d.R. Quellensteuer analog zu Art. 92
DBG in der Schweiz; Mäusli-Allenspach/Oertli, Das schweizerische Steuerrecht, 6. A.,
2010, S. 587). Allfällige DBAs beschränken die Steuerhoheit der Schweiz (sog. negati-
ve Wirkung der DBAs, vgl. dazu statt vieler Peter Locher, Einführung in das internatio-
nale Steuerrecht der Schweiz [im Folgenden: internationales Steuerrecht], 3. A., 2005,
S. 95).
c) aa) Bei Künstlern ist Art. 17 Abs. 1 des OECD-Musterabkommens auf dem
Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen von 1992 (im Folgenden
OECD-MA) zu beachten, wonach Einkünfte, die eine in einem Vertragsstaat ansässige
Person als Künstler (z.B. Musiker) aus ihrer im anderen Vertragsstaat persönlich aus-
geübten Tätigkeit bezieht, im anderen Staat besteuert werden "können". Art. 17 Abs. 1
des DBA mit Deutschland vom 11. August 1971 (SR 0.672.913.62, DBA-D) entspricht
Art. 17 Abs. 1 OECD-MA (vgl. Locher/Meier/von Siebenthal/Kolb, Doppelbesteuerungs-
abkommen Schweiz-Deutschland, Band 7, B 17.1 Nr. 1). Dies gilt ebenso für Art. 17
Abs. 1 des DBA mit Oesterreich vom 30. Januar 1974 (SR 0.672.916.31, in der seit
1. Februar 2007 geltenden Fassung, DBA-A) und Art. 17 Abs. 1 des DBA mit Finnland
vom 16. Dezember 1991 (SR 0.672.934.51, DBA-FIN; vgl. auch Martin Grossmann,
Die Besteuerung des Künstlers und Sportlers im internationalen Verhältnis, 1992,
S. 137 ff.; ferner Xavier Oberson, Problèmes récents posés par l'imposition des artistes
et sportifs non-résidents, in: Locher/Rolli/Spori, Festschrift Walter Ryser, 2005,
S. 167 ff.).
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1 DB.2010.205 1 ST.2010.286
bb) Für die Auslegung der von der Schweiz nach dem Vorbild des OECD-MA
geschlossenen DBA ist der OECD-Kommentar zu den Artikeln des Musterabkommens
von erheblicher Bedeutung (BGr, 6. Mai 2007, 2C_276/2007, E. 5.3, www.bger.ch,
unter Hinweis auf den Kommentar zum Musterabkommen auf dem Gebiete der Steu-
ern vom Einkommen und Vermögen, deutsche Übersetzung der von der OECD in eng-
lischer und deutscher Sprache veröffentlichten Originalausgabe, Berlin 1994; aktuell
jedoch Model Tax Convention on Income and on Capital, Condensed Version, 17 July
2008, OECD Committee on Fiscal Affairs [im Folgenden: OECD-Kommentar]).
d) Währenddem Art. 17 OECD-MA die (mögliche) Besteuerung im Quellen-
staat bzw. "Auftrittsstaat" regelt, die Besteuerung im Ansässigkeitsstaat aber offen
lässt, widmen sich Art. 23 A und B OECD-MA der Frage, wie die Vertragsstaaten eine
Doppelbesteuerung vermeiden können. Vorliegend geht es um die Frage, wie die im
Ausland erzielten Einkünfte zu bemessen bzw. in welchem Ausmass sie in der
Schweiz von der Besteuerung auszunehmen sind, weshalb es die beiden erwähnten
Regelungsgebiete genauer zu betrachten und voneinander abzugrenzen gilt.
3. a) aa) Gemäss OECD-Kommentar äussert sich Art. 17 Abs. 1 OECD-MA
nicht darüber, wie die Einkünfte zu bemessen sind (OECD-Kommentar Art. 17 N 10,
auch zum Folgenden). Es sei Sache der innerstaatlichen Gesetzgebung der Vertrags-
staaten, den Umfang jeglicher Abzüge für Ausgaben festzulegen. Innerstaatliche Ge-
setze regelten diesen Bereich unterschiedlich. Einige Staaten würden eine Quellen-
besteuerung vorsehen, die sich an den Brutto-Einkünften orientiere, die den Künstlern
und Sportlern ausgerichtet werde. Andere Staaten möchten der Ansicht sein, die Be-
steuerung des Bruttoeinkommens sei unter gewissen Umständen nicht angebracht und
wollten den Steuerpflichtigen die Möglichkeit geben, auf der Netto-Grundlage besteuert
zu werden. Für diese Fälle schlägt das Komitee für Steuerangelegenheiten im revidier-
ten OECD-Kommentar eine Bestimmung vor, wonach – zusammengefasst – der
Künstler oder Sportler beim "anderen Staat" (d.h. beim Quellenstaat) um Besteuerung
auf der Netto-Grundlage ersuchen könne, wobei Abzüge gestattet würden, die einem
im "anderen Staat" Ansässigen in vergleichbaren Umständen gewährt würden (vgl. zur
diesbezüglichen Änderung des OECD-Kommentars Christiana Panayi, Recent Deve-
lopments regarding the OECD Model Convention and EC Law, European Taxation
2007, S. 452 ff., 454; zu den EuGH-Entscheiden Gerritse und Scorpio Konzertproduk-
tionen, wonach tendenziell gewisse Ausgaben steuermindernd geltend gemacht wer-
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den können auch Frank Stockmann, in: Vogel/Lehner, Doppelbesteuerungsabkommen
Kommentar, 5. A., 2008 [DBA-Kommentar], Art. 17 N 67a+b).
bb) Die Schweiz hat bisher in keinem der vorliegend anwendbaren DBAs
(DBA-D, DBA-A, DBA-FIN) eine entsprechende Anpassung von Art. 17 vorgenommen,
weshalb nach wie vor gilt, dass die DBAs die Bemessung der im Nichtansässigkeits-
staat erzielten Einkünfte nicht vorschreiben und das innerstaatliche Recht (der Quel-
lenstaaten) diesbezüglich massgeblich ist. Auf der anderen Seite ist festzuhalten, dass
Art. 17 OECD-MA bzw. die gleichlautenden Bestimmungen der relevanten DBAs auch
den Ansässigkeitsstaat bei der Bestimmung der für die Steuerbefreiung massgeblichen
Einkünfte nicht einschränken.
b) aa) Art. 23 A und B OECD-MA überlässt den Vertragsstaaten unterschiedli-
che Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung: die Befreiungsmethode mit
Progressionsvorbehalt oder die Anrechungsmethode (vgl. dazu im Einzelnen OECD-
Kommentar Art. 23 A und B, N 13 ff. bzw. Klaus Vogel, in: DBA-Kommentar, Art. 23
N 1 Ziff. 13 ff.; Stockmann, Art. 17 N 5; Locher, internationales Steuerrecht, S. 88). Die
beiden Artikel enthalten keine ins Einzelne gehende Regeln über die Berechnung des
Befreiungs- oder Anrechnungsbetrags; dies bleibt dem entsprechenden innerstaatli-
chen Recht und der innerstaatlichen Praxis überlassen (OECD-Kommentar Art. 23
N 32).
bb) Die Schweiz hat sich entsprechend Art. 23 A OECD-MA für die (unbeding-
te) Befreiung mit Progressionsvorbehalt entschieden (vgl. dazu Locher, internationales
Steuerrecht, S. 487; die einschlägigen Bestimmungen finden sich in Art. 23 Abs. 1
DBA-A, Art. 24 Abs. 2 Ziff. 1 DBA-D und Art. 23 Abs. 2 lit. a in Verbindung mit Abs. 3
DBA-FIN). Art. 23 A OECD-MA lautet folgendermassen: Bezieht eine in einem Ver-
tragsstaat ansässige Person Einkünfte oder hat sie Vermögen und können diese Ein-
künfte oder dieses Vermögen nach diesem Abkommen im anderen Vertragsstaat be-
steuert werden, so nimmt der erstgenannte Staat (...) diese Einkünfte oder dieses
Vermögen von der Besteuerung aus (Abs. 1). Einkünfte oder Vermögen einer in einem
Vertragsstaat ansässigen Person, die nach dem Abkommen von der Besteuerung in
diesem Staat auszunehmen sind, können gleichwohl in diesem Staat bei der Festset-
zung der Steuer für das übrige Einkommen oder Vermögen der Person einbezogen
werden (Abs. 3).
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1 DB.2010.205 1 ST.2010.286
cc) Zu den Einzelheiten der Durchführung der Befreiung bzw. Freistellung
äussert sich das Musterabkommen nicht. Enthält das Abkommen keine besondere
Bestimmung, so sind die jeweiligen innerstaatlichen Rechtsvorschriften der Vertrags-
staaten anzuwenden (OECD-Kommentar Art. 23 N 38). Zum freizustellenden Betrag
hält der OECD-Kommentar fest, was folgt (Art. 23 N 39 ff. bzw. Vogel, Art. 23 N 1
Ziff. 39 ff., auch zum Folgenden): Der Wohnsitzstaat habe die Einkünfte mit dem Be-
trag freizustellen, mit dem sie ohne das Abkommen nach den innerstaatlichen Vor-
schriften seiner Einkommenssteuer unterliegen würden. Der Betrag könne daher von
dem Einkommensbetrag abweichen, der im Quellenstaat nach dessen innerstaatlichem
Recht besteuert werde. In der Regel bilde das gesamte Reineinkommen, d.h. das
Roheinkommen nach Berücksichtigung der zulässigen Abzüge, die Bemessungsgrund-
lage der Einkommenssteuer. Freizustellen sei also das aus dem Quellenstaat bezoge-
ne Roheinkommen abzüglich aller darauf entfallenden (im Einzelnen oder anteilig zu
ermittelnden) Abzüge. Weiter weist der OECD-Kommentar auf Probleme hin, die sich
daraus ergeben, dass die meisten Staaten in ihrem Steuerrecht zusätzliche Abzüge
vom Gesamteinkommen oder bestimmten Einkünften zur Ermittlung des zu versteu-
ernden Einkommens vorsehen. Ein Vergleich der Rechtsvorschriften und der Praxis
der Mitgliedstaaten der OECD zeige, dass zwischen den Staaten beträchtliche Unter-
schiede hinsichtlich des freizustellenden Betrags bestünden. Zu welcher Lösung ein
Staat komme, hänge von grundsätzlichen Erwägungen und vom Steuersystem des
betreffenden Staates ab. Wegen der Vielgestaltigkeit der steuerlichen Zielsetzungen
und Verfahren in den verschiedenen Staaten bei der Ermittlung der Steuer, insbeson-
dere der Abzüge, Freibeträge und anderer Vergünstigungen, sei es vorgezogen wor-
den, im Musterabkommen keine ausdrückliche und einheitliche Lösung vorzusehen,
sondern jedem Staat die Anwendung seiner Rechtsvorschriften und Verfahrensrege-
lungen zu überlassen.
dd) Zusammenfassend sind Art. 23 A OECD-MA bzw. den einschlägigen Be-
stimmungen der relevanten DBAs damit keine Regeln zu entnehmen, wie der im An-
sässigkeitsstaat von der Steuer zu befreiende Betrag zu berechnen ist. Das OECD-
Komitee für Steuerangelegenheiten vertritt zwar die Auffassung, bei Fehlen solcher
Regelungen sei innerstaatliches Recht anzuwenden. Gleichzeitig spricht es sich aber
dafür aus, dass in der Regel vom Reineinkommen auszugehen sei, wobei insbesonde-
re betreffend "zusätzlicher Abzüge" keine Empfehlungen abgegeben werden, da die
Praxis der OECD-Staaten diesbezüglich zu grosse Unterschiede aufweise.
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1 DB.2010.205 1 ST.2010.286
4. Nach Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA sind also die im "anderen Staat" (d.h. im
Quellenstaat bzw. hier: in den "Auftrittsstaaten") erzielten Einkünfte "von der Besteue-
rung auszunehmen", d.h. sie sind aus der Steuerbemessungsgrundlage auszuschei-
den (Vogel, Art. 23 N 38). In einem weiteren Schritt ist daher zu prüfen, nach welchen
innerstaatlichen Bestimmungen diese Ausscheidung in der Schweiz vorzunehmen ist.
Konkret geht es um die Frage, ob die strittigen Abzüge für Gewinnungskosten, AHV-
Beiträge Selbstständigerwerbender und Beiträge für die gebundene Vorsorge (Säule
3a) allein durch die Schweiz zu tragen oder ob sie auf das im Ausland erzielte Ein-
kommen zu verlegen sind. Wie noch aufzuzeigen sein wird, sind die Verhältnisse im
Bereich der Staats- und Gemeindesteuern und bei der direkten Bundessteuer unter-
schiedlich, weshalb sie nachfolgend separat geprüft werden.
5. Staats- und Gemeindesteuern
a) aa) Gemäss § 6 Abs. 1 StG entrichten Steuerpflichtige, die im Kanton nur
für einen Teil ihres Einkommens und Vermögens steuerpflichtig sind, die Steuern für
die im Kanton steuerbaren Werte nach dem Steuersatz, der ihrem gesamten Einkom-
men und Vermögen entspricht; steuerfreie Beträge werden ihnen anteilsmässig ge-
währt. Diese kantonalrechtliche Bestimmung wird nach gefestigter Rechtsprechung
weit gefasst und in allen Fällen der Steuerausscheidung angewendet, sowohl im inter-
kantonalen als auch im internationalen Verhältnis (RB 1993 Nr. 14). Gestützt auf diese
Norm (bzw. auf den gleichlautenden § 7 Abs. 1 des Steuergesetzes vom 8. Juli 1951,
aStG) wurden Sozialabzüge, allgemeine Abzüge und Alimente kollisionsrechtlich den
beteiligten Kantonen (bzw. im internationalen Verhältnis der Schweiz) im Verhältnis
der dort steuerbaren Einkommensquoten anteilsmässig zum Abzug zugewiesen (Rich-
ner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz,
2. A., 2006, § 6 N 15 ff.; vgl. die in Locher/Locher, Das interkantonale Doppelbesteue-
rungsrecht, § 9, III, wiedergegebenen Fälle; sodann: StRK I, 18. September 2003,
1 ST.2003.293 ["Miterwerbsabzug"], bestätigt durch VGr, 3. März 2004,
SB.2003.00057; StRK I, 1 ST.2008.109 [Pensionskasseneinkauf]; StRK II, 28. August
2009, 2 ST.2009.146 [AHV-Beiträge Nichterwerbstätiger], bestätigt durch VGr,
17. März 2010, SB.2009.00099).
bb) Unter den in § 6 Abs. 1 Satz 1 StG verwendeten Begriff "steuerfreie Be-
träge" fallen alle Abzüge, die nicht als Gewinnungskosten organisch mit bestimmten
Einkünften verknüpft und kollisionsrechtlich folgerichtig diesen objektmässig zuzuwei-
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1 DB.2010.205 1 ST.2010.286
sen sind, sondern als "allgemeine Abzüge" anorganischen Charakter aufweisen und
daher auf die beteiligten Gemeinwesen proportional verlegt werden müssen (VGr,
17. März 2010, SB.2009.00099, E. 2 Abs. 3, mit Hinweisen).
cc) Folglich bildet § 6 Abs. 1 StG die gesetzliche Grundlage für die interkanto-
nale und die internationale Ausscheidung im Bereich der Staats- und Gemeindesteuern
und gestattet die Verlegung der Abzüge auf die beteiligten Gemeinden bzw. Staaten,
wobei organische Abzüge objektmässig und anorganische Abzüge proportional (bzw.
quotenmässig) aufzuteilen sind.
b) aa) Bei selbstständiger Erwerbstätigkeit werden die geschäfts- oder be-
rufsmässig begründeten Kosten abgezogen (§ 27 Abs. 1 StG). Abzugsfähig ist der ge-
samte Aufwand, der für die selbstständige Erwerbstätigkeit notwendig ist (vgl. Rich-
ner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 27 N 2 ff. StG). Voraussetzung für die Abzugsfähigkeit ist,
dass der Aufwand mit einer selbstständigen Erwerbstätigkeit direkt zusammenhängt
(vgl. BGE 124 II 29 = ASA 67, 286 = StE 1998 B 22.3 Nr. 63; BGE 113 Ib 114 E. 2c =
ASA 57, 645 = StE 1988 B 27.6 Nr. 5 = StR 1988, 232).
bb) Gemäss § 31 Abs. 1 lit. d StG werden von den Einkünften abgezogen die
gemäss Gesetz, Statut oder Reglement geleisteten Einlagen, Prämien und Beiträge
zum Erwerb von Ansprüchen aus der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversiche-
rung und aus Einrichtungen der beruflichen Vorsorge. Nach § 31 Abs. 1 lit. e StG sind
zudem die Einlagen, Prämien und Beiträge zum Erwerb von vertraglichen Ansprüchen
aus anerkannten Formen der gebundenen Selbstvorsorge abzugsfähig im Sinn und im
Umfang von Art. 82 des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen-
und Invalidenvorsorge vom 25. Juni 1982 (BVG), d.h. der so genannten 3. Säule a. Der
Bundesrat hat gestützt auf Art. 82 Abs. 2 BVG in seiner Verordnung über die steuerli-
che Abzugsberechtigung für Beiträge an anerkannte Vorsorgeformen vom 13. Novem-
ber 1985 (BVV 3) die Höhe dieser Abzüge festgesetzt. So können gemäss Art. 7
Abs. 1 BVV 3 Arbeitnehmer und Selbstständigerwerbende jährlich bis 8 Prozent des
oberen Grenzbetrags nach Art. 8 Abs. 1 BVG abziehen, wenn sie einer Vorsorge-
einrichtung nach Art. 80 BVG, d.h. der 2. Säule, angehören (lit. a). Der Abzug beträgt
jährlich bis 20% des Erwerbseinkommens, jedoch höchstens bis 40 Prozent des ge-
nannten oberen Grenzbetrags, wenn sie keiner solchen Vorsorgeeinrichtung angehö-
ren (lit. b). Für die Steuerperiode 2007 ergeben sich auf dieser Grundlage Abzüge von
maximal Fr. 6'365.- und Fr. 31'824.- (ZStB I Nr. 19/205).
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c) aa) Die Erzielung des Einkommens durch Auftritte im Ausland war für die
Pflichtige unbestrittenermassen mit Gewinnungskosten verbunden. Sodann ist die
Pflichtige sowohl selbstständig als auch unselbstständig erwerbstätig und bezahlte für
das Jahr 2007 den Maximalbetrag von Fr. 31'824.- an eine Vorsorgestiftung in die Säu-
le 3a ein. Die von ihr geleisteten AHV-Beiträge Selbstständigerwerbender in Höhe von
Fr. 49'629.- sind schliesslich ebenfalls unbestritten. Die erwähnten Abzüge stehen ihr
damit zu. Wie gesehen, sind sie aber nach gefestigter Rechtsprechung auf der Grund-
lage von § 6 Abs. 1 StG auf das in- und ausländische Einkommen zu verlegen.
bb) Der Steuerkommissär hat diese Grundsätze in der vorgenommenen inter-
nationalen Steuerausscheidung berücksichtigt. Von den im Ausland erzielten Brutto-
einkünften von Fr. 182'552.- wurde der "direkt zuordenbare Aufwand" (..., ausl. Sozial-
versicherungsaufwand, Reisespesen, geschätzter Mietaufwand) in Abzug gebracht.
Die Höhe der entsprechenden Positionen ist von der Pflichtigen nicht im Einzelnen
bestritten worden. Nach Vornahme dieser Abzüge ergab sich die folgende prozentuale
Verteilung der Einkünfte: Schweiz 60.88%, Ausland 39.12%. Daraufhin verteilte der
Steuerkommissär den "indirekt zuordenbaren Aufwand" im selben prozentualen Ver-
hältnis auf das In- und Ausland (Abschreibungen, Büro und Verwaltung, Por-
ti/Telefon/Beiträge, Repräsentation/Werbung, Mobiliar/Einrichtungen, Löhne/Gehälter,
Beiträge/Zinsaufwand, AHV, Beiträge Säule 3a).
Die Gewinnungskosten sowie die den Gewinnungskosten gleichgestellten
Abzüge für AHV-Beiträge Selbstständigerwerbender sind nach der Rechtsprechung
objektmässig aufzuteilen (StRK II, 28. August 2009, 2 ST.2009.146, E. 1 d). Die Bei-
träge an die gebundene Selbstvorsorge (3. Säule a) sind sodann von ihrer Natur her
zwar eher als anorganische Abzüge zu qualifizieren und wären daher proportional zu
verlegen. Die Praxis sowie ein Teil der Lehre behandelt sie jedoch ebenfalls wie Ge-
winnungskosten (Höhn/Mäusli, Interkantonales Steuerrecht, 4. A., 2000, § 19 N 6a, vgl.
zudem BGr, 15. Oktober 1996, E. 4.d a.E. = StE 1998 A 24.42.4 Nr. 1). Dies entspricht
dem Grundsatz, dass die drei Säulen der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsor-
ge gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichts steuerlich gleich zu behandeln sind
(BGE 117 Ib 358 = Pra 82 Nr. 87). Mithin rechtfertigt es sich, auch die Beiträge an die
3. Säule a objektmässig zu verlegen.
- 11 -
1 DB.2010.205 1 ST.2010.286
d) Bei der von der Pflichtigen angeführten EWG-Verordnung 1408/71
(SR 0.831.109.268.1) ist fraglich, ob sie überhaupt auf den vorliegenden Fall Anwen-
dung findet, da die Pflichtige nicht "zu- oder abwandert", sondern unbestrittenermassen
Wohnsitz in der Schweiz hatte und dieser unverändert blieb. Selbst wenn aber von der
Anwendbarkeit der Verordnung ausgegangen würde, änderte sich aus Schweizer Sicht
nichts, da die Pflichtige Wohnsitz in der Schweiz hat und sie gemäss Art. 14a Ziff. 2 der
Verordnung sozialversicherungsrechtlich schweizerischem Recht unterstünde (vgl.
auch Schweizerische Steuerkonferenz [Hrsg.], Vorsorge und Steuern, Anwendungsfäl-
le, A.9.1.1 S. 3).
d) Zusammenfassend hat die Vorinstanz im Bereich der Staats- und Gemein-
desteuern eine internationale Steuerausscheidung vorgenommen, die der konstanten
Rechtsprechung entspricht und sich auf § 6 Abs. 1 StG stützt. Der vorinstanzliche Ent-
scheid ist daher nicht zu beanstanden und der Rekurs abzuweisen.
6. Direkte Bundessteuer
a) aa) Nach Art. 6 Abs. 1 DBG ist bei persönlicher Zugehörigkeit die Steuer-
pflicht unbeschränkt; sie erstreckt sich aber nicht auf Geschäftsbetriebe, Betriebsstät-
ten und Grundstücke im Ausland. Gemäss Abs. 3 der Bestimmung erfolgt die Abgren-
zung der Steuerpflicht für Geschäftsbetriebe, Betriebsstätten und Grundstücke im
Verhältnis zum Ausland nach den Grundsätzen des Bundesrechts über das Verbot der
interkantonalen Doppelbesteuerung.
Abs. 1 zählt abschliessend die im Ausland gelegenen, qualifizierenden Ein-
kommensquellen auf (Geschäftsbetriebe, Betriebsstätten und Grundstücke). Abs. 3
regelt nicht die Steuerausscheidung für sämtliche mögliche Ausscheidungsfälle, son-
dern lediglich für die Fälle der Steuerausscheidung zwischen dem Ort der unbe-
schränkten Steuerpflicht und dem Ort der beschränkten Steuerpflicht qua Geschäfts-
betrieb, Betriebsstätte bzw. Grundeigentum. Für unbeschränkt Steuerpflichtige in der
Schweiz regelt Abs. 3 die Steuerausscheidung des Steuersubstrats abschliessend
(Athanas/Giglio, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/2a, 2. A.,
2008, Art. 6 N 6, 15, 17 DBG; nichts anderes ergibt sich zudem aus der Botschaft zu
den Bundesgesetzen über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und
Gemeinden sowie über die direkte Bundessteuer vom 25. Mai 1983, BBl 1983 III 1,
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1 DB.2010.205 1 ST.2010.286
157 f.). Art. 6 Abs. 1 DBG ist eine einseitige Regelung zur Vermeidung der Doppelbe-
steuerung, indem von der Steuerpflicht die Geschäftsbetriebe, Betriebsstätten und das
Grundeigentum im Ausland ausgenommen werden (Jean-Blaise Paschoud, in: Yer-
sin/Noël [Hrsg.], Commentaire de la loi sur l'impôt fédéral direct, 2008, Art. 6 N 5 DBG).
Paschoud weist darauf hin, dass bei den von der Besteuerung ausgenommenen Ele-
menten im Ausland die Provisionen für den Handel mit im Ausland gelegenen Immobi-
lien (bei Schweizer Wohnsitz der Mäkler) nicht erwähnt würden und legt die bundesge-
richtliche Rechtsprechung im interkantonalen Verhältnis dar, wonach der Ort der
gelegenen Sache massgeblich sei. Im internationalen Verhältnis dürfe diese Recht-
sprechung aber nicht angerufen werden, um das (diesbezüglich schweigende) Gesetz
zu ergänzen. Die Provision an den in der Schweiz wohnhaften Mäkler sei deshalb (im
erwähnten Fall) hier steuerbar (Paschoud, Art. 6 N 9 DBG).
bb) Natürliche Personen, die nur für einen Teil ihres Einkommens in der
Schweiz steuerpflichtig sind, entrichten die Steuer für die in der Schweiz steuerbaren
Werte nach dem Steuersatz, der ihrem gesamten Einkommen entspricht (Art. 7 Abs. 1
DBG). Durch die unbedingte Befreiung unter Progressionsvorbehalt wird erreicht, dass
Personen keinen Progressionsvorteil erlangen, nur weil sich ein Teil des Steuerobjekts
(des Einkommens) in der Schweiz, ein anderer Teil aber ausserhalb der Schweiz be-
findet (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009, Art. 7
N 5). Zur Satzbestimmung ist die Nettogrösse (und nicht etwa nur das um keine Abzü-
ge gekürzte Bruttosteuerobjekt) heranzuziehen. Dies gilt auch dann, wenn auf dem
ausländischen Objekt Steuern lasten (vgl. Peter Locher, Kommentar zum DBG, Bun-
desgesetz über die direkte Bundessteuer, I. Teil, 2000, Art. 6 und 7, je N 8; Locher,
internationales Steuerrecht, S. 484; siehe auch Athanas/Giglio, Art. 7 N 6 DBG).
cc) Die ausländischen Einkünfte erzielte die Pflichtige ausschliesslich mit ihren
Auftritten als Künstlerin an verschiedenen Orten. Damit fehlt es an einer der drei in
Art. 6 Abs. 1 und 3 DBG abschliessend aufgezählten, im Ausland gelegenen, qualifizie-
renden Einkommensquellen, weshalb die Pflichtige im Beschwerdeverfahren zu Recht
einwendet, es fehle ein Spezialsteuerdomizil, welches eine Steuerausscheidung erst
notwendig machen würde. Die in Art. 6 DBG enthaltenen Steuerausscheidungsregeln
sind vorliegend nicht anwendbar. Und Art. 7 Abs. 1 DBG bezieht sich lediglich auf das
satzbestimmende Einkommen und ist somit ebenso wenig einschlägig für die Beant-
wortung der Frage, ob Abzüge auf die in- und ausländischen Einkünfte zu verlegen
sind oder nicht. Das Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der
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1 DB.2010.205 1 ST.2010.286
Kantone und Gemeinden vom 14. Dezember 1990 äussert sich nicht zur internationa-
len Steuerausscheidung (vgl. Paschoud, Art. 6 N 4 DBG). Schliesslich hat sich die
Rechtsprechung – soweit überblicksmässig feststellbar – noch nicht mit einem ver-
gleichbaren Fall auseinandergesetzt (unbeschränkte Steuerpflicht in der Schweiz auf-
grund persönlicher Zugehörigkeit; Vorliegen ausländischer Einkünfte), bei dem weder
§ 6 StG noch Art. 6 DBG anwendbar gewesen wäre.
b) Die im Bereich der Staats- und Gemeindesteuern erwähnten Abzüge
stehen der Pflichtigen grundsätzlich auch bei der direkten Bundessteuer einkommens-
mindernd zu, da sie unbestrittenermassen die Voraussetzungen dafür erfüllt: Art. 27
Abs. 1 DBG (Gewinnungskosten Selbstständigerwerbender inkl. Arbeitgeberanteil
AHV-Beiträge; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 27 N 3 ff. DBG) sowie Art. 33
Abs. 1 lit. d und e DBG (AHV-Beiträge Selbstständigerwerbender [Arbeitnehmeranteil],
Beiträge an die gebundene Vorsorge; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 33 N 73,
110 ff. DBG). Indem die Vorinstanz diese Abzüge auf die in- und ausländischen Ein-
künfte verlegt, bleiben der Pflichtigen die einkommensmindernden Abzüge zum Teil
versagt.
c) Nach konstanter Rechtsprechung bedarf es einer gesetzlichen Grundlage,
wenn den Steuerpflichtigen ein Teil der Abzüge mit der Begründung verweigert wird,
ein Teil des Erwerbseinkommens unterliege einer ausländischen Steuerhoheit
(RB 1993 Nr. 14 = StE 1994 B 11.3 Nr. 9; StRK I, 5. November 1992 = ZStP 1993, 38;
StRK I, 24. Juni 2008, 1 St.2008.109, E. 2b, auch zum Folgenden). Verlangt weder
eine innerstaatliche noch eine staatsvertragliche Gesetzesgrundlage die Ausscheidung
von ausländischen Einkünften, sind diese Einkünfte vollumfänglich hier zu besteuern
(vgl. Locher, internationales Steuerrecht, S. 56 f.). Gleich muss es sich dann aber auch
bei den Abzügen verhalten, indem diese – soweit im innerstaatlichen Recht vorgese-
hen – vollumfänglich hier abgezogen werden können, wenn für eine Verlegung auf
ausländische Einkünfte die rechtlichen Grundlagen fehlen.
d) In der vorliegenden Konstellation liegt im Bereich der direkten Bundessteu-
er keine gesetzliche Grundlage vor, welche eine internationale Ausscheidung und da-
mit eine nur teilweise Berücksichtigung der streitigen Abzüge gestatten würde. Art. 6
Abs. 1 und 3 DBG ist hier nicht anwendbar. Anders als etwa in Art. 35 DBG, wo bei
teilweiser Steuerpflicht explizit eine anteilsmässige Gewährung der Sozialabzüge vor-
gesehen ist (Abs. 3), findet sich zudem in Art. 27 und 33 DBG keine solche Spezial-
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1 DB.2010.205 1 ST.2010.286
norm. Wie gesehen, ist eine entsprechende Grundlage auch nicht in den einschlägigen
DBAs zu erblicken, die aufgrund ihrer negativen Wirkung ohnehin bloss die Steuerho-
heit (bei den Einkünften) zu beschränken vermögen.
e) Zusammenfassend führt dies zu folgendem Ergebnis: Die Pflichtige hat in
der Schweiz grundsätzlich ihr weltweit erzieltes Einkommen zu versteuern, aber auch
Anspruch auf die Geltendmachung der streitigen Abzüge. Da die im Ausland erzielten
Einkünfte aufgrund der DBAs von der Besteuerung auszunehmen sind, es aber im
Bundessteuerbereich für den vorliegenden Fall an einer gesetzlichen Grundlage für die
internationale Ausscheidung und damit die Verlegung der Abzüge auf die in- und aus-
ländischen Einkünfte fehlt, müssen der Pflichtigen bei der Bundessteuer die Abzüge
vollumfänglich zugestanden werden, auch wenn es naheliegender, d.h. sachgerechter
erscheinen würde, mindestens die direkt zuordenbaren Aufwendungen auf das auslän-
dische Einkommen zu verlegen. Die Auffassung des OECD-Komitees für Steuerange-
legenheiten, wonach in der Regel das Reineinkommen von der Steuer zu befreien ist,
hilft dort nicht weiter, wo der innerstaatliche Gesetzgeber bzw. die Vertragsstaaten
der DBAs keine entsprechende Regelung getroffen haben. In der Rechtsanwendung
kann eine solche Äusserung offensichtlich eine fehlende gesetzliche Grundlage nicht
ersetzen. Ebenso wenig ändert etwas an diesem Ergebnis, dass bei der internationalen
Steuerausscheidung im Sinn von Art. 6 Abs. 1 und 3 DBG sowie bei der Bestimmung
des satzbestimmenden Einkommens (Art. 7 Abs. 3 DBG) von Nettoerträgen ausge-
gangen wird (vgl. Locher, Art. 6 N 8 DBG), da der vorliegende Sachverhalt, wie dar-
gelegt, nicht unter diese Bestimmungen fällt. Solche allenfalls unbefriedigenden Er-
gebnisse zu vermeiden, wäre Sache des Gesetzgebers, nicht aber der rechtsanwen-
denden (Justiz-)Behörden.
Damit ist die Beschwerde gutzuheissen und das steuerbare Einkommen für
die Bundessteuerperiode 2007 antragsgemäss auf Fr. 158'400.- festzusetzen (satz-
bestimmendes Einkommen abzüglich im Ausland erzieltes Bruttoeinkommen); das
satzbestimmende Einkommen liegt unverändert bei Fr. 340'900.-.
7. a) Seit dem 1. Januar 2011 ist die Gebührenverordnung des Verwaltungs-
gerichts vom 23. August 2010 (GebV VGr) auch für Verfahren am Steuerrekursgericht
anwendbar (§ 118 lit. b StG, in der Fassung vom 13. September 2010 i.V.m. § 1 GebV
VGr).
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1 DB.2010.205 1 ST.2010.286
b) Ausgangsgemäss sind die Kosten des Rekursverfahrens der unterliegen-
den Pflichtigen aufzuerlegen und ist ihr in diesem Verfahren keine Parteientschädigung
zuzusprechen (§ 151 Abs. 1 StG, § 152 StG in Verbindung mit § 17 Abs. 2 des Verwal-
tungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997).
c) Da die Pflichtige im Beschwerdeverfahren vollständig obsiegt, sind diese
Kosten hingegen dem Steueramt aufzuerlegen und es ist der Pflichtigen eine Partei-
entschädigung für die notwendigen Kosten nach Ermessen zuzusprechen (Art. 144
Abs. 1 DBG; Art. 144 Abs. 4 DBG in Verbindung mit Art. 64 Abs. 1 des Verwaltungs-
verfahrensgesetzes vom 20. Dezember 1968 und Art. 8 der Verordnung über Kosten
und Entschädigungen im Verwaltungsverfahren vom 10. September 1969). Unter Be-
rücksichtigung der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung und Heranziehung von
§ 4 Abs. 1 der (obergerichtlichen) Verordnung über die Anwaltsgebühren vom
8. September 2010 erweist sich angesichts des Streitwerts im Beschwerdeverfahren
eine Parteientschädigung von Fr. 700.- (inkl. MWSt) als angemessen (VGr, 8. Juni
2005, SB.2005.00023). | Public | Tax | de | 2,011 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
cf9aa8a5-efe4-4aff-bfbf-47b689cb0b49 | hat sich ergeben:
A. A und B (nachfolgend die Pflichtigen) sind Eigentümer von je zwei fremd-
vermieteten Mehrfamilienhäusern an der ...strasse 12/14/16 und ...strasse 2/4 in D
sowie eines Mehrfamilienhauses am ...weg 1/2 in E. Ferner gehören ihnen ein Einfami-
lienhaus in D und eine Ferienwohnung in F. Mit Veranlagungsverfügung Direkte Bun-
dessteuer 2012 und Einschätzungsentscheid Staats- und Gemeindesteuern 2012 vom
22. April 2014 nahm der Steuerkommissär bei den genannten Mehrfamilienhäusern
gegenüber den deklarierten Brutto-Mieterträgen und den Unterhaltskosten Korrekturen
vor, ferner im Einschätzungsentscheid gegenüber den geltend gemachten Vermögens-
steuerwerten. Dementsprechend veranlagte er die Pflichtigen mit einem steuerbaren
Einkommen von Fr. 883'400.- (direkte Bundessteuer) bzw. mit einem solchen von
Fr. 864'700.- (Staats- und Gemeindesteuern; satzbestimmend Fr. 883'500.-) sowie mit
einem steuerbaren Vermögen von Fr. 16'617'000.- (satzbestimmend Fr. 17'327'000.-).
B. Die von den Pflichtigen hiergegen erhobene Einsprache wies das kantonale
Steueramt am 11. Juni 2014 ab.
C. Mit Beschwerde und Rekurs vom 7./9. Juli 2014 liessen die Pflichtigen dem
Steuerrekursgericht beantragen:
"1. Es sei der Einspracheentscheid vom 11. Juni 2014 betreffend die Direkte 2012 insofern aufzuheben, als die Steuerfaktoren für die wie folgt anzusetzen sind:
...strasse: Brutto-Mietertrag Fr. 376'998.-; Unterhalts- und Verwaltungskosten
effektiv: Fr. 79'116.-;
...strasse: Brutto-Mietertrag Fr. 291'167.-; Unterhalts- und Verwaltungskosten
pauschal Fr. 60'065.-;
...weg: Brutto-Mietertrag Fr. 304'898.-; Unterhalts- und Verwaltungskosten pau-
schal Fr. 61'068.-.
2. Es sei der Einspracheentscheid vom 11. Juni 2014 betreffend die Staats- und
Gemeindesteuern 2012 insofern aufzuheben, als die Steuerfaktoren für die wie folgt anzusetzen sind:
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...strasse: Brutto-Mietertrag Fr. 376'998.-; Unterhalts- und Verwaltungskosten effektiv: Fr. 79'116.-; Verkehrssteuerwert Fr. 5'475'000.-;
...strasse: Brutto-Mietertrag Fr. 291'167.-; Unterhalts- und Verwaltungskosten
pauschal Fr. 60'065.-; Verkehrssteuerwert Fr. 4'259'000.-;
...weg: Brutto-Mietertrag Fr. 304'898.-; Unterhalts- und Verwaltungskosten pau-
schal Fr. 61'068.-; Verkehrssteuerwert Fr. 4'148'000.-;
alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten der Rekursgegnerin".
In seiner Beschwerde-/Rekursantwort vom 25. Juli 2014 schloss das kantona-
le Steueramt auf Abweisung der Rechtsmittel.
Auf die Erwägungen des Einspracheentscheids und die Parteivorbringen wird,
soweit wesentlich, in den nachfolgenden Urteilsgründen zurückgekommen. | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. Im Beschwerde- und im Rekursverfahren liegt zunächst die Frage im Streit,
welche steuerbaren (Netto-)Mieterträge die Pflichtigen mit den Liegenschaften
...strasse, ...strasse und ...weg erzielt haben. Damit hängt die Frage zusammen, wel-
cher Betrag Grundlage für die Berechnung des Pauschalabzugs bei den Unterhaltskos-
ten bildet. Schliesslich ist im Rekursverfahren der Vermögenssteuerwert der genannten
Liegenschaften zu beurteilen.
2. a) Mit Bezug auf die steuerbaren Mieterträge erwog das kantonale Steuer-
amt in den Einspracheentscheiden, dass grundsätzlich die Bruttoerträge samt allen
Nebenkosten zu berücksichtigen seien. Von diesen Erträgen könnten die Kosten für
Heizung, Warmwasser und Treppenhausreinigung abgezogen werden. Weitere Kosten
wie für Kabel-TV, Verwaltungshonorar, Wasser und Abwasser seien im Zusammen-
hang mit dem Liegenschaftenunterhalt geltend zu machen. Die von den Pflichtigen
eingeforderten Nebenkostenabrechnungen wiesen nicht abzugsfähige Positionen aus.
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2 DB.2014.136 2 ST.2014.165
Die Aufstellung zum Veranlagungs- und Einschätzungsentscheid erweise sich als zu-
treffend. Bei den Unterhaltskosten werde der Pauschalabzug von 20% von den steuer-
baren Mieterträgen bemessen. Dies sei vorliegend – unter Berücksichtigung der Leer-
bestände – korrekt erfolgt. Was den Vermögenssteuerwert der Mehrfamilienhäuser
anbelange, sei dieser im Einklang mit Rz. 39 der Weisung 2009 (Weisung des Regie-
rungsrates an die Steuerbehörden über die Bewertung von Liegenschaften und die
Festsetzung der Eigenmietwerte ab Steuerperiode 2009 vom 12. August 2009
[LS 631.32], nachfolgend Weisung 2009) erfolgt.
b) Zur Begründung von Beschwerde und Rekurs bringen die Pflichtigen vor,
dass sie entsprechend den Vorgaben des Mietrechts strikt zwischen Mietzinsen, Ne-
benkosten sowie Unterhalts- und Verwaltungskosten unterschieden hätten. Als Neben-
kosten betrachteten sie Aufwendungen, die mit dem Gebrauch der Sache zusammen-
hingen und die der Vermieter dem Mieter weiterverrechne, so z.B. die Stromkosten. Als
Unterhalts- und Verwaltungskosten würdige sie nicht unmittelbar gebrauchsabhängige
Aufwendungen, so etwa Abschreibungen oder Verwaltungshonorare. Mietzinsen seien
über die Erfolgsrechnung verbucht worden; soweit die Nebenkosten von den Mietern
getragen würden, hätten sie nur Eingang in die Bilanz gefunden. Bei der Beantwortung
der streitbetroffenen Frage, wie steuerlich zwischen Neben- und Unterhaltskosten ab-
zugrenzen und welche Grundlage für die Unterhaltskostenpauschale massgebend sei,
komme – im Einklang mit der Lehre – die mietrechtliche Betrachtungsweise zum Zug.
Als Basis für den Pauschalabzug sei der Mietertrag ohne Nebenkosten massgebend.
Im Merkblatt des kantonalen Steueramts über die steuerliche Abzugsfähigkeit von Kos-
ten für den Unterhalt und die Verwaltung von Liegenschaften vom 13. November 2009
(ZStB I Nr. 18/821; nachfolgend Merkblatt Liegenschaftenunterhalt 2009) sehe das
Musterbeispiel 1 in Rz. 47 vor, dass vom Bruttojahresertrag die Kosten für Heizung,
Warmwasser und Treppenhausreinigung abgezogen würden. Zumal sich das Merkblatt
nicht zu den Nebenkosten äussere, sei die genannte Aufzählung – entgegen der Auf-
fassung des kantonalen Steueramts – nicht als abschliessend zu betrachten; vielmehr
würden nur drei typische Arten von Nebenkosten erwähnt. Richtigerweise sei für die
Ermittlung des steuerbaren Einkommens aus unbeweglichem Vermögen auf das Net-
toeinkommen abzustellen. Hinsichtlich des Vermögenssteuerwerts sei für die Ermitt-
lung des Ertragswerts von der Gesamtvergütung der Mieter auszugehen. Aus Rz. 39
der Weisung 2009 folge jedoch, dass alle Nebenkosten für den Vermieter bedeutungs-
los seien, weil es sich bei diesen um Lebenshaltungskosten der Mieter handle. Dazu
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2 DB.2014.136 2 ST.2014.165
im Widerspruch habe das kantonale Steueramt nur einen Teil der Nebenkosten zum
Abzug zugelassen und so einen überhöhten Vermögenssteuerwert festgesetzt.
c) Dem hält das kantonale Steueramt in der Beschwerde-/Rekursantwort ent-
gegen, dass im Interesse der Gleichbehandlung aller Grundeigentümer ungeachtet der
konkreten Ausgestaltung des Mietvertrags vom Brutto-Mietertrag auszugehen und von
diesem die Kosten der Mieter für Heizung, Warmwasser und Treppenhausreinigung
abzuziehen seien. Alle übrigen (Neben-)Kosten stellten Unterhalt dar und könnten –
effektiv oder pauschal – als Unterhaltskosten geltend gemacht werden. In einem ähnli-
chen Fall habe das Steuerrekursgericht mit Entscheid vom 18. Januar 2013 (vom Ver-
waltungsgericht bestätigt am 2. April 2014) lediglich die genannten Kosten vor dem
Pauschalabzug zum Abzug zugelassen. Die Aufzählung in der genannten Rz. 39 der
Weisung 2009 sei als abschliessend zu verstehen. Im Gegensatz zur früheren Wei-
sung vom 19. März 2003 könnten neben den Kosten für Heizung, Warmwasser und
Treppenhausreinigung auch solche für Radio/TV-Empfangsgebühren, Kehrichtentsor-
gungsgebühren sowie Gebühren für Wasser, Abwasser und Abwasserreinigung abge-
zogen werden. Weitergehende Abzüge seien jedoch nicht vorgesehen.
3. a) Kraft Art. 21 Abs. 1 lit. a des Bundesgesetzes über die direkte Bundes-
steuer vom 14. Dezember 1990 (DBG) und des gleich lautenden § 21 Abs. 1 lit. a des
Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) sind alle Einkünfte aus Vermietung steuerbar.
Dies gilt zunächst für die vertraglich vereinbarten Mietzinsen, ferner auch für allfällige
Neben- oder Sonderleistungen des Mieters. Hingegen bilden die für Nebenkosten ge-
leisteten Entschädigungen, insbesondere jene für Heizung, Warmwasser und Trep-
penhausreinigung, nicht Bestandteil des massgebenden Brutto-Mietertrags, sofern sie
die tatsächlichen Aufwendungen nicht übersteigen. Sind diese Entschädigungen in den
Mietzins eingeschlossen, dürfen die Mieteinnahmen um diese Aufwendungen gekürzt
werden (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DGB, 2. A., 2009,
Art. 21 N 48 f. DBG, und Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, 3. A., 2013, § 21
N 35 f. StG; Bernhard Zwahlen, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht,
Band I/2a, 2. A., 2008, Art. 21 N 7 DBG).
Die Unterhaltskosten hat nach Art. 256b OR der Vermieter zu tragen. Demge-
genüber können Nebenkosten laut Art. 257a Abs. 2 OR nach Massgabe einer beson-
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2 DB.2014.136 2 ST.2014.165
deren Vereinbarung auf den Mieter abgewälzt werden. Bei Wohn- und Geschäftsräu-
men gelten als Nebenkosten die tatsächlichen Aufwendungen des Vermieters für Leis-
tungen, die mit dem Gebrauch zusammenhängen, wie Heizungs-, Warmwasser- und
ähnliche Betriebskosten, sowie für öffentliche Abgaben, die sich aus dem Gebrauch
der Sache ergeben (Art. 257b Abs. 1 OR).
b) Nach Kenntnis des Steuerrekursgerichts entspricht das Vorgehen des kan-
tonalen Steueramts zur Ermittlung des steuerbaren Mietertrags im Veranlagungs-/
Einschätzungsentscheid der ständigen Verwaltungspraxis. Wenn die in E. 2a genann-
ten Nebenkosten unmittelbar vom Brutto-Mietertrag abgezogen werden, während wei-
tere Positionen als Unterhalt geltend gemacht werden müssen, ist im Ergebnis gewähr-
leistet, dass alle vom Grundeigentümer für die Mietsache vorgenommenen Aufwendun-
gen im Netto-Mietertrag berücksichtigt sind. Daran ändert nichts, wenn Nebenkosten,
Unterhalts- und Verwaltungskosten anders aufgeteilt würden. Dies räumen die Pflichti-
gen mit Bezug auf die Liegenschaft ...strasse 12/14/16 in D denn auch ausdrücklich
ein.
4. a) Gemäss Art. 25 DBG bzw. § 25 StG werden zur Ermittlung des Reinein-
kommens die gesamten steuerbaren Einkünfte um die zu ihrer Erzielung notwendigen
Aufwendungen und die allgemeinen Abzüge vermindert. Dazu gehören nach Art. 32
Abs. 2 Satz 1 DBG bzw. § 30 Abs. 2 Satz 1 StG bei Liegenschaften im Privatvermögen
die Unterhaltskosten, die Versicherungsprämien und die Kosten der Verwaltung durch
Dritte. Nach Lehre und Rechtsprechung sind unter Unterhaltskosten Aufwendungen zu
verstehen, deren Ziel nicht die Schaffung neuer, sondern die Erhaltung bisheriger Wer-
te ist und die in längeren oder kürzeren Zeitabständen wiederkehren (Richner/Frei/
Kaufmann/Meuter, Art. 32 N 35 ff. DBG und § 30 N 36 ff. StG).
b) Gestützt auf Art. 32 Abs. 4 DBG hat der Bundesrat am 24. August 1992 die
Verordnung über den Abzug der Kosten von Liegenschaften des Privatvermögens bei
der Direkten Bundessteuer (Liegenschaftskostenverordnung [LKV]; SR 642.116) erlas-
sen. Laut deren Art. 1 können bei Liegenschaften im Privatvermögen die Unterhalts-
kosten, die Kosten der Instandstellung von neu erworbenen Liegenschaften, die Versi-
cherungsprämien und die Kosten der Verwaltung durch Dritte abgezogen werden
(Abs. 1). Anstelle der tatsächlichen Kosten und Prämien kann der Pflichtige gemäss
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Art. 2 Abs. 1 einen Pauschalabzug geltend machen. Dieser beträgt nach Abs. 2 der
nämlichen Bestimmung je nach Alter des Gebäudes zu Beginn der Steuerperiode 10%
oder 20% vom "Brutto-Mietertrag bzw. -Mietwert". Die bundesrätliche Verordnung wur-
de am gleichen Tag durch die Verordnung der Eidg. Steuerverwaltung (EStV) über die
abziehbaren Kosten von Liegenschaften des Privatvermögens bei der direkten Bun-
dessteuer ergänzt (Liegenschaftskostenverordnung EStV [LKV EStV]; SR 642.116.2).
Letztere definiert die abziehbaren Kosten in Art. 1 Abs. 1 wie folgt:
a. Unterhaltskosten: 1. Auslagen für Reparaturen und Renovationen, die nicht wertvermehrende
Aufwendungen darstellen; 2. Einlagen in den Reparatur- oder Erneuerungsfonds ... von Stockwerkei-
gentümergemeinschaften, sofern diese Mittel nur zur Bestreitung von für die Gemeinschaftsanlagen verwendet werden;
3. Betriebskosten: Wiederkehrende Gebühren für Kehrichtentsorgung (nicht aber Gebühren, die nach dem Verursacherprinzip erhoben werden), , Strassenbeleuchtung und -reinigung; ; Liegenschaftssteuern, die als Objektsteuern gelten; an den Hauswart; Kosten der gemeinschaftlich genutzten Räume, des Lifts usw., soweit der Hauseigentümer hierfür aufzukommen hat.
b. Versicherungsprämien: Sachversicherungsprämien für die Liegenschaft (Brand-, Wasserschäden-, Glas- und Haftpflichtversicherungen)
c. Kosten der Verwaltung: Auslagen für Porto, Telefon, Inserate, Formulare, Betreibungen, Prozesse, Entschädigungen an Liegenschaftsverwalter usw. (nur die tatsächlichen , keine Entschädigung für die eigene Arbeit des Hauseigentümers).
c) Im Kanton Zürich war in der vorliegend betroffenen Steuerperiode 2012 das
Merkblatt Liegenschaftenunterhalt 2009 zu beachten. Darin werden neben den Unter-
haltskosten (Rz. 19 ff.) die "Betriebskosten einschliesslich Versicherungsprämien" auf-
geführt und ihre Abzugsfähigkeit wie folgt umschrieben:
Rz. 19: Betriebskosten sind Aufwendungen, die mit dem Besitz einer Liegenschaft oder rechtlich verknüpft sind. Rz. 20: Folgende Kosten können sowohl bei vermieteten wie auch bei selbstgenutzten Liegenschaften in Abzug gebracht werden:
- jährliche Prämien für Versicherungen gegen Sachschaden (Brand, Wasser und Glas) und Haftpflicht (Gebäude);
- Beiträge für den Strassenunterhalt, Strassenbeleuchtung und -reinigung und Dolenreinigung;
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- Einlagen in den Reparatur- oder Erneuerungsfonds ... von , sofern diese Mittel nur zur Bestreitung von für die Gemeinschaftsanlagen verwendet werden;
- Ausgaben für nachträglich erstellte Luftschutzbauten ... - Ausgaben für bauliche Massnahmen, welche auf behördliche Auflage hin vor-
genommen werden, sofern die behördliche Anordnung auf eine Änderung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften zurückzuführen ist und aus der auferlegten baulichen Vorkehr keine Wertvermehrung resultiert;
- den Erträgen aus Liegenschaften gegenüberstehende Baurechtszinsen.
Rz. 21: Bei vermieteten Liegenschaften können im Weiteren die folgenden Kosten gemacht werden:
- Mit dem Grundbesitz verbundene jährliche Abgaben: Grundgebühren für Wasser, Abwasser, Entwässerung, Strom, Erdgas, Fernheizung, Kehricht und Feuerschau, soweit diese Kosten nicht auf den Mieter überwälzt, sondern vom Eigentümer getragen werden;
- Verbrauchskosten, soweit diese Kosten nicht auf den Mieter überwälzt, vom Eigentümer getragen werden;
- Kosten für Vermietung, Erhebung der Mietzinse, Betreibungen, Ausweisungen und Prozesse mit Mietern;
- Ausgaben für Reinigung, Beleuchtung und Heizung von Vorräumen, , Kellerräumen und Estrich in Miethäusern, soweit diese Kosten vom Hauseigentümer bestritten werden.
d) Inwiefern Unterhaltskosten für Liegenschaften bei den Einkommenssteuern
abziehbar sind, kommt den Kantonen kein Spielraum zu. Diese Kosten gehören zu den
in Art. 9 Abs. 3 des Bundesgesetzes über die Steuerharmonisierung vom
14. Dezember 1990 (StHG) umschriebenen Gewinnungskosten; nach Absatz 4 des-
selben Artikels sind andere Abzüge als die in Art. 9 StHG genannten unzulässig. Der
Begriff der Unterhaltskosten kann unter dem Geltungsbereich des Steuerharmonisie-
rungsgesetzes im kantonalen Recht nicht anders ausgelegt werden als auf dem Gebiet
der direkten Bundessteuer. Eine andere Auslegung würde dem Anliegen der vertikalen
Steuerharmonisierung zuwiderlaufen und die mit dem Erlass des Steuerharmonisie-
rungsgesetzes angestrebte Vereinfachung der Rechtsanwendung vereiteln (BGE 123 II
218 E. 1c S. 223 = ASA 66, 306 = StE 1997 B 25.6 Nr. 30 = StR 1997, 354; BGE 128 II
66 E. 4b S. 71 f.; BGr, 2A.480/2004 = StE 2005 A 23.1 Nr. 10; ZStP 2005, 404; Rich-
ner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 32 N 62 DBG). Nach dem Gesagten ist für die Beant-
wortung der Frage, welcher Nettobetrag Grundlage für die Berechnung des Pauschal-
abzugs für Unterhaltskosten bildet, auf die in E. 4a und E. 4b aufgeführten
Bestimmungen des Bundesrechts abzustellen. Die Vorschriften des kantonalzürcheri-
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schen Rechts wie auch die Regelungen anderer Kantone haben keine selbstständige
Bedeutung, sondern dienen nur der Auslegung des Bundesrechts.
e) Nach dem klaren Wortlaut von Art. 1 Abs. 1 lit. a LKV EStV fallen die Be-
triebskosten unter die Unterhaltskosten. Rechtsprechung und Lehre haben dieser
Zuordnung bisher nicht widersprochen (BGr, 8. November 2012, 2C_393/2012 +
2C_394/2012, E. 2; BGr, 3. Februar 2010, 2C_453/2009, E. 3; Markus Reich, Steuer-
recht, 2. A., 2012, § 13 N 83 ff.; Dieter Egloff, in: Klöti-Weber/Siegrist/Weber, Kommen-
tar zum Aargauer Steuergesetz, 3. A., 2009, § 39 N 53 ff.; Zwahlen, Art. 32 N 21 DBG).
Gemäss Richner/Frei/Kaufmann/Meuter (Art. 32 N 42 DBG) zählen zum Oberbegriff
der Unterhaltskosten die Instandhaltungs-/Betriebskosten, die Instandstellungs-/
Ersatzanschaffungskosten und die Verwaltungskosten.
f) Wie in E. 4b festgehalten, hat der Bundesrat die ihm durch Art. 32 Abs. 4
DBG übertragene Kompetenz zur Regelung eines Pauschalabzugs mit Erlass der Lie-
genschaftskostenverordnung teilweise selbst ausgeschöpft und teilweise an die EStV
delegiert, welche in ihrer gleichzeitig erlassenen gleichnamigen Verordnung den Begriff
der abziehbaren Kosten näher definiert hat. Dass der Pauschalabzug entgegen der
Auffassung der Pflichtigen auch die Betriebskosten mitumfasst, entspricht einhelliger
Rechtsprechung und Lehre (Reich, § 13 N 91; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 32
N 31 DBG und § 30 N 30 StG; Egloff, § 39 N 113 und 116; Zwahlen, Art. 32 N 31).
Sind die Nebenkosten im Mietzins pauschal inbegriffen, so bemisst sich die Unter-
haltspauschale nach zürcherischer (wie auch nach aargauischer; Egloff, § 39 N 113)
Praxis an den nicht ausgeschiedenen Bruttoeinnahmen des Vermieters (Richner/Frei/
Kaufmann/Meuter, § 30 N 29 StG).
g) Im Licht dieser Grundsätze hat das Steuerrekursgericht im Entscheid
DB.2012.57 + ST.2012.66 vom 18. Januar 2013 (vom Verwaltungsgericht bestätigt mit
Urteil SB.2013.00014 + 00015 vom 2. April 2014) erkannt, dass als Grundlage für die
Berechnung des Pauschalabzugs für Unterhaltskosten nur die mietvertraglich als Ne-
benkosten ausgeschiedenen und nicht sämtliche Betriebskosten von den Bruttomiet-
zinseinnahmen abzuziehen seien. Davon ist das kantonale Steueramt zutreffend auch
im vorliegenden Fall ausgegangen.
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h) Anzumerken bleibt, dass der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Ein-
kommens- und Vermögenssteuerrechts, einem Massenfallrecht, auf die Praktikabilität
zu achten hat. Mit der Möglichkeit des Pauschalabzugs, anstelle des für die Pflichtigen
wie die Steuerbehörden arbeitsintensiven Nachweises der effektiven Aufwendungen,
haben der Bund und der Kanton Zürich eine für die Rechtsanwendung einfache Lö-
sung geschaffen. Weil die Steuerpflichtigen für jedes Jahr die Abzugsmethode neu
wählen können – sog. Wechselpauschale (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 32 N 32
DBG und § 30 N 31 StG) –, ist Gewähr dafür geboten, dass sie – mindestens – die
ihnen tatsächlich erwachsenen Unterhaltsaufwendungen auch einkommensmindernd
geltend machen können. Die Bemessung des Pauschalabzugs auf 20% des Brutto-
mietertrags/-mietwerts für mehr als zehnjährige Gebäude (Art. 2 LKV) bzw. im Kanton
Zürich auch für jüngere Liegenschaften (Merkblatt Liegenschaftenunterhalt 2009,
Rz. 45; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 30 N 29 StG) erscheint erfahrungsgemäss
als eher grosszügig. Aus diesem Grund wie auch wegen des Praktikabilitätserforder-
nisses drängt sich die von den Pflichtigen verlangte Differenzierung bei der Berech-
nung des Pauschalabzugs nicht auf. Angesichts der Wahlmöglichkeit für jede Steuer-
periode kann auch von einer rechtsungleichen Behandlung der Steuerpflichtigen nicht
gesprochen werden. Schliesslich vermögen die Pflichtigen nicht darzulegen, dass an
dieser langjährigen Praxis in Rechtsprechung und Lehre Kritik erwachsen ist. Für eine
Änderung der Rechtsprechung in der von den Pflichtigen beantragten Weise besteht
daher kein hinreichender Anlass.
5. a) Das Vermögen wird gemäss § 39 Abs. 1 StG – von hier nicht interessie-
renden Ausnahmefällen abgesehen – grundsätzlich zum Verkehrswert bewertet. Der
Verkehrswert eines Vermögensrechts entspricht dem Preis, der dafür im gewöhnlichen
Geschäftsverkehr am massgebenden Bewertungsstichtag mutmasslich zu erzielen
gewesen bzw. den ein Käufer unter normalen Umständen zu zahlen bereit wäre
(RB 1984 Nr. 65; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 39 N 5 StG; Zigerlig/Jud, in: Kom-
mentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/1, 2. A., 2002, Art. 14 N 1 StHG).
Der Grundsatz der Bewertung zum Verkehrswert gilt dabei insbesondere auch für das
unbewegliche Vermögen. Nachdem das Bundesgericht eine frühere Version von § 39
Abs. 3 StG, wonach unbewegliches Vermögen in der Regel zu lediglich 60% des
Marktwerts zu bewerten sei, für verfassungswidrig erklärt hatte (BGE 124 I 145 = ZStP
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1998, 221 = StE 1998 A 23.1 Nr. 1), bestimmt die daraufhin am 8. Januar 2001 revi-
dierte Fassung von § 39 StG:
"(Abs. 1 und 2 unverändert)
3 Der Regierungsrat erlässt die für eine gleichmässige Bewertung von
Grundstücken notwendigen Dienstanweisungen. Es kann eine schematische, Bewertung vorgesehen werden, wobei jedoch den Qualitätsmerkmalen der Grundstücke, die im Falle der Veräusserung auch den Kaufpreis massgeblich würden, angemessen Rechnung zu tragen ist. Die Formel ist so zu wählen, dass die am oberen Rand der Bandbreite liegenden Schätzungen nicht über dem Marktwert liegen.
4 Führt in Einzelfällen die formelmässige Bewertung dennoch zu einem höhe-
ren Vermögenssteuerwert, ist eine individuelle Schätzung vorzunehmen und dabei ein Wert von 90 Prozent des effektiven Marktwerts anzustreben."
b) Gestützt auf §§ 21 Abs. 2, 39 Abs. 3 und 4 sowie 40 StG hat der Regie-
rungsrat am 12. August 2009 die Weisung 2009 festgesetzt. Der Ertragswert von Mehr-
familienhäusern ist nach Rz. 38 der Weisung anhand der kapitalisierten Mietzinsen
festzulegen. Laut Rz. 39 der Weisung bestimmt sich der Ertrag nach der Gesamtheit
der von den Mietern geleisteten Entschädigungen. Soweit Mieter vertraglich zur Über-
nahme von üblicherweise vom Eigentümer zu tragenden Unterhaltskosten und Abga-
ben verpflichtet worden sind, muss der Wert dieser Leistungen zum vereinbarten Miet-
zins hinzugezählt werden. Ausser Betracht fallen Vergütungen der Mieter für Heizung,
Warmwasser, Treppenhausreinigung, Empfangsgebühren für Radio und Fernsehen,
Gebühren für die Kehrichtentsorgung sowie Gebühren für Wasser, Abwasser und die
Abwasserreinigung.
c) Entsprechend dem in E. 4 Gesagten wird die formelmässige Ermittlung des
Vermögenssteuerwerts von Mehrfamilienhäusern in ständiger Praxis im Einklang mit
Rz. 38 ff. der Weisung vorgenommen. Dies ist auch im vorliegenden Fall geschehen.
Wie bei der Festlegung der Basis für die pauschal ermittelten Unterhaltskosten besteht
auch mit Bezug auf den Vermögenssteuerwert kein Anlass für eine Praxisänderung.
Die – von den Pflichtigen nicht behauptete – Gefahr einer Überbesteuerung ist schon
deswegen als gering zu veranschlagen, weil ein Grundeigentümer nach der Gerichts-
praxis befugt ist, eine individuelle Verkehrswertschätzung durch ein Expertengutachten
zu verlangen. Davon geht denn auch § 39 Abs. 4 StG aus (vgl. Richner/Frei/
Kaufmann/Meuter, § 39 N 53 i.V.m. § 21 N 87 StG). Allgemein zeigt die Erfahrung des
Steuerrekursgerichts, dass die Formelwerte einer gutachterlichen Überprüfung im Ein-
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zelfall regelmässig standhalten. Mithin lassen sich auch die streitbetroffenen Vermö-
genssteuerwerte nicht beanstanden.
Diese Erwägungen führen zur Abweisung von Beschwerde und Rekurs.
6. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten den Beschwerdefüh-
rern/Rekurrenten aufzuerlegen (Art. 144 Abs. 1 DBG; § 151 Abs. 1 StG) und muss ih-
nen eine Parteientschädigung versagt bleiben (Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64
Abs. 1 - 3 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren vom 20. Dezem-
ber 1968 sowie § 152 StG i.V.m. § 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes
vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997). | Public | Tax | de | 2,014 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
cffd03f7-de04-46a1-a120-ab7a726d30c1 | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend der Pflichtige) wurde von D mit Urteil vom ... ... 2011 ge-
schieden. Das Ehepaar hat zwei gemeinsame Kinder, E, geb. ... ... 1997, und F,
geb. ... ... 1999. Laut Scheidungsurteil vereinbarten die Eltern ein gemeinsames Sor-
gerecht. Des Weiteren verpflichtete sich der Pflichtige, an die Mutter Unterhaltskosten
für die Kinder in Höhe von je Fr. 560.-/Monat zu zahlen. In der Steuererklärung 2012
machte der Pflichtige für E sowohl einen Kinder- als auch einen Versicherungsprä-
mienabzug geltend, da er den Unterhalt für E hauptsächlich finanziere. Ferner zog er
sämtliche an die Mutter gezahlten Unterhaltsbeiträge in Höhe von Fr. 13'440.-
(= 2 x Fr. 560.- x 12) von seinen Einkünften ab. Damit deklarierte er steuerbare Ein-
kommen von Fr. 48'151.- (Staats- und Gemeindesteuer) und Fr. 54'151.- (Direkte Bun-
desteuer). Mit Einschätzungsentscheid vom 9. September 2013 veranlagte das Steu-
eramt G den Pflichtigen für die Staats- und Gemeindesteuern 2012 mit einem
steuerbaren Einkommen von Fr. 56'800.- und für die Direkte Bundessteuer 2012 mit
einem solchen von Fr. 57'700.- (Grundtarif, §§ 35 Abs. 1 und 47 Abs. 1 des Steuerge-
setzes vom 8. Juni 1997 [StG] bzw. Art. 214 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die di-
rekte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990 [DBG]). Dabei liess es weder den Kinder-
noch den Versicherungsprämienabzug für E zu.
B. Gegen diese Einschätzungsentscheide erhob der Pflichtige am 22. Sep-
tember 2013 Einsprache und beantragte, den Kinder- und den Versicherungsabzug für
E zu gewähren und den Verheiratetentarif anzuwenden.
Das kantonale Steueramt Zürich wies die Einsprachen mit getrennten Ent-
scheiden vom 2. April 2014 ab.
C. Mit Eingabe vom 2. Mai 2014 liess der Pflichtige dagegen Beschwerde
bzw. Rekurs erheben und den Kinder- und Versicherungsabzug für beide Kinder bean-
tragen. Zudem beantragte er eine Parteientschädigung.
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Das kantonale Steueramt schloss am 22. Mai 2014 auf Abweisung der
Rechtsmittel.
Auf die weiteren Parteivorbringen wird – soweit rechtserheblich – in den nach-
folgenden Erwägungen eingegangen. | Die Einzelrichterin zieht in Erwägung:
1. a) Nach Art. 33 Abs. 1 lit. c DBG, § 31 Abs. 1 lit. c StG kann der Steuer-
pflichtige, der Unterhaltsleistungen für seine Kinder an den anderen Elternteil leistet,
diese von seinem steuerbaren Einkommen abziehen.
b) Zum Unterhalt eines Kinds im Sinn von Art. 276 ZGB gehört alles, was das
Kind für sein Leben und seine körperliche, geistige und sittliche Entfaltung benötigt.
Neben existenziellen Grundbedürfnissen wie etwas Unterkunft, Nahrung, Bekleidung,
Körper- und Gesundheitspflege oder Ausbildung zählen hierzu beispielsweise auch
Beiträge an kulturelle und sportliche Betätigungen, Erholung, Unterhaltung oder Ta-
schengeld (Peter Breitschmid, in: Basler Kommentar, 4. A., 2010, Art. 276 N 20 ff.
ZGB). Abzugsfähige Unterhaltsbeiträge nach Art. 33 Abs. 1 lit. c DBG bzw. § 31 Abs. 1
lit. c StG sind regelmässig oder unregelmässig wiederkehrende Leistungen, die der
Deckung des laufenden Lebensbedarfs des Empfängers, bzw. der unter seiner Obhut
stehenden Kinder, dienen. Freiwillige Leistungen eines Elternteils in Erfüllung weiterer
familienrechtlicher Unterhalts- oder Unterstützungspflichten zusätzlich zu den Unter-
haltsbeiträgen sind in der Regel nicht steuermindernd zu berücksichtigen. Hingegen
steht es den Eltern grundsätzlich frei, die im Scheidungsurteil oder durch Vertrag fest-
gesetzten Unterhaltsbeiträge für das Kind einvernehmlich abzuändern. Entsprechend
der Grundregel von Art. 134 Abs. 3 ZBG in Verbindung mit Art. 287 Abs. 1 ZGB wird
eine solche Vereinbarung für das Kind zwar erst mit der Genehmigung durch die Kin-
derschutzbehörde verbindlich; allerdings ist dieses Erfordernis bei einer blossen Erhö-
hung der Beiträge umstritten (vgl. Cyril Hegnauer, Grundriss des Kindesrechts und des
übrigen Verwandtschaftsrechts, 5.A., 1999, § 21 N 21, 28; Breitschmid, Art. 287
ZGB N 12 f.). In Bezug auf nacheheliche Unterhaltsbeiträge zwischen geschiedenen
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Ehegatten kommt es insbesondere bei lang dauerndem Unterhalt häufig zu Abwei-
chungen zwischen den gemäss Scheidungsurteil/-konvention geschuldeten und den
tatsächlich bezahlten Beiträgen, indem die Parteien wegen geänderter Umstände in
formloser Absprache eine Abänderung der Beiträge vereinbaren. Dies hat das Steuer-
recht zu berücksichtigen, sofern die effektiven Zahlungen nachgewiesen werden.
Entscheidend ist allein, ob Unterhaltsbeiträge an den getrennt lebenden Ehe-
gatten gezahlt werden. Aus Praktikabilitätsgründen wird vernachlässigt, dass derjenige,
der die Unterhaltsbeiträge (in der Regel gestützt auf ein Scheidungsurteil oder eine
Scheidungskonvention) leistet, über diese Unterhaltsbeiträge hinaus auch noch weitere
kinderbedingte Aufwendungen hat (Essenskosten während der Besuchstage oder Fe-
rien, Reisekosten usw.). Diese Kosten berechtigen nicht zum Kinderabzug. Ebenso
kann der zahlende Elternteil nicht freiwillig auf die steuermindernde Geltendmachung
der Unterhaltsbeiträge verzichten und stattdessen den Kinderabzug und den
Verheiratetentarif beanspruchen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum
Zürcher Steuergesetz, 3. A., 2013, § 34 N 27, mit weiteren Hinweisen).
c) Hinzuweisen ist zudem auf das Kreisschreiben Nr. 30 der Eidgenössischen
Steuerverwaltung (EStV) vom 21. Dezember 2010 betreffend Familienbesteuerung
nach dem Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (DBG) (nachfolgend Kreis-
schreiben Nr. 30 EStV). Danach kann der Elternteil, der die Unterhaltsleistungen erhält,
den Kinderabzug sowie den Versicherungsabzug für das Kind geltend machen
(Ziff. 14.5.2 Kreisschreiben Nr. 30 EStV). Unterhaltszahlungen bedeuten eine Ver-
schiebung der Ressourcen: Der steuerpflichtige Elternteil, der Alimente erhält, verwen-
det sie für den Unterhalt des Kindes an Stelle eigener Ressourcen; die Alimente wer-
den diesen gleichgestellt und sie werden bei ihm besteuert. Steuerrechtlich sorgt damit
dieser Steuerpflichtige ganz oder zur Hauptsache für den Unterhalt des Kindes und hat
Anspruch auf den Sozialabzug für Kinder. In diesem Fall geht die mit der Zahlung von
Kinderunterhaltsbeiträgen geschaffene Umverteilung vor, und es wäre systemwidrig,
den Abzug von Kinderunterhaltsbeiträgen mit dem Kinderabzug zu kumulieren. Daran
vermag auch eine alternierende Obhut nichts zu ändern. Dies auch deswegen, weil die
direkten Unterhaltskosten, für die der Unterhaltsbeiträge schuldende Elternteil während
der alternierenden Obhut aufkommt, nicht Gegenstand besonderer Sozialabzüge sind
(vgl. BGr, 1. April 2010, 2C_580/2009, 2C_581/2009, www.bger.ch; BGE 133 II 305
E. 6.5 = StE 2008 B. 26.22 Nr. 4 = Die Praxis 2008, Nr. 39; je mit weiteren Hinweisen).
http://www.bger.ch/
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Zudem ergibt sich aus Art. 213 Abs. 1 lit. a DBG, dass bei getrennter Besteue-
rung der Eltern, der Kinderabzug dann hälftig aufgeteilt werden kann, wenn das Kind
unter gemeinsamer elterlicher Sorge steht und keine Unterhaltsbeiträge nach Art. 33
Abs. 2 lit. c DBG für das Kind geltend gemacht werden. Aus der Botschaft ergibt sich
diesbezüglich, dass damit erreicht werden soll, dass keine doppelte steuerrechtliche
Entlastung stattfinde. Insbesondere sei für die hälftige Aufteilung des Kinderabzugs
nicht der Umfang der alternierenden Obhut massgebend, da dies für die Veranla-
gungsbehörden nicht kontrollierbar sei (Botschaft vom 20. Mai 2009 zum Bundesge-
setz über die steuerliche Entlastung von Familien mit Kindern, BBl 2009 4766,
Ziff. 2.1). Damit wird das Verbot der Kumulation nochmals bestätigt: Weder darf der-
selbe Sozialabzug für das gleiche Kind von mehreren Personen geltend gemacht wer-
den, noch darf der Abzug von Unterhaltsbeiträgen von derselben Person mit den Kin-
der- und Versicherungsabzügen kumuliert werden.
2. a) Im vorliegenden Fall haben der Pflichtige und seine geschiedene Ehefrau
die gemeinsame elterlicher Sorge für ihre Kinder E und F und nehmen alternierend die
Obhut wahr, d.h. der Pflichtige betreut die Kinder von Mittwoch- bis Freitagabend und
die Ehefrau von Sonntag- bis Mittwochabend. Während der Wochenenden, Schulferien
und Feiertagen findet die Betreuung abwechselnd bzw. je zur Hälfte statt. Gemäss
Scheidungsvereinbarung trägt jeder Elternteil die laufenden Lebenshaltungskosten für
die Kinder während der Zeit, welche die Kinder bei ihm verbringen (Wohnung, Einrich-
tung, Fernsehen, Radio, Telefon, Wasch- und Putzmittel, Essen, Bildung, Kultur, Erho-
lung und Ferien usw.) selber. Zudem bezahlt der Pflichtige Unterhaltsbeiträge für die
Kinder in Höhe von je Fr. 560.-/Monat inkl. gesetzlicher oder vertraglicher Kinderzula-
gen.
b) Der Pflichtige beantragt, ihm für das Steuerjahr 2012 den Kinder- und Ver-
sicherungsabzug für beide Kinder zu gewähren, sowie ihn nach dem Verheiratetentarif
zu besteuern, da er zur Hauptsache deren Lebensunterhalt finanziert habe. Ferner
reichte er im Einspracheverfahren eine Aufstellung ein, aus welcher sich ergab, dass er
55% der gesamten Lebenshaltungskosten für E und F trage, während seine Frau nur
45% übernehme. Gleichwohl machte der Pflichtige in der Steuererklärung 2012 die
gesamten an seine Frau geleisteten Unterhaltsbeiträge für die Kinder E und F in Höhe
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von Fr. 13'440.- (= 2 x 560.- x 12), unter dem Titel "Unterhaltsbeiträge für F" steuer-
mindernd geltend.
Das Vorbringen des Pflichtigen führt jedoch nicht dazu, dass er sowohl die für
seine Kinder geleisteten Unterhaltszahlungen als auch den Kinder- und Versiche-
rungsabzug geltend machen kann. Dass er, entsprechend den Regelungen im Schei-
dungsurteil weitere Lebenshaltungskosten während der eigenen Betreuung der Kinder
getragen hat, reicht dafür nicht aus. Zum einen wurde im Scheidungsurteil – richtiger-
weise – festgehalten, dass diese Kosten alleine von dem betreuenden Elternteil zu
tragen seien. Nach der wiederholt bestätigten Rechtsprechung kann aufgrund der Auf-
wendungen des einen Elternteils während der Betreuungszeit nicht darauf geschlossen
werden, welchen Elternteil die entsprechenden Sozialabzüge zustehen (vgl. E. 1 c).
Wer nämlich Unterhaltsbeiträge für Kinder leistet und diese Leistungen auch von sei-
nem steuerbaren Einkommen abzieht, trägt aus Sicht des Steuergesetzes keine Kos-
ten des Kinderunterhalts (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 31 N 61 mit weiteren Hin-
weisen).
Des Weiteren kann aus der Höhe der Lebenshaltungskosten die der Pflichtige
während seiner Betreuungszeit übernimmt auch nicht geschlossen werden, welcher
Elternteil den Unterhalt der Kinder zur Hauptsache bestreite, da diese Aufwendungen
in überwiegendem Anteil immer mit dem eigenen Lebensstil des Elternteils korrespon-
dieren und diesem auch entsprechen. Für Kultur, Erholung, Ferien bei so jungen Kin-
dern – Jahrgang 1997 und 1999 – gibt ein Elternteil in der Regel das aus, was er
glaubt, was nötig sei und was unter Umständen auch ihm selber entgegenkommt. Des
Weiteren wurden weder seine eigenen noch die mutmasslichen Ausgaben der Mutter
für die Kinder substanziiert nachgewiesen, d.h. unter Beilage entsprechender Zah-
lungsbelege und Nachweis, dass diese Ausgaben alleine für die Kinder getätigt worden
seien.
Sollte der Pflichtige, gegebenenfalls zusammen mit seiner Ex-Frau, zu der
Überzeugung gelangen, die tatsächlichen Verhältnisse würden den im Scheidungsur-
teil getroffenen Regelungen nicht mehr entsprechen, so steht es ihnen frei, die Obhuts-
regelung und die Unterhaltszahlungen anzupassen oder aufzuheben.
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Die Unterhaltsbeiträge für die beiden Kinder macht der Pflichtige steuermin-
dernd vollumfänglich unter dem Namen der Tochter geltend. Diese Zahlungen seitens
des Pflichtigen sind von der Mutter der Kinder gestützt auf Art. 24 lit. e DBG, § 23 lit. f
StG als Einkünfte versteuern. Dieser versteuerte Zufluss führt zusammen mit den ei-
genen Leistungen der Mutter dazu, dass Letztere für den Lebensunterhalt der Kinder
gleichsam alleine aufkommt (vgl. E. 1 c). Im Übrigen ist auch darauf hinzuweisen, dass
die Kinder mehr als die Hälfte der Zeit bei der Mutter verbringen und schon dies dafür
spricht, dass die Mutter deren Lebensunterhalt zur Hauptsache bestreitet.
Die Abzüge von Art. 34 Abs. 1 bis
lit. b, 213 Abs. 1 lit. a DBG, §§ 34 Abs. 1 lit. a,
31 Abs. 1 lit. g StG stehen damit der Mutter als Empfängerin der Unterhaltsleistungen
alleine zu und demzufolge kann der Pflichtige auch nicht nach dem Steuertarif für Ver-
heiratete veranlagt werden.
3. Diese Erwägungen führen zur Abweisung der Rechtsmittel. Ausgangsge-
mäss sind die Kosten des Verfahrens dem Pflichtigen aufzuerlegen (Art. 144 Abs. 1
DBG bzw. § 151 Abs. 1 StG) und ist ihm keine Parteientschädigung zuzusprechen
(Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 - 3 des Bundesgesetzes über das Verwal-
tungsverfahren vom 20. Dezember 1968 sowie § 152 StG i.V.m. § 17 Abs. 2 des Ver-
waltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959 / 8. Juni 1997). | Public | Tax | de | 2,014 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
d02e1b23-89e6-48b4-bc4b-f5d156b9e744 | hat sich ergeben:
A. Nachdem die Ehegatten A und B (nachfolgend der bzw. die Pflichtige; zu-
sammen die Pflichtigen) trotz Mahnung keine Steuererklärung 2009 eingereicht hatten,
veranlagte sie der Steuerkommissär am 16. Juni 2011 mit einem steuerbaren Einkom-
men von Fr. 65'000.- (direkte Bundessteuer sowie Staats- und Gemeindesteuern) und
mit einem steuerbaren Vermögen von Fr. 0.- (Staats- und Gemeindesteuern).
B. Eine von den Pflichtigen hiergegen erhobene Einsprache hiess das kanto-
nale Steueramt am 26. Oktober 2011 gut und setzte für die direkte Bundessteuer 2009
das steuerbare und satzbestimmende Einkommen auf Fr. 37'600.- sowie für die
Staats- und Gemeindesteuern 2009 das steuerbare Einkommen auf Fr. 34'500.- (satz-
bestimmend Fr. 37'800.-) und das steuerbare Vermögen auf Fr. 2'864'000.- (satzbe-
stimmend Fr. 5'373'000.-) fest.
C. Mit Beschwerde und Rekurs vom 3./5. Dezember 2011 beantragten die
Pflichtigen dem Steuerrekursgericht:
"1. Der Einspracheentscheid des Kantonalen Steueramtes Zürich für Staats- und Gemeindesteuern 2009 sei bezüglich steuerbares und satzbestimmendes von Fr. 34'500.- bzw. Fr. 37'800.- sowie bezüglich steuerbares und satzbestimmendes Vermögen von Fr. 2'864'000.- bzw. Fr. 5'373'000.- und es sei das steuerbare Gesamteinkommen neu mit Fr. 8'500.- und das steuerbare Gesamtvermögen wie bisher mit Fr. 0.- festzusetzen.
2. Der Einspracheentscheid der Veranlagungsbehörde für Direkte Bundessteuer
2009 sei bezüglich steuerbares und satzbestimmendes Einkommen von Fr. 37'600.- bzw. Fr. 37'600.- aufzuheben und es sei das steuerbare neu mit Fr. 8'300.- festzusetzen.
..."
In seiner Beschwerde-/Rekursantwort vom 13. Dezember 2011 schloss das
kantonale Steueramt auf Abweisung der Rechtsmittel.
Auf die Erwägungen der Einspracheentscheide und die Parteivorbringen wird,
soweit wesentlich, in den nachfolgenden Urteilsgründen zurückgekommen.
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2 DB.2011.269 2 ST.2011.353 | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. a) Streitgegenstand des Beschwerde-/Rekursverfahrens bildet zunächst der
Liegenschaftenunterhalt bezüglich des Einfamilienhauses in der bündnerischen Ge-
meinde C (E. 1.3 des Einspracheentscheids); hinsichtlich der Grundstücke in den zür-
cherischen Gemeinden D und E erklären sich die Pflichtigen mit dem Einspracheent-
scheid einverstanden (R-act. 2 S. 2). Sodann halten die Pflichtigen daran fest, dass
verschiedene Schulden steuermindernd berücksichtigt werden müssten (E. 3 des Ein-
spracheentscheids betreffend Staats- und Gemeindesteuern).
b) Nicht angefochten haben die Pflichtigen die ihnen für das Einsprachever-
fahren auferlegten Verfahrenskosten von Fr. 600.-. Anzumerken bleibt, dass diese
Kostenauflage aufgrund von § 142 Abs. 2 Satz 2 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997
(StG) zu Recht erfolgt ist, nachdem die Pflichtigen keine Steuererklärung 2009 einge-
reicht haben. Die Höhe der Verfahrenskosten entspricht gängiger Praxis und lässt sich
nicht beanstanden.
c) Im Einspracheentscheid hat das kantonale Steueramt von den Pflichtigen
behauptete Barspenden von Fr. 600.- an verschiedene gemeinnützige Organisationen
mangels eines rechtsgenügenden Nachweises nicht zum Abzug zugelassen. Die
Pflichtigen rügen dies vor Steuerrekursgericht summarisch als "unangemessen und
unverständlich" und im Widerspruch zu einem "normalen Spendeverhalten", stellen
jedoch keine Anträge (R-act. 2 S. 2 und 4). Weil die Pflichtigen die anderen von ihnen
ausdrücklich gerügten Punkte eingehend begründen, hat daher der Einspracheent-
scheid auch insoweit als anerkannt zu gelten. Beizufügen ist, dass der Hinweis des
kantonalen Steueramts, wonach die Beweislast für die behaupteten Spenden bei den
Pflichtigen liegt, zutrifft.
2. a) Gemäss Art. 25 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom
14. Dezember 1990 (DBG) bzw. § 25 StG werden zur Ermittlung des Reineinkommens
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2 DB.2011.269 2 ST.2011.353
die gesamten steuerbaren Einkünfte um die zu ihrer Erzielung notwendigen Aufwen-
dungen und die allgemeinen Abzüge vermindert. Dazu gehören nach Art. 32 Abs. 2
Satz 1 DBG bzw. § 30 Abs. 2 Satz 1 StG bei Liegenschaften im Privatvermögen die
Unterhaltskosten, die Versicherungsprämien und die Kosten der Verwaltung durch
Dritte.
b) Nach Lehre und Rechtsprechung sind unter Unterhaltskosten Aufwendun-
gen zu verstehen, deren Ziel nicht die Schaffung neuer, sondern die Erhaltung bisheri-
ger Werte ist und die in längeren oder kürzeren Zeitabständen wiederkehren (Rich-
ner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009, Art. 32 N 37 DBG,
und Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 2. A., 2006, § 30 N 36 ff.
StG). Dazu gehören einerseits die Aufwendungen für den laufenden Unterhalt – wie
Kosten für Ausbesserungsarbeiten aller Art und Ersatzanschaffungen – sowie die mit
dem Grundstück verbundenen jährlich wiederkehrenden Abgaben. Abzugsfähig sind
sodann auch Aufwendungen für periodische Renovationen grösseren Ausmasses
(Fassaden, Dachrenovation, zeitbedingte Änderung der Zentralheizung, Anpassung
der elektrischen Einrichtung an geänderte Vorschriften u. dgl.). Die Unterhaltsmass-
nahmen zielen darauf ab, die Liegenschaft langfristig in ertragsfähigem Zustand zu
erhalten (RB 1971 Nr. 32; Dieter Egloff, in: Kommentar zum Aargauer Steuergesetz,
3. A., Band 1, § 39 N 38). Nicht abzugsfähig sind demgegenüber die wertvermehren-
den Aufwendungen, d.h. Auslagen, welche im objektiv-technischen Sinn eine dauernde
Vermehrung oder Verbesserung des Grundstücks bewirken, insbesondere durch bauli-
che Veränderungen (Einbau eines Badezimmers, Bau einer Garage, Ausbau des
Dachstocks, Weg- und Strassenbauten; Reimann/Zuppinger/Schärrer, Kommentar
zum Zürcher Steuergesetz, Band 2, 1963, § 25 N 54).
c) Nach der Rechtsprechung können unter den vorstehend genannten Vor-
aussetzungen auch Prozesskosten, d.h. Gerichts- und Anwaltskosten, die einem
Pflichtigen im Zusammenhang mit einem Grundstück erwachsen sind, als wertvermeh-
rend oder werterhaltend betrachtet werden (RB 1986 Nr. 35 [Leitsatz], RB 1983 Nr. 42
= StE 1984 B 27.7 Nr. 1, RB 1977 Nr. 89; Steuerrekursgericht AG, 29. Juni 1994,
AGVE 1994, 485 f. Nr. 2; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 32 N 108 DBG und § 30
N 99 StG sowie § 221 N 64 f.; Egloff, § 39 N 36). Dabei ist der Abzug auch dann zuläs-
sig, wenn die Aufwendungen eines Steuerpflichtigen bzw. seines Vertreters erfolglos
bleiben (Egloff, a.a.O., unter Hinweis auf AGVE 1994, 486 E. 2c, RB 1977 Nr. 89,
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2 DB.2011.269 2 ST.2011.353
RB 1964 Nr. 55 = ZBl 1965, 307 = ZR 65 Nr. 10 = StR 20, 270). Im Entscheid
3 ST.2005.230 + 3 DB.2005.115 vom 3. November 2005 hat die Steuerrekurskommis-
sion III Gerichts- und Anwaltskosten eines Grundeigentümers als Liegenschaftsunter-
halt anerkannt, die ihm anlässlich eines erfolglosen Rechtsmittelverfahrens gegen eine
Überbauung des Nachbargrundstücks erwachsen waren. Allerdings merkte die Rekurs-
kommission an, dass die Abzugsfähigkeit solcher Aufwendungen dann zu versagen
sei, wenn sich ein Rechtsmittel als offensichtlich unbegründet herausstelle. Dies treffe
einerseits dann zu, wenn ein Rekurs bzw. eine Beschwerde aus formellen Gründen
(z.B. Versäumen einer Rechtsmittelfrist, fehlende Anfechtungsbefugnis) oder materiel-
len Erwägungen, wie etwa eine klare Rechtsprechung, von vornherein aussichtslos sei.
d) Es ist Aufgabe des Steuerpflichtigen, die notwendigen Schätzungsgrundla-
gen zu beschaffen. Die diesbezüglich erforderliche substanziierte Sachdarstellung
muss spätestens innerhalb der Rekursfrist vorgetragen werden (RB 1964 Nr. 68, 1975
Nrn. 54, 55, 64 und 82, 1976 Nr. 77, 1977 Nr. 60, 1978 Nr. 71 am Ende, 1981 Nr. 90).
Als substanziiert gilt eine Sachdarstellung, die hinsichtlich Art, Motiv und Rechtsgrund
alle Tatsachenbehauptungen enthält, welche – ohne weitere Untersuchung, aber unter
Vorbehalt der Beweiserhebung – die rechtliche Würdigung der geltend gemachten
Steueraufhebung oder -minderung bzw. -ermässigung erlaubt. Bei ungenügender Sub-
stanziierung hat die Rekurskommission nicht von Amtes wegen eine Untersuchung
durchzuführen, um sich die fehlenden Grundlagen zu beschaffen (RB 1975 Nr. 64,
1981 Nr. 90, 1987 Nr. 35). Eine unvollständige Sachdarstellung kann nicht im Beweis-
verfahren nachgeholt werden (RB 1980 Nr. 69 mit weiteren Hinweisen). Zur Mitwirkung
des Steuerpflichtigen gehört ferner die Beschaffung oder Bezeichnung von Beweismit-
teln, anhand derer sich die Richtigkeit des dargelegten Sachverhalts ergibt (Martin
Zweifel, Die Verfahrenspflichten des Steuerpflichtigen im Steuereinschätzungsverfah-
ren, ASA 49, 518). Kommt der Steuerpflichtige diesen Anforderungen nicht nach, so
hat die Steuerminderung bzw. -ermässigung zu unterbleiben (vgl. RB 1980 Nr. 72). Nur
soweit ihm Substanziierung und/oder Beweisleistung aus Gründen, die er nicht zu ver-
treten hat, nicht möglich oder nicht zumutbar sind, kann er sich, hinreichende Schät-
zungsgrundlagen vorausgesetzt, auch auf Schätzungen berufen.
3. a) In den Einspracheentscheiden erwog das kantonale Steueramt, den Ur-
teilen des Bezirksgerichts F vom 12. Mai 2009 und des Kantonsgerichts Graubünden
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2 DB.2011.269 2 ST.2011.353
vom 7. Juni 2010 betreffend Grunddienstbarkeit Fuss- und Fahrwegrecht/Wendeplatz
lasse sich entnehmen, dass das allein von den Pflichtigen geltend gemachte Wende-
recht auf der Strassenausbuchtung der Grundstücke Nrn. 1752 und 4276 nie Bestand-
teil der Grunddienstbarkeit gewesen sei. Sodann stehe den Pflichtigen überhaupt kein
Fuss- und Fahrwegrecht auf der entsprechenden Zufahrtsstrasse G entlang den ge-
nannten Grundstücken zu. Wenn die fragliche Dienstbarkeit gar nie bestanden habe,
könne nicht gesagt werden, dass die von den Pflichtigen in diesem Zusammenhang
aufgewendeten Gerichts- und Anwaltskosten der Erhaltung des bisherigen Rechtszu-
stands gedient hätten. Im Übrigen sei nicht ersichtlich, inwiefern die Kosten den Wert
der Liegenschaft hätten erhalten sollen. Dasselbe gelte auch für die geltend gemach-
ten Anwaltskosten im Zusammenhang mit der Sicherstellung eines gefährdeten Bewei-
ses anlässlich der Sanierung der Wasserleitung an der Zufahrtstrasse G. Auch hier
bleibe unerfindlich, inwiefern diese Aufwendungen die Bewahrung des bisherigen
Rechtszustands bzw. des Werts der Liegenschaft angestrebt hätten (R-act. 4 und 5).
b) Die Pflichtigen bringen zur Begründung von Beschwerde und Rekurs vor,
dass ihnen gemäss den im Einspracheverfahren am 17. Oktober 2011 eingereichten
Belegen im Jahr 2009 Unterhalts- und Verwaltungskosten von insgesamt Fr. 31'121.75
erwachsen seien. Bezüglich der geltend gemachten Gerichts- und Anwaltskosten "für
Haupt- und Folgeprozesse in demselben Streitkomplex" sei Ursache "die Bestreitung
der bestehenden und seit dem Jahre 1963 im Grundbuch der Gemeinde C zugunsten
der Parz. Nr. 1751 und zulasten der Nachbarparz. Nrn. 1752, 3318, 3319 und 4276
eingetragenen unbeschränkten Dienstbarkeit Nr. 1963F079 'Fuss- und Fahrwegrecht'
durch die Eigentümer der Parz.Nrn. 1752 und 4276, infolge Klageerhebung derselben
vom 26.2.2007". Aus dem Urteil des Bezirksgerichts F vom 12. Mai 2009 gehe hervor,
dass die Klage der Nachbarn zu drei Vierteln abgewiesen worden sei, d.h. das Fuss-
und Fahrwegrecht auf der Zufahrtstrasse G insbesondere entlang den Grundstücken
Nrn. 1752 und 4276 nach wie vor bestehe und die beantragte Löschung der Dienstbar-
keit im Wendebereich vom Gericht abgewiesen worden sei. Das nachfolgende Beru-
fungsverfahren vor dem Kantonsgericht Graubünden habe sich einzig auf das "Wende-
recht" an der Strassenausbuchtung bezogen. Das Fuss- und Fahrwegrecht hätten die
Anstösser ursprünglich begründet, damit die rechtmässige Erschliessung aller hinten
liegenden Grundstücke gewährleistet sei. Die zur Erhaltung der Zufahrt und somit des
Verkehrswerts aufgewendeten Gerichts- und Anwaltskosten bildeten daher Liegen-
schaftenunterhalt. Dasselbe gelte für die Aufwendungen im Zusammenhang mit der
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2 DB.2011.269 2 ST.2011.353
Sanierung der Haus-Wasserzuleitung in der Zufahrtstrasse G. Hier habe sich vorgän-
gig der Reparatur eine amtliche Befundaufnahme mit Sicherstellung eines gefährdeten
Beweises "zwecks späterer geschäftsmässiger Abwicklung mit den diversen Nach-
barn" aufgedrängt. Der Ertragsverlust aus der Liegenschaft in der Gemeinde C belaufe
sich daher auf Fr. 22'121.- (Brutto-Eigenmietwert Fr. 9'000.- ./. Fr. 31'121.- Unterhalt;
R-act. 2).
Dem hält das kantonale Steueramt in der Beschwerde-/Rekursantwort entge-
gen, dass der Grund für die gerichtlich ausgetragenen Meinungsverschiedenheiten in
der Durchsetzung eines nicht bestehenden Wenderechts auf den Parzellen Nrn. 1752
und 4276 gelegen habe. Unter diesen Umständen könne nicht gesagt werden, dass die
Pflichtigen sich um die Erhaltung des bisherigen Rechtszustands bemüht hätten.
Selbst wenn jedoch davon auszugehen wäre, würde sich die Frage stellen, inwiefern
die damit verbundenen Aufwendungen der Werterhaltung gedient hätten. Wie die
Pflichtigen selbst einräumten, sei das streitbetroffene Fuss- und Fahrwegrecht begrün-
det worden, um die Erschliessung der hinten liegenden Grundstücke zu gewährleisten.
Weil das Grundstück Nr. 1751 der Pflichtigen aber vor den Parzellen Nrn. 1752 und
4276 liege, sei nicht ersichtlich, inwiefern der Wegfall der Servitut den Wert ihrer Lie-
genschaft mindere. So habe denn das Kantonsgericht festgehalten, dass keiner der
"vorderen" Anwohner ein Interesse habe, mit seinem Fahrzeug regelmässig bis zum
hintersten zu fahren. Zum gleichen Schluss sei bereits das Bezirksgericht im Urteil vom
12. Mai 2009 gelangt, indem es festgehalten habe, ein Wegrecht diene dazu, die Zu-
fahrt oder den Zugang zum bzw. die Wegfahrt oder den Weggang vom berechtigten
über das belastete Grundstück sicherzustellen. Weil die beiden eingangs der Zu-
fahrtstrasse G gelegenen Parzellen Nrn. 3318 und 3319 mit dem Fuss- und Fahrweg-
recht belastet seien, verfüge die Pflichtige zweifellos über einen gesicherten Zugang
zum Grundstück Nr. 1751. Damit sei ihren Interessen Genüge getan. Auch eine
zweckgerichtete Auslegung des Erwerbsgrundes lasse nicht erkennen, weshalb der
hinterliegende Strassenteil von den Pflichtigen regelmässig befahren werden solle.
Diese Erwägungen des Gerichts träfen sinngemäss auch für die Anwaltskosten im Zu-
sammenhang mit der Befundaufnahme zur Sicherstellung eines gefährdeten Beweises
zu (R-act. 8).
c) aa) Wenn ein Grundeigentümer einen Rechtsstreit um den Bestand oder
Inhalt eines dinglichen Rechts austrägt und er unterliegt, kann entgegen der Auffas-
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sung des kantonalen Steueramts nicht gesagt werden, dass ein Unterhaltsabzug von
vornherein ausser Betracht falle. Wie in E. 2c zuvor festgehalten, steht der Abzug auch
dem erfolglos gebliebenen Grundeigentümer zu, wenn er nicht offensichtlich unbe-
gründete Prozesse geführt hat. Es besteht kein Anlass, diese Rechtsprechung zum
Nachteil des Grundeigentümers zu verschärfen.
bb) Hingegen erweist sich der andere Einwand des kantonalen Steueramts,
wonach die Pflichtigen mit den Prozessen um die Erhaltung der früheren Wendemög-
lichkeit keinen praktischen Nutzen verfolgt hätten, als zutreffend. Nach den Akten wird
das Grundstück Nr.1751 der Pflichtigen über die Zufahrtstrasse H und die Zu-
fahrtstrasse G rechtsgenügend erschlossen. Etwas anderes wird von den Pflichtigen
nicht behauptet; denn im Fall einer mangelhaften Erschliessung hätte kraft Art. 22 Abs.
2 lit. b des Bundesgesetzes vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung gar keine Bau-
bewilligung für das bestehende Wohnhaus erteilt werden dürfen. Wie die Vorinstanz
unter Hinweis auf die Erwägungen der bündnerischen Gerichte schlüssig dargelegt hat,
ist ein rechtlich geschütztes Interesse der Pflichtigen, über ihr Grundstück Nr. 1751
hinaus den (kurzen) hinteren Bereich der Zufahrtstrasse G befahren und dort wenden
zu können, nicht ersichtlich. Soweit eine Wendemöglichkeit überhaupt erforderlich ist,
besteht diese auf der Parzelle der Pflichtigen. Nach dem Gesagten hat der für die
Pflichtigen überwiegend ungünstige Ausgang des Nachbarschaftsstreits allenfalls zur
Einbusse eines bequemen Wendemanövers, nicht aber zu einer schlechteren Er-
schliessung und damit zu einem Wertverlust für ihr Grundstück geführt. Mithin können
die streitbetroffenen Gerichts- und Anwaltskosten nicht als Liegenschaftenunterhalt
anerkannt werden.
cc) Lässt sich der Streit um den Inhalt der Grunddienstbarkeit nach dem Ge-
sagten nicht als Liegenschaftenunterhalt würdigen, so gilt dies ohne Weiteres auch für
das von der Pflichtigen in jenem Verfahren vor dem Bezirksgericht F gegen mehrere
Richter gestellte und vom genannten Gericht am 18. Dezember 2008 verworfene Aus-
standsbegehren.
dd) Keine Unterhaltskosten stellen sodann die Aufwendungen zur Sicherstel-
lung eines gefährdeten Beweises im Zusammenhang mit der Sanierung der Zu-
fahrtstrasse G und der darin verlegten Wasserleitung dar. Denn diese vorsorgliche
Massnahme zielte nicht auf den Unterhalt einer Liegenschaft, sondern auf die umstrit-
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tene Kostenverteilung für Sanierungsmassnahmen und damit auf eine vermögens-
rechtliche Streitigkeit.
ee) Gebricht es nach dem Gesagten schon materiell an den Voraussetzungen
für einen Abzug, so braucht das Steuerrekursgericht nicht weiter zu klären, ob die gel-
tend gemachten Aufwendungen tatsächlich allesamt in der Steuerperiode 2009 ange-
fallen sind. Die Einspracheentscheide sind daher in diesem Punkt zu bestätigen.
4. Kraft § 46 StG werden Schulden, für die der Steuerpflichtige allein haftet,
bei der Ermittlung des steuerbaren Vermögens voll abgezogen. Für andere Schulden
gilt dies nur insoweit, als sie vom Steuerpflichtigen getragen werden müssen.
a) Im Einspracheentscheid betreffend die Staats- und Gemeindesteuern 2009
erwog das kantonale Steueramt, dass die Pflichtigen Schulden aus Kontokorrent (seit
31. Dezember 1997), aus Pfandausfall (vom 29. August 1997 und 2. Februar 1999)
sowie aus Verlustschein (vom 18. Januar 2001) von insgesamt Fr. 7'523'289.- geltend
machten. Nach den Akten gehörten sämtliche Vermögenswerte der Ehefrau, während
für die genannten Schulden ausschliesslich der Ehemann hafte. Aus diesem Grund
hätten die Gläubiger trotz steuerbarer Vermögenswerte von rund 5,8 Mio. Franken kei-
ne weiteren Betreibungshandlungen vorgenommen. Unter diesen Umständen lasse
sich nicht sagen, dass die Pflichtigen mit der Tilgung der Schulden noch ernsthaft zu
rechnen hätten. Dies schliesse nach der Lehre ihre Berücksichtigung aus (R-act. 5).
Ergänzend führte die Amtsstelle in der Beschwerde-/Rekursantwort aus, dass die
Pflichtigen auf wiederholte Zahlungsaufforderungen vonseiten der Gläubiger nicht rea-
giert hätten (R-act. 8).
b) Zur Begründung ihres Rekurses bringen die Pflichtigen vor, dass die streit-
betroffenen Schulden auf "Schuldanerkennungen gemäss SchKG" beruhten und von
der Gläubigerin jederzeit geltend gemacht werden könnten. Diese bestehe weiterhin
auf der Begleichung der gesamten Schuld. Weil sie bisher nicht angemessen Hand für
eine "Schuldenreduktion oder definitive Schuldenregulierung" geboten habe, hätten
sich die Pflichtigen "nicht in der Lage (gesehen), Zahlungsbeiträge zu leisten". Das
Verhalten der Gläubigerin zeige, dass sie weiterhin ernsthaft mit der Tilgung der
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Schuld rechne. Daher sei den Pflichtigen wie in den früheren Veranlagungen der
Schuldenabzug zuzugestehen (R-act. 2).
c) aa) Der Grundsatz der Gesetzmässigkeit der Verwaltung (Legalitätsprinzip)
verlangt eine Übereinstimmung der Entscheidung mit dem Gesetz (Art. 5 Abs. 1 BV;
Häfelin/Müller/Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. A., 2010, Rz. 368); er geht
der Rücksichtnahme auf eine gleichmässige Rechtsanwendung vor (Häfelin/Müller/Uhl-
mann, Rz. 518; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, VB zu Art. 109 - 121 N 10 ff. und N 99
ff. DBG und VB zu §§ 119 - 131 N 9 ff. und N 108 ff. StG, je mit Verweisungen auf die
bundesgerichtliche Rechtsprechung). Falls den Pflichtigen der streitbetroffene Schul-
denabzug in früheren Steuerperioden gewährt worden ist, steht dies einer Überprüfung
im vorliegenden Verfahren nicht entgegen. Weder den Parteivorbringen noch den Ak-
ten lassen sich Umstände entnehmen, die aufgrund von Treu und Glauben einer ge-
setzmässigen Rechtsanwendung im Weg stünden.
bb) Der von der herrschenden Lehre entwickelte Grundsatz, wonach Schulden
nur dann als bestehend zu würdigen sind und daher abgezogen werden dürfen, wenn
mit deren Erfüllung ernstlich zu rechnen ist (Markus Reich, Steuerrecht, 2009, S. 329;
Höhn/Waldburger, Steuerrecht, Band I, 9. A., Bern 2001, § 15 N 22; Richner/Frei/Kauf-
mann/Meuter, § 46 N 4), ist vom kantonalen Steueramt zu Recht als Voraussetzung für
die Abzugsfähigkeit genannt worden. Denn Art. 127 Abs. 2 BV statuiert neben anderen
Steuererhebungsprinzipien den Grundsatz der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Die-
ser gebietet bei der Erhebung der Vermögenssteuer die Berücksichtigung von Schul-
den, was der Kanton Zürich mit § 46 StG umgesetzt hat. Eine Schuld kann wiederum
nur dann als solche gelten, wenn sie rechtlich und wirtschaftlich auch tatsächlich
durchgesetzt werden kann. Weil gegen den Pflichtigen Verlustscheine vorliegen und
das eheliche Vermögen nach den unwidersprochen gebliebenen Erwägungen im Ein-
spracheentscheid vollumfänglich der Ehefrau gehört, ist es den Gläubigern nach den
Bestimmungen von Art. 265 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 11. April 1889 über
Schuldbetreibung und Konkurs weitgehend verunmöglicht, die Forderung gegenüber
dem Schuldner zu vollstrecken. Auch ist der Vorinstanz darin beizupflichten, dass der
Schuldner seit Jahren keine ernsthaften Bemühungen zur Begleichung der Schuld un-
ternommen hat. Dass der Pflichtige nach seinen – nicht weiter substanziierten – Vor-
bringen allenfalls bereit wäre, die Schuldscheine gegen einen "angemessenen" Betrag
zu tilgen, lässt sich nicht als ernstliche Erfüllungsbereitschaft würdigen. Daran ändern
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auch die wiederholten Zahlungsaufforderungen durch die Gläubiger nichts. Der Rekurs
erweist sich daher in diesem Punkt ebenso als unbegründet.
5. Diese Erwägungen führen zur Abweisung von Beschwerde und Rekurs. Bei
diesem Verfahrensausgang sind die Kosten den Pflichtigen aufzuerlegen (Art. 144
Abs. 1 DBG, § 151 Abs. 1 StG). | Public | Tax | de | 2,012 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
d07f0366-2036-4ca7-b29b-ec23f0144436 | hat sich ergeben:
A. Die A (nachfolgend die Pflichtige) war Muttergesellschaft der B in C. Diese
Gesellschaft war ihrerseits Muttergesellschaft der D in E. Im Jahr 2006 absorbierte die
Pflichtige ihre Enkelin, die D, nachdem die B diese zuvor saniert hatte.
In der Steuererklärung 2006 deklarierte die Pflichtige einen Reingewinn für
das Geschäftsjahr 2006 von Fr. 2'866'619.-. Diesen Gewinn verrechnete sie mit Vor-
jahresverlusten der D von Fr. 889'956.-, was – nach Abzug ausserkantonaler Gewinn-
anteile – einen steuerbaren Reingewinn von Fr. 1'867'400.- ergab. Das steuerbare Ei-
genkapital bezifferte sie auf Fr. 21'407'000.-.
Mit Entscheid bzw. Hinweis vom 29. August 2008 schätzte der Steuerkommis-
sär die Pflichtige für die Steuerperiode 1.1. - 31.12.2006 wie folgt ein:
Staats-/Gemeindesteuer Direkte Bundessteuer Fr. Fr.
Steuerbarer Reingewinn 2'708'200.- 2'866'600.-
Gewinnsteuersatz 8.0%
Steuerbares Eigenkapital 21'577'000.-
Kapitalsteuersatz 0.75 ‰.
Beim steuerbaren Reingewinn rechnete er dabei den Vortrag der Verluste der
D von Fr. 889'956.- auf mit der Begründung, diese Verluste würden gemäss Ruling
vom 26. Juni 2006 nicht akzeptiert.
Die Veranlagung der direkten Bundessteuer wurde mit Steuerrechnung vom
19. Dezember 2008 formell eröffnet.
B. Hiergegen liess die Pflichtige am 17. September 2008 bzw. 16. Januar
2009 Einsprache erheben und beantragen, die Übernahme des Verlustvortrags der D
zu akzeptieren. Zur Begründung verwies sie auf die mit dem kantonalen Steueramt im
Jahr 2006 diesbezüglich geführte Korrespondenz.
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1 ST.2009.228 1 DB.2009.113
Das kantonale Steueramt hiess die Einsprachen nach Unterbreitung entspre-
chender Einschätzungsvorschläge am 30. Juni 2009 teilweise gut, indem sie die Pflich-
tige unter Zulassung eines Teils des Verlustvortrags von Fr. 499'956.- wie folgt ein-
schätzte:
Staats-/Gemeindesteuer Direkte Bundessteuer Fr. Fr.
Steuerbarer Reingewinn 2'208'300.- 2'366'600.-
Gewinnsteuersatz 8.0%
Steuerbares Eigenkapital 21'577'000.-
Kapitalsteuersatz 0,75 ‰.
Aus den Erwägungen ist festzuhalten: Vor der Fusion mit der Pflichtigen sei
die B an der D zu 100% beteiligt gewesen. In dieser Funktion habe die B der Letzteren
zum Geschäftsstart ein Darlehen von Fr. 499'956.- gewährt und später im Rahmen
einer Sanierung auf dessen Rückzahlung verzichtet. In diesem Umfang liege ein un-
echter Sanierungsgewinn vor, sodass der Vorjahresverlust der D dadurch nicht ge-
schmälert werde und die Pflichtige diesen daher zur Verrechnung bringen könne. An-
ders verhalte es sich mit dem weiteren Forderungsverzicht von Fr. 390'000.- der B,
welcher von dieser ebenfalls im Rahmen der Sanierung der B ausgesprochen worden
sei. Denn dieser Verzicht beschlage eine Forderung aus Lieferung und Leistung, so-
dass sowohl hinsichtlich der direkten Bundessteuer als auch bezüglich den Staats- und
Gemeindesteuern – je aus unterschiedlichen Gründen – ein echter Sanierungsgewinn
vorliege und der Forderungsverzicht für die Verlustverrechnung nicht geltend gemacht
werden könne.
C. Mit Beschwerde bzw. Rekurs vom 31. Juli bzw. 4. September 2009 liess
die Pflichtige die Einspracheanträge erneuern und die Zusprechung einer Parteient-
schädigung verlangen. Zur Begründung liess sie vorbringen, gemäss herrschender
Lehre und Praxis bei den Staats- und Gemeindesteuern sei bei einem Forderungsver-
zicht eines Anteilsinhabers im Rahmen einer Sanierung darauf abzustellen, ob dieser
Verzicht in der Funktion als Geschäftspartner oder in derjenigen als Anteilsinhaber
erfolgt sei. Auf die Art der Forderung – vorliegend aus Lieferung und Leistung der B –,
auf die verzichtet worden sei, komme es nicht an. Ausser der B habe kein anderer
Gläubiger der D auf eine Forderung verzichtet, weshalb deren Verzicht als Anteilsinha-
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1 ST.2009.228 1 DB.2009.113
berin erfolgt sei. Mithin gelte auch dieser Forderungsverzicht im Umfang von
Fr. 390'000.- gleich wie der Darlehensverzicht von Fr. 499'956.- als unechte Sanie-
rungsmassnahme. Der dadurch handelsrechtlich entstandene Gewinn sei steuerlich als
nicht erfolgt zu betrachten und schmälere den Verlustvortrag der D daher nicht. Diese
Überlegungen seien auch bei der direkten Bundessteuer anzustellen, auch wenn
Rechtsprechung und Praxis bei dieser Steuer bisher andere Wege beschritten hätten.
Das kantonale Steueramt beantragte am 1. Oktober 2009 Abweisung der
Rechtsmittel. Dem schloss sich die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) am
2. November 2009 hinsichtlich der Beschwerde an. | Die Rekurskommission zieht in Erwägung:
1. Die Pflichtige ersuchte die Steuerverwaltungen der Kantone E, C und F am
11. Mai 2006 um Zustimmung zu einem Ruling über die steuerrechtlichen Folgen der
Absorption der D in E. Die Adressaten genehmigten dieses Gesuch am 23. Mai,
30. Mai und 23. Juni 2006, wobei jedoch die Steuerverwaltung des Kantons F die Ein-
schränkung anbrachte, dass sie die vorliegend streitige Verrechnung mit den Vorjah-
resverlusten der D nicht akzeptiere (separates Schreiben an die Vertreterin der Pflich-
tigen vom 26. Juni 2006 sowie die nachfolgende Korrespondenz. Demnach stützt sich
die Pflichtige für die geltend gemachte Verlustverrechnung zu Recht nicht auf das ab-
geschlossene Ruling und damit rechtens nicht auf den Grundsatz von Treu und Glau-
ben, sodass ihr Begehren materiell zu prüfen ist.
2. a) Der Reingewinn einer juristischen Person unterliegt der Gewinnsteuer
(Art. 57 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990
[DBG], § 63 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 [StG]). Vom Reingewinn der Steu-
erperiode können Verluste aus sieben der Steuerperiode vorangegangenen Geschäfts-
jahren abgezogen werden, soweit sie bei der Berechnung des steuerbaren Reingewin-
nes dieser Jahre nicht berücksichtigt werden konnten (Art. 67 Abs. 1 DBG, § 70 Abs. 1
StG). Obwohl dies im Wortlaut nicht zum Ausdruck kommt, gelten diese Bestimmungen
auch als gesetzliche Grundlage für die Verrechnungsmöglichkeit von Verlustvorträgen
- 5 -
1 ST.2009.228 1 DB.2009.113
einer (gewinn-)steuerneutral übernommenen Gesellschaft durch die übernehmende
Gesellschaft im Rahmen von Unternehmensumstrukturierungen (Höhn/Waldburger,
Steuerrecht, Band II, 9. A., 2002, S. 543 ff.; Frank Lampert, Die Verlustverrechnung
von juristischen Personen im Schweizer Steuerrecht, 2000, S. 87, 93, 100 f., mit weite-
ren Hinweisen; Peter Locher, Kommentar zum DBG, II. Teil, 2004, Art. 61 N 14, 40 f.,
rev. Art. 61 N 24; Reich/Duss, Unternehmensumstrukturierungen im Steuerrecht, 1996,
S. 271 f.; Kuhn/Brühlisauer, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band
I/1, 2. A., 2002, Art. 25 N 43 StHG; vgl. auch Botschaft vom 13. Juni 2000 zum
Fusionsgesetz, in: BBI 2000 S. 4370 sowie Kreisschreiben Nr. 5 der ESTV vom 1. Juni
2004, Umstrukturierungen, Ziff. 4.1.2.2.4 S. 31). Grundsätzlich kann somit bei einer
Fusion zweier Kapitalgesellschaften die aufnehmende Gesellschaft die Verlustvorträge
der absorbierten Gesellschaft steuerwirksam geltend machen.
Die Pflichtige absorbierte die D per 26. Juni 2006. Sie kann daher deren Ver-
lustvorträge aus den Geschäftsjahren 2002/03 - 2005 von Fr. 889'956.- gestützt auf
Art. 67 Abs. 1 DBG bzw. § 70 Abs. 1 StG mit ihrem Gewinn pro 2006 grundsätzlich
verrechnen.
b) aa) Handelt es sich bei der absorbierten Gesellschaft mit Verlustvorträgen
um ein Unternehmen, das vor der Fusion saniert worden ist, ist für die Zulassung der
Verlustvorträge bei der aufnehmenden Gesellschaft allerdings zu prüfen, welche Sa-
nierungsleistungen erbracht und wie diese steuerlich zu behandeln sind, d.h. ertrags-
wirksam oder ertragsneutral bzw. als echter oder unechter Sanierungsertrag. Allenfalls
drängen sich steuerlich insofern Korrekturen auf, als ertragsneutral verbuchte Sanie-
rungsleistungen steuerlich als ertragswirksam zu qualifizieren sind, weil ein echter
Sanierungsertrag vorliegt. Ein solcher Sanierungsertrag ist mit dem Verlustvortrag zu
verrechnen, sodass Letzterer von der aufnehmenden Gesellschaft nur entsprechend
geschmälert geltend gemacht werden kann. Werden Sanierungsleistungen – z.B.
Forderungsverzichte von Anteilseignern – von der sanierten Gesellschaft zwar erfolgs-
wirksam verbucht, will die aufnehmende Gesellschaft diese Leistungen jedoch steuer-
lich gleichwohl erfolgsneutral behandelt wissen, stellt sich die Frage nach dem Vorlie-
gen eines echten oder unechten Sanierungsertrags ebenfalls (vgl. hierzu Lampert,
S. 121 ff.).
bb) Steuerlich ertragswirksam, d.h. als echte Sanierungserträge zu verbuchen
sind stets Zuschüsse von Dritten bzw. Forderungsverzichte von Dritten. Stammen die
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1 ST.2009.228 1 DB.2009.113
Forderungsverzichte dagegen von Beteiligten, ist in Lehre und Rechtsprechung schon
lange umstritten, ob diese steuerlich ertragswirksam oder ertragsneutral, d.h. als echte
oder unechte Sanierungserträge gelten. Steuerneutralität liegt dann vor, wenn die For-
derungsverzichte als Kapitaleinlagen im Sinn von Art. 60 lit. a DBG bzw. § 66 lit. a StG
zu qualifizieren sind. Dabei geht es nicht an, die Kapitalanlage bei der direkten Bun-
dessteuer anders zu definieren als bei den Staats- und Gemeindesteuern, da die Steu-
erfreiheit der Kapitalanlage vom Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten
Bundessteuer der Kantone und Gemeinden vom 14. Dezember 1990 (StHG) in Art. 24
Abs. 2 lit. a vorgegeben ist, sodass das StHG auch den Begriff der Kapitalanlage
bestimmt und dieser für beide Steuerarten massgebend ist.
cc) Bei der direkten Bundessteuer hat sich unter Geltung des Beschlusses
über die direkte Bundessteuer vom 9. Dezember 1990 (BdBSt) die Auffassung der
ESTV durchgesetzt, wonach Forderungsverzichte von Anteilseignern grundsätzlich
echte Sanierungserträge darstellen (Kreisschreiben Nr. 14 der ESTV vom 1. Juli 1981
über den Forderungsverzicht durch Aktionäre im Zusammenhang mit Sanierungen von
Aktiengesellschaften, ASA 50, 63 ff. [= nZStB II Nr. 66/100], nachfolgend Kreisschrei-
ben, auch zum Folgenden). Nur dann, wenn und soweit es sich bei der Forderung um
ein Aktionärsdarlehen handelt, das vor der Sanierung als verdecktes Eigenkapital be-
handelt oder wegen schlechten Geschäftsgangs gewährt worden ist und unter den
gleichen Umständen von unabhängigen Dritten nicht zugestanden worden wäre, liegt
im Verzicht auf diese Forderung ein unechter Sanierungsertrag begründet. Diese
Praxis wurde vom Bundesgericht bestätigt (BGE 115 Ib 269 = StE 1990 B 72.16 Nr. 1)
und wird ihr auch unter der Herrschaft des DBG nachgelebt (Brülisauer/Helbling, in:
Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/2a, 2. A., 2008, Art. 60 N 41
DBG).
Diese Ansicht ist in der herrschenden Lehre allerdings überwiegend auf Kritik
gestossen (Bruno Scherrer, Das Bundesgericht zum Forderungsverzicht durch Aktio-
näre in StR 1990, 181 f.; Cagianut/Höhn, Unternehmungssteuerrecht, 3. A., 1993, 445
f.; Ernst Känzig, Die direkte Bundessteuer [Wehrsteuer], II. Teil, 1992, Art. 49 N 313;
Stephan Kuhn, Sanierung von Aktiengesellschaften, Rechtzeitige Steuerplanung
unumgänglich, ST 1993, 879 ff.; Marco Duss, Forderungsverzicht durch Aktionäre im
Zusammenhang mit Sanierungsleistungen von Aktiengesellschaften, ASA 50, 273;
Kuhn/Brühlisauer, Art. 24 N 161 StHG; Brülisauer/Helbling, Art. 60 N 43 DBG mit zahl-
reichen Verweisungen, auch zum Folgenden). Im Sinn einer differenzierten Betrach-
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tungsweise ist dabei nicht allein auf die äussere, d.h. zivilrechtliche Form der Sanie-
rungsleistung als Aktionärsdarlehen abzustellen, sondern muss vielmehr berücksichtigt
werden, ob der Forderungsverzicht vom Anteilsinhaber in seiner Eigenschaft als Betei-
ligter oder als Geschäftspartner ausgesprochen worden ist. Wird eine Leistung von
einem Anteilsinhaber als Beteiligter der Gesellschaft gleich erbracht wie von den übri-
gen Beteiligten, so ist diese als steuerfreie Kapitaleinlage gemäss Art. 60 lit. a DBG
bzw. § 66 lit. a StG zu betrachten. Wird hingegen die Leistung vom Anteilsinhaber als
Geschäftspartner erbracht, und zwar in gleichem Ausmass wie von einem unabhängi-
gen Drittgläubiger, ist die Leistung als steuerbarer Gewinn gemäss Art. 58 Abs. 1 DBG
bzw. § 64 Abs. 1 StG zu qualifizieren.
Diese Überlegungen gelten seit längerem für die Staats- und Gemeindesteu-
ern, indem sich die Praxis bei Forderungsverzichten von Anteilseignern entsprechend
ausgerichtet hat (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum harmonisierten Zür-
cher Steuergesetz, 2. A., 2006, § 64 N 107, § 66 N 5 und § 70 N 24 sowie Hans Ulrich
Meuter, Sanierung einer Aktiengesellschaft, ZStP 1998, 91, auch zum Folgenden).
Demnach muss bei dieser Praxis die Frage beantwortet werden, weshalb der Forde-
rungsverzicht vom Anteilseigner ausgesprochen wurde. Wird er infolge eines schuld-
rechtlichen Verhältnisses geleistet, weil ein unabhängiger, d.h. nicht beteiligter Dritt-
gläubiger ihn ebenfalls ausgesprochen hätte, liegt eine ertragswirksame Sanierungs-
leistung vor, die mit alten Verlusten zu verrechnen ist. Dies hat umgekehrt zur Folge,
dass der Verzicht eines Beteiligten auf eine Forderung aus Lieferung und Leistung
dann als steuerneutrale Kapitaleinlage zu qualifizieren ist, wenn der Verzicht von
einem Drittgläubiger nicht gewährt worden wäre. Insofern kommt es auf die Art der
Forderung nicht an, sondern vielmehr darauf, aus welchem Grund bzw. Motiv der Be-
teiligte den Verzicht gewährt hat (so auch Lampert, S. 128).
dd) Dieser differenzierten Ansicht zu den Forderungsverzichten von Anteils-
eignern ist auch für den Bereich der direkten Bundessteuer der Vorzug zu geben. Denn
die zivilrechtliche Gestaltung der Sanierungsleistung – Forderungsverzicht oder Kapi-
talherabsetzung bzw. à fonds perdu-Zuschuss (nur bei den letzteren Beiden handelt es
sich gemäss Kreisschreiben der ESTV um einen unechten Sanierungsgewinn) – stellt
kein taugliches Abgrenzungskriterium für das Vorliegen eines unechten Sanierungs-
gewinns dar, weil bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise ein à fonds perdu-Zuschuss
eines Aktionärs zum selben Resultat führt wie dessen Verzicht auf Darlehensrückzah-
lung. Ferner kann die Steuerneutralität grundsätzlich auch unter Anwendung der Praxis
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der ESTV erreicht werden: Etwa durch Herabsetzung und gleichzeitige Wieder-
erhöhung des Aktienkapitals mit Umwandlung der Darlehensforderung in Aktienkapital
oder durch einen vorgängigen à fonds perdu-Zuschuss, welcher dazu verwendet wird,
die Darlehensschuld zu begleichen (Brülisauer/Helbling, Art. 60 N 45). Dergestalt ist
der von der herrschenden Lehre postulierten differenzierten Betrachtungsweise auch
bei der direkten Bundessteuer zum Durchbruch zu verhelfen. Eine unterschiedliche
Behandlung von Sanierungsleistungen bei dieser Steuer sowie bei den Staats- und
Gemeindesteuern käme ohnehin nicht mehr in Betracht.
c) Die Verlustverrechnung gemäss Art. 67 DBG bzw. § 70 StG wird nicht zu-
gelassen, wenn die übernommene Gesellschaft bereits vor der Fusion wirtschaftlich
(faktisch) liquidiert oder in liquide Form gebracht war oder wenn sie kurze Zeit nach der
Übernahme wirtschaftlich liquidiert wird (Höhn/Waldburger, S. 544 f.). In diesen Fällen
fehlt es an der betrieblichen beziehungsweise wirtschaftlichen Kontinuität, die nach
Sinn und Zweck der gesetzlich vorgesehenen Verlustverrechnung vorausgesetzt ist. Es
ergibt sich nämlich bereits aus dem Normzweck von Art. 67 Abs. 1 DBG und § 70
Abs. 1 StG, dass es auch im Fall einer Fusion nur dann zur Verlustübernahme kom-
men kann, wenn die übernommene Gesellschaft in der aufnehmenden Gesellschaft in
irgendeiner Form "weiterlebt" (vgl. Cagianut/Höhn, S. 696; Reich/Duss, S. 272; siehe
zuletzt auch StRK II, 27. Oktober 2008, 2 ST.2008.235 + 2 DB.2008.134 und VGr,
18. November 2009, SB 2008.00119 + SB 2008.00120).
d) Wie generell jede Rechtsausübung steht die Verlustverrechnung sodann
unter dem Vorbehalt des Missbrauchsverbots (werde dies nun aus Art. 2 Abs. 2
ZGB oder gemäss neuerer Lehrmeinung im öffentlichen Recht aus Art. 9 BV abgeleitet
[vgl. Thomas Gächter, Rechtsmissbrauch im öffentlichen Recht, 2005, S. 338 ff. sowie
René Matteotti, Steuergerechtigkeit und Rechtsfortbildung. Ein Rechtsvergleich
zwischen der Schweiz und den Vereinigten Staaten von Amerika unter besonderer
Berücksichtigung der wirtschaftlichen Betrachtungsweise, 2007, S. 273]). So ist sie
namentlich ausgeschlossen, wo eine Steuerumgehung oder ein so genannter Mantel-
handel vorliegt (vgl. Brülisauer/Helbling, Art. 67 N 14 f. DBG; Locher, Art. 61 N 41 und
Art. 67 N 11; vgl. BGr, 29. September 2000, 2A.133/2000 E. 2; ASA 63, 225 f. E. 4).
3. a) Die D wies per Ende 2005 Verluste aus den Geschäftsjahren 2002/03 -
2005 von Fr. 889'955.- aus. Diese Überschuldung beseitigte die Muttergesellschaft der
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D, die B, per Ende 2005, indem sie auf ihr Darlehen mit Rangrücktritt in der Höhe von
Fr. 500'000.- sowie auf bestehende Forderungen aus Lieferungen im Umfang von
Fr. 390'000.- (von total Fr. 569'002.-) am 10. März 2006 verzichtete. Dadurch war das
Eigenkapital der D wieder hergestellt. Letztere verbuchte die Forderungsverzichte der
B als ausserordentlichen Ertrag und damit erfolgswirksam. Die Pflichtige, welche die D
am 26. Juni 2006 absorbierte, will den Verlustvortrag der Letzteren per Ende 2005 von
Fr. 889'955.- trotz dieser Verbuchung mit ihrem Gewinn verrechnen, weil sie die Forde-
rungsverzichte der B steuerlich als nicht erfolgswirksam und damit als unechte Sanie-
rungsleistungen behandelt wissen will.
b) Die Parteien sind sich zu Recht einig darin, dass die streitige Verlustver-
rechnung nicht schon deshalb scheitert, weil die D bereits vor oder kurz nach der Fusi-
on mit der Pflichtigen wirtschaftlich liquidiert worden wäre. Denn der Betrieb der D in E
lebte bzw. lebt insofern weiter, als er von der Pflichtigen – wie schon diverse andere
Verkaufsstätten – unstreitig in Form einer Betriebsstätte weitergeführt wurde und noch
immer wird. Die wirtschaftliche Kontinuität der übernommenen Gesellschaft blieb der-
gestalt gewahrt, weshalb der Verrechnung mit den Verlusten der absorbierten D inso-
fern nichts im Weg steht.
Als Folge der Weiterführung des übernommenen Betriebs liegt sodann auch
kein so genannter Mantelhandel vor, d.h. eine Absorption der D missbräuchlich nur
zum Zweck der steuerlichen Geltendmachung ihres Verlustvortrags und damit in Erfül-
lung des Tatbestands der Steuerumgehung. Dies ist ebenfalls nicht streitig.
c) aa) Das Darlehen von Fr. 500'000.- gewährte die B der D unstreitig als de-
ren Gründerin und Alleinaktionärin zum Geschäftsstart am 26. Juli 2002. Damit liegt
ohne Zweifel ein Aktionärsdarlehen vor.
aaa) Wird auf ein solches Darlehen zwecks Sanierung durch den Anteilseig-
ner verzichtet, stellt der Forderungsverzicht bei der direkten Bundessteuer – wie er-
wähnt – gemäss Kreisschreiben der ESTV und Rechtsprechung des Bundesgerichts
grundsätzlich eine ertragswirksame, d.h. echte Sanierungsleistung dar, welche die
Geltendmachung des Verlustvortrags der sanierten Gesellschaft durch die aufnehmen-
de Gesellschaft im nämlichen Umfang ausschliesst. Nur wenn das Darlehen vor der
Sanierung als verdecktes Eigenkapital behandelt oder wegen schlechten Geschäfts-
gangs gewährt worden ist, kann auf eine unechte Sanierungsleistung geschlossen
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werden, die die Verlustverrechnung nicht hindert. Die Vorinstanz, welche für die Belan-
ge der direkten Bundessteuer auf diese Praxis abstellte, ging beim Darlehen der B of-
fenbar davon aus, dass eine dieser beiden Ausnahmen gegeben ist, ansonsten sie die
Verlustverrechnung im Darlehensumfang (abzüglich Fr. 44.-) nicht hätte gewähren dür-
fen. Indessen unterliess sie es, den Sachverhalt, welcher den Schluss auf das Vorlie-
gen einer solchen Ausnahme zuliess, darzulegen und geht ein entsprechender Sach-
verhalt auch aus den Akten nicht hervor. Die Verlustverrechnung hätte sie daher bei
der direkten Bundessteuer bei Abstellen auf diese Praxis mangels Vorliegens einer
unechten Sanierungsleistung im Umfang dieses Darlehensverzichts gar nicht zulassen
dürfen.
bbb) Nach dem Gesagten ist jedoch für die Qualifikation des Verzichts auf ein
Aktionärsdarlehen als echte oder unechte Sanierungsleistung auch bei der direkten
Bundessteuer nicht auf die Praxis von ESTV und Bundesgericht abzustellen, sondern
vielmehr auf die differenzierte Ansicht der herrschenden Lehre, welche schon vor Jahr-
zehnten bei den Staats- und Gemeindesteuern Eingang gefunden hat (vgl. Zuppin-
ger/Schärrer/Fessler/Reich, Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, Ergänzungsband,
2. A., 1983, § 45 N 160 f.). Demnach kommt es darauf an, ob der Anteilseigner auf das
Darlehen in seiner Funktion als Aktionär oder in derjenigen als Geschäftspartner ver-
zichtet hat. Die B gewährte das fragliche Darlehen von Fr. 500'000.- der D als Alleinak-
tionärin zum Geschäftsstart und verzichtete darauf nach unwidersprochenem Bekun-
den der Pflichtigen, um ihre Tochtergesellschaft zu sanieren. Daher liegt auf der Hand,
dass sie den Verzicht als Anteilseignerin und nicht als Geschäftspartnerin der D aus-
gesprochen hat. Es handelt sich beim Verzicht demnach um eine Kapitaleinlage bzw.
unechte Sanierungsleistung, sodass die Pflichtige den Verlustvortrag der D in diesem
Umfang mit ihrem Gewinn verrechnen kann. Dies ist im Ergebnis zwischen den Partei-
en denn auch gar nicht streitig.
bb) Die B war jedoch nicht nur Anteilseignerin der D, sondern auch deren Lie-
ferantin. Per Ende 2005 wies sie diesbezüglich ausstehende Rechnungen von
Fr. 569'002.- aus, auf welche Forderung sie am 10. März 2006 im Umfang von
Fr. 390'000.- ebenfalls verzichtete.
Betrachtet man nur die Art der Forderung, auf welche die B verzichtet hat,
liegt im Verzicht auf diese Forderung eine echte Sanierungsleistung vor, weil die For-
derung aus Lieferung und Leistung herrührt und die B daher beim Verzicht als Ge-
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schäftspartnerin der D gehandelt zu haben scheint. Indessen kommt es für die Frage,
in welcher Funktion der Forderungsverzicht ausgesprochen wurde, auf die Art der For-
derung nach dem Gesagten nicht an, da allein der Grund bzw. das Motiv des Forde-
rungsverzichts massgebend ist. Nach den Vorbringen der Pflichtigen hat die B auch
diesen Verzicht zwecks Sanierung der D geleistet. Dies wird bekräftigt durch den Um-
stand, dass neben der B unstreitig kein anderer unbeteiligter Gläubiger der D auf seine
Forderung verzichtet hat. Entsprechend ist es denn auch gar nicht Aufgabe von (unbe-
teiligten) Kunden einer Gesellschaft, diese zu sanieren. Sodann können Kunden zwar
unter Umständen ein Interesse an der Sanierung ihrer Lieferantengesellschaft haben,
jedoch nur dann, wenn spezielle Verhältnisse vorliegen, wie etwa, wenn sie auf die
Lieferungen durch die Gesellschaft angewiesen sind und ohne diese in ihrer geschäftli-
chen Existenz gefährdet wären. Solche Verhältnisse zwischen der B und D werden
nicht geltend gemacht und gehen auch aus den Akten nicht hervor. Hat die B demnach
den Verzicht auf ihre Lieferantenforderung als Anteilseignerin ausgesprochen, liegt
darin erneut eine unechte Sanierungsleistung begründet. Als Folge davon muss die
Pflichtige sich auch den Verzicht auf diese Forderung steuerlich nicht als erfolgswirk-
sam anrechnen lassen und kann sie den Verlustvortrag der D auch diesbezüglich un-
geschmälert geltend machen.
d) Damit steht der Pflichtigen der gesamte Verlustvortrag der D gestützt auf
Art. 67 Abs. 1 DBG bzw. § 70 Abs. 1 StG zur Verrechnung mit ihrem Gewinn pro 2006
zu.
Der Steuerkommissär hatte allerdings bisher keinen Anlass, den Verlustvor-
trag der D von Fr. 889'995.- zu überprüfen. Die Vorinstanz musste dies zudem nur im
Umfang von Fr. 500'000.- tun, weil sie den Verlust nur insofern zum Abzug zuliess.
Demnach liegt noch kein Entscheid über die (vollumfängliche) Verrechenbarkeit des
Verlustvortrags vor. Die Sache ist daher an den Steuerkommissär zurückzuweisen, um
erstinstanzlich die Überprüfung des Verlustvortrags vorzunehmen (§ 149 Abs. 3 StG
sowie Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009, Art. 143
N 28).
4. Diese Erwägungen führen zur teilweisen Gutheissung der Rechtsmittel
(Rückweisung).
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Bei diesem letztlich noch unentschieden Verfahrensausgang rechtfertigt es
sich, die Verfahrenskosten den Parteien je hälftig aufzuerlegen (Art. 144 Abs. 1 DBG,
§ 151 Abs. 1 StG). Die Zusprechung einer Parteientschädigung entfällt (Art. 144 Abs. 4
DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren vom
20. Dezember 1968 und § 152 StG i.V.m. § 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegege-
setzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997). | Public | Tax | de | 2,010 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
d09ee446-f14f-4392-8339-d2eb8617a082 | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend der Pflichtige) war Alleinaktionär der C AG, der D AG und
der E AG. Mit Vertrag vom 2. Mai 2007 verkaufte er die C AG für Fr. 3'889'145.- an die
F AG. In Ziff. 8 vereinbarten die Parteien ein Konkurrenzverbot zulasten des Pflichtigen
für eine Dauer von fünf Jahren ab Abschluss des Vertrags, unter Konventionalstrafe
von Fr. 800'000.-. Am 7. Mai 2007 verkaufte der Pflichtige zudem die D AG an einen
anderen Käufer.
Mit Auflage vom 28. September 2009 verlangte der Steuerkommissär für die
Steuerperiode 2007 Unterlagen in Bezug auf die Verkäufe, welche in der Folge einge-
reicht wurden. Im Einschätzungsentscheid vom 19. April 2010 kam er zum Schluss,
dass ein Teil des Kaufpreises eine Entschädigung für das Konkurrenzverbot und damit
steuerbar sei, und zwar in Höhe der Konventionalstrafe von Fr. 800'000.-. Entspre-
chend rechnete er diesen Betrag dem Einkommen hinzu und schätzte den Pflichtigen
und seine Ehefrau B für die Staats- und Gemeindesteuern 2007 folgendermassen ein:
Einkommen Vermögen Fr. Fr.
steuerbar 917'000.- ....-
satzbestimmend 936'000.- ....-.
Für die direkte Bundessteuer 2007 stellte er gleichentags die Veranlagung mit
einem steuerbaren Einkommen von Fr. 935'500.- in Aussicht. Die Veranlagungsverfü-
gung/Steuerrechnung wurde am 3. Mai 2010 versandt.
B. Hiergegen erhoben die Pflichtigen am 17. Mai 2010 Einsprachen mit dem
Antrag, sie gemäss Steuererklärung einzuschätzen. Das kantonale Steueramt wies
diese am 10. September 2010 ab.
- 3 -
1 DB.2010.222 1 ST.2010.311
C. Mit Beschwerde bzw. Rekurs vom 7. Oktober 2010 (berichtigt am 11. Okto-
ber 2010) beantragten die Pflichtigen, sie für die direkte Bundessteuer mit einem steu-
erbaren Einkommen von Fr. 135'500.- und für die Staats- und Gemeindesteuern mit
einem steuerbaren Einkommen von Fr. 117'500.- (satzbestimmend Fr. 136'200.-) ein-
zuschätzen, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten der Vorinstanz. Beim
Kaufpreis für die C AG handle es sich vollumfänglich um einen steuerfreien privaten
Kapitalgewinn.
Das kantonale Steueramt beantragte in seiner Rekurs-/Beschwerdeantwort
vom 29. Oktober 2010 die Erhöhung der Einschätzung für die Staats- und Gemeinde-
steuern auf ein steuerbares Einkommen von Fr. ....- (satzbestimmend Fr. ....-) und für
die direkte Bundessteuer auf ein steuerbares Einkommen von Fr. ....-. Darin hielt es in
Bezug auf das Konkurrenzverbot an der bisherigen Beurteilung fest. Neu beantragte es
die Aufrechnung eines BVG-Einkaufs von Fr. 250'000.-, da das Bruttogehalt 2007 des
Pflichtigen überhöht und damit der auf dieser Grundlage erfolgte Einkauf in die Pensi-
onskasse rechtsmissbräuchlich gewesen sei. Die Eidgenössische Steuerverwaltung
(ESTV) liess sich nicht vernehmen.
Die Pflichtigen hielten in der Replik vom 14. Dezember 2010 und das kantona-
le Steueramt in seiner Duplik vom 11. Januar 2011 an ihren Anträgen fest.
Mit Verfügungen vom 2. Februar und 4. Mai 2011 wurde den Pflichtigen Frist
angesetzt, um diverse Unterlagen in Bezug auf die streitigen Punkte einzureichen. Am
1. April und 24. Mai 2011 reichten diese entsprechende Unterlagen ein und verzichte-
ten schliesslich auf den Abzug der Einkaufsleistung in die 2. Säule von Fr. 250'000.-.
Das kantonale Steueramt nahm hierzu am 21. April und 6. Juni 2011 Stellung. | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. Die bisherigen Steuerrekurskommissionen sind per 1. Januar 2011 zum
Steuerrekursgericht mutiert (vgl. §§ 112 - 118a und §§ 147 - 153 des Steuergesetzes
in der alten und neuen Fassung vom 8. Juni 1997 bzw. 13. September 2010, StG). Das
vorliegende, noch bei der Steuerrekurskommission II eingegangene Geschäft ist
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1 DB.2010.222 1 ST.2010.311
als Folge dieser Änderung der 1. Abteilung des Steuerrekursgerichts zugeteilt worden
und wird unter den Geschäftsnummern 1 ST.2010.311 und 1 DB.2010.222 weiterge-
führt.
2. a) Gemäss Art. 16 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die direkte Bundes-
steuer vom 14. Dezember 1990 (DBG) bzw. § 16 Abs. 1 StG unterliegen der Einkom-
menssteuer alle wiederkehrenden und einmaligen Einkünfte mit Ausnahme der Kapi-
talgewinne aus der Veräusserung von Privatvermögen. Steuerbar sind nach Art. 23 lit.
c DBG bzw. § 23 lit. c StG auch Entschädigungen für die Aufgabe oder Nichtausübung
einer Tätigkeit. Darunter fallen insbesondere Entschädigungen für die Verpflichtung zu
einem Konkurrenzverbot (Peter Locher, Kommentar zum DBG, I. Teil, 2001, N 36 zu
Art. 23; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009, Art. 23
N 45 DBG und Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 2. A., 2006,
§ 23 N 44 StG; Zigerlig/Jud, in: Kommentar zu Schweizerischen Steuerrecht,
Band I/2 a, 2. A., 2008, Art. 23 N 15 a). Steuerfrei sind dagegen die Kapitalgewinne
aus der Veräusserung von beweglichem Privatvermögen (Art. 16 Abs. 3 DBG; § 16
Abs. 3 StG). Solche ergeben sich dadurch, dass der Mehrwert eines (obligatorischen
oder dinglichen) Vermögensrechts beim Ausscheiden aus dem Vermögen der bisher
berechtigten Person durch Umwandlung in ein (auch wirtschaftlich betrachtet) anderes
Vermögensrecht realisiert wird (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 16 N 152 DBG und
§ 16 N 118 StG).
b) Nach allgemeiner Beweislastregel haben die Steuerbehörden den Nach-
weis zu erbringen, dass ein Steuerpflichtiger bestimmte Einkünfte erzielt hat, da es sich
hierbei um einen steuerbegründenden Umstand handelt. Der Nachweis eines Vermö-
genszuflusses begründet sodann die natürliche Vermutung, dass dieser steuerbares
Einkommen darstellt. Die Vermutung kann vom Steuerpflichtigen entkräftet werden,
indem er den Gegenbeweis erbringt, dass nämlich die zugeflossenen Einkünfte kein
steuerbares Einkommen darstellen (wie z.B. Vorliegen eines steuerfreien Kapitalge-
winns aus der Veräusserung beweglichen Privatvermögens). Das Risiko der Beweislo-
sigkeit liegt somit hinsichtlich jener Tatsachen, aus denen sich die Nichtsteuerbarkeit
einer Einkunft ergibt, beim Steuerpflichtigen.
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1 DB.2010.222 1 ST.2010.311
c) Nach dem Gesagten obliegt den Pflichtigen der Nachweis, dass es sich
beim Kaufpreis ausschliesslich um einen steuerfreien Kapitalgewinn handelt, d.h. dass
der streitbetroffene Kaufpreis ausschliesslich für die C AG geleistet wurde.
aa) Die Frage beurteilt sich in erster Linie nach dem Inhalt des Vertrags. Sofern
und soweit der Inhalt eines Vertrags streitig ist, ermittelt der Richter durch Auslegung
dieser Vertragsbestimmung den vereinbarten Inhalt (Gauch/Schluep/Schmid/Emmen-
egger, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, Band I, 9. A., 2008, Rz
1196). Das Ziel der richterlichen Vertragsauslegung besteht in der Feststellung des
übereinstimmenden wirklichen Willens, den die Parteien ausdrücklich oder stillschwei-
gend erklärt haben (subjektive Auslegung). In vielen Einzelfällen lässt sich der überein-
stimmende wirkliche Wille der Parteien indes nicht mehr mit Sicherheit feststellen. Als-
dann muss der Richter sich damit begnügen, durch objektivierte Auslegung den
Vertragswillen zu ermitteln, den die Parteien mutmasslich gehabt haben. Hierbei hat er
das als Vertragswillen anzusehen, was vernünftig und redlich korrekt handelnde Par-
teien unter den gegebenen (auch persönlichen) Umständen durch die Verwendung der
auszulegenden Worte oder ihr sonstiges Verhalten ausgedrückt und folglich gewollt
haben würden (Gauch/Schluep/Schmid/Emmenegger, Rz 1200 f.; Wolfgang Wiegand,
in: Basler Kommentar, 4. A, 2007, Art. 18 N 13 OR). Primäres Auslegungsmittel ist
dabei der Wortlaut der vertraglichen Vereinbarungen. Hierbei ist auch das systemati-
sche Element zu berücksichtigen. Der einzelne Ausdruck ist im Zusammenhang, in
dem er steht, als Teil des Ganzen aufzufassen (Gauch/Schluep/Schmid/Emmenegger,
Rz 1206 ff.; Wiegand, Art. 18 N 24 OR). Als ergänzendes Auslegungsmittel sind die
Umstände (wie Ort, Zeit und andere Begleitumstände des Vertragsabschlusses, das
Verhalten der Parteien vor und nach dem Vertragsabschluss sowie die Interessenlage
der Parteien beim Vertragsabschluss und der sich daraus ergebende Vertragszweck)
zu berücksichtigen. Dabei ist indes zu beachten, dass dem Wortlaut im Verhältnis zu
den ergänzenden Auslegungsmitteln insoweit Vorrang zukommt, als immer dann, wenn
die übrigen Auslegungsmittel, insbesondere der Vertragszweck, nicht sicher einen an-
deren Schluss erlauben, es beim Wortlaut sein Bewenden haben muss (Gauch/Schlu-
ep/Schmid/Emmenegger, Rz 1220 ff.; Wiegand, Art. 18 N 18 OR). Im Sinn von allge-
meinen Auslegungsregeln hat der Richter sich geistig in die Zeit des Vertragsab-
schlusses zurückzuversetzen und sich in die damalige Lage der vertragsschliessenden
Parteien hineinzudenken. Er hat zwar vom Wortlaut als primärem Auslegungsmittel
auszugehen; er darf jedoch nicht beim buchstäblichen Sinn der verwendeten Worte
haften bleiben, sondern hat den wirklichen (zumindest aber den mutmasslichen) Willen
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1 DB.2010.222 1 ST.2010.311
der Parteien zu erforschen. Im Sinn einer ganzheitlichen Auslegung ist die einzelne
Vertragsbestimmung unter Mitberücksichtigung des Vertragsganzen auszulegen.
bb) Der Wortlaut des Aktienkaufvertrags vom 2. Mai 2007 spricht für die
Sachdarstellung der Pflichtigen. In Ziff. 1 und 2 des Vertrags werden Kaufgegenstand
und Kaufpreis festgesetzt. Der Kaufpreis für die Aktien setzt sich gemäss Ziff. 2 zu-
sammen aus einem Basiskaufpreis für den Substanzwert der Gesellschaft per 31. Mai
2007 und einer fixen Entschädigung des Goodwills. Der Goodwill für 100% der Aktien
wurde auf Fr. 3'200'000.- festgesetzt (Ziff. 2.2), der Substanzwert gemäss Anhang 2
zum Vertrag auf Fr. 689'145.-. Die Zahlung für den Goodwill hat am Datum des Ver-
tragsvollzugs zu erfolgen, diejenige des Basiskaufpreises spätestens am 31. Au-
gust 2007. Das Konkurrenzverbot wird nicht erwähnt. Damit ist festzustellen, dass im
Kaufpreis formell keine Entschädigung für das Konkurrenzverbot ausgeschieden wor-
den ist. Nach dem Wortlaut des Vertrags handelt es sich demnach beim Kaufpreis
ausschliesslich um eine Gegenleistung für den Kaufgegenstand.
Aus den Detailbestimmungen im Zusammenhang mit dem Konkurrenzverbot
ergibt sich nichts anderes: In Ziff. 8.1 des Vertrags verpflichtete sich der Pflichtige, für
eine Dauer von fünf Jahren seit Abschluss des Vertrags die Gesellschaft weder direkt
noch indirekt zu konkurrenzieren, d.h. sich weder direkt noch indirekt an einem Konkur-
renzunternehmen zu beteiligen oder als Angestellter, Berater oder Mitglied des Verwal-
tungsrats für ein solches Unternehmen tätig zu sein oder selber eine konkurrenzieren-
de Tätigkeit aufzubauen oder auszuüben; davon ausgenommen waren die beiden
Betriebe seiner übrigen Gesellschaften. Das Konkurrenzverbot bezog sich örtlich auf
einen Umkreis von einem Kilometer um den bestehenden Geschäftsbetrieb. Gemäss
Ziff. 8.2 schuldete der Pflichtige bei Verletzung des Konkurrenzverbots eine Konventio-
nalstrafe von Fr. 800'000.-. Die Konventionalstrafe war für jede einzelne Verletzung
des Konkurrenzverbots geschuldet, und die Bezahlung der Konventionalstrafe befreite
nicht von der Einhaltung des Konkurrenzverbots. Weiter war die Geltendmachung wei-
tergehenden Schadenersatzes vorbehalten, und die Käuferin war berechtigt, neben der
Leistung der Konventionalstrafe und dem Ersatz weiteren Schadens die unmittelbare
Beseitigung des vertragswidrigen Zustands zu verlangen.
Darin ist keine Entschädigung für das Konkurrenzverbot zu erkennen: Mit ei-
ner Konventionalstrafe verpflichtet sich der Schuldner zur Erbringung einer Leistung für
den Fall, dass er eine bestimmte Schuld nicht richtig erfüllt (Gauch/Schluep/
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1 DB.2010.222 1 ST.2010.311
Schmid/Emmenegger, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, Band II,
9. A., 2008, Rz 3783). Sie dient der Sicherstellung der richtigen Erfüllung der Haupt-
schuld; daneben bezweckt sie aber auch einen wirtschaftlichen Ausgleich für Nachteile
der Nicht- oder Schlechterfüllung der Primärverpflichtung. Ihre Funktion ist die Schad-
loshaltung des Gläubigers der nicht oder nicht gehörig erfüllten Hauptleistung und die
Verbesserung der Gläubigerstellung durch Befreiung vom Schadensnachweis. Sie ist
vor allem angebracht, wenn der Schaden schwer bestimmbar wäre oder bei einer ne-
gativen Leistung. Im Weitern kann sie einen Strafzweck verfolgen (Felix R. Ehrat in:
Basler Kommentar, 4. A., 2007, Art. 160 N 1). Daraus ergibt sich, dass bei der Be-
stimmung der Höhe der Konventionalstrafe unter Umständen andere Überlegungen im
Spiel sein können als der Wert der damit abgesicherten Hauptleistung. Soll eine Kon-
ventionalstrafe einen pönalen Charakter haben, wird sie zweckmässigerweise über
dem Wert der unter Strafe gestellten Handlung angesetzt. Umgekehrt kann es aber
auch sein, dass dem Verpflichteten die angedrohten Folgen schlechterdings gleichgül-
tig sind, da er sich von vornherein nicht mit dem Gedanken trägt, die unter Strafe ge-
stellte Hauptpflicht zu verletzen. Es kann damit auch keine natürliche Vermutung be-
stehen, dass die mit einer Konventionalstrafe abgesicherte Verpflichtung immer auch
entschädigt worden sein muss.
cc) Das kantonale Steueramt macht sinngemäss geltend, dass es sich bei der
Vereinbarung der Konventionalstrafe um eine verdeckte Entschädigung für das Kon-
kurrenzverbot handelt, indem sie im Fall der Verletzung zurückzuzahlen sei. Diese
Auslegung findet aber im Wortlaut der Regelung keine Stütze. Es wäre demnach am
kantonalen Steueramt gelegen, eine solche Abrede anhand der weiteren Umstände
aufzuzeigen.
Solche weitere Umstände lagen bei den vom kantonalen Steueramt angeführ-
ten Entscheiden vor. Im Fall VGr, 27. August 2003, SB.2002.00079 verkaufte der
Steuerpflichtige eine Beteiligung und schloss gleichzeitig als Bestandteil des Kaufver-
trags einen Arbeitsvertrag mit der Käuferin ab mit umfassendem Konkurrenzverbot. Als
Kaufpreis erhielt er einen von der tatsächlichen Beteiligungsquote abweichenden höhe-
ren Betrag. Damit lagen aktenkundige Hinweise auf eine Entschädigung für eine zu-
sätzliche Leistung vor und rechtfertigte es sich damit, dem Steuerpflichtigen den Ge-
genbeweis aufzuerlegen. Das Bundesgericht bestätigte diesen Entscheid, wobei es
ebenfalls die Ungleichbehandlung der Verkäufer bezüglich des Kaufpreises als Aus-
gangspunkt nahm und feststellte, dass daraus ohne Willkür geschlossen werden kön-
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1 DB.2010.222 1 ST.2010.311
ne, dass noch andere Gegenleistungen abgegolten worden seien (BGr, 16. Juni 2005,
2P.269/2003). Weiter hat das Steuerrekursgericht kürzlich in einem Fall auf eine steu-
erbare Entschädigung für ein Konkurrenzverbot entschieden, in welchem zwar keine
ausdrückliche Entschädigung vereinbart worden war, indessen 20% des Kaufpreises
erst zwei Jahre nach Zustandekommen des Vertrags fällig wurden und zwar nur unter
der Voraussetzung, dass ein Konkurrenzverbot eingehalten worden war. Die Verlet-
zung des Konkurrenzverbots hätte demnach die Käuferin von der Bezahlung der letz-
ten Tranche des Kaufpreises befreit, während der Verkauf gleichwohl vollzogen gewe-
sen wäre. Folglich war diese letzte Tranche des Kaupreises im Ergebnis nicht als
Kaufpreiszahlung, sondern vielmehr als Entschädigung für die Einhaltung eines ver-
traglichen Konkurrenzverbots zu würdigen (StRG, 4. Februar 2011, 1 DB.2010.235/1
ST.2010.330). Solche Umstände liegen hier aber nicht vor, erfolgte doch insbesondere
keine gestaffelte, insbesondere von der Einhaltung des Konkurrenzverbots abhängige
Auszahlung des Kaufpreises, sondern war dieser Zug um Zug gegen Vornahme der
üblichen Übertragungshandlungen zu leisten. Nichts zu seinen Gunsten ableiten kann
das kantonale Steueramt schliesslich aus dem angerufenen Entscheid des Bundesge-
richts vom 24. Januar 2005 (= StE 2005 B 26.3 Nr. 6), da dort eine Entschädigung für
ein Konkurrenzverbot ausdrücklich vereinbart worden war. Dieser Fall ist mit dem vor-
liegenden nicht vergleichbar.
Allfällige weitere Hinweise wären etwa in der Zusammensetzung des Kauf-
preises zu finden. Die Berechnungsgrundlagen für den Substanzwert sind im Vertrag
detailliert festgehalten; daraus ist keine Entschädigung für das Konkurrenzverbot er-
sichtlich. Hingegen fehlen Anhaltspunkte, wie die Vertragsparteien den Goodwill er-
rechnet haben. In der Rekurs-/Beschwerdeschrift führen die Pflichtigen hierzu lediglich
aus, dass sie bei der Ermittlung des Verkaufspreises eine Ertragswertberechnung er-
stellt hätten und auf einen Ertragswert von Fr. 4,67 Mio. gelangt wären. Weil der Akti-
enkaufpreis letztlich unter unabhängigen Dritten ausgehandelt worden sei, sei ihre in-
terne Berechnung aber nicht relevant. Die Käuferin ihrerseits habe den Ertragswert
aufgrund einer DCF-Methode ermittelt; ihre Berechnungen habe sie den Pflichtigen
indessen nicht offengelegt.
Die interne Berechnung der Pflichtigen zeigt einen Ertragswert von
Fr. 4'671'746.- und einen Substanzwert von Fr. 697'237.-, woraus sie einen Unterneh-
menswert (Mittel von 2 x Ertragswert und 1 x Substanzwert) von Fr. 3'346'909.- ermit-
telten. Vergleicht man diese Werte mit dem effektiv bezahlten Verkaufspreis (Sub-
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1 DB.2010.222 1 ST.2010.311
stanzwert Fr. 689'145.-, Goodwill Fr. 3'200'000.-, kumuliert Fr. 3'889'145.-), so ergibt
sich ein Mehrerlös von Fr. 542'236.-. Immerhin liegt aber der Erlös noch erheblich un-
ter dem errechneten Ertragswert; zudem vermag die von den Pflichtigen angewandte
"Praktikermethode" nicht zu überzeugen, wenn – wovon hier auszuggehen ist – der
Betrieb weitergeführt wird. Insgesamt lässt der Preis keine klare Aussage in die eine
noch in die andere Richtung zu und stellt damit – da das kantonale Steueramt beweis-
belastet ist – keinen schlüssigen Hinweis auf eine zusätzliche Entschädigungsleistung
dar.
Gegen eine solche Leistung spricht ein Blick auf die weiteren Umstände bei
Vertragsabschluss. Der Pflichtige war zu diesem Zeitpunkt bereits 61 Jahre alt und
näherte sich damit dem üblichen Pensionsalter. Am 7. Mai 2007 verkaufte er auch die
D, was klar auf die Absicht hindeutet, das berufliche Engagement zu reduzieren. Unter
diesen Umständen war aber nicht wirklich zu erwarten, dass er sogleich wieder Geld,
Zeit und Arbeitskraft in den Aufbau einer neuen, konkurrenzierenden Unternehmung
investieren würde. Hierzu hätte zuerst wieder ein Standort gefunden werden müssen,
zudem war auch mit einer Anlaufzeit bis zum Erreichen der Gewinnzone zu rechnen.
Eine Beurteilung aufgrund seiner persönlichen Situation lässt es deshalb als ziemlich
unwahrscheinlich erscheinen, dass das Konkurrenzverbot für ihn überhaupt eine Be-
lastung darstellte. Die Käuferin liess zudem bestätigen, dass sie eine Reihe von Be-
trieben dieser Art erworben und solche Konkurrenzverbots-Klauseln standardmässig in
die Verträge aufgenommen habe.
d) Insgesamt haben die Pflichtigen damit den Nachweis erbracht, dass die
Kaufpreiszahlung keine Entschädigungskomponente für das Konkurrenzverbot enthielt.
Bestehende Unklarheiten in Bezug auf die Kaufpreisbestimmung sowie die Konventio-
nalstrafe allein vermögen diesen Nachweis nicht in Frage zu stellen. Das kantonale
Steueramt hat seine gegenteilige Auffassung nicht nachzuweisen vermocht, weshalb
die Rechtsmittel in diesem Punkt gutzuheissen sind.
3. Der Pflichtige hat 2007 Fr. 250'000.- in die Pensionskasse des Schweizeri-
schen H einbezahlt und diesen Betrag in der Steuererklärung vom Einkommen abge-
zogen. In der Rekurs-/Beschwerdeantwort beantragte der Steuerkommissär, diesen
Einkauf nicht zum Abzug zuzulassen, da der Pflichtige gemäss eigener Sachdarstel-
lung in der Beschwerde-/Rekursschrift seine Erwerbstätigkeit mit dem Verkauf seiner
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beiden Gesellschaften aufgegeben habe und der Lohnbezug 2007 in der verbleiben-
den E AG von 120'000.- (Vorjahre Fr. 20'000.-) stark überhöht sei. Offenkundig sei das
Gehalt erhöht worden, um eine Deckungslücke zu schaffen; dementsprechend sei der
Einkauf rechtsmissbräuchlich. Nach einer Untersuchung im Rekurs-/Beschwer-
deverfahren kam zudem ein Kapital der 3. Säule zum Vorschein, wodurch sich die De-
ckungslücke unabhängig von der Frage des angemessenen Lohnes massiv reduzierte.
Im Schreiben vom 24. Mai 2011 haben die Pflichtigen schliesslich auf die Geltendma-
chung des Abzugs verzichtet.
Entsprechend den diesbezüglich übereinstimmenden Parteianträgen sind
demnach die Einschätzungen zu korrigieren.
4. Gestützt auf diese Erwägungen sind Beschwerde und Rekurs teilweise gut-
zuheissen. Ausgangsgemäss sind die Verfahrenskosten den Parteien anteilsmässig
aufzuerlegen (Art. 144 Abs. 1 DBG und § 151 Abs. 1 StG). Den Pflichtigen ist eine an-
gemessene und entsprechend dem nur teilweisen Obsiegen reduzierte Parteientschä-
digung zuzusprechen (Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des Bundesgesetzes
über das Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember 1968 und § 152 StG i.V.m. § 17
Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997). | Public | Tax | de | 2,011 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
d308f1c0-f3cd-447b-955b-719b36e0cce8 | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend die Pflichtige) arbeitete im Jahr 2008 in unselbständiger
Stellung bei verschiedenen Arbeitgebern als Filmtechnikerin. Zur Absicherung gegen
Erwerbsausfall bei Krankheit und Unfall während längerer Phasen ohne Anstellung
schloss sie eine Krankentaggeldversicherung ab. Deren Prämien von Fr. 928.80 mach-
te sie in der Steuererklärung 2008 als Berufskosten geltend.
Im Einschätzungsentscheid vom 20. April 2010 betreffend die Staats- und
Gemeindesteuern, Steuerperiode 2008, und dem gleichzeitig erfolgten Hinweis über
die Veranlagung der direkte Bundessteuer 2008, die formell am 3. Mai 2010 eröffnet
wurde, liess das kantonale Steueramt den geltend gemachten Abzug nicht zu und ver-
anlagte die Pflichtige für die Staats- und Gemeindesteuern, Steuerperiode 2008, mit
einem steuerbaren Einkommen von Fr. 36‘900.- und einem steuerbaren Vermögen von
Fr. 1‘000.-. Für die direkte Bundessteuer, Steuerperiode 2008, wurde das steuerbare
Einkommen auf Fr. 37‘600.- festgesetzt.
B. Dagegen erhobene Einsprachen wies das kantonale Steueramt am
28. Oktober 2010 ab.
C. Mit Beschwerde und Rekurs vom 26. November 2010 liess die Pflichtige
der Steuerrekurskommission beantragen, die geltend gemachte Krankentaggeldversi-
cherungsprämie bei den übrigen Berufskosten zu berücksichtigen und dementspre-
chend das steuerbare Einkommen für die Staats- und Gemeindesteuern, Steuerperio-
de 2008, auf Fr. 36‘000.- und für die direkte Bundessteuer 2008 auf Fr. 36‘700.-
herabzusetzen.
In der Beschwerde- und Rekursantwort vom 17. Dezember 2010 schloss das
kantonale Steueramt auf Abweisung der Rechtsmittel.
Auf die Parteivorbringen wird, soweit rechtserheblich, in den nachfolgenden
Erwägungen eingegangen.
- 3 -
2 DB.2010.255 2 ST.2010.352 | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. Die bisherigen Steuerrekurskommissionen sind per 1. Januar 2011 zum
Steuerrekursgericht mutiert (vgl. §§ 112 - 153 des Steuergesetzes in der alten und
neuen Fassung vom 8. Juni 1997 bzw. 13. September 2010, StG). Das vorliegende
noch bei der Steuerrekurskommission eingegangene Geschäft ist als Folge dieser Än-
derung der 2. Abteilung des Steuerrekursgerichts zugeteilt worden und wird unter den
Geschäftsnummern 2 DB.2010.255 (betreffend Direkte Bundessteuer 2008) und
2 ST.2010.352 (betreffend Staats- und Gemeindesteuern 2008) weitergeführt. Da die
Pflichtige die Rechtsmittel im Interesse des Berufsverbands D erhob und eine Frage
von allgemeiner Bedeutung zu entscheiden ist, wurde die Sache einer Dreierbesetzung
zum Entscheid unterbreitet (§ 114 Abs. 3 StG).
2. a) Gemäss Art. 25 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom
14. Dezember 1990 (DBG) und § 25 StG werden zur Ermittlung des Reineinkommens
die gesamten steuerbaren Einkünfte um die zu ihrer Erzielung notwendigen Aufwen-
dungen und die allgemeinen Abzüge vermindert. Dazu gehören bei unselbständiger
Erwerbstätigkeit die Berufskosten (Art. 26 DBG; § 26 StG) und bei selbständiger Er-
werbstätigkeit die geschäfts- oder berufsmässig begründeten Kosten (Art. 27 Abs. 1
DBG; § 27 Abs. 1 StG).
b) Da die Prämien für die freiwillige Krankentaggeldversicherung bei unselb-
ständig erwerbenden Personen aufgrund eines Entscheids des Bundesgerichts vom
12. Dezember 2008 (2C_681/2008, www.bger.ch) keine Berufskosten sind, sondern
nur im Rahmen des – hier bereits ausgeschöpften – allgemeinen Versicherungsabzugs
abzugsfähig sind, ist zu prüfen, ob die Pflichtige in der Steuerperiode 2008 eine selb-
ständige Erwerbstätigkeit im Sinn von Art. 18 DBG resp. § 18 StG ausübte. Denn nur
dann können die streitbetroffenen Prämien als geschäftsmässig begründete Kosten
abgezogen werden. Das Bundesgericht hielt die Abzugsfähigkeit der Prämien bei selb-
ständig erwerbenden Personen deshalb für gerechtfertigt, weil die Versicherungsleis-
tung der Aufrechterhaltung des Betriebs diene. Dabei hielt es fest, dass die Situation
eines Arbeitnehmers mit derjenigen eines Arbeitgebers nicht ohne Weiteres vergleich-
bar sei. Folgedessen könne eine unselbständig erwerbende Person hinsichtlich der
Abzugsfähigkeit der streitbetroffenen Versicherungsprämien keinen Anspruch auf
http://www.bger.ch/
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2 DB.2010.255 2 ST.2010.352
Gleichbehandlung ableiten. Somit steht aufgrund der bundesgerichtlichen Rechtspre-
chung fest, dass eine unselbständig erwerbstätige Person die Prämien für eine freiwil-
lig abgeschlossene Krankentaggeldversicherung unter keinem Rechtstitel als berufli-
che Gewinnungskosten abziehen kann.
3. a) Die selbständige Erwerbstätigkeit ist dadurch gekennzeichnet, dass ihr
Träger durch Einsatz von Arbeitsleistung und Kapital in frei bestimmter Selbstorganisa-
tion nach aussen sichtbar zum Zweck der Gewinnerzielung am wirtschaftlichen Ver-
kehr teilnimmt. Um steuerlich als haupt- oder nebenberuflich Selbständigerwerbender
zu gelten, muss der Steuerpflichtige seine ausserhalb eines privat- oder öffentlich
rechtlichen Arbeitsverhältnisses stehende, wirtschaftlich erhebliche Leistung nament-
lich fortdauernd, planmässig, nach aussen sichtbar und auf Erzielung eines Gewinns
ausgerichtet entfalten (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG,
2. A., 2009, Art. 18 N 6 DBG, und Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuerge-
setz, 2. A., 2006, § 18 N 8 StG; StRK I, 18. März 1993 = StE 1995 B 23.1 Nr. 30 mit
Verweisungen, auch zum Folgenden; vgl. auch Markus Reich, Der Begriff der selb-
ständigen Erwerbstätigkeit im DBG, in: Problèmes actuels de droit fiscal [FS Oberson],
1995, S. 124). Mit dieser Umschreibung wird die selbständige Erwerbstätigkeit abge-
grenzt einerseits von der unselbständigen Erwerbstätigkeit gemäss Art. 17 DBG und
§ 17 StG und von der gelegentlichen nebenberuflichen Beschäftigung auf nichtarbeits-
vertraglicher Grundlage sowie andrerseits von jeder Tätigkeit, die in die private Sphäre
fällt.
Ob selbständige oder unselbständige Erwerbstätigkeit vorliegt, ist wegen der
Vielfalt der im wirtschaftlichen Leben anzutreffenden Sachverhalte nach den gesamten
Umständen des Einzelfalles zu beurteilen. Die Bezeichnung in einem Vertrag und die
AHV-rechtliche Qualifikation, die um der Einheit und Widerspruchslosigkeit der gesam-
ten Rechtsordnung willen mit der steuerrechtlichen Einstufung übereinstimmen sollte,
liefern zwar gewisse Anhaltspunkte für die steuerrechtliche Beurteilung. Doch kommt
diesen Merkmalen keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Massgebend sind vielmehr
die wirtschaftlichen Gegebenheiten (BGE 129 III 664 E.3.1; BGr, 26. April 2011,
9C_132/2011, www.bger.ch). Die einzelnen Begriffsmerkmale dürfen dabei nicht iso-
liert betrachtet werden. Sie können nämlich in unterschiedlicher Intensität auftreten.
Deshalb kann eine selbständige Erwerbstätigkeit im Einzelfall auch dann vorliegen,
wenn einzelne Merkmale (z.B. der selbständige Marktauftritt nach aussen), die für eine
http://www.bger.ch/
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2 DB.2010.255 2 ST.2010.352
selbständige Erwerbstätigkeit charakteristisch sind, fehlen. Wo bei der Gesamtwürdi-
gung Merkmale beider Erwerbsarten zutage treten, muss sich der Entscheid oft danach
richten, welche dieser Merkmale im konkreten Fall überwiegen (BGr, 17. September
2009, 2C_271/2009, StR 2010, 314).
b) Wie sich aus dem Einschätzungsvorschlag vom 3. Juni 2010 und den dar-
auf Bezug nehmenden Einschätzungsentscheiden ergibt, hat die Vorinstanz eine selb-
ständige Erwerbstätigkeit verneint, da die Pflichtige im vorliegenden Fall keine erhebli-
chen Investitionen getätigt und keine eigenen Geschäftsräumlichkeiten benützt habe.
Ferner habe das Unternehmerrisiko (Verlustrisiko) gefehlt. Schliesslich seien die Sozi-
alleistungen durch die verschiedenen Arbeitgeber abgerechnet worden und liege keine
Buchführungspflicht vor.
c) Die Pflichtige wendet sich nicht in grundsätzlicher Hinsicht gegen diese
Feststellungen. Das heisst, sie strebt mit ihren Rechtsmitteln nicht direkt den Status
einer selbständig erwerbenden Person mit entsprechenden sozialversicherungsrechtli-
chen Konsequenzen an. Dazu gehört, dass Selbständigerwerbende keine Arbeitslo-
senversicherungs-Beiträge leisten, was allmählich dazu führt, dass mangels der erfor-
derlichen Beitragszeit kein Anspruch mehr auf Arbeitslosenentschädigung besteht
(Art. 2 Abs. 1 und Art. 8 Abs. 1 lit. e des Bundesgesetzes über die obligatorische Ar-
beitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung [AIVG]). Die Pflichtige be-
zweckt mit ihren Rechtsmitteln vielmehr die Gleichbehandlung von Selbständigerwer-
benden und Unselbständigerwerbenden hinsichtlich der Abzugsfähigkeit der
Krankentaggeldversicherungsprämien. Nach ihrer Auffassung ist die Tätigkeit des Film-
technikers (...) wirtschaftlich viel näher beim Selbständigerwerbenden als beim Un-
selbständigerwerbenden und Arbeitslosen anzusiedeln. Im Unterschied zu den ge-
wöhnlichen Arbeitslosen gehöre die kurzfristige und regelmässig wiederkehrende
Arbeitslosigkeit zur Natur der Tätigkeit eines Filmtechnikers. Denn sie leisteten teilwei-
se eine grosse Anzahl verschiedener kurzer Einsätze pro Jahr, und dies bei unter-
schiedlichen Filmprojekten. Die Einsätze und deren Entlöhnung erfolgten tageweise.
Dazwischenliegende Perioden seien unbezahlt. Die auf den Lohnausweisen aufgeführ-
te Dauer der Erwerbstätigkeit sei oft irreführend, da die Dauer des gesamten Projekts
aufgeführt werde, während tatsächlich unter Umständen lediglich fünf Tageseinsätze
geleistet worden seien. In den unbezahlten Perioden müsse der Filmtechniker neue
Aufträge suchen und Vorbereitungsarbeiten leisten. Wie beim Selbständigerwerbenden
müsse der Filmtechniker jedes einzelne Projekt selber akquirieren. Das wichtigste
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2 DB.2010.255 2 ST.2010.352
Merkmal der selbständigen Erwerbstätigkeit sei bei allen Filmtechnikern die selbstän-
dige Beschaffung von Aufträgen. Ohne diese Tätigkeit entfalle die wirtschaftliche Exis-
tenz vollständig. Alle weiteren Merkmale der selbständigen Erwerbstätigkeit seien
daneben nicht mehr relevant. Der einzige Unterschied zu den Selbständigerwerbenden
sei ihre sozialversicherungsrechtliche Qualifikation als Unselbständigerwerbstätige.
Ansonsten träfen viele Merkmale sowohl auf selbständig als auch auf unselbständig
registrierte Filmtechniker gleichermassen zu. Der Arbeitgeber stelle den Filmtechnikern
keinen Arbeitsplatz zur Verfügung. Zwischen den einzelnen Engagements seien Film-
techniker nicht gegen Erwerbsausfall wegen Krankheit und Unfall versichert. Filmtech-
niker seien Kleinstunternehmen mit eigener Infrastruktur sowie festen und variablen
Kosten.
d) Soweit die Pflichtige damit zum Ausdruck bringen will, dass sie bei wirt-
schaftlicher Betrachtungsweise eine selbständige Erwerbstätigkeit ausübe, kann ihr
nicht gefolgt werden. Denn nach der Lehre handelt der Selbständigerwerbende auf
eigene Rechnung und Gefahr, wogegen der Unselbständigerwerbende nicht sich
selbst, sondern seinen Arbeitgeber verpflichtet. Die Tragung des Verlustrisikos ist ein
zentrales Abgrenzungskriterium der selbständigen Erwerbstätigkeit. Die Entlöhnung
von Unselbständigerwerbenden ist zwar zuweilen auch erfolgsabhängig ausgestaltet,
Arbeitnehmer partizipieren jedoch nicht am Verlust des Arbeitgebers. Sodann organi-
siert und gestaltet der Selbständigerwerbende seine Aktivitäten weitgehend selber.
Er zeichnet sich dadurch aus, dass er in der Gestaltung der innerbetrieblichen Abläufe,
der Auswahl der Mitarbeiter sowie in der Pflege der Geschäftsbeziehungen mit
Dritten grundsätzlich unabhängig ist und über seine Zeit beliebig verfügen kann.
Die Bindung an Weisungen Dritter ist nur in beschränktem Umfang mit einer selbstän-
digen Erwerbstätigkeit vereinbar (Markus Reich, Steuerrecht, 2009, S. 334; vgl. auch
Duss/Greter/von Ah, Die Besteuerung Selbständigerwerbender, 2004, S. 4). Hinweise
darauf, ob eine selbständige oder unselbständige Erwerbstätigkeit vorliegt, lassen sich
zudem der zivilrechtlichen Qualifikation des zugrundeliegenden Vertragsverhältnisses
(Abgrenzung Arbeitsvertrag/Auftrag: Art. 319 ff. bzw. 394 ff. OR) und bis zu einem ge-
wissen Grad auch der sozialversicherungsrechtlichen Zuordnung entnehmen. Ent-
scheidend ist jedenfalls das Mass der persönlichen und wirtschaftlichen Selbständig-
keit, das dem Erwerbstätigen in der Erfüllung seiner Aufgabe zukommt (vgl. Locher,
Einführung in das interkantonale Steuerrecht, 3. A., 2009, S. 61 f.). Der Bundesrat hat
sich in seinem Bericht über eine einheitliche und kohärente Behandlung von selbstän-
diger bzw. unselbständiger Erwerbstätigkeit im Steuer- und im Sozialversicherungsab-
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2 DB.2010.255 2 ST.2010.352
gaberecht vom 14. November 2001 zu den Abgrenzungskriterien geäussert (BBl 2002,
1126 ff., 1141 f., auch zum Folgenden). Danach deuten die folgenden Umstände auf
Arbeitnehmende hin: keine oder nur sehr geringe Investitionen; keine eigenen Ge-
schäftsräumlichkeiten; nur persönliche Leistungspflicht; kein Unternehmerrisiko; Tra-
gen der Verantwortung nach aussen durch den Arbeitgeber; Arbeit praktisch für einen
einzigen Arbeitgeber. Auf die Arbeitgebendenseite weisen dagegen die nachstehenden
Punkte hin: Vornahme erheblicher Investitionen; eigene Geschäftsräumlichkeiten; Be-
schäftigung von eigenem Personal, Unternehmerrisiko (z.B. Fehlkalkulation); Tragen
der vollen Verantwortung gegen aussen; verschiedene und wechselnde Auftraggeber
je nach konkreter Auftragslage.
e) Im Licht dieser Kriterien ist die von der Pflichtigen ausgeübte Tätigkeit als
Filmtechnikerin (...) bei verschiedenen Arbeitgebern im überwiegenden Ausmass als
unselbständige Erwerbstätigkeit zu qualifizieren. Denn wie das kantonale Steueramt
zutreffend erwog, musste sie für die Ausübung ihres Berufs keine bedeutenden Investi-
tionen vornehmen. Sie verfügt weder über eigene Geschäftsräume noch ist sie zur
Verrichtung ihrer Tätigkeit in nennenswertem Umfang auf kostspielige Berufswerkzeu-
ge und Fachliteratur angewiesen. Sie nutzt lediglich ein Arbeitszimmer in der gemein-
sam mit ihrem Lebenspartner bewohnten Dreizimmerwohnung. Dieses ist – soweit aus
dem eingereichten Foto ersichtlich ist – mit einem Schreibtisch und einem Bücherge-
stell ausgestattet. Das betreffende Zimmer samt Einrichtung lässt sich auch privat nut-
zen, was bei einer von zwei Personen bewohnten Dreizimmerwohnung wohl unver-
meidlich sein dürfte. Gleiches gilt bezüglich der getätigten Investitionen für EDV (Hard-
und Software), Bürolampe, Fotoapparat, Handy, CD-Kasten, Laptoptasche, I-Pod. Ab-
gesehen davon, dass diese Investitionen nur einen verhältnismässig geringen Umfang
aufweisen, lassen sich diese Güter unabhängig von einer geschäftlichen oder berufli-
chen Tätigkeit auch privat verwenden. Dass die jeweiligen Arbeitgeber der Pflichtigen
keinen Arbeitsplatz mit der üblichen Infrastruktur zur Verfügung stellen, stellt vorliegend
kein entscheidendes Merkmal für das Vorliegen einer selbständigen Erwerbstätigkeit
dar. Denn die berufliche Tätigkeit wird bei Filmschaffenden im überwiegenden Aus-
mass an den von den Produzenten bzw. von den Auftraggebern bestimmten Drehorten
ausgeübt, so dass zu Hause oder an anderen Standorten hauptsächlich nur noch zeit-
lich untergeordnete Vorbereitungsarbeiten anfallen. Die Pflichtige beschäftigt kein Per-
sonal und handelte nie auf eigene Rechnung, sondern erhielt immer einen nach Ar-
beitszeit (Stunden, Tage oder Wochen) bemessenen Lohn (inkl. Ferienentschädigung).
Sie trug damit kein Inkassorisiko. Die allgemein verbindlichen Anstellungsbedingungen
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für freie technische und künstlerische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Film und
Audiovisionsprodukion, Ausgabe 2007/Wochenengagement, enthalten ferner umfang-
reiche Regeln über Treue- und Sorgfaltspflichten (u.a. auch die Pflicht, Weisungen der
vom Produzenten bestimmten Vorgesetzten zu befolgen), Arbeits- und Ruhezeiten,
Pausen und Arbeitsunterbrüche, Ruhezeiten, freie Tage, Grundlohn, Überzeit, Zu-
schläge, Kompensation und Spesenregelung etc.. Diese Anstellungsbedingungen
schränken die bei selbständig erwerbstätigen Personen grundsätzlich vorhandenen
Gestaltungsfreiheiten hinsichtlich der Entschädigungsansprüche und der betrieblichen
Abläufe erheblich ein und deuten klar auf ein Abhängigkeitsverhältnis hin. Eine nach
aussen gerichtete Kundgabe, ihre Leistungen als selbständig erwerbende Person an-
zubieten, liegt ebenfalls nicht vor. Dass es aufgrund der befristeten Anstellungsverhält-
nisse dennoch an ihr lag, sich bei verschiedenen Filmproduzenten immer wieder als
Filmtechnikerin anzubieten, geht nicht über das hinaus, was auch der Arbeitnehmer bei
der Suche einer neuen Stelle unternimmt. Im Übrigen ist aufgrund der unsicheren Be-
schäftigungssituation in der Filmbranche mit mehr oder weniger langen Perioden ohne
Arbeit davon auszugehen, dass Filmschaffende im überwiegenden Ausmass kein Inte-
resse haben, ihre Leistungen in selbständiger Stellung zu erbringen. Denn in diesem
Fall besteht bei Arbeitslosigkeit wegen fehlender Beitragszahlungen in die Arbeitslo-
senkasse kein Anspruch mehr auf Erhalt von Arbeitslosenentschädigung. Dies erklärt
auch, dass gemäss den Angaben der Pflichtigen nur gerade 5% aller Filmtechniker ihre
Arbeit AHV-rechtlich selbständig verrichten.
f) Erheblich – auch unter dem Aspekt der Gleichbehandlung von selbständig
und unselbständig erwerbstätigen Personen – fällt zudem ins Gewicht, dass die Pflich-
tige kein Geschäfts- bzw. Verlustrisiko zu tragen hatte. Das heisst u.a., dass sie im Fall
des Ausbleibens von Einkünften keine unabhängig von einem Arbeitserfolg anfallende
Betriebskosten (z.B. Personalkosten, Miete des Geschäftslokals) zu tragen hätte, weil
sie wie erwähnt weder Personal beschäftigt noch Geschäftsräume gemietet hat. Schon
aus diesem Grund stellen die Prämien für die Krankentaggeldversicherung keine beruf-
lich oder geschäftsmässig begründete Aufwendungen dar, weil die Versicherungsleis-
tungen nicht, wie dies beim Selbständigerwerbenden häufig der Fall ist, der Aufrecht-
erhaltung des Betriebes dienen. Vielmehr kommen die Versicherungsleistungen der
Versicherten persönlich zu. Somit handelt es sich bei den betreffenden Versicherungs-
prämien mangels einer selbständigen Erwerbstätigkeit um keine geschäftsmässig be-
gründete Kosten im Sinn von Art. 27 Abs. 1 DBG und § 27 Abs. 1 StG. Ebenso wenig
können diese Aufwendungen als Berufskosten im Sinn von Art. 26 Abs. 1 DBG und
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§ 26 Abs. 1 StG abgezogen werden. Ein Abzug dieser Prämien ist nur im Rahmen des
bereits ausgeschöpften allgemeinen Versicherungsabzugs gemäss Art. 33 Abs. 1 lit. g
DBG und § 31 Abs. 1 lit. g StG möglich. Aufgrund der dargelegten erheblichen Unter-
schiede zwischen selbständiger und unselbständiger Arbeit ist der Grundsatz der
Gleichbehandlung nicht verletzt, wenn der Abzug der Prämien für die Krankentaggeld-
versicherung nur beim Selbständigerwerbenden gewährt wird. Dies hat das Bundesge-
richt im erwähnten Entscheid vom 12. Dezember 2008 ausdrücklich festgehalten.
Somit sind Beschwerde und Rekurs abzuweisen.
4. Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten der Pflichtigen auf-
zuerlegen (Art. 144 Abs. 1 DBG, § 151 Abs. 1 StG). | Public | Tax | de | 2,011 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |